Feiertagsgeschichten und Legenden

Für Familien und Kinder in Deutschland

Text und Copyright ©: Per Vindeby, 2011

Illustrationen: Lilly Seybold

Covergestaltung: Marina Vindeby

2. Ausgabe 2011

Alle Rechte vorbehalten:

Dieses Buch einschließlich aller seiner Teile und Illustrationen sind urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung, Übersetzung, Vertonung, Verfilmung und die Einspeisung und Verarbeitung in elektronischen Systemen bedarf der Zustimmung des Autors.

Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-8448-6762-6

Ein Buch über die Ursprünge unserer Feiertage
und
wie Feiertagsgeschichten Eltern und Kinder
motivieren

Liebe Leserin, lieber Leser,

Wir haben so viele und interessante Feiertage, die von besonderen Erlebnissen und Wendepunkten in der Vergangenheit herrühren und bis heute auf uns und unserer Kultur einen großen emotionalen Einfluss haben – wie Muttertag, Weihnachten und Silvester.

Wenn Sie dieses Buch lesen, erfahren Sie nicht nur in Form von Geschichten etwas über die heidnischen, christlichen und weltlichen – zum Teil kuriosen - Ursprünge unserer Feiertage; denn jede Geschichte projiziert auch diese Hintergründe in das moderne Familienleben und Sie werden merken, wie sie positiv in der Familie wirken können.

Die Ursprünge reichen oft bis in die Zeit der Germanen und Kelten zurück, also weit mehr als 1000 Jahre, und haben somit schon vor sehr langer Zeit die Menschen bewegt. Stellen Sie sich vor, mit welcher Intensität und Begeisterung wohl die Urvölker zum Beispiel den Frühlingsanfang erlebt haben.

Geschichten spielten schon in der frühen Zeit eine entscheidende Rolle, um Inhalte und Werte zu vermitteln. Und wie Sie vielleicht schon wissen, werden auch heute Geschichten in Form von „Storytelling“ in der modernen Gesellschaft in vielerlei Hinsicht verwendet; wie bei der Bildung und Mitarbeiterführung, zur Motivation, für neue Wege zur Problemlösung und um vorteilhaftere Verhaltensmuster anzunehmen.

Die Geschichten in diesem Buch folgen mit Metaphern, Verschachtelungen (Nested Loops) und besonderen Sprachmustern typischen Strukturelementen des Storrytelling. Außerdem enthalten die Geschichten viele Methoden des NLP (Neurolinguistisches Programmieren), zum Beispiel, um bei Kindern die Kreativität zu erhöhen, Ängste und Nervosität zu lösen oder um die Motivation zu steigern. Und Sie werden erkennen, dass jede Geschichte nur positive Absichten hat.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen, Vorlesen, Nachlesen und vor allem beim Nachdenken.

Für meine Familie

Anmerkung: Viele Hintergründe sind heute oft nicht (mehr) im Detail bekannt und basieren zudem oft auf Legenden und Mutmaßungen. Dabei hat auch die Umwandlung der vielen heidnischen Feste zu religiösen Feiertagen die Ursprünge verwischt. Weiter gibt es auch je nach Region unterschiedliche Bräuche sowie eine zunehmende Vermischung der Kulturen. Und gerade dies macht das Geschichtenerzählen besonders interessant.

Inhalt

Die Familie

Neujahr - Visionen

Heilige Drei Könige - Starkmacher

Weiberfastnacht - Gelassenheit

Valentinstag - Schöne Aufmerksamkeiten

Gründonnerstag - Die Entscheidung zählt

Karfreitag - Zuversicht

Ostersonntag - Alles ist gut

Ostermontag - Bleib d’ran

1. April - Sei auf der Hut

Walpurgisnacht - Nicht immer, wie es scheint

Christi Himmelfahrt - Es geht auch anders

Maifeiertag - Kompromissbereit

Muttertag - Dankbarkeit

Pfingstmontag - Die Fähigkeiten sind da

Fronleichnam - Was glaubst du?

Sonnenwendfeuer - Trau dich

Mariä Himmelfahrt - Kraft der Gedanken

Tag der Deutschen Einheit - Teamgeist

Reformationstag - Neue Wege

Allerheiligen - Die guten Geister

Sankt Martin - Die Berufung

Buß- und Bettag - Wahlmöglichkeiten

Nikolaus - Nur das Gute

Heiligabend - Es gibt mehr, als wir sehen

1. Weihnachtstag - Bedeutende Wendepunkte

Silvester - Die Heilung

Die Familie

Jana, Mark und Nina erleben mit ihren Eltern in Süddeutschland die Feiertage mit Freude, Spaß und Emotionen.

