Gewidmet Neil Stonechild 1973-1990

We want to be Indian

We want to be red,

We want to be free

Or we want to be dead.

Anonymous Native American who committed suicide

27. Kapitel

Am nächsten Morgen erschien der fröhliche Arzt erneut mit drei Assistenzärzten zur Visite und unterzeichnete meine Entlassungspapiere. Er ging die Untersuchungsergebnisse in meiner Krankenakte durch und versicherte mir, dass keine Folgeschäden zurückbleiben würden.

Nichts wie weg hier, dachte ich und zog mich schnell an, als der Trupp Weißkittel verschwunden war. Kurz darauf erschien Robert, um mich abzuholen. Er drückte mir die Ausgabe der Winnipeg Free Press in die Hand. Mark Flanagans Artikel prangte auf der Titelseite.

Von Mittag an stand Flanagans Telefon in der Redaktion nicht mehr still. Mehr als fünfzig Anrufe mit ähnlichen Geschichten waren bis zum Abend bei ihm eingegangen und er versprach, dass jede einzelne untersucht werde.

Ich rief auf dem Flughafen an und ließ mir die Flugdaten für den nächsten Tag durchgeben. Eine Maschine ging um 14 Uhr und ich erstand noch ein Ticket.

Wie versprochen wählte ich Conny Legrands Nummer und erzählte ihr, was bei meinen Ermittlungen herausgekommen war. Natürlich hatte sie Flanagans Artikel bereits gelesen und aus ihrer Stimme klang Sorge über mein Wohlbefinden. Ich beruhigte sie und wünschte ihr Geduld mit ihren Schützlingen.

Für den Abend hatte Maggie mich zum Essen eingeladen. Ich würde gerne kommen, sagte ich ihr, wollte aber Robert an diesem letzten Abend nicht allein lassen. Es musste sie Überwindung kosten, aber sie schlug vor, ihn mitzubringen.

Schließlich rief ich Susan an und ließ sie wissen, dass ich nach Hause kommen würde. Sie versprach, mich vom Flughafen abzuholen.

„Ich freue mich auf euch“, sagte ich. Auf dem Rückflug hatte ich genügend Zeit darüber nachzudenken, was ich Susan erzählen würde und was nicht.

Am nächsten Tag gab ich den Jeep beim Autoverleih zurück und Robert fuhr mich zum Flughafen. Ich hatte ihm am Abend zuvor auf dem Weg zu Maggie erzählt, dass ich in erster Linie deshalb nach Winnipeg gekommen war, weil ich gehofft hatte, er wäre mein Bruder oder mein Cousin.

Anfangs war er verstimmt, weil Maggie es gewusst hatte und er nicht. Aber sein Groll verflog, als er meine Geschichte hörte - und von meinen Ängsten vorm Fliegen und vor Schnee und Kälte erfuhr.

„Maggie mag dich“, bemerkte Robert, als wir auf dem Parkplatz am Flughafen angelangt waren.

Ich sah ihn an, ohne etwas zu sagen. Zum Glück wusste er nicht, was zwischen mir und seiner Schwester passiert war und ich hoffte, Emma würde dichthalten. Es war besser so.

„Schon gut“, brummte er. „Ich dachte ja nur, du hast es vielleicht nicht bemerkt.“

„Ich bin einfach nur froh, dass ich noch lebe und nach Hause zu meiner Familie zurückkehren kann.“

Robert nickte. „Verstehe. Norma hat mich angerufen. Sie ist bereit, sich mit mir zu treffen.“

„Das ist gut“, erwiderte ich. „Vermassel es nicht.“

„Keine Sorge. Ich weiß, dass es meine letzte Chance ist. Ich habe dir eine Menge zu verdanken, Adam.“

Wir standen vor den Sicherheitskontrollen.

„Ich muss jetzt los.“

„Pass auf dich auf.“ Unbeholfen klopfte Robert mir auf die Schulter.

„Mach ich. Du aber auch.“

„Guten Flug“, spöttelte Robert. „Lass mich wissen, ob du überlebt hast.“

Ich nahm meine Reisetasche auf und begab mich zu der Schleuse vor den Sicherheitskontrollen.

Seattle empfing mich mit Sonnenschein und ohne Schnee. Susan und meine Kinder warteten in der Eingangshalle des Flughafens. Ich konnte es kaum erwarten, sie in die Arme zu schließen.

Mike fragte mich aus, er wollte alles wissen über den Jungen, der im Schnee erfroren war. Amina zeigte mir ihren Gipsarm, der inzwischen voller Unterschriften und kleiner Zeichnungen war. Wir fuhren nach Hause und später, als die Kinder schliefen, erzählte ich Susan von meiner Mutter und was sie getan hatte.

In dieser Nacht schliefen Susan und ich miteinander. Und wie immer, wenn ich von einer längeren Reise zurückkehrte, hatte es für mich etwas Vertrautes und aufregend Neues zugleich. Ich hatte ein schlechtes Gewissen und gab mir große Mühe, auf Susans Wünsche einzugehen.

Ein paar Monate später würde sie mir erzählen, dass sie mein schlechtes Gewissen jedes Mal an meiner großen Zärtlichkeit erkannt hatte. Wie konnte ich so vermessen sein zu glauben, dass meine Frau nicht spürte, was vorgefallen war?

Am nächsten Vormittag fuhr ich zum Friedhof. In den vergangenen vierzehn Jahren war ich nicht oft am Grab meiner Adoptiveltern gewesen, höchstens ein- oder zweimal im Jahr, meistens zusammen mit Alice. Dennoch fand ich den Weg zum Grab ohne Probleme.

Auf der Grabplatte stand eine Glasvase mit frischen Blumen. Ich wusste, wie sehr Alice darunter litt, dass ich unseren Eltern nicht verzeihen konnte. Es war eine Sache, über die wir nicht mehr sprachen, weil dabei jedes Mal Wunden aufgerissen wurden.

Jetzt stand ich in der Januarsonne vor dem Grab meiner Eltern und bat sie um Verzeihung. Sie hatten mich geliebt und mir das auf jede erdenkliche Art gezeigt. Auch ihr Schweigen war Liebe gewesen. Das verstand ich erst jetzt.

Auf dem Rückweg machte ich einen Abstecher zum Verlagsgebäude. Alice war in ihrem Büro und ich erzählte ihr alles, was passiert war und was mir in den letzten beiden Tagen durch den Kopf gegangen war. Es war ein gutes Gespräch. In Zukunft würden wir über alles reden können, das wusste ich jetzt.

In den folgenden Wochen hielt Mark Flanagan mich auf dem Laufenden, wie die polizeilichen Ermittlungen in den Reihen der Winnipegger Stadtpolizei vorangingen. Inzwischen waren über 400 Anrufe zu polizeilichen Übergriffen in seinem Büro eingegangen. Dazu gehörten Starlight Touren, Körperverletzung, Freiheitsberaubung und sexueller Missbrauch.

Das RCMP mietete eine ganze Etage im Marriott Hotel und bildete eine Sonderkommission mit dem Namen „Starlight Tours“.

