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Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783752876161
für Tyr
Danke!
Die Überlieferung der Vorstellungen der Germanen über den Gott Tyr hat einige Besonderheiten, die dadurch entstanden sind, daß Tyr um ca. 500 n.Chr. als nordgermanischer Göttervater von Odin abgesetzt worden ist.
Dabei sind die alten, Tyr-zentrierten Mythen von der damaligen Priesterschaft verdrängt worden, wozu sie diese alten Mythen in ihre Einzelteile zerlegt haben und diese einzelnen Elemente dann in die neuen, Odin-zentrierten Mythen eingebaut haben. Dabei sind sie oft umgedeutet und „zweckentfremdet“ worden.
Gleichzeitig sind auch viele der früheren Beinamen und Titel des Tyr auf Odin übertragen worden.
Weiterhin ist der Aufbau der Tyr-Mythen in den Bereich der Sage verschoben worden, sodaß sich die frühere Dynamik der Tyr-Mythen anschließend in den Lebensläufen von Helden und Königen wiedergefunden hat.
Schließlich sind die Funktionen des Tyr in den früheren Mythen umgedeutet und verdrängt worden, d.h. aus dem „guten Göttervater Tyr“ ist der „böse Riesenkönig Tyr“ geworden. Manchmal sind dabei auch zwei Elemente aus den Tyr-Mythen gegeneinander gestellt worden, damit sie sich gegenseitig neutralisieren – „teile und herrsche“, wie die Römer zu sagen pflegten …
Man steht also in Bezug auf den Gott Tyr in der germanischen Überlieferung vor einem riesigen Puzzle, das sich in alle Bereiche der Überlieferung hinein verzweigt – es gibt kaum ein Thema, in dem sich nicht Spuren des früheren Göttervaters Tyr wiederfinden lassen.
Dadurch ist Tyr die germanische Gottheit, die man als letztes in ihrer ganzen Vielfalt und ihrer komplexen Geschichte erfassen kann. Im Grunde ist dafür die Kenntnis der gesamten Mythologie und aller Themen notwendig. Daher finden sich in dieser Darstellung des Gottes Tyr sehr viele Hinweise auf andere Bände aus dieser Reihe, in der ein Thema, das für die ehemaligen Tyr-Mythen wichtig gewesen ist, ausführlich betrachtet wird.
Dieser Band über den Gott Tyr ist also noch stärker als die anderen Bände über die einzelnen Gottheit vor allem ein „roter Faden“, der viele Verbindungen zu den anderen Göttern, Mythen und Themen in den anderen Bänden dieser Reihe hat. Da Tyr bis 500 n.Chr. der Göttervater der Nordgermanen und bis ca. 500 v.Chr. auch der Göttervater der Südgermanen gewesen ist, ist er ein prägendes Element in den früheren Mythen gewesen.
In den neuen Mythen, die schriftlich überliefert worden sind, finden sich die Bruchstücke der alten Tyr-Mythen an tausend verschiedenen Stellen wieder. Daher ist der vorliegende Band auch ein großes Puzzle-Spiel mit tausend Teilen, dessen Gesamtbild erst deutlich wird, wenn man alle seine Teile wieder zusammengefügt hat …
Der Name „Tyr“ stammt von dem indogermanischen Sonnengott-Göttervater „Dhyaus“ ab, dessen Name „Strahlender“ bedeutet und ursprünglich die Sonne bezeichnet hat. Er wurde als der Vater der Götter angesehen und in dieser Funktion „Dhyaus-pater“ genannt.
Der Name „Dhyaus“ ist wie das Wort „dye“ für „Tag“ (lateinisch: „dies“) eine Ableitung von dem indogermanischen Verb „dei“ für „scheinen“. Dhyaus ist somit der „leuchtende Gott des Tages“. Ein solcher Name kann nur zu einem Sonnengott oder zu einem sehr eng mit der Sonne verbundenen Gott passen.
Diese Herkunft des Namens „Tyr“ bestätigt die Deutung des Gottes Tyr, die sich aus den Texten der Edda ergeben hat. Fast alle „Dhyaus“-Götter waren bei den Indogermanen die Götterväter, deren Ursprung als Sonnengott teilweise noch erkennbar ist.
Der Name „Dhyaus“ (mittlere Spalte in der folgenden Tabelle) wurde oft mit dem Wort „pater“ für „Vater“ zu „Vater Sonne“ (linke Spalte in der Tabelle) oder zu „Sonnenvater“ (rechte Spalte in der Tabelle) verbunden.
Der indogermanische „Dhyaus“-Göttervater | |||
Volk | Name | ||
Vater- | -Sonne- | -Vater | |
Indogermanen | Dhyaus- | -pater | |
Inder | Deva | ||
Dyauh- | -pita | ||
Griechen | Zeus | ||
Zeus- | -pater | ||
Illyrer | Dei- | -patyros | |
Thraker | Saba- | -zius | |
Skythen | Papaios | ||
Phrygier | Tios, Deos | Papas | |
Hethiter | Shiun | ||
Palaier | Tiyaz | ||
Luwier | Tiwat | ||
Litauer | Dievas | ||
Römer | Divus | ||
Dies- | -pater | ||
Ju- | -piter | ||
Kelten | Dag- („gut“) | -da | |
Nua- („Wasser“) | -da | ||
Urgermanen | Teiwaz, Tiwaz | ||
altnordisch | Tyr | ||
Tivar („Götter“) | |||
altenglisch | Tiu, Tig | ||
althochdeutsch | Ziu, Tiu, Tiuz, Cyo | ||
Goten | Teiws | ||
Schweden | Tys, Ti |
Der Gottesname „Tyr“ hat sich innerhalb des indogermanischen Stammbaumes wie in der folgenden Tabelle dargestellt entwickelt. In ihr sind der Übersichtlichkeit halber nur die indogermanischen Stämme aufgeführt, von denen eine Form des Namens „Dhyaus“ bekannt ist.