Während sich Jana mit 16 Jahren vor allem um ihre Ziele, Wünsche und Zukunft Gedanken macht, so erlebt der 13-jährige Mark die herausfordernde Zeit zwischen Kindheit und Pubertät. Nina, 7 Jahre alt, genießt den Tag noch recht unbedarft.

Mama und Papa nutzen die manchmal überraschenden Hintergründe der Feiertage geschickt, um jedes Kind in seiner jeweiligen Lebenssituation positiv zu unterstützen und zu motivieren.

Es ist eine glückliche und moderne Familie mit abwechslungsreichen Erlebnissen und auch mit einer Menge Kreativität, um das Familienleben farbenfroh zu gestalten.

Neujahr - Visionen

1. Januar

Gesetzlicher Feiertag

Staatlich; kirchlicher Ursprung, als der Beginn des Kirchenjahres 1691 auf den 1. Januar gelegt wurde

Jana kommt mit einem gelangweilten Blick zu Papa ins Wohnzimmer, der gerade in seinem Lieblingssessel ein interessantes Buch über große Erfindungen liest. Es ist schon Nachmittag und Jana hat immer noch ihren Schlafanzug an. Sie stellt sich stumm neben ihn und wartet kurz, bis Papa von seinem Buch hoch schaut.

„Heute ist irgendwie ein merkwürdiger Tag!“, sagt Jana und schaut dabei Papa unmotiviert an.

Gestern Abend hat Jana wild Silvester gefeiert und heute ist alles wie ausgestorben. Der Rauch vom Feuerwerk ist verflogen und es ist kaum jemand auf der Straße; es ist, als ob die Welt still steht.

„Wieso ist der erste Tag im neuen Jahr immer so langweilig?“, beklagt sie sich und lässt dabei den Kopf hängen.

Papa erkennt nun ihren erwartungsvollen Blick. „Vielleicht ist es gut den heutigen Tag zu nutzen, um einmal ein bisschen in dich zu gehen!“, sagt er mit aufmunterndem Tonfall.

Jana schaut skeptisch und Papa wird noch etwas konkreter. „Du kannst dir ja ein paar Gedanken machen, was du alles im neuen Jahr erreichen willst!“

‚Jetzt ist nicht nur der Tag komisch, sondern auch noch mein Papa’, denkt Jana und schüttelt dabei fast unmerklich ihren Kopf.

Papa merkt, dass sein Vorschlag nicht auf unmittelbare Begeisterung gestoßen ist. Er legt das Lesezeichen auf die aktuelle Seite und klappt sein Buch zusammen.

„Weißt du, auch viel früher waren die Tage zwischen den Jahren für die meisten Menschen eine ganz ungewöhnliche Zeit, vermutlich sogar noch viel merkwürdiger als jetzt für dich. Damals war nämlich die Zeit der Rauchnächte!“

Denn vor über 2000 Jahren benutzten die Menschen in Europa noch einen Mondkalender. Den Vollmond konnten sie immer gut erkennen und so die Monate zählen – ideal, um einen Kalender zu erstellen. Jedes Mal, wenn Vollmond war, war ein Monat vergangen. Vollmond wird es alle 29,5 Tage und nach 12 Monaten waren somit 354 Tage vergangen.

„Das ist ja komisch!“, platzt es aus Jana heraus, denn sie weiß, dass ein Jahr 365 Tage hat.

Papa freut sich, weil Jana so gut aufgepasst hat. „Genau, das war der Haken, es fehlten also jedes Jahr 11 Tage, beziehungsweise 12 Nächte!“ Diese 12 Nächte waren die so genannten Rauchnächte und galten als besonders magisch und unheimlich.

„Es war, als ob die Zeit angehalten wurde!“, sagt Papa. „Und man nannte diese Zeit auch die toten Tage." Janas blaue Augen weiten sich und sie ist ganz gespannt, was jetzt kommt.

„Um böse Geister zu vertreiben, wurden in den Rauchnächten die Häuser und Stallungen mit glühenden Weihrauch ausgeräuchert“, fährt Papa fort. „Das war bestimmt ein fürchterlicher Gestank!“ Er verzieht dabei die Nase und Jana muss bei dieser Vorstellung gleich das ganze Gesicht verziehen.

„Und ich kann mir gut vorstellen, dass die Menschen durch den Qualm völlig benebelt waren und mystische und nebulöse Geister gesehen haben!“, sagt Papa mit einem Lächeln.

