Über das Buch

Wie kommen wir aus der Klimakrise? Reicht die Energie von Sonne und Wind? Sind Elektroautos wirklich umweltfreundlich? Ist Wasserstoff der Heilsbringer? Was können wir selber tun, auch wenn es uns schwerfällt, unsere Lebensgewohnheiten zu ändern? Solche Fragen stellt man am besten Volker Quaschning, einem der weltweit führenden Experten für regenerative Energien. Mit seiner Frau Cornelia Quaschning erklärt er an konkreten Beispielen, wie der Umstieg auf eine nachhaltige Wirtschaft gelingen kann. Aber eines machen die beiden auch klar: Die Zeit wird knapp. Eine Energiewende reicht nicht, es braucht eine Energierevolution.

Volker und Cornelia Quaschning

Energierevolution jetzt!

Mobilität, Wohnen, grünerStrom und Wasserstoff:Was führt uns aus derKlimakrise — und was nicht?

Hanser

Vorwort

Beginnen wir mit einer Alarmmeldung: Auf der Erde herrscht Alarmstufe rot. Bekommen wir die Klimakrise nicht in den Griff, wird sie voraussichtlich unsere komplette Zivilisation zerstören. Diese fatale, von der Menschheit selbst verschuldete Entwicklung ist schwer zu ertragen. Wir, Cornelia und Volker, versuchen schon seit über 30 Jahren im Rahmen unserer Möglichkeiten etwas gegen die zunehmenden Umwelt- und Klimakatastrophen zu unternehmen. In unserer Jugend prägten Themen wie Smog, Ozonloch, saurer Regen, Müllberge, Schutz der Regenwälder, Überfischung, atomare Risiken und auch schon die Anfänge der Klimakrise das Nachrichtengeschehen. Damals fingen wir an, uns im Umweltbereich zu engagieren, uns anders zu ernähren, unseren Konsum, unsere Mobilität und unseren Energiebedarf zu überdenken und, so gut es geht, zu verändern sowie mit anderen Menschen darüber zu diskutieren. Es waren oft hitzige Diskussionen, und einige Menschen wandten sich von uns ab. So haben wir gelernt, dass es gar nicht so einfach ist, andere zum Mitmachen zu animieren, und mussten erst einmal akzeptieren, dass andere Menschen die Probleme einfach ignorierten. Wir hatten gehofft, dass mit der Zeit durch Wissensvermittlung die Notwendigkeit, unseren Lebensstil zu verändern, besser verstanden wird und dass irgendwann einmal Rahmenbedingungen geschaffen werden, unter denen die notwendigen Veränderungen von allen leichter akzeptiert werden können. Einige Umweltprobleme wie das Ozonloch haben wir tatsächlich in den Griff bekommen. Die existenzbedrohende Klimakrise aber verschärfte sich von Jahr zu Jahr, die Treibhausgasemissionen stiegen und stiegen.

Viel Zeit ist seitdem vergangen. Volker ist inzwischen Professor für Regenerative Energiesysteme. Wir haben drei Kinder bekommen. Genauso, wie wir es als Selbstverständlichkeit ansehen, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen, ihnen Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken, zu verdammt vielen Elternabenden zu gehen, gefühlte Millionen Vokabeln mit ihnen zu pauken, genauso ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, uns dafür einzusetzen, dass sie eine lebenswerte Zukunft haben. Deshalb sind Klimaschutz und Energierevolution wichtige Leitlinien in unserem Leben und bei unserem täglichen Handeln. Die Toleranz und das Verständnis für die viel zu langsamen Fortschritte im Klimaschutz schwinden bei uns immer mehr, wenn wir auf unsere Kinder schauen und miterleben, wie verzweifelt und manchmal schon resigniert sie sind, wenn sie an ihre Zukunft denken.

Warum gelingt es unserer Gesellschaft seit Jahrzehnten nicht, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Krise in den Griff zu bekommen? Das ist eine gute Frage, die uns beschäftigt, seit wir zum ersten Mal von der Klimakrise gehört haben. »Das ist eine gute Frage«, lautet darum auch der Titel unseres Podcasts, in dem wir seit 2020 regelmäßig Themen zur Energierevolution und Klimakrise aufgreifen. Wir waren selber vom Erfolg des Podcasts überrascht. Einzelne Folgen erreichten mehr als 50.000 Aufrufe. Immer wieder wurden wir angesprochen, ob es Transkripte zum Nachlesen gibt. Transkripte von gesprochenen Texten bieten aber nur selten wirklichen Lesegenuss — zu unterschiedlich sind das gesprochene und das geschriebene Wort. Darum haben wir uns entschieden, die wichtigsten Folgen unseres Podcasts in Buchform zu bringen. Für dieses Buch haben wir die wichtigsten Themen ausgewählt und um zahlreiche Fakten, neue Inhalte sowie informative Grafiken ergänzt. Auch treue Hörer:innen unseres Podcasts werden also sehr viel Neues entdecken können.

