1.Grundlagen
1.1Spannung, Strom, Leistung und ihr Zusammenhang
1.212 V oder 24 V – die richtige Wahl der Bordspannung
1.3Minus und Masse – wo ist der Unterschied?
1.4Galvanische Ströme – was verbirgt sich dahinter?
1.5Kabelarten
1.6Kabelquerschnitte und ihre Berechnung
1.7Schaltpläne lesen und zeichnen
1.8Messtechnik – wie misst man was?
1.8.1Prüfen
1.8.2Messen
1.8.2.1 Gleichspannungsmessung
1.8.2.2 Wechselspannungsmessung
1.8.2.3 Strommessung
1.8.2.4 Widerstandsmessung
1.8.2.5 Diodenprüfung
1.8.2.6 Sicherheitshinweise
2.Schiffsbatterien
2.1Batteriearten
2.2Dimensionierung der Batterie
2.2.1Batterieschaltungen
2.2.1.1 Parallelschaltung
2.2.1.2 Reihenschaltung
2.2.1.3 Reihen-Parallelschaltung
2.2.2Ermittlung der Kapazität
2.3Montage
2.4Wie hält man die Batterie am Leben?
2.4.1Diagnose
2.4.1.1 Spannungsmessung
2.4.1.2 Messung der Säuredichte
2.4.1.3 Messung unter Belastung
2.4.1.4 Messung mit Spezialgeräten
2.4.1.5 Diagnose mit Batteriemonitor
2.4.2Wartung
2.4.3Batterieauffrischer
2.4.4Batterien und Umwelt
3.Ladetechnik
3.1Lichtmaschinen für den Bordgebrauch
3.1.1Gerätevarianten
3.1.2Anschluss der Drehstromlichtmaschine
3.1.3Eine Lichtmaschine für mehrere Batterien
3.2Ladegeräte für den Bordeinsatz
3.2.1Geräte und Kennlinien
3.2.2Auswahl des Ladegerätes
3.3Gleichstromgenerator
3.4 Brennstoffzelle
3.5Solartechnik für den Bordeinsatz
3.5.1Funktion der Solarzelle
3.5.2Kennlinien der Solarzellen
3.5.3Solarmodule für den Bordgebrauch
3.5.4Solarladeregler
3.5.5Auswahlkriterien
3.6Windgeneratoren
4.Das richtige Material für die Bordinstallation
4.1Schutzarten und PG-Verschraubungen
4.2Leitungsverbindung
4.2.1Crimpverbindung
4.2.2Adernendhülsen
4.2.3Steckverbindungen
4.3Verteilung
4.3.1Klemmen
4.3.2Verteilerdosen
4.3.3Sammelschienen
4.3.4Hochstromverteiler
4.4Schalter
4.4.1Schalterarten
4.4.2Batterietrennschalter
4.4.3Batteriewahlschalter
4.4.4Fernbedienbare Schalter (Relais)
4.5Sicherungen
5.Die Arbeiten des Bordelektrikers
5.1Werkzeug
5.2Kabelverlegung
5.3Praxis der Schaltpaneele
5.3.1Zugänglichkeit und Montage
5.3.2Erstellung eines Schaltpaneels
6.Bordnetzwerke
6.1LAN-Netzwerk an Bord
6.1.1Stromversorgung über das Netzwerk
6.1.2Verbindung mit dem Internet
6.1.3Fernzugriff – aber sicher
6.2CAN-Bus
6.2.1NMEA 2000
6.2.2NMEA 0183
6.2.3Vorteile der digitalen Netzwerke
7.Gleichstromverteilung
7.1Struktur des Gleichstromnetzes
7.2Einfaches Gleichstromnetz mit zwei Batteriesätzen
7.3Komfortables Gleichstromnetz mit zwei Batteriesätzen
7.4Komfortables Gleichstromnetz mit drei Batteriesätzen
7.5Gleichstromverteilung über Bussysteme
7.5.1MasterBus
7.5.2CZone auf NMEA-2000-Basis
7.5.3P-Bus
7.6Zentrale Gleichstromverteilung mit Stromstoßrelais
7.7Automation der Bordelektrik im Eigenbau
7.7.1Programmierbares Steuerungsmodul Logo
7.7.2Smart Home an Bord mit Homematic
7.7.3Hardcore-Programmierung und Elektronik im Eigenbau
8.Energiemanagement an Bord
8.1Analyse des Bordnetzes
8.1.1Spannungsmessung
8.1.2Strommessung
8.1.3Batteriecomputer
8.2Lastabwurf
9.Beleuchtung
9.1LED-Technologie
9.2Navigationslichter
9.2.1Montage
9.2.2Der elektrische Anschluss
9.2.3Funktionsüberwachung
9.3Suchscheinwerfer
9.4Decksbeleuchtung
9.5Innenbeleuchtung
10.230 V an Bord – aber sicher
10.1Aufbau des Netzes
10.2Die Gefahr von Elektrounfällen
10.3Normen und Richtlinien
10.4Schutzeinrichtungen
10.4.1Schutzerdung
10.4.2Trenntransformator
10.4.3Fehlstromschutzschalter RCCB
10.4.4Schutzschalter
10.4.5Polaritätsanzeiger
10.5Landanschluss
10.5.1Kennzeichnung
10.5.2Steckverbindungen
10.5.3Landanschlusseinheit
10.6Wechselstrominstallation
10.6.1Einfaches Wechselstromnetz nur mit Ladegerät
10.6.2Das TN-S-Netz
10.6.3Das TN-S-Netz mit Trenntransformator
10.6.4Das TN-S-Netz mit mehreren Spannungserzeugern
10.7Wechselstromgeneratoren
10.7.1Benzingeneratoren
10.7.2Dieselgeneratoren
10.7.3Montage und Betrieb
10.7.4Inverter-Generator
10.8Wechselrichter
10.8.1Wechselrichtertypen
10.8.2Dimensionierung
10.8.3Kombiniertes Power-Paket
10.9110-V-Installationen
11.Motorelektrik
11.1Digitale Motorüberwachung
11.2Analoge Motorbedienung und -überwachung
11.2.1Vorglühen und Starten
11.2.2Stoppeinrichtung für Dieselmotoren
11.2.3Bedienen und Beobachten
11.2.4Warnanlage
11.2.5Der zweite Steuerstand
11.3Elektrischer Bootsantrieb
12.Entstörung und elektromagnetische Verträglichkeit
12.1Reduzierung des Einflusses von elektromagnetischen Störungen
12.2Vermeidung von Störaussendungen an der Quelle
13.Wartung und Fehlersuche
13.1Wartung
13.2Fehlersuche
13.2.1Der Verbraucher arbeitet nicht, obwohl er eingeschaltet ist
13.2.2Der Verbraucher arbeitet, obwohl er ausgeschaltet ist
13.2.3Der Verbraucher arbeitet manchmal bzw. nicht mit voller Leistung
13.2.4Eine Sicherung löst immer wieder aus
Literatur
Register
Vor ca. 25 Jahren ist das Manuskript zur 1. Auflage von Theorie und Praxis der Bordelektrik entstanden. In dieser Zeit hat sich die Bordelektrik grundlegend weiterentwickelt und bietet heute Möglichkeiten, die in der 1. Auflage als Zukunftsvisionen angedeutet wurden. Parallel dazu haben sich die Vorschriften verändert; sie sind heute für Gleich- und Wechselspannungsinstallationen an Bord auf europäischer Ebene harmonisiert.