Viele Menschen waren davon überzeugt, dass in diesen magischen Nächten die Ereignisse des kommenden Jahres vorherbestimmt wurden. Einige meinten sogar, dass die Tiere sprechen und wahrsagen würden. Außerdem glaubten viele, dass alle Träume, die sie in diesen Rauchnächten träumten, wahr würden.

„Bei so viel Rauch haben die bestimmt die irrsten Sachen geträumt!“, schmunzelt Jana.

„Mag sein, aber sicher kennst du den Brauch, sich Silvester für das neue Jahr etwas Gutes vorzunehmen, wie mehr Sport zu treiben, gesünder zu essen oder mit dem Rauchen aufzuhören!“ Er schaut Jana prüfend an. „Das ist alles ein Überbleibsel von damals.“

Jana zuckt ein bisschen gelangweilt mit den Schultern, verschränkt die Arme und dann wechselt sie ihr Körpergewicht auf den anderen Fuß, so als ob sie ungeduldig auf den Bus wartet.

Bei dem damaligen Mondkalender wäre ohne diese eingeschobenen 12 Rauchnächte der ganze Kalender durcheinander gekommen und nach nicht einmal 20 Jahren hätte der Dezember, also auch Weihnachten, im Sommer gelegen.

„Das ist aber ein blöder Kalender, wenn er nicht zu den Jahreszeiten passt!“, sagt Jana und schaut Papa dabei verwundert an. „Warum haben die nicht einfach die Sonne benutzt, denn davon hängen die Jahreszeiten wie Sommer und Winter ja ab, oder?“

Beeindruckt und nickend spricht Papa weiter. „Das dachte vor 2000 Jahren auch der römische Kaiser Julius Cäsar und führte zack den neuen Julianischen Sonnenkalender ein!“

Egal, wann Vollmond war, nun bekam jeder Monat scheinbar beliebig 30 oder 31 Tage, außer der Februar, der sich mit 28 Tagen begnügen musste. Damit hatten 12 Monate zusammen endlich 365 Tage.

Papa will Jana bei Laune halten. „Wer weiß, vielleicht bekam Julius diese Vision eines neuen Kalenders sogar in den Rauchnächten!“ Jana schmunzelt wieder, diesmal etwas gelangweilt.

Dieser Julianische Kalender hatte über 1500 Jahre Gültigkeit, bis Papst Gregor XII 1582 den Gregorianischen Kalender einführte. Der hatte gegenüber dem Julianischen Kalender eine genauere Berechnung, wann Schaltjahr ist. Denn der Julianische Kalender hatte immer noch einen kleinen Fehler; der Kalender verschob sich alle 130 Jahre um etwa einen Tag gegenüber dem Sonnenjahr, sodass es bis 1582 wieder einen Fehler von etwa 11 Tagen gab - nur diesmal waren es 11 Tage zu viel.

Eigentlich will Papa noch viel mehr über die Kalendereinführung erzählen, dass erst 1691 Papst Innozenz den 1. Januar verbindlich als Jahresanfang festgelegt hat und über die Vorschläge eines völlig neuen Weltkalenders. Aber er hat die Befürchtung, dass Janas Kopf von den ganzen Zahlen gleich zu rauchen beginnt. ‚Vielleicht an einem anderen Tag’, denkt er sich.

„Übrigens!“, ruft Papa nach einer kurzen Pause und reißt Jana damit aus dem Schlummerzustand. „Das Besondere am Rauch ist, dass er sich von alleine wieder auflöst, und plötzlich siehst du ganz klar. Und die meisten Menschen, die erfolgreich sind, haben klare Visionen und Ziele und viele schreiben diese sogar auf!“

Während Jana immer noch dabei ist zu verarbeiten, was Papa soeben gesagt hat, spricht er begeistert und scheinbar unaufhaltsam weiter.

„Einige malen oder kleben auch große Vision-Boards und Ziele-Plakate. Damit haben sie ihre Ziele immer klar vor Augen und werden ihre Wünsche deshalb auch leichter erreichen.“

Papa bekommt plötzlich eine gute Idee. „Wenn du willst, kannst du für deine Wünsche einfach Bilder aus Zeitschriften ausschneiden und auf ein großes Plakat kleben! Das geht ganz schnell, macht eine Menge Spaß und sieht auch noch toll aus. Und wenn du das Plakat so aufhängst, sodass du es jeden Tag siehst, dann werden deine Träume bestimmt auch in Erfüllung gehen!“

Er steht auf und geht zu einem großen Korb, der auf dem Boden neben dem Klavier steht. Darin ist ein Berg aus Zeitschriften, jede voll mit bunten Bildern von schönen Häusern, traumhaften Reisen, schnellen Autos, Gesundheit, tollen Gärten, Tieren in allen Größen, Sport und so weiter.

