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© Susanne Hottendorff
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Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt
Printed in Germany
ISBN: 978-3-753468-56-3
Freitagabend in der Kneipe „Zur windigen Ecke“ in Hamburg St. Pauli. Die Wirtin Trude Palm hatte wie immer alle Hände voll zu tun. Viele fremde Gesichter gesellten sich unter die Stammkunden und da war schon mal etwas mehr Aufmerksamkeit geboten. Auf ihre Stammgäste konnte sich Trude immer verlassen. Ein Gast war Trude Palm besonders aufgefallen. Ein Typ mit dunklen, vollen Haaren, einem extrem runden Gesicht und jede Menge Glitzer an den Händen und am Hals. Eine dicke Goldkette guckte aus dem viel zu eng sitzenden Shirt hervor. Und an sieben von zehn Fingern protzte ein fetter Goldring, der eine oder andere mit Glitzersteinchen verziert. Trude dachte bei dem Anblick: Davon könnte ich bis zu meinem Ende locker und entspannt leben. Der Gast, wohl ein Urlauber aus dem Osten, Serbien, Russland, der Ukraine oder irgendwo aus der Region, bestellte sich jetzt schon den dritten Wodka. Trude freute sich, so kam Geld in die Kasse. Gegen 23.00 Uhr gingen einige Gäste und dafür betraten einige Schlipsträger die Kneipe. Es sah nach einem Ende eines Betriebsausfluges aus. Oder vielleicht auch der letzte Absacker nach einem Besuch auf dem Kiez in irgendeiner Bar oder in einem dieser speziellen Etablissements, in der die Drinks locker das Dreifache als bei Trude kosteten. Die Herren orderten eine Runde „Lütt und Lütt“ und suchten sich den letzten freien Tisch im hinteren Eck der Kneipe. Es ging feuchtfröhlich bei allen zu und die nächste Bestellung ließ nicht lange auf sich warten. Die Herren begannen einen Shanty zu trillern und erweckten dadurch die Aufmerksamkeit des „Goldjungen“ am Tresen.
Trude hatte gerade die letzte Fuhre an den Tisch der Geschäftsleute gebracht, als der Wodka - Trinker sie zu sich winkte.
„Chefin, bringen Sie den Herren dort hinten eine Runde Wodka. Auf meine Rechnung!“, erklärte er in einem gebrochenem Deutsch.
„Geht klar!“, erwiderte Trude und ließ die Gläser klingen.
Sie servierte und nach einigen kurzen Erklärungen richteten sich vierzehn Augen auf den Unbekannten am Tresen. Sie winkten gemeinsam und der Wodka lief in die Kehlen hinunter.
„Chefin! Wenn die Gruppe wieder bestellt, dann bringen Sie wieder Wodka. Auf meine Rechnung! Geht klar?“, fragte der Trinkfreudige.
Trude antworte kurz, es ginge klar.
Und tatsächlich ließ die Order der Schlips - Träger nicht lange auf sich warten. Auch der zweite Wodka floss und nun erhob sich einer der Herren und ging zum Tresen.
Er legte seine Hand auf die Schulter des Wodka – Spenders. Dieser drehte sich um und schaute in die Augen eines nicht mehr ganz nüchternen Gastes.
„Ich bin Igor. Ich kommen aus Russland, aus Moskau. Ich bin hier auf Besuch und so hier gestrandet“, erklärte er und sein Dialekt bestätigte seine Aussage.
„Moin Igor! Ich bin Peter und ich komme aus Hamburg! Was treibst du hier? Machst du Urlaub?“, wollte Peter jetzt wissen.
„Na ja! Was man so macht in große Stadt. Ich erhole mich, ich suche neue Kontakte und ich genieße Weib und Wodka!“, erklärte Igor und seine schmutzige Lache klang durch die „Windige Ecke“.
Die Gäste schauen erschrocken hoch und dann genauso schnell wieder weg. Besser war besser.
Trude Palm kümmerte sich nicht darum. Ihr war nur wichtig, dass sich ihre Gäste wohlfühlten und bestellten.
Igor und Peter setzten sich an einen zwischenzeitlich freigewordenen Tisch und begannen ein lockeres Gespräch. Igor platzierte immer wieder einige schmutzige Bemerkungen und versuchte sich an kleinen Witzen, denen aufgrund der Sprache die Pointe allerdings oft misslang. Die Zeit verging und Trude fiel auf, dass sich ihre beiden neuen Gäste sehr angeregt unterhielten. Die Lautstärke hatte nachgelassen. Sie tranken jetzt auch keinen Alkohol mehr, sondern waren zu einem Kaffee und zu Wasser übergegangen. Trude dachte noch, versteh einer die Menschen! Dann orderte der Russe erneut zwei Wodka und auch Trudes Glaube an die Menschheit kehrte zurück. Der Russe zahlte seine Rechnung, die gut angewachsen war. Er rundete gut nach Oben auf, Trinkgeld schien in Russland wichtig zu sein. Trude bedankte sich und hatte nicht zuletzt durch den Russen heute einen guten Schnitt in der Kasse gemacht. Die anderen noch verbleibenden Gäste waren Stammgäste. Die Gruppe der anderen Männer hatte sich längst verabschiedet und nun verließen Peter und Igor gemeinsam die „windige Ecke“. Damit konnte Trude nicht mehr verfolgen, was die beiden machten und wohin sie gingen.