Die Namen „Vater Sonne“ und „Sonnenvater“ sind in der Übersicht kursiv geschrieben.
Das indogermanische Wort „deiu“, von dem sich der Name „Dhyaus“ des Göttervaters ableitet, stammt von dem nostratischen Wort „dwujwu“ für „Tag, scheinen“ ab. Als „Nostratisch“ („unsere Sprache“) wird die rekonstruierte Sprache der Jäger und Bauern in der frühen Jungsteinzeit in Mesopotamien bezeichnet, die dort von ungefähr 10.000-7000 v.Chr. gelebt haben.
Dieses Wort stammt wiederum von dem Wort „tuwu“ für „Licht, Tag“ aus dem Borealischen („Nordsprache“) der Rentierjäger der späten Eiszeit/Altsteinzeit ab.
Sowohl das nostratische Wort „dwujwu“ als auch das borealische Wort „tuwu“ werden eng mit der Sonne assoziiert gewesen sein.
Nach seiner Absetzung als Göttervater um 500 n.Chr. durch Odin und Thor ist „Tyr“ zu einer allgemeinen Bezeichnung für „Gott“ geworden:
Tyr | - ehemaliger Sonnengott-Göttervater Tyr |
ziu-wari | - Ziu-Verehrer = Tyr-Verehrer = Schwaben |
fimbul-tyr | - mächtiger Tyr = mächtiger Gott |
diar | - Priester (ursprünglich die des Tyr) |
tivar | - Götter (Plural von „Tyr“) |
tivorr | - Gott (Tyr) |
tivurr | - Opfer (?), Gott (?) |
sig-tyr | - siegreicher Tyr |
sig-tivar | - siegreiche Götter |
tys-dagr | - Dienstag |
dis | - Diese, Göttin (weibliche Form von „Tyr“) |
disa-blot | - Opfer an die Disen (Göttinnen) |
Die beiden Adjektive „jörmun/erman“ und „fimbul“ treten nur im Zusammenhang mit Begriffen auf, die ein Teil des mythologischen Weltbildes vor der Völkerwanderungszeit (375-568 n.Chr.) gewesen sind.
Das Adjektiv „jörmun“ bedeutet stets „groß, mächtig“. Es hat den Anschein, als ob die Elemente der Mythen zur Unterscheidung von den Dingen des Alltags alle als „groß“ bezeichnet worden wären – die Mythen waren das Urbild und die Quelle der Dinge im Alltag.
Die Version „Irmin“ für „Jörmun“ ist auch der Name eines Gottes gewesen, der bereits von Tacitus um 100 n.Chr. unter dem Namen „Hermin“ als einer der drei Söhne des Urgottes Mannus genannt wird. Irmin ist mit dem Adler, der Irminsäule, dem Kampf und der Sonne assoziiert worden und er wurde von den Christen dem Mars gleichgesetzt – Hermin/Irmin ist also deutlich als der Göttervater Tyr erkennbar.
„Fimbul“ ist ein altnordisches Adjektiv, das z.T. einfach als Superlativ benutzt wurde und dann ebenfalls die unscharfe Bedeutung „groß, mächtig“ hat. Das germanische Substantiv „femfila, fembula“ bedeutet „Riese“. Dem liegt das indogermanische Wort „bamb“ für „anschwellen, sich öffnen, Knospe, Knolle“ zugrunde. Ein „fimbul“ ist also etwas, das groß geworden ist. Im Altnordischen hatte das Adjektiv/Substantiv „fimbul“ möglicherweise auch den Beiklang von „Magie, zauberkundig“.
Die mit „fimbul“ und „jörmun, hermin, ermin, irmin“ gebildeten Begriffe und Personennamen ergeben eine recht vollständige Darstellung der Elemente der ehemaligen Tyr-Mythen:
„jörmun“ und „fimbul“ | |||
Jörmun-… | Fimbul-… | Bedeutung | Deutung |
Jörmungrund | Mächtige Erde | Erde, Erdgöttin | |
Erman-berth | Mächtiges Licht | Sonne | |
Ermene-gild | Mächtiger Goldener | Sonne | |
Irminsul | Mächtige Säule | Weltenbaum | |
Jörmungandr | Mächtiger Gürtel | Migard-Schlange | |
Irmin-gard | Mächtige Beschützerin | Muttergöttin | |
Fimbul-Tyr | Mächtiger Tyr | mächtiger Tyr | |
Jormunrek | Mächtiger König | Göttervater Tyr | |
Jormun | Mächtiger | Göttervater Tyr | |
Fimbul-thulr | Mächtiger Weiser | weiser Tyr | |
Fimbul-ljod | Großes Lied, Zauberlied |
Tyr als Hohepriester/ Zauberer (?) |
|
Irmin-fried | Mächtiger Freund | Göttervater Tyr | |
Irmin-mar | Mächtiger Berühmter | Göttervater Tyr | |
Erme-gundis | Mächtiger Kämpfer | Göttervater Tyr | |
Erm-ulf | Mächtiger Wolf | Fenrir = Tyr | |
Ermen-eldes | Mächtiger Alter | Göttervater Tyr | |
Ermun-duri | Mächtiger Mutiger | Göttervater Tyr | |
Erm-vipia | Mächtige Waffe | Tyrs Schwert | |
Jörmuni | Großer = Stier, Pferd | Tyr, Tyrs Opfertier | |
Fimbul-vetr | Großer Winter | Tyr in der Unterwelt | |
fimbul-fambi | großer Narr | wahrscheinlich ein neueres Substantiv |
Die mit „jörmun“ und „fimbul“ gebildeten Worte in dieser Liste zeigen, daß „jörmun“ einfach die Bedeutung „groß“ gehabt zu haben scheint, während „fimbul“ sich anscheinend stärker auf den zyklischen Tod des Tyr zum Winterbeginn, den Kult und die Magie bezogen hat. „Jörmun“ ist somit eher statisch und „fimbul“ eher dynamisch.
