Dr. Reinhard Pohanka, Jahrgang 1954, ist Archäologe am Historischen Museum der Stadt Wien. Zahlreiche Veranstaltungen mit den Schwerpunkten Mittelalter und römische Zeit. Viele Publikationen.

Zum Buch

Der Amerikanische Bürgerkrieg

Der Amerikanische Bürgerkrieg (1861–1865) galt nicht allein der Frage der Moral und der Menschenrechte, sondern er war auch eine Auseinandersetzung um wirtschaftliche Interessen. Diese Kontroverse kostete 630.000 Amerikaner das Leben, mehr, als in allen anderen Kriegen der USA zusammengenommen. Der kleine überschaubare Krieg mit bunt uniformierten Armeen wandelte sich zu einem Vorläufer des technisierten totalen Krieges, in dem man die Zivilbevölkerung angriff, Armeen in kurzer Zeit über den halben Kontinent transportierte, Maschinengewehre, Beobachtungsballone, eiserne Kriegsschiffe mit drehbaren Geschütztürmen und sogar ein Unterseeboot einsetzte.

Das Buch beschreibt die Entstehung, die Geschichte, die Hauptakteure, die großen Schlachten und Feldzüge sowie die Zeit der Rekonstruktion nach dem Krieg und beleuchtet die sozialen, wirtschaftlichen und militärischen Probleme.

Reinhard Pohanka
Der Amerikanische Bürgerkrieg

Reinhard Pohanka

Der Amerikanische
Bürgerkrieg

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ISBN: 978-3-8438-0234-5

www.marixverlag.de

Zum Gedenken an

Brian Caldwell Pohanka

(1955–2005)

Captain of the 5th New York Volonteer Infantry
(Duryee′s Zouaves)

Reenactment Group

Historiker des amerikanischen Bürgerkrieges,
dessen Namen und Vorbild mir die Zuversicht gab,
dieses Buch zu schreiben

INHALT

VORWORT

A. DIE VORGESCHICHTE

1. Die Geschichte der USA von der Revolution bis 1849

2. Die Geschichte der Sklaverei in Nordamerika

3. Der Norden und der Süden

4. Der Weg zur Sezession

B. DAS JAHR 1861

1. Fort Sumter

2. Vorbereitungen zum Krieg

3. King-Cotton-Diplomatie

4. Die erste Schlacht von Bull Run (Manassas)

5. McClellans Reformen

6. Kentucky und Missouri

7. Die Blockade des Südens

8. Texas und New Mexiko

C. DAS JAHR 1862

1. Grants Weg nach Shiloh: Belmont, Fort Henry und Fort Donelson

2. Der Kampf um Arkansas: Die Schlacht von Pea Ridge (Elkhorn Tavern)

3. Shiloh

4. Die Eroberung der Häfen der Konföderation

5. Die Halbinsel-Kampagne

6. Mechanicsville, Gaines Mill und Malvern Hill

7. Die zweite Schlacht von Bull Run

8. Kampf um den Mississippi und Kentucky

9. Der Weg nach Antietam

10. Die Schlacht von Antietam

11. Die Sklavenemanzipation

12. Konföderierte Herbstoffensive im Westen: Die Schlachten von Perryville, Iuka und Corinth

13. Fredericksburg

14. Stones River (Murfreesboro)

15. Vicksburg: Grants erster Angriff

D. DAS JAHR 1863

1. Vicksburg: Grants zweiter Angriff

2. Hookers Aufmarsch in Chancellorsville

3. Chancellorsville

4. Politik in Nord und Süd

5. Taktische Entscheidungen des Südens: Offensive oder Defensive?

6. Lees Vormarsch bis Gettysburg

7. Gettysburg – der erste Tag

8. Gettysburg – der zweite Tag

9. Gettysburg – der dritte Tag

10. Der Fall von Vicksburg

11. Chickamauga

12. Chattanooga

13. Die Ansprache von Gettysburg (Gettysburg Address)

E. DAS JAHR 1864

1. Grants Plan zur Beendigung des Krieges

2. Grants Vorstoß nach Richmond: Wilderness, Spotsylvania, North Anna River, Cold Harbour, Petersburg

Wilderness

Spotsylvania

North Anna und Cold Harbour

Petersburg

3. Shenandoah

4. Shermans Marsch nach Atlanta

Die Schlacht um Atlanta

5. Sheridan erobert das Shenandoah Tal

6. Hoods Angriff auf Tennessee

7. Shermans Marsch zum Meer

F. DAS JAHR 1865

1. Der Beginn des Jahres 1865

2. Shermans Carolinas-Kampagne

3. Richmonds Fall und das Ende bei Appomattox

4. Lincolns Ermordung

G. DIE FAKTEN DES KRIEGES

1. Die Kosten des Krieges

2. Der Süden und der Norden nach dem Krieg

Der Norden nach dem Krieg

3. Die Zeit der Rekonstruktion

Präsidentielle Rekonstruktion (1865–1866)

Radikale Rekonstruktion (1866–1873)

Das Auslaufen der Rekonstruktion (1873–1877)

4. Europa und der Amerikanische Bürgerkrieg

5. Warum der Süden den Krieg verlor

Fehlende Generalstrategie

Staatenrechte

Die Person Abraham Lincoln und die Außenpolitik der Konföderation

6. Die Bedeutung des amerikanischen Bürgerkrieges in der Geschichte

LITERATURLISTE

VORWORT

Als am 19. November 1863 Abraham Lincoln, der 16. Präsident einer USA, die zu diesem Zeitpunkt in zwei Staaten gespalten waren, die erbittert Krieg gegeneinander führten, auf einem neuen Soldatenfriedhof im kleinen Ort Gettysburg in Pennsylvania eine zweiminütige Rede hielt, ahnte er nicht, dass bis heute alle Schulkinder der USA diese Rede auswendig zu lernen haben. Lincoln sprach von der ersten Verfassung der USA, die dem Grundsatz geweiht war, dass »alle Menschen gleich geschaffen sind« und dass in diesem Staat, den USA, die »Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk« nicht untergehen dürfe.

Zwar hatten die Unabhängigkeitserklärung von 1776 und die Verfassung von 1787 nur die Rechte der weißen Bürger im Sinn gehabt, aber Lincoln gab ihnen einen neuen Sinn, indem er, ohne sie namentlich zu erwähnen aber für alle zu verstehen, auch die Schwarzen, ob bereits befreit oder noch Sklaven, mit einschloss. Für ihn bestand das Volk der USA nicht nur aus den weißen Bürgern. Er meinte auch die von ihm zwar durch die Sklavenemanzipation von 1862 befreiten schwarzen Sklaven des Südens, die aber in den konföderierten Staaten noch immer in Ketten lagen. Für ihn war dieser Krieg eine moralische Angelegenheit und damit rechtens zu führen. Und er führte ihn um den Erhalt der Union, weil er voraussehen konnte, dass sich nur aus einer geeinten Nation eine weltweite Großmacht entwickeln würde.