Wie Mark vorausgesagt hatte, gab es einen Skandal, der Winnipeg weltweit in die Schlagzeilen brachte. Nun war die Hauptstadt Manitobas nicht mehr nur Hauptstadt des Winters, Hauptstadt der Kinderarmut und Hauptstadt der Autodiebstähle - sie war nun auch Hauptstadt einer rassistischen Polizei.

Es gab einige Stammesvorsitzende, für die das Ganze eine willkommene Gelegenheit war, um in der Presse gegen eine „Weiße Polizei“ scharf zu machen. Das erschwerte die Situation, denn die Fronten drohten sich zu verhärten: Winnipegs Stadtpolizei boykottierte die Arbeit des RCMP. In einem Newsletter warnte die Winnipeg Police Associaton ihre Mitglieder sogar, keine unüberlegten Statements abzugeben, weil sie sich oder Kollegen damit belasten könnten. ,Denkt an eure Rechte‘, schrieb die WPA.

Manitobas größte indianische Vereinigung, die Federation of Manitoba Indians, heuerte für viel Geld Privatdetektive an, weil sie den Ermittlungen der Sonderkommisssion des RCMP nicht traute. Polizeichef Gerald Moore bestritt vehement, dass die „Ausflüge aufs Land“ eine regelmäßige Praxis gewesen seien. Vielmehr wären diese Starlight Touren der Fantasie der Ureinwohner entsprungen. Das, was dem Journalisten aus Seattle wiederfahren war, bezeichnete Moore als ,bedauerlichen Vorfall‘. Erst im April gab er zu, dass derartiges ,mehr als einmal’ geschehen war. Zwei Wochen nach diesem Eingeständnis musste Manitobas Polizeichef von seinem Amt zurücktreten.

Das RCMP fand heraus, dass sieben indianische Männer von Mitgliedern der Stadtpolizei misshandelt und bei Minustemperaturen auf freiem Feld ausgesetzt worden waren. Für fünf von ihnen endete der Ausflug tödlich.

Als es Anfang Mai zur Gerichtsverhandlung gegen Brad Wagner und Henry Kazan kam, fuhr ich in meinem Jeep nach Winnipeg. Ohne Schnee und Minusgrade zeigte sich die Stadt von einer freundlicheren Seite: The Forks war tatsächlich grün, wie Robert es mir erzählt hatte.

Die beiden Cops wurden wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung zu einer Haftstrafe von acht Monaten verurteilt. Sie wurden unehrenhaft aus dem Polizeidienst entlassen und verloren ihren Pensionsanspruch.

Den beiden Polizisten, die Daniel Blueboy auf dem Rücksitz ihres Streifenwagens sitzen hatten, als sie Lucas Cardinal anhielten und überprüften, konnte hingegen nicht nachgewiesen werden, dass sie für den Tod des Jungen verantwortlich waren. Wilson und Austin wurden degradiert, gingen aber straffrei aus.

Für die indianische Bevölkerung Winnipegs waren das Urteil und das Ergebnis der Untersuchungen des RCMP unbefriedigend – vor allem natürlich für die Familie Blueboy. Auch ich hielt beides für halbherzig, aber ich hatte mit nichts anderem gerechnet.

Die Polizei, wurde oft gesagt, war die dünne blaue Linie, die die Gesellschaft vor dem Chaos bewahrt. Winnipegs Ureinwohner fürchteten die Polizei und misstrauten ihr, deshalb wagten sie sich nicht an die Öffentlichkeit, als die ersten Starlight Touren tödlich endeten. Aber wo immer weniger Menschen Kritik äußerten oder gegen das Unrecht aufbegehrten, wuchs auf der Gegenseite ein Gefühl der Unverwundbarkeit und Macht. Dieses Gefühl hatte sich latent ausgebreitet unter den Cops von Winnipeg. Um die Art und Weise, wie die Polizei mit uns Ureinwohnern umging, wirklich zu ändern, musste in den Köpfen der Polizisten begonnen werden.

Der neugewählte Polizeichef von Winnipeg führte als erste Amtshandlung ein neues Verfahren bei Ermittlungen in den eigenen Reihen ein. Und es gab neue Anwerbungskampagnen für indianische Jugendliche, die eine solide Polizeiausbildung versprachen.

Vielleicht war das ein Anfang.

Als ich aus Winnipeg zurückkehrte, waren einige Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter im Büro. Unter anderem auch eine von meinem Freund Richard Two Two aus Pine Ridge. Er sagte, er müsse dringend mit mir sprechen und ihm bliebe nicht mehr viel Zeit.

Ich schloss meine Bürotür und wählte seine Nummer.

Antje Babendererde

Starlight Blues

In der Kälte der Nacht

Kriminalroman

1. Kapitel

Meine Detektei stand nicht im Branchenverzeichnis und war auch nicht im Internet zu finden. Meine Telefonnummer kursierte jedoch schon seit jener Zeit in den Indianerreservaten, als ich noch ausschließlich als Journalist arbeitete. Inzwischen gab es Tage, da klingelte das Telefon ohne Unterlass.

Dieser Freitag war jedoch ungewöhnlich ruhig gewesen. Niemand hatte angerufen oder war in mein Büro gekommen, um mich zu bitten, der Gerechtigkeit auf die Sprünge zu helfen. So hatte ich endlich die Kolumne über Seattles Stadtindianer geschrieben, damit meine Schwester Alice sie in die Montagsausgabe des Olympic Independent setzen konnte. Ich saß über den Korrekturen des Artikels, als das Klingeln des Telefons mich aus meinen Gedanken schreckte.

Susan war am Apparat, sie rief aus dem Northwest Hospital & Medical Center an. Unsere Tochter Amina war mit ihrer Schulklasse beim Schlittschuhlaufen gewesen und hatte sich den Arm gebrochen.

„Kein schlimmer Bruch“, beruhigte mich Susan. „Aber komm bitte nach Hause, Amina braucht dich.“

Eilig schickte ich die fertige Kolumne per E-Mail an meine Schwester und war im Begriff meine Bürotür abzuschließen, als das Telefon erneut klingelte. Ich wollte nicht rangehen, aber der Anruf konnte wichtig sein, deshalb blieb ich in der Tür stehen und wartete. Nach dem fünften Klingeln schaltete sich der Anrufbeantworter ein.

Zuerst blieb es still, das war nicht ungewöhnlich. Viele meiner Klienten kostete es große Überwindung, mich anzurufen. Wenn sich dann auch noch der Anrufbeantworter einschaltete, konnte es passieren, dass sie aufgaben, ohne mit mir gesprochen zu haben. Manchmal blinkte das rote Licht, wenn ich in mein Büro kam, aber das Band war bis auf ein Pfeifen und Piepsen leer.

Doch diesmal war anders. Nach kurzem Zögern meldete sich ein Mann, der offensichtlich völlig durcheinander war. Er redete unzusammenhängend, sprach von einem toten Bruder, der erfroren sei und ihm nun im Traum erscheinen würde. Ich hatte keine Ahnung, was er von mir wollte. Das alles erschien mir seltsam wirr und ich musste an meine Tochter denken, doch als der Mann seinen Namen nannte, jagte ein Adrenalinstoß durch meine Adern. Robert Blueboy, das konnte kein Zufall sein. Mit drei großen Schritten war ich beim Schreibtisch und riss den Hörer ans Ohr.