Der Umfang der elektrischen Systeme an Bord ist kontinuierlich gewachsen, und somit auch die Abhängigkeit vom Bordstrom. Elektrische Pumpen, Bugoder Heckstrahlruder, Ankerwinden, Beleuchtung, Wechselrichter etc. haben einen großen Stromdurst, und dieser muss an Bord erzeugt, gespeichert und verteilt werden.
Für die 7. Auflage wurde dieses Buch erneut vollständig überarbeitet. Sowohl Anregungen der Leser als auch technische Innovationen wurden aufgegriffen und mit vielen farbigen Grafiken veranschaulicht. Um die Zusammenhänge der Bordelektrik nachvollziehen zu können, ist ein Verständnis der Grundlagen erforderlich. Diese werden, nach den einzelnen Themen geordnet, jeweils kurz und bündig zusammengefasst und anhand von zahlreichen Beispielen aus der Praxis erläutert.
Somit lernen Sie Ihre eigene Bordelektrik besser kennen und werden sattelfest in der Diskussion mit Fachleuten.
Die neuen Technologien der digitalen Systeme, der Internetdienste für Schaltpaneele sowie die LED-Technologie bieten spannende Möglichkeiten für das Retrofit der eigenen Anlage sowie die Beurteilung und Handhabung dieser Technologien bei einem Neubau. Durch die Lektüre dieses Buches werden Sie mit diesen Themen vertraut gemacht und bekommen eine gute Basis, um sie selbst an Bord umzusetzen.
Die Zuverlässigkeit der elektrischen Installation ist heute noch wichtiger als in der Vergangenheit. Während klassische Installationen von Dieselmotoren früher komplett ohne Strom betrieben werden konnten, kommunizieren moderne Systeme über Bussysteme. Ohne Strom geht hier nichts mehr; ein Totalausfall der Elektrik auf offener See oder einem Fluss mit viel Berufsschifffahrt kann verheerende Folgen haben. Lesen Sie auf den folgenden Seiten, wie die elektrischen Systeme zuverlässig installiert werden, welche Materialien erforderlich sind und wie man das Sparen am falschen Ende vermeidet.
Die elektrischen Systeme tragen wesentlich zur Sicherheit an Bord bei, bergen selbst aber auch diverse Sicherheitsrisiken. Diese Risiken werden beleuchtet und die erforderlichen Maßnahmen praxisnah beschrieben, um Unfälle zu vermeiden und Vorschriftenkonformität zu gewährleisten.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und noch mehr Spaß bei der erfolgreichen Umsetzung an Bord.
Jens Feddern
Die Bordelektrik kann relativ komplexe Formen annehmen, lässt sich aber auf wenige Gesetzmäßigkeiten zurückführen. Kennt man diese, so sieht man die Planung, Nachrüstung und Fehlersuche mit ganz anderen Augen.
Die Elektrizität ist eine Energieform, die sich relativ einfach erzeugen (z. B. durch einen Generator), speichern (Batterie) und transportieren (Leitungen) lässt. Am Verbraucher wird diese Energie in mechanische Bewegung (Elektromotor), Licht oder Wärme umgewandelt.
Die erste wichtige Größe ist die Leistung, die mit dem Buchstaben P abgekürzt und in Watt (W) gemessen wird. Die Leistung gibt an, wie viel elektrische Energie an einem Verbraucher benötigt wird, z. B. 25 W für eine Positionslaterne, 100 W für eine Trinkwasserpumpe oder 1.000 W für eine Kaffeemaschine. Für die Auslegung der Bordelektrik muss man die Leistung der Verbraucher kennen, denn die dafür erforderliche Energie muss an Bord zur Verfügung gestellt und transportiert werden.
Die Energie wird häufig in Batterien gespeichert. Eine wichtige Kenngröße der Batterie ist die Spannung, die mit U abgekürzt und in Volt (V) gemessen wird. Von der Batterie muss die elektrische Energie zum Verbraucher transportiert werden. Hierfür werden Leitungen verwendet, durch die der Strom mit der Abkürzung I fließt, gemessen in Ampere (A).
Die drei Größen stehen im folgenden Zusammenhang und bilden praktisch das erste Grundgesetz für die Bordelektrik:
Kennt man die Leistung (z. B. vom Typenschild) sowie die Spannung (Batterie), so lässt sich einfach durch Umstellung der fließende Strom berechnen:
Der Strom ist eine sehr wichtige Kenngröße für den Bordelektriker, denn durch ihn wird entschieden, ob die Bordelektrik funktioniert oder in Rauch aufgeht. Kennt man den Strom, so kann man die Leitungen und Sicherungseinrichtungen entsprechend korrekt dimensionieren.
Der elektrische Strom, der durch die Zuleitung zur Positionslampe fließt, erhitzt die dünne Drahtwendel in der Lampe bis zur Weißglut. Die gleiche Stromstärke erwärmt die dicke Zuleitung aber kaum. Demnach hängt die Erwärmung von der Dicke (besser gesagt Querschnittsfläche), der Länge und dem Material der Leitung ab.
