Herstellung und Verlag:
BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-7431-8630-9
Zwischen dem Leben auf dem Land und dem Leben in der Stadt gibt es einige erhebliche Unterschiede. Genauso unterschiedlich sind die Menschen, die auf dem Land oder in der Stadt leben. Dasselbe trifft auf ihre Mentalität zu. Auch hier gibt es gravierende Unterschiede zwischen den so genannten Landeiern und den Stadtpflanzen. Dieses kleine Buch stellt mit Humor die unterschiedlichen Menschentypen und ihre Lebensart einander gegenüber. Vergleichen soll der Leser dann bitte selbst, was ihm besser gefällt: Das Leben auf dem Land oder das in der Stadt.
Das Buch enthält 25 Kurzgeschichten, in sich geschlossen, als Geschenk, zur erholsamen Entspannung vor dem Schlafengehen, für die Arbeitspause in der Firma oder für die Heimfahrt mit Bahn oder Bus, um auf andere Gedanken zu kommen.
Jede dieser Kurzgeschichten hat ein Happy End.
Mitternacht. Samstagabend. Ein betrunkener Autofahrer ist bei einem Verkehrsunfall infolge überhöhter Geschwindigkeit an dem Grenzübergang lebensgefährlich verletzt worden. Er verlor in einer Linkskurve die Kontrolle über sein Fahrzeug. Der Mann war nicht angeschnallt und wurde fast 26 Meter weit aus dem Auto geschleudert. Ein Rettungshubschrauber brachte ihn ins Krankenhaus, wo er notoperiert wurde. Danach mussten ihn die Ärzte ins künstliche Koma versetzen. Der Mann hatte keine Papiere bei sich, aus denen seine Identität zu ermitteln war. In Amerika werden solche Leute zunächst einmal als »John Doe« registriert. In Deutschland macht man das nicht. Hier gibt man ihnen nur Nummern.
»Guten Morgen. Sagen Sie uns bitte ihren Namen! Wie heißen Sie?«, fragte der Chirurg den Patienten, der nach ein paar Tagen endlich aus dem künstlichen Koma zurück geholt werden konnte. Man sah dem Mann an, wie er überlegte. Er zog die Stirn in Falten und biss sich auf die Unterlippe. »Entschuldigung. Ich habe meinen Namen vergessen. Ich weiß nicht wie ich heiße«, erwiderte er. - »Wissen Sie denn irgendetwas anderes, das uns helfen kann, ihre Familienangehörigen zu finden?«, fragte der Arzt. Der Patient schüttelte den Kopf. Leider konnte er sich an gar nichts mehr erinnern - nicht einmal an den Verkehrsunfall, durch den er in diese missliche Lage gekommen war. Alles war aus seinem Kopf verschwunden.
»Geben Sie sich selbst ein paar Tage«, sage der Mediziner. »In den meisten Fällen kommen die Erinnerungen von ganz alleine zurück.«. Er klopfte dem Unfallpatienten beruhigend auf die Hand und verabschiedete sich bis zur nächsten Visite. Der Patient war trotzdem unruhig. Es war ein unangenehmes Gefühl, plötzlich nicht mehr zu wissen, wer man ist. Was wäre, wenn sein Gedächtnis sich nicht mehr zurückmeldet? Würde er dann für immer dieses Vakuum im Kopf haben? Inzwischen hatte die Polizei über das Kennzeichen des Unfallwagens den Halter und dessen Daten ermittelt: Michael Gilles war sein Name. Er war 32 Jahre alt und von Beruf Lagerverwalter in einer Elektronikfirma. Es sprach alles dafür, dass der Mann, der sein Gedächtnis verloren hatte, dieser Michael Gilles war. Seine Frau und seine Tochter waren schon verständigt worden, um den Familienvater identifizieren zu können.
Mit einem »Hallo, Schatz. Gott sei Dank. Du lebst«, stürzte sich zwei Stunden später eine mollige Frau auf den Mann im Krankenbett. Er erschreckte sich und sprang sofort aus dem Bett, soweit es seine vielen Schrammen und Schürfwunden zuließen. »Ich … ich … kenne Sie nicht. Was wollen Sie von mir? Wer sind Sie?«, rief er. Eine Krankenschwester hatte das Missgeschick mitbekommen und griff behutsam ein, damit nicht noch ein Unglück passierte.
»Ich bin doch deine Frau. Erkennst du mich denn nicht?«, sagte die mollige Frau. Ihre Verzweiflung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Die Tochter stand daneben und beobachtete das Ganze, ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen. Ihr Vater hatte plötzlich alles vergessen. Das war praktisch, dachte sie sich. Vielleicht hatte er dann auch all ihre Dummheiten und die Strafen dafür vergessen? Das könnte sie doch wunderbar ausnutzen, um ihren Vater an der Nase herum zu führen. Die Tochter, 15, war somit bislang die einzige Person, die Gefallen am Krankheitsbild des Vaters fand.
»Ihr Mann hat durch den Verkehrsunfall eine so genannte retrograde Amnesie erlitten. Das ist ein Hirntrauma, das sehr oft bei Unfällen auftritt. Meist verschwindet es wie von selbst wieder - nach Stunden, Tagen, Wochen oder Monaten. Leider kann man nie vorher wissen, wann die Erinnerungen wieder zurückkommen. Also machen Sie sich erst mal keine Sorgen. Die Untersuchungsergebnisse Ihres Mannes sind sehr gut. Der Oberarzt wird dazu noch ein ausführliches Gespräch mit Ihnen führen. Das wird schon werden …«, erklärte die Krankenschwester. Dann rauschte sie genauso schnell wie sie gekommen war wieder aus dem Krankenzimmer. Sie ließ eine ratlose Ehefrau und deren verängstigten Ehemann zurück.
Amnesie ist eine für die Betroffenen sehr unangenehme Form der Gedächtnisstörung. Plötzlich streikt die Erinnerung und man kann nicht mehr auf Gedächtnisinhalte zurückgreifen oder Neues abspeichern. Auch Gelerntes lässt sich zeitlich oder inhaltlich dann meist nicht mehr aufrufen. Nicht alle Gedächtnisinhalte sind in gleicher Weise betroffen – was relativ weit zurückliegt, ist häufig besser abrufbar, erst kürzlich Gespeichertes nicht.
Gedächtnisteile, in denen Prozesse und Handlungsabläufe gespeichert sind, sind meist nicht von der Amnesie betroffen. Es hat zur Folge, dass sich viele Patienten trotz Amnesie noch die Schuhe binden, essen, oder aus einem Glas trinken können. Beeinträchtigt ist dagegen jener Teil im Gehirn, in dem Informationen über das persönliche und das erlebte öffentliche Leben gespeichert sind. Patienten mit umfassender Amnesie erinnern sich nicht an ihre Vergangenheit und haben auch absolut keine Vorstellung von ihrer Zukunft. Sie sind fast wie Darsteller in einem Film, dessen Handlung und Drehbuch sie nicht kennen.