Der Sommer stand vor der Tür. Es war Ende Mai und zahlreiche Touristen bevölkerten bereits die Hotels und Pensionen der Stadt. Marbella beherbergte Gäste aus allen möglichen Nationen. Seit einigen Jahren waren auch immer mehr Russen unter den Urlaubern. Sie hatten das nötige Kleingeld und zeigten es den Spaniern auch sehr deutlich. Nicht immer waren die Einheimischen froh über die Urlauber. Sie brachten Geld in die Kassen, sie schafften Arbeitsplätze, jedoch es gab auch immer wieder Grund unzufrieden zu sein. Waren die Preise im Allgemeinen stark angestiegen, blieben die Löhne und Gehälter eher gleich niedrig. Und einige Männer waren außerdem auch nicht wirklich froh über Männer, die auch wirklich nichts anbrennen ließen. Es kam immer mal wieder zu Schlägereien und auch das eine oder andere Messer war schon im Einsatz gewesen.
Einige dieser Gäste der Region kannten sich und waren nicht zufällig hier. Sie wollten Geschäfte machen. Nicht immer legal. Oft hörte man den Ausspruch: Legal, Illegal, Scheißegal! Auch das gefiel den Spaniern nicht wirklich. Denn in einigen diesen Geschäftssparten wollten sie selbst Kasse machen. Immer wenn es zu unruhig wurde, wechselten die Gäste aus dem Osten die Region. Und an einem dieser Abende an einer Bar in Marbella trafen sich, zufällig oder nicht zufällig, zwei Gesellen, die nichts Gutes im Schilde führten. Die normalen Touristen merkten davon nichts. Und auch die Inhaber der Lokale, Hotels und der anderen Geschäfte hatten keine Ahnung davon.
In einer dieser Touristen-Charter-Maschinen aus Hamburg saß an diesem sonnigen Morgen Peter Zwirner. Er war Makler und kam mit einer schwierigen Aufgabe nach Chiclana. Er hatte einen Auftrag eines Russen im Gepäck. Er sollte sich nach Objekten umschauen, die man erwerben konnte. Gewisse Bedingungen und ein gewisser Zustand der Objekte waren Peter Zwirner vorgegeben. Und sein erstes Objekt lag in Sancti Petri, einem Stadtteil Chiclanas. Peter war klar, er konnte alleine hier nichts erreichen. Er war deshalb zuerst einmal auf der Suche nach einem Gegenüber. Ein Makler, der Spanien kannte, der wusste, wie es hier ablief und, das war besonders schwierig, der Deutsch sprach. Denn Peter Zwirner sprach kein Spanisch. Im Vorfeld noch in Hamburg hatte Peter das Internet durchforstet und war dabei auf einen Carlos getroffen. Seine Website war in Spanisch und Deutsch. Und es waren kaum Fehler in der deutschen Sprache. Entweder Carlos hatte Kontakte oder er selbst sprach Deutsch. Nun war Peter nicht auf blauen Dunst nach Chiclana geflogen, sondern er hatte im Vorwege einfach mal bei dem Makler angerufen und um ein Gespräch gebeten. Und er hatte Glück! Carlos sprach Deutsch. Nun wollte er sich an diesen Carlos ran machen und ihn davon überzeugen, künftig mit ihm und seinem Partner zusammenzuarbeiten. Da die Gier bekanntlich das Hirn frisst, rechnete sich Peter gute Chancen bei Carlos aus.
Nachdem er sein Zimmer in einem kleinen Hotel in El Colorado bezogen hatte, rief er vom dortigen Telefon Carlos an. Er verabredete sich mit dem spanischen Makler, ohne ihm zu sagen, wer er war und was er von ihm wollte. Carlos witterte ein Geschäft und sagte zu.
Sie wollten sich am späten Nachmittag in einer Bar in Chiclana treffen. Peter wusste noch nicht genau wo, das ließe sich jedoch schnell herausfinden. Dank dieser kleinen wunderbaren Smartphones bewegte sich Peter schnell und zielsicher in der ihm so fremden Stadt.
Die Bar lag etwas abseits des Stadtzentrums, weil man dort besser parken könne, hatte Carlos ihm erklärt. Er hatte Recht, ein großer Parkplatz lag direkt an der Bar und es standen dort auch schon einige Fahrzeuge, als Peter eintraf. Er schloss seinen Leihwagen ab und betrat die Bar. Einige Köpfe erhoben sich und ein Mann stand auf und kam auf Peter zu.
„Hola! Peter Zwirner? Sind wir verabredet?“, fragte der Fremde.
„Ja! Prima. Ich bin Peter Zwirner. Und Sie sind Carlos? Der Makler?“, hakte Peter nach.
Carlos zog einen Stuhl zur Seite und bat Peter dort Platz zu nehmen. Er stellte sich noch einmal offiziell vor und erklärte, er wäre ein guter und seriöser Makler, der hier seit Jahren erfolgreich arbeiten würde.
Peter wunderte sich, denn er würde sich nie so bei einem Fremden vorstellen. Nur wer nicht seriös wäre, würde es behaupten! Einige Falten bildeten sich auf Peters Stirn, dennoch blieb er natürlich bei Carlos, er hatte ja auch keine andere Wahl. Deutschsprechende Makler gab es hier eben nicht wie Sand am Atlantik!
„Wie kann ich helfen? Worum geht es?“, fragte Carlos und setzte einen Satz hinzu.
„Übrigens, wir duzen uns hier. Also einfach Carlos.“
Peter Zwirner nickte und wunderte sich erneut.