Die Erwärmung der Leitung ist ebenfalls eine Form von Energie, die durch den Widerstand der Leitung verursacht wird. Der Widerstand hat den Buchstaben R und wird in Ohm (Ω) gemessen.
Der spezifische Widerstand ist materialbedingt und beträgt für Kupfer z. B. 0,0178 Ω • mm2/m.
Je länger die Leitung wird, desto größer ist der Widerstand, und je dicker die Leitung ist, desto kleiner ist der Widerstand. Die Auswirkungen des Widerstands werden im zweiten Grundgesetz der Bordelektrik deutlich, dem ohmschen Gesetz:
Bei der Spannung handelt es sich um den Spannungsabfall, der an dem Leitungswiderstand abfällt und somit für den eigentlichen Verbraucher nicht mehr zur Verfügung steht.
Je größer der Widerstand ist (d. h. je dünner und länger die Leitung ist) und je höher der Strom ist, desto größer werden die Verluste in den Leitungen.
Die Erwärmung der Leitung durch diese Verluste kann durchaus so groß werden, dass die Isolierung schmilzt und ein Brand verursacht wird!
Im 230-V-Netz zu Hause hat ein Toaster eine Leistungsaufnahme von 1.500 W. Durch die Zuleitung fließt daher ein Strom von ca. 7 A. Für diesen Strom ist ein Kabel mit einer Querschnittsfläche von 0,75 mm2 ausreichend. Im 12-V-Bordnetz entspricht aber der gleiche Strom gerade mal einer Leistung von 84 W! Ein Scheinwerfer mit einer Leistung von 150 W hat bereits eine Stromaufnahme von 12,5 A, der die 0,75-mm2-Leitung überlasten würde.
Abbildung 1–1: Mit der Wärmebildkamera können die Leitungsverluste gut veranschaulicht werden. (TLC Elektronik)
Daraus wird deutlich, dass an Bord dickere Kabelquerschnitte notwendig sind – Materialien für die Hausinstallation können nur bedingt verwendet werden.
Die Gleichspannungsnetze an Bord werden grundsätzlich aus Batterien gespeist, deren Spannung 12 V beträgt. Die Bordnetzspannung kann somit ganzzahlige Vielfache von 12 betragen: 12, 24, 36 oder 48 V.
Aus dem ersten Grundgesetz der Bordelektrik (P = U • I) ist ersichtlich, dass je höher die Spannung ist, bei gleichem Strom mehr Leistung übertragen werden kann und die Spannungsabfälle durch den geringeren Stromfluss kleiner sind.
Die Betriebsspannung der angeschlossenen Verbraucher gibt die Anforderungen an das Bordnetz vor. Viele Geräte aus dem Kfz-Umfeld sind für eine Betriebsspannung von 12 V ausgelegt, daher hat sich dieses Spannungsniveau häufig an Bord etabliert.
Abbildung 1–2: Getaktete Gleichspannungswandler für den Bordbetrieb. (Mastervolt)
In der Berufsschifffahrt sind die Leitungslängen deutlich länger, daher ist hier eine Bordnetzspannung von 24 V üblich.
Ein Vorteil von vielen 24-V-Geräten der Berufsschifffahrt besteht darin, dass sie zum Großteil für den Einsatz an Bord konzipiert worden sind.
Elektrische Großverbraucher bekommen an Bord immer mehr Bedeutung. Ob elektrische Ankerwinde, das Bugstrahlruder oder die elektrische Winsch – sobald diese Geräte eine echte Hilfe sein sollen, äußern sie einen gnadenlosen Durst nach Strom.
Die Auswirkungen auf die Installation sind erheblich, denn das gesamte Material muss für diese Ströme ausgelegt sein: Die Batterie muss in der Lage sein, den erforderlichen Strom abzugeben, die Kabelquerschnitte bewegen sich häufig bei mehr als 100 mm2, die Schalter und Schütze müssen mit dem Abrissfunken der hohen Ströme klarkommen, und der Rotor muss über die Kohlebürsten den hohen Strom aufnehmen. Hier stoßen 12-V-Anlagen sehr schnell an ihre Grenzen.
Elektrische Bugstrahlanlagen in 12 V gibt es bis maximal 5,7 kW. Für höhere Leistungen werden 24- oder 48-V-Systeme installiert.
Die Erzeugung von 230-V-Wechselspannung an Bord über einen Wechselrichter ist heute kein Luxus mehr, sondern fast Standard. Schnell die Espressomaschine anzuwerfen oder mit dem Staubsauger durchs Vorschiff zu saugen, sind Grundbedürfnisse.
Die Kaffeemaschine mit Effizienzklasse A benötigt trotzdem eine Leistung von 1.260 W, was einem Strom von weit über 100 A entspricht, den der Wechselrichter aus der 12-V-Batterie ziehen muss.
Abbildung 1–3: Parallel- und Reihenschaltung von elektrischen Widerständen.
Je höher die Ströme, desto aufwendiger und teurer wird die Installation. Geräte, die mit höherer Spannung betrieben werden, sind in der Regel kostspieliger. Aus diesem Grund werden häufig Mischformen an Bord installiert, z. B. 12-V-Systeme für das »normale« Bordnetz und separate 24-V-Installationen für das Bugstrahlruder und die Maschinenanlage.
Um Geräte mit unterschiedlicher Betriebsspannung im gleichen Netz verwenden zu können, sind elektronische Spannungswandler erforderlich. Es ist nicht zu empfehlen, die 12 V direkt an der Batterie abzuzapfen, da die Batterien damit ungleichmäßig entladen werden und sich ihre Lebensdauer deutlich verringert.
Spannungswandler sollten zusammen mit dem Verbraucher abgeschaltet werden, um Verluste durch Ruheströme zu vermeiden.
Bei der Auswahl geeigneter Spannungswandler bieten sich getaktete Geräte an, die im Vergleich zu linearen Wandlern einen erheblich besseren Wirkungsgrad haben. Während lineare Wandler einen Großteil ihrer Energie in Wärme abgeben, erreichen getaktete Wandler einen Wirkungsgrad von mehr als 90 %. Der Schaltungsaufwand ist bei getakteten Systemen höher, um schädliche Störungen zu minimieren.
