Über das Buch:
»Guten Tag, ich bin der Tod und Sie sind hier, weil Sie gestorben sind.« Hedwig gewinnt im Lotto und segnet kurz darauf das Zeitliche. Das passt der frischgebackenen Oma und Neu-Millionärin natürlich gar nicht.
Unterschiedlich ist eine Hommage an die Musik und ein Beatles-Song wird zum Beziehungskiller.
Die vierfache Mutter Regina sucht seit Jahren nach Erholung und erträgt fast ein halbes Leben jährliche Campingurlaube an der Ostsee.
Als ihr großer Traum endlich wahr werden soll, gerät ihr Leben endgültig aus den Fugen.
Der Obdachlose Rudi hat eines Nachts eine Begegnung der dritten Art. Doch seinem Leidensgenossen Paule scheinen die Besucher alles andere als fremd zu sein.
Flo kann Andis leere Versprechen nicht mehr ertragen. Als er ausziehen will, eskaliert die Lage.
Heiner Lehmann führt ein exzessives Leben. Jeder einzelne Tag ist geprägt durch zwei Extreme.
Ein verstörendes Hamsterrad ohne Ausweg.
Busfahrer Kurt und Ehefrau Gabi sind ein ungleiches Paar. Nicht nur vom Alter her. Während Gabi die Liebhaber wechselt wie ihre Unterwäsche, beschäftigt sich Kurt lieber kanadischen Kuckucksarten.
Eine morgendliche Begegnung im Zug bringt einen Mann zur Weißglut.
Ein Alkoholiker und zwei Kampfhunde machen die Gegend unsicher. Bringt ein abscheulicher Alptraum die Wende?
Ein Motivationsseminar mit dem großen Jürgen Jäger wird für einen Teilnehmer zum Horrortrip.
Karin hat nicht mehr lange zu leben. Ihr letzter Wunsch ist es, einmal mit Nachbarin Gitti zu schlafen. Dabei stellt sich nicht nur Gittis Mann als großes Problem heraus.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2020 Oliver Scholz
Kontakt: oliverscholz82@web.de I www.instagram.com/nichts.geht.mehr
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7534-7543-1
Danke, dass Sie diesem Büchlein eine Chance geben!
Es ist Ihnen gewidmet.
H: »Auf diesen Tag habe ich mein Leben gewartet. Nicht wegen des Babys. Das ist ein schöner Bonus. Aber endlich mal sechs Richtige plus Zusatzzahl. Wenn meine Eltern das noch erlebt hätten. Die haben auch jede Woche getippt, wissen Sie? Und nun sagen Sie mir, ich sei tot?«
T: »Ja, in der Tat, Frau Hoffmann.«
H: »Aber ich bin erst 64.«
T: »Ich weiß.«
H: »Kann es sein, dass Sie sich da nicht irren.«
T: »Keinesfalls.«
H: »Sicher?«
T: »Todsicher.«
H: »Aber ausgerechnet heute? Ausgerechnet jetzt? Ich meine, da scheinen mir einfach zu viele Faktoren, zu viele Umstände zusammen zukommen; bin ich denn tatsächlich schon dran? Sicher, dass Sie sich nicht doch irren? Jeder kann sich schließlich mal vertun.«
T: »Mag sein, dass Sie so empfinden, werte Frau Hoffmann. Aber es bestehen keine Zweifel. Sie stehen hier für heute auf meiner Liste. Deshalb habe ich Sie geholt. Außerdem vertue ich mich nicht. Sowas kann ich mir gar nicht erlauben. Ich bin der Tod. Ich mache keine Fehler.«
H: »Aber vielleicht handelt es sich gerade bei mir ja um eine klitzekleine Verwechslung. Vielleicht ist eine andere Hedwig Hoffmann gemeint. Mich schreibt mit zwei f und zwei n. Schauen Sie doch noch einmal nach.