In Janas Augen flattert langsam Interesse auf und Papa ist nun nicht mehr zu bremsen. „Möglicherweise hast du große langfristige Zukunftsziele“, sagt er und will ihr ein paar Zeitschriften in die Hand drücken.

Da Jana die Zeitschriften nur etwas zögerlich annimmt, denkt Papa kurz nach. „Und vielleicht hast du auch kurzfristige Wünsche und Ziele für das kommende Jahr, zum Beispiel erstklassige Englischnoten, gute Freunde, viele Partys, ein Mopedführerschein, einen netten Freund oder sogar ein Solosingen bei eurem nächsten Musikschulkonzert. Was immer du willst!“

Jana bekommt schon langsam eine genaue Vorstellung, wie ihr Ziele-Plakat aussehen könnte - es ist so, als ob sich der Rauch in ihrem Geist gerade lichtet.

Papa macht wieder eine kurze Pause, weil er sieht, dass Janas Gehirn intensiv arbeitet. „Und sobald du ein Ziel erreicht hast, dann wirst du täglich daran erinnert, dich darüber zu freuen!“

Jana legt die Zeitschriften wieder in den Korb und geht zielgerichtet zum Computer, der in der Ecke im Wohnzimmer steht. Sie beginnt wild zu tippen und hektisch mit der Maus herumzufahren.

„Nanu, was passiert jetzt?“, wundert sich Papa halblaut und er hat das Gefühl, dass die Maus durch Janas hektischen Bewegungen gleich heiß läuft.

Jana ist etwas ungehalten. „Mir fallen gerade so viele tolle Wünsche ein, und als erstes suche ich ein Bild von einem schönen schwarzen Pferd!“ Papa weiß, Jana liebt Reiten und sie wünscht sich schon seit Jahren ein eigenes Pferd.

„Papa, natürlich hole ich mir die vielen Bilder für mein Ziele-Plakat aus dem Internet. Das geht viel schneller!“ Während sie spricht, bleiben ihre Augen auf dem Bildschirm fixiert.

‚Logisch’, denkt Papa lächelnd und auch überrascht, ‚hätte ich auch d’rauf kommen können!’

„Das wird soooo cool!“, ruft Jana kurz darauf begeistert. „Und wenn ein Wunsch in Erfüllung gegangen ist, male ich ein schönes rotes Herz darum!“

„Nun, da bin ich ja gespannt, wie viele von deinen tollen Zielen du dieses Jahr erreichst!“, sagt Papa freudig.

Heilige Drei Könige - Starkmacher

6. Januar

Gesetzlicher Feiertag in Baden Württemberg, Bayern und Sachsen-Anhalt

Christlich; Verkündung Jesu durch die Heiligen Drei Könige

Heute ist Heilige Drei Könige und Mark ist froh, dass dieser Tag ein Feiertag ist. Nicht nur, weil er deshalb schulfrei hat, sondern auch, weil Papa zu Hause ist. Mark geht wortlos zu ihm in die Küche, wo Papa sich gerade einen starken Espresso macht. Papa merkt sofort, dass Mark etwas bedrückt wirkt.

Das liegt daran, dass Mark heute bei fremden Leuten in der Nachbarschaft läuten und sie sogar ansprechen soll, auch Frau Grimm, die ihn immer so grimmig anschaut. Und sogar bei Herrn Kern, der immer noch sauer auf ihn ist, weil Mark im letzten Frühling mit seinen besten Kumpeln beim Fußballspielen aus Versehen den Ball in Herrn Kerns Blumenbeet schoss. Dabei wurden die Köpfe der schönen großen Stern-Tulpen wie Sternschnuppen hoch in die Luft katapultiert.

Seitdem bekommt Mark immer ein unangenehmes Gefühl im Bauch, wenn er an Herrn Kern denkt, ja, und manchmal sogar, wenn er nur eine Tulpe sieht.

„Ich weiß gar nicht, ob ich heute wirklich bei den Leuten klingeln will!“ Mark schaut dabei Papa fragend an.

