Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Edition Raumfahrt

© 2013,2016 Bernd Leitenberger

http://www.raumfahrtbuecher.de

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

2.te Auflage 2016

ISBN-13: 978-3-74121-544-5

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Dieses Buch entstand aus meinem Buch „Raketenlexikon 1 – US Trägerraketen“. Es entwickelte sich für mich zu einem Buch, indem ich selbst nachschlug. So kam der Wunsch auf, eine noch vollständigere Übersicht verfügbar zu haben. Weiterhin habe ich Träger, die vorher zusammenfasste, da sie nur unterschiedliche Oberstufen einsetzten, in eigene Datenblätter ausgegliedert.

Ich wollte auch die Träger einfügen, die zwar niemals eingesetzt wurden, aber deren Einsatz ernsthaft untersucht wurde und für die es genügend technische Angaben gab. Neu ist auch ein Kapitel, über die Weltraumbahnhöfe der USA und ein Abkürzungsverzeichnis.

Neu sind technische Daten zu den Triebwerken. Dies habe ich nun nachgeholt, genauso wie eine Einführung in die verwendeten Treibstoffe, die Förderung, eine Erklärung der verschiedenen Bahnen und ein Abkürzungsverzeichnis. Durch die genauere Beschreibung der Triebwerke stellt sich nun die Frage, wo dies erfolgen soll. Ich habe mich entschlossen dies bei Triebwerken, die evolutionär geändert wurden, jeweils bei der Beschreibung der Grundrakete, also des ersten Modells einer Familie zu tun. Wenn ein neues Triebwerk eingeführt wurde, so wird es besprochen bei dem Modell, bei dem die Einführung erfolgte. Das Buch soll zum einen ein Nachschlagewerk sein, zum anderen auch „in einem Rutsch“ durchgelesen werden können. Ich hoffe ich habe mit der Aufteilung der Daten und der Ergänzung durch Entwicklungs- und Einsatzgeschichte einen guten Mittelweg zwischen diesen sich widersprechenden Forderungen gefunden.

Die Startlisten stammen von Jonathan McDowell's Space Report. McDowell betreibt die wohl umfangreichste Website zu diesem Sachgebiet. (http://www.planet4589.org/space/). Ich habe die Daten extrahiert und mit einem selbst geschriebenen Computerprogramm formatiert und daraus auch Grafiken erstellt. Die Einstufung eines Erfolgs ist subjektiv: So kann eine Bahn erreicht worden sein, aber nicht der Geplante. Jonathan McDowell stuft zumeist Starts als erfolgreich ein, wenn eine Umlaufbahn erreicht wurde. Ob dieser der gewünschte Orbit ist, bleibt dabei offen. Ergänzt wurde das Buch durch Skizzen und Diagramme, welche den Aufbau und die Abmessungen von Stufen deutlicher machen, als eine Beschreibung und weitere grafische Statistiken. Viele Diagramme der Raketen stellte Norbert Brügge zur Verfügung, die er für seine Website http://www.b14643.de erstellt hat.

Die technischen Daten habe ich, soweit dies möglich war, aus originalen Launch Presskits entnommen, oder bei neueren Raketen aus der aktuellen Version des Users Guide. Zumindest bei den Launch Presskits gelten diese dann für den beschriebenen Start. Für zahlreiche historische Träger ist dies leider die einzige heute noch verfügbare Information. Die benutzten Informationen habe ich am Ende des Artikels als Referenz angefügt. Die wichtigste Quelle war der NASA Technical Report Server http://ntrs.nasa.gov/search.jsp. Für von der NASA benutzten Trägern finden sich hier zahlreiche Daten. Das gilt leider nicht für militärische genutzte Raketen wie die Thor, Titan III oder Minotaur. Bei den neuen Typen, die nun von der Privatwirtschaft entwickelt wurden, ist man auf die Users Manuals angewiesen, die oft viele Fragen offen lassen.

Zum Schluss muss ich aber auch um Verständnis bitten – für das Layout. Das Buch umfasst insgesamt über 1,4 Millionen Zeichen, bei Band 1 des Raketenlexikons waren es noch 559.000. Beim selben Layout wäre dieses Buch 1.000 Seiten dick. Damit es erscheinen kann, (Begrenzung auf maximal 700 Seiten) habe ich Abstände, Ränder und Schriftgrößen verkleinert und den Platz bestmöglich ausgenutzt. Das hat sich natürlich im Aussehen des Buches niedergeschlagen, das dadurch optisch nicht brillieren kann.

Grundlagen

Dieses Buch soll kein Lehrbuch für Raumfahrttechnik sein. Ich denke aber, eine kleine Einführung in die Grundlagen wie Raketentriebwerke funktionieren, ist auch wichtig für ein Nachschlagewerk um das Lesen der folgenden Seiten zu erleichtern. An dieser Stelle daher eine Einführung die Funktionsweise von Antrieben, Treibstoffen und die wichtigsten Bahnen.

Treibstoffkombinationen

Flüssiger Sauerstoff (LOX – Liquid Oxygen) ist eines der stärksten Oxidationsmittel (Oxidator). Die Verbrennung von Sauerstoff mit dem Schweröl Kerosin, in den physikalischen Eigenschaften vergleichbar mit Heizöl, ist die älteste, heute noch verwendete Treibstoffkombination. Die als Raketentreibstoff verwendete Kerosinfraktion (der Name steht für eine Erdölfraktion mit hohem Siedepunkt) wird als RP-1 (Rocket Propellant 1) bezeichnet. RP-1 wird durch die Destillation des Treibstoffs JP-4 für Düsenflugzeuge erhalten. Dadurch erhält man die Fraktion mit dem höchsten Siedepunkt und der höchsten Wärmekapazität (wichtig für die Kühlung von Brennkammern)

Die Kombination von Sauerstoff und Kerosin ist ungiftig, Sie gehört zu den mittelenergetischen Treibstoffen. Obwohl Sauerstoff nur bei Temperaturen unter -183 Grad Celsius flüssig bleibt, ist er dennoch gut handhabbar. Kerosin eignet sich gut zur Kühlung der Brennkammer und Düse, da es über einen größeren Temperaturbereich flüssig bleibt und beim Erhitzen nicht zerfällt.

Auch heute noch werden neue Trägerraketen entwickelt, die LOX und Kerosin einsetzen, wie die Falcon, Angara oder Antares. Die Kombination gilt auch als relativ umweltfreundlich, obwohl Kerosin als Erdöl-Derivat bei seiner Freisetzung das Grundwasser belastet. Kerosin ist jedoch nicht so giftig wie Hydrazin und nicht so ätzend wie Stickstofftetroxid. Der Sauerstoff verdampft bei der Freisetzung einfach.