Der amerikanische Bürgerkrieg war das identitätsstiftende Ereignis der amerikanischen Geschichte. Vor 1860 verstanden sich die USA als eine Interessengemeinschaft verschiedenster freier Staaten, die eigene Rechte und Pflichten hatten. Ähnlich wie in der heutigen EU sahen sich viele Bürger der USA zuerst ihrem Staat und dann den USA verpflichtet. Um diese Rechte durchzusetzen, spalteten sich 1861 11 Staaten der USA ab, um einen eigenen Bundesstaat, die »Konföderierten Staaten von Amerika« (CSA) zu gründen. Dieses Recht leiteten sie aus der amerikanischen Verfassung ab. Ob dies rechtens war, ist bis heute umstritten.

Neben den Staatenrechten ging es auch um die Sklaverei. Der Süden und der Norden waren sozial und wirtschaftlich stark unterschiedlich geprägt: ein von Industriellen, Arbeitern und kleinen Farmern dominierter Norden stand einer Sklaven haltenden reichen Pflanzeraristokratie und armen weißen Kleinfarmern mit oft keinen oder nur wenigen Sklaven im Süden gegenüber. Der Süden sah die Sklaverei als Teil seines Lebensstils. Der Norden, der seit 1804 sklavenfrei war, sah ihre Abschaffung als moralische Frage. Zudem stand die Sklaverei auch einer wirtschaftlichen Erschließung des Südens durch den industriellen Norden im Wege, konnte man die Sklaverei und die darauf beruhende Herrschaft der Pflanzeraristokratie beseitigen, so stand den Industrien des Nordens der Weg nach dem Süden offen. Damit war der amerikanische Bürgerkrieg nicht allein ein Krieg um eine Frage der Moral und der Menschenrechte, sondern auch eine Auseinandersetzung um wirtschaftliche Interessen.

Diese Auseinandersetzung kostete von 1861 bis 1865 630.000 Amerikanern das Leben; mehr als in allen anderen Kriegen der USA zusammengezählt. Der Großteil davon starb nicht im Kampf, sondern an Krankheiten auf einem Kriegsschauplatz, der die Ausdehnung von Europa hatte. War man zunächst noch mit den romantischen Vorstellungen eines sauberen kleinen Krieges von bunt uniformierten Armeen angetreten, so änderte sich das Bild bis 1865 zu einem Vorläufer des technisierten, totalen Krieges, in dem man auch die feindliche Bevölkerung angriff und als Produzenten für den Nachschub der Armeen ausschaltete. Am Ende des Krieges konnte man Armeen in kurzer Zeit über den halben Kontinent transportieren, man setzte Maschinengewehre, Beobachtungsballone, eiserne Kriegsschiffe mit drehbaren Geschütztürmen und sogar ein Unterseeboot ein.

Stand auf der Seite der Konföderation der meisterhafte Taktiker Robert E. Lee, von seine Soldaten verehrt wie kaum ein anderen Feldherr und bestrebt, mit dem Leben seiner immer weniger werdenden Soldaten sorgsam umzugehen, so befehligten auf der Seite der Union höchst effiziente Generäle wie Sherman, Grant und Sheridan, die oft mit brutaler Wirksamkeit den Vorteil ihrer überlegenen Soldatenmassen nutzen konnten.

Der amerikanische Bürgerkrieg war der erste Abnutzungskrieg der modernen Geschichte. Die Moral und Tapferkeit der Soldaten der Süd- und Nordstaaten spielten eine geringere Rolle gegen die überlegenen Ressourcen des Nordens. Der Krieg wurde mit Butter und Kanonen entschieden. Der Süden verlor, weil seine Wirtschaft der des Nordens weit unterlegen war.

Der amerikanische Bürgerkrieg hat das 19. Jahrhundert in Amerika geprägt. Er fand seinen Niederschlag in Literatur, Musik und Kunst. Drei berühmte Generäle des Nordens wurden später zu Präsidenten gewählt. Die Erschließung des Westens ist ohne die Veteranen und die wirtschaftlichen Erfahrungen des amerikanischen Bürgerkrieges nicht erklärbar.

Am Ende des Kriegs lag die Hälfte der USA in Trümmern. Daraus entstand eine Nation, die mehr war als die Summe ihrer Teile. Die rekonstruierten Staaten verstanden sich nun als integraler Teil der USA und reduzierten ihre Eigenstaatlichkeit gegenüber den Bundesbehörden. Ohne die Erfahrung des amerikanischen Bürgerkrieges hätten die USA nicht jene dominierende Großmacht des 20. Jahrhunderts werden können, die sie bis heute im Zeitalter des Unilateralismus sind.

Bis heute verknüpfen die USA wirtschaftliche mit moralischen Interessen, wenn es darum geht, Kriege zu führen. Das ist ein Erbe des Bürgerkriegs, genauso wie der Mythos des glücklichen Südens vor dem Krieg oder wie die höhere Rate an Brutalität und Kriminalität, die damals entstand und bis heute nachwirkt. Auch der Glaube, man könne jeden Krieg durch den Einsatz überlegener Mittel gewinnen, stammt aus dieser Zeit – eine Lehre, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und am Beginn des 21. Jahrhunderts zumindest in Vietnam und im Irak nicht bewahrheitet hat.

Was bleibt, ist das Vorbild des amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln, der sein Leben und seine Präsidentschaft dem Krieg untergeordnet und am Ende sich selbst dafür geopfert hat, dass die beiden Kriegsziele – Befreiung der Sklaven und Erhalt der Union – erreicht wurden. Er war die treibende Kraft hinter den Anstrengungen des Nordens und gilt trotz menschlicher Schwächen als einer der größten Präsidenten der USA.

Mit seiner Rede in Gettysburg hat er klar gemacht, dass es um eine Sache ging, die es vielen jungen Männern wert war, ihr Leben zu opfern. Es ging um die eigene Freiheit und die von Anderen, den unterdrückten schwarzen Sklaven des Südens. Der amerikanische Bürgerkrieg war der Krieg, der die Weltkriege des 20. Jahrhundert in Strategie, Material und Grausamkeit bereits vorwegnahm. Er wurde politischer Gründe, aber auch um einer moralischen Frage wegen, der Sklaverei, geführt. Es ist aber der Kampf um die Abschaffung der Sklaverei, der den Menschen im Gedächtnis geblieben ist, nicht die wirtschaftlichen Gründe. Im Grunde war es ein Krieg der Ideen, unterbrochen von Artillerie und Musketenfeuer. Der Norden hatte mehr Divisionen und Fabriken, entscheidend war aber das stärkere Argument, mit dem man in den Krieg zog. Gewonnen hat die Menschlichkeit oder wie U.S. Grant in seinen Memoiren nach dem Kriege sagte: Für den Moment und so lange es einen lebenden Zeugen des Bürgerkrieges gibt, wird es Menschen geben, die die Niederlage der »Sache« bedauern werden, die sie für heilig gehalten haben.