Zwei Begriffe, die häufig verwechselt werden, stehen in diesem Abschnitt im Vordergrund. Als Minus bezeichnet man grundsätzlich den negativen Pol einer Spannungsquelle.
Bei der Bordnetzbatterie ist diese der kleinere Anschlusspol. Viele Geräte werden an den Anschlussklemmen mit dem Plus- und Minuseingang gekennzeichnet.
Ganz unabhängig davon ist die Bezeichnung Masse. Im ursprünglichen Sinne ist die Masse nur ein Potenzial, auf das man alle anderen Spannungen bezieht. Daher liegen an der Masse 0 V an. Dies ist nur eine Vereinbarung, um u. a. angegebene Spannungen zwischen den gleichen Punkten zu messen.
In der DIN EN ISO 10133 wird die Masse gleich der Erde des Wasserfahrzeugs gesetzt, und sie bedeutet eine leitende Verbindung (beabsichtigt oder unbeabsichtigt) mit der allgemeinen Erde, einschließlich jedes leitenden Teils der benetzten Oberfläche des Rumpfes.
Tabelle 1–1: SI-Vorsätze für dezimale Vielfache und Teile (Auswahl).
Abbildung 1–4: Massesammelschiene. (BlueSea) Die Massesammelschiene dient als zentraler Erdungspunkt an Bord. Von hier aus werden alle Masseleiter sternförmig zu den Verteilungen bzw. Verbrauchern geführt.
Bei elektrischen Anlagen und Verbrauchern bildet das Gehäuse die Masse. Wir sind es gewohnt, dass der Minuspol an der Masse angeklemmt ist und alle anderen Spannungen auf dieses Potenzial bezogen werden. Das bedeutet, dass man z. B. zwischen dem Pluspol der Batterie und der Masse – sprich dem Rumpf oder dem Gehäuse – eine Spannung von 12 V misst. Viele Geräte haben bereits vom Hersteller aus den Minuspol auf Masse – sprich auf dem Gehäuse. Dies trifft man besonders bei Autoradios, Motoren und Radaranlagen an.
Würde man nun den Pluspol an Masse klemmen, so würde man von einem heftigen Funkenregen überrascht werden, da auf diese Weise ein perfekter Kurzschluss aufgebaut wird.
Wenn schon ein Potenzial an die Masse geklemmt werden muss, dann auf jeden Fall der Minuspol!
Die DIN EN ISO 10133 schreibt entweder ein vollständig isoliertes Zweileiter-Gleichstromsystem vor oder eines mit negativer Masse. Die Betonung liegt hierbei aber auf »Zweileitersystem«, d. h. jeder Verbraucher erhält ein Kabel mit einem Plus- und einem Minusleiter. Der Rumpf des Bootes darf – im Gegensatz zum Kfz – nicht als stromführender Leiter genutzt werden.
Die beste Lösung wäre, die elektrische Anlage komplett massefrei aufzubauen. Das hieße, dass überhaupt kein Potenzial am Rumpf anliegen würde. Dies wäre in der Praxis aber nur mit erheblichem Aufwand zu verwirklichen, da viele Geräte und Motoren bereits den Minuspol auf Masse haben.
Massefreie Anlagen sind z. B. bei Tankschiffen Vorschrift und sollten besonders bei Aluminium-Booten angestrebt werden, um die galvanische Korrosion zu vermeiden. Da viele Geräte und Maschinen für den Bordeinsatz aus der Kfz-Industrie kommen, sind sie grundsätzlich auch für einen Betrieb mit »Minus an Masse« ausgelegt. Massefreie Geräte sind somit fast »Exoten«, zumindest für den Markt der Sportschifffahrt. Mittlerweile werden aber viele Geräte für den Bordeinsatz auch massefrei angeboten, wie z. B. die gesamte Sensorik für die Motorüberwachung und isolierte Lichtmaschinen.
Problematischer wird es beim Anlasser, der in der Regel die Masse am Gehäuse hat. Da dieser den Strom aber nur beim Anlassen benötigt, könnte man den Minusanschluss für die Motormasse im Moment des Startens über einen Leistungsschütz zuschalten. Dieser muss dann aber den gesamten Anlassstrom (mehrere Hundert Ampere) verkraften. Aufpassen muss man beim elektrischen Absteller. Hier kommen zum Teil Ventile mit Masseanschluss zum Einsatz, die während der gesamten Laufzeit des Motors Strom benötigen. Und somit ist die Anlage schon wieder nicht massefrei.
Der Teufel einer massefreien Anlage liegt im Detail, und sobald wir zusätzlich die Erdung der 230-V-Installation betrachten, wird es noch eine Spur schwieriger. Daher wird man häufig einen Kompromiss finden müssen.
Bei massefreien Systemen müssen alle Schalter und Sicherungen grundsätzlich zweipolig ausgeführt werden. Verbraucher, die bereits Minus auf Masse haben, müssen besonders gute Minusverbindungen haben, da sie den Stromkreis sonst einfach über die Masse fortsetzen. An allen Anschlussklemmen können sich mit der Zeit durch Korrosion Übergangswiderstände bilden. Daher müssen die Klemmen regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls gereinigt werden.
Auch die Maschinenanlage muss über eine ausreichende Leitung mit dem Minuspol der Batterie verbunden sein, da besonders hier durch den Anlasser und die Lichtmaschine hohe Ströme auftreten können.
Befinden sich an Bord mehrere Batteriesätze, so müssen die einzelnen Minuspole auf einer Sammelschiene verbunden werden, von der aus die Einspeisung zu den Verbrauchern erfolgt.
Alle geerdeten Geräte an Bord werden mit einem zentralen Erdanschluss mit ausreichendem Querschnitt verbunden. Nach den Vorschriften der Schiffsuntersuchungskommission (SUK) müssen Navigationslichter allpolig abgesichert werden. Auch für die UKW-Funkanlage gelten ähnliche Vorschriften, die besagen, dass sowohl der Plus- als auch der Minuspol abgesichert und abschaltbar sein müssen.
Die Schäden, die durch falsche Minus- und Masseverkabelung entstehen, werden häufig unterschätzt, obwohl diese erheblich sein können – bis hin zum Verlust des gesamten Fahrzeugs. So praktisch eine Kfz-Verkabelung an Land ist, an Bord hat sie nichts zu suchen!