Nicht, dass Sie mich mit einer Hedwig Hofmann mit nur einem f verwechseln.«
T: »Ich irre mich nie, Frau Hoffmann. Irren ist was für Menschen und nichts für jemanden von meiner Art.«
H: »Aber gerade heute ist mein Enkel geboren. Ich habe ihn doch noch gar nicht gesehen. Und nur eine halbe Stunde zuvor habe ich im Lotto gewonnen. Und wie gesagt, ich bin außerdem erst 64. Jung und rüstig. Ich habe mich doch gut gefühlt. Ja, mir geht´s gut, prima, alles bestens. Könnte gar nicht besser sein.«
T: »Mag alles sein, Frau Hoffmann. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich Sie holen musste.«
H: »Und mein Enkel. Und der Lottogewinn?«
T: »Vielleicht war es die Aufregung.«
H: »Die Aufregung, die Aufregung. Nun hören Sie aber mal auf! Sonst rege ich mich gleich mal wirklich auf! Hören Sie, Herr Tod?«
T: »Sie können tun und lassen, was Sie wollen. Ändert alles nichts mehr. Tot ist tot.«
H: »Und sowas nennt sich nun Glückstag! Ich will sofort mit Ihrem Vorgesetzten sprechen.«
T: »Bitte? Welchen Vorgesetzten?«
H: »Na ja, es wird doch wohl irgendjemanden geben, dem Sie unterstehen.«
T: »Der Tod ist Chefsache, Frau Hoffmann. Wie gesagt, Sie können sich beschweren und jammern wie Sie wollen. Ändert alles nichts mehr. Glauben Sie mir, Sie sind nicht die Erste und werden nicht die Letzte sein.«
H: »Ich würde Ihnen auch die Hälfte von meinem Lottogewinn abgeben.«
T: »Lassen Sie uns bitte kurz den Papierkram erledigen, um die Sache zu Ende zu bringen.«
H: »Dreiviertel des Gewinns?«
T: »Ich mache mir nichts aus Geld, Frau Hoffmann.«
H: »Den ganzen Gewinn plus Ersparnisse?«
T: »Geld spielt in meiner Welt keine Rolle.«
H: »Gibt es denn nicht irgendwas, dass ich tun kann, um die Angelegenheit rückgängig zu machen.«
T: »Nein. Sie können mit mir jetzt diesen Fragebogen ausfüllen und dann legen wir Ihr Leben zu den Akten. Normales Prozedere.«
H: »Ein Fragebogen? Was soll denn das nun wieder? Was wollen Sie mit einem Fragebogen? Ich bin doch angeblich tot. Oder ist das hier sowas wie Versteckte Kamera?«
T: »Diese Befragung ist gemäß unseren AGBs absolut notwendig und von jedem ausgeschiedenen Lebewesen zu absolvieren.«
H: »Moment mal. AGBs? Was ist das denn für ein hirnverbrannter Schwachsinn?«
T: »Können wir nun endlich anfangen, Frau Hoffmann?«
H: »Und was soll das für eine Befragung sein, wenn ich fragen darf?«
T: »Eine Meinungsumfrage. Eine Art Zufriedenheitsstudie. Wir wollen feststellen, wie Ihnen das Leben auf der Erde gefallen hat. Wir wollen das Produkt schließlich stetig verbessern.«
H: »Das Produkt? Das Leben ist für Sie also ein Produkt?«
T: »Natürlich. Was dachten Sie denn, Frau Hoffmann?«
H: »Jedenfalls nicht, dass es sich bei meinem Leben, um ein Produkt handeln könnte. Wann wollen Sie mir das denn verkauft haben?«
T: »Genau genommen haben wir es ja nicht Ihnen, sondern Ihren Eltern verkauft. Aber, ob das Produkt gefallen hat, können selbstverständlich nur Sie uns sagen. Als Userin sozusagen. Können wir nun also beginnen?«
H: »Userin? Aber bitte. Wenn es unbedingt sein muss.«
T: »Frage 1: Auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 1 den schlechtesten und 10 den besten Wert darstellt: Würden Sie sagen, Sie haben Ihre Lebenszeit sinnvoll genutzt?«
H: »So ein Schwachsinn. Das ist doch absurd.«
T: »Frau Hoffmann. Bitte machen Sie einfach mit.«
H: »Was soll ich dazu so spontan sagen? Ich habe drei Kinder großgezogen, war fürsorgliche Hausfrau, Mutter und Ehefrau. Ich denke schon, dass es sinnvoll war.«