„Mr Blueboy, ich bin jetzt dran.“

Wieder war es still in der Leitung. Hatte der Anrufer den Mut verloren und aufgelegt? „Hallo, sind Sie noch da?“

„Ja“, meldete sich Robert Blueboys verunsicherte Stimme. „Sie sind doch der Adam Cameron? Ich meine, ich bin doch richtig, oder?“

„Ja“, sagte ich, „sind Sie. Bitte erzählen Sie mir noch einmal langsam, was genau passiert ist.“

Blueboy holte tief Luft. „Es geht um meinen Bruder“, sagte er. „Man hat ihn erfroren auf einem freien Feld am Stadtrand gefunden. Seit einigen Nächten erscheint Dan in meinen Träumen. Er will, dass seine Mörder gefunden werden.“

„Moment mal, das verstehe ich nicht. Sie sagten doch gerade, er wäre erfroren.“

„Ja, das stimmt. Aber ich kann nicht glauben, dass er von alleine dort hingekommen ist, wo man ihn fand. Niemand von uns glaubt das.“

So ist es immer. Man will nicht glauben, dass jemand, den man liebt, tot ist.

„Von wo aus rufen Sie überhaupt an, Robert?“

„Aus Winnipeg, Manitoba.“

Kanada , auch das noch. Ewig dauernder Winter, bittere Kälte und viel, viel Schnee. Mein Magen zog sich zusammen.

„Hören Sie“, sagte Robert Blueboy nach kurzem Schweigen, „ich weiß, dass zehn Jahre eine lange Zeit sind, aber ...“

„Zehn Jahre?“, unterbrach ich ihn. „Ihr Bruder ist vor zehn Jahren gestorben?“

„Ja, sagte ich das nicht? Verzeihen Sie, aber ich bin ziemlich durcheinander. Daniel war erst siebzehn und hatte sein ganzes Leben noch vor sich. Ich will nicht, dass er umsonst gestorben ist.“

„Verstehe. Aber kommt dieser Wunsch nicht etwas spät?“ Zehn Jahre waren eine verdammt lange Zeit. Nahezu aussichtslos, nach so vielen Jahren noch brauchbare Zeugen zu finden, Leute, die sich an den Jungen erinnern würden. Ich zögerte. Gerechtigkeit ist keine Frage des Zeitpunkts, hatte mein Vater immer gesagt.

„Bitte helfen Sie mir“, sagte Blueboy. „Ich bin es meinem Bruder schuldig.“

Ich unterdrückte ein Seufzen. Es war eine traurige, wenn auch keine weltbewegende Geschichte: Ein erfrorener Indianerjunge, der zehn Jahren nach seinem Tod dem Bruder im Traum erschien und Gerechtigkeit verlangte. Solche Dinge passieren: Dass Leute im Winter erfrieren. Oder dass tote Angehörige einem im Traum erscheinen. Ich träumte heute noch manchmal von meinen Adoptiveltern.

Es wäre fair und vernünftig gewesen, Robert Blueboy die Wahrheit zu sagen. Nämlich, dass ich als Privatdetektiv keine Lizenz für Kanada besaß. Ich hätte bedauern und auflegen sollen. Aber ich konnte nicht mehr so tun, als ob ich den Hörer nicht abgenommen hätte, denn dieser Mann hatte einen Trumpf in der Hand. Einen, von dem er nichts ahnte, ein Zufall, der mein Inneres in Aufruhr versetzte: Blueboy, das war auch mein Name.

Dass Carl und Margret Cameron nicht meine richtigen Eltern waren, hatte ich erst nach ihrem Tod erfahren. Mein Geburtsname lautete Adam Lee Blueboy und meine Mutter hatte mich weggegeben, als ich drei Jahre alt war. Die Camerons hatten mich adoptiert und das Wissen um meine Herkunft mit ins Grab genommen. Seither versuchte ich, Licht ins Dunkel meiner Herkunft zu bringen.

Vielleicht war Robert Blueboy mein Cousin oder gar mein Bruder. Bei diesem Gedanken schlug mein Herz schneller. Bisher war jede Spur, der ich nachgegangen war, im Sande verlaufen. Aber ich dachte nicht daran, aufzugeben. Es ließ mir keine Ruhe, dass meine Adoptiveltern ein Geheimnis um meine Herkunft gemacht hatten. Jahrelang hatten sie mir die Wahrheit verschwiegen und ich wollte herausfinden, warum. Ich würde mich also um den toten Daniel Blueboy kümmern, auch wenn ich dafür mitten im Winter in ein Flugzeug steigen musste, und mein Detektivausweis auf kanadischem Boden so viel wert war wie ein Stück Toilettenpapier.

„Ich komme, sobald ich kann“, sagte ich.

Robert schien einen Moment zu brauchen, bis er begriff, dass er mich überzeugt hatte. „Eine Frage noch. Ist es wahr, dass Sie manchmal ... ich meine, stimmt es, dass Sie ... ich habe nicht viel Geld, Mr Cameron.“

„Machen Sie sich darum mal keine Gedanken“, beruhigte ich ihn.

Blueboy gab mir seine Adresse und die Telefonnummer durch. Ich versprach mich zu melden, sobald ich wusste, wann ich in Winnipeg eintreffen würde.

Ich ging zur Karte an der Wand und schätzte die Entfernung zwischen Seattle und Winnipeg. Ein Seufzen kam aus meiner Kehle. Seit meine Adoptiveltern in einem Flugzeug zu Tode gekommen waren, hatte sich aus meiner latenten Aversion gegen das Fliegen eine ernst zu nehmende Flugangst entwickelt. Manchmal ließ es sich allerdings nicht vermeiden, in ein Flugzeug zu steigen. Natürlich hätte ich mich auch in meinem alten Jeep Cherokee auf den Weg nach Winnipeg machen können, aber dann hätte ich mindestens zwei Tage für die Strecke gebraucht und wäre unterwegs vielleicht in einem Schneesturm stecken geblieben. Ich entschied also, meine Furcht zu überwinden und das Vernünftige zu tun, auch, wenn es mir schwer fiel.

Beherzt wählte ich die Nummer vom Ticketservice des Sea-Tac Airport und erwischte noch eine Flugverbindung nach Winnipeg für den Sonntag. Nachdem ich mir die Flugdaten notiert hatte, rief ich Robert Blueboy zurück und sagte ihm durch, wann mein Flieger landen würde. Er versprach, mich am Flughafen abzuholen.

Wie ich ihn erkennen würde, wollte ich wissen.

Er würde mich erkennen, sagte er.

Seattle im Januar ist eine Zumutung. Und wie jeden Winter hegte ich den Gedanken, mit meiner Familie der Stadt am Pudget Sound den Rücken zu kehren und uns eine Bleibe im sonnigen Süden zu suchen. In Santa Fé beispielsweise, denn die Kultur der ältesten Stadt Amerikas fasziniert mich und das milde Klima New Mexicos war eine große Verlockung.

