Schriften zur Geschichtstheorie

Über dieses Buch

Wilhelm von Humboldt prägte die Entstehung der modernen Geschichtswissenschaft am Anfang des 19. Jahrhunderts entscheidend mit. Er entwickelte die Vorstellung von der Geschichtsschreibung als »Darstellung des Strebens einer Idee, Dasein in der Wirklichkeit zu gewinnen«. Seine theoretischen Überlegungen präsentierte er in Essays.

 Jörn Rüsen, der als einflussreichster Geschichtstheoretiker seiner Generation gilt, hat die wichtigsten für diese Ausgabe zusammengestellt. Sein Nachwort bietet eine Einführung in Humboldts Geschichtsdenken und dessen Bedeutung bis heute.

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Fußnoten

  1. Dies ist ein abgewandeltes Zitat aus Pindars Isthmischen Oden V: »Suche nicht, Zeus zu werden!« Humboldt, der Pindars Olympische Oden übersetzt hat, ersetzt den angerufenen »Zeus« im Original mit theos. Also mahnt Humboldt: »Versuche nicht, Gott zu werden!« [Anm. d. Hrsg.]

  2. *)Es kam hier nur darauf an, das über die Kunst Gesagte mit einem Beispiele zu belegen; ich bin daher weit entfernt, hierdurch ein entscheidendes Urteil über die Mexikaner zu fällen. Es gibt sogar Bildwerke von ihnen, wie der von meinem Bruder mitgebrachte Kopf im hiesigen Königlichen Museum, welche ein günstigeres Zeugnis über ihre Kunstfertigkeit fällen lassen. Wenn man bedenkt, wie wenig hoch hinauf unsre Kenntnis der Mexikaner geht, und welches geringe Alter die Gemälde haben, die wir kennen, so wäre es sehr gewagt, ihre Kunst nach demjenigen zu beurteilen, was sehr leicht aus den Zeiten ihres äußersten Verfalls herrühren kann. Dass Ausgeburten der Kunst sogar neben ihrer höchsten Ausbildung bestehen können, ist mir ungemein auffallend an kleinen bronzenen Figuren gewesen, die man in Sardinien findet, denen man wohl ansieht, dass sie von Griechen, oder Römern herstammen, die aber in der Unrichtigkeit der Verhältnisse des Mexikanischen nichts nachgeben. Eine Sammlung dieser Art findet sich im Collegium Romanum in Rom. Es ist auch aus andren Gründen wahrscheinlich, dass die Mexikaner in einer früheren Zeit, und in einer andren Gegend, auf einer viel höheren Stufe der Bildung standen, selbst die historischen, in den Werken meines Bruders sorgfältig gesammelten, und miteinander verglichenen Spuren ihrer Wanderungen deuten darauf hin.

  3. *)Dies unterscheide ich noch.

  4. *)Vergl. Kants Krit. d. Urteilskraft. S. 258–260.

  5. Eine Vorform dieses Textes ist erschienen in: Jörn Rüsen, Historische Sinnbildung. Grundlagen, Formen, Entwicklungen, Wiesbaden: Springer, 2020, S. 105–114.

  6. Dazu Elisabeth Décultot / Daniel Fulda (Hrsg.), Sattelzeit. Historiographiegeschichtliche Revisionen, Berlin: Oldenbourg, 2016.

  7. Hans Joas, Die Sakralität der Person. Eine neue Genealogie der Menschenrechte, Berlin: Suhrkamp, 2015.

  8. Vgl. dazu Hans-Josef Wagner: Wilhelm von Humboldt. »Anthropologie und Theorie der Menschenkenntnis«, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2002, S. 97 ff.

  9. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes, mit einem Nachw. von Georg W. Bertram, Stuttgart: Reclam, 1987 [u. ö.], S. 21.

  10. Einen informativen Überblick über Humboldts Biographie gibt Alfred Dove in der Allgemeinen Deutschen Biographie: de.wikisource.org/wiki/ADB:Humboldt,_Wilhelm_von (19. 4. 2021).

  11. Dazu Ernst Anrich (Hrsg.), Die Idee der deutschen Universität. Die fünf Grundschriften aus der Zeit ihrer Neubegründung durch klassischen Idealismus und romantischen Realismus, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1964 (mit den entsprechenden Texten von Humboldt und Schleiermacher). Helmut Schelsky, Einsamkeit und Freiheit. Idee und Gestalt der deutschen Universität und ihrer Reformen, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch, 1963.