Stöchiometrie

Reagieren zwei oder mehrere Stoffe miteinander, so bezeichnet das stöchiometrische Verhältnis das Gewichtsverhältnis, bei dem eine vollständige Umsetzung der Reaktionspartner erfolgt. So beträgt die Atommasse von Wasserstoff 1, die von Sauerstoff 16. Bei der Reaktion

2 H + O → H2 O

reagieren bei stöchiometrischer Umsetzung zwei Atome Wasserstoff mit einem Atom Sauerstoff. Das stöchiometrische Verhältnis beträgt also 2 × 1 zu 16 oder 1 zu 8. Ist es höher, so wird ein Teil des Sauerstoffs nicht umgesetzt. Ist es niedriger, wird ein Teil des Wasserstoffs nicht umgesetzt. Bei Raketentreibstoffen ist das Letztere der Normalfall.

Der spezifische Impuls im Vakuum erreicht je nach Druck und Mischungsverhältnis etwa 3100 bis 3300 m/s. Etwas höhere Werte werden beim Verbrennen von Methan erreicht. Da es jedoch nur eine niedrige Dichte und einen niedrigen Siedepunkt aufweist, stellt es an die Technik ähnliche Anforderungen wie flüssiger Wasserstoff, ohne dessen hohen spezifischen Impuls aufzuweisen. Trotzdem wird derzeit am Einsatz von Methan geforscht. Da das Kerosin im Überschuss eingesetzt wird (LOX / Kerosin = 2,5 bis 2,8; das stöchiometrische Verhältnis beträgt 3,5 bis 3,8), entsteht bei der unvollständigen Verbrennung Ruß. Dieser Ruß färbt die Flamme des Triebwerks orange-rot und ist beim Start manchmal als Rußwolke sichtbar.

Stickstofftetroxid (englisch Nitrogentetroxid – NTO, eigentlich Distickstofftetroxid) ist das gemischte Anhydrid der Salpetersäure und der salpetrigen Säure. Anders als flüssiger Sauerstoff ist NTO bei 20°C flüssig. Eine besondere Eigenschaft von Stickstofftetroxid ist, dass es sich mit Hydrazinen spontan entzündet. Derartige Kombinationen werden als „hypergol“ bezeichnet. Das vereinfacht die Konstruktion eines Antriebs, da eine Zündvorrichtung überflüssig ist. Antriebe können durch gleichzeitiges Öffnen der Ventile beliebig oft erneut gestartet werden.

Die Lagerfähigkeit von Stickstofftetroxid und Hydrazinen führte dazu, dass sie bei militärischen Raketen eingesetzt wurden. Aus dem gleichen Grund sind sie die Standardkombination für Satellitenantriebe. Der große Nachteil ist ihre Giftigkeit. Stickstofftetroxid ist ätzend und bildet mit Wasser Salpetersäure.

Alle Hydrazine sind stark fischgiftig und schwer abbaubar. Aus diesem Grund wird diese Kombination heute für die ersten Stufen nicht mehr eingesetzt. Es werden drei Varianten dieses Treibstoffs eingesetzt:

Charakteristisch bei Zündung eines Triebwerks mit Stickstofftetroxid als Oxidator ist eine braune Wolke. Bei Treibstoffen, die bei Kontakt zünden, muss die Entstehung eines explosiven Gemisches vermieden werden. Dies wird bewerkstelligt, indem erst die eine Komponente zuerst in die Brennkammer strömt. So kann kein explosives Gemisch entstehen. Die Komponente, die zuerst einströmt, verbrennt zum Anfang nur unvollständig und der unverbrannte Rest wird freigesetzt. Genutzt wird dazu das Stickstofftetroxid, da es die billigere und weniger giftige Komponente von beiden Treibstoffen ist. Beim Erhitzen zerfällt Stickstofftetroxid in Stickstoffdioxid (NO2), das als rotbraune Wolke beim Start zu sehen ist.

Der spezifische Impuls von NTO und Hydrazin liegt in der gleichen Größenordnung wie derjenige von Kerosin (2900 bis 3200 m/s). Ein Vorläufer des NTO ist die Salpetersäure. Salpetersäure zersetzt sich bei der Verbrennung zu Wasser und NTO. Der nutzbare Energiegehalt ist daher geringer, doch war Salpetersäure früher verbreiteter und einfacher verfügbar. Diese Kombination wurde bei der Agena Oberstufe (S.→) und den ersten Delta Oberstufen eingesetzt.

Von den verwendeten Treibstoffen liefert die Verbrennung von flüssigem Wasserstoff (Liquid Hydrogen – LH2) mit flüssigem Sauerstoff am meisten Energie. Nur wenige Kombinationen sind noch leistungsfähiger, doch bei diesen gibt es entweder Bedenken wegen der Giftigkeit (Fluor oder Fluor/Sauerstoff als Oxidator verbrannt mit Wasserstoff) oder sie sind extrem teuer (Verbrennung von Lithium oder Beryllium zusammen mit Wasserstoff als Verbrennungsträger und Sauerstoff als Oxidator).

Wasserstoff als Treibstoff wird erst seit den frühen sechziger Jahren genutzt. Die Nutzung dieses Treibstoffs sagt viel über die technologische Kompetenz einer Raumfahrtnation aus. Die technischen Schwierigkeiten liegen in vielen Bereichen. Bei den Tanks liegen die Herausforderungen darin, dass Wasserstoff eine geringe Dichte von unter 0,07 kg/l hat, also vierzehnmal kleiner als die von Wasser. Benötigt werden daher sehr großräumige Tanks, die aber sehr gut isoliert sein müssen, da Wasserstoff nur in einem sehr kleinen Temperaturbereich zwischen -259 und –253 °C flüssig ist. Bei Sauerstoff sind es dagegen -219 und – 182 °C, also ein Intervall von 37 Grad. Die Kombination von tiefen Temperaturen und großen Tanks stellt hohe Anforderungen an die Werkstofftechnologie.

In den Triebwerken wird der Wasserstoff zur Kühlung verwendet. Er verdampft dabei, nimmt aber im Vergleich zu Kerosin weitaus weniger Wärme auf. Entsprechend leistungsfähig muss die Kühlung ausgelegt sein, zumal die Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff höhere Temperaturen erzeugt und bestimmte Metalle den Wasserstoff binden und dann spröde werden.