Aus der Liste der Substantiv-Kombinationen mit „jörmun“ und „fimbul“ ergibt sich folgendes rekonstruiertes Weltbild für die Zeit vor 500 n.Chr.:
In der Mitte der „Großen Erde“ (Jörmun-grund) steht die „Große Säule“ (Irmin-sul), die die Menschen mit den Göttern verbindet.
Rings um die „Große Erde“ liegt im Weltmeer (evtl. Irmin-Gymir?) wie ein Gürtel die Riesenschlange „Großer-Gürtel“ (Jörmun-gandr).
Der „Große Tyr“ (Fimbul-Tyr) ist der „Mächtige König“ (Jörmun-rek) der Götter und Menschen – er ist der „Mächtige“ (Jörmun). Er wird als Sonne „Mächtiges Licht“ (Erman-berth) und „Mächtiger Goldener“ (Ermene-gild) genannt. Die Verbindung des Tyr zu der Sonne ist dadurch entstanden, daß Tyr in jedem „Großen Winter“ (Fimbulvetr) wie die Sonne „stirbt“.
Um dem Tyr seine Wiederzeugung zusammen mit der Göttin, die den Namen „Große Beschützerin“ (Irmin-gard) trägt, zu ermöglichen, wird ihm ein „Stier“ (Jörmuni) oder ein „Hengst“ (Jörmuni) geopfert, dessen Zeugungskraft magisch auf ihn übertragen wird. „Jörmuni“ könnte auch seine beiden Pferde-Söhne („Alcis“) bezeichnet haben, die auch als Hengste oder Stiere erscheinen konnten (und als Wölfe und Raben).
Durch seine Kenntnis des Diesseits und des Jenseits ist Tyr der „Große Weise“ (Fimbul-thulr) geworden, der alle „Großen Zauberlieder“ (Fimbul-ljod) kennt und daher auch der oberste Kult-Herr ist. Er ist der „Mächtige Alte“ (Ermen-eldes), dem man vertrauen kann.
Tyr ist für die Menschen ein „Mächtiger Freund“ (Irmin-fried).
Tyr besitzt in seinem Schwert eine „Mächtige Waffe“ (Erm-vipa) und er ist der „Mächtige Kämpfer“ (Erme-gundis) und der „Berühmte Kämpfer“ (Irmin-mar). Er ist als Gott der Wolfs-Krieger („Ulfhedinn“) selber der „Mächtige Wolf“ (Erm-ulf), der dem Namen „Fenrir“ trug, und er ist auch der „Große Mutige“ (Ermun-duri).
Und Dietmar von Merseburg erzählt noch bei gelegenheit späterer begebenheiten: „sed exercitus capta urbe (Eresburch) ingressus juvenem praefatum usque in ecclesiam sankt Petri, ubi prius ab antiquis Irminsul colebatur, bello defatigatum depulit.“
Irminsûl heißt also in allen diesen stellen, ganz nach den im vierten capitel entwickelten übergängen der bedeutung, bald 'fanum', bald 'lucus', bald 'idolum' selbst; es ist kaum zu zweifeln, daß sich in dieser gegend mächtige waldungen ausbreiteten: wie wenn der bergwald Osning, in dem die seule stand, einen heiligen wald anzeigte? der gold und silberschatz, dessen sich Carl da bemächtigt habe, mag sagenhafte ausschmückung sein.
Näher läßt sich über die Irminsul Ruodolf von Fuld aus; nach seiner allgemeineren äußerung über die heidnischen Sachsen: „frondosis arboribus fontibusque venerationem exhibebant, fährt er fort: truncum quoque ligni non parvae magnitudinis in altum erectum sub divo colebant, patria eum lingua Irminsul appellantes, quod latine dicitur universalis columna, quasi sustinens omnia.“
Es war eine große hölzerne seule aufgerichtet, unter freiem himmel verehrt, ihr name sagt aus: allgemeine, alles tragende seule.
Diese deutung scheint untadelhaft, wenn wir andere wörter hinzunehmen, deren begrif durch die zusammensetzung mit 'irmin' gesteigert wird. 'irmingot', der höchste gott, der gott aller, im Hildebrand lied, kein besonderer, in der bedeutung nicht verschieden von dem durch ein anderes praefix verstärkten 'thiodgod irminman', erhöhter ausdruck für mensch. 'irminthiod' und Hild für menschengeschlecht. ebenso erkläre ich andere mit 'irman, irmin' componierte eigennamen und 'irmansûl, irminsul' ist die große, hohe göttlichverehrte bildseule; daß sie einem einzelnen gott geweiht war, liegt nicht in dem ausdruck selbst. auf gleiche weise wird im angelsächischen gesagt 'eormencyn' (genus humanum), 'eormengrund' (terra) (seltsam ist die adjectiv form: ofer ealne yrmenne grund cod. exon.) 'eormenstrŷnd' (progenies), altnordisch 'iörmungrund' (terra) 'iörmungandr' (anguis maximus) 'iörmunrekr' (taurus maximus), woraus sich das hohe, mythische alter, und die verbreitung dieser benennungen unter allen deutschen volksstämmen ergibt. denn auch den Gothen können sie nicht fremd gewesen sein, wie ihr berühmter königsname Ermanaricus (Aírmanareiks) altnordisch Iörmunrekr darthut, und unbedenklich sind die 'Hermunduri' eigentlich 'Ermunduri', wie das H in allen solchen formen häufig vorschlägt.
Was nun der wahrscheinliche sinn des wortes 'irman, iörmun, eormen' war, auf den ich im verfolg zurückkommen werde, das springt in die augen, daß die 'Irmanseul' in noch spät gefühltem bezug auf Mercur stand, dem das griechische alterthum ähnliche seulen und pfäle errichtete, die nach dem gott selbst 'Hermen' hießen und an den deutschen namen gemahnen.