„Ja also, ich suche einen Geschäftspartner. Einen Makler, mit dem ich, besser gesagt, wir, künftig so einige Geschäfte machen können. Ich bin auf Sie, nein, ich bin auf dich getroffen, weil du Deutsch sprichst und ich eben kein Spanisch!“
„Gut. Ich habe einen spanischen Vater und eine deutsche Mutter. Ich lebe jedoch schon immer hier in Chiclana und kenne mich daher sehr gut aus!“
„Prima. Das haben wir geklärt. Ich möchte ein Objekt für einen Klienten in Deutschland erwerben. Es kann 800.000 € kosten. Wir sprechen also nicht von klein-klein. Und du würdest 100.000 € Provision für die Hilfe bei der Abwicklung erhalten. Das ist jedoch erst einmal der erste Auftrag. Es werden weitere Objekte folgen.“
Peter Zwirner machte eine Sprechpause. Es war gut diese Info bei Carlos ankommen zu lassen und er wollte auch beobachten, wie Carlos darauf reagierte. Der Spanier setzte sich aufrecht in den Stuhl, richtete seine Haare mit der linken Hand und holte tief Luft.
„Ja. Damit kann ich was anfangen. Du bist genau an den Richtigen geraten. Das schaffen wir!“, erklärte er, streckte seine Brust hervor und grinste.
Peter Zwirner schaute ganz genau, wie Carlos reagierte, er wusste gerne, wie seine Partner in Job tickten.
„Und hast du Objekte, die für meinen Klienten infrage kommen? Ich habe Vollmacht, das zu entscheiden. Also keine Zeit verlieren. Es gibt doch in Spanien diesen Spruch, morgen geht auch noch, oder so ähnlich. Wenn du mit mir Erfolg haben möchtest, dann geht das nur, wenn du flott arbeitest und dich an unsere Absprachen hältst. Ich brauche einen verlässlichen Partner und meine Partner in Deutschland und in anderen Ländern verstehen keinen Spaß! Haben wir uns da verstanden?“, beendet Peter die kleine Ansprache, von der Carlos schon ein wenig beeindruckt schien.
Er stand wortlos auf, zog aus der Hosentasche einen Geldschein und ging damit zum Tresen. Sie hatten beide einen Espresso getrunken. Dann kam er zu Peter zurück und erklärte.
„Dann sollten wir keine Zeit verlieren, lass uns in mein Büro fahren. Dort zeige ich dir Objekte. Ich habe mindestens drei im Auge, die passen könnten.“
Er nickte Peter zu und verließ die Bar. Zielstrebig ging er zu einem alten Seat und öffnete die Fahrertür.
„Fährst du bei mir mit? Ich setze dich dann hier wieder ab. Dein Wagen steht hier gut und sicher.“
Carlos stieg ein und öffnete die Beifahrertür, damit Peter einsteigen konnte. Ohne weitere Erklärung fuhr Carlos los. Peter bemerkte Carlos Unsicherheit. Spanische Männer können wohl nicht mit klaren Ansagen von Ausländern umgehen, dachte Peter. Er grinste, Carlos bemerkte es glücklicherweise nicht. Er fuhr zügig, jedoch sicher einige Minuten später hielt er vor einem Tor. Er hupte zweimal kräftig, dann wurde das Tor aufgeschoben. Carlos fuhr auf das Grundstück. Sie standen auf einer betonierten Auffahrt. Er schaute auf ein kleines, altes Haus vor dem eine Bank stand. Der Vorbau des Hauses war mit Pflanzen zugestellt. Peter schüttelte sich, er stellte sich gerade vor, wie viele Krabbeltiere sich darin befanden, alle auf dem Weg ins Haus!
„Komm rein. Wir gehen in mein Büro.“
Carlos ging voraus. Schnellen Schrittes, damit Peter nicht so viel zu sehen bekam.
Sie betraten einen kleinen Raum, vielleicht 10 qm, in dem ein Schreibtisch stand. An der Wand war ein Regal angebracht, in dem zahlreiche Ordner standen und es roch stark nach Qualm. Carlos schien ein Raucher zu sein, das bestätigte auch der volle Aschenbecher auf dem Tisch.
Carlos forderte Peter auf, sich auf den Stuhl zu setzen, dem er ihm hinschob. Er selbst hatte sich direkt vor seinen Computer gesetzt. Er schaltete das Gerät ein und beide schauten erwartungsvoll auf den Bildschirm.
„Das dauert etwas. Geht hier nicht so schnell.“
Peter nickte nur und schaute sich im Raum um. Außer einigen Flecken an der Wand und einem gewissen Chaos auf dem Schreibtisch entdeckte er nur noch eine Digitalkamera, die in dem Regal lag. Sicher nutze Carlos sie für seine Objekte, dachte Peter. Endlich war auch der Computer einsatzbereit.
Carlos öffnete einige Seiten und gab dazu Erklärungen ab. Dieses Haus liegt hier, dieses Objekt hat einen Pool, dieses Haus hat das... und so weiter.
„Mir wäre es am liebsten, wir würden hinfahren und uns die Objekte anschauen. Ich weiß was mein Kunde sucht. Bilder reichen mir nicht. Spricht etwas dagegen?“, fragte Peter Zwirner und stand wieder auf.
Er wollte sich hier gar nicht lange aufhalten.
„Ich muss erst Termine machen. Wir können da nicht einfach so hinfahren. Da wohnen Menschen, das macht man hier so.“
„Dann mach das. Ich bin genau eine Woche hier. Dann fliege ich zurück nach Hamburg. Bis dahin muss alles stehen. Sonst war es dein erster und letzter Auftrag.“
Damit ging Peter hinaus und blieb am Seat stehen. Es dauerte einen Moment bis Carlos kam. Sicherlich hatte er erst seinen Computer runter geladen, dachte Peter und schüttelte seinen Kopf. Die Fahrt zurück zur Bar erfolgte schweigend. Als Carlos den Wagen auf dem Parkplatz abstellte, reichte Peter ihm eine Visitenkarte.