Aber wenn die Zeit vergeht, werden selbst die Menschen im Süden sich zu wundern beginnen, wie es wohl möglich war, dass ihre Vorfahren einer Institution dienten oder sogar dafür kämpften, welche das Besitzrecht an einem anderen Menschen anerkannte.

A. DIE VORGESCHICHTE

1. DIE GESCHICHTE DER USA VON DER REVOLUTION BIS 1849

Die Geschichte der USA von der amerikanischen Revolution bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges lässt sich in drei Perioden teilen: Der Revolutionskrieg und die Formierung des Staates bis 1812, die Expansion in den Westen bis 1849 und die Sklavenfrage bis zur Sezession.

Der Vater der Revolution, George Washington, wurde 1789 zum ersten Präsidenten der USA gewählt. Die Sklavenfrage spielte zu dieser Zeit in der Politik der USA keine Rolle. Washington selbst besaß bis zu 317 Sklaven auf seinem Anwesen Mount Vernon in Virginia, und einer seiner engsten Gefährten, Thomas Jefferson, hatte mit seiner schwarzen Geliebten Sally Hemmings mehrere Kinder.

Die junge Republik konzentrierte sich zunächst auf den Aufbau der internen Strukturen, man führte einen Zensus durch, um die Anzahl der Kongressabgeordneten zu bestimmen, schuf ein Rechtssystem mit einem Obersten Gerichtshof und hatte im Whisky-Krieg von 1794 erstmals mit der Frage der Rechte der einzelnen Staaten (State Rights) zu kämpfen. Bereits in Washingtons Regierungszeit bis 1797 entwickelten sich die Anfänge des Parteienwesens, wobei diese Parteien als Federalists und als Demokratisch-Republikanische Partei bezeichnet wurden.

Unter seinem Nachfolger John Adams (1797–1801) kam es zu einer Änderung in der Einwandererpolitik. Er schob die Frist zur Nationalisierung von Immigranten von fünf auf 14 Jahre hinaus, was auf den Widerstand der Demokraten-Republikaner stieß. Diese wehrten sich dagegen mit einer Passage in der »Kentucky und Virginia Resolution«, in der sich die beiden Staaten das Recht einräumten, auch gegen die Beschlüsse der Union aufzutreten und solche als nichtig zu erklären. Diese Doktrin der »Nullification« sollten die Südstaaten 60 Jahre später als Begründung ihrer Zollpolitik gegenüber dem Norden und in der Frage der Sklaverei als Argument einsetzen.

Mit Präsident Thomas Jefferson (1801–1809) kamen erstmals die Demokraten-Republikaner mit der Politik einer weitgehenden Nichteinmischungspolitik des Staates in die Angelegenheiten der Bürger an die Macht. Jefferson förderte die Ausdehnung der USA nach Westen, indem er Frankreich in der »Louisiana-Purchase« ein Gebiet abkaufte, das etwa so groß war wie die USA selbst. Er setzte die Zeit für die Naturalisierung von Einwanderern wieder auf fünf Jahre fest und förderte damit eine neue Welle der Immigration.

Die Zeit von 1805 bis 1815 war gekennzeichnet von den Auswirkungen der napoleonischen Kriege in Europa auf die USA. Nachdem England eine Seeblockade gegen Frankreich, die Kontinentalsperre, verkündete hatte, setzte es diese auch gegen amerikanische Schiffe mit einer Blockade der amerikanischen Küste durch, was den Export von amerikanischen Gütern nach Europa größtenteils zum Erliegen brachte. 1812 wollten die USA diese Einschränkungen ihres Handels nicht mehr hinnehmen und erklärten England den Krieg, der an der Nordgrenze zu Kanada, auf See und, schon nachdem man einen Frieden in Gent geschlossen hatte, in der Schlacht von New Orleans 1815 stattfand und den die USA siegreich beendeten. Dieser Krieg gab den USA einen starken moralischen Aufschwung und machte den Sieger von New Orleans, Andrew Jackson, zur populären Figur. Mit der Beendigung des Krieges war die Phase der Revolution und der Konsolidierung der USA abgeschlossen. Das Augenmerk der amerikanischen Bürger richtete sich auf die weiten, unerschlossenen Gebiete des Westens und auf den Ausbau der Industrie im Norden, während der Süden seine Landwirtschaft immer stärker auf den Anbau von Baumwolle konzentrierte und glaubte, ohne Sklavenarbeit nicht auskommen zu können.

Die Zeit von 1817 bis 1825 wird in der amerikanischen Geschichte die »Zeit der guten Gefühle« genannt. In dieser Zeit, der Präsidentschaft von James Monroe, entwickelten die USA die Monroe Doktrin, welche eine strikte Nichteinmischung der USA in die europäische Politik vorsah, aber auch keine Einmischung europäischer Staaten in den beiden Amerikas zuließ. Gleichzeitig kollabierte die Federalisten-Partei, die unter Präsident Andrew Jackson (1829–1837) durch die Partei der nationalen Republikaner, später »Whigs« genannt, ersetzt wurde, denen eine neugegründete Demokratische Partei gegenüberstand. Jackson konzentrierte sich auf die Expansion nach Westen, den Ausbau der Industrie und die Schaffung eines staatlichen Bankenwesens. Um neues Land für Siedler zu finden, ließ er die noch östlich des Mississippi verbliebenen Indianerstämme vertreiben und siedelte diese in Indianerterritorien westlich davon an.

Unter seiner Regierung kam es zur »Nullification-Krise«, in welcher erstmals ein einzelner Staat, South Carolina, den Bundesstaat herausforderte. Anlass des Streites war die Höhe von Importzöllen, sodass South Carolina die Vorgaben der Bundesregierung als nullifiziert betrachtete. Zwar konnte bald ein Kompromiss ausgearbeitet werden und kein anderer Staat im Süden stellte sich auf die Seite South Carolinas, worauf dieser bald einlenkte. Dennoch hatte sich gezeigt, dass es einem Staat möglich war, sich auf gesetzlicher Basis gegen die Bundesregierung in Washington aufzulehnen, eine Lektion, die man im Süden nicht vergessen sollte.

Gleichzeitig strömten vermehrt Siedler in den Westen. Die USA sahen es als ihr Recht, den Westen zu erschließen. Man nannte dies die Ideologie des »manifest destiny«. Die Vorgangsweise war stets die gleiche: zunächst kamen Trapper und Fallensteller wie Daniel Boone oder John C. Frémont, etablierten Handelsposten mit den Indianern und zogen weitere Siedler nach, die dann von der Armee beschützt werden mussten, welche die Indianer weiter zurücktrieb.

Viele Siedler aus dem Osten strömten in die Republik Texas, die sich 1836 gewaltsam von Mexiko abgespalten und für selbstständig erklärt hatte und nun als Bundesstaat den Anschluss an die USA suchte. Da neben der Republik Texas auch die Territorien von Kalifornien und New Mexiko zwischen den USA und Mexiko umstritten waren, versuchte Präsident James Polk (1845–1849), diese zunächst Mexiko abzukaufen. Als Mexiko einen Verkauf ablehnte, sah er dies als Kriegsgrund und verkündete am 1. März 1845 die Annexion von Texas. Am 13. Mai 1846 erklärte er Mexiko den Krieg und entsandte Truppen unter General Winfield Scott nach Mexiko, welche Vera Cruz, Monterey und Mexiko City eroberten und das Staatsgebiet von Mexiko um zwei Drittel zu Gunsten der USA reduzierten. In diesem Krieg kämpften als junge Soldaten und Offiziere jene Männer, welche zwanzig Jahre später die Truppen der Union und der Konföderation befehligen sollten.