Ich dachte dauernd daran wegzuziehen, aber Seattle hielt mich fest. Oder besser, meine Familie hielt mich fest. Mein Kinder Amina und Mike, die hier geboren und zuhause waren. Meine Frau, die ihren Job als Dozentin an der University of Washington liebte und nicht zuletzt Alice, meine kleine Schwester, die drei Jahre nach dem Tod unserer Eltern die Leitung des Zeitungsverlages übernommen hatte, der uns zu gleichen Teilen gehörte.

Der Verlag, ein paar Aktien und eine große viktorianische Villa auf Mercer Island waren das Erbe von Carl und Margret Cameron. Nach ihrem plötzlichen Tod hatte ich mein Jurastudium abgebrochen und mich in verschiedenen Teilen des Landes herumgetrieben. Ich ließ meine Haare lang wachsen, um von vorne herein keine Zweifel mehr an meiner Herkunft aufkommen zu lassen. Damals war ich dreiundzwanzig und mir stand auf einmal nicht mehr der Sinn danach, zu studieren, geschweige denn, ein Unternehmen zu leiten.

Alice war erst zwanzig und studierte Journalistik in San Francisco. Sie beendete ihr Studium als eine der Besten in ihrem Jahrgang, doch bis es so weit war, wurde der Verlag treuhänderisch von einem Freund unseres Vaters geführt. Als meine Schwester das Regionalblatt schließlich übernahm, war es arg in Bedrängnis geraten. Das Internet hatte als Informationsquelle schnell an Bedeutung gewonnen und die Konkurrenz schlief nicht. Die Auflagen des Olympic Independent befanden sich im Sinkflug - Alice musste sich etwas einfallen lassen.

Sie stöberte mich in einem Indianerreservat in South Dakota auf und bat um meine Unterstützung. Da ich ohnehin an einem toten Punkt angelangt war auf meinem Selbstfindungstrip, und dazu noch in einer verteufelten Beziehungskrise steckte, kehrte ich meinem Vagabundenleben den Rücken und ging mit Alice nach Seattle zurück.

Ich belegte Collegekurse in Journalistik und gemeinsam päppelten wir den Zeitungsverlag wieder auf. Mit Hilfe eines befreundeten Designers erarbeiteten wir ein neues Layout und stellten zwei junge Journalisten ein, die in der Lage waren, das Lebensgefühl des Nordwestens zu erfassen und die Themen originell umzusetzen. Wir setzten gut recherchierten Journalismus gegen dumpfen Sensationalismus und das Konzept ging auf.

Aber die Zeitung war und blieb Alices Kind. Der Verlag war ihr Lebensinhalt. Meine Schwester war eine harte Arbeiterin und gute Redakteurin. Sie hatte nie eine Familie gegründet, weil sie sich aus Männern nichts machte. Ihr Coming out mit vierzehn war schwierig gewesen, die Suche nach einer Partnerin, mit der sie zusammenleben konnte, schien ein erfolgloses Unterfangen zu sein. Alices Liebesgeschichten endeten immer unglücklich.

Ich selbst hatte nach meiner Rückkehr in die Stadt einige Jahre für den Olympic Independent geschrieben und mich – was naheliegend war - für die Belange der amerikanischen Ureinwohner eingesetzt. Zunächst regional, denn im Bundesstaat Washington lag vieles im Argen: Immer wieder bedrohte Öl aus Tankerunglücken die Küste und die Fischgründe der dort ansässigen Indianerstämme. Einige Stämme wehrten sich gegen die Überfischung ihrer Küstengewässer durch weiße Sportfischer; die Makah hatten unter heftigen Protesten von militanten Tierschützern den Walfang wieder aufgenommen und es gab Landstreitigkeiten im Nationalpark.

Meine Artikel wurden zunehmend auch in überregionalen Zeitungen abgedruckt und immer mehr Indianer aus allen Teilen des Landes nahmen Kontakt zu mir auf. Es galt, alte und neue Ungerechtigkeiten publik zu machen. Ich verbrachte also wieder viel Zeit auf der Straße, obwohl ich inzwischen verheiratet war und Kinder hatte.

Da ich bei meinen Recherchen nicht selten in großen Misthaufen herumstocherte, geriet ich immer wieder in gefährliche Situationen. Einige Menschen in diesem Land hatten keine Hemmungen, einen Indianer ohne mit der Wimper zu zucken ins Jenseits zu befördern, wenn er ihren Interessen auf irgendeine Weise in die Quere kam. Vermutlich war das ein angeborener Reflex der Angloamerikaner, ein Relikt aus den Zeiten der Indianerkriege.

Trotzdem recherchierte ich weiter. Hin und wieder gelang es mir, mit meinen Reportagen etwas zu bewirken. In den meisten Fällen änderten meine publik gemachten Wahrheiten jedoch überhaupt nichts. Nämlich immer dann, wenn Geld und Macht am größeren Hebel saßen.

Deshalb gelangte ich vor zwei Jahren an den Punkt, an dem das Schreiben allein nicht mehr ausreichte: Ich wollte mehr tun.

Als privater Ermittler hatte ich viel mehr Möglichkeiten, deshalb entschied ich, eine Detektei zu eröffnen. Susan und Alice waren entsetzt, aber ich ließ mich nicht beirren. Ich konnte einfach nicht mehr tatenlos zusehen, wie dieses Land die Rechte seiner Ureinwohner mit den Füßen trat.

Zuerst holte ich meinen Bachelor in Strafjustiz nach, im Anschluss durchlief ich ein paar Tests der Sicherheitsbehörden des Bundesstaates Washington, bestand eine zweistündige schriftliche Prüfung und erwarb eine Lizenz als Privatdetektiv sowie einen Waffenschein.

Mein Sohn Mike war begeistert.

Allerdings trage ich meinen halbautomatischen Revolver nur, wenn es unbedingt sein muss, denn ich habe mehr als einmal gesehen, was eine Waffe für furchtbaren Schaden anrichten kann.

2. Kapitel

Aus praktischen Gründen befand sich mein Detektiv-Büro im Verlagsgebäude des Olympic Independent, einem zweistöckigen Bau mit gelber Bretterverkleidung am Pier 54, gegenüber dem Seattle Fire Departement. Der Raum im ersten Stock hatte zwei große Fenster. Eines mit Blick auf die Elliott Bay und eines, von dem aus ich bei klarem Wetter den Mount Rainier am südlichen Horizont sehen konnte.

Mein Adoptivvater, der aus dem sonnigen Kalifornien stammte, kam 1965 nach Seattle, erwarb das Gebäude und gründete zwei Jahre später seinen Zeitungsverlag – gleich mit großem Erfolg. Er lernte Margret kennen, eine Kanadierin aus der Provinz Manitoba, die als Studentin nach Seattle gekommen war und sich als Sekretärin bei ihm beworben hatte. Laut meinen Adoptiveltern war es Liebe auf den ersten Blick. Die beiden heirateten wenig später und erwarben eine viktorianische Villa auf Mercer Island, in der Alice und ich aufwuchsen.

Das Haus war viel zu groß für vier Menschen und für zwei erst recht. Nach dem Tod unserer Eltern verkauften wir die Villa und Alice lebte seitdem in einem Apartment im Norden von Seattle.