Die Sachsen mögen mehr davon gewust haben; unter den Franken, in Hochdeutschland verband man, vom achten bis in das dreizehnte jahrhubdert mit 'irmansûl, irminsul' die allgemeine vorstellung eines heidnischen, auf einer seule errichteten bildes. unter 'truncus ligni' dachte sich Ruodolf wahrscheinlicher einen auserlesenen, heilig gehaltenen baumstamm (mit oder ohne götterbild?), als eine von menschenhand gezimmerte seule; jenes stimmt auch zu der verehrung 'sub divo', zu dem von einigen chronisten gebrauchten ausdruck 'lucus' und der einfachheit des ältesten walddienstes. wie sich das bild in den begrif des baums verliert, geht der baum in den des bildes über, und der westfälischen Irmenseule liegt die vorstellung von der hessischen Donnereiche sicher ganz nahe, beide verwandelten die bekehrer in Peterskirchen.
Ich vermute näheren zusammenhang zwischen den Irmanseulen und den im späteren mittelalter, zumal im nördlichen Deutschland aufgerichteten Rolandseulen; in Schweden gab es Thorsseulen, bei den Angelsachsen Äthelstânseulen.
Zuletzt noch die nachricht von einem heiligen stock in Neustrien, wie sie in der vita Walarici abbatis leuconensis († 622) enthalten ist, die aufzeichnung soll im 8. jahrhundert geschehen sein: „et juxta ripam ipsius fluminis stips erat magnus, diversis imaginibus figuratus, atque ibi in terram magna virtute immissus, qui nimio cultu morem gentilium a rusticis colebatur.“
Walaricus läßt den klotz umwerfen: „et his quidem rusticis habitantibus in locis non parvum tam moerorem quam et stuporem omnibus praebuit. sed undique illis certatim concurrentibus cum armis et fustibus, indigne hoc ferentes invicem, ut quasi injuriam dei sui vindicarent.“ der ort hieß Augusta (bourg d'Augst, unweit der stadt Eu), es wurde hernach an der stätte eine kirche errichtet.
Ich glaube nachgewiesen zu haben, daß es götter und bildseulen im ältesten Deutschland gab.
Die Elemente der früheren Tyr-Mythen wurden durch die Vorsilbe „Jörmun-“ und manchmal auch durch die Vorsilbe „Fimbul-“, die beide „groß, mächtig“ bedeuten, von den Wesen und Gegenständen des Alltags unterschieden.
Da die germanische Überlieferung abgesehen von einigen wenigen Runen-Inschriften erst um ca. 700 n.Chr. mit dem Beowulf-Epos beginnt, stammen die frühesten Hinweise auf den Gott Tyr aus den Berichten der Römern über die Germanen.
Von allen Göttern verehren sie Merkur (Odin) am meisten. An bestimmten festgelegten Tagen ist es sogar erlaubt, ihm Menschenopfer darzubringen.
Hercules (Thor) und Mars (Tyr) befrieden sie normalerweise mit den Tieren, die für sie als Opfer erlaubt sind.
Odin erscheint hier schon als wichtigster Gott und daher vermutlich auch als Göttervater, aber er ist noch der Seelenführer (Merkur) und noch nicht der Kriegsgott wie in der späteren Überlieferung ab 800 n.Chr.
Thor wird hier nicht dem Jupiter, sondern dem Herkules gleichgesetzt – es wird also seine Kraft betont und nicht sein Donner.
Tyr wird als der Kriegsgott angesehen (Mars).
Niemand anderem als den Priester ist Tadel erlaubt oder das Legen eines Menschen in Fesseln und Schnüren. Wenn die Priester dies tun, wird das nicht als eine Strafe angesehen, die von der Gemeinschaft ausgeht, sondern von den Göttern befohlen wird, von denen sie glauben, daß sie sie im Krieg begleiten.
Dieser Gott, der die Germanen im Krieg begleitet hat, wird der damalige Kriegsgott Tyr gewesen sein.
Daraufhin sandten die Tencteri, eine Stamm, der durch den Rhein von der Kolonie (Colonia Agrippinensium = Köln) getrennt war, Boten mit dem Auftrag zu dem Senat der Agrippensier, ihnen ihre Anweisungen kundzutun.
Diesen Auftrag erläuterte der Bote mit dem kühnsten Geist solcherart: „Für eure Rückkehr in das germanische Volk und den germanischen Namen danken wir den Göttern, die wir gemeinsam verehren und dem Mars, der obersten unserer Gottheiten, und wir gratulieren euch dazu, daß ihr endlich wieder als freie Männer unter den Freien leben werdet.“
Hier ist noch Tyr (Mars) der oberste Gott. Anscheinend stammen die Berichte des Tacitus aus der Zeit (ca. 100 n.Chr.), in der Odin bei den Südgermanen allmählich den Tyr als wichtigste Gottheit abgelöst hat.
Der römische Geschichtsschreiber berichtet weiter, daß die Kriegsbeute den Göttern Mars (Tyr) und Merkur (Odin) geopfert wurde. Diese Sitte ist von den Germanen aus der Zeit von 350 v.Chr. bis 550 n.Chr. auch archäologisch gut bekannt.
Auch dieses Nebeneinander von Tyr und Odin zeigt, daß sie damals in etwa gleich wichtig gewesen sein müssen.
Nicht nur Tacitus hat den „Tyr“ als den Gott „Mars“ angesehen, wie die Übersetzung des lateinischen Namens „Mars-Tag“ („Dienstag“) als „Tyr-Tag“ (englisch: „Tuesday“) in den meisten germanischen Sprachen zeigt.