„Hier ist meine Telefonnummer. Ruf mich an, wenn du die Termine hast.“
Dann stieg er wortlos aus. Peter wartete bis Carlos abgefahren war, erst dann stieg er in seinen Leihwagen ein. Carlos musste nicht alles wissen. Das war etwas, was ihn seine Geschäftspartner aus Russland gelehrt hatten!
Da Peter an einem Freitag in Chiclana angekommen war, rechnete er nicht damit, dass es für das Wochenende Termine geben würde. Er sollte Recht behalten. Am Montag rief Carlos an und teilte ihm die Besichtigungstermine mit. Zwei für Dienstag und einen weiteren Termin hatte er für Mittwoch gemacht. Peter Zwirner hatte die freien Tage genutzt und sich in der Gegend umgesehen. Es gefiel ihm und er dachte, dass seine Geschäftspartner aus Hamburg genau wussten, warum sie hier investieren wollten.
Am Dienstag hatten sich Carlos und Peter wieder auf dem Parkplatz der Bar verabredet. Für Peter war das sehr praktisch, da sein kleines Hotel nur etwa 10 Autominuten entfernt lag. Er musste praktisch nur die Landstraße geradeaus fahren, dann kam er direkt zum Parkplatz. Carlos begrüßte ihn kurz. Er war sichtlich aufgeregt und redete wie ein Wasserfall. Peter war schon jetzt genervt und als beide im Auto saßen, bat Peter Carlos nicht so viel zu reden. Alles sei in Ordnung. Carlos war erstaunt, geschockt und er schwieg. Damit hatte Peter alles erreicht, was er wollte. Sie besichtigten zwei Objekte, die durchaus in Frage kamen. Bevor sich Peter dazu äußerte, wollte er auf alle Fälle noch das dritte Objekt am kommenden Tag sehen. Carlos fuhr ihn zurück. Und Peter stieg aus.
„Bis morgen!“
Dann fuhr Carlos davon. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. In Gedanken sah er allerdings einen Kontoauszug mit 100.000 €. Dafür ertrug er sehr viel!
Am kommenden Tag hielt Carlos an, Peter stieg ein. Es gab ein kurzes: Hola! Dann schwiegen die Männer. Auch die dritte Besichtigung erfolgte ohne Erklärungen durch Peter. Er sah sich alles an, stellte ab und zu eine Frage. Dann fuhren sie zurück. Auf dem Parkplatz angekommen erklärte Peter:
„Morgen treffen wir und hier um 11.00 Uhr. Dann erfährst du das Ergebnis der Besichtigungen. Und dann können wir weitere Details klären. Bis morgen!“
Peter Zwirner stieg aus und warte wieder bis Carlos den Parkplatz verlassen hatte.
Er stieg in seinen Wagen und griff zum Handy. Er rief Igor an. Mit seinem Handy hatte Peter einige wenige Fotos gemacht, die er Igor geschickt hatte. Und Igor hatte sich entschieden. Er wollte eines der Häuser kaufen. Dabei war ihm die Lage wichtig. Denn eines der Häuser lag etwas abseits von allem. Ein Haus mit Privatsphäre. Eine Zone der Diskretion. In dieses Haus wollte Igor selbst ziehen. Und für alle weiteren Käufe war Igor somit vor Ort und Peter brauchte sein Hamburg nicht mehr zu verlassen. Am Abend aß Peter eine Haxe vom Cordero, also vom Lamm, die ihm der kleine Ober in seinem Hotel empfohlen hatte. Und er hatte es nicht bereut. Es schmeckte hervorragend und Peter dankte die Empfehlung mit einem satten Trinkgeld! Und der Ober dankte es ihm mit einem gratis Schnaps, er erklärte es sei ein RON MIEL, was auch immer das war. Peter zahlte und ging auf sein Zimmer im ersten Stock des Hotels. Hier nächtigten überwiegend Männer, was Peter verwunderte. Er bemerkte dann jedoch, dass es um Handelsvertreter ging, die alle beruflich unterwegs waren und hier häufig abstiegen. Es war also eine gute Adresse!
Am nächsten Tag trafen sich Peter Zwirner und Carlos wieder. An einem Ecktisch in der Bar besprachen sie die Modalitäten der Abwicklung. Carlos würde sein Honorar in bar erhalten. Er war nicht erstaunt und natürlich damit einverstanden. Carlos erstellte einen Vorvertrag, in Spanisch und Deutsch, den Peter für seinen Kunden unterschrieb. Der Termin für die Unterzeichnung des Kaufvertrages beim Notar würde erst erfolgen, wenn Igor in Chiclana angekommen wäre, erklärte Peter Carlos. Der nickte zufrieden und vertraute seinem neuen Partner.
„Künftig wirst du mit Igor sprechen. Er wird dieses Haus kaufen und dort wohnen. Er sucht weitere Objekte. Die Abwicklung wird er dann selbst erledigen. Mit dir. Mach es so wie ich es dir erklärt habe. Igor hat nicht viel Zeit und hat ganz genaue Vorstellungen. Ich würde es bevorzugen, wenn du Objekte hast, ich schreibe dir noch auf, worauf Igor Wert legt, wenn du mir zuerst die Exposees per Mail sendest. Ich treffe dann eine Vorauswahl. Und mit den Objekten wendest du dich dann, nachdem ich dich dazu auffordere, an Igor. So läuft das Geschäft. Und nur so! Haben wir uns verstanden? Du bekommst für jeden Abschluss deine Provision. Die Höhe richtig sich nach dem Kaufpreis. Du bekommst es immer in Bar. Darüber wirst du mit NIEMANDEM sprechen. Haben wir uns verstanden?“, fragte Peter.