Bei den Förderpumpen für den Wasserstoff besteht die Herausforderung, dass durch die geringe Dichte die zu fördernden Volumina viel größer sind, als dies bei anderen Treibstoffen der Fall ist. Die Turbinen, welche die Pumpen antreiben, müssen dadurch sehr hohe Drehzahlen von teilweise über 40.000 U/min erreichen. Das stellt sehr hohe Anforderungen an das Material der Turbinenblätter, die enormen Belastungen durch Fliehkräfte standhalten müssen. Sich zerlegende Turbinenblätter waren ein Grund für die langsame Entwicklung der Space-Shuttle Haupttriebwerke. Problematischer ist auch, dass zwei unterschiedliche Drehzahlen in den Pumpen benötigt werden, da die Sauerstoffpumpe viel geringere Anforderungen hinsichtlich des Fördervolumens als die Wasserstoffpumpe hat. Bei Kerosin/LOX und NTO/Hydrazin liegen die notwendigen Drehzahlen näher beieinander, dadurch können die Förderpumpen auf einer gemeinsamen Antriebswelle sitzen. Bei den meisten Antrieben mit LOX/LH2 werden zwei getrennte Pumpen benötigt. Oftmals ist die Wasserstoffpumpe auch zweistufig ausgelegt, weil eine Stufe alleine die hohen Drehzahlen nicht erbringen kann. Weiterhin müssen alle beweglichen Teile mit Wasserstoff geschmiert werden, da jeder andere Stoff bei den tiefen Temperaturen nicht mehr flüssig sein würde.

Der Lohn für diese Mühe sind sehr hohe spezifische Impulse, welche im Vakuum heute bei 4350 bis 4550 m/s liegen, also 40 % besser als bei Verwendung von LOX/Kerosin oder NTO/Hydrazinen. Durch die großen Tanks für den Wasserstoff sind Raketen mit diesem Treibstoff aber zwangsläufig immer voluminöser als solche mit anderen Kombinationen. Das eingesetzte Mischungsverhältnis von Sauerstoff zu Wasserstoff liegt heute bei 5 bis 6 zu 1. Das stöchiometrische Verhältnis beträgt 8.

Der spezifische Impuls

Eine wichtige Kenngröße für die Effizienz eines Antriebs ist sein spezifischer Impuls. Vereinfacht gesagt ist der spezifische Impuls ein Maß für die Energie, die vom Antrieb in nutzbaren Schub umwandelbar ist. Dies ist von vielen Faktoren abhängig. Die drei Wichtigsten sind:

In diesem Buch wird die Ausströmgeschwindigkeit der Gase beim Verlassen der Düse als Maß für den spezifischen Impuls genommen. Das hat den Vorteil, dass die Geschwindigkeit einer Rakete sehr leicht nach der Ziolkowskiformel (Raketengrundgleichung) berechnet werden kann, denn es gilt:

Raketengeschwindigkeit = Ausströmgeschwindigkeit * ln (Startmasse / Leermasse)

Daraus folgt, dass eine Steigerung des Massenverhältnisses, also eine Reduktion der Nutzlast oder der Strukturmasse, weitaus weniger effektiv zur Nutzlaststeigerung ist, als eine Erhöhung der Ausströmgeschwindigkeit (spezifischer Impuls). Das zeigt sich vor allem bei hohen Geschwindigkeiten.

In der Tabelle werden die Nutzlasten einer Titan 3C und einer Titan 3E verglichen. Der einzige Unterschied zwischen beiden Trägern ist, dass die letzte (vierte) Stufe bei der Titan 3E durch die Centaur mit 50 % höherer Ausströmgeschwindigkeit der Gase ersetzt wurde. Wie deutlich zu erkennen ist, nimmt die Nutzlast bei der Titan 3C bei höheren Geschwindigkeiten (höhere Umlaufbahnen, Fluchtbahnen) stärker ab als bei der Titan 3E, obwohl die beiden Raketen fast gleich viel wiegen. Zudem ist die Nutzlast absolut höher. Für den GEO-Orbit doppelt so hoch.

Titan 3C Titan 3E
Letzte Stufe: Transtage Centaur D
Startgewicht letzte Stufe: 12,4 t 15,9 t
Startgewicht Trägerrakete: 635 t 638 t
Spez. Impuls letzte Stufe: 3051 m/s 4354 m/s
Nutzlast 185 km Bahn: 13.150 kg 15.422 kg
Nutzlast GTO Orbit: 4.770 kg 7.130 kg
Nutzlast Fluchtgeschwindigkeit: 3.100 kg 5.150 kg
Nutzlast GEO Orbit: 1.600 kg 3.550 kg

In der Tat ist der Einfluss des spezifischen Impulses auf die Nutzlast groß. Eine zweistufige Rakete mit der Kombination Hydrazin/NTO in beiden Stufen kann etwa 2,4 % ihres Startgewichts als Nutzlast in eine 200 km hohe Erdbahn befördern. Werden dagegen in beiden Stufen Wasserstoff/Sauerstoff Antriebe genutzt, steigt der Nutzlastanteil auf 6,5 %, also auf mehr als das Doppelte, obwohl der spezifische Impuls nur etwa 40 % höher ist.

In den USA ist es üblich, die Ausströmgeschwindigkeit der Gase durch die Erdbeschleunigung (9.81 m/s2) zu teilen. Amerikanische Werte für den spezifischen Impuls haben somit als Maßeinheit die Sekunde [s] und sind etwa zehnmal kleiner als die Werte, die Sie in diesem Buch finden und welche die Dimension einer Geschwindigkeit [m/s] haben.

Treibstoffförderung

Abbildung 1: Druckgasförderung

Ein Raketentriebwerk verbrennt Treibstoff unter hohem Druck. Dabei muss der Druck beim Einspritzen in die Brennkammer größer sein, als der durch die Verbrennung erzeugte Druck in der Brennkammer. Anhand des Verfahrens, wie der Treibstoff gegen den Verbrennungsdruck in die Brennkammer eingespritzt wird, werden verschiedene Typen von Raketenmotoren unterschieden.

Bei der Druckgasförderung stehen die Treibstofftanks unter hohem Druck. Dies limitiert den Brennkammerdruck auf niedrige Werte, und die Tanks werden schwer, vor allem, wenn sie nicht kugelförmig sind. Zylindrische Tanks müssen versteift werden, um nicht durch den Druck auszubeulen. Diese Art der Treibstoffförderung ist zwar einfach und zuverlässig. Die Tanks müssen, damit der Treibstoff gegen den Brennkammerdruck eingespritzt werden kann, einen höheren Druck als die Brennkammer aufweisen. Typischerweise haben die Tanks einen Betriebsdruck von 15-20 bar, der Brennkammerdruck beträgt dann 8-10 bar. Das beschränkt die nutzbare Energieausbeute aus dem Treibstoff.