Auf einem Steinaltar aus Housesteads in Northhumberland (Nordostengland) wird ein Gott mit dem Namen „Mars Thingsus“ angerufen. Diesen Namen kann man mit „Tyr, Gott des Things“ übersetzen. Tyr wurde offensichtlich als der Beschützer der Thing-Treffen angesehen, d.h. er war der oberste Gott und der Bewahrer der richtigen Ordnung. Dieser Altar wurde um ca. 250 n.Chr. von einem friesischen Söldner im römischen Heer errichtet.
Der Gott Tyr wurde auch noch in den kirchlichen Schriften des frühen Mittelalters, in dem Latein die Hauptsprache war, „Mars“ genannt.
Der gotisch-römische Historiker Procopius schrieb um 550 n.Chr. über den Goten-Krieg:
„Den ersten Kriegsgefangenen opferten die Goten dem Ares (= Mars = Tyr), den sie für den größten Gott hielten.“
Die Auseinandersetzung zwischen Tyr und Odin um die Position des Göttervaters scheint auch bei den Nordgermanen längere Zeit angehalten zu haben. Vermutlich ist sie auch nicht bei allen Germanen-Stämmen genau gleich verlaufen.
Der folgende Bericht über ein Menschenopfer bei den Nordgermanen ist um ca. 590 n.Chr. von dem römisch-gotischen Geschichtsschreibers Jordanes verfaßt worden:
„Mars ist schon immer von den Goten mit grausamen Ritualen verehrt worden. Sie glaubten, daß der, der Herr des Krieges ist, mit dem Vergießen von menschlichem Blut befriedet werden muß. Ihm opferten sie den ersten Teil der Beute und ihm zu Ehren wurden die Arme, die den Feinden abgerissen wurden, an die Bäume gehangen. Sie hatten mehr als alle anderen Völker einen tiefen religiöse Geist, denn die Verehrung dieses Gottes scheint wirklich ihren Ahnen gegeben worden zu sein.“
Der Brauch der abgerissenen Arme der Feinde steht sicherlich mit dem Arm, der dem Tyr in den späteren Mythen von dem Fenris-Wolf abgebissen wird, in Zusammenhang. Dieser Brauch muß alt sein, da er auch von den ebenfalls zu den Indogermanen gehörenden Skythen bekannt ist.
… … …
„Weiterhin priesen die Goten diesen Mars, den die Lügen der Dichter den Gott des Krieges nennen, so hoch, daß über ihn gesagt wurde, daß er unter ihnen geboren worden sei.“
Tyr ist offenbar auch als der Urahn aller Menschen oder zumindestens aller Germanen angesehen worden.
Diese Auffassung findet sich auch noch in späteren Texten.
Tyr ist bei den Südgermanen in der Zeit von 100-500 n.Chr. und vermutlich auch schon zuvor und auch noch danach der Kriegsgott („Mars“, „Ares“) gewesen.
In dieser Zeit und vermutlich auch schon vorher hat es bei den Südgermanen eine Auseinandersetzung zwischen Tyr und Odin um die Stellung des Göttervaters gegeben, die schließlich Odin für sich entschieden hat.
Bei den nordgermanischen Stämmen wie z.B. den Goten ist zu dieser Zeit noch Tyr der Göttervater gewesen.
Tyr ist auch der erste Mensch bzw. der erste Germane gewesen.
Geoffrey von Monmouth berichtet 1136 n.Chr. darüber, wie die drei Langschiffe der beiden Sachsen-Anführer Hengist und Horsa um 449 n.Chr. in Südost-England gelandet sind, was damals die Invasion der Angelsachsen in England eingeleitet hat.
Geoffrey greift dabei auf ältere schriftliche Quellen wie z.B. Beda (672-735 n.Chr.) und Gildas (500-570 n.Chr.) zurück, aber es darf doch bezweifelt werden, daß die überlieferte wörtliche Rede tatsächlich in dieser Form stattgefunden hat.
Hengist und Horsa sagen zu dem damaligen englischen König Vortigern, in dessen Heer sie eintreten, daß sie „unter der guten Führung des Merkur“ nach England gelangt sind. „Merkur“ ist die übliche lateinische Übersetzung für „Odin“.
Nachdem Hengist Merkur erwähnt hat, fragt Vortigern nach ihrer Religion, woraufhin Hengist antwortet:
„Wir verehren in unserem Land Saturn und Jupiter und die anderen Götter, die die Welt beherrschen, aber ganz besonders Merkur, den wir in unserer Sprache Woden nennen und dem unsere Vorfahren den vierten Tag der Woche geweiht haben und den wir noch immer nach ihm 'Wodens-Tag' nennen.“
Merkwürdigerweise ist hier der Mittwoch (englisch: „wednesday“) der vierte und nicht der dritte Tag der Woche, obwohl die christliche Woche mit dem Montag beginnt und mit dem Sonntag endet. Sollten die Germanen die Woche mit dem Tag der Sonne begonnen haben, könnte das bedeuten, daß für sie die Sonne bzw. Tyr der höchste Gott gewesen ist. Dann müßte diese Namensgebung der Wochentage recht weit bis in die Tyr-zentrierte Religion bei den Südgermanen (die zuerst Kontakt zu den Römern und ihrer Woche hatten) zurückreichen.
Welche Gottheit dem Saturn gleichgesetzt worden ist, ist unklar – es kann weder Odin (Merkur), Thor (Jupiter) noch Tyr (Mars) sein. Es sollte ein alter Gott sein – vielleicht Tyr als Riese im Jenseits?
„Als wichtigste nach ihm verehren wir die machtvolle Göttin Frea (Freya), der wir den sechsten Tag der Woche geweiht haben, den wir nach ihr Freitag nennen.“
Der Verfasser der folgenden Liste („Thulur“) von Asen-Namen ist unbekannt. Da Tyr in dieser Liste aufgeführt wird, muß er zu den wichtigeren Göttern gehört haben.