  12. Johann Gustav Droysen, Historik, Teil-Bd. 2.1: Texte im Umkreis der Historik, hrsg. von Horst Walter Blanke, Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog, 2007, S. 236.

  13. Johann Gustav Droysen, Historik. Historisch-kritische Ausgabe, hrsg. von Peter Leyh, Bd. 1, Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog, 1977, S. 419.

  14. In diesem Band S. 20–35.

  15. In diesem Band S. 36–48.

  16. In diesem Band S. 49–57.

  17. In diesem Band S. 58–83. Außerdem sind als frühere vorbereitende Essays noch zu nennen: »Theorie der Bildung des Menschen« (ca. 1793) und »Plan einer vergleichenden Anthropologie« (ca. 1795). Beide sind abgedruckt in: W. V. H., Schriften zur Bildung, hrsg. von Gerhard Lauer, Stuttgart: Reclam, 2017, S. 5–12 und 13–60.

  18. Ludwig August Schlözer, Vorstellung seiner Universal-Historie (1772/73), hrsg. von Horst Walter Blanke, Hagen: Rottmann, 1990, S. 14 ff.

  19. Joas (s. Anm. 3).

  20. »Über den Geist der Menschheit«, in diesem Band S. 20–35, Zit. S. 20 f.

  21. Ebd., S. 31 f.

  22. Es lag dann nahe, die für diese geistige Formung der menschlichen Welt als Kultur zuständigen Wissenschaften »Geisteswissenschaften« zu nennen. Droysen hat diesen Terminus m. W. zuerst geprägt. Humboldt nennt sie (mit dem heutigen Namen) »die Kulturwissenschaften«, allerdings versieht er sie mit dem Adjektiv »humanistisch«, was heute mit post-humanem oder post-humanistischem Pathos zurückgewiesen wird. (»Über das Studium des Altertums, und des griechischen insbesondre, in diesem Band S. 84–113, hier S. 84.)

  23. »Über die Aufgabe des Geschichtschreibers«, in diesem Band S. 58–83, Zit. S. 82.

  24. »Theorie der Bildung des Menschen«, in: W. V. H., Schriften zur Bildung, hrsg. von Gerhard Lauer, Stuttgart: Reclam, 2017, S. 5–12, Zit. S. 7.

  25. »Über die Aufgabe des Geschichtschreibers«, in diesem Band S. 72. Siehe Anm. 22.

  26. Dazu Peter H. Reill, The German Enlightenment and the Rise of Historicism, Berkeley: University of California Press, 1975; P. H. R., »Science and the Science of History in the Spätaufklärung«, in: Hans Erich Bödecker [u. a.] (Hrsg.), Aufklärung und Geschichte. Studien zur deutschen Geschichtswissenschaft im 18. Jahrhundert, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986, S. 430–451; André de Melo Araújo, Weltgeschichte in Göttingen. Eine Studie über das spätaufklärerische universalhistorische Denken. 1756–1815, Bielefeld: transcript, 2012.

  27. Wilhelm von Humboldt, »Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin«, in: W. V. H., Schriften zur Bildung, hrsg. von Gerhard Lauer, Stuttgart: Reclam, 2017, S. 152–165, Zit. S. 153.

  28. Dazu Jörn Rüsen, »Wissenschaftskultur und Bildung«, in: Christoph Jamme / Asta von Schröder (Hrsg.), Einsamkeit und Freiheit. Zum Bildungsauftrag der Universität im 21. Jahrhundert, München: Fink, 2011, S. 17–28.

  29. Bereits Schiller hat in seiner Antrittsvorlesung als Geschichtsprofessor in Jena 1789 diesen Unterschied als einen zwischen philosophischem Kopf und Brotgelehrtem an den Anfang seiner Überlegungen gestellt. Friedrich Schiller, Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? Eine akademische Antrittsrede, hrsg. von Otto Dann, Stuttgart: Reclam, 2006.

  30. Dazu Joas (wie Anm. 3); H. J., Die Macht des Heiligen. Eine Alternative zur Geschichte der Entzauberung, Berlin: Suhrkamp, 2019.