Die anterograde Amnesie, also die vorwärts wirkende Amnesie, ist die häufigste Gedächtnisstörung. Es gelingt den Betroffenen bei diesem Krankheitsbild nicht mehr oder nur sehr schlecht, neue Gedächtnisinhalte aufzunehmen und sie abzuspeichern. Sogar die Vergesslichkeit wird schnell wieder vergessen. Der Informationsabruf ist gestört. Vor allem das Langzeitgedächtnis ist davon betroffen, ein Funktionieren im ‘Hier und Jetzt‘ ist aber meist durchaus für die Betroffenen noch möglich.
Die retrograde Amnesie, also die rückwirkende Amnesie, zeigt sich in der Form, dass die Betroffenen alle Ereignisse, die vor einer Hirnschädigung liegen, nicht mehr abrufen können. Vorherige Bilder oder Zusammenhänge lassen sich nicht mehr ins Bewusstsein holen. Dieses Krankheitsbild findet man am häufigsten nach einer Hirnverletzung beziehungsweise nach einem Hirntrauma. Sie kann Sekunden, Minuten, Tage, aber auch Wochen oder Monate dauern. Schlimmstenfalls sogar noch länger. Soweit bekannt gibt es zwischen der Dauer der Erinnerungslücke und der Schwere der Hirnschädigung keinen wirklichen Zusammenhang. Ein gewisser Prozentsatz an Gedächtnisverlust bleibt hierbei jedoch meist bestehen.
Die globale Amnesie ist bei den Gedächtnisstörungen die schwerste Form. Erinnerungen, die sich lange vor dem Krankheitsfall ereignet haben, sind nicht mehr abrufbar. Betroffene können meist auch keine neuen Gedächtnisinhalte mehr aufnehmen – sie können nichts mehr lernen. Als so genanntes ‘prozedurales Gedächtnis‘ bleibt dagegen das Gedächtnis für Prozesse und Abläufe intakt. Rein theoretisch könnten diese Patienten sogar noch Autofahren. Allerdings würden sich auf der Straße nicht mehr zurechtfinden, weil sie die gesamte Umgebung vergessen haben. Eine globale Amnesie bleibt.
Die transiente, also die vorübergehende globale Amnesie, setzt akut ein und trifft alle Gedächtnisinhalte – Bilder, Sprache, Emotionen. Dieser Gedächtnisverlust dauert meist nur 1 bis maximal 24 Stunden. Der Betroffene kann neue Informationen nur 30 bis 180 Sekunden behalten. Die Patienten sind oft ratlos und stellen immer wieder die gleichen Fragen – auch, wenn diese schon wiederholt beantwortet wurden. Auch der Zugriff auf alte Gedächtnisinhalte ist gestört. Frische Ereignisse sind viel schlechter abrufbar als länger zurückliegende. Allerdings können die Patienten komplexe, zuvor erlernte Tätigkeiten ausführen, wie kochen oder Karten spielen. Diese Form der Amnesie bildet sich von allein wieder zurück, es bleiben keine Langzeitschäden.
An welcher Form von Amnesie mochte Michael Gilles wohl leiden? Im Moment konnten auch die Ärzte nur vermuten und hoffen, dass bei ihm keine Langzeitschäden zurück bleiben würden. Das Schlimmste an der ganzen Sache war die Ungewissheit. Niemand konnte genau sagen, welche seiner Erinnerungen wiederkehren würden und welche nicht. Auch für die Familienangehörigen eine quälende Situation, wenn der Patient einen nicht mehr erkennt, seine eigene Familie für Fremde hält. Das tut nicht nur weh - es frisst auch die Seele auf.
Ob und wie ausgeprägt Funktionsstörungen zurückbleiben, kann nach einer Hirnschädigung oder einem Hirntrauma anfänglich meist noch nicht beurteilt werden. Bei der im Volksmund als ‘Gehirnerschütterung‘ bezeichneten eher harmlosen Verletzung, welche bei Fußballern zum täglichen Einerlei gehört, kann es unter anderem zu Kopfschmerz, Übelkeit, Schwindel, Ermüdbarkeit, Reizbarkeit, Apathie und zu starkem Schwitzen kommen.
Leider kann es nach einer schweren Schädel-Hirn-Verletzung zu einer tief greifenden und bleibenden Veränderung des psychischen Zustandes des betroffenen Patienten kommen. Bei den schweren Persönlichkeitsveränderungen können zwei Formen beobachtet werden: Im ersten Fall ist der Patient plötzlich aggressiver und distanzloser. Er kann sich dann kaum beherrschen. Ursache sind Verletzungen im Stirnhirn über den Augenhöhlen. Im zweiten Fall verhält sich der Betroffene eher apathisch. Hierbei sind andere Bereiche des Stirnhirns verletzt.
Nach einem relativ schweren Schädel-Hirn-Trauma tritt nach dem Unfall in aller Regel zunächst ein Zustand ein, bei dem der Patient die Augen fast wie im Halbschlaf geschlossen hat. In dieser Phase kann er durch nichts geweckt werden. Das so genannte Koma kann mehrere Stunden, Tage oder gar Wochen anhalten. Der Druck im Inneren des Schädels kann weiterhin erhöht und die Hirnfunktion durch Wassereinlagerungen im Hirngewebe gestört sein. Hat der Patient die Augen zeitweise geöffnet, kann aber nichts fixieren und kehren seine geistigen Funktionen nicht wieder, spricht man von einem Wachkoma, bei dem die bewussten geistigen Funktionen verloren gegangen sind.
Durch eine Schädigung der motorischen oder sensorischen Regionen in der linken Hirnhälfte treten meist Sprachstörungen auf. Hier liegen bei den meisten Menschen die Sprachregionen. Nur bei ganz wenigen liegen diese Funktionen in der rechten oder in beiden Hirnseiten. Der Betroffene kann meist keine vollständigen oder grammatikalisch fehlerfreien Sätze mehr sprechen. Von Aphasie Betroffene können unter unkontrollierten starken Wutausbrüchen leiden, fluchen oder andere beschimpfen, ohne dies zu wollen.
Bei Verletzungen des Gehirns kann es ferner zu Störungen beim Umsetzen von Handlungsabsichten in Bewegungen und Handlungen kommen, einer so genannten Apraxie. Obwohl der Patient weiß, was er tun soll, ist es ihm nicht mehr möglich, die dafür notwendigen Arbeitsschritte korrekt durchzuführen. Solche Patienten wissen oft nicht mehr, wie man mit bestimmten Objekten umgeht, sie zeigen im Umgang mit diesen Ratlosigkeit und benutzen sie falsch.
Dyskalkulien, also so genannte Rechenstörungen, können nach Hirnschädigungen auch auftreten. Die Fähigkeit, Zahlen zu schreiben und zu lesen, ist dann beeinträchtigt. Selbst wenn die Zahlen beherrscht werden, können beim Rechnen Schwierigkeiten auftreten. Zusätzlich zu den Störungen bei Rechnen, der Sprache und beim Sprachverständnis kommt es oftmals zu Schwierigkeiten bei der präzisen Steuerung von Bewegungen, beispielsweise beim Sehen oder in der Fingerfertigkeit.