Ende des 18. Jahrhunderts beobachtete der italienische Arzt und Naturforscher Luigi Galvani, dass seine leblosen Frösche, die er auf eine Leine gespannt hatte, bei Regen auf einmal zuckten. Nach genauerer Untersuchung stellte er fest, dass zwei unterschiedliche Metalle, die leitend miteinander verbunden sind und sich in einem Elektrolyten (einer leitenden Flüssigkeit) befinden, einen Gleichstrom erzeugen. Diese Entdeckung prägt noch heute unsere gesamte Bordelektrik, auch wenn wir keine Frösche an Bord haben. Der galvanische Effekt wird zum einen verwendet, um elektrische Energie speichern zu können.
Die andere Seite des Effekts ist die Zersetzung von Metall unter dem Einfluss der Elektrizität. Beim Galvanisieren nutzt man diesen Effekt aus, um eine Oberfläche sehr dünn (0,001 bis 0,05 mm) zu veredeln, z. B. beim Vergolden. Und wie sieht es am Schiff aus? Häufig ist es aus einem Metall (Stahl, Aluminium) oder hat Metallteile (Welle, Propeller, Antrieb), die sich im Wasser befinden. Hier lohnt es sich, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Jedes Metall verhält sich unterschiedlich in einem galvanischen Element. Tabelle 1–2 gibt einen Überblick über die elektrochemische Spannungsreihe.
Tabelle 1–2: Elektrochemische Spannungsreihe. (Mastervolt)
Die unterschiedlichen Metalle haben verschiedene Referenzspannungen. Wenn zwei verschiedene Metalle miteinander kurzgeschlossen werden und sich in einer leitenden Flüssigkeit befinden (Elektrolyt), beginnt ein elektrischer Strom zu fließen. Hierbei werden elektrisch geladene Metallteilchen transportiert. Der Strom fließt so lange, bis das Metall mit dem niedrigsten Potenzial (Spannung) verbraucht ist. Die Abnutzung des Metalls wird galvanische Korrosion genannt. Besonders zu beachten ist, dass der beliebte Werkstoff Aluminium aus galvanischer Sicht einer der unedelsten (–0,9 V) ist und daher geradezu prädestiniert dafür, sich aufzulösen.
Auf einem Schiff gibt es drei Situationen, in denen verschiedene Metalle in einen Elektrolyten getaucht werden. Salzwasser und sogar verschmutztes Frischwasser sind hervorragende Elektrolyten.
Der erste Effekt steht nicht im direkten Zusammenhang mit dem elektrischen System, ist aber dennoch sehr wichtig.
Der Propeller, der z. B. aus Manganbronze (–0,3 V) besteht, ist mit dem Motor über den Propellerschaft und das Getriebe verbunden. Bei einem Stahlschiff liegt die Spannungsdifferenz zwischen Rumpf und Propeller bei 0,3 V (–0,6 bis –0,3 V), bei Aluminium bei 0,6 V. Normalerweise ist das Schiff durch eine Lackierung geschützt. Durch einen Kratzer in der Lackierung kann jedoch ein elektrischer Strom zwischen zwei Metallen, die in einen Elektrolyten (Wasser) eingetaucht sind, zu fließen beginnen, und das unedlere Metall (in diesem Fall der Rumpf) löst sich auf. Die einzige Lösung dieses Problems besteht in der Installation einer Opferanode. Diese Anode besteht in der Regel aus Zink und hat ein niedrigeres Potenzial als Propeller oder Rumpf. Sie wird daher anstelle dieser »geopfert«.
Besonders vorsichtig muss man beim Einsatz unterschiedlicher Metalle unterhalb der Wasserlinie sein. So schön Kühlschlangen, Ruderschaft, Stabilisatoren u. Ä. aus Edelstahl sind, verbunden mit Stahl oder Aluminium im Wasser kann man dort böse Überraschungen erleben.
Abbildung 1–5: Ein galvanisches Element besteht aus zwei unterschiedlichen Metallen mit einer leitenden Verbindung, die sich in einem Elektrolyten befinden.
Abbildung 1–6: Opferanoden aus Zink oder Magnesium werden anstatt des Rumpfes abgetragen.
Abbildung 1–7: Galvanisches Element über den Landanschluss. (Mastervolt)
Im zweiten Fall sind die Batterien die »Schuldigen«. Der Minuspol der Batterie wird normalerweise geerdet, indem der Rumpf mit einem zentralen Erdanschluss verbunden wird.
Wenn andere Minuspole ebenfalls geerdet werden (z. B. vom Motor), kommt es zu kleinen Spannungsunterschieden zwischen den Erdanschlüssen, durch die ebenfalls der oben beschriebene elektrochemische Prozess verursacht wird. Noch schlimmer wird es, wenn man den Rumpf entgegen der geltenden Vorschriften als stromführenden Leiter verwendet. Alle geerdeten Geräte an Bord sollten daher mit einem zentralen Erdanschluss mit ausreichendem Querschnitt verbunden und der Rumpf nicht als stromführender Leiter verwendet werden.
Der dritte Fall steht im Zusammenhang mit der Erdung des Landstroms, durch die ebenfalls Elektrolyse in Form einer galvanischen Korrosion entstehen kann. Der Landstrom wird über eine Stahlstütze im Boden geerdet und ist dadurch mit dem Grundwasser (also auch dem Oberflächenwasser) verbunden. Wenn ein Aluminiumschiff neben einer Stahlwand anlegt oder ein Stahlschiff neben einem Schiff mit einem Bronzepropeller, sind wieder zwei verschiedene Metalle in einen Elektrolyten getaucht und über die Erdung des Landanschlusses verbunden. Hierbei wird aber nicht die rostige Spundwand geopfert, sondern das elektrisch unedle Aluminium in seine Bestandteile zersetzt. Um diesen Effekt zu vermeiden, muss man also die leitende Verbindung über die Erdung des Landanschlusses loswerden. Halt – das grün-gelbe Kabel einfach abzuklemmen, ist nicht die Lösung des Problems! Ohne Erdung funktionieren die Schutzmaßnahmen im 230-V-Netz nicht richtig. Daher empfiehlt es sich, das Landanschlusskabel direkt auszustecken, wenn man es nicht mehr braucht, und den Landanschluss auch nicht während der Abwesenheit eingesteckt zu lassen. Die beste Lösung ist jedoch die Installation eines Isolations- oder Trenntransformators, die in Abschnitt 10.4.2 genauer beschrieben ist.