Als 1849 der Goldrausch in Kalifornien ausbrach, waren Teile der Indianerterritorien bereits von Pfaden durchzogen, welche Siedler in den Westen brachten. Hatte Thomas Jefferson noch geglaubt, es würde in der Union am ehesten zu Spannungen zwischen den großen und kleinen Staaten kommen, so wurde es ab 1850 klar, dass der eigentliche Konflikt zwischen Nord und Süd entstehen und die Frage der Sklaverei die Union spalten sollte.

2. DIE GESCHICHTE DER SKLAVEREI IN NORDAMERIKA

Von 1619 bis 1865 wurden Schwarzafrikaner innerhalb der Grenzen der englischen Kolonien in Nordamerika und innerhalb der USA als Sklaven gehalten, gehandelt und verkauft. Daneben gab es noch im 17. Jahrhundert das Problem der indianischen Sklaven.

Besonders die frühe Entwicklung der amerikanischen Kolonien beruhte auf billiger Sklavenarbeit. Es wird angenommen, dass etwa eine halbe Million Schwarzafrikaner bis 1808 nach Amerika gebracht wurden. Danach wurde zwar die Einfuhr von Sklaven verboten, die schwarze Sklavenbevölkerung stieg aber bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges auf etwa vier Millionen Menschen.

Die Geschichte der Sklaverei in Nordamerika beginnt mit der Ankunft eines holländischen Schiffes in der Kolonie von Jamestown in Virginia im Jahre 1619, als der Kapitän des Schiffes 20 Schwarzafrikaner als Vertragssklaven zum Kauf anbot, die ihren Kaufpreis in einer vereinbarten Zeit abarbeiten sollten.

Da in Virginia keine Gesetze über das Wesen der Sklaverei bestanden, scheint sich der Übergang von Vertragssklaverei zu dauerhafter Sklaverei langsam vollzogen zu haben. Auch Vertragssklaverei von Weißen war üblich, die damit Schulden abarbeiten konnten. Als allerdings 1640 drei Vertragssklaven in Maryland entflohen und wieder gefasst wurden, verurteilte man die Weißen nur zu vier Jahren weiterer Sklaverei, der einzige Schwarzafrikaner wurde hingegen dazu verurteilt, seinem Herrn bis zu seinem Lebensende zu dienen.

Ab 1661 wurde in Virginia die Sklaverei gesetzlich geregelt, bezog sich aber vorläufig nur auf weiße Sklaven. Im folgenden Jahr wurde allerdings festgestellt, dass Kinder stets dem Status der Mutter zu folgen hatten und somit als Sklaven geboren wurden, wenn auch die Mutter Sklavin war.

Bis 1705 sollte der Status der Sklaven in Amerika unklar bleiben, bis er in einem Sklavenkodex geregelt wurde.

Von 1600 bis 1800 bestand der Großteil der Sklavenbevölkerung aus Weißen und aus gefangenen Indianern. Bereits zu dieser Zeit begann sich die geographische Aufteilung der Sklaven in Nordamerika abzuzeichnen. In den nördlichen Staaten waren es vor allem weiße Schuldner, Kleinkriminelle, Kriegsgefangene und Indianer, die als Zeitsklaven gehalten wurden: In den Südstaaten importierte man Schwarzafrikaner, die auf den immer größer werdenden Indigo-, Reis und Tabakplantagen eingesetzt wurden. Baumwolle spielte zu dieser Zeit noch keine Rolle in der Agrarproduktion.

Nach 1776 fasste die Antisklavereibewegung, ausgehend von Pennsylvania, dem Quäkerstaat, immer stärker Fuß in den Vereinigten Staaten. In der amerikanischen Revolution bestand weitgehende Einigung darüber, die Sklaverei als Übel anzusehen, das abgeschafft werden sollte. In der Massachusetts-Verfassung von 1780 wurde festgestellt, dass alle Menschen frei und gleich geboren sind, worauf der Sklave Quork Walker gegen seinen Herrn auf Freilassung klagte und mit dieser Argumentation seine Freiheit gewann.

Die nördlichen Staaten verboten ab 1787 die Sklaverei. Die letzten Staaten, die sie abschafften, waren New York 1799 und New Jersey 1804.

Hatte die Revolution noch das Ende der Sklaverei vorgesehen, so änderte sich 1793 die Lage durch die Erfindung der »Cotton Gin« von Eli Whitney, die es ermöglichte, schnell und einfach die Baumwolle von den Samen zu trennen. Dies machte große Anbauflächen von Baumwolle im Süden möglich, zu deren Bestellung man Sklaven zu brauchen glaubte.

Während der ersten Hälfe des 19. Jahrhunderts wurde die Sklavenfrage zwar langsam, aber immer drängender zur wichtigsten politischen Frage in den Vereinigten Staaten. Eine Ablehnungsbewegung, der »Abolitionismus«, fasste aus England kommend Fuß und erreichte, dass ab 1808 der Import von Sklaven eingestellt wurde. Gegen diese Strömung wandten sich immer mehr Landeigner in den Südstaaten, welche die Sklaverei in einer defensiven Umschreibung als »besondere Institution« betrachteten, um sie von anderen Arten der Zwangsarbeit zu unterscheiden.

Ab 1816 formierte sich die »American Colonization Society« mit dem Ziel, schwarzafrikanische Sklaven nach Westafrika zu repatriieren. 1822 konnte ein erster Transport von ehemaligen Sklaven in die neu gegründete Kolonie Liberia gebracht werden.

1831 erschien erstmals eine der wirksamsten Zeitungen gegen die Sklaverei, der von William Lloyd Garrison herausgegebene »Liberator«, der bis zur Sklavenemanzipation das Kampfblatt der »American Anti-Slavery Society« werden sollte, die aktiv und ohne politische Bindung die Sklavenbefreiung vertrat.

Nachdem es in der amerikanischen Verfassung einen »Drei-Fünftel Kompromiss« betreffend der Zählung von Sklaven gab, welche es den Südstaaten ermöglichten, über ihre tatsächliche Einwohnerzahl im Kongress vertreten zu sein, konnten sie danach weitreichende Gesetze betreffend flüchtiger Sklaven durchsetzen. Dagegen wandten sich einzelne Nordstaaten, die aktiv versuchten, geflohene Sklaven aus dem Süden nach dem Norden zu schmuggeln, wenngleich die erhöhte Zahl von ehemaligen Sklaven in einigen Städten des Nordens zu sozialen Unruhen führte.