Sie ist bei Satellitenantrieben die einzige Form der Treibstoffförderung, auch weil es bei hypergolen Triebwerken reicht, die Ventile zu den Treibstoffleitungen zu öffnen, um das Triebwerk zu zünden. Unter hypergolen Antrieben versteht man Kombinationen, die sich bei Kontakt selbst entzünden. Das ist der Fall bei Stickoxiden und Hydrazinen. Andere Zündmethoden sind elektrische Zündung durch Funken, Fackeln, kleine Festtreibstoffzünder oder der Einsatz einer hypergolen Flüssigkeit als Starter (dies wird vor allem bei LOX/Kerosin eingesetzt). Es entfällt bei druckgeförderten Triebwerken eine komplexe Anlasssequenz, die bei den anderen Verfahren nötig ist. Der Tankdruck wird gewährleistet, indem Helium aus einem Hochdrucktank vor der Zündung den Tankdruck erhöht und während der Entleerung der Tanks Druckgas nachgefüllt wird. Auch für das Orion-Raumschiff war diese sehr zuverlässige Technik geplant, da die einzigen beweglichen Teile die Ventile sind. Die Zahl der Fehlermöglichkeiten ist daher gering. Deswegen wurde es bei den Antrieben des Apollo-CSM und LM genutzt. Die Delta Oberstufe und das Shuttle OMS arbeiteten mit dieser Technik.

Treibstofftanks werden bei fast allen Trägern „druckbeaufschlagt“. Der Grund ist relativ einfach: Ein Tank unter Druck hat mehr Steifheit und eine höhere strukturelle Integrität, das erlaubt es im Extremfall, die Wände so dünn zu fertigen, dass der Tank ohne Druckstabilisierung unter seinem eigenen Gewicht kollabieren würde. Dies ist so bei der alten Atlas Stufe, der Centaur oder der Ariane 5 EPC. Ein weiterer Vorteil ist, dass Treibstoffe mit Druck in den Gasgenerator / Vorbrenner / Triebwerk gepresst werden. Das verringert die Kavitation. Um den Druck bei Abnahme der Treibstoffvorräte aufrechtzuerhalten, wird dann Druckgas nachgefüllt. Üblich sind zwei Verfahren: Das Verdampfen der Treibstoffkomponenten, um damit die Tanks unter Druck zu setzen (oft bei dem leicht verdampfbaren Wasserstoff und Sauerstoff praktiziert) oder der Einsatz von Helium aus einer Druckgasflasche (angewandt bei Kerosin oder lagerfähigen Treibstoffen). Helium wird genommen, weil der Druck nur von der Molekülzahl, aber nicht der Masse abhängt und Helium hat die kleinste Molmasse aller Gase. 1 m3 Helium wiegt 0,178 kg, ein m3 Luft dagegen 1,3 kg. Weiterhin ist es auch bei den Temperaturen des flüssigen Wasserstoffs noch gasförmig. Das Verdampfen von Treibstoff erfolgt meist mit einem Wärmetauscher am Triebwerk, wo genügend Abwärme vorhanden ist.

Abbildung 2: Antriebsschema des Gasgeneratorbetriebs

Beim klassischen Nebenstromverfahren wird ein Teil des Treibstoffes in einem Gasgenerator verbrannt. Er bildet einen zweiten Treibstofffluss, den „Nebenstrom“ Das dabei entstehende Druckgas treibt eine Gasturbine an, welche über die rotierende Welle eine Treibstoff-Turbopumpe antreibt. Der Förderdruck der Turbopumpe kann so viel höher als der Tankdruck sein. Damit nicht zu hohe Temperaturen entstehen, wird üblicherweise der Verbrennungsträger im Überschuss verbrannt. Der Gasgenerator ist eine Brennkammer im Kleinen. Eine Kühlung ist wegen der geringeren Temperaturen von typischerweise 800 – 900 K nicht nötig. Das Nebenstromverfahren ist zuverlässig und erprobt, hat aber technologische Grenzen. Bei hohen Brennkammerdrücken sinken die Wirkungsgrade der Turbopumpen stark ab, und man braucht überproportional viel Gas für die Turbine. Die meisten Triebwerke mit Gasgeneratorbetrieb arbeiten mit 60 – 80 bar Brennkammerdruck. Das Vulcain arbeitet ,mit 120 bar schon jenseits des Optimums, das bei etwa 90 – 100 bar liegt.

Hinzu kommt, dass beim Nebenstromverfahren das Gas für den Gasgenerator nicht für die Verbrennung genutzt werden kann. Die Menge des Treibstoffs, die vom Gasgenerator benötigt wird, steigt mit steigendem Förderdruck stark an. Das Abgas des Gasgenerators wird zum Teil für andere Aufgaben genutzt, z. B. um die Triebwerke zu schwenken (als Pneumatikgas) oder um mit Düsen die Rollachse zu stabilisieren. Der größte Teil wird aber über einen "Auspuff" neben dem Triebwerk abgelassen, bei manchen Triebwerken auch in die Düse injiziert, zur Nachverbrennung. Die meisten Triebwerke, welche die USA entwickelt haben, nutzen den Gasgeneratorantrieb, so die Triebwerke der Thor, Atlas und Titan, aber auch das H-1,J-1 und F-1 Triebwerk der Saturn. Auch das RS-68 der Delta 4 und das Merlin der Falcon nutzen dieses Verfahren. Es wird also auch heute noch in neuen Triebwerken eingesetzt.

Beim Hauptstromverfahren wird der gesamte Treibstoff in der Brennkammer verbrannt, und es wird kein Gasgenerator benötigt. Etabliert haben sich zwei Verfahren: Expander Cycle und Staged Combustion Verfahren.

Beim “Staged Combustion“ Verfahren wird der Treibstoff teilweise in einem Vorbrenner verbrannt (zum Beispiel der ganze Verbrennungsträger mit einem Teil des Oxidators). Der Vorbrenner ersetzt den Gasgenerator, funktioniert aber nach dem gleichen Prinzip. Das erzeugte heiße Gas treibt dann die Turbopumpe an. Dabei werden sehr hohe Förderdrücke durch die große Gasmenge erreicht und dieses Gas mit dem Rest des Oxidators dann in die Brennkammer zur vollständigen Verbrennung eingespritzt. Im Russischen wird diese Technologie auch Gas-Flüssig genannt, weil eine Treibstoffkomponente als Gas injiziert wird. Dagegen werden beim Nebenstromverfahren (Gasgeneratorverfahren) beide Treibstoffe als Flüssigkeit injiziert. Die Turbopumpen können hohe Leistungen bei einem hohen Wirkungsgrad erreichen. Der Brennkammerdruck ist hoch. Triebwerke dieses Typs haben Brennkammerdrücke zwischen 150 und 270 bar. Dies ist besonders vorteilhaft beim Betrieb von Erststufen, da hier der Düsenmündungsdruck nicht viel unter 1 bar liegen darf. Düsen mit hohen Entspannungsraten erfordern daher einen hohen Brennkammerdruck. Weiterhin sind durch den hohen Druck die Brennkammern sehr kompakt und die Triebwerke leichter als Konstruktionen mit dem Nebenstromverfahren.