Sowohl die Raumwahrnehmung als auch die Selbstwahrnehmung oder das Hör- oder Sehvermögen können durch eine Hirnverletzung gestört sein. Der Patient verliert dann seine vollständige Fähigkeit, einen Raum im Ganzen wahrnehmen zu können. Er kann dessen Dimensionen und Grenzen nicht mehr richtig einschätzen.
Michael Gilles durfte schon wenige Tage nach dem Erstbesuch seiner Frau von ihr mit nachhause genommen werden. Sie hoffte, er würde sich dort endlich wieder erinnern können, wer er ist. Doch ihr Göttergatte fand auch hier nichts, was ihm irgendwie vertraut war. Nicht einmal den Hund und die Katze erkannte er. Dafür erkannten sie ihn umso besser, freuten sich, dass er wieder da war. Immer wieder erzählte ihm seine Frau, wie froh und glücklich sie doch waren, als sie sich endlich dieses kleine Einfamilienhaus auf dem Lande kaufen konnten, mit schönem großen Garten und altem Baumbestand. Sogar eine riesige Eiche gehörte dazu. Im Sommer war sie ein vorzüglicher Schattenspender. Da war auch noch der wilde Wein, der eine ganze Hauswand bis zum Giebeldach überwucherte, im Herbst in herrlichen roten Farbschattierungen einen wunderbaren Kontrast zur weißen Hauswand bildete. Der wilde Wein an der Hauswand hatte Michael Gilles immer am besten gefallen, während er das total marode, muffige Rentnerhäuschen zu einer Wohlfühloase für eine moderne junge Familie umgebaut hatte - in Eigenleistung nach Feierabend. Im Moment waren die Weinblätter noch grün …
Die mollige Frau und deren genauso mollige Tochter riefen bei dem Familienvater auch keine Erinnerungen ins Gedächtnis zurück. Vielleicht wollte er sich ja auch gar nicht erinnern? Manches sollte man besser vergessen, fand er. So schlief er fortan auf der Couch im Wohnzimmer, während die ihm fremde mollige Frau im Doppelbett im Schlafzimmer schlief. Einmal hatte sie ihm ein Fotoalbum von der Hochzeit gezeigt, in der Hoffnung, es würde seine Erinnerungen wecken. Doch er kratzte sich nur am Kopf und meinte: »Da warst du aber viel schlanker als heute. Und du warst auch irgendwie knackiger als heute. Kein Wunder, dass ich dich nicht wieder erkenne. Vielleicht solltest du mal etwas abnehmen, damit meine Erinnerungen an dich und unsere gemeinsame Zeit schneller wieder zurückkommen?«.
Es war natürlich gemein, was der schon fast wieder gesunde Patient seiner Frau in diesem Moment sagte. Doch es setzte immerhin relativ schnell einiges in Bewegung, was sich sonst niemals freiwillig bewegt hätte – unter anderem seine Frau selbst.
Wütend verließ seine Frau an diesem Tag das Wohnzimmer. Trotzdem begann sie am nächsten Tag heimlich mit einer Diät und meldete sich im Fitnessstudio an. Auch die Pläne der Tochter, den Vater wegen seiner Amnesie reinlegen zu können - sie klappten nicht: Er war nur vergesslich. Dumm war er nicht.
So vergingen die Wochen bis die Blätter des wilden Weins sich wieder rot färbten. Nachdenklich fand die Ehefrau ihren Michael vor der Hauswand mit dem wilden Wein als sie wieder mal vom Training nach Hause kam. »Schade, dass du dich immer noch nicht erinnern kannst«, sagte sie. »Wieso? Ich habe doch alles zurückbekommen, was ich mir immer gewünscht habe… «, flüsterte er und lächelte. Dann nahm er sie wie früher in die Arme und küsste er sie – zärtlich, leidenschaftlich, fordernd, mehr verlangend…
Isolde, 26, mollig, gesund, ist mit ihrem Leben auf dem Land zufrieden. Hier wurde sie geboren und hier wuchs sie auf. Und es gibt kaum einen Beruf, der so abwechslungsreich ist wie der des Landwirtes, findet sie. Ohne Bauern hätten wir alle nichts zu essen, egal ob wir in der Stadt oder auf dem Land leben. Sie versorgen die Bevölkerung mit Lebensmitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft. Darüber hinaus bieten sie heutzutage verschiedenste Dienstleistungen im Bereich Freizeit, Erholung, Landschaftspflege und Naturschutz an. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe erschließen neue, andere Wirtschaftsbereiche wie beispielsweise die Erzeugung regenerativer Energien oder nachwachsender Rohstoffe.
Um in Isoldes Gummistiefel zu passen sollte man Interesse an moderner Technik, Handwerk, betriebswirtschaftlichen Vorgängen, sowie an Natur und Tieren haben. Außerdem verantwortungsvolles und selbstständiges Arbeiten mögen, Freude an körperlicher Arbeit haben und biologisches Verständnis mitbringen.
Wenn man das vorweisen kann und alle nötigen Ausbildungsteile absolviert hat, kann man es per Fortbildung und Studium wie Isolde bis zur Landwirtschaftsmeisterin, oder zum staatlich geprüften Wirtschafter - Agrarbetriebswirt - Natur- und Landschaftspfleger, Bachelor of Science – Master of Science bringen. Sie ist schon lange vorbei: Die Zeit, in der die dümmsten Bauern die dicksten Kartoffeln hatten. Der Landwirt von heute muss einen wesentlich höheren Kenntnisstand in den verschiedensten Bereichen vorweisen können als seine eher dümmlichen Vorgänger von früher.
Und da es auch für die Landwirtin und den Landwirt von heute finanziell nicht gerade leicht ist, die Runde zu kriegen, legen sich viele zusätzlich einen Hofladen zu. Hier gibt es für den Genießer alles frisch zu kaufen aus Bauernhand.
Auch Isoldes Hofladen hat es in sich: Auf 200 qm Verkaufsfläche bietet sie Produkte aus Bauernhand, sowohl aus eigener Produktion als auch von regionalen und überregionalen Betrieben an. Dazu gehören unter anderem 20 verschiedene hausgemachte Konfitüren und Gelees wie beispielsweise: Fruchtiges Apfelgelee, süße Erdbeerkonfitüre, Johannisbeeren- und Holunderbeerengelee, sowie viele andere Köstlichkeiten. Außerdem gehören dazu: Obst, Gemüse und Kartoffeln, Wurstwaren, Bio-Käse, Biomilchprodukte, Hähnchen ganzjährig; Enten, Gänse und Puten zur Weihnachtszeit. Ferner Wildfleisch, Müsli, Nudeln, Essig und Öl, Fruchtsaft, eingelegtes Gemüse, Obstweine, Rot- und Weißweine, Obstschnäpse und viele andere Produkte.
Frische Eier von Isoldes Hennen gibt es nur aus Freilandhaltung. Dadurch geht zwar das eine oder andere Ei schon mal verloren oder kaputt, weil es die Hennen nicht im Stall, sondern draußen legen. Doch das ist nicht schlimm. Die Legehennen haben täglichen Auslauf auf der Weide hinter dem Stall. Die Bäuerin füttert hochwertiges Futter mit heimischem Getreide – man schmeckt es einfach. Diese Eier sind besser als die aus irgendeiner Legebatterie. Bei Isolde kann man sich von der artgerechten Freilandhaltung selbst überzeugen, wenn man will.