T: »Bitte verwenden Sie die Skala von 1 bis 10.«
H: »Dann 4.«
T: »4? Sie sagten doch gerade, dass Sie Ihre Existenz für sinnvoll erachtet haben. Das klingt für mich nach mindestens einer 8. Also vielleicht einer 10 mit Abstrichen.«
H: »Soll ich hier den Fragebogen ausfüllen oder wollen Sie das übernehmen?«
T: »Sie haben Recht. Also meinetwegen. Eine 4. Ist vermerkt. Obwohl ich es nicht verstehe. Aber zu den Gründen kommen wir ohnehin später noch.«
H: »Später? Wie lange geht denn Ihre Studie?«
T: »Frage 2: Gibt es etwas, dass Sie nun, da Sie nicht mehr unter den Lebenden verweilen, bereuen?«
H: »Das können Sie sich ja wohl denken. Ich bin gerade Oma geworden und habe im Lotto den Jackpot geknackt! Frischegebackene Millionärin und Großmutter! Hallo? Da liegt es wohl auf der Hand, dass ich es bereue, weder meinen Enkel, noch das Geld je zu Gesicht zu bekommen!«
T: »Nun, das kann ich nachvollziehen, Frau Hoffmann. Aber ich möchte hier vielleicht noch einmal darauf hinweisen, dass es darum geht, ob Sie etwas bereuen, was Sie zu Lebzeiten getan oder eben nicht getan haben? Ich hake hier deshalb nach, da Sie der Tod, zugegebenermaßen, vom Timing her, etwas unglücklich erwischt hat.«
H: »Wie das klingt. Vom Timing her. Der Tod war vom Timing her ungünstig. Gibt es denn ein ideales Timing, um den Löffel abzugeben?«
T: »Bitte, bleiben wir beim Thema, ja? Also, Ihr Tod trat nun einmal unmittelbar nach der Geburt Ihres Enkels und der Bekanntgabe des Lottogewinns ein. Sie hatten zu Lebzeiten also gar keine Chance mehr Ihren Enkel zu sehen und den Lottogewinn zu erhalten. Genauso wenig hatten Sie die Chance, durch Ihren eigenen Einfluss die Geburt oder den Lottogewinn zu beschleunigen. Es lag nicht in Ihrer Macht. Unsere Frage zielt jedoch genau auf diesen Aspekt ab. Gibt es etwas, dass Sie bereuen, getan oder eben nicht getan zu haben, obwohl die Möglichkeit dazu jederzeit bestanden hätte?«
H: »Sie haben ja echte Probleme.«
T: »Nun, Ihre Antwort bitte.«
H: »Natürlich gibt es Dinge, die ich bereue. Ich hätte vieles anders machen können. Wenn ich mich mit Peter und Susanne nicht so verkracht hätte, hätte ich vielleicht noch Kontakt zu Ihnen. Und ich wollte immer mal eine Kreuzfahrt machen, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Ich wollte reisen, die Welt sehen und nicht immer nur hier in Kleinkleckersdorf herumbutschern. Wenn Sie verstehen, was ich meine?«
T: »Peter und Susanne sind bitte wer?«
H: »Zwei meiner Kinder. Und Sabine ist meine jüngste Tochter. Die, die heute das Baby bekommen hat. Der Peter ist ja leider Gottes schwul und Susanne Nonne geworden.«
T: »Können wir Gott aus dem Spiel lassen?«
H: »Ok, von mir aus.«
T: »Sie bereuen also, zu zweien Ihrer drei Kinder keinen Kontakt mehr zu haben? Und Sie bereuen, dass Sie nicht öfters verreist sind?«
H: »Ja. Aber was heißt öfters verreist? Ich bin noch nie in meinem Leben verreist. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht. Bin nie rausgekommen. Sie können sich vorstellen, als da heute Abend auf dem Bildschirm meine sechs Zahlen mit Zusatzzahl kamen ... da habe ich mich schon auf dem Deck eines Luxuskreuzfahrtschiffes gesehen. In der Südsee. Mit einem Cocktail ... eine Villa ...«
T: »Schon gut, Frau Hoffmann. Ist notiert. Ich denke, ich habe verstanden. Kommen wir zu Frage 3: Warum haben Sie die Dinge, die Sie bereuen nicht zu Lebzeiten getan?«
H: »Das ist doch ganz einfach.«
Kurzes Schweigen. Stille.