Abbildung 4: Antriebsschema „Expander Cycle“

Durch den hohen Brennkammerdruck wird der Treibstoff gut ausgenützt, und es gibt kein unverbranntes Gas wie beim Nebenstromverfahren. Dieses Verfahren setzen die meisten modernen russischen Triebwerke ein. Auch das SSME (Space Shuttle Main Engine) arbeitet nach diesem Verfahren. Die hohen Anforderungen führen aber dazu, dass die Triebwerke teuer sind. Russland entwickelte zahlreiche Triebwerke mit gestaffelter Verbrennung, vor allem mit der Kombination Kerosin/Sauerstoff. Die Entwicklung des einzigen russischen Triebwerks RD-0120 mit der Kombination LOX/LH2 für die Energija wurde sehr teuer, und es wird heute nicht mehr eingesetzt. Momentan setzen die USA nur zwei Triebwerke nach diesem Prinzip ein, das SSME und das RD-180. Weitere sind nicht in der Entwicklung. Lediglich das SSME wurde von den USA selbst entwickelt.

Beim „Expander Cycle“-Verfahren durchströmt der gesamte Verbrennungsträger zuerst die Brennkammerwand zur Kühlung, erwärmt sich und verdampft. Das Gas treibt dann die Turbine direkt an. Anwendbar ist das Verfahren nur bei Wasserstoff und Methan, da andere Treibstoffe bei der Kühlung nicht so weit erwärmt werden, dass sie verdampfen. Da erzeugte Gasmenge und Temperatur von der aufgenommenen Wärmemenge abhängen, eignet sich dieses Verfahren nur für kleine bis mittelgroße Triebwerke bis etwa 300 kN Schub. Dies ist dadurch bedingt, dass die Oberfläche der Brennkammer quadratisch zum Durchmesser ansteigt, der Schub aber in der dritten Potenz.

Erstmals wurde das Expander Cycle Verfahren beim RL10, welches die Centaur Oberstufe antreibt, eingesetzt. Es ist das effizienteste Verfahren für Oberstufen (für Erststufen ist der erreichbare Schub zu gering). Die Wiederzündung ist ebenfalls einfacher als beim Gasgeneratorprinzip. Bei diesem muss zeitlich präzise abgestimmt zuerst der Gasgenerator in Betrieb genommen und danach die geförderten Gase in der Brennkammer entzündet werden. Beim Expander Cycle Verfahren reicht es, aus einem Hochdrucktank Startgas zu den Turbinen zu leiten, um sie auf niedrige Umdrehungszahlen zu bringen. Damit wird etwas Treibstoff gefördert, der durch die hohe Oberfläche der Brennkammerwand verdampft und dann eine höhere Turbinenleistung ermöglicht, welche wiederum die Treibstoffmenge erhöht. Diese Vorgehensweise wird daher auch als „Bootstrap Cycle“ bezeichnet. Weiterhin ist das Triebwerk durch den fehlenden Gasgenerator einfacher aufgebaut und hat weniger Fehlerquellen. Derzeit setzt nur das RL10 bei den US-Trägern diese Technologie ein.

Abbildung 3: Antriebsschema des „Staged Combustion“ Prinzips

Feste Treibstoffe – Alt und doch neu

Feste Treibstoffe sind in Pulverraketen bereits seit Hunderten von Jahren im Einsatz, doch erst in den letzten Jahrzehnten wurden die modernen Feststoffantriebe entwickelt. Bisher haben nur wenige Nationen die Fähigkeit zum Bau großer und leistungsfähiger Feststoffantriebe erworben. China und Russland haben diesen Schritt bei zivilen Trägerraketen noch nicht getan. Die USA haben schon Mitte der sechziger Jahre begonnen, feste Treibstoffe für militärische Raketen einzusetzen. Alle nach 1965 entwickelten Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen waren Feststoffraketen. Es spielen feste Treibstoffe auch bei den Trägerraketen eine große Rolle, jede größere US-Trägerrakete (mit Ausnahme der Saturn) hat irgendwann während ihres Einsatzzeitraums Booster eingesetzt. 2013 ist die einzige US-Trägerrakete, die keine feste Treibstoffe einsetzt, die Falcon 9. Es sind mit der Minotaur I/IV/6, Pegasus, Taurus XL sogar sechs Feststoffraketen im Einsatz.

Die heute verwendeten, modernen Festtreibstoffe bestehen aus drei Komponenten:

  • Dem Oxidator Ammoniumperchlorat, der etwa zwei Drittel der Gesamtmasse ausmacht. Er liefert den Sauerstoff für die Verbrennung.
  • Dem Verbrennungsträger Aluminium, der die Energie liefert (etwa 14 – 20 %) und
  • Dem Binder, einem Kunstharz, das aushärtet und dabei die anderen Komponenten bindet.

Dieser Binder ist die wichtigste Neuerung bei den modernen festen Treibstoffen. Er erlaubt es, Mischungen zu erzeugen, die kontrollierbar und linear abbrennen. Der spezifische Impuls konnte gegenüber früheren Mischungen gesteigert werden und liegt heute bei einem Spitzenwert von etwa 2900 m/s – nur wenig unterhalb des Wertes von NTO/Hydrazin, einem typischen lagerfähigen Treibstoff. Dabei entschärft der Binder den Treibstoff. Die früher verwendete heterogene Mischung von Stoffen, wie dem klassischen Schwarzpulver, konnte explodieren, wenn es nicht gleichmäßig in die Form gepresst war. Als Binder werden Polymere verwendet, die durch einen Radikalstarter bei der Produktion vernetzt werden. Dabei werden in Mischern Aluminium und Ammoniumperchlorat zugemischt und die Mischung gerührt, bis sie zähflüssig ist und sich das schwere Aluminiumpulver nicht mehr abtrennen kann. Nach einigen Tagen des Aushärtens wird eine gummiartige Masse erhalten. Sie brennt nur an der Oberfläche. Selbst bei einer Explosion, wie sie bei der Selbstzerstörung eines Boosters vorkommt, explodiert der Treibsatz nicht. Im Gegenteil: Wenn der Brennkammerdruck unter einen Mindestdruck sinkt, verlöscht er.

Der Schubverlauf eines Feststoffantriebs kann auf zwei Arten beeinflusst werden. Beide Möglichkeiten bestehen allerdings nur während der Herstellung.

Der erste Ansatzpunkt liegt darin, den Treibsatz in eine passende Form zu gießen, sodass sich die geeignete Geometrie ergibt. Der Schub eines Feststofftriebwerks ist proportional zur abbrennenden Oberfläche. Ein fester Treibsatz weist üblicherweise in der Mitte ein Loch auf, welches sich vom Anfang bis zum Ende des Treibsatzes erstreckt. Durch die Form dieser Öffnung im Treibsatz werden Form und Größe der Oberfläche bestimmt, weil der Treibsatz von innen nach außen abbrennt. Während der Herstellung befindet sich in der späteren Höhle ein Zapfen, der nach dem Aushärten entnommen wird.