Und wer es noch nicht weiß: Die Eiergrößen und Ihre Namen sind bei Isolde leicht zu merken. Klasse S hat 45-52 Gramm, M hat 53-62 Gramm, L hat 63-72 Gramm, XL hat 73 und mehr Gramm.
Und wer richtig Spaß am Suchen und Pflücken hat: Weiter geht es dann voraussichtlich jeweils Mitte Juni mit der Freilandernte der Erdbeeren zum Selbstpflücken – ein Erlebnis für die ganze Familie. Der Abschluss ist dann das Erdbeerfest im Hofladen. Es folgt das Kartoffelfest, das Kürbisfest und das Fest des Maises. Die Bäuerin bietet dazu erprobte Kreationen in vielen verschiedenen Variationen. Die Rezepte kann man bei ihr bekommen. Sie gibt sie gerne weiter. Insbesondere auch an Kunden aus der Stadt, die sich auf gesundes Landleben aus Bauernhand umstellen wollen - nicht nur Ware aus dem Supermarkt kaufen wollen.
Außerdem bietet sie hier: Äpfel, Kohl, und Produkte aus der Hofbackstube wie beispielsweise: Pflaumenkuchen und Bienenstich, Kürbisstuten und Kartoffelbrot.
Wer länger im Hofladen sein möchte, der kann das bei Kaffee und Kuchen, Federweißer und Zwiebelkuchen, gekochten Maiskolben, Wildspezialitäten, Flammkuchen, Herzhaftem vom Grill, Kartoffel- und Kürbissuppe, sowie der Feldküche machen. Zusätzlich werden Fahrten mit dem Pferdewagen angeboten - jeweils nach Wetterlage und Jahreszeit, damit es für die Großen und die Kleinen rund um den Hofladen nicht langweilig wird.
Die gut sortierte Käsetheke ist ein besonderer Anziehungspunkt für alle Käseliebhaber. Ein weiteres neues Highlight des Angebots ist das umfangreiche, hochwertige Naturkosmetiksortiment, das von der Landwirtin manuell hergestellt wird.
Auch die Vegetarier und Veganer kommen hier nicht zu kurz. Bäuerin Isolde führt mittlerweile ein feines Sortiment an Tofu- und Weizeneiweiß-, Hafer-, Reis und Sojamilch-Produkten sowie glutenfreie Kost.
Bio-Käse, Bio-Fleisch, Bio-Brot- und Bio-Backwaren werden an der Theke stets frisch aufgeschnitten und nach Kundenwunsch zusammengestellt. Im Hofladencafé brüht die Bäuerin Espressospezialitäten auf und serviert dazu köstliche Biotorten und Biosnacks.
Isoldes Großmutter würde sich wahrscheinlich im Grabe umdrehen, wenn sie sehen könnte, was aus dem einstigen Bauernhof von früher geworden ist. Als Jungbäuerin Isolde damals nach dem Tod ihres geliebten Vaters den Hof übernahm, bestand der aus Schweinemast, Milcherzeugung und großen Monokulturen in Sachen Gemüseanbau. Isolde musste schnellstmöglich eine Spezialisierung einführen. Anders war der Maschinen- und Arbeitsaufwand nicht zu schaffen, der Hof nicht gut zu führen. Sie entschied sich dafür, die Schweinemast als erstes abzuschaffen, was sie nie bereute.
Zunächst versuchte sie es dann mit Bienenzucht als Imkerin. Das funktionierte jedoch nicht. All ihre Bienenvölker starben an den Chemikalien in der Umwelt. Danach versuchte sie es mit speziellem Blüten und Wiesenheu für Nagetiere. Bei zu starken Regenfällen verfaulte ihr jedoch die halbe Ernte. Auch dieses Projekt musste sie also wieder verwerfen.
Mit dem Umbau einer alten Scheune zum Hofladen hatte sie dann die rettende Idee. Der Hofladen schlug ein wie eine Bombe. Nicht nur aus dem eigenen Dorf, sondern auch aus der 14 Kilometer entfernt gelegenen Großstadt kamen die Kunden. Anfangs hatte Isolde Probleme, alle Kundenwünsche bedienen zu können. Mittlerweile hat sie Verträge mit den anderen Bauern. So hat jeder etwas von Isoldes Hofladen, der mehr abwirft als früher die Schweinemast ihres Vaters. Nur für Eines fand die geschäftstüchtige Landwirtin bislang noch keine Gelegenheit: Für einen Mann und für Kinder, obwohl sie sich nichts sehnlicher als das wünschte.
Aber die größte Herausforderung des Jahres für die Landwirte wie Isolde beginnt Mitte Juli: Die Ernte! Wintergerste, Raps, Weizen, Mais, Rüben, in schneller Abfolge reifen Getreide und Feldfrüchte heran und müssen eingebracht werden. Aufgrund der Wetterlage sind die Erträge miserabel, die Preise im Keller. Trotzdem klotzen Lohnunternehmer, Bauern, Helfer, Monteure und Trucker ran und meistern wochenlang alle Widrigkeiten: Maschinendefekte, Unkraut im Acker, Feuchtigkeit im Getreide. Das nennt man Ernte-Alarm. Er tritt immer in den Monaten Juli und August auf.
Die Zeit läuft ihnen davon. Alle sind wie im Fieber. Jetzt darf keiner Urlaub nehmen. Es würde sich auch niemand wagen, jetzt nach seinem Urlaub zu fragen - in der Landwirtschaft. Auch der Servicemonteur für die Landmaschinen hat Urlaubssperre auferlegt bekommen. Fast rund um die Uhr gehen bei ihm Notrufe ein: Kaputte Hydraulikschläuche, defekte Lager, Steine in der Dreschtrommel. Jedes technische Problem muss am besten gestern gelöst werden, damit heute gearbeitet werden kann, das Feld morgen abgeerntet ist. Isolde serviert jetzt erst einmal Mittagessen für ihre Erntehelfer. Ein bisschen ländliche Romantik in all der stressigen Hektik muss auch sein. Ohne gutes Essen kann keiner gut arbeiten. Das wissen auch die Landwirte. Sie wissen es schon sehr lange.
Neueste Idee. Neuester Trend: Der gestresste Stadtmensch kann jetzt sein eigenes Stückchen Gemüsegarten bei den Bauern mieten - und nach Herzenslust bepflanzen. Hier kann er in ländlicher Umgebung bei der Gartenarbeit vom ungesunden Großstadtrummel entspannen. Mit über 20 unterschiedlichen Gemüsesorten kann hier gepflanzt werden und den ganzen Sommer über eigenes, knackiges Gemüse geerntet werden. Wer gerne selbst frisches Gemüse als Gärtner ernten möchten, ohne dafür gleich aufs Land zu ziehen, und auch auf Schrebergartenpachtverträge und die Kleingartenverordnung verzichten will, geht heute zum Bauern: Er mietet sich einen Gemüsegarten mit Rund-um-Service – auch für Leute, die keinen grünen Daumen haben.