Weitere Differenzen traten 1845 auf, als sich die »Südliche Baptisten-Convention« gründete, die als Beleg für die Rechtmäßigkeit der Sklaverei die Bibel heranzog und damit bestätigte, dass Christen Sklaven halten durften. Darauf spalteten sich die nördlichen Baptisten ab, gleiches erfolgte auch in der Methodistenkirche und bei den Presbyterianern. 1844 wurde der Konflikt durch die »Home Mission Society« verschärft, die feststellte, dass niemand Prediger oder Missionar sein durfte, der Sklaven besaß.

Die Ausweitung der Vereinigten Staaten nach Westen schuf weitere Probleme, da sich immer wieder die Frage stellte, ob ein neu in die Union aufzunehmender Staat ein Sklavenhalterstaat sein sollte oder nicht. Die Mehrzahl der Staaten des Mittelwestens beschloss 1820 im »Missouri Kompromiss«, die Sklaverei zu verbieten und schloss sich damit den sklavenfreien Nordstaaten an. Als Grenzlinie wurden der Ohio und die sogenannte Mason-Dixon-Linie festgelegt, die zwischen dem Sklavenstaat Maryland und dem sklavenfreien Staat Pennsylvania verlief.

1854 kam es zur Verabschiedung des Kansas-Nebraska-Aktes, der für weitere Entzweiung der Parteien sorgte. Das Nebraska-Territorium sollte als Staat in die Union aufgenommen werden und wurde, um beide Parteien zu befriedigen, in zwei Staaten geteilt, wovon Nebraska nördlich, Kansas südlich der Mason-Dixon-Linie lag. Dennoch wurde auf Betreiben des Politikers Stephen A. Douglas festgelegt, dass sich die Bevölkerung beider Staaten in einer Abstimmung frei für oder gegen die Sklaverei entscheiden sollten. Besonders in Kansas kam es darauf zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen, die als »blutendes Kansas« (bleeding Kansas) bezeichnet wurden. Weder Kansas noch Nebraska wurden, da ihr Status nicht geklärt werden konnte, als Staaten aufgenommen, was den Senator John Hammond aus South Carolina zum Ausspruch brachte: Wenn Kansas nicht als Sklavenstaat in die Union zugelassen wird, kann es dann für die Südstaaten ehrenhaft sein, in ihr zu verbleiben? Kansas war ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Bürgerkrieg, da er die Kompromisse von 1820 und 1850 aufhob. Im Süden mehrten sich die Stimmen, die daran dachten, die Union zu verlassen.

Die Frage der Sklaverei veränderte auch die politische Landschaft der USA radikal. 1854 fand sich eine Koalition aus der alten Whigpartei und den Demokraten des Nordens zu einer neu gegründeten Republikanischen Partei zusammen, um den immer größer werdenden Einfluss der Demokraten des Südens, die mehrheitlich die Sklaverei verteidigten, in Washington zu bekämpfen.

1857 stieß der oberste Gerichtshof der USA mit der »Dred-Scott-Entscheidung«, dass Sklavenhalter, auch wenn sie mit ihren Sklaven von einem Sklavenstaat in einen Nicht-Sklavenstaat wechselten, noch immer Eigentümer der mitgeführten Sklaven waren, bei den Nordstaaten und den Republikanern auf breite Ablehnung. Diese Entscheidung brachte den kleinen Rechtsanwalt und Republikaner Abraham Lincoln aus Springfield, Illinois, dazu, in die Politik zu gehen und das Amt des Präsidenten zu suchen.

3. DER NORDEN UND DER SÜDEN

Bis um 1850 hatten sich der Norden und der Süden auseinandergelebt. Einer der Gründe dafür war die starke Industrialisierung des Nordens, der mit dem Bau des Erie-Kanals und der Eisenbahnen neue Ost-West-Achsen im Verkehr geschaffen hatte, welche die traditionellen Nord-Süd-Achsen ablösten. Zahlreiche Industriebetriebe waren entstanden, die, stark kapitalistisch geführt, die Entstehung eines Industrieproletariats begünstigten, welche die kleinen Gewerbetreibenden und Handwerker in den Städten als Hauptbewohner ablösten. Die politisch bestimmenden Gesellschaftsschichten waren Investoren und Industrielle, die einen ungezügelten Kapitalismus betrieben und stets auf der Suche nach lukrativen Neuerungen und Investitionen waren.

Der ländliche Raum im Norden blieb von kleinen Farmern und von Kleinstädten geprägt, in denen sich eine stark unternehmerisch ausgerichtete und wertkonservative Bevölkerung niederließ. Fast alle Staaten des Nordens hatten bis 1850 das allgemeine Wahlrecht für Männer eingeführt.

Ebenso kam der Großteil der Einwanderer in den Nordstaaten an und konnte hier besonders in den Staaten westlich der Appalachen angesiedelt und integriert werden.

Die Gesellschaft im Süden war zwar ebenfalls demokratisch legitimiert, allerdings standen an der Spitze der Staaten reiche Pflanzeraristokraten, die ihren Profit aus Plantagen und Farmen bezogen. Diese lebten wie die Aristokraten Europas, verachteten Handel, Industrie und Geschäfte, die man den »Yankees« aus dem Norden überließ. Man schickte seine Söhne in die Militärakademie West Point zur Erziehung und beschäftigte sich mit Politik, Juristerei, der Kirche und der Verwaltung der Plantagen. Es ist dies das Bild des »Antebellum-South« wie er verkitscht in Margret Mitchells Roman »Vom Winde verweht« tradiert wurde.

Eine gut ausgebildete Mittelschicht war nur gering vorhanden. Darunter kamen die armen Kleinfarmer und die Sklaven. Zwar besaßen die Staaten des Südens über die Demokratische Partei die Mehrheit im Süden wie auch in Washington, diese hatten aber keine ausreichende wirtschaftliche und soziale Basis. Wollten sie ihre Macht behalten, mussten sie auf dem Status Quo beharren und keine Veränderungen zulassen.

In den Jahren vor dem Krieg gab es im Süden wenige Investitionen in die Industrie, die nur etwa 10 % des Volumens des Nordens erreichten, das Eisenbahnnetz betrug 30 % des gesamten Eisenbahnnetzes der Union. Zwar waren die Erträge aus dem Anbau von Baumwolle, Zuckerrohr, Reis und Tabak beträchtlich, die intensiven Anbauformen und Monokulturen erschöpften aber den Boden schnell, sodass der Großteil des Profits investiert werden musste, um neue Gebiete landwirtschaftlich zu erschließen und in Sklaven zu investieren.

Auch der Süden hatte seine Immigranten, die aber aus Mangel an geeignetem freien Land, das in immer größerem Maße von Plantagen beansprucht wurde, weiter nach Westen zogen. Die erste Welle von Einwanderern zur Eroberung der Gebiete westlich des Mississippi kam aus dem Süden und führte dazu, dass sich Staaten wie Texas später zur Konföderation bekennen sollten.