Kurz nach meiner Rückkehr in die Stadt lernte ich Susan kennen, wir heirateten ein Jahr später und kauften uns ein Haus in der Nähe des Uni-Geländes. Susan konnte zur Arbeit laufen, ich fuhr jeden Tag mit dem alten Jeep Jerokee in mein Büro am Hafen.

Nasser Schnee flog mir ins Gesicht, als ich das Verlagsgebäude verließ. Auf dem schwarzen Wasser des Pudget Sound tanzten weiße Schaumkronen. Ich fasste mein langes Haar im Nacken zusammen und sah zu, dass ich zu meinem Wagen kam. Mein Parkplatz lag gleich gegenüber, unter dem Viadukt, einem hässlichen grauen Betonbau, der den Hafen vom Stadtzentrum trennte, und auf dem jetzt der Nachmittagsverkehr rollte.

Ich warf den Motor an und drehte sofort die Heizung hoch. Unterwegs machte ich einen Zwischenstopp am Pioneer Place, um für Amina ein Buch und bei Lilly’s Sweets an der Ecke zwei Tüten Salzwasser Toffees zu kaufen. Es war spät geworden, und auf dem restlichen Heimweg dachte ich darüber nach, wie ich Susan die Verspätung erklären sollte.

Unser einstöckiges Holzhaus stand am Capitol Hill, ein paar Blocks hinter dem Universitätsgelände. Auf dem Weg dorthin war das Schneetreiben dichter geworden. Ich parkte in der Einfahrt und eilte die Stufen zum überdachten Eingang hinauf. Noch bevor ich den Schlüssel ins Schloss stecken konnte, öffnete sich die Tür und Mike sprang mir an den Hals. „Hi, Daddy“, sagte er mit leuchtenden Augen. „Hast du heute wieder einen Killer gejagt?“

Ich lachte und drückte meinen Sohn an mich. „Nein Mike, heute war gar nichts los. Bei diesem Wetter bleiben die Leute in ihren warmen Häusern, gucken Fernsehserien und kochen gutes Essen. Da haben sie keine Lust, Dummheiten zu machen.“

Natürlich erwartete mein Sohn eine brandneue Verbrechergeschichte von mir, aber ich hatte keine. Stattdessen kreisten meine Gedanken um Daniel Blueboy, den erfrorenen Indianerjungen aus Winnipeg.

„Wie geht es deiner Schwester?“, fragte ich.

„Sie sitzt in ihrem Zimmer und redet mit niemandem.“ Mike verdrehte gelangweilt die Augen. Er war acht und manchmal fiel es ihm schwer, mit seiner zwei Jahre älteren Schwester auszukommen. Amina war ein stilles, zurückhaltendes Mädchen, der alles, was sie anfing, gelang. Mike hingegen war ein Unglücksrabe, oft machte er sich selbst das Leben schwer. Dass seine perfekte Schwester sich den Arm gebrochen hatte, tat ihm durchaus leid, aber die Tatsache, dass auch bei ihr mal etwas schiefgegeangen war, schien ihn zu erleichtern.

Susan begrüßte mich mit einem enttäuschten: „Ich hatte dich eher erwartet.“

„Ich war noch in der Stadt, um Amina ein Buch zu besorgen“, brachte ich zu meiner Entschuldigung hervor.

„Und das hat so lange gedauert?“ Skeptisch blickte sie mich an. „Amina steht vermutlich noch unter Schock. Sie spricht nicht.“

Das tat Amina immer, wenn sie wollte, dass ihr Vater auf der Stelle zu ihr kam, um sie zu trösten. „Ich kriege das schon hin“, beruhigte ich sie und legte Mike die Hände auf die Schultern. „Geh schon mal in euer Zimmer“, bat ich ihn. „Ich komme gleich und lese euch etwas vor.“

Mike huschte davon und ich sah meine Frau an. Ihre Augen hatten diesen traurigen, unnahbaren Blick, den ich erst seit ein paar Monaten kannte und der mich verunsicherte, wenn ich ihm begegnete.

Vor elf Jahren hatte ich Susan bei Recherchen für einen Artikel über indianische Studenten kennengelernt und mich auf der Stelle in sie verliebt. Ich hatte mich in ihr Lachen verliebt. Susan hatte dunkles Haar und einen dunklen Teint und als ich sie fragte, von welchem Volk sie abstamme, lachte sie. Es gab keine indianischen Vorfahren in ihrer Familie, Susans Wurzeln lagen auf Sizilien – und darauf war sie stolz.

Ihre unbändige Lebenslust faszinierte mich, ihre unkomplizierte Art. Natürlich gab es noch andere, denen es genauso erging, und ich litt darunter, dass Susan ihr Lachen so freigiebig verschenkte. Umso überraschter war ich, als ich herausfand, dass ich der erste Mann war, mit dem sie schlief. Susan war damals dreiundzwanzig.

Zehn Jahre waren wir inzwischen verheiratet und obwohl ich mir geschworen hatte, dass Susan von nun an die Einzige sein würde, war ich im vergangenen Jahr gleich zweimal vom Wege abgekommen. Ich liebte meine Frau und hatte mich so bemüht, treu zu sein. Es war einfach passiert. Ich wollte meine Ehe nicht aufs Spiel setzen und hoffte, Susan würde niemals von diesen Entgleisungen erfahren. Aber sie war meine Frau und wusste alles, was es über mich zu wissen gab. Vielleicht ahnte sie auch, dass es andere Frauen gab, denn in letzter Zeit war sie ungeduldiger mit mir als sonst, und in ihren Augen entdeckte ich manchmal diese tiefe Traurigkeit, die mein schlechtes Gewissen auf Hochtouren brachte.

Ich machte einen Schritt auf sie zu, um sie in den Arm zu nehmen, aber Susan sagte: „Geh schon. Amina wartet auf dich.“

Im Kinderzimmer steckte ich Mike eine der beiden Toffee-Tüten zu, obwohl ich wusste, dass seine Mutter etwas gegen die bunten, klebrig-süßen Dinger hatte. Ich hoffte, es würde keine neue Grundsatzdiskussion auslösen, wenn sie die Bonbonpapiere entdeckte. Meine Kinder liebten diese Toffees nun mal.

Amina saß mit Kopfhörern im Ohr auf ihrem Bett. Die große Ähnlichkeit mit ihrer Mutter war immer wieder verblüffend: Dasselbe schmale Gesicht, die großen braunen Augen, das leicht lockige Haar.

Ihre stumme Umarmung fiel durch den Gips recht kläglich aus. Ich setzte mich neben sie, wickelte einen weiß-blauen Toffee aus dem Papier und schob ihn in ihren Mund. Ein winziges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Und als ich ihr und Mike aus dem Buch vorlas, das von einem einsamen Wal handelte, der auf abenteuerliche Weise eine neue Familie fand, begann Amina wieder zu sprechen.

Nachdem ich ihr den kleinen Wal mit schwarzem Filzstift auf den schneeweißen Gips gemalt hatte, umarmte sie mich ein zweites Mal. Ich mochte den kindlichen Duft ihrer Haare, liebte ihre Umarmungen. Nicht mehr lange, und die Pubertät würde über meine Tochter hereinbrechen.