Das ließ sich Isolde natürlich nicht zwei Mal sagen. Wann immer es eine neue tolle Geschäftsidee gab, die Profit versprach, war sie sofort in der ersten Reihe dabei, um den Startschuss auch ja nicht zu verpassen. Schließlich könnte das lukrative Geschäft ja sonst von anderen gemacht werden - nicht von ihr. Und ein paar Stückchen Feldrand, die sich ohnehin wegen der Bodenbeschaffenheit nicht gut zum Abernten per Landmaschine eigneten, hatte alle Bauern. Wenn dann noch ein Dussel aus der Stadt kam und dafür Miete bezahlte, war das ganz toll. Was wollen die Landwirte mehr? Hauptsache, das Geld klimpert in ihren Taschen.
Die Stadtpflanze Walburga hat das Landei Isolde eines schönen Samstags in ihrem Hofladen kennen gelernt. Walburga, 27, Informatikern, fragte dort nach einem Stückchen Garten zum Mieten. Die Bäuerin reagierte sofort. Sie ließ sich das Geschäft nicht entgehen und vermietete ihr eine Parzelle. So wurden die beiden Frauen nicht nur Geschäftspartnerinnen, sondern mit der Zeit auch Freundinnen, wenngleich es eine ganze Weile dauerte. Es heißt, dass man einige Säcke Hafer mit den Menschen vom Land fressen muss, bis sie einen akzeptieren. Walburga hat sie schätzen gelernt und ist heute überglücklich, dass beide ihren Lebensmittelpunkt im Rheinland haben. Walburga ist inzwischen verheiratet und Mutter einer Tochter.
Sie bringt sie gerne mit, wenn sie ihr Landgärtchen hegt und pflegt, verbringt ihre wenige freie Zeit gerne in der Natur und liebt es zu kochen. So kann sie durch ihr selbst angebautes Gemüse ihre Leidenschaft in vollen Zügen auskosten. Walburga ist die erste Ansprechpartnerin, wenn es auf dem Lande mal Computer- oder Netzwerkprobleme bei den Bauern und den Gemüsegärtnern gibt. Sie betreibt auch die Homepage für Isolde.
Gerd ist eigentlich Sanitärinstallateur und kam eher unabsichtlich bei einem Besuch im Hofladen zu seiner Gartenparzelle - also wie die Jungfrau zum Kinde. Er sieht sehr gut aus und fühlt sich zwischen all den Frauen als Hahn im Korb, was er über alle Maßen genießt. Eines Tages brachte er seinen neuen Lebensgefährten mit: Tom, 24, sonnenbankgebräunt, charmant, schön und schwul. Ab diesem Tag war Gerd für die Frauenwelt vollkommen verloren. Tom bekam jedoch seine eigene Gartenparzelle, weil er sich mit seinem Lebenspartner Gerd nie einig wurde, welches Gemüse wann, wo und wie gepflanzt werden sollte.
Sandra war eine Kommilitonin von Walburga. Sie brachte sie eines Tages mit in ihr Gärtchen auf dem Lande. Sofort wollte Sandra auch eine Gartenparzelle mieten. Neben dem Gärtnern an der frischen Luft, macht es ihr besonderen Spaß, das frische Gemüse nach der Ernte in vegane und vegetarische Köstlichkeiten zu verwandeln und anschließend dann als Testesserin genüsslich zu vertilgen. Ihre Lieblingspflanzen sind Sonnenblumen. Nach denen ist sie total verrückt. Damit Sandra nicht einrostet, versucht sie sich außerdem regelmäßig an asiatischen Kampfsportarten. Es kommt zwar nie das dabei heraus, was es eigentlich werden soll, aber das macht nichts. Hauptsache, sie hat Spaß dabei. Und den hat sie.
Aber auch Isolde gingen die Ideen noch lange nicht aus. Nach einer fröhlichen Weinprobe mit ihren Mädels begann sie, die neuen Eindrücke von unterwegs umzusetzen. Genau wie in einigen Klostergärten gesehen, fing sie an, Kräutergärten anzulegen - mit Bewässerungssystemen, die gar nicht viel Platz benötigen. Nur einen Teil der angepflanzten Kräuter brauchte sie zum Würzen der Speisen - der andere Teil war für ihre selbst hergestellten Naturkosmetika. Bio-Kräuter sind ansonsten nicht nur sehr gesund, sondern auch lecker. Küchenkräuter - Heilkräuter - Teekräuter waren das besondere Steckenpferd von Isolde.
»Du entwickelst dich noch zu einer richtigen Kräuterhexe - mit Warzen auf der Nase und einer schwarzen Katze auf der Schulter«, scherzten die anderen Frauen. Doch Isolde störte das nicht. Sie lachte sogar noch mit. »Wartet nur ab«, meine sie. »Eines Tages werde ich ein Buch über meine Kräuterkunst schreiben. Ihr solltet es lesen und die Rezepturen ausprobieren. Dann lacht Ihr nicht mehr«.
Doch es kam wie es kommen musste. Einige ihrer Nachbarn vergingen vor Neid über die tollen finanziellen Erfolge der geschäftstüchtigen Landwirtin. Sie gönnten ihr den Erfolg nicht. Und so stand eines Morgens plötzlich das Gesundheitsamt vor der Tür. Eine anonyme Anruferin hatte behauptet, Isolde stelle ohne ausreichende Kenntnisse, und Hygienevoraussetzungen sowie Qualifikation ihre Cremes und Lebensmittelprodukte her. Dem war tatsächlich so. Denn keine der Frauen hatte eine entsprechende Fachausbildung in einem dieser Bereiche. Für den Hofladen musste Isolde per sofort eine ausgebildete Köchin einstellen. Andernfalls hätte ihr die Schließung gedroht. Die Naturkosmetika musste sie aus dem Sortiment nehmen. Noch eine Angestellte konnte sie sich leider nicht leisten.
Flexibel wie sie war, hatte die geschäftstüchtige Bäuerin allerdings schon ihr nächstes Projekt am Start: Sie gründete zusätzlich einen Catering-Service, lieferte nun auch Essen auf Rädern an alte Leute, Heime und Schulen. Immerhin hatte sie eine richtige Köchin einstellen müssen. Und die wollte gefordert werden. Für die Auslieferung der Speisen per Fahrzeug stellte sie eine Hilfskraft ein. Auch bei diesem Projekt bewies Isolde ein glückliches Händchen als Geschäftsfrau. Eigentlich wurde das meiste zu Gold, das sie anfasste. Eher selten setzte sie mal ein Projekt in den Sand. Vielleicht lag es daran, dass sie jede neue Geschäftsidee erst vorsichtig auf Herz und Nieren prüfte, bevor sie sich ganz darauf einließ. Das hatte sie vermutlich von ihrer verstorbenen Mutter geerbt. Die war genauso veranlagt.
