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CHRIS BRADFORD

Chris Bradford: Super Bodyguard 3

DAS FINALE

Aus dem Englischen von

Karlheinz Dürr

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Erstmals als cbj E-Book September 2017
© 2017 der deutschsprachigen Ausgabe
cbj Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
© 2017 Chris Bradford
Die Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel
»Bulletcatcher – Blowback«
bei Barrington Stoke Limited, London
Übersetzung: Karlheinz Dürr
Umschlaggestaltung: Carolin Liepins, München
unter Verwendung der Abbildung von:
© Shutterstock (ArtOfPhotos; NickSorl)
MP · Herstellung: UK
Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
ISBN 978-3-641-20693-2
V002
www.cbj-verlag.de

Inhalt

1Elektra

2Spurlos verschwunden

3Superkräfte

4Die Festung

5Das Jüngste Gericht

6Alarmstufe Rot

7Der Schutzraum

8Der Prozess

9Hinrichtung

10Auferstehung

11In der Schusslinie

12Göttliche Gerechtigkeit

13Der Schutzengel

14Sicherheit und Freiheit

Für Archie, Elizabeth, Magnus und Helen Caithness,

eine wirklich wunderbare Familie

1

IN NAHER ZUKUNFT

War er immer noch kugelsicher?

Troy ließ sich auf das Kissen zurücksinken und schloss die Augen.

Ja, das war die Frage aller Fragen.

Und plötzlich drängte sich mit aller Macht die Erinnerung an das, was in der U-Bahn-Station geschehen war, in seine Gedanken.

Wieder spürte er die blauen Stromblitze in sich einschlagen, spürte, wie ihm die starken Elektroschocks die Haut verbrannten, spürte es so deutlich, als ob er alles noch einmal erleiden müsste. Jeder Nerv, jeder Muskel zuckte unkontrollierbar. Der beißende Gestank seiner versengten Haare stieg ihm in die Nase; sein Mund war staubtrocken und seine Kehle heiser von seinen verzweifelten Schreien.

Nie hätte Troy befürchtet, dass er vielleicht so sterben würde – durch die Hand eines Mädchens, das fast noch ein Kind war, aber ungeheure Kräfte besaß – die Fähigkeit, Elektrizität allein durch ihren Willen zu leiten und zu steuern. Leuchtende Blitze schossen aus ihren Fingerspitzen, hüllten seinen hilflosen Körper in ihren tödlichen Schein. Denn hilflos war er, völlig bewegungsunfähig lag er auf dem steinernen Boden der U-Bahn-Station.

»Hör auf!«, flehte Troy. »Bitte, Elektra, hör auf!«

Zu seiner Verblüffung ließ sie tatsächlich von ihm ab. Die todbringende Spannung fiel sofort ab, als sie die Hände sinken ließ. Troy stöhnte vor Erleichterung, während er sich noch zitternd vor Schmerzen auf dem Bahnsteig krümmte. Wie eine Schlange ihre Beute, starrte Elektra ihn kalt an.

»Tut es weh?«, fragte sie ohne jedes Mitleid.

Troy brachte nur ein schwaches Nicken zustande.

»Gut.« Ihr blasses Mädchengesicht hatte sich zu einer blutrünstigen Fratze verzerrt. Ihre Finger knisterten, als sie einen weiteren lähmenden Stromstoß aussandte. Lichtbögen von hoher Spannungsenergie schossen aus ihren Handflächen.

Troy hatte dem neuen Angriff nichts entgegenzusetzen. Es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Sein eigenes Talent, kugelsicher zu sein, war gegen diese starken Stromschläge absolut nutzlos. Bei jedem neuen Elektroschock brüllte er vor Schmerzen. Es war, als würde jedes einzelne Organ in seinem Inneren zerfetzt; ihm wurde schwarz vor Augen. Seine Körpersysteme brachen zusammen.

»Das reicht, Elektra!«, befahl der Richter.

»Aber er ist noch nicht tot«, protestierte Elektra, ließ jedoch die weißglühenden Hände sinken. Ihre schwarzen Haare mit den violetten Spitzen hatten sich statisch aufgeladen und standen wild in die Höhe.