Am Abend saßen wir alle zusammen in der Küche und im ganzen Haus duftete es köstlich nach Lasagne. Susan kochte gerne. Und owohl ihr Job als Dozentin für Kunst und Amerikanische Geschichte an der University of Washington sie ziemlich auf Trab hielt, verwöhnte sie uns regelmäßig mit köstlichen Gerichten.

Für eine Weile schien alles im Lot zu sein. Mike stocherte mit vorgeschobener Unterlippe in seinem Essen herum, weil Amina unsere volle Aufmerksamkeit hatte, während sie vom Krankenhaus erzählte. Ihre Wangen glühten rot, die Augen leuchteten. Sie hatte den Schock überwunden.

Nachdem die Kinder den Tisch verlassen hatten, um ihre Lieblingssendung „Die Flintstones“ anzusehen, eröffnete Susan mir, dass ich am kommenden Montag allein zur Elternversammlung gehen müsse, weil sie eine Abendveranstaltung mit einem Archäologieprofessor hatte. Sie hatte den Mann eingeladen, also müsse sie auch anwesend sein und sich um ihn kümmern.

„Das wird schwierig“, wandte ich ein. Meine Hoffnung auf einen friedlichen Abend schwand schlagartig. Susans Begeisterung über meinen neuen Beruf hatte sich von Anfang an in Grenzen gehalten. Oft war ich für mehrere Tage oder sogar Wochen im Land unterwegs, um meine Fälle zu lösen. Ich wusste, dass Susan Angst um mich hatte, auch wenn ich ihr nie in vollem Umfang berichtete, in welche Gefahr ich mich hin und wieder brachte.

Es nützte nichts, ich musste ihr beibringen, dass ich am Montag nicht mehr hier sein würde. Also erzählte ich ihr von diesem Anruf aus Winnipeg.

„Du hast einen Fall angenommen, der zehn Jahre zurückliegt?“ Verwundert sah sie mich an. Vermutlich hatte sie die Verbindung zwischen meinem Fall und den Schwierigkeiten in Sachen Elternversammlung noch nicht hergestellt.

„Nun, dieser Robert Blueboy ist der festen Überzeugung, dass sein Bruder ermordet wurde.“

Susan, die gerade dabei war, den Tisch abzuräumen, hielt abrupt inne. Mit Sicherheit klingelten bei ihr nun sämtliche Alarmglocken. „Wie, sagtest du, ist der Name des Mannes?“

Ich zögerte einen Moment. „Du hast mich schon richtig verstanden.“

Die Teller in der Hand, musterte meine Frau mich eindringlich. „Du hast den Gedanken immer noch nicht aufgegeben, stimmt’s?“

„Nein“, erwiderte ich verdrossen. „Ich werde den Gedanken, meine Familie zu finden, nicht aufgegeben.“

„Du verlässt uns also wieder einmal.“

Wie sie das sagte, klang es tatsächlich so, als würde ich meine Familie verlassen, um verwerfliche Dinge zu tun. Dabei tat ich nur, was ich tun musste. Doch mit Susan darüber zu diskutieren, führte zu nichts. Ich verdiente kein Geld mit diesem Job und meine Familie brauchte mich ebenso, wie diese Menschen mich brauchten. Punkt.

„Ich fliege übermorgen nach Winnipeg und werde vermutlich ein paar Tage weg sein.“

„Übermorgen schon?“ Hart stellte sie die Teller auf den Tisch zurück, dass es klirrte. „Aber Amina braucht dich jetzt. Hättest du das Ganze nicht ein paar Tage verschieben können? Dieser Junge ist seit zehn Jahren tot, es hätte ihm sicher nichts ausgemacht, noch ein bisschen länger zu warten, bis du dich seiner annimmst.“

Ich dachte daran, wie durcheinander Robert am Telefon gewirkt hatte. „Das ist mein Job, Susan und außerdem hatte ich meinen Flug schon gebucht, als du mich heute wegen Amina angerufen hast.“

Ich griff ungern zu dieser Notlüge, aber ich hatte auch keine Lust, als schlechter Vater hingestellt zu werden. „Und wir haben ja auch noch Kathy.“

Kathy Sloan war eine von Susans Studentinnen. Sie passte auf die Kinder auf, wenn meine Frau und ich ausgehen wollten oder wir beide noch am Abend beruflich zu tun hatten, was hin und wieder vorkam.

„Soll Kathy auf die Kinder aufpassen oder zur Elternversammlung gehen?“, fauchte sie mich an und verließ die Küche.

Ich räumte das Geschirr in den Spüler und wischte den Tisch ab. Anschließend schickte ich die Kinder ins Bad. Susan saß an ihrem Schreibtisch. Vermutlich korrigierte sie Arbeiten ihrer Studenten.

Amina ließ sich von mir beim Waschen helfen und ich fragte mich, wie lange ich das wohl noch durfte. Es war mühsam, den Gipsarm im Schlafanzugärmel unterzubringen.

Schließlich saß ich mit beiden Kindern auf Aminas Bett und erzählte ihnen Geschichten. In der Zeit, in der ich in verschiedenen Reservaten gelebt hatte, waren mir an nächtlichen Lagerfeuern unzählige Geschichten zu Ohren gekommen. Einige davon waren zu hart, die behielt ich für mich. Aber es gab andere, Geschichten, die gut ausgingen und Hoffnung gaben.

Amina hatte immer ein offenes Ohr für Storys aus dem Indianerleben, weil sie sich auf ihre kindliche Art damit identifizierte. Mike hingegen wollte lieber Verbrechergeschichten aus erster Hand hören. Indianergeschichten, in denen Menschen mit Tieren sprachen, fand er langweilig. Nur die Geschichte vom Windigo, dem kannibalischen Geist aus der Wildnis, fazinierte ihn. Den Windigo fand Mike toll.

Vor ein paar Tagen erst, war Amina in der Bibliothek auf dieses Buch über das Volk der Cree mit der bebilderten Geschichte des Windigo gestoßen und hatte sie Mike gezeigt. Beide waren damit zu mir gekommen. Natürlich kannte ich die Windigo-Geschichte, sie war für mich jedoch mit einem unerklärlichen Grauen behaftet. Ich mochte sie nicht, denn der menschenfressende Unhold geisterte seit ich denken konnte durch meine Nächte und verursachte mir Albträume. Aber das wollte und konnte ich vor meinen Kindern nicht zugeben. Also erzählte ich ihnen an diesem Abend zum wiederholten Mal, was ich über den Windigo wusste.

„Einst war der Windigo ein Mensch wie du und ich. Es war im tiefen Winter, als er schon einige Tage hungrig durch die Wälder streifte, auf der Suche nach einem Tier, das er erlegen konnte. Da begegnete er einer wilden Kreatur, die hatte Haare im Gesicht, an den Armen und Beinen, und besaß ein Herz aus Eis. Da wurde auch sein Herz zu Eis, und von diesem Moment an war er unfähig, menschliche Gefühle zu empfinden. Er irrt umher auf der Suche nach neuen Opfern. Und wer nicht aufpasst, den erwischt er und verspeist ihn.“

Ich packte Mike, zeigte meine Zähne und knurrte wie ein Ungeheuer. Mein Sohn quietschte und lachte vor Vergnügen. Amina verdrehte die Augen. Für meine Kinder war der Windigo ein Märchenwesen - und vor einem Märchenwesen fürchtete man sich nicht.