Ganz hatte Isolde ihren Plan, Naturkosmetika herzustellen, noch nicht aufgegeben. Und so begann sie sich dafür zu interessieren, unter welchen Bedingungen die echte Aloe Vera als vielseitige und beliebte Heilpflanze gut wächst. Anstelle von Cremes verkaufte sie diese Pflanzen nun so, wie sie wuchsen, an ihre Kundschaft. Das konnte man ihr nicht verbieten. Die Nachfrage war groß.
Heimisch ist die Aloe Vera eigentlich in Wüstengegenden, in denen sie das Wasser in Form von Gel in ihren fleischigen, grünen Blättern speichert. Wer das Gießen mal vergisst, hat nicht gleich kaputte Pflanzen. Diese Heilpflanze speichert das Wasser und steckt Trockenzeiten ganz gut weg. Die echte Aloe ist in vielen Kosmetika, Lebensmitteln und Alltagsprodukten zu finden. Aber auch pur angewendet hilft sie, beispielsweise bei Sonnenbrand. Man braucht dazu nur den Saft ihrer langen fleischigen Blätter auf die betroffenen Körperstellen streichen.
Als nächstes versuchte sich die geschäftstüchtige Landwirtin aus dem Rheinland an einem völlig anderen Projekt: Kühe erleben - Kuhkuscheln ist ihr außergewöhnliches neues Seminarangebot für alle, die Kühe faszinierend finden und mal – man glaubt es kaum - mit einer Kuh auf Du und Du sein wollen.
Gegen eine Futterspende von 70€ im Jahr vergab sie Patenschaften. Die Mindestlaufzeit für eine Kuhpatenschaft beträgt ein Jahr. Nach vorheriger Terminabsprache waren für den Paten dafür 1 ½ Stunden Kuscheln mit seiner Kuh drin. Begleitpersonen kann der Pate zum Kuhkuscheln mitbringen, diese bezahlen dann den Kurs vor Ort. Der Pate bekommt eine Urkunde mit Bild von ‘seiner‘ Kuh. Die Bäuerin bietet auch solche Gutscheine zum Verschenken an. Welcher Teenager von heute wäre nicht hellauf begeistert, wenn er statt des ersehnten neuen Computerspiels einen Gutschein zum Kuhkuscheln bei Isolde bekommt? ...
Die Landwirte von heute sind schon sehr erfinderisch, wenn es um die Entwicklung neuer Geschäftsideen geht, welche helfen, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Während Bauern früher eher als konservativ und wenig kreativ galten, sind sie heute das Gegenteil davon. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis einer von ihnen, einen riesigen Misthaufen zum Kunstwerk erklärt, und ihn versiegelt im Museum ausstellen lässt - zur Freude der Stadtmenschen …
Rainer, 35, Lehrer für Kunst und Geschichte, war ganz neu in Isoldes Umfeld. Sie hatte ihn über ihren Catering-Service für die Landschulen kennen gelernt. Der wissenshungrige Lehrer, der ursprünglich aus der Stadt kam, war derart begeistert von den Projekten der jungen Landwirtin, dass er fortan jeden Wandertag mit seinen Schülern in Richtung von Isoldes Hofladen machte.
Schon bald schlug er ihr ein gemeinsames Projekt vor: Gemeinsames Basteln und Werken für Groß + Klein. Der Herbst kommt. Das Auge ist überwältigt, denn kein Blatt gleicht dem anderen. Diese Vielfalt greift Kunstlehrer Rainer im kreativen Basteln und Werken mit den Gaben der Natur auf. Mit den Farben und Früchten des Herbstes. Eicheln, Kastanien, Zapfen, Blätter aller Art sind dabei sein Material. Es können Traumfänger, Tischdekorationen, Fensterbilder, Mobiles daraus gebastelt werden. Das Angebot richtet sich an Eltern, Großeltern, Kinder und Enkelkinder.
Dieses Projekt war etwas schwer an den Start zu bringen. Der Mensch vom Lande mag zwar eine gewisse Kreativität und Schlitzohrigkeit an den Tag legen, wenn es ums Geldverdienen geht - nur von Kunst hält er leider relativ wenig. Ausnahmen bilden lediglich die Karnevalsvereine, Gesangs- und Theatergruppen, und hier und da mal ein Holzschnitzer. Das ist es dann aber schon in Sachen Kunst vom Land. Zwangsläufig scheut der Landmensch den Kontakt mit Künstlern oder Kunstlehrern. Also musste die Bäuerin mal wieder mit ihren Freunden und Freundinnen ran, damit der gut gemeinte Plan des Lehrers kein Reinfall wurde. Da sie die meisten ihrer Nachbarn samt Kindern und Kindeskindern persönlich kannte, fiel es ihr leicht, sie in ausreichender Zahl zum Basteln mit dem Kunstlehrer zu bewegen. Fremden gegenüber ist man auf dem Land zuerst eben immer etwas vorsichtig und distanziert.
Es heißt zwar, dass der Rheinländer stets sein Herz auf der Zunge trägt, und sehr kontaktfreudig ist. Es bedeutet jedoch noch lange nicht, dass echte Freundschaften zwischen Stadt- und Landmenschen hier wirklich schneller als anderswo entstehen. Im Gegenteil. Manchmal kann es sogar etwas länger dauern, denn eigentlich will die Landbevölkerung unter sich bleiben. So ist man es gewöhnt. So kennt man es. So will man es haben.
Stadtmenschen - egal ob mit oder ohne gemietetes Gärtchen auf dem Lande - sind da zunächst nur Fremdkörper für die Landmenschen, die man misstrauisch beäugt und eigentlich gar nicht haben will. Man will ihr Geld. Sonst nichts.
Ansonsten ist Stadt gegen Land nach wie vor ein Kampf der Vorurteile. Wo lebt es sich besser: In der Stadt voller Abgase oder auf dem Land mit der Gülle? Wer ist moderner: Stressgeplagte Großstädter oder Rasen mähende Landbewohner? Schon lange trennt dieser Konflikt die Stadt vom Land. Der Konflikt wurde nie wirklich geklärt zwischen den Landeiern und den Stadtpflanzen. Und das wird wohl sicher noch eine ganze Weile so bleiben. Stur sind sie immerhin beide: Die Landeier genau wie die Stadtpflanzen. Nachgeben will keiner, wenn es darum geht, gegenseitig aufeinander herum zu hacken. Der Eine hält sich für gesünder und kräftiger – der andere für gebildeter, schöner und intelligenter. Und manchmal lassen sie kein gutes Haar an der jeweils anderen Seite. Das Landei redet die Stadtpflanze schlecht und umgekehrt.
Streiten können sie dann wie die Weltmeister: Die Landeier und die Stadtpflanzen, wer von ihnen denn nun der Bessere sei in allem, was er tut. Zwangsläufig wird das wohl noch ein paar Generationen so weiter gehen bis sich noch mehr Familien vom Land und aus der Stadt miteinander vermischt haben, sich die Streitigkeiten der Herkunft in Luft aufgelöst haben. Am Ende wird sich dann wohl kaum einer noch daran erinnern können, worüber sie eigentlich gestritten haben – damals als sie einander noch spinnefeind waren. Und falls doch noch ein Restpotential für die ewig unverbesserlichen Streithähne bleibt: Wer ist denn, verdammt noch mal, tatsächlich besser - im Finden von Vorurteilen?
