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Copyright © 2018 Martin Wehrle
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in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
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Umschlag: *zeichenpool
Umschlagmotiv: istockphoto/Ryzhi
Illustrationen: istockphoto/Rhyzhi
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
MZ ∙ Herstellung: IH
ISBN 978-3-641-21125-7
V002
www.mosaik-verlag.de
Inhalt
Vorwort: Haben Sie Mr Hyde gesehen?
1. Firma mit Knall:
Ich bin ein Mitarbeiter, holt mich hier raus!
Mich fragt ja keiner!
Warum Arbeit so oft aus der Kurve fliegt
Wahrer Irrsinn
Beim nächsten Meeting drehe ich durch!
Die Hexenjagd auf Low-Performer
Wahrer Irrsinn
2. Arbeit ohne Grenzen:
Wer hat meinen Feierabend geklaut?
Der Mann, der in seiner Firma schlief
Das Fließband läuft im Kopf
Wahrer Irrsinn
Die Kunst der Selbstausbeutung
Wenn Arbeit alle Deiche sprengt
Der Welpenschutz
Wahrer Irrsinn
3. Führung mit Schnuller:
Bin ich denn hier im Kindergarten?
Willkommen im Mitarbeiter-Gespräch!
Das späteste Feedback der Welt
Wahrer Irrsinn
Meinungsfreiheit mit Maske
Das Arsenal der Motivationskünstler
Mach dich zum Hampelmann!
Wahrer Irrsinn
4. Die Spar-Schweinerei:
Hilfe, mich jagt ein Kostenkiller!
Es fährt ein Zug nach Nirgendwo
Die unfreiwilligen Putzteufel
Wahrer Irrsinn
Und raus bist du!
Wenn das Sparschwein regiert
Kafka und die Puppe
Wahrer Irrsinn
5. Die Lügen-AG:
Warum die Wahrheit bei uns VW fährt (abgasfrei!)
Der Markt heiligt die Mittel
Wir sind keine Gauner – nur ausgeschlafen!
Wahrer Irrsinn
Der Mörder unterm Firmendach
Die VW-Affäre: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!
Wahrer Irrsinn
6. Elefant im Bewerbungszirkus:
Mein Interview mit Irren
Als Bettler im Vorstellungsgespräch
Ein Grabstein namens Stellenausschreibung
Der kleine Übersetzer: Stellenausschreibung – Deutsch
Wahrer Irrsinn
Das Ende der Märchenstunde
Absage mit Holzhammer
Fiese Fehlgriffe: Darum werden die Besten nie eingestellt
Wahrer Irrsinn
7. Die Prozess-Lawine:
Diese Bürokratie bringt mich noch um!
Quartals-Irrsinn: Kapitalismus trifft Planwirtschaft
Das 40-Augen-Prinzip
Wahrer Irrsinn
Ohne Doktortitel geht hier nichts!
Die fünf Flüche der Bürokratie
Wahrer Irrsinn
8. Sklavenfron statt Mindestlohn:
Wie meine Firma mich eiskalt austrickst
Ein Witz namens Mindestlohn
Die zehn Tricks der Gehaltsdrücker-Kolonne
Der höllische Arbeitgeber
Wahrer Irrsinn
Nürnberger Prozesse: So geht’s zu in der Arbeitsagentur
Leiharbeit: Menschenware zum Tiefstpreis
Der Überlassungs-Trick
Wahrer Irrsinn
9. Frauenförderung mit Trick:
Ich werde bevorzugt – beim Kaffeekochen!
Die Schwangerschafts-Spione
Macht die Quote alles schlimmer?
Wahrer Irrsinn
Die verschwundenen Bewerberinnen
Der Zicken-Verdacht
Wahrer Irrsinn
10. Tschüs, Kapitalismus:
Was die Arbeitswelt noch retten kann
Der Fluch der maßlosen Gier
Von Kapitalismus und Kartoffelkäfern
Sechs Richtige, um die Arbeitswelt zu retten
1. Mehr individuelle Abgrenzung
2. Mehr kollektive Abgrenzung
3. Mehr Einfluss für Gewerkschaften und Betriebsräte
4. Mehr Staat und weniger Wildwuchs
5. Mehr Sinnorientierung in den Firmen
6. Mehr Arbeit für Sinn – und weniger für Gewinn
Coaching-Sprechstunde: 45 Mitarbeiter-Fragen aus der Praxis
Weiterführende Literatur
Quellenverzeichnis
Register
Vorwort: Haben Sie Mr Hyde gesehen?