Ich blieb bei ihnen, bis sie eingeschlafen waren. Nachdenklich betrachtete ich meinen Sohn, der mir sehr ähnlich sah, mit seinem glatten Haar und den schrägen Augen. Mike wollte kein Indianer sein, nicht einmal ein halber. Wie würde er in ein paar Jahren damit klarkommen? Es verletzte mich natürlich, dass Mike mit seiner indianischen Hälfte ein Problem hatte, aber ich wusste, wie er sich fühlte.

Im Alter von acht Jahren hatten auch für mich die Probleme begonnen. Ich sah anders aus als die Kinder, mit denen ich auf Mercer Island zur Schule ging. Aber was noch schlimmer war, ich sah auch anders aus als meine eigene Schwester. Ich fand mich hässlich und litt darunter. Bis Mom mir von ihrer Großmutter erzählte. Granny Arlette war zu drei Vierteln Cree-Indianerin und meine Mutter begründete mein Aussehen mit dieser Blutsverwandtschaft. Sie erzählte mir, dass es genetische Merkmale gibt, die manchmal ganze Generationen überspringen und dann unversehens wieder auftauchen - so wie bei mir. Sie besaß ein vergilbtes schwarz-weiß Foto von Granny Arlette, das sie als junge Frau zeigte, und die verblüffende Ähnlichkeit mit mir überzeugte mich letztendlich.

Doch vor vierzehn Jahren stürzte die Cessna ab, mit der Mom und Dad zum Angelurlaub in Kanada unterwegs waren. Als Alice und ich den Nachlass unserer Eltern sichteten, fielen mir zwischen ihrer Heiratsurkunde, verschiedenen Versicherungspolicen und den Übertragungsurkunden für Verlag und Haus, meine Adoptionspapiere in die Hände. Die Tatsache, dass sie mich belogen hatten, war ein Schock für mich und wirbelte mein Leben mächtig durcheinander. Was heute wahr ist, kann morgen schon nicht mehr wahr sein - das war die Lektion, die ich damals lernte.

Seit dem Tod der beiden war ich auf der Suche nach meiner Vergangenheit. Ich wollte sie finden, meine leibliche Mutter, meinen Vater. Vielleicht hatte ich Brüder und Schwestern, Onkel und Tanten. Menschen, deren genetisches Muster zu meinem passte. Und obwohl meine Nachforschungen bisher ohne Erfolg geblieben waren, konnte ich nicht aufgeben. Das hatte wohl etwas mit Identität zu tun, mit meinen Wurzeln oder auch nur mit der einfachen Wahrheit, die man mir aus unerfindlichen Gründen verweigert hatte.

Auf leisen Sohlen schlich ich aus dem Kinderzimmer, setzte ich mich an meinen Schreibtisch und fuhr den Computer hoch. Es war an der Zeit, etwas über Daniel Blueboy herauszufinden.

Obwohl ich verschiedene Suchmaschinen benutzte, war die Ausbeute unbefriedigend. Zuerst fand ich einen kurzen Zeitungsbericht vom 28. November 1997. Der siebzehnjährige Cree-Indianer Daniel Blueboy - ein jugendlicher Straftäter - war in den Morgenstunden des 27. November 1997 dreizehn Kilometer außerhalb der Stadt von zwei Gleisarbeitern tot aufgefunden worden. Der Pathologe hatte Alkohol im Blut des Jungen festgestellt und eine gewaltsame Todesursache ausgeschlossen. Blueboy starb an Unterkühlung. In der Nacht seines Todes war die Temperatur auf -28°C gesunken, und der Junge hatte nur T-Shirt, Flanellhemd, einen einfachen Jeansanzug und Sommerschuhen getragen. Die Winnipegger Stadtpolizei vermutete, dass Daniel Blueboy auf dem Weg in das fünf Kilometer entfernte Stony Mountain-Gefängnis gewesen war, um sich dort freiwillig zu stellen.

Diese Zeitungsnotiz - ein Polizeibericht im Lokalteil der Winnipeg Sun - war keine zehn Zeilen lang. Trotzdem wusste ich nun etwas mehr. Und ärgerte mich. Warum hatte Robert Blueboy mir nicht erzählt, dass sein kleiner Bruder in der Nacht, in der er starb, betrunken war und zudem polizeilich gesucht wurde? War Daniel ein Herumtreiber und Krimineller gewesen? Vielleicht hatte er mit Drogen gedealt, hatte versucht, ein kleines Geschäft nebenher zu machen, und war in einem Bandenkrieg zwischen die Fronten geraten. Auf diese Weise waren schon viele Jugendliche unter der Erde gelandet.

Wie auch immer: Niemand hatte es verdient, so zu sterben.

Bei meinen Recherchen stieß ich schließlich auf einen Artikel, den ein Reporter der Winnipeg Free Press am 8. Dezember, also rund zwei Wochen nach Daniels Tod geschrieben hatte. Mark Flanagan äußerte Zweifel an der Darstellung der Polizei, Blueboy wäre auf dem Weg ins Stony Mountain Gefängnis gewesen, als er starb. Der Junge war aus einem Wohnheim für Jugendliche ausgebüchst und wurde deshalb polizeilich gesucht. Betty Blueboy, Daniels Mutter, schwor Flanagan gegenüber felsenfest, ihr Sohn wäre niemals mitten in der Nacht bei – 28°C zu diesem berüchtigten Gefängnis gelaufen, um sich freiwillig zu stellen.

Obwohl ich nur verschwindend wenig über Daniel Blueboy wusste, hatte auch ich Zweifel an der Theorie der Polizei. Wenn der Junge aus diesem Wohnheim abgehauen war, und später beschlossen hatte, sich zu stellen, wäre er dann nicht dorthin zurückgegangen?

Ich machte mir einige Notizen und checkte noch ein paar preiswerte Hotels in Winnipeg. Es gab freie Zimmer zur Genüge in der Stadt, die zu dieser Jahreszeit ganz offensichtlich keine Touristen anzog.

Irgendwann stand Susan in der Tür und wünschte mir mit vorwurfsvollem Blick eine gute Nacht. Ich holte mir noch ein Bier aus dem Kühlschrank, sah mir die Spätnachrichten an und danach ging auch ich schlafen.

Ich lauschte Susans gleichmäßigen Atemzügen, rückte an sie heran und schob meine Hand so weit vor, dass ich den Stoff ihres Nachthemdes berühren konnte.

Am nächsten Morgen wachte ich wie üblich vor Susan auf. Die stillen Morgenstunden, wenn alle noch schliefen, hatten etwas Magisches für mich. Meine Familie war in Sicherheit. Natürlich wusste ich, dass alle Sicherheit trügerisch ist, aber in diesen Momenten glaubte ich daran.