Für Bäuerin Isolde und Lehrer Rainer kein Problem. Sie mag das Land, er liebt seine Stadt, und beide sind da zuhause, wo sie zusammen sind. Es ist alles nur eine Frage der richtigen Einstellung. Die beiden erwarten nun bereits ihr drittes gemeinsames Kind …
»Leben Sie mit uns unsere Werte und verstärken Sie uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt als Verkäufer in Teilzeit für unsere Stores in verschiedenen Großstädten. Als Verkäufer in einer unserer Filialen sind Sie der Ansprechpartner für unsere Kunden. Sie übernehmen alle Kassierer-Tätigkeiten, kümmern sich um die Warenübergabe, bearbeiten Retouren. Sie tragen zur Gestaltung des Verkaufsbereichs bei, etwa durch Visual Merchandising und Dekoration. Ferner kümmern Sie sich um die Bearbeitung des Wareneingangs. Darüber hinaus sortieren und füllen Sie die Waren im Verkaufsraum auf und helfen auch bei allgemeinen Lagerarbeiten.
Sie passen am besten zu uns, wenn Sie eine erfolgreich absolvierte kaufmännische Ausbildung im Modeeinzelhandel vorweisen können, mehrjährige Berufspraxis im Verkauf eines Modeunternehmens und ausgeprägtes Interesse an Mode und Kenntnissen rund um die neuesten Trends mitbringen, sowie Freude am Verkauf und am Umgang mit unseren Kunden haben. Auch Kommunikationsstärke, ein freundliches Wesen, ein gepflegtes modisches Erscheinungsbild und viel Teamgeist sehen wir gerne.
Freuen Sie sich auf einen abwechslungsreichen Job mit flexiblen Arbeitszeiten von Montag bis Samstag. Ihren Einsatz wissen wir zu schätzen: Wir bieten Ihnen eine ansprechende Vergütung, Mitarbeiterrabatte und die besten Sozialleistungen eines modernen Unternehmens. Es warten gute Möglichkeiten für Ihre weitere fachliche und persönliche Entwicklung auf Sie. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, noch besser zu werden – nicht nur in Sachen Mode. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung, inklusive Angabe des möglichen Starttermins sowie Ihrer Gehaltsvorstellung«.
Erika, 23, blond, hübsch, arbeitslos, legte die Tageszeitung mit den Stellenangeboten zur Seite. Sollte sie sich wirklich um eine Stelle in der Stadt bemühen? Ob sie wirklich eine Chance hatte, dort eingestellt zu werden - zwischen all den top gestylten Frauen aus der Stadt? Konnte sie da mithalten oder würde sie sich eher nur hoffnungslos blamieren - als so genanntes rückständiges Landei? Doch die Arbeitsplätze auf dem Land waren inzwischen echte Mangelware geworden. Und falls doch, dann gab es meist nur schlecht bezahlte Jobs als Hilfskraft für die Altenpflege, Supermärkte oder zum Putzen. Auf Dauer konnte sie davon ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten. Also blieb ihr eigentlich nichts anderes übrig: Sie musste versuchen, diese Arbeitsstelle in der Stadt zu bekommen - koste es auch noch so viel Überwindung.
Gedankenverloren holte sie Ihren Laptop, schaltete ihn ein und begann, einen ihrer Bewerbungstexte zu bearbeiten. Sie hatte schon so viele davon geschrieben, dass sie schon gar nicht mehr wusste, wie viele Bewerbungen sie mittlerweile verschickt hatte - erfolglos. Wenn sie es überhaupt mal bis in ein Vorstellungsgespräch geschafft hatte, so schnappte ihr meist eine Konkurrentin den lang ersehnten Job vor der Nase weg. Das tat weh. Doch immer wieder raffte sie sich auf und versuchte es auf ein Neues. Schließlich brauchte sie unbedingt einen neuen Arbeitsplatz. Begeistert war sie von ihren Bewerbungstexten nicht unbedingt, aber man musste sich schließlich an bestimmte Vorgaben halten. Also begann sie auch an diesem schönen Herbsttag wie immer mit den Worten:
»Sehr geehrte Damen und Herren, Ihrer Anzeige habe ich entnommen, dass Sie freundliche, engagierte Verkäuferinnen auf Teilzeitbasis für Ihre Filialen suchen. Ich bringe nicht nur Freude an meinem Beruf, sondern zudem Berufserfahrung mit und bewerbe mich hiermit um die ausgeschriebene Stelle.
Nach meiner Ausbildung zur Textilverkäuferin war ich zuletzt im familieneigenen Hofladen meiner Eltern tätig. Mein dortiger Aufgabenbereich umfasste die Beratung und den Verkauf, die Warenannahme inklusive Kontrollen, das Einräumen der Ware sowie Kassierer-Tätigkeiten. Außerdem gehörten dort das Bearbeiten von Reklamationen sowie die eigenständige Kassenabrechnung zu meinen Aufgaben. Das Arbeitsverhältnis endete nach einem Sterbefall mit dem Verkauf des elterlichen Anwesens.
Der Umgang mit verschiedenen Kundentypen bereitete mir stets große Freude. Meine Arbeitsweise gilt als sehr kunden- und serviceorientiert, mein Arbeitsstil als zügig und strukturiert. Auch bei starkem Arbeitsanfall bewahre ich den Überblick. Ich bin sehr motiviert und leistungsbereit, möchte schnellstmöglich wieder am Berufsleben teilhaben. Ich verfüge über eine rasche Auffassungsgabe und bin sicher, mein erworbenes Wissen schnell wieder abrufen und darauf aufbauen zu können.
Meine Mitarbeit könnte ich Ihnen ab sofort anbieten. Ich würde mich sehr über Ihre Einladung zu einem persönlichen Gespräch freuen.
Mit freundlichen Grüßen, Erika Reichel.«.
Schon acht Tage später wurde sie zu einem Vorstellungstermin eingeladen. Sie konnte es kaum glauben, aber man wollte sie tatsächlich kennenlernen. Was sie nicht wusste: An diesem Tag hatten auch viele ihrer Konkurrentinnen einen Vorstellungstermin bekommen. Und so saßen sie fast wie die Hühner auf einer Stange in einem großen Empfangsraum, ungeduldig darauf wartend, dass ihr Name endlich von der Sekretärin aufgerufen wurde.
»Frau Erika Reichel ist als Nächste dran…«, sagte die Frauenstimme, die aus dem Lautsprecher kam. Schnell sprang Erika auf und eilte zu der Tür, vor der sie von einer Mitarbeiterin abgeholt wurde. Es ging durch einen langen Gang, dann links, rechts und noch mal links. Da war es - das Büro der Personalleiterin. Nervös klopfte Erika an die Tür. Sofort erklang von drinnen die Aufforderung, bitte hereinzukommen.