Warum interessiert Sie dieses Buch? Hegen Sie den Verdacht, dass Sie bei der Arbeit durchdrehen? Überprüfen Sie es in nur zwei Minuten. Wie oft stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?
Haben Sie es satt, jeden Tag in Meetings zu sitzen, in denen Arbeitszeit verbrannt und nur eines bewegt wird: die Lippen?
Hat sich Ihr letztes Mitarbeiter-Gespräch – wie oft wurde es verschoben? – mal wieder als »Nullrunde« entpuppt, auch inhaltlich?
Hören Sie pausenlos, dass Mitarbeiter in Ihrer Firma »Mitunternehmer« sind – während Ihr Entscheidungsspielraum nicht einmal zur Bürotür reicht und der Gewinn zuverlässig an Ihnen vorbeirauscht?
Sind die Arbeitsfluten bei knapper Personalstärke so sehr angeschwollen, dass Sie Überstunden aus Notwehr leisten?
Ist Ihr Chef ein Meeting-Nomade, der jeden Flecken auf den Tapeten der Sitzungsräume besser kennt und öfter sieht als seine Mitarbeiter?
Haben Sie als Frau den Verdacht, dass »Chancengleichheit« sich nicht auf Gehalts- und Karrierechancen bezieht, sondern auf Ihren Vortritt beim Kaffeekochen?
Haben Sie als Mann den Verdacht, dass das Ausschöpfen der Elternzeit Ihrer Karriere etwa so sehr dient wie ein aus Ihrer Ecke geworfenes Handtuch beim Boxen?
Gleicht Ihre Arbeit einem bürokratischen Hindernislauf, bei dem Sie stolpern über Richtlinien, Reportings und ähnlichen Käse?
Hat sich das Controlling in Ihrer Firma zum Selbstzweck erhoben und braust wie ein riesiger Mähdrescher über alles hinweg, um zu kürzen, wo nichts mehr zu kürzen ist?
Und wurde Ihnen im Vorstellungsgespräch eine höchstvernünftige Firma präsentiert, die Ihnen nach Ihrem Eintritt so nie wieder begegnet ist?
Wenn Sie ein- bis zweimal genickt haben, drehen Sie nur gelegentlich durch. Wenn Sie drei- bis viermal genickt haben, führt der Irrsinn bereits die Geschäfte. Und wenn Sie öfter bejaht haben, sage ich: Herzliches Beileid – und Kopf hoch, denn Sie sind nicht allein!
Die durchgedrehte Arbeitswelt ist mein Spezialgebiet, als Karriereberater sitze ich an der Quelle: Unzählige Mitarbeiter berichten mir, was wirklich abgeht an ihren Arbeitsplätzen. Dann zerplatzen die Sprechblasen der Firmen-PR. Dr. Jekyll, das freundliche Firmen-Maskottchen, verwandelt sich in Mr Hyde, einen begnadeten Motivations-Killer.
Zum Beispiel hat mir neulich der Industriekaufmann Jan Nidder[1] (34) berichtet, wie er nach drei Wochen Urlaub zurück zur Arbeit kam. Seine Kollegen in dem Energiekonzern freuten sich riesig, auch weil sie in Arbeit fast erstickten (dank Personalkürzungen). Er krempelte die Ärmel hoch und legte los.
Mittags in der Kantine lief ihm sein Chef, ein passionierter Meeting-Bewohner, über den Weg. Er steuerte direkt auf ihn zu und meinte gönnerhaft: »Herr Nidder, sind Sie denn immer noch hier?«
»Immer noch?«
»Der August ist schon fast zu Ende!«
»Wie meinen Sie das?«
»Na, Sie wollten doch in Sommerurlaub fahren. Jetzt wird’s Zeit!«
Fast wäre Nidder das Tablett aus der Hand gefallen: Sein Chef hatte nicht bemerkt, dass er drei Wochen abwesend war! Fortan spielte er mit dem Gedanken, einfach zu Hause zu bleiben: »Vielleicht fällt’s nicht auf. Und ich bekomme mein Gehalt bis zur Rente weiter.«
Wer die Führungsrichtlinien dieses Konzerns liest, dem vermittelt Dr. Jekyll ein ganz anderes Bild: »Wertschätzung«, »Individualität«, »Mitarbeiterorientierung« – es hagelt Führungs-Kuschelvokabeln, die im Alltag nur leere Worthülsen sind. Meine Erfahrung:
Je lauter eine Firma Compliance predigt, desto mehr wird beschissen. Je lauter sie die Gerechtigkeit preist, desto willkürlicher geht es zu.