  31. Ein radikales Beispiel: Rosi Braidotti, Posthumanismus. Leben jenseits des Menschen, Frankfurt a. M.: Campus, 2014; zur Kritik: Jörn Rüsen, »Post-ism. The Humanities, Displaced by their Trends«, in: Public History Weekly 4 (2016) Nr. 27, public-history-weekly.degruyter.com/4–2016–27/postism-displaced-humanities (24. 1. 2021).

  32. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1971, Neuaufl.: Wien/Köln/Weimar: Böhlau, 1997. Englische Originalausgabe: G. I., The German Conception of History. The National Tradition of Historical Thought from Herder to the Present, Middletown (Conn.): Wesleyan University Press, 1968.

Über die Gesetze der Entwicklung der menschlichen Kräfte

Bruchstück

Unter allen Bildern, welche die Geschichte darbietet, zieht wohl keines eine allgemeinere und regere Aufmerksamkeit an sich, als das Bild des Menschen in der Verschiedenheit seiner Lebensweise nach der verschiedenen Beschaffenheit der leblosen und lebendigen Natur um ihn her, unter deren unaufhörlichem Einwirken er lebt. Gefesselt von dem Interesse, das den Menschen jedes Erdstrichs und jedes Jahrhunderts an den Menschen knüpft, stellt der betrachtende Forscher ferne, längst hingeschwundene Geschlechter neben sich und seine Zeitgenossen, vergleicht mit prüfendem Blick ihr inneres Dasein, ihre Empfänglichkeit für äußere Eindrücke, ihre Fähigkeit den empfangenen Stoff in ihr Eigentum zu verwandeln, und mit bereicherter Ideenfülle, und verstärkter Empfindungskraft eigene Schöpfungen hervorzubringen, ihre äußere Lage, die Welt, die sie umgibt, und die Gestalt, zu der sie sie umbilden, den Genuss, den sie aus den Gaben des Schicksals und aus den Früchten ihrer Tätigkeit ziehen. Bald sieht er aus seiner Lage, mit seinen Gesichtspunkten auf die Vorzeit hin, bald versetzt ihn seine Phantasie selbst in dieselbe, und eignet ihm den Gesichtspunkt, den ehmals ihre Wirklichkeit gab, und so wägt er unrichtiger oder richtiger das Gute und Beglückende jedes Jahrhunderts, genießt jetzt des frohen Bewusstseins des eigenen Vorzugs, und jetzt wieder des wehmütigeren und dennoch süßen Gefühls, dass eine Trefflichkeit hoher beseligender Schönheit einmal blühte und nun nicht mehr ist! Wenn er auf diese Weise die Schicksale der Nationen von Epoche zu Epoche verfolgt, so kann ihm der Zusammenhang nicht entgehen, der, bald wirklich, bald scheinbar, jede Begebenheit mit allen folgenden verbindet. Schon der eigentümlichen Natur des menschlichen Geistes nach, der unaufhörlich das Allgemeine sucht, und das Einzelne in ein Ganzes zusammenzufassen strebt, wird er alle zerstreuten Züge in Ein Gemälde sammlen, und der wechselnde Gang aller Schicksale der Erde und ihrer Bewohner wird in seinen Augen zu Einer großen, unzertrennbaren Einheit werden. Wenngleich freilich kein einzelnes Geschöpf die Umwandlungen dieses Ganzen in ihrer Folge erfährt, wenn selbst die leblose Natur, die ihr Schauplatz ist, nicht unverändert bleibt, der Boden, der den Enkel nährt, nicht mehr derselbe ist, den der Ahnherr betrat, und selbst die innerste Felsmasse unsrer Erdkugel vielleicht dem unaufhörlichen