Achtung, der letzte Satz enthielt einen Doppelpunkt und dieser auch gleich wieder einen, werden Gegner:innen der gendergerechten Sprache jetzt denken. Wir werden in diesem Buch konsequent geschlechtsneutrale Formulierungen benutzen, beide Geschlechter ansprechen und in einigen wenigen Fällen auch auf den Gender-Doppelpunkt zurückgreifen. Die vielen guten Gründe dafür haben wir in einer Extrafolge unseres Podcasts besprochen und werden sie hier nicht wiederholen. Wir machen das aus Respekt vor allen Menschen. Wir zwingen niemanden, unsere Schreibweise zu übernehmen. Wir möchten aber auch nicht gezwungen werden, auf die von uns gewählte Schreibweise zu verzichten.

Darum zurück zur immer schneller voranschreitenden Erderhitzung: Seit die junge Generation mit der Fridays-for-Future-Bewegung das Thema Klimakrise ins öffentliche Rampenlicht gerückt hat, ist einiges in Bewegung geraten. Keine ernst zu nehmende politische Partei und kein Unternehmen kann sich heute noch eine negative Kommunikation beim Thema Klimaschutz erlauben. Wir werden mit Klimaschutzversprechungen und grünen Werbebotschaften geradezu überhäuft. Doch bei der Umsetzung der nötigen Maßnahmen tun sich alle immer noch extrem schwer. Fast nirgendwo klaffen Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander wie beim Klimaschutz. Leider benutzen Journalist:innen und Politiker:innen bei diesem Thema sehr häufig Wörter wie Verzicht, Verbot, Arbeitsplatzverlust und Wirtschaftskrise. Wir brauchen aber Entscheider:innen mit Visionen, die im Klimaschutz die echte Chance sehen und diese auch mit Überzeugung kommunizieren.

Deshalb wollen wir mit diesem Buch einen wichtigen Baustein für die Klimadebatte liefern und vor allem Fakten präsentieren. Wir wollen zeigen, wie ernst es um die Lebensgrundlagen der künftigen Generationen bestellt ist. Das Verfallen in eine Despression, Angst, Verdrängung oder Verleugnen der Probleme sind aber die falschen Reaktionen auf die Bedrohung. Noch haben wir es selbst in der Hand, die schlimmsten Folgen der Klimakrise zu verhindern. Ein bisschen Pillepalle-Klimaschutz mit einer lauwarmen Energiewende reicht dazu aber nicht mehr aus. Die Zeit dafür haben wir verspielt. Jetzt brauchen wir mutige und visionäre Politikerinnen und Politiker, die die nötigen Rahmenbedingungen für eine echte Energierevolution setzen, sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger, die Lust auf positive Veränderungen haben.

Dieses Buch ist während des letzten Bundestagswahlkampfes entstanden. Die letzten Monate haben gezeigt, dass bei der aktuellen Klimaschutzdiskussion viel in Bewegung geraten ist. Trotzdem hat keine der großen Parteien im Wahlkampf alle nötigen Maßnahmen zum Stoppen der Klimakrise gefordert. Die jetzige Bundesregierung ist die letzte, die noch das Einhalten des Pariser Klimaschutzabkommens erreichen kann. Aber auch bei ihr klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander. Wenn jedoch der Druck der Bevölkerung, wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, weiter steigt, können wir gemeinsam doch noch den Weg zum Erfolg einschlagen. Dazu müssen wir uns alle im Rahmen unserer Möglichkeiten für den Klimaschutz engagieren. Wir werden in diesem Buch für die wichtigsten Bereiche der Energierevolution erläutern, was getan werden muss. Damit möchten wir auch wichtige Argumente für die private und öffentliche Klimaschutzdiskussion liefern.

Echter, ambitionierter Klimaschutz bedeutet für uns Veränderung — Veränderungen, die uns in eine bessere Welt führen. Wir reden von einer Welt, die schöner, leiser, grüner, gesünder, stressfreier, nachhaltiger und gerechter sein wird. Durch eine kluge Energierevolution können wir schon sehr bald eine sichere, klimaneutrale Energieversorgung allein auf Basis preiswerter, erneuerbarer Energien aufbauen. Wir beenden damit auch die Abhängigkeit von fragwürdigen Ölförderländern, denen Menschenrechte oft wenig bedeuten. Wir brauchen so gut wie keine lärmenden und durch giftige Abgase krank machenden antiken Verbrennungsmaschinen oder -kraftwerke mehr. Wir werden in Städten eine viel höhere Lebensqualität genießen als heute. Mit dem Umbau unserer Energieversorgung schaffen wir unzählige neue, zukunftsfähige, sichere Arbeitsplätze — Arbeitsplätze, an denen man seine Tätigkeit mit der Gewissheit verrichten kann, damit auch einen wichtigen Beitrag für eine gute Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder zu leisten. Es lohnt sich, aufzubrechen und den Weg in die neue bessere Zukunft zu gehen — einen Weg, den wir in diesem Buch mit allen wichtigen Schritten beschreiben. Lassen Sie uns den Weg gemeinsam gehen und dafür sorgen, dass die kommenden Generationen noch eine Zukunft haben.

Berlin, im September 2021

Cornelia und Volker Quaschning