Bei der Bordinstallation wird zwischen Kabel und Leitungen unterschieden: Leitungen sind grundsätzlich Einzeladern, in einem Kabel sind mehrere Einzeladern zusammengefasst und von einem Mantel umgeben.
Die Leitung oder Ader besteht aus einem festen Draht oder aus vielen Einzeladern (Litzen), die die Leitung flexibel machen.
Starre Leitungen oder Kabel sind nur für feste Verlegung vorgesehen und können daher an Bord nicht verwendet werden. Die dort herrschenden ständigen Bewegungen, Schwingungen und Erschütterungen können zu einem Kabelbruch führen.
Das Kabel wird durch folgende Eigenschaften charakterisiert:
• Anzahl der Leiter (Adern)
• Querschnittsfläche der Leiter
• Material des Leiters
• Einzeldrähte eines Leiters
• Farbe der Leiter
• Material und Art der Ummantelung des Kabels
• Spannungsfestigkeit des Leiters
• Temperaturbeständigkeit des Kabels
In den internationalen Normen für elektrische Gleichstromsysteme (DIN EN ISO 10133) und Wechselstromsysteme (DIN EN ISO 13297) an Bord wird die Auswahl der Leiter an Bord eingeschränkt, denn nach ihr dürfen nur isolierte Litzenleiter aus Kupfer verwendet werden. Zusätzlich muss die Isolierung aus feuerhemmendem Werkstoff sein. Die Mindestquerschnittsfläche beträgt 1 mm2, nur für die Verdrahtung innerhalb einer Verteilertafel dürfen auch 0,75 mm2 verwendet werden.
Abbildung 1–8: Gummischlauchleitung. (SVB)
Beim Refit älterer Installationen hat der ein oder andere Skipper bereits festgestellt, dass das Kupfer in seinen Leitungen nicht mehr rötlich, sondern schwarz ist. Durch Sauerstoffeinfluss hat sich auf den Einzeladern Kupferoxid gebildet. Dieses ist wasserunlöslich, elektrisch leitend und braun bzw. schwarz. Möchte man diesen Effekt umgehen, so bietet sich der Einsatz von verzinnten Kupferleitungen an, die deutlich korrosionsbeständiger sind.
Abbildung 1–9: Verzinnte Einzelader. (SVB)
Kabel, die fest (durch Kabelkanäle geschützt) installiert werden, können mit zweipoligen, einfach isolierten Kabeln durchgeführt werden. Werden die Kabel anderen Einflüssen wie UV-Licht oder mechanischer Beanspruchung ausgesetzt, so müssen diese zusätzlich ummantelt sein. Bei geschützter Installation unter Deck bietet sich PVC-Ummantelung an, für Leitungen an Deck sollte es PUR-Ummantelung sein. PUR-Kabel sind für höhere mechanische und UV-Licht-Beanspruchung ausgelegt und haben eine gute Öl- und Chemikalienbeständigkeit. Bei PUR-Leitungen kommt der Kunststoff Polyurethan zum Einsatz, womit sich eine deutliche Abgrenzung von klassischen PVC-Kabeln ergibt. PUR-Kabel zählen zu den halogenfreien Kabeln, zeichnen sich durch eine gute Widerstandsfähigkeit gegenüber UV-Strahlen, Chemikalien sowie mineralischen Ölen aus und sind aufgrund ihrer gummiähnlichen Eigenschaften überaus dehnbar. Die Verkabelung der Maschinenanlage bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Die elektrische Installation muss für Umgebungstemperaturen von 70 °C dimensioniert werden, und es ist davon auszugehen, dass die Kabel mit Öl, Fett und Lösungsmitteln in Verbindung kommen. Zusätzlich sind die Leitungen, die direkt an die Maschine führen, ständiger mechanischer Beanspruchung und Vibrationen ausgesetzt.
Abbildung 1–10: Ummanteles Kabel mit Abschirmung schützt auch vor mechanischer Beanspruchung. (LAPP Kabel)
PVC als Kabelmantel wird mit der Zeit hart und bruchgefährdet, und die oben genannten Einflüsse beschleunigen den Prozess. Außerdem ist PVC brennbar und sollte daher im Maschinenraum nicht installiert werden.
Für die Verkabelung der Maschine empfiehlt sich feindrahtige, verzinnte Kupferlitze mit Silikonmantel.
Abbildung 1–11: Silikonkabel für die Maschinenverkabelung. (kabeltronik)
Ab einer Querschnittsfläche von 6 mm2 werden die Adern meistens als Einzelleiter ausgeführt, da mehradrige Kabel aufgrund der Dicke an Bord schwer zu verlegen sind.
Abbildung 1–12: Große Querschnitte sind meistens Einzelleiter. (Vetus)
In den oben genannten Beispielrechnungen wurden teilweise erforderliche Kabelquerschnitte von bis zu 100 mm2 ermittelt. Hierbei ist zu beachten, dass man der Versuchung widerstehen muss, den erforderlichen Querschnitt durch das Parallelschalten mehrerer dünnerer Leitungen zu erreichen. Nur bei einer korrekten Absicherung jeder einzelnen Leitung ist dieser Ansatz denkbar, sonst besteht die große Gefahr, dass die gesamte Elektrik samt Boot in Rauch aufgeht.
Für viele Geräte kommen konfektionierte Steuerleitungen zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um Kabel, die bis zu 100 Einzelleiter in einem Mantel vereinen. Je nach Anwendungszweck werden diese Kabel häufig geschirmt ausgeführt, um vor äußeren elektromagnetischen Einflüssen geschützt zu sein. Ist an den Enden bereits ein Stecker befestigt, so erleichtert dies den Anschluss enorm. Bei der Verlegung kann dieser jedoch hinderlich sein. Sollte das konfektionierte Kabel zu lang sein, so muss es nicht zwangsläufig gekürzt werden, sondern kann in großen Buchten mit Kabelbindern zusammengebunden werden. Dies ist besonders hilfreich, wenn man das Gerät zur Überprüfung auch im ausgebauten Zustand anschließen möchte.