Große Booster werden aus Segmenten hergestellt, die separat befüllt werden. Es ist auch möglich, große Segmente schrittweise zu befüllen.

Es gibt es zwei verbreitete Geometrien für die Öffnung im Treibsatz: den sogenannten Sterninnenbrenner, bei dem die Öffnung im Treibsatz eine Sternform aufweist und den normalen Innenbrenner. Der Innenbrenner hat eine kreisförmige Öffnung in der Brennkammer, der Treibstoff befindet sich in einem Kreiszylinder und schließt mit der Wand ab. Da die Höhle beim Abbrand immer größer wird, steigt der Schub beim Kreisinnenbrenner langsam an. Sterninnenbrenner haben eine sternförmige Oberfläche. Je nach geometrischer Form kann der Schubverlauf sehr komplex sein. In der Regel sind Sterninnenbrenner aber Antriebe mit kurzer Brennzeit und gleichmäßigen Schub. Die Variante ohne zentrale Öffnung, der Stirnbrenner, mit konstantem Schub wird nicht eingesetzt. Er hat den Nachteil, dass die Brennkammerwand über die ganze Brennzeit hohen Temperaturen ausgesetzt wird. Bei den Innenbrennern erreicht die Flammenfront die Gehäusewand erst zum Brennschluss. Die Shuttle SRB setzen in einem Segment einen Sterninnenbrenner mit 11 Zacken ein, der einen hohen Startschub aufweist. Er sinkt durch Verringerung der Oberfläche nach 50 s ab, wenn das Shuttle die Zone maximaler aerodynamischer Belastung durchquert. Die anderen Segmente haben normale Innenbrenner.

Abbildung 5: Schub/Zeitverhalten beim Sterninnenbrenner und normalen Innenbrenner

Die zweite Möglichkeit zur Steuerung des Schubverlaufs besteht darin, durch die Zusammensetzung des Binders die Abbrandrate zu verringern oder zu beschleunigen. Werden verschiedene Mischungen schichtenweise aufgetragen, so sind mit dieser Methode komplexe Schubverläufe möglich. Zugesetzt werden Katalysatoren, welche die Abbrandrate beschleunigen (z. B. Eisen). Möglich ist auch der Einsatz von Inhibitoren, welche wie Flammlöschmittel den Abbrand verlangsamen. Sie wurden bei den Shuttle SRB eingesetzt.

Technisch ist es möglich den Abbrand von Feststofftriebwerken zu stoppen, indem in der Nase bei Erreichen der Zielgeschwindigkeit große Öffnungen frei gesprengt werden, durch die der Druck im Booster abnimmt, was bei Unterschreiten eines Mindestdrucks von typischerweise 2,5 bar zum Verlöschen führt. Doch eingesetzt wurde dies bisher bei keinem Antrieb.

Gängiger ist es, wenn eine geringere Performance benötigt wird, aus der Füllung wieder Treibstoff herauszuschneiden, man bezeichnet dies als „Off-Loading“. Üblich ist ein Off-Loading von bis zu 10 % der Treibstoffmenge. Bei der IUS-Oberstufe waren es sogar bis zu 50 %.

Wie funktionieren Feststoffbooster?

Feststoffbooster bestehen aus einer stabilen Hülle, einer Düse und einem Zünder. Die Hülle muss massiver als die Treibstofftanks einer Stufe mit flüssigen Treibstoffen sein, da sie dem Verbrennungsdruck widerstehen muss. Er liegt bei 50 bis 80 bar, entsprechend haben große Booster Stahlgehäuse von 8 (Ariane 5) bis 12 mm Wandstärke (Shuttle-SRB).

Der Zünder ist ein kleines Feststofftriebwerk im Kopf des Boosters, das bei der Zündung eine Flamme in den Verbrennungsraum schickt und diesen entzündet. Auf der Oberfläche befindet sich eine Schicht feines Pulver, das sich schnell entzündet. So baut sich innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde der Schub auf. Die Oberfläche brennt dann langsam ab, wobei die Abbrandrate abhängig vom Innendruck und der Mischung ist. Da sich der Innenraum laufend vergrößert, nimmt der Druck im Laufe der Brennzeit ab und damit auch Abbrandrate und Schub. Wenn die Flammenfront die Wand erreicht, stoppt die Verbrennung. Unterschreitet der Druck im Booster einen Minimalwert, so verlöscht der Booster. Es verbleiben daher immer unverbrannte Reste in einem Triebwerk.

Je länger ein Booster ist, desto größer ist die Abbrandfläche und desto dünner ist die Schicht, die als Treibsatz fungiert. Ein langer und schmaler Booster hat daher einen hohen Schub und eine kurze Brennzeit. Der Rekord liegt derzeit bei 145 s Brennzeit bei den Titan IVB SRM.

Es gibt eine Reihe von Besonderheiten. Die Düsen können nicht aktiv gekühlt werden. Sie bestehen daher aus hochtemperaturfestem Material (Stahl, Niob) oder sind mit einem hochtemperaturfesten Schutz belegt, der ablativ verbrennt (z. B. Graphit, Epoxidharze mit Silikaten). Damit ist auch der Düsenenghals belegt, bei dem die höchsten Temperaturen auftreten. Ein Problem ist, dass sich das Verbrennungsprodukt Aluminiumoxid schon in der Brennkammer auskristallisiert und verhindert werden muss, dass es sich am Düsenhals ablagert.

Die Schubrichtung (Schubvektor) konnte lange nicht verändert werden (fest angebrachte, nicht schwenkbare Düsen) oder wurde durch Injektion von flüssigem Treibstoff beeinflusst. Bei den Titan 3 Boostern wurde Stickstofftetroxid in den Düsenhals injiziert. Es erhöht den Sauerstoffanteil und führt zu einer Nachverbrennung mit einem lokal höheren Schub, der dann die Schubrichtung beeinflusst.

Heute werden schwenkbare Düsen eingesetzt. Die Ersten wurden bei den Shuttle SRM eingesetzt. Die technische Herausforderung besteht darin, dass zum einen die Düse beweglich sein muss und zum anderen die Bewegung gegen einen sehr hohen Brennkammerdruck erfolgt. Dazu werden sehr hohe Kräfte benötigt. Bei den Shuttle SRM gab es einen Gasgenerator, der Hydrazin verbrannte, um Arbeitsgas für eine pneumatische Schwenkung zu liefern. Heute sind elektromechanische Schwenkvorrichtungen im Einsatz, die einfacher und preiswerter als die hydraulischen oder pneumatischen Systeme sind. Ermöglicht werden sie durch leistungsfähige Batterien, die eine hohe Leistung bei kurzen Betriebszeiten liefern.