Flusse alles Endlichen folgt; so schlingt sich doch mitten durch allen diesen Wechsel hindurch, einer ununterbrochenen Kette gleich, die Reihe der aufeinander folgenden Menschengeschlechter, so erhält sich doch das, was, allein ewig und unvergänglich, den hinfälligen Stoff seines Urhebers überlebt, der Vorrat von Ideen, den die Vorwelt auf die Nachwelt vererbt. An diesen Fäden verfolgt der philosophische Geschichtsforscher oft die Revolutionen des Menschengeschlechts, füllt mit Hypothesen die Lücken, welche die Überlieferung lässt, sieht aus der Vergangenheit die Gegenwart entspringen, ahndet aus dieser die nun neu sich entwickelnde Zukunft, sucht das Ziel zu bestimmen, dem dies ewig rege wirksame Ganze nachstrebt, und erklärt den gleichen abgemessenen Fortschritt desselben entweder aus der Leitung einer weisen Macht, oder aus der nach ewigen Gesetzen ihrer Natur wirkenden Selbsttätigkeit der einzelnen Kräfte. Unverkennbar ist es nun, dass dies Ganze nicht in seiner Phantasie, oder in der Vernunft allein existiert, die ihre Gebilde so oft der Wirklichkeit andichtet. Die wechselseitige Verschränkung aller Begebenheiten des Menschengeschlechts ist klar, und jede folgende Generation tritt in keine andere Lage der Dinge, als in die, welche die vorhergehenden bereiteten, empfängt keine andren Ideen als die, welche diese erfanden oder modifizierten. Mehr Schwierigkeit aber führt die Frage mit sich: ob nun diese Verkettung von Begebenheiten Einem Ziele entgegeneilt, oder das Ziel, das erreicht werden soll, mit jedem einzelnen Menschen von dieser Erde scheidet, ob die längere Dauer derselben eine erhöhetere Vollkommenheit, oder noch dasselbe Maß von Kräften, denselben Grad des Genusses, nur in ewig wechselnden, unendlich mannigfaltigen Gestalten zeigen wird? Dennoch führt nicht leicht eine andere Frage, welche das Leben und Wirken des Menschen betrifft, ein höheres Interesse mit sich, weil die Entscheidung derselben zugleich eine genaue Würdigung alles dessen enthalten müsste, was wir unter den Menschen groß, und gut, und wichtig nennen, und weil sie den mancherlei Führern, Verbesserern und Regierern der Menschen zeigte, wie das Vorbild – dem ihre ohnmächtige Kraft nur nachzuahmen strebt – das allwaltende Schicksal sie leitet. Selbst wenn die Entscheidung nicht diesen Nutzen gewährte, bliebe dennoch immer die Untersuchung in mehr als Einer Rücksicht wichtig. Denn sie muss – wenn sie auf Tiefe und Genauigkeit mit Recht Anspruch machen will – versuchen, alle einzelne Kräfte auseinanderzusetzen, welche den Menschen groß und glücklich machen, so wie alles in und außer ihm, wodurch diese Kräfte Nahrung und Stärkung erhalten, und was sie schwächt und vernichtet; sie muss ferner sogar die ewigen Gesetze zu entdecken suchen, nach welchen der Mensch durch den natürlichen Fortschritt seiner inneren Kraft, verbunden mit den, bei einer ewig wechselnden, und doch im Ganzen immer sich selbst gleichen Natur, ewig neuen und doch immer wiederkehrenden Begebenheiten, bald von dieser, bald von jener Seite entwickelt, bald von dieser, bald von jener beglückt wird.