Troy lag, immer noch zuckend, auf dem Boden; er schwebte irgendwo zwischen Bewusstsein und Bewusstlosigkeit. Und er war nicht mehr weit vom Tod entfernt.

Die schwarz-weiße Januskopfmaske des Richters erschien wie ein Geist vor seinen Augen. Die weiße, grinsende Fratze und die schwarze, weinende schienen sich über Troys Schicksal lustig zu machen und es zugleich zu betrauern.

»Wir wollen ihn ja auch nicht töten«, erklärte der Richter.

Troy hörte die Stimme des Richters wie aus weiter Ferne – ein Echo in einer Höhle.

Neben dem Richter stand ein Junge mit hochgegelten Haaren und riesigen tiefschwarzen Augen: Eagle Eye, der Scharfschütze. Troy hatte ihn bis hierher, in die U-Bahn-Station, verfolgt. Und war ihm so in die Falle gelaufen.

»Warum denn nicht?«, fragte Eagle Eye.

»Dieser Super Bodyguard könnte uns von Nutzen sein«, erklärte der Richter. »Wir brauchen ihn als Boten.«

»Als Boten? Wofür?«, fragte Elektra.

Plötzlich wurde Troy aufmerksam. Er musste unbedingt ihren Plan hören. Er kämpfte gegen den Schmerz an, der ihn fast völlig lähmte – auf gar keinen Fall durfte er jetzt das Bewusstsein verlieren!

»Unsere Mission ist uns von Gott aufgetragen worden: Terminus City von allen korrupten Ratsmitgliedern und Sündern zu reinigen«, erklärte der Richter in salbungsvollem Ton. »Elektra, bevor du mit der Hinrichtung dieses Super Bodyguards angefangen hast, habe ich ihm erklärt, dass wir beabsichtigen, Bürgermeister Lomez und seine Tochter Pandora zu töten.«

»Aber wollen wir das nicht immer noch …?«, unterbrach ihn Eagle Eye.

»Wage es ja nicht, mich zu unterbrechen!«, donnerte der Richter und schlug Eagle Eye mit dem Handrücken hart ins Gesicht.

Der Junge zuckte zurück, verbeugte sich aber unterwürfig.

Der Richter fuhr fort, als hätte er dem Jungen nur leicht den Finger auf die Lippen gelegt, um ihn zum Schweigen zu bringen: »Wenn unser Bote SPEAR unseren Plan mitteilt, wird Medusa alle Super Bodyguards und den gesamten Rest ihrer Sicherheitstruppe zur Villa des Bürgermeisters schicken. Und wenn sie sich dort gemeinsam versammelt haben, können wir sie alle auf einmal ausschalten.«

Der Richter blickte himmelwärts und faltete die Hände zum Gebet.

»Und dann wird unser Werk vollendet sein.«

2

Troy fuhr mit einem Ruck aus dem Schlaf hoch. Sein Herz raste, das weiße Krankenhaushemd war nass vor Schweiß. Er setzte sich in dem schmalen Bett der Krankenstation im SPEAR-Hauptquartier auf, doch sofort begann sich der Raum zu drehen. Er beugte den Kopf weit nach vorn und wartete, bis der Schwindel wieder verflogen war. Dann riss er sich die Elektroden von der Brust, stand auf und öffnete die Tür.

Die unterirdische Zentrale der geheimen Schutzagentur lag in Dunkelheit gehüllt – nur schwache Nachtlampen an den Wänden verbreiteten ihr grün schimmerndes Licht. Es herrschte Totenstille. Das einzige Geräusch war der elektronische Dauerton des Herzfrequenzmonitors neben seinem Bett; rasch sprang er zurück und stellte das Gerät aus.

Troy bemerkte plötzlich, dass er viel zu schnell und zu heftig atmete. Mühsam versuchte er, sich zu beruhigen.

Das war kein Albtraum gewesen. All jenes, woran er sich soeben erinnert hatte, war wirklich geschehen.