»Mein Name ist Ivon Krämer. Ich bin hier die Personalleiterin. Bitte setzen Sie sich.«, sagte die Dame. Sie mochte wohl zwischen 35 bis 40 Jahre alt sein, trug eine strenge Hochsteckfrisur und ein rosafarbenes Chanel-Kostüm. »Sie haben sich bei uns als Textilverkäuferin in Teilzeit beworben. Wie sind sie auf unser Modehaus gekommen und warum denken Sie, sind sie genau die richtige Fachkraft, die zu uns passt?«.
Oh je, jetzt ging das lästige Frage-und-Antwort-Spiel wieder los. Wie auch immer Erika sich dabei fühlte, Aufregung bei einem Jobinterview ist wohl normal. Schließlich geht es um mehr als nur einen Job – es geht um die eigene berufliche Zukunft. Eine völlig unlösbare Aufgabe ist ein Vorstellungsgespräch jedoch nicht. Mit einer ernsthaften Herangehensweise und ein paar guten Tipps lässt sich jedes noch so unangenehme Gespräch erfolgreich bewältigen. Die junge Textilverkäuferin wusste das.
Sie hatte sich gründlich über ihren potentiellen neuen Arbeitgeber erkundigt. Zur Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch gehört vor allem die Recherchearbeit. Wie ein Detektiv hatte Erika nach Informationen über das Unternehmen geforscht. Was sind die Aufgaben des Unternehmens? Welche Ziele hat es? All diese Fragen und noch viel mehr sollte man sich selbst stellen, die Antworten vorab recherchieren, um im Bewerbungsgespräch stets mitreden zu können. Am besten eignen sich stets die Unternehmenswebsites für eine schnelle umfangreiche Recherche.
Der aufregendste Moment ist jedoch wohl immer die Begrüßung – sowohl für Bewerber als auch Arbeitgeber. Der erste Schritt gebührt immer dem Arbeitgeber. Das sollte man nie vergessen. Auch Erika hielt sich daran. Sie ließ sich einfach von ihrem Gegenüber leiten. Bietet sie ihr einen Händedruck an, dann erwidert sie diesen. Bietet sie ihr einen Platz an, dann setzt sie sich. Der Arbeitgeber ist sozusagen ihr Gastgeber und macht die Regeln.
»Ich habe mich auf Ihre Stellenanzeige in der Tageszeitung hin bei Ihnen als Textilverkäuferin in Teilzeit beworben. Warum ich denke, dass ich genau die richtige Fachkraft bin, die zu Ihnen passt? Ganz einfach: Ich entspreche zu 99% Ihren Suchkriterien. Das fehlende eine Prozent ist mein Hund Buster, mit dem ich jeden Morgen vor und jeden Abend nach der Arbeit spazieren gehe. Das ist allerdings sehr positiv. Ich bin dadurch abgehärtet und werde nur sehr selten krank.«, antwortete Erika. Die Personalleiterin lächelte ihr zu und machte sich eifrig Notizen …
Das eigene Verhalten ist während des Gesprächs ein Brennpunkt für viele Bewerber. Stimmlage, Mimik, Körpersprache, diese Dinge scheinen gerade den Arbeitgeber zu interessieren. Das stimmt jedoch nur teilweise. Natürlich will Erikas Gegenüber wissen, ob sie sich souverän verkaufen kann. Viel mehr interessiert die Personalleiterin jedoch, was sie zu sagen habt. Zu viel Coolness ist dabei nicht immer empfehlenswert. Wer zu kalt agiert, dem kann das schnell als pure Gleichgültigkeit ausgelegt werden. Erika versuchte, ganz natürlich zu bleiben, wenngleich ihr das vor lauter Nervosität natürlich auch nur zum Teil gelang.
Für Gesprächsthemen war reichlich gesorgt. Die Personalleiterin hatte schließlich eine Menge Fragen an die Bewerberin. Doch auch von Erika war hierbei viel Wissbegierde gefragt. Neben dem Feedback zu den Fragen erwartet jeder Arbeitgeber auch interessante Gegenfragen vom Bewerber. Das zeigt nicht nur Interesse, sondern sollte ihr auch selbst klar machen, ob das Unternehmen das richtige für sie ist. Jedoch nicht nur Arbeitsabläufe oder das Betriebsklima sollten zu Gesprächsthemen werden – die Ansprache von Themen, wie beispielsweise Gehalt oder die Anzahl der Urlaubstage ist durchaus wichtig.
Zu einem Bewerbungsgespräch gehören auch ganz kurze Nebengespräche dazu. Vielleicht entdeckt man plötzlich eine Gemeinsamkeit mit dem Arbeitgeber, was in jedem Fall von Vorteil sein kann. Diese kleinen Nebengespräche können Sympathie vermitteln, aber auch ein Trick des Arbeitgebers sein, um den Bewerber zu testen. So enthält er ganz unproblematisch weiter reichende Informationen, die entscheidend für die Einstellung des Bewerbers sein können.
Erleichterung verspricht dann erst das Ende eines jeden Bewerbungsgesprächs. Ob Erika den Job hat oder sich weiterhin auf Jobsuche befindet, entscheidet das Unternehmen erst in den Folgetagen. Bei der Verabschiedung gilt das Gleiche, wie bei der Begrüßung: Der Arbeitgeber führt durch das Vorstellungsgespräch und beendet es auch. Erika plante also stets genug Zeit für ein solches Gespräch ein, um nicht unter Zeitdruck zu geraten und verabschiedete sich freundlich - wie es sich gehört.
Weitere 8 Tage später bekam Erika dann endlich einen Anruf: »Herzlichen Glückwunsch! Sie haben den Job. Kommen Sie bitte zur Unterzeichnung des Arbeitsvertrages morgen vorbei. Wir freuen uns auf Sie!«, sagte die freundliche Frauenstimme am anderen Ende der Leitung.
Montag. Endlich war es soweit: Der erste Arbeitstag in der neuen Firma begann. Es war kalt, dunkel und es regnete den ganzen Tag. Nicht einmal kleine Pausen gönnte das Wetter den verfrorenen nassen Menschen, die unter Regenschirmen zu ihren Arbeitsplätzen eilten. Na, das fing ja gut an. Wenn Engel reisen, scheint die Sonne, heißt es. Demnach musste heute ein riesengroßer Teufel auf der Reise sein. Erika hatte sich auch auf diesen ersten Arbeitstag gründlich vorbereitet. Schließlich sollte es klappen - mit der neuen Firma und den neuen Kollegen. Am ersten Tag im neuen Job lernte sie ihre neuen Kollegen kennen. Sie hinterlässt also einen ersten Eindruck, mit Hilfe dessen man Sie einschätzt und in eine Schublade steckt. Damit es die Richtige ist, lohnte es sich auch für Erika, ein paar grundlegende Regeln zu beachten.
Nein, sie hatte nicht tagelang vor dem Spiegel einen ersten Auftritt einstudiert. Das geht ohnehin meist nur in die Hose. Es bringt daher nichts. Es empfiehlt sich aber für den ersten Arbeitstag, die Informationen, mit denen man sich bei den neuen Kollegen vorstellen möchte, trotzdem im Kopf zu haben. Erika legte sich gedanklich eine persönliche Kurzvorstellung zurecht.