Ehe aber auch nur ein Versuch über ein Problem gewagt wird, dessen vollständige und fehlerfreie Auflösung wohl niemand von menschlichen Kräften erwarten wird, erfordert zuvörderst die Möglichkeit der Auflösung überhaupt eine eigene Untersuchung. Denn wenn in dem Gange menschlicher Begebenheiten, ihrer wechselseitigen Verkettungen ungeachtet, keine Einheit, kein gleichförmiges Gesetz vorhanden ist, oder wenn dasselbe auf Dingen beruht, welche menschliche Einsicht nicht zu durchschauen vermag, so wird die Phantasie im eitlen Haschen nach dem, was nirgend existiert, Hypothesen an die Stelle der Wahrheit setzen, und der erträglichste Erfolg des Unternehmens wird die Überzeugung seiner Unausführbarkeit sein. Um nun aber hierüber erst zur Gewissheit zu gelangen, dürfen wir uns nicht reiner Vernunftsätze und Schlüsse bedienen. Gesetzt auch, wir besäßen irgendeine Vernunftwahrheit, die auf die Notwendigkeit eines gleichförmigen Gesetzes führte; so dürften wir dennoch dadurch über die Natur und die Beschaffenheit desselben keine Aufschlüsse erwarten. Nur die Betrachtung der wirkenden Kräfte und ihrer Wirkungen, nur also die Erfahrung, sei es die innere in unsrem eignen Bewusstsein, oder die äußre durch Beobachtung, Überlieferung und Geschichte, kann hier Lehrmeisterin sein. Der menschliche Geist hat die Gesetze der Bewegung des Erdballs, und über seinen Wohnsitz hinaus die Stellung und verschiedene Laufbahn der Körper des Sonnensystems entdeckt, zu dem er gehört, und mit Genauigkeit und Zuverlässigkeit weissagt er alle Begebenheiten, die davon abhängen. Wunderbar ist es, dass er, vertraut mit den Revolutionen Millionen Meilen entfernter Sphären, ein Fremdling in den Veränderungen ist, die ihn umgeben, auf die er selbst so mächtig wirkt, und deren Rückwirkung er erfährt. Allein jene Gesetze beruhen, wie fast alles, worüber wir zuverlässige Theorien besitzen, auf allgemeinen Ideen von Größen und Verhältnissen des Raums und der Zeit, und auf Beobachtungen, die meistenteils auch nur darauf hinauslaufen; indes wir hier in einem Gebiete des Wissens sind, in dem alles von den wirklichen Kräften, und dem Wesen der Dinge abhängt, in dem nur die Kenntnis des Individuums der Wahrheit nähert, und jede allgemeine Idee immer gerade im Verhältnis der Menge der Individuen, von denen sie abgezogen ist, von derselben entfernt. Dieser Schwierigkeit und so vieler andren aber – unter welchen die einer in dem Grade extensiv ausgebreiteten, und intensiv eindringenden Beobachtung, als hier eigentlich erfordert würde, nicht vergessen werden muss – ungeachtet, ist dennoch so viel gewiss, dass jegliche Veränderung auf der Erde eine Wirkung entweder der menschlichen Kräfte, oder der übrigen lebendigen Geschöpfe, oder der leblosen Natur, oder vielmehr, da in keinem dieser Teile der Schöpfung etwas vorgeht, das nicht einen, wenngleich in den nächsten Folgen nicht bemerkbaren Einfluss auf die übrigen hätte, ein Resultat der Wirkungen und Rückwirkungen aller dieser Kräfte zusammengenommen ist. Nun sind die Kräfte des Menschen im Ganzen genommen dieselben, die Notwendigkeit ihrer Erhaltung bringt dieselben Bedürfnisse hervor, und aus diesen, wie aus dem angenehmen Gefühl ihrer Befriedigung entspringen ohngefähr dieselben Neigungen, Begierden und Leidenschaften. Eben so hat auch die übrige Natur immer und überall im Ganzen einen gleichen Vorrat von Mitteln, den Bedürfnissen des Menschen zu genügen. Wie ihre Natur, so bleibt auch der gegenseitige Einfluss dieser Eigenschaften sich gleich. So lässt die Gleichförmigkeit der Kräfte, als der Ursachen, auf eine Gleichförmigkeit der Wirkungen, der Ereignisse des Menschengeschlechts, schließen. Eine andre Bestätigung dieses Schlusses ließe sich aus der Geschichte selbst hernehmen. Allein so wichtig und notwendig ihr Zeugnis bei dem ganzen Gegenstande bleibt, den ich behandle; so vermeide ich doch mit Fleiß, die eigentlichen Beweise in ihr zu suchen, vorzüglich hier bei der Prüfung der Ausführbarkeit meines Unternehmens, wo es am wichtigsten ist, nicht durch Irrtümer getäuscht zu werden. Denn wenn unsre Geschichte auch einen größeren Zeitraum umfasste, wenn ihr Zusammenhang durch weniger Lücken unterbrochen wäre, und ihre Gewissheit weniger Zweifel litte, als es überhaupt der Fall ist; so würde es dennoch immer dem Schlusse von dem, was geschehen ist, auf das, was geschehen wird, von dem Gewöhnlichen auf das Notwendige an Zuverlässigkeit mangeln. Es musste daher, auch die Schwierigkeit noch abgerechnet, das Einfache, und Beständige in einer so verwickelten und wechselnden Masse, als wir durch die Überlieferung erhalten, aufzusuchen, auf die Kräfte zurückgegangen werden, welche eigentlich alle Veränderungen Die Aufsuchung der Gesetze der Entwicklung der menschlichen Kräfte auf Erden Begebenheiten Kräfte