Ich werde euch
die Asen-Heitis sagen:
Dies sind Yggr und Thor
und Yngvi-Freyr,
Vidar und Baldur,
Vali und Heimdall,
das sind Tyr und Njörd,
weiterhin Bragi,
Hödur, Forseti,
und schließlich ist da noch Loki.
Im „Havamal“ wird Odin als „Hangatyr“ und als „Hangagud“ bezeichnet. Diese Namen bedeuten „Hänge-Tyr“ und „Hänge-Gott“ und beziehen sich darauf, daß Odin am Weltenbaum hing, um die Geheimnisse des Jenseits zu erfahren.
Es ist denkbar, daß auch Tyr einst ein „hängender Gott“ gewesen ist, da dieses „Hängen“ am Weltenbaum bei Odin ein Vorgang im Zusammenhang mit der Jenseitsreise gewesen ist und Tyr ein am Abend sterbender und Morgen wiedergeborener Sonnengott gewesen zu sein scheint.
Insbesondere der Name „Hangatyr“ klingt, als ob es einer der vielen Beinamen des Tyr sei, die Odin um 500 n.Chr. vor seinem Vorgänger auf dem Thron Asgards übernommen hat.
Ich weiß, daß ich hing am windigen Baum
Neun lange Nächte,
Vom Speer verwundet, dem Hangatyr geweiht,
Ich selber mir selbst,
Am Ast des Baums, dem man nicht anseh'n kann
Aus welcher Wurzel er sproß.
Auch hier erscheint „Hangatyr“:
„Heil Dir, Hangatyr, glücklichster Ase,
Mögest Du auf dem Hochsitz des Mets walten!“ –
„Setzt euch in Freuden, ihr Götter, zum Trink-Fest,
Mögt ihr zusammen mit Yggjungur ewigen Segen genießen.“
Hangatyr = hängender Tyr = hängender Gott (am Weltenbaum) = Odin“
Ygg = Odin; Jungur = Junge, Sohn; Yggjungur = Beiname des Gottes Odin
Im Grimnir-Lied wird Odin als „Sigtyr“, also als „Sieg-Tyr“ bezeichnet. Dies ist sicherlich auch ein Name, den Odin von dem früheren Göttervater Tyr übernommen hat, der u.a. auch ein Schwert- und Kriegsgott gewesen ist. In der folgenden Strophe erscheint Sigtyr als Plural, d.h. „Sig-Tyr“ ist bereits zu einer allgemeinen Bezeichnung für „Götter“ geworden.
Mein Antlitz sahen nun der Sigtyr-Götter Söhne,
So wird mein Heil erwachen:
Alle Asen werden Einzug halten
Zu des Wütrichs Saal,
Zu des Wütrichs Mahl.
Der Name Sigtyr bezeichnet oft auch eine Rune, die ursprünglich den Lautwert „ea“ gehabt hat. Da sie sich aus der Tyr-Rune und zwei Sig-Runen zusammensetzen läßt, wird sie heute oft auch als Sigtyr-Rune bezeichnet. Dies ist aber keine ursprünglich germanische, sondern eine neuzeitliche Auffassung dieser Rune.
Der Name „Sigtyr“ findet sich auch in der Völuspa („Vision der Seherin“). Er scheint demnach ein beliebter Name gewesen zu sein – zunächst für Tyr und später dann wie hier in der Völuspa für Odin. Diese Beliebtheit ist bei der eher kriegerischen Lebensführung der Germanen und der Indogermanen allgemein nicht verwunderlich. „Hwedrung“ („Kind des Riesenweibes“) ist Loki, da dieser der Vater des Fenris-Wolfes ist.
Nicht säumt Sigtyrs erhabener Sohn,
Widar, mit dem Leichenwolf zu fechten:
Er stößt dem Hwedrungs-Sohn den Stahl ins Herz
Durch gähnenden Rachen: So rächt er den Vater.
Auch in diesem „Lehrbuch der Dichtkunst“ findet sich der Name „Sigtyr“, der hier ein Name des Odin ist. „Glasir“ bedeutet „der Leuchtende“.
Das Gold wird auch „Glasirs Laub“ genannt, weil in Asgard vor Walhall ein Hain steht, Glasir genannt, dessen Laub ganz aus rotem Golde besteht, wie diese Zeilen bezeugen:
Glasir steht mit goldnem Laub
Vor Sigtyrs Saal.
Dies ist das schönste Holz bei Göttern und Menschen.
Auf mutger Mähre fuhr der mächtige Atli,
Von Schwertern bewacht sein Schwager daher.
Mit Harm sah Gudrun der Helden Leid:
Den Tränen wehrend trat sie in die tosende Menge:
„So ergeh es Dir, Atli, wie Du Gunnarn hältst
Oft geschworen Eide, die ihr einst gelobt
Bei der südlichen Sonne, bei Sigtyrs Burg,
Bei des Ehebetts Frieden, bei Ullers Ring.“
Doch führte zum Tode den Führer der Kampfschar,
Den Hüter des Hortes ein knirschender Hengst.
Auch in diesem alten Lied wird „Sigtyr“ genannt.
Die „südliche Sonne“ ist Tyr als starker Sonnengott am Mittag, da die Sonne zu dieser Tageszeit am stärksten ist. „Sigtyrs Burg“ ist das Hügelgrab des Tyr (Sonnenuntergang im Westen). Der „Friede des Ehebetts“ bezieht sich auf die Wiederzeugung des Tyr in seinem Hügelgrab, d.h. im Jenseits zusammen mit der Jenseitsgöttin (Unterwelt im Norden). „Ullr“ ist Tyr im winterlichen Jenseits – sein „Ring“ ist die Sonne (Osten).
Diese vierteilige Eid-Formel ist also ein Eid „bei Tyr“, der anscheinend in die vier Himmelsrichtungen hin gesprochen worden ist.