Carlos war eingeschüchtert. Er nickte.
„Wenn ich Fragen habe, werde ich mich immer an dich wenden. Und du wirst mir dann sagen, was ich machen soll oder darf. Damit ich keine Fehler mache.“
Genau, dachte Peter, so langsam erkennt Carlos den Weg!
„Meine Geschäftspartner verstehen wenig Spaß und kein Spanisch! Besser gesagt, sie verstehen keinen Spaß und wenig Spanisch. So ist es richtig. Also versaue es nicht!“
Beide verabschiedeten sich und verabredeten sich für den kommenden Tag um den Vorvertrag zu unterzeichnen. Damit war das Geschäft unter Dach und Fach und Peter konnte den letzten Tag genießen und sich auf den Rückflug am Freitag vorbereiten. Endlich konnte er zurück nach Hamburg. Und er wollte auf alle Fälle noch einmal in die kleine Kneipe am Hafen, dort wo sich sein Leben so verändert hatte!
Die Maschine der Condor landete pünktlich auf dem Helmut Schmidt Airport in Hamburg. Peter Zwirner war sichtlich erleichtert wieder heimatlichen Boden unter den Schuhen zu haben! Es hatte ihm in Andalusien sehr gut gefallen, die Verhandlungen mit dem Makler allerdings hatten ihm mehr zugesetzt als die Gespräche mit Igor. Die Spanier tickten anders. Peter konnte sie nicht richtig einschätzen und verstehen konnte er sie schon gar nicht. Das hatte allerdings nicht mit der Sprache zu tun, sondern mit der Einstellung zum Leben und zum Arbeiten. Vor allem zum Arbeiten. Peter nahm ein Taxi und fuhr in sein Büro. Und das war eben auch ein Büro und kein Abstellzimmer in einem altersschwachen Haus. In Spanien schien alles zu gehen, dachte Peter, während er den Anrufbeantworter startete und den PC hochfuhr. Dabei lächelte er, dachte er doch gerade an den Computer, den Carlos sein eigen nannte. Schon für den Nachmittag hatte er sich mit Igor verabredet. Darauf freute er sich und starte nun auch noch seine tolle Kaffeemaschine. Er entschied sich für einen Cappuccino und genoss das Aroma, das sich schnell in seinem Büro verteilte. Die Post war schnell gesichtet, der AB hatte auch keine wichtigen Informationen freigegeben, Peter konnte sich also auf den Nachmittag vorbereiten und dann ins Wochenende gleiten!
Obwohl Peter Zwirner sein Büro in Hamburg - Bramfeld hatte, trafen sich die beiden Geschäftspartner erneut in der Kneipe auf St. Pauli. Es war nicht der Stadtteil in dem sich Peter häufig aufhielt. Der Stadtteil war mittlerweile sowieso eher ein Stadtteil für Touristen als für Hamburger. Mit einigen Ausnahmen, wie man sich denken kann. Dennoch der Besuch in der Kneipe „Zur windigen Ecke“ war für Peter etwas ganz besonderes. Er traf Igor. Seine Zukunft und seine neue Altersversorgung! Während er seinen Wagen parkte, lächelte er und ging die wenigen Meter zur Kneipe. Es war 18 Uhr und einige Besucher standen vor der Tür. Sie rauchten eine Zigarette und lachten laut, Touristen! Peter Zwirner betrat die Kneipe und aus der Ecke kam ein lautes Hola! Verwundert schaute Peter in die Richtung und sah dort Igor sitzen!
„Hallo Igor, mein Freund!“, begrüßte Peter den Russen.
„Ich dachte ich begrüße dich mal mit einem spanischen Wort! Denn das Wort klingt gut. Es klingt nach Geld und Erfolg!“, erklärte Igor und lachte dabei so schmutzig, dass die anderen Gäste erschrocken hochschauten.
Peter Zwirner setzte sich und orderte einen Kaffee. Trude Palm, die Wirtin, erkannte die beiden Gestalten und servierte ihnen schnell den Kaffee und legte einen kleinen Keks dazu.
Was die beiden Männer besprachen konnte keiner der Gäste hören. Beide sprachen leise und achteten genau darauf, dass sich ihnen niemand näherte. Nach weiteren Kaffees und einem Wodka beendeten die beiden nach knapp zwei Stunden ihr Treffen. Igor bezahlte und Trude freute sich erneut über ein wirklich gutes Trinkgeld. Vor der Kneipe verabschiedeten sich die beiden und als sie sich schon einige Meter voneinander entfernt hatte, rief Igor Peter noch einmal zurück. Er überreichte Peter ein kleines Päckchen und bat ihn, es erst im Büro auszupacken.
„Es erklärt sich von selbst. Glaub mir!“, sagte Igor und legte Peter seine große beringte Hand auf die Schulter.
Dann drehte er sich um und winkte ein Taxi heran.