Reicht die Kabellänge nicht aus, so lohnt es sich, beim Hersteller nach geeignetem, ebenfalls konfektioniertem, Verlängerungskabel zu fragen. Dort erfährt man auch, welche maximale Länge zulässig ist und mit welchem Kabeltyp ggf. eine Verlängerung durchzuführen ist.
Abbildung 1–13: Koaxkabel. (SVB)
Kabel für die Übertragung von hochfrequenten Signalen (z. B. Antennen) unterscheiden sich grundlegend in Aufbau und den elektrischen Eigenschaften. Der Mittelleiter wird von einem äußeren Drahtgeflecht abgeschirmt. Neben dem bereits bekannten ohmschen Widerstand sind bei diesen Kabeln der Wellenwiderstand, die Dämpfung und die Kapazität von Bedeutung. Diese Größen bezieht der Gerätehersteller in die Berechnungen seiner Schaltungen ein, sodass jedes Gerät mit dem passenden Kabel angeschlossen werden muss. Zusätzlich entnimmt man den Herstellerunterlagen auch die maximale Länge der Kabel und welche Maßnahmen ggf. erforderlich sind, wenn diese an Bord überschritten werden.
Für die Verkabelung der 230-V-Anlage dürfen nur Kabel mit einer Nennspannung von 300/500 V bzw. 300/300 V bei flexiblen Leitungen eingesetzt werden. Grundsätzlich sollten die Leiter an der Farbe ihrer Isolierung erkennbar sein.
Bei den nach DIN EN ISO 10133 und DIN EN ISO 13297 zulässigen Farben für die einzelnen Leiter gelten folgende Regeln:
Die Schutzleiterisolierung der 230-V-Verkabelung muss grün oder grün mit gelben Streifen sein. Keine der beiden Farben darf für stromführende Leiter verwendet werden.
Das gleiche gilt auch für alle Potenzialausgleichsleiter der Gleichstromverkabelung. Hierbei ist aber zu beachten, dass dies nicht die stromführenden Minusleitungen sind!
Weiter gelten für die Verkabelung des Wechselstromnetzes folgende Zuordnungen:
grün/grün-gelb | = Erdung |
schwarz | = Phase |
braun | = Phase |
blau oder weiß | = Nullleiter |
Bei der Gleichstromverkabelung wird es gemäß DIN EN ISO 10133 mit den Farben etwas schwieriger:
Tabelle 1–3: Beispiel einer Leistungsbilanz.
Alle negativen Leiter müssen durch schwarze oder gelbe Isolierung gekennzeichnet sein. Wird die Farbe Schwarz bereits für das Wechselstromnetz verwendet, so muss für den negativen Leiter die Farbe Gelb verwendet werden. Schwarze oder gelbe Isolierung darf nicht für positive Leiter eines Gleichstromsystems verwendet werden. In Wasserfahrzeugen mit Gleich- und Wechselspannungs-Systemen sollte der Gebrauch von braunen, weißen oder hellblauen Leiterisolationen in den Gleichstromsystemen vermieden werden […]
Andere Mittel der Kennzeichnung als Farben für positive DC-Leiter sind er- laubt, wenn diese im elektrischen Schaltplan für das Wasserfahrzeug ge- nau beschrieben sind […] Die Leiterisolation (für den negativen Leiter) darf zusätzlich mit einem Farbstreifen ge- kennzeichnet sein, um den Leiter im System identifizieren zu können.
Eine annehmbare Alternative könnte somit in der zusätzlichen Kennzeichnung des Leiters an ausgewählten Orten mit einer entsprechenden Notiz in den Schaltplänen bestehen.
Die Strombelastbarkeit von Leitern und Kabeln wird von den beiden folgenden Bedingungen bestimmt:
• der höchsten zulässigen Leitertemperatur bei höchstmöglichem Dauerstrom unter normalen Bedingungen und
• der höchsten zulässigen kurzzeitigen Leitertemperatur unter Kurzschlussbedingungen
In die Berechnung des Kabelquerschnittes gehen mehrere Faktoren ein:
• Stromaufnahme des angeschlossenen Verbrauchers
• Länge des Kabels
• zulässiger Spannungsabfall
• Umgebungstemperatur
• maximal zulässige Erwärmung des Leiters
• verwendetes Leitermaterial
Als Erstes fertigt man sich eine sogenannte Leistungsbilanz an, in der alle gängigen Verbraucher aufgelistet werden (Tabelle 1–3). Diese Liste kann man beliebig erweitern, und sie richtet sich natürlich nach dem Ausrüstungszustand des Bootes.
Neben der Leistung, die am Verbraucher abgenommen wird, setzt auch der Kabelwiderstand elektrische Energie in Wärme um. Dadurch besteht bereits am Kabel ein Spannungsabfall, sodass die Spannung am Verbraucher niedriger ist als die eingespeiste. Die Spannungsabfälle dürfen bestimmte Werte nicht überschreiten.
Der Spannungsabfall berechnet sich aus der Stromaufnahme des Verbrauchers und dem Leitungswiderstand, wobei beim Leitungswiderstand die doppelte Länge zu berücksichtigen ist, da die Hin- und Rückleitung einen Widerstand haben.
Der zulässige Spannungsabfall zwischen Stromquelle und Verbraucher ist festgelegt und darf folgende Werte nicht überschreiten:
• 5 % bei Navigationslichtern = 0,6 V im 12-V-Netz bzw. 1,2 V im 24-V-Netz
• 7 % bei sonstigen Verbrauchern = 0,84 V im 12-V-Netz bzw. 1,68 V im 24-V-Netz
Die Formel für den Spannungsabfall kann man nun nach dem erforderlichen Kabelquerschnitt umstellen:
Somit ergibt sich eine vereinfachte Faustformel (für 12-V-Anlagen):
Der gewählte Kabelquerschnitt muss immer größer oder gleich dem errechneten sein, das Ergebnis darf nicht abgerundet werden.
Beispiel:
Die Topplaterne eines Segelbootes mit einer Leistungsaufnahme von 25 W wird mit 12-V-Gleichspannung gespeist. Die Länge der Zuleitung von der Schalttafel bis zum Mast beträgt 13 m. Was für ein Kabelquerschnitt muss gewählt werden?