Allerdings schufen die besonderen Verhältnisse im Süden vor 1860 ein eigenen Typ von Menschen, der sich den »Yankees« im Norden als überlegen ansah und selbst die »armen Weißen« waren noch im Elend stolz. Dieses Klima sollte mit Beginn des Krieges zur Fehleinschätzung führen, dass ein Konföderierter am Schlachtfeld sechs »Yankees« aufwog, und übersehen, dass man Kriege nicht mit Vorurteilen und Stolz, sondern mit Menschen und Kanonen gewinnt.

Das Hauptproblem, das eine soziale und wirtschaftliche Weiterentwicklung des Südens verhinderte, war die Sklaverei als die »besondere Institution«, ohne die man glaubte, wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig zu sein und die man als zum Lebensstil des Südens gehörig ansah.

1860 gab es auf der Welt nur mehr drei Staaten, in denen Sklaven gehalten wurden: Brasilien, Kuba und der Süden der USA. Sklaverei war dabei keineswegs so weit verbreitet wie angenommen. Von den 6.184.477 Einwohnern, die 1850 den Süden bewohnten, besaßen nur 347.525 Sklaven. Nur einem kleinen Teil von ihnen gehörten mehr als 10 Sklaven, nur 11 Personen besaßen mehr als 500. Man zählte 8000 Plantagenbesitzer, die 50 oder mehr Sklaven hatten.

Plantagensklaven gab es vor allem im tiefen Süden. Die Mehrzahl der Sklaven arbeitete mit der Familie des Eigners gemeinsam auf den Feldern.

Moderne Untersuchungen haben ergeben, dass die Sklaverei im Süden unwirtschaftlich war, selbst wenn ein Sklave nur 24 Dollar an Unterhalt, Nahrung und Kleidung im Jahr kostete. Auch auf großen Plantagen war nur ein Drittel der Sklaven direkt an der Produktion beteiligt. Der Rest waren Alte und Kinder. Die Arbeitsproduktivität lag bei einem Drittel eines freien Arbeiters in den Nordstaaten, da der Verbrauch von agrarischen Gütern und Geräten durch absichtliche schlechte Behandlung weit höher war als im Norden. Sabotage und passiver Widerstand auf den Farmen waren allgemein und führten dazu, dass viele kleine Sklavenhalter zwar einen beträchtlichen Wert an Sklaven besaßen, diesen aber nicht entsprechend in Profit umsetzen konnten.

Sklaven wurden in Haussklaven, welche die Haushaltspflichten erledigten, und Feldsklaven unterteilt; Sklaven konnten als Ammen und Diener im Haus des Masters leben, die Feldsklaven waren in eigenen Sklavensiedlungen untergebracht. Die eigene Klasse der »Fancy Girls«, Sklavinnen, die durch Weiße sexuell ausgebeutet wurden, sorgten für die halbe Million an Mulatten unter der Sklavenbevölkerung, die selbst wieder zu Sklaven wurden. Die Behandlung der Sklaven oblag dem Eigner und die Verhältnisse waren dabei durchaus unterschiedlich. Grausamkeiten wie Auspeitschungen und zwangsweisen Verkauf gab es ebenso wie vernünftige Behandlung ohne Körperstrafen, um den Wert des Sklaven zu erhalten. Dennoch wurde die Peitsche als das geeignete Mittel zur Disziplinierung angesehen. Grausamkeiten waren die gezielte »Aufzucht« von Sklaven, um die Kinder dann günstig zu verkaufen, wie auch das Zerreißen von Familien durch Verkauf.

Obwohl es sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts auch in den Südsaaten abzeichnete, dass schon aus wirtschaftlichen Gründen Sklavenarbeit aufgegeben werden konnte, ohne die Produktion wesentlich zu beeinträchtigen, hielt die aristokratische Gesellschaft des Südens aus prinzipiellen und politischen Erwägungen weiter daran fest. Dies brachte die Verlagerung der Sklavenproblematik von einer ökonomischen zu einer moralischen Frage mit sich, die dazu führte, dass der Süden trotz aller wirtschaftlichen Argumente auf seinem Recht bestand, Sklaven zu halten, selbst wenn darüber die Union zerbrechen sollte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass man drei Gründe für den amerikanischen Bürgerkrieg aus der Unterschiedlichkeit der Nord- und Südstaaten festmachen kann: Das Problem der eingeforderten Staatenrechte der Südstaaten gegen den Washingtoner Zentralismus, der Konflikt der industriell dominierten Nordstaaten gegen den landwirtschaftlichen Süden und der Gegensatz Sklaverei gegen Abolitionismus.

Beide Seiten glaubten aber, dass jeweils die Gegenseite rechtzeitig noch vor einem Kriege einlenken würde. Im Süden sah man die Bewohner des Nordens als geldgierige Händler und Krämer, die nur schlechte und feige Soldaten abgeben würden. Im Norden betrachtete man die Bewohner des Südens als degenerierte Sklavenhalter, die schon aufgeben würden, wenn sie merkten, dass es dem Norden ernst war. Diese Fehleinschätzung und das Errichten von Klischees sollten dazu führen, dass der Krieg immer wahrscheinlicher wurde.

4. DER WEG ZUR SEZESSION

1857 kam mit Präsident James Buchanan ein Mann an die Macht, der in keiner Art und Weise die Befähigung hatte, die immer weiter auseinanderbrechende Union zusammenzuhalten. Zwar hätte nicht viel gefehlt und die neu gegründete Republikanische Partei hätte die Wahlen gewonnen. Das Resultat war aber, dass die Republikaner nun den Süden aufgaben, der allein den Demokraten verblieb, während sie sich auf den Norden konzentrierten. Die nächsten Wahlen von 1860 würden, soviel war klar, die endgültige Auseinandersetzung des Nordens mit dem Süden bringen.

Im Norden betrat eine neue politische Figur die Bühne – Abraham Lincoln. Er war 1809 geboren, entstammte einer armen Familie aus Virginia und war in Kentucky und Illinois aufgewachsen. Seine eigentliche Erziehung erhielt er erst als Jugendlicher. Er studierte Recht und führte eine kleine Anwaltspraxis in Springfield, Illinois. Militärische Erfahrungen machte er als Captain der Miliz im Black-Hawk-Krieg und saß acht Jahre in der Legislatur von Illinois.

Was Lincoln in die große Politik brachte, war die »Dred-Scott-Entscheidung« des Obersten Gerichtshofes der USA, in der es um die Freiheit eines Sklaven ging, die ihm vom obersten Bundesgericht, das mit Demokraten des Südens besetzt war, verweigert wurden. Dies stärkte die gegen die Sklaverei gerichtete Bewegung des Nordens und brachte die Staaten Minnesota und Ohio dazu, die Sklaverei und den Besitz von Sklaven auf ihrem Staatsgebiet zu verbieten.