Ich hatte mir angewöhnt, zeitig aufzustehen und joggen zu gehen. Auf meiner üblichen Runde um den Campus sammelte ich meine Gedanken. Unser Hirn arbeitet auch in der Nacht. Der Hippocamus, eine kleine, nussförmige Region unseres Gehirns, ist ein Detektor für Neuigkeiten. Er verarbeitet Fakten, Ereignisse und Situationen des Tages sehr schnell, hat aber keine große Speicherkapazität. Nachts gibt der Hippocamus an die Großhirnrinde weiter, was von ihm als wichtig heraussortiert wurde. Beim Joggen versuchte ich herauszufinden, was für mich wichtig war und ob sich im „off-line“ Zustand meines Gehirns neue Verbindungen geknüpft hatten, die mir bisher verschlossene Gedankengänge eröffneten.

Diesmal öffneten sich keine neuen Türen, dafür wusste ich einfach noch zu wenig über meinen neuen Fall. Wieder zurück, ging ich unter die Dusche und legte auf meinem Laptop einen Ordner für Daniel Blueboy an. Es dauerte zwanzig Minuten, bis ich alle Informationen eingegeben hatte. Danach checkte ich meine Mails, aber es war nichts Wichtiges dabei.

Nach dem gemeinsamen Frühstück beschäftigte sich jeder von uns auf andere Weise: Susan bereitete ihren Vortrag mit diesem Archäologieprofessor vor, Amina hatte Besuch von ihrer Freundin Jo, Mike baute ein Piratenschiff aus Legosteinen und ich erledigte lästigen Papierkram.

Am Nachmittag saßen wir alle zusammen im Wohnzimmer am großen Tisch und spielten „Siedler von Catan“, etwas, das Mike und Amina mit Begeisterung stundenlang tun konnten. Susan war einsilbig, aber sie versuchte sich vor den Kindern nicht anmerken zu lassen, dass sie mir grollte.

Am Abend packte ich ein paar Sachen für meine Reise zusammen: Wechselkleidung, Waschzeug, einen Schal, ein Paar Handschuhe und lange Unterhosen, die würde ich im kalten Norden mit Sicherheit brauchen.

Winnipeg, die Stadt in der kanadischen Prärie, deren Name vom Cree Begriff Win-nipi - Trübes Wasser - kam, war nichts weiter als ein Name, ein weißer Fleck für mich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Der Wetterkanal im Internet sagte für die nächsten Tage Schneefall und mehr als fünfzehn Minusgrade für die Region um Winnipeg vorher.

Ich hasste Kälte und hatte schon seit meiner Kindheit eine stark ausgeprägte Schneephobie. Ich war fünf, als meine Eltern das erste Mal mit mir und meiner zweijährigen Schwester auf den Mount Rainier fuhren. Diesen fast 4400 Meter hohen Vulkanberg südwestlich der Stadt nannten die Indianer früher Tacoma – Schneespitze. Heute war er für die meisten Bewohner von Seattle jedoch einfach nur The Mountain.

Damals war Sommer und ich konnte mich noch gut an den plötzlichen Übergang von Wärme und üppigem Grün in kaltes Weiß erinnern. Auf dem Pass angekommen, stiegen meine Eltern mit Alice aus, aber ich war durch nichts dazu zu bewegen, das Auto zu verlassen. Ich hatte panische Angst vor dem Schnee, diesem kalten Weiß. Ich schrie und machte mich steif. Meine Mutter setzte sich zu mir auf den Rücksitz und ich vergrub schluchzend mein Gesicht in ihrem Schoß. Als sie mich dazu brachte, wieder aus dem Fenster zu sehen, war ihr Kleid nass und draußen alles grün. Mein Vater war wieder nach unten gefahren, ohne, dass wir die grandiose Aussicht genossen hatten.

Seither war ich nicht wieder auf dem Berg gewesen. Lieber betrachte ich ihn aus sicherer Entfernung – zum Beispiel von meinem Bürofenster aus.

Nachdem ich gepackt hatte, rief ich Alice an, um ihr zu sagen, dass ich für ein paar Tage weg sein würde.

„Winnipeg?“, fragte sie zutiefst verwundert. „Du? Das muss ja ein besonders spannender Fall sein.“

„Wie man’s nimmt. Ich soll einen zehn Jahre alten Todesfall aufklären.“

„Und wieso tust du dir das an?“

„Das erzähle ich dir bei einem Glas Wein, wenn ich zurück bin, okay?“

Eine Weile blieb es still, dann sagte sie: „Ich hatte mal eine Kommilitonin, die kam aus Winnipeg. Weißt du, wie sie ihre Heimatstadt nannte? Winterpeg.“

Ich seufzte leise. „Du ermutigst mich ungemein.“

„Pass auf dich auf, Adam.“ Das klang sehr ernst. Alice machte sich ständig Sorgen um mich. Ich war zwar nicht ihr richtiger Bruder, aber ihr einziger. Familie. Unsere Mutter hatte keine lebenden Verwandten mehr und der Bruder unseres Vaters galt seit zwanzig Jahren als verschollen. Er hatte sich als Goldsucher am Yukon versucht.

„Keine Angst, Schwesterchen, mir passiert nichts. Das weißt du doch. Der große Manitu hält seine Hände schützend über mich.“

„Dass will ich hoffen“, sagte sie. „Du bist der beste Journalist, den ich habe.“

„Ich liebe dich auch“, sagte ich lächelnd. „Und wir sehen uns in ein paar Tagen.“

3. Kapitel

Am Sonntagmorgen trank ich nur Kaffee und verzichtete wohlweislich darauf, feste Nahrung zu mir zu nehmen. Susan und die Kinder brachten mich zum Flughafen. Amina war traurig, dass ich flog, aber sie jammerte nicht. Mike nahm mir meine Reise nicht krumm. Er wusste, dass ich mit einer spannenden Geschichte wiederkommen würde.

Susan hatte Tränen in den Augen, als ich sie umarmte.

„Ich rufe dich an, okay?“, war alles, was ich herausbrachte.

Sie nickte. „Pass auf dich auf, Adam.“

Ich checkte ein und durchlief die Sicherheitskontrollen. Nachdem ich meine Sachen wieder in Empfang genommen hatte, lief ich zum Terminal. Noch dreißig Minuten bis zum Abflug, sagte der Blick auf die digitale Uhr am Schalter.

Unruhig begann ich, hin- und herzulaufen. Es war deprimierend: All die Menschen um mich herum schienen überhaupt keine Angst vorm Fliegen zu haben. Sie tranken Kaffee, lasen Zeitung, lachten und schwatzten und waren dabei völlig entspannt. Als wäre es für sie das Selbstverständlichste, in ein Blechding zu steigen, das sich wenig später in die Lüfte erhob. Sogar die Kinder schienen das normal zu finden. Sie tollten herum und jagten einander lachend durch die Bankreihen, während ich mich immer mehr verkrampfte und schon jetzt kaum noch atmen konnte. Nein, es half alles nichts: Ich war nur dann Mensch, wenn ich festen Boden unter den Füßen hatte. Allein der Gedanke, dass ich ihn in wenigen Minuten aufgeben musste, trieb mir kalten Schweiß auf die Stirn.

Bisher hatte ich noch kein wirksames Mittel gegen meine Flugangst gefunden. Die Pillen, die man in der Apotheke kaufen konnte, versagten bei mir. Auch Alkohol half nicht, im Gegenteil: Er verstärkte das Gefühl der Bodenlosigkeit nur noch und nahm mir das letzte bisschen Sicherheit.