Ich kenne sogar einen Zulieferer, der eine Richtlinie gegen Bürokratie erlassen hat. Kanonendonner für Pazifismus.
Mein erstes Buch zum Thema, Ich arbeite in einem Irrenhaus, erschien vor sieben Jahren und zerrte Mr Hyde ans Licht. Über 150 Wochen stand es in der Spiegel-Bestseller-Liste, sprang in Titelgeschichten von »Stern«[2] und »Bild«[3] und beförderte mich auf die Talk-Sofas bei »Markus Lanz« und »Maischberger«. Ein großer Erfolg für mich? Inhaltlich leider nicht:
Ich hatte mehr Ehrlichkeit in den Unternehmen gefordert, herausgekommen ist: Diesel-Gate.
Ich hatte mehr Personal gefordert, herausgekommen ist Mainz, wo die Bahn durch Kürzungen »das größte Chaos der Firmengeschichte«[4] verursachte.
Ich hatte gerechtere Löhne gefordert, herausgekommen ist ein Mindestlohn, der mit tausend Tricks umgangen wird.
Ich hatte den Führerschein für Führungskräfte gefordert[5], ans Licht gekommen sind mittlerweile Chefs, denen nicht mal der größte Serienmord der deutschen Geschichte aufgefallen war, obwohl am Arbeitsplatz verübt.
Und ich hatte realistischere Ziele und Termine gefordert, herausgekommen ist der Flughafen Berlin-Brandenburg, wo auch über 2300 Tage (!) nach der geplanten Eröffnung nur eines abgehoben hat: die Selbstüberschätzung der Bauleiter[6] .
Die Wirtschaft boomt, aber die Qualität der Arbeit leidet. Vorgesetzte spielen sich zu Vormündern auf, Überstunden breiten sich wie eine Seuche aus, und Jahres-Endgespräche sorgen für Endzeit-Stimmung. Wer in aktuelle Studien schaut, erkennt mehr denn je den Fingerabdruck Mr Hydes:
Sechs von zehn Mitarbeiter geben an, ihrer Firma nicht zu vertrauen. Die Bezahlung? Finden sie unfair. Die Führung? Finden sie unfähig. Und die Chancengleichheit? Sehen sie als Märchen, das oft erzählt, aber kaum gelebt wird.[7]
Obwohl Rekordgewinne sprudeln und Fachkräfte angeblich fehlen, werden immer mehr Arbeitsplätze zu Schleuderstühlen. Nahezu jede zweite Neueinstellung ist »befristet«, es soll nach Lust und Laune gefeuert werden können. Motto: Frist – oder stirb![8]
Zumindest eine Produktion funktioniert perfekt: die von Albträumen. 80 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer leiden laut einer DAK-Studie an Schlafstörungen. Dabei geben sich die Firmen alle Mühe, ihre Mitarbeiter zu ermüden, aber die 1,8 Milliarden Überstunden pro Jahr wollen als Schlafmittel nicht recht taugen.[9]
In diesem Buch haben Arbeitnehmer aller Branchen ausgepackt, vom Azubi bis zum Manager. Erst lesen Sie, was Beschäftigte durchdrehen lässt – ehe ich Ihnen am Ende erkläre, woran das ganze System krankt. Und wie die Arbeitswelt doch noch zu retten ist.
Ich wette, so manches Erlebnis wird Ihnen verdächtig bekannt vorkommen. Chefdarsteller trifft Mitarbeiter, diese Begegnung endet oft mit leichtem Schwindel. Sie wissen, was ich meine? Dann sind Sie wohl auch schon mal durchgedreht!
P. S. Wenn Sie Durchgedrehtes in Ihrer Firma erleben, schreiben Sie mir gern über meine Homepage www.karriereberater-akademie.de. Wertvolle Tipps zu Karriere- und Bewerbungsthemen bekommen Sie auch über meinen YouTube-Kanal »Martin Wehrle: Coaching- und Karrieretipps«.
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Der Durchdreh-Reim Der Himmel hinterm Firmentor kommt dem, der drin ist, höllisch vor. |
1. Firma mit Knall:
Ich bin ein Mitarbeiter, holt mich hier raus!
In diesem Kapitel erfahren Sie …
warum Kundenfreundlichkeit Sie Kopf und Kragen kosten kann,
warum von zehn Projektterminen mindestens elf ins Wasser fallen,
welche heimlichen Spielregeln dafür sorgen, dass Meetings sind, wie sie eben sind
und wie ein Mitarbeiter zum »Terroristen« wurde, obwohl er doch nur seinen Job machen wollte.