1858 bewarb sich Lincoln für den Senatssitz von Illinois und führte gegen seinen Gegner, den berühmten Redner und Politiker Stephen Douglas, eine Reihe von Rededuellen. Im Wesentlichen ging es darum, dass Douglas der Meinung war, jeder neue Staat in der Union solle selbst entschieden, ob er die Sklaverei wolle (popular souvereignty), während Lincoln dies bundesstaatlich regeln wollte. Lincoln meinte, dass »ein geteiltes Haus nicht bestehen könne«; entweder akzeptierten alle Staaten die Sklaverei oder keiner: Eine Koexistenz war nicht möglich. Lincoln verlor die Wahl knapp, hatte aber durch seine Reden im ganzen Land Aufmerksamkeit erlangt.

Mit Reden allein war es aber nicht mehr getan. Manche Abolitionisten des Nordens gingen daran, die Auseinandersetzung auf eine gewalttätige Ebene zu stellen. Darunter war John Brown aus Connecticut, der Guerillakrieg und Terror gegen Sklavenbefürworter predigte. Brown hatte eine gewalttätige Vergangenheit. Er war an den Unruhen im »bleeding Kansas« und am »Pottawatomie-Massaker« von 1856 beteiligt gewesen. 1859 ging er mit der Unterstützung reicher Bürger aus Massachusetts nach Virginia, um Sklaven zu befreien. Am 17. Oktober 1859 stürmte er mit 18 Männern das Unions-Arsenal von Harpers Ferry mit dem Plan, die Sklaven in Virginia zu bewaffnen und zum Aufstand anzustacheln. Sein Plan schlug fehl und wenige Tage danach wurde er von einer Abteilung Marines unter dem Befehl von Robert E. Lee und Jeb Stuart überwältigt. Er wurde in Virginia zum Tode verurteilt und am 2. Dezember 1859 hingerichtet. Auf dem Weg zum Galgen sprach er die prophetischen Worte, »…dass sich die Sünde der Sklaverei nur mit Blut von der Union abwaschen lassen würde«.

Gespannt wartete man auf die Präsidentenwahlen im November 1860. Kurz davor spaltete sich die Demokratische Partei: der Norden nominierte Stephan A. Douglas, der Süden den Vizepräsidenten John Breckinridge. Die Republikanische Partei entschied sich für den als moderaten Sklavengegner bekannten Abraham Lincoln, dessen mögliche Wahl dem Süden aber bereits so unerträglich schien, dass er in diesem Falle laut über die Sezession nachdachte. Lincoln gewann zwar nicht mit der Majorität der Stimmen, aber mit der Mehrzahl der Wahlmänner. South Carolina machte daraufhin seine Drohung wahr und erklärte am 20. Dezember 1860 den Austritt aus der Union.

Lincoln, der erst Anfang März 1861 in sein Amt eingeführt werden konnte, war in der Zwischenzeit machtlos. Er versuchte zwar zu vermitteln, konnte aber nicht gegen sein Gewissen agieren und verhinderte den einzig möglichen Ausweg aus der Krise, den der Süden akzeptiert hätte: die Ausdehnung des Missouri-Kompromisses von 1820 auf alle Territorien westlich des Mississippi.

Der Südennutzte die Zeit der Amtsübergabe vom schwachen Präsidenten Buchanan, der in diesem Konflikt völlig unbeteiligt blieb, an Lincoln, der am 4. März 1861 in sein Amt eingeführt wurde. An diesem Tag fand er vollendete Tatsachen vor. Sechs weitere Staaten waren bis dahin von der Union abgefallen, Mississippi am 9. Januar, Florida am 10. Januar, Alabama am 11. Januar, Georgia am 19. Januar, Louisiana am 26. Januar und Texas am 1. Februar. Anfang Februar trafen sich die Vertreter dieser Staaten in Montgomery, Alabama, und gründeten die »Konföderierten Staaten von Amerika« (CSA). Der erste Kongress wurde am 4. Februar abgehalten und verabschiedete eine provisorische Verfassung. Am 8. Februar wurde Jefferson Davis zum ersten Präsidenten der CSA bestellt.

Davis war Berufsoffizier gewesen, war Mexiko-Veteran, Gentlemanfarmer und hatte lange Jahre Sitze im Repräsentantenhaus sowie im Senat inne. Unter Präsident Buchanan war er Kriegsminister der USA gewesen. Zunächst gegen die Sezession eingestellt, hatte er als Senator Mississippi aus der Union geführt.

Davis war ein großgewachsener, schlanker Mann, der seine Gegenüber oft irritierte, weil er sie anzustarren schien, da sein linkes Auge fast erblindet war. Am liebsten wäre er General in der Armee der CSA gewesen, wo er sich wahrscheinlich auch bewährt hätte. Als Politiker war er steif und unflexibel und lag ständig im Streit mit seinen Kollegen in der Regierung wie auch den Gouverneuren der Konföderation. Dennoch meinte man im Süden, dass sich in ihm »… der Mann und die Stunde gefunden hatten«.

Nachdem Fort Sumter am 14. April 1861 von den Konföderierten erobert worden war, schlossen sich vier weitere Staaten der Rebellion an: Virginia am 17. April, Arkansas am 6. Mai, Tennessee am 7. Mai und North Carolina am 20. Mai. Die verbliebenen vier Sklavenstaaten, Maryland, Delaware, Missouri und Kentucky, waren unentschlossen, konnten aber unter heftigem Druck aus Washington in der Union gehalten werden.

Mit welchen Chancen gingen die beiden amerikanischen Nationen in den Krieg? Der Norden hatte den Vorteil von 23 Staaten gegen 11 Südstaaten, seiner Industrie und Eisenbahnen und der höheren Bevölkerungszahl. Der Süden hatte ein starke militärische Tradition und war besser auf den Krieg vorbereitet: Bereits vor der Amtseinführung Lincolns hatte er eine Freiwilligenarmee von 100.000 Mann aufgerufen. Der Süden beabsichtigte einen defensiven Krieg zu führen. Wollte der Norden siegen, so musste er in die Südstaaten eindringen und (»verdammt viel Geographie«) diese besetzten. Der Süden hatte zu Beginn die besseren Generäle und die grauuniformierten Soldaten des Südens fühlten sich den Blauen des Nordens moralisch und kämpferisch überlegen. Der Süden wollte aushalten, bis sich die öffentliche Meinung im Norden gegen den Krieg wandte. Der Norden hatte den Vorteil, in Abraham Lincoln den besseren und kompromissloseren Präsidenten zu besitzen. Dieser sah es als seine Aufgabe, die Einheit der Union zu retten und er sprach davon, dass er es auch tun würde, wenn er damit keinen einzigen Sklaven befreien könne. Dabei war von der Sklaverei in den ersten Kriegsmonaten nicht mehr die Rede, Jefferson Davis hatte sie in seiner Inaugurationsrede nicht einmal erwähnt.