P = 25 W U = 12 V
nach P = U • I ergibt sich für den Strom:
I = 2,1 A
l = 13 m Ua = 5 %
erforderlicher Leitungsquerschnitt
A5% = (13 • 2,1 : 16,8) mm2 = 1,625 mm2
Gewählt wird der genormte Querschnitt von 2,5 mm2 pro Ader.
Nun kann man noch den tatsächlichen Spannungsabfall an dem gewählten Kabel bestimmen:
Berücksichtigt wurde in diesem Beispiel nur der Spannungsabfall, der von der Schalttafel bis zum Navigationslicht auftreten darf. Dies setzt natürlich voraus, dass die Zuleitung zur Schalttafel so dick ist, dass die bis dort auftretenden Verluste vernachlässigbar klein sind. Von der Schalttafel werden in der Regel fast alle Verbraucher gespeist. Die Stromaufnahme addiert sich sehr schnell:
Ein regnerischer Tag erfordert unter anderem das Navigationslicht, Scheibenwischer, Heizung, Navigationsgeräte und vieles mehr. Die Stromaufnahme kann sehr schnell größer als 25 A sein. Ein Kabel von 10 mm2 würde bereits bei einer Länge von nur 5 m einen Spannungsabfall von 0,4 V ergeben (3,3 %!). Während der Fahrt steigt die Batteriespannung durch das Laden mit der Lichtmaschine auf ca. 14 V an. Dieser Effekt darf bei der Berechnung des erforderlichen Kabelquerschnitts nur bedingt berücksichtigt werden, da Geräte auch am Ankerplatz funktionieren sollen. Zusätzliche Spannungsverluste an Klemmen, Sicherungen und Schaltern berücksichtigt die Berechnung nicht.
Mastervolt gibt in seinem Powerbook eine vereinfachte Dimensionierung der Batteriekabel in einem 12-V-Netz an: Der Durchmesser der Kabel wird errechnet, indem 1 mm2 pro drei Ampere genommen werden. Ein 60-Ampere-Batterielader erfordert also ein Kabel von 60 geteilt durch 3, also 20 mm2, und in diesem Fall sollte die nächste Standardgröße, also 25 mm2 gewählt werden. Diese Regel gilt für Kabel mit einer maximalen Länge von zweimal 3 Metern zwischen Lader und Wechselrichter.
Eine Querschnittserhöhung durch das Parallelschalten von mehreren, dünnen Leitern, ist eine gefährliche Sache. Löst sich nämlich nur eine der Leitungen und verursacht einen Kurzschluss, dann kann es sein, dass der Kurzschlussstrom nicht groß genug ist, um die vorgeschaltete Sicherung auszulösen. Die Leitung wird im wahrsten Sinne des Wortes in Rauch aufgehen und u. U. erheblichen Schaden anrichten.
Werden Kabel im Maschinenraum verlegt (Umgebungstemperatur 60 °C), so muss der in der Tabelle 1–4 angegebene maximal zulässige Strom mit dem Faktor 0,75 multipliziert werden.
Tabelle 1–4: Zulässiger Dauerstrom und Nennstromsicherung. (Germanischer Lloyd)
Schaltpläne erläutern die Arbeitsweise, die Leitungsverbindung, die räumliche Anordnung der Betriebsmittel und deren Zusammenwirken.
Diese Formulierung aus der DIN 40719 trifft den Nagel auf den Kopf. Es ist nicht das Ziel dieses Kapitels, alle interessierten Skipper zu vorbildlichen technischen Zeichnern auszubilden, sondern ein wenig Übersicht in die Elektrik zu bringen.
Fast jeder, der bereits im Bereich der Bordelektrik aktiv gewesen ist, hat auch schon den ein oder anderen Schaltplan angefertigt. Selbst die Skizze auf dem Schmierpapier kann man bereits als Plan ansehen, auch wenn der Kreis der Kenner, die diese Hieroglyphen entziffern können, klein ist.
Daher hat man sich auf eine Reihe von logischen Symbolen geeinigt, die für jeden (fast) unmissverständlich dieselbe Funktion ausdrücken. Dabei lassen diese Schaltzeichen nur die Wirkungsweise, nicht aber den konstruktiven Aufbau der einzelnen Komponenten (oder »Betriebsmittel«) erkennen. Für den Schaltplan ist es nahezu gleich, ob ein Schalter von Bosch oder ETA eingebaut wird, solange die Funktion die gleiche ist.
In diesem Bereich beschränke ich mich auf die einpolige Darstellung, angenähert an die DIN 40717.
Der Vorteil an dieser Vereinbarung liegt darin, dass die Zeichnungen auch von anderen Fachleuten gelesen werden können und man sich selbst auch nach einiger Zeit noch zurechtfindet. Teilweise muss man die vorhandene Technik nach den Plänen anderer an neue Geräte anpassen. Für diesen Fall sollte man die gängigsten Schaltzeichen kennen.
Zusätzlich werden den Symbolen auch Buchstaben beigegeben. Diese verdeutlichen nochmals die Funktion und ermöglichen eine eindeutige Zuordnung. Jeder Schalter hat z. B. einen Buchstaben und eine Nummer, die sowohl im Schaltplan als auch am Schalter selbst auftaucht. Die Nummern für die einzelnen Komponenten werden in sinnvoller Reihenfolge vergeben, wobei eine Doppelvergabe innerhalb einer Schaltung nicht sinnvoll ist.
Ergänzt wird die Betriebsmittelkennzeichnung noch durch die vorangestellte Seitennummer, sodass man einen direkten Bezug zur Blattnummer des Schaltplans hat. Liest man z. B. am Scheibenwischermotor die Bezeichnung 61M2, so weiß man, dass dieser im Schaltplan Nr. 61 dokumentiert und dort der zweite Motor ist. Somit muss man sich bezüglich der Nummernvergabe nur auf ein Blatt konzentrieren, da ab dem nächsten Blatt diese wieder bei 1 startet. Ist dort auch ein Motor verschaltet, so würde dieser die Kennzeichnung 62M1 erhalten etc.
Abbildung 1–14: Aufbau eines Schaltplans.