Er spürte noch immer die elektrischen Schläge, die wie Peitschenhiebe auf ihn niedergingen, wie Blitze durch seinen Körper zuckten. Schwach und matt, als sei sein innerer Akku erschöpft, schlich er zum Bett zurück und ließ sich wieder auf die Bettkante sinken.

Immerhin war durch den Flashback dieses traumatischen Erlebnisses nun eine Frage geklärt: warum er Elektras Angriff überlebt hatte. Weil ihm der Richter gestattet hatte zu überleben.

Er hatte Troy verschont, um durch ihn eine Botschaft überbringen zu lassen. Eine Botschaft, die bedeutete, dass sich Pandora, ihr Vater und das gesamte Team der Super Bodyguards in tödlicher Gefahr befanden.

Es war eine Falle – und es war seine Schuld, dass sie dabei waren, blindlings in diese Falle zu tappen.

Er musste seine Freunde warnen.

Wieder stand Troy viel zu schnell auf – und schlug mit großem Getöse der Länge nach zu Boden. Seine Beine hatten urplötzlich unter ihm nachgegeben. Er zog sich am Bett hoch, kam auf die Füße und taumelte aus der Krankenstation. Schwankend ging er den Korridor entlang und schaffte es bis in den großen runden Saal, der als SPEARS Besprechungsraum genutzt wurde. Dort sank er auf einen Stuhl. Der Raum war menschenleer; der Hologrammtisch in der Mitte des Raumes war ausgeschaltet.

»Medusa!«, rief er in die Dunkelheit hinein, die nur von den schummrigen Notlampen erleuchtet wurde. »Lennox! Joe! Azumi!«

Keine Antwort. Nur das leise Echo seiner eigenen Stimme.

Troy kämpfte sich am Geländer der Galerietreppe entlang nach oben. Auch der Speisesaal war wie ausgestorben. Der Reaktorraum: geschlossen. Er überprüfte jedes Schlafzimmer, aber alle Betten waren unberührt.

Schließlich machte er sich auf den Weg zum Fitnessraum. Ihr Kampftrainer, Apollo, trainierte oft noch spät am Abend. Troy legte seinen Daumen auf den Scanner und die Tür glitt auf. Eine Gestalt in langer weißer Robe schwebte wie ein Geist in der Dunkelheit. Erschrocken schrie Troy auf, dann erst verstand er, wer die Gestalt war … er erkannte sich in der Spiegelwand kaum wieder. In dem weißen Krankenhaushemd sah er verletzlich und entsetzlich mager aus. Sein Haar war an den Spitzen rußig und versengt, die Wangen waren eingefallen und er hatte dunkle Ringe unter den Augen, wie Blutergüsse nach einem schweren Boxkampf. Er sah aus, als hätte ihm Elektra mit ihren Stromschlägen alles Leben aus dem Körper getrieben.

Troy öffnete die Tür zum Reaktorraum. Aber auch hier war niemand. Wie der Richter vorhergesagt hatte, war vermutlich das gesamte Team in aller Eile zur Villa des Bürgermeisters aufgebrochen, um Pandora und ihren Vater vor den Terroristen zu schützen. Es konnte gar nicht anders sein, nach allem, was Troy Medusa und seinen Freunden über die Begegnung mit dem Richter in der U-Bahn-Station erzählt hatte.

Troy wischte sich den Schweiß von der Stirn, stolperte quer durch den Saal zum Kontrollraum und ließ sich auf den Sitz fallen. Er fuhr den Computer hoch und drückte auf den Sprechknopf.

»Zentrale an Medusa«, keuchte er in das Mikrofon. »Dringende Nachricht. Bitte kommen.«

Er lauschte. Aber der Lautsprecher blieb stumm.

Er versuchte es noch einmal. »Zentrale an Medusa. Kommen!«

Nichts. Seine Fäuste verkrampften sich um das Mikrofon und seine Panik stieg.

»Joe! … Azumi! … Irgendjemand?«

Nichts. Nur leises statisches Knistern …