Peter Zwirner ging zu seinem Auto und fuhr zurück in sein Büro nach Bramfeld. Während der Fahrt schaute er immer wieder auf das Päckchen, das er auf den Beifahrersitz gelegt hatte. Er dachte darüber nach, was sich wohl darin befand. Irgendwann kam ihm der böse Gedanke, es könne auch eine Bombe sein! Fast hätte er einen Unfall gebaut. In letzter Sekunde hatte Peter es geschafft, dem Mann auf dem Zebrastreifen auszuweichen. Er atmete tief durch und fuhr langsam weiter. Er hatte sein Büro und seinen Parkplatz erreicht. Vorsichtig nahm er das Päckchen, es war etwa so groß wie ein Buch, wie ein dicker Wälzer, jedoch nicht so schwer. Peter legte seine Aktenmappe auf seinen Schreibtisch und setzte sich. Er nahm das Päckchen und hielt es an sein Ohr! Irgendwie kam sich Peter Zwirner albern vor. Er und Igor wollten weitere, gemeinsame Geschäfte machen. Warum sollte es eine Bombe sein? Peter schüttelte seinen Kopf, so als wolle er sagen: NEIN!
Dann öffnete er den neutralen Karton. Darin lag ein weiterer Karton mit einem eindeutigen Inhalt!
Es war ein neues Handy! Außerdem fand er einen Briefumschlag. Peter zog eine handgeschriebene Notiz hervor und einen 500 € Geldschein. Dort stand in schlechtem Deutsch geschrieben, Peter solle für alle Gespräche mit Igor künftig nur dieses Handy benutzen. Eine SIM-Karte war bereits enthalten und Igors Nummer gespeichert. Das Handy sei abhörsicher und er solle darauf aufpassen, wie auf seine Flasche Wodka! Peter setzte sich zurück und sein Designerbürostuhl wippte etwas nach. Das ist wohl so üblich, dachte Peter und schaute sich sein neues Zweit -Smartphone an. Igor hatte sich nicht lumpen lassen. Das neuste, das beste und das teuerste Handy was gerade auf dem Markt war. Und der Schein extra waren Spesen für seine Kurzreise nach Chiclana. Den Flug hatte Igor sowieso bezahlt, auch den Mietwagen.
Igor würde jetzt seinen Umzug nach Chiclana vorbereiten und in sechs Wochen wäre er dann ein Chiclanero! Gleichzeitig hatte Igor ihn gebeten, Carlos nach weiteren Objekten suchen zu lassen. Es ging zügig weiter. Der Rubel sollte rollen!
Die Zeit bis zum Abflug nach Jerez de la Frontera, dem Chiclana nächstgelegenen Flughafen, verging für Igor wie im Fluge! Der Russe hatte ein Umzugsunternehmen beauftragt, die seine „sieben Sachen“ verpackt hatten und auf einen LKW geladen hatte. Der war bereits auf dem Weg nach Andalusien. Igor freute sich auf das entspannte Leben in Spanien. Peter Zwirner freute sich über weitere Klienten und Abschlüsse. Und Carlos freute sich über das viele Geld, dass in seiner Hand verschwand.
Nachdem Igor sich häuslich eingerichtet hatte, informierte der Russe Peter Zwirner, er könne jetzt weitere Objekte suchen lassen. Carlos erhielt eine Mail und es dauerte gar nicht lange, da kam auch schon seine Antwort. Carlos schickte Peter fünf Objekte. Alle entsprachen den Vorgaben, eines mehr als das andere. Igor würde sich entscheiden müssen. Zwei der Objekte sortierte Peter aus, die lagen zu zentral. Und ein Objekt war in der Raumaufteilung nicht so, wie es Igor gerne gehabt hätte. So schickte Peter Zwirner die beiden Exposees an Igor und warte ab, was er dazu sagen würde. Einige Tage vergingen, dann meldete sich Igor über ihr gemeinsames Handy. Beide Objekte gefielen ihm und er gab seine Zustimmung. Gleich mach dem Gespräch schrieb Peter eine Mail an Carlos. Er solle für die beiden Objekte einen Besichtigungstermin vereinbaren und es dann Igor mitteilen. Carlos bedankte sich sofort bei Peter. Carlos hatte zwischenzeitlich sein erstes Honorar in bar erhalten. Er wusste also, wenn er spurte, dann würde weiteres Schwarzgeld bei ihm landen. Besser ging es nicht. Und einfacher schon gar nicht. Peter hatte Carlos noch einmal eindringlich darauf hingewiesen, dass er Igor keine Fragen stellen durfte. Er solle sich wie ein Schatten verhalten. Still und unauffällig. Igor würde schon sagen, wenn er was wolle!
Eine knappe Woche verging. Dann meldete sich Igor über das Geheimhandy bei Peter Zwirner. Er hatte sich entschlossen beide Objekte zu erwerben. Es war ein Glücksfall, da die Objekte in zwei unterschiedlichen Bezirken der Stadt Chiclana lagen und weit genug auseinander. Peter war froh, denn ehrlich gesagt, hatte er bei der Auswahl der Objekte gar nicht darauf geachtet. Er wusste auch nicht unbedingt mit den Namen der Stadtteile etwas anzufangen. Darum musste er sich kümmern, denn Glück ist nicht immer dabei.
Carlos war hocherfreut. Wenn es so lief, wie beim ersten Abschluss, dann würden gut gerne 150.000 € in seine Hände gleiten!
Igor genoss es. Sein neues Haus war ansprechend und es lag absolut ruhig! Die beiden neuen Objekte würden noch etwas umgebaut werden müssen, dafür hatte er Carlos nach Handwerkern gefragt. Endlich konnte er mal mit seinem Wissen glänzen! Er müsste die Handwerker ordern und auch die Umbauten mit ihnen besprechen. Denn Igor sprach ja kein Spanisch. Für Carlos war das gar kein Problem. Und die Handwerker, hatte er Igor erklärt, würden auch für Bargeld arbeiten. Falls gewünscht!