Fortschritte gibt es auch bei der Fertigung von leichten Gehäusen. Durch den hohen Innendruck von 40 – 90 bar waren diese bei großen Boostern bisher aus Stahl gefertigt und sehr schwer. Oberstufen wie die PAM-D oder Burner-II Oberstufe sind kleiner und wurden schon vor Jahrzehnten aus Glasfaser- oder Kohlefaserverbundwerkstoffen hergestellt. In beiden Fällen ist die Wand mit einem Thermalschutz überzogen, früher meist ein Asbestfasergeflecht, heute eine ausgehärtete Silikat-Phenolharzmischung oder ein synthetischer Gummi, welcher verkohlt und dann isoliert.

Die Technologie, große Gehäuse aus Graphitfaser-Verbundwerkstoffen herzustellen (eine Technologie, die vom Flugzeugbau übernommen wurde), erlaubt heute nicht nur hervorragende Voll-/Leermassenverhältnisse zu erreichen, sondern auch den Brennkammerdruck zu steigern. In der Summe sind heute Feststoffantriebe schon fast so leistungsfähig wie Stufen mit mittelenergetischen flüssigen Treibstoffen. CFK-Werkstoffe bestehen aus Graphitfasern in einer Masse meist aus einem Epoxidharz. Dieses wird dann in großen Autoklaven ausgehärtet. CFK-Werkstoffe sind 4,3-mal leichter als stahl aber genauso stark beanspruchbar.

Ein Vorteil eines Feststoffantriebs ist, dass er einfacher als eine Stufe mit flüssigem Treibstoff vergrößert werden kann. Das Verlängern der Tanks einer Stufe ist zwar sehr populär und wurde bei zahlreichen Trägern angewandt (so bei Atlas, Delta oder Titan). Da der Schub des Triebwerks gleich bleibt, sind dem enge Grenzen gesetzt. Bei den meisten der genannten Typen war dies nur möglich, durch die Startunterstützung durch Booster oder ein neues Haupttriebwerk.

Wird ein Feststoffbooster verlängert, so steigt der Schub linear an, während die Brennzeit konstant bleibt. Anpassungen sind an der Düse notwendig. Sie muss dann aufgeweitet werden sonst steigt der Brennkammerdruck an. So wurden die Titan-Booster von fünf zuerst auf fünfeinhalb und dann sieben Segmente verlängert. Allerdings verändert sich die Belastung der Rakete durch die induzierten Vibrationen und dies macht in der Regel weitere Modifikationen notwendig. Trotzdem ist die Vorgehensweise erheblich einfacher als bei einer Stufe mit flüssigen Treibstoffen.

Ein Nachteil des festen Treibstoffs ist die ökologische Belastung. Bei der Verbrennung entsteht Salzsäure. Deren Freisetzung in der höheren Atmosphäre kann die Ozonschicht schädigen.

Der größte Nachteil eines Feststoffboosters sind die Vibrationen und wie sie übertragen werden. Bei einem Antrieb mit flüssigen Treibstoffen entstehen sie in einem Punkt: im Triebwerk. Es gibt Möglichkeiten, die Vibrationen zu dämpfen: im Schubgerüst durch dessen Konstruktion, und bei den Treibstoffleitungen durch Druckgas, das vor allem die Kavitation unterdrückt. Bei den Feststoffboostern entstehen im ganzen Gehäuse niederfrequente Schwingungen, welche in stärkerem Ausmaß Treibstoffe zum Schwappen bringen. Zum anderen ist die Amplitude, also die Intensität pro Schwingung, höher.

Der Effekt ist auch abhängig davon, wo die Schwingungen übertragen werden. Bei der Titan erfolgte dies über den Stufenadapter der ersten Stufe. Das machte eine Verstärkung der zweiten Stufe notwendig. Allerdings setzte diese Stufe Treibstoffe mit hoher Dichte ein, sodass das Zusatzgewicht verschmerzbar war. Bei Ariane 5 erfolgt die Übertragung ebenfalls im Stufenadapter, sodass die EPC kaum betroffen ist. Dagegen werden Oberstufen und Nutzlast stark durchgeschüttelt. Bei der EPS-Stufe war dies nicht problematisch: Sie verwandte wegen der Druckgasförderung dickwandige Tanks. Bei den kryogenen Oberstufen mit den großvolumigen Wasserstofftanks ergab sich jedoch ein sehr hohes Trockengewicht, allerdings auch bedingt durch die ungünstige Tankkonstruktion. Im Allgemeinen weisen kryogene Stufen auf Trägern mit schubstarken Feststoffboostern höhere Leermassen auf, wie auch der Vergleich der Centaur auf der Titan und der Atlas zeigt.

Der Hauptvorteil von Feststofftriebwerken ist ihr einfacher Aufbau. Die Zuverlässigkeit ist dadurch recht hoch: Bei 430 Starts der Thor und Delta mit Castor und GEM-Boostern (die meisten davon in der Konfiguration mit neun Boostern) gab es nur zwei Fehlstarts aufgrund der Booster. Ihr einfacher Aufbau ergibt nur wenige Fehlerquellen. Es gab es bei 742 US-Starts von 1966 bis 1987 genau 58 Fehlstarts. Davon entfielen 22 auf das Versagen von Antrieben mit flüssigen Treibstoffen, aber nur 10 auf Feststoffantriebe.

Vor allem sind sie preiswert: Die Booster einer Titan 3 machten nur ein Zehntel der Gesamtkosten bei 70 % des Startgewichts aus. Es gibt aber auch Gegenbeispiele: So erwies sich die IUS als eine extrem teure Oberstufe, da sie Fähigkeiten aufweisen musste, die untypisch für eine Feststoffoberstufe sind, wie Dreiachsenstabilisierung, Ausrichtung der Nutzlast vor der Abtrennung oder eine sehr hohe Bahngenauigkeit – da der Treibstoffvorrat vor dem Start feststeht und ein Booster nicht einfach bei Erreichen der Sollgeschwindigkeit abgeschaltet werden kann, weisen Feststoffantriebe normalerweise höhere Abweichungen von der Sollbahn auf, als Antriebe mit flüssigen Treibstoffen.