Aber dennoch war es allen klar, dass der Kriegsgrund auf der Philosophie des Südens beruhte, die nach den Worten von Vizepräsidenten Alexander Hamilton Stephens besagte, dass »… es die ganze Wahrheit ist, dass der Neger dem weißen Mann nicht ebenbürtig ist und dass seine Sklaverei – die Unterordnung unter eine überlegene Rasse – sein natürlicher Zustand und sein normales Leben sein muss.«

Lincoln nannte die Sklaverei zunächst nur einen Disput und nicht als Kriegsgrund; er verteidigte die Union, die Südstaaten verteidigten ihre Existenz, die auf der Trennung von der Union beruhte und damit die Sklaverei. Es ging um den Stolz der Südstaaten, deren Pflanzeraristokratie sich nichts mehr von den vulgären Yankees vorschreiben lassen wollte. Im Norden hofften die Industriellen, dass eine Niederlage des Südens diese Staaten einer weitgehenden Industrialisierung öffnen würden.

In seiner Inaugurationsrede beschwor Lincoln nochmals die Einheit der Union, weil es den Staaten nicht möglich sei, sich auf Grund selbst zugestandener Rechte abzuspalten. Er wolle kein Blutvergießen, sollten aber die Südstaaten Besitzungen der Bundesregierung angreifen oder besetzen, wäre dies ein Kriegsgrund. Wörtlich sagte er: »In euren Händen, meine unzufriedenen Landsleute, nicht in den meinen, liegt die folgenschwere Entscheidung über einen Bürgerkrieg. Die Regierung wird euch nicht angreifen. Ihr könnt keinen Konflikt haben, ohne selbst die Angreifer zu sein. Ihr habt einen heiligen Eid geschworen, die Union zu stürzen, ich aber den heiligsten, sie zu erhalten.«

Auch in der Konföderation gab es besonnene Politiker, die vor einem Krieg zwischen den Staaten warnten, darunter der Gouverneur von Texas, Sam Houston, der der Union treu blieb und abgesetzt wurde: »Ihr werdet vielleicht, nachdem ihr Millionen von Dollars und Tausende von Leben vergeudet habt, für den Süden die Unabhängigkeit gewinnen .… aber ich bezweifle das. Ich glaube zwar auch an den Grundsatz der Staatenrechte, aber der Norden ist entschlossen, die Union zu erhalten. Die sind nicht so heißblütig und impulsiv wie ihr, aber wenn sie einmal beginnen, sich in eine Richtung zu bewegen, dann tun sie es mit der Dauerhaftigkeit und der Wucht einer Lawine.«

Aber nachdem es beiden Seiten klar war, dass es einen Krieg geben würde, hatte man den gemeinsamen casus belli schon ausgemacht – Fort Sumter im Hafen von Charleston.

B. DAS JAHR 1861

1. FORT SUMTER

Kurz nach seiner Inauguration am 4. März 1861 stand Lincoln vor der schwersten Entscheidung seiner jungen Präsidentschaft: Wie beginnt man einen Krieg, ohne den ersten Schuss abzufeuern? Dasselbe Problem hatte auch Jefferson Davis und deshalb war es ihm ein Anliegen, seinen kommandierenden General in Charleston, P.T. Beauregard, vorläufig zurückzuhalten. Diese vorsichtige Haltung kam nicht von ungefähr, war es doch bisher Sitte in der amerikanischen Politik gewesen, dass stets der »Feind« den ersten Schuss abzufeuern hatte, damit sich die USA sicher sein konnten, dass sie »nur zu Zwecken der Verteidigung« gehandelt hatten. Lincoln hätte leicht eine bewaffnete Flotte nach Charleston senden können, doch scheute er diesen Akt der Aggression. Er setzte auf eine fortlaufende Eskalation und Steigerung des Druckes auf Jefferson Davis. Lincoln hatte die Wahl – entweder bewaffneter Einsatz von Fort Sumter, steigender Druck auf die konföderierte Regierung in Montgomery, oder das Fort aufzugeben.

Außenminister William Henry Seward versuchte Lincoln dazu zu bringen, Fort Sumter aufzugeben und statt dessen Krieg mit Spanien und Frankreich über Gebiete in der Karibik zu suchen, um so die Nation wieder zu vereinen. Hinter dem Rücken Lincolns setzte Seward auf eine konziliante Politik gegenüber der Konföderation und versprach ihr, dass die Union in kurzer Zeit Fort Sumter räumen würde. Das brachte Davis dazu, drei Emissäre nach Washington zu senden, um die Bedingungen für die Übergabe von Fort Sumter und von Forts in Florida auszuhandeln. Die Gesandten waren völlig überrascht, als Lincoln sich weigerte, sie zu empfangen, da er sie damit als gleichberechtigte Partner anerkannt hätte. Seward versprach ihnen weiter die friedliche Räumung von Fort Sumter, obwohl er wusste, dass Lincoln bereits Captain Gustavus Fox dorthin geschickt hatte, um zu erkunden, ob sich das Fort über den Seeweg versorgen ließ. Fox stimmte dem zu und am 6. April 1861 gab Lincoln ihm den Befehl Fort Sumter mit einer kleinen Flotte zu versorgen.

Am 8. April erreichte den Gouverneur von South Carolina ein Gesandter der Union, der ihm mitteilte: »Ich bin vom Präsidenten der Vereinigten Staaten aufgefordert worden, ihnen mitzuteilen, dass sie einen Versuch Fort Sumter zu versorgen zu erwarten haben. Diese Versorgung umfasst nur Lebensmittel, und wenn dieser Versuch nicht verhindert wird, so wird kein weiterer gemacht werden, um Männer oder Waffen nach Sumter zu bringen, ohne dass sie benachrichtigt werden, es sei denn, das Fort wird angegriffen.«

Gouverneur Pickens sandte die Nachricht nach Montgomery und hier hatte die konföderierte Regierung zu entscheiden: Entweder ihre Forderung nach Übergabe aufzugeben oder den ersten Schuss abzufeuern, selbst wenn es nur darum ging zu verhindern, dass hungrige Männer versorgt wurden. Ließ sie feuern, bedeutete das Krieg; ließ sie Fox’ Flotte durch, wäre das ein Gesichtsverlust für die Konföderation. Lincoln hatte Davis damit die Entscheidung aufgezwungen. Der sonst so bestimmend gegen den Norden auftretende Senator Robert Toombs riet Davis dringend davon ab, das Fort anzugreifen: »Wenn wir auf das Fort feuern, werden wir einen gewaltigen Bürgerkrieg auslösen, größer als jeden anderen, den die Welt bis daher gesehen hat. Ein Angriff zu dieser Zeit bedeutet für uns Selbstmord, wir werden jeden Freund verlieren, den wir noch im Norden haben. Wir treten damit in ein Hornissennest, das vom Meer bis zu den Bergen im Westen reicht. Ganze Legionen werden ausschwärmen und uns zu Tode bringen. Sumter zu erobern ist unnötig, es bringt uns ins Unrecht. Und genau das ist fatal für uns«.

Davis sah es anders und meinte, dass die Welt Verständnis haben würde, wenn er diesen Versuch, Fort Sumter zu versorgen, vereiteln würde. Er wies Beauregard an, nochmals die Kapitulation von Fort Sumter zu verlangen und falls diese nicht erfolgte »… alle Maßnahmen zu ergreifen, um es zur Kapitulation zu zwingen, die ihnen nötig erscheinen«.