Im Hakonarmal, die ein Teil der Heimskringla-Saga ist, wird Odin „Gautatyr“ genannt, was „Goten-Tyr“ bedeutet. Das Hakonarmal wurde 260 Jahre vor der Edda um 960 n.Chr. verfaßt. Zu dieser Zeit war der Göttername „Tyr“ offensichtlich schon zu einem allgemeinen Begriff für „Gott“ geworden, woraus man schließen kann, daß Tyr nicht mehr die wichtigste Gottheit gewesen sein wird.
Der Übergang der Göttervater-Rolle von Tyr zu Odin muß bei den Nordgermanen also zwischen 200 n.Chr. (zur Zeit der Erfindung der Runen war Tyr noch der wichtigste Gott, da „Tyr“ die einzige nach einem Gott benannte Rune ist) und 960 n.Chr. (Hakonarmal) stattgefunden haben.
Der Name „Gautatyr“ enthält keine neuen Informationen zu dem Gott Tyr.
Hier beginnt die Geschichte und erzählt von einem Mann, der Sigi genannt wurde und von dem die Leute sagten, daß er der Sohn des Odin sei. Es wird in der Geschichte auch von einem zweiten Mann berichtet, der Skadi heißt, ein großer Mann mit mächtigen Händen. Sigi war jedoch dem zufolge, was die Menschen zu seiner Zeit erzählten, der mächtigere und von edlerer Abstammung.
Nun hatte Skadi einen Leibeigenen, von dem die Geschichte auch etwas erzählen muß, Bredi mit Namen, der nach der Arbeit, die er verrichten mußte, benannt worden war; was seine Tapferkeit und die Stärke seiner Hände betrifft, war er Männern, die für edler gehalten wurden, ebenbürtig und sogar besser als manche von ihnen.
„Sigi“ bedeutet „Sieger“ – ein passender Name für einen Sohn des Kriegsgottes Odin, der selber oder durch seine Walküren alle Kämpfe entschied. „Sig“ („Sieg“) ist ein Bestandteil vieler Beinamen des Tyr gewesen der um 500 n.Chr. von Thor und Odin als nordgermanischer Göttervater abgesetzt worden war – er wurde auch „Sig-Tyr“ genannt“.
Auf diesem Gold-Amulett findet sich die Inschrift „gebo tiwaz“, die „Geschenk an Tyr“ oder „Geschenk des Tyr“ bedeutet.
Diese Formel läßt sich als S-Rune („Sieg“ oder „Sonne“) und die Formel „alu“ („heilig, Magie“) auffassen, die dann, so wie es bei Zaubersprüchen häufig der Fall ist, verdoppelt wurde. Diese Formel würde aufgeschlüsselt somit wie folgt aussehen: „ s·alu-s·alu “.
Da die Rune „S“ entweder „Sonne“ oder „Sieg“ bedeuten kann, ergeben sich die beiden folgenden Übersetzungs-Möglichkeiten: „Sieg-Magie, Sieg-Magie“ oder „Magie der Sonne, Magie der Sonne“.
Da Tyr bis 500 n.Chr. sowohl der Sonnengott-Göttervater als auch der Schwert- und Sieggott gewesen ist, bedeuten beide Interpretationen, daß es sich um einen Segen durch Tyr handelt.
Auf diesem Amulett steht eine Rune und ein Männername: „S Sigaduz“. „Sigaduz“ ist entweder ein Männername mit der Bedeutung „Sieg-Kampf“ oder der Wunsch „Sieg im Kampf!“. Die Rune „S“ bedeutet entweder „Sonne“ oder „Sieg“.
Da dieses Medaillon um ca. 450 n.Chr., also zu einer Zeit angefertigt worden ist, in der Tyr noch der nordgermanische Sonnengott-Göttervater gewesen ist, könnte man das „S“ für „Sonne“ auch als einen Aspekt des Tyr, der u.a. auch der damalige Kriegsgott gewesen ist, auffassen.
Die Übersetzung würde dann lauten:
Möge der Sonnen-gleiche Tyr mir den Sieg geben!
Um ca. 450 n.Chr. ist in Dänemark ein Amulett aus Knochen in der Form eines Mondsichel-förmigen Fisches hergestellt worden, auf dem die folgende Runen-Inschrift angebracht worden ist:
ek erilaz sawilagaz hateka.
aaaaaaaazzznnnbmuttt. alu.
Die erste Zeile läßt sich leicht übersetzen:
Ich heiße Jarl Sonne.
Die Zahl „8“ hat die Bedeutung „vollkommen“ (8x „a“); die Zahl „3“ hat die Bedeutung „Zyklus, Wiedergeburt“ (3x „z“). Die Z-Rune „algiz“ bedeutet „Hirsch“; die „naudiz“-Rune bedeutet „Not“. Das Wort „bmutt“ ist unbekannt. „Alu“ bedeutet „Zauber, Magie, Weihung“.
Daraus ergibt sich für die zweite Zeile:
Vollkommener Ase, wiedergeborener Hirsch, drei Nöte, bmutt. Dies ist magisch wirksam!
Der Besitzer dieses Amuletts hieß „Sonne“ und war ein Jarl. Der „vollkommene Ase“ ist um 450 n.Chr. der Sonnengott-Göttervater Tyr gewesen. Tyrs Opfertiere sind der Stier und der Hirsch gewesen. Sie wurden ihm geopfert, um seine Wiederzeugung im Jenseits magisch abzusichern (siehe „Wiederzeugung“ in Band 51).
Der „zyklische Hirsch“ und die „zyklische Not“ könnten der zyklische Tod und die anschließende Wiedergeburt des ehemaligen Sonnengott-Göttervaters Tyr sein. Für diese Deutung spricht auch, daß der Fisch ein Symbol (Form des Runen-Knochens) für die Seele in der Wasserunterwelt gewesen ist.