T: »Frau Hoffmann?«
H: »Ja?«
T: »Ihre Antwort.«
H: »Ach so. Ja. Also ... ähm ... äh ...«
T: »Warum haben Sie die Dinge, die Sie bereuen, nicht einfach bereits zu Lebzeiten getan?«
H: »Wann denn? Erst waren da die Kinder, auf die ich Rücksicht nehmen musste. Dann hatten wir Eheprobleme. Da konnte ich auch nicht. Das fühlte sich nicht richtig an. Und der Haushalt musste ja trotzdem gemacht werden.«
T: »Nach meinen Unterlagen hat Sie Ihr Mann für eine andere Frau verlassen.«
H: »Eheprobleme. Sage ich ja.«
T: »Das war vor über fünfzehn Jahren.«
H: »Wie das dann eben so ist, Herr Tod. Kennen Sie das denn nicht?«
T: »Mit Verlaub, Frau Hoffmann. Das kenne ich nicht.«
H: »Immer denkt man sich: Morgen gehe ich es an. Ab morgen lebe ich mein Leben. Und dann kommt immer wieder etwas dazwischen. Und wenn es nur die Wäsche ist. Und dann verschiebt man es. Wieder und wieder und ...«
Erneute Stille.
H: »... und wieder.«
T: »Ich nehme jetzt einfach mal auf, dass es Ihnen Ihre häuslichen Pflichten nicht ermöglichten, Ihr Leben zu leben und zum Beispiel zu reisen. Ist das in Ordnung?«
H: »Was spielt das jetzt noch für eine Rolle?«
T: »Brauchen Sie ein Taschentuch?«
H: »Nein, warum?«
T: »Für mich sieht es so aus, als würden Sie weinen.«
Hedwig Hoffmann schluchzt leise.
H: »Kein Problem.«
T: »Und dieser Streit mit Ihren Kindern, den Sie erwähnten und bereuen; hatte die Beilegung auch etwas mit Ihren häuslichen Pflichten zu tun?«
H: »Natürlich nicht.«
T: »Sondern?«
H: »Mit Stolz, Herr Tod. Einfach nur mit Stolz.«
T: »Stolz?«
H: »Stolz und Dummheit dann eben.«
T: »Können Sie das näher ausführen?«
H: »Sie klingen wie ein Richter.«
T: »Noch nie was vom Jüngsten Gericht gehört?«
H: »Sitze ich hier etwa auf der Anklagebank?«
T: »War nur ein Scherz, Frau Hoffmann. Nur ein unbedeutender Jux. Unangebracht von mir. Entschuldigen Sie, bitte. Natürlich ist das hier kein Gericht. Es ist eine Meinungsumfrage. Die übrigens erheblich länger dauert als sonst üblich. Vielleicht daher auch mein unangemessener Anflug von Heiterkeit. Bitte entschuldige Sie vielmals. Der Tod zu sein, ist selbstverständlich eine seriöse Tätigkeit.«
H: »Diskretion, hm?«
T: »Das trifft es am besten, Frau Hoffmann, ja.«
H: »Also, um das Ganze zu Ende zu bringen: Ich war eventuell einfach zu stolz und zu dumm, um wieder auf meine Kinder zuzugehen. Ich war enttäuscht, als Peter mir sagte, er lebe mit einem Mann zusammen. Nicht, weil er