Der Termin beim Notar erfolgte zeitnah. Die Arbeiten an den Häusern begannen sofort und so konnte Igor sich während der Bauphase bereits um Bewohnerinnen für die Häuser kümmern. Das erlegte er mit einem Telefonat bei seinem Partner in Moskau. Das würde etwa zwei Wochen dauern, dann können die Damen einziehen. Igor war zufrieden. Alles lief nach seinen Vorstellungen und nun würde er sich um eine weitere Aufgabe kümmern.
Carlos hatte ihm einen Kontakt zum Rathaus gemacht. Dort saß ein guter Freund der immer an guten Ideen Gefallen fand. Igor traf sich mit dem Spanier, der eine Freundin mitbrachte. Sie sprach gebrochen Spanisch und kam aus Russland! So stand einer hervorragenden Kommunikation nichts mehr im Wege!
Der Bekannte aus dem Rathaus wiederum hatte einen guten Freund auf der Polizei. Ganz oben, sonst hätte sich Igor nicht mit ihm getroffen. Der Beamte aus dem Rathaus erhielt einen Umschlag und man verabschiedete sich wieder voneinander. Der nächste Termin würde in Puerto de Santa Maria stattfinden. Dort lebte und arbeitete der Chef der Polizei. In drei Tagen sollte das Treffen stattfinden. Und auch für dieses Treffen hatte Igor einen Übersetzer gefunden! Besser gesagt: eine Übersetzerin! Die Freundin des „Rathausmannes“ würde ihn begleiten. Geld machte hier alles möglich!
Das Treffen mit dem Polizeichef verlief, wie erwartet, freundlich und es wurden Visitenkarten ausgetauscht. Bei der Verabschiedung überreichte Igor seinem Gegenüber einen ziemlich dicken Umschlag. Er nahm ihn entgegen und achtete darauf, dass die Übersetzerin es nicht sah. Sie hatte jedoch den Raum bereits verlassen. Sie drückten sich zum Abschluss die Hände und Igor lächelte zufrieden, als er das Haus des Polizeibosses verließ. Er hatte erreicht, was er wollte. Jetzt konnte ihm nicht mehr passieren. Er hatte sich abgesichert und fieberte der Fertigstellung der beiden neuen Häuser entgegen.
Es dauerte dann doch zwei Wochen länger als verabredet, das war in Russland nicht anders als in Spanien, dachte Igor.
Die Ankunft der Damen hatte sich auch verzögert, so passte es wieder.
Nach Fertigstellung der Häuser ging Igor gemeinsam mit Carlos durch die Objekte. Sie waren bereits eingerichtet und es konnte beginnen. Carlos wunderte sich nicht, dass es nur Einzelzimmer mit großen Betten waren. Igor schwieg dazu. Und Carlos hatte gelernt, er fragte nichts und antwortete nur, wenn Igor ihn fragte. Es war ungewohnt, aber für so viel Geld hielt Carlos auch gerne mal den Mund!
Nachdem die Damen eingezogen waren schickte Igor einen sehr guten Freund in die Häuser. Er klärte, wie es hier abzulaufen hatte und war auch für das Geld zuständig. Carlos hatte noch eine Reinigungskraft besorgt, auch sie konnte gut schweigen. Das war in diesem Geschäft eine Grundvoraussetzung. Und so starte das Geschäft ruhig und unauffällig. Jedoch es startete. Und die Damen hatten gut zu tun. Es sprach sich schnell rum bei den Kunden, dass es neue Etablissements in Chiclana gab. Und zuerst gingen die Herren aus Neugier und dann weil es ihnen gefiel. Igor bot eine Treuekarte an. Zehn Besuche bezahlen und der elfte Besuch war gratis. Sozusagen Elf für Zehn! Das gab es bei den anderen Häusern nicht. Igor wusste, wie er sich Stammkunden sicherte. Er war ein alter Fuchs in dem Geschäft. Und was in Russland, in der Ukraine und in Deutschland funktionierte, das klappte auch in Spanien. Jeder freut sich, wenn er Geld einsparen kann!
Circa zwei Monate nach dem Start der beiden Häuser rief Igor Peter Zwirner in Hamburg an. Er solle mit Carlos Kontakt aufnehmen und zwei weitere Häuser zum Kauf suchen. Vielleicht im Nachbarort, oder abgelegen von den ersten beiden Objekten. Peter Zwirner freute sich. Er nahm umgehend mit Carlos Kontakt auf und das Spiel begann von neuem!
Er schaute und sendete Peter Zwirner per Mail Angebote für entsprechende Objekte. Peter Zwirner sondierte. Jetzt achte er auch ganz besonders auf die Lage der Objekte. Sie sollten nicht zu dicht an den ersten beiden Häusern liegen, nicht zu dicht an einem reinen Wohngebiet, nicht zu dicht an Schulen und die Anfahrt sollte nach Möglichkeit diskret erfolgen können. Und es musste vor, neben oder hinter dem Haus ausreichend Platz für parkende Fahrzeuge sein. Die Gäste sollten ja nicht sichtbar auf der Straße parken müssen.
Während Carlos nach neuen und passenden Objekten suchte genoss Igor sein neues Leben. Er hatte sich eine großen Wagen zugelegt, jeder sollte sehen, wer er war uns was er sich leisten konnte. Ab und zu hatte Igor auch eine Schönheit an seiner Seite. Er bevorzugte Damen seines Etablissements, die seiner Sprache mächtig waren. Mittlerweile arbeiteten auch einige Spanierinnen bei ihm. Doch, es gab Besucher, die wollten dabei reden! Dem musste Igor Gehör schenken und so suchte Carlos ihm die entsprechenden Mitarbeiterinnen. Auch diese Damen arbeiten ohne die entsprechenden Papiere, man würde wohl sagen, sie waren Schwarzarbeiterinnen!