Erdumlaufbahnen

Im Zusammenhang mit Erdumlaufbahnen werden Begriffe verwendet, welche hier kurz erläutert werden sollen. Unter dem Perigäum wird der erdnächste Punkt einer elliptischen Umlaufbahn verstanden; der erdfernste Punkt wird als Apogäum bezeichnet. Jede Bahn hat eine Neigung zum Äquator, die sogenannte Inklination. Sie legt fest, welche Gebiete der Satellit bei seinen Umläufen passiert. Eine Bahnneigung von 50 Grad bedeutet, dass ein Satellit die Erde zwischen 50 Grad nördlicher und 50 Grad südlicher Breite überfliegt und nie höhere Breiten als 50 Grad erreicht. Es gibt Erdumlaufbahnen mit besonderer Bedeutung:

  • LEO (Low Earth Orbit): In diese Umlaufbahn können Trägerraketen die größte Nutzlast befördern. Die Bahnhöhe ist gering und liegt üblicherweise bei 170 bis 300 km. Die Nutzlast einer Trägerrakete wird maximiert, wenn die Inklination der Bahn der geografischen Breite des Startplatzes entspricht. Oftmals ist ein LEO nur die Übergangsbahn zur Erreichung anderer Umlaufbahnen. Ein 186 km hoher LEO-Orbit mit einer Inklination von 28,5 Grad (dem Breitengrad von Cape Canaveral) war oftmals die Referenz für Nutzlastangaben der NASA. Die krumme Angabe ergibt sich daraus, dass viele Mitarbeiter aus der Luftfahrt kamen und dort wurde mit nautischen Meilen (1 nm = 1.852 m) gerechnet.
  • PEO (Polar Earth Orbit): Dies ist eine Bahn, welche direkt über die Pole führt und so die Beobachtung der ganzen Erde ermöglicht. Die Bahnhöhe liegt höher als beim LEO, da sonst die Restatmosphäre den Satelliten rasch wieder zum Verglühen bringen würde.
  • SSO (Sun-Synchronous Orbit): Der sonnensynchrone Orbit ist die wichtigste Umlaufbahn für die Erdbeobachtung. Die Neigung ist größer als beim PEO und liegt je nach Höhe bei 96 bis 110 Grad. Die typische Bahnhöhe beträgt etwa 600 bis 1.000 km. Ein Satellit in dieser Bahn passiert ein Gebiet auf der Erde immer zur gleichen lokalen Uhrzeit, sodass der Schattenwurf bei Aufnahmen aus verschiedenen Umläufen identisch ist. Das erleichtert die Auswertung. Weiterhin werden Solarpaneele ohne Unterbrechung beschienen und sichern so die Energieversorgung.
  • GEO / GSO (Geo-Synchronous Orbit): Die geosynchrone Umlaufbahn liegt in knapp 36.000 km Höhe über dem Äquator. Ein Satellit im GEO umkreist die Erde einmal in 24 Stunden. Da diese sich in 24 Stunden um ihre Achse dreht, steht er von der Erde aus gesehen scheinbar still. Dies ist von Vorteil, wenn der Satellit als Kommunikationsrelais benutzt werden soll, weshalb sich die meisten Nachrichtensatelliten in einem GEO befinden. In der Regel wird ein Satellit von einer Trägerrakete zuerst in einen GTO transportiert, bevor er den GEO mit eigenem Antrieb erreicht. Der Energiebedarf ist abhängig von der Inklination des GTO.
  • GTO (Geo-Synchronous Transfer Orbit): Der geosynchrone Übergangsorbit ist eine Bahn, welche zwischen dem LEO-Orbit und dem GEO-Orbit liegt. Der erdnächste Punkt liegt in etwa 200 km Höhe und der erdfernste in der Höhe des GEO-Orbits, also in 36.000 km Entfernung. Wenn ein Satellit in 36.000 km Höhe angekommen ist, muss er mit eigenem Antrieb den erdnächsten Punkt anheben (Zirkularisierung) und die Inklination der Bahn auf 0 Grad senken. Beim Start von CCAF muss dazu die Geschwindigkeit um 1.820 m/s erhöht werden. Ist ein Satellit schwerer oder leichter als die maximale Nutzlast der Trägerrakete für den GTO-Orbit, so kann es sinnvoll sein, ihn in einen subsynchronen (SSGTO, Apogäum kleiner als 36.000 km) oder supersynchronen (Apogäum höher als 36.000 km) GTO-Orbit zu befördern. Die meisten zivilen Kommunikationssatelliten haben einen eigenen Antrieb, (Apogäumsmotor) während bei militärischen Nutzlasten die Oberstufe die Zirkusarisierung der Bahn durchführt. Bei kommerziellen Starts ist der GTO mit einem ΔV von 1.500 m/s, wie ihn Arianespace erreicht, Standard. Dies erfordert einen SSGTO beim Start von den USA aus.
  • MEO (Medium Earth Orbit): Mittelhohe Erdbahnen sind alle Bahnen oberhalb des SSO und unterhalb des GEO. Diese Bahnen decken zwar einen Bereich von 1.200 bis 36.000 km Höhe ab. Genutzt wird aber nur eine Zone in 17 bis 24.000 km Höhe. Hier befinden sich die Bahnen der Navigationssatelliten, wie dem amerikanischen Navstar-, dem russischen Glonass- und dem europäischen Galileosystem. Die Umlaufszeit beträgt dann rund 12 Stunden.
  • Fluchtbahnen: Alle Bahnen, bei denen eine Geschwindigkeit erreicht oder überschritten wird, die höher als √2-mal der Geschwindigkeit einer Kreisbahn in dieser Bahnhöhe ist, führen aus der Einflusssphäre der Erde hinaus. Hier ist es üblich, die Größe c, das Quadrat der Geschwindigkeit im Unendlichen anzugeben. In 186 km Höhe beträgt die Fluchtgeschwindigkeit 11.033 m/s. c ist dann 0. Raumsonden zur Venus müssen eine Geschwindigkeit von mindestens 11,2 km/s erreichen, was einem c von 7 km2/s2entspricht. Zum Mars sind es mindestens 11,4 km/s, was c=13 km2/s2entspricht.

Oft wird bei Bahnen, die nicht bestimmten Umlaufszeiten genügen müssen, die Höhe so gewählt, dass sie ein ganzzahliges Vielfaches von Seemeilen (1.852 km = nautische Meile nm) ist. So ist der meist angegebene Standardorbit für Träger, der in 100 nm (185 km) Entfernung von der Erdoberfläche und die ISS soll im Endausbau in 220 nm (407 km) Höhe ihre Kreise ziehen.

Steuerung von Raketen

An dieser Stelle die Erklärung einiger Fachbegriffe, die im Folgenden verwendet werden. Die Aufgabe, eine Rakete, die senkrecht startet, in eine vorgegebene Bahn parallel zur Erdoberfläche in einer bestimmten Höhe umzulenken und das Triebwerk dann abzuschalten, wenn die vorgegebene Geschwindigkeit und Höhe erreicht ist, kann man in drei Teilaufgaben aufteilen: die Feststellung der momentanen Position und Geschwindigkeit (Navigation), die Steuerung der Raketentriebwerke um die Bahn zu verändern und die Lenkung, welche die Unterschiede zwischen Sollbahn und Istzustand verringert.

Problem Nummer 1 kann auf zwei Weisen gelöst werden: Zum einen kann die Rakete selbst diese Daten feststellen. Beschleunigungsmesser