Papa weiß, was Mark heute vorhat und erwidert in einem mitfühlenden Tonfall: „Vielleicht denkst du nur, dass du nervös bist, und ich würde niemals von dir erwarten, dass du das tust!“

Vielleicht hatten die drei weisen Könige Kaspar, Melchior und Balthasar aus dem Morgenland vor 2000 Jahren ein ähnliches Gefühl im Bauch, als sie plötzlich eine ungewöhnlich große Sternschnuppe sahen, die sich auf wundersame Weise langsam über den Himmel bewegte. Je länger sie den Stern beobachteten, desto mulmiger wurde es ihnen.

„Einen solchen Stern habe ich noch nie gesehen!“, sagte der eine mit zitternder Stimme, während er auf den Stern deutete. „Vielleicht hat das was Schlimmes zu bedeuten?"

Sie waren zugleich zu ängstlich, um dem Stern zu folgen und zu neugierig, um es nicht zu tun. Nach langem Zögern sagte der mutigste: „Lasst uns dem Stern folgen, denn wir sind schließlich Könige und haben nichts zu befürchten!“ Und sie machten sich auf den Weg, obwohl er sie in eine fremde Gegend führte.

Die Könige waren schon mehrere Tage gegangen, als plötzlich eines späten Abends der Stern am Himmel stehen blieb, direkt über einem kleinen Stall im Ort Bethlehem. Der Stall war hell erleuchtet, was sehr ungewöhnlich war. Draußen vor dem Stall standen Hirten mit ihren Tieren.

„Habt Mut", kam eine milde Stimme aus dem Stall, „kommt nur herein!“

Und da sahen die drei Könige ein junges Paar und ein Neugeborenes. Das kleine Kind lag in einer Futterkrippe, welche eigentlich für die Stalltiere gedacht war.

Obwohl sie Könige waren, näherten sie sich vorsichtig und voller Ehrfurcht. Denn langsam wurde ihnen bewusst, dass es das Jesuskind war, der Sohn Gottes.

„Vielleicht hat es ihnen ein Engel geflüstert!“, meint Papa mit leiser Stimme, so als ob niemand anderes es hören soll.

Voller Freude beschenkten sie das Kind mit ihren wertvollsten Schätzen: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Sie waren sehr dankbar, dass sie ihren gesamten Mut zusammen genommen hatten, um dem Stern zu folgen. Und den gleichen Mut spürten sie auch jetzt, als sie sich auf den Weg in die Welt machten, um die frohe Botschaft der Geburt Jesu zu verkünden.

Mark hat diese Geschichte von Maria und Joseph und dem Jesuskind schon oft gehört und trotzdem, oder gerade deshalb, findet er sie jedes Mal wieder schön.

Und genau wie die drei Könige aus dem Morgenland soll Mark mit seinen zwei besten Freunden heute Abend als Sternsinger die Menschen an Jesus erinnern. Sie läuten bei allen Nachbarn, erzählen von Jesus Geburt, bitten um eine Gabe und segnen das Haus. Und nach der Geschichte von Papa geht es ihm schon besser.

„Übrigens, Mark, mir ist gerade aufgefallen, dass du deinen Pullover falsch rum an hast.“ Mark wundert sich, und tatsächlich, das kleine Etikett des Pullovers sitzt an seinem Hals. Mark nimmt die Arme aus den Ärmeln, dreht den Pullover einmal um den Hals und steckt die Arme wieder in die Ärmel. ‚Das fühlt sich doch schon viel besser an!’, denkt er sich.

Während Papa seinen Espresso trinkt, geht Mark auf sein Zimmer. ‚Wenn nur die Geschichte mit Herrn Kern nicht wäre …’, denkt Mark wieder und bekommt dabei erneut das unbehagliche Gefühl in der Bauchgegend – obwohl schon viel schwächer.

Um die Häuser zu segnen, hat Mark auch ein Räuchergefäß mit Weihrauch – ein Brauch, der schon sehr viele Jahre zurückgeht. ‚Lass mich das lieber vorher ausprobieren, ob es überhaupt funktioniert’, denkt er und bringt den Weihrauch mit Feuer in seinem Zimmer zum Qualmen.

Plötzlich kommt Papa aufgeregt ins Zimmer gerannt. „Himmelherrgott, willst du uns denn ausräuchern?“, fragt er entsetzt und fuchtelt wild mit den Armen – zuerst hoch in der Luft und dann vor seinem Gesicht, so als ob er den Rauch wegwedeln will. Und als er sieht, was los ist, fährt er fort. „Na, da werden die Leute sicherlich böse, wenn du bei denen so einen Gestank machst. Außerdem sind die 12 Rauchnächte seit letzter Nacht vorbei!“

Papa verlässt wieder das Zimmer und schüttelt dabei mit einem erleichterten Lächeln den Kopf.