Igor genoss es, er freute sich den Schritt nach Spanien gegangen zu sein. Und er freute sich alle drei Tage auf den Besuch seines Freundes Vitali. Seinen Jugendfreund hatte Igor mitgebracht, als er nach Spanien zog. Vitali besaß keine Familie in der fernen Heimat. Und einen Teil seiner Zeit hat er hinter Stäben verbracht, oder wie man anderswo sagte, er hatte eingesessen. Igor kannte den Grund dafür. Es lautete gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge. Heute war Vitali Mitte Fünfzig und seinem Freund Igor sehr dankbar. Hier in Spanien wusste niemand von seiner Vergangenheit und so sollte es auch bleiben. Igor hatte seinem Freund ein kleines Apartment gemietet und einen Wagen gekauft. So konnte Vitali jeder Zeit die einzelnen Häuser abfahren und nach dem Rechten schauen. Er sammelte Geld ein, kaufte für die Damen ein, alles was sie so brauchten. Papiertaschentücher, Duschgel, Lebensmittel und ganz besondere Hygieneartikel, die man (Mann) hier auch im Supermarkt diskret erwerben konnte. Dafür suchte Vitali bei jedem Kauf einen anderen Supermarkt auf, damit es nicht auffiel, wie viele Pakete er kaufte. An einen Großhändler wollte Igor sich nicht wenden, da sich schlaue Köpfe so hätten ausrechnen können, zu welchem Umsatz der Erwerb wohl gehörte! Ja, Igor war ein Fuchs!
Vitali war es egal, wenn ihn die Kassiererinnen und eventuelle Kunden oder Kundinnen an der Kasse musterten. Er sah gut aus, war gut gebaut, in jeder Beziehung, warum sollte er sich schämen über die Mengen, die er auf dem Laufband der Kasse legte. Sollten die anderen Kunden denken, was sie wollten.
Igor nahm das Geld, welches sein Freund Vitali ihm alle paar Tage brachte, geschäftsmäßig und freudig entgegen. Fielen die Einnahmen besonders gut aus, steckte er Vitali immer gerne einen Extraschein zu. Vitali freute sich darüber und Igor dachte sich, dass er so belohnt wurde, alles abzugeben. Es gab keine Buchhaltung, keine Registrierkasse, die die Zahlungen dokumentierte. Alles lief auf Vertrauen. Wenn Vitali da einen Fehler machte, würde sein schönes Leben jäh beendet werden. Das wusste Vitali. Auch er kannte Details über Igor, die hier in Spanien und auch in Hamburg niemand wusste. Sicherlich war das für alle Beteiligten auch besser so.
Die Einnahmen flossen und die beiden nächsten Häuser waren schon in Augenschein genommen. Carlos strahlte und auch er hatte sich nun ein neues Auto gekauft. Wenn auch keinen großen Schlitten, so wie Igor, aber immerhin ein fabrikneues Auto stand jetzt vor seinem Haus im Vorgarten. Peter Zwirner in Hamburg brauchte kein neues Auto. Er fuhr einen sehr schönen Wagen, den er als Geschäftswagen angemeldet hatte. Und die Gelder, die jetzt vermehrt flossen, fanden auch so eine gute Bestimmung.
Ein Jahr nachdem Igor in Spanien angekommen war betrieb er vier Häuser, die alle gut besucht waren. Drei der Clubs waren in Chiclana und das letzte wurde kurz vor Conil in einer von der Hauptstraße nicht einsehbaren Seitenstraße eröffnet. Jetzt wollte Igor erst einmal den Sommer und den Herbst genießen. Und sich die Sonne so richtig auf seinen etwas angewachsenen Bauch scheinen lassen. Es ging ihm gut. Er verdiente mehr als er ausgeben konnte. Er hatte Lust am Leben und wollte dieses auch auskosten.
Peter Zwirner genoss den Alltag. Durch seine Vermittlungsaufträge aus Spanien konnte er gelassener arbeiten, als früher. Er hatte einige Anschaffungen getätigt, Geld war jetzt reichlich vorhanden. Wenn auch schwarzes Geld. Dennoch blieb der Hamburger Makler ruhig und gelassen. Noch war es seinen Freunden und Bekannten nicht aufgefallen, dass Peter Zwirner aus unerklärlichen Gründen auf größerem Fuß lebte. Erst als sein Steuerberater ihn fragte, warum er in den letzten Monaten so wenig neue Abschlüsse generiert hätte, wurde er sich der Gefahr bewusst. Er versuchte es mit einer Art von Jobmüdigkeit zu erklären. Dennoch war ihm schnell eines klar geworden, er musste auf der Hut sein.
Und auch aus einem weiteren Grund war der Makler vorsichtig geworden. Es gab keine Anfragen mehr. Sein neuer Freund Igor war verstummt. Seine Anrufe nahm der Russe nicht entgegen. Mails beantworte er genau so wenig, wie WhatsApp Anfragen. Peter Zwirner machte sich so seine Gedanken. War Igor etwas zugestoßen? Hatte er vielleicht Probleme mit der spanischen Obrigkeit bekommen? Oder steckte eventuell noch etwas ganz anderes dahinter? Seine Gehirnwindungen begannen alle Möglichkeiten durchzuspielen. Von Maffia über einen bestellten Killer, vom Autounfall bis zur Verhaftung wegen Drogenbesitzes. Keiner konnte es wissen. Sicher war nur, Igor meldete sich nicht mehr und es verstrich ein Monat nach dem anderen!