Die magische „Aktivierungs-Formel“ „Alu“ bedeutet in diesem Zusammenhang, daß der durch die Runen beschriebene Wunsch wirksam wird.
Daraus ergibt sich nun:
Ich heiße Jarl Sonne.
Vollkommener Ase, wiedergeborener Hirsch, drei Nöte, bmutt. Dies ist magisch wirksam!
Etwas weniger „stenographisch“ formuliert, würde diese Inschrift dann wie folgt lauten:
Ich heiße Jarl Sonne.
Vollkommener Tyr – Du stirbst und wirst wiedergeboren. bmutt.
So werde auch ich wiedergeboren werden!
Vermutlich ist mit Tyr an dieser Stelle auch noch der Sieg des Tyr über seine Feinde assoziiert worden.
Auf der Rückseite dieser Fibel, die um ca. 550 n.Chr. hergestellt worden ist, ist die folgende Runen-Inschrift eingeritzt worden:
Logathore
Wodan
Wigithonar
Awa Leubwinie
„Wodan“ („Wotan“) ist Odin.
„Wigithonar“ bedeutet entweder „Weihe-Donar“ oder „Kampf-Donar“.
„Logathore“ ist hingegen schwierig zu deuten. Die Deutung als „Loki“ ist unwahrscheinlich, weil dies sprachlich nicht paßt und Odin, Thor und Loki in den Mythen auch nirgendwo als Dreiheit auftreten.
In den altenglischen Texten wird das griechisch-lateinische „cacomicanos“ („Unruhestifter“) und auch das lateinische „marsius“ („Schlangenzauberer“) mit „logther, logether“ übersetzt. Beides klingt nach einer Grundbedeutung „Zauberkundiger“ für „logathore“. Das lateinische Wort „marsius“ könnte auch mit „mars“ verwechselt worden sein, wodurch dann der ehemalige Göttervater Tyr („Mars“) als „logathore“ umschrieben worden sein könnte.
Für eine christliche Interpretation dieses Namens im Sinne von „übler heidnischer Zauberer“ ist 550 n.Chr. deutlich zu früh. Es würde zwar passen, Odin als „Zauberer“ zu bezeichnen, aber Thor erscheint nirgendwo in seinen Mythen als Magier – er löst seine Probleme normalerweise mit seinem Hammer …
Der ehemalige Göttervater Tyr ist in der Völkerwanderungszeit, in der diese Fibel hergestellt worden ist, durch Odin und Thor abgelöst worden. Es wäre also denkbar, daß in dieser Inschrift der ehemalige Göttervater zusammen mit den beiden neuen Herren in Asgard angerufen worden ist.
„Awa“ („kleine Mächtige“) ist ein Frauenname und ebenso „Leubwini“ („liebe Freundin“). Falls das „e“ am Ende von „Leubwinie“ eine lateinische Genitiv-Endung („-i“) sein sollte, könnte Awa die Tochter von Leubwini sein – das ist jedoch ungewiß. Die Inschrift lautet diesen Betrachtungen zufolge dann übersetzt:
Tyr, Wotan, Kampf-Donar – (helft, beschützt) Awa, die Tochter der Leubwini!
Ribe liegt im Südosten Dänemarks und ist die älteste Stadt dieses Landes und war lange Zeit der wichtigste dänische Nordseehafen. Dort wurde ein Schädel gefunden, auf den um ca. 800 n.Chr. eine Inschrift eingeritzt worden ist.
Diese Runen-Inschrift lautet:
ulfur auk uthin auk hutiur
hialb buris uithr
thaima uiarki auk tuir kuniu
buur
Diese Inschrift kann man mit einiger Sicherheit wie folgt übersetzen:
Wolf(-sgott) und Odin und Hutiur
möge dem Buris helfen gegen
diesen Schmerz und Zwergen-Schlag!
Buur
Da „möge“ im Singular und nicht im Plural („mögen“) steht, sind die drei Götter offensichtlich als eine dreiteilige Einheit aufgefaßt worden, die man stets als Gesamtheit anrief.
Mit „Zwergenschlag“ ist wahrscheinlich ein Hexenschuß gemeint.
„Buur“ ist die Unterschrift des Runenmeisters.
Die beiden Götter „Ulfur“ und „Huitur“ sind unbekannt, doch könnte mit „Ulfur“, also „Wolfsgott“ Tyr gemeint sein, da dieser Gott sowohl der Gott der Wolfskrieger (Fenris-Wolf) ist als auch der Vater der beiden Alcis-Zwillinge war, die als Krieger des öfteren auch die Gestalt von zwei Wölfen annehmen konnten.
Hutiur könnte evtl. der Gott Hödur sein – aber das ist sehr ungewiß.
Auf diesem Runenstein aus Südost-Schweden sind zwei bärtige Krieger mit Helm und ein Wolf zu sehen. Da der obere der beiden Krieger mit seinem Fuß im Maul des Wolfes steht, wird dies Widar sein, der Fenrir tötet.
Es wäre denkbar, daß der untere Krieger der zuvor von Fenrir getötet Odin, der Vater des Widar, ist – aber das ist sehr unsicher.
Dieser untere Krieger hat keine Beine – ob dies Absicht ist oder ob sie von dem Steinmetz für unwichtig erachtet worden sind, ist nicht ganz sicher. Falls es sich hier um ein beabsichtigtes Detail handeln sollte, könnte die untere Gestalt auch Tyr sein, da fehlende Gliedmaßen zu den Mythen dieses Gottes gehören (siehe dazu auch die Kapitel über „Hand“ und „Fuß“ in Band 63).
Diese um ca. 500 n.Chr. hergestellte Bronzeplatte wurde in Galsted bei Hadeslev in Süddänemark gefunden.
Auf ihr sind vier Lebewesen zu sehen: