Inhaltsverzeichnis
Alles im Kasten
Kartenverzeichnis
Unterwegs mit Irene Börjes
Wenn ich Madeira mit allen Sinnen erleben will, an einem Ort geballt sozusagen, gehe ich in die Markthalle von Funchal. Hier, im Mercado dos Lavradores, kann ich die Insel schnuppern, schmecken, sehen, hören - und gleich nach dem Eingang empfängt mich die Farbenpracht der Blumenverkäuferinnen in bunten Trachten, mit ihrem Angebot an Lilien und Strelitzien, Madeiras Markenzeichen. Im Innenhof ein paar Schritte weiter wartet zu Pyramiden aufgetürmtes Obst und Gemüse - subtropische, tropische und kontinentale Früchte in allen Farben und Formen, denn Madeiras Klimazonen lassen nahezu alles gedeihen und reifen.
In den Seitengängen kitzeln streng riechende Zutaten meine Nase, die in der Madeira-Küche unverzichtbar sind, zum Beispiel Bacalhau, gesalzener Stockfisch für den Eintopf. In der hintersten Halle machen sich auf langen Tischen Fischers frische Fänge breit. Krabben, Muscheln, Sardinen, Doraden - und die bei Einheimischen wie Touristen beliebtesten Kiemenatmer: schwarze, schlangenlange Espadas und gewaltige Thunfische, von denen mit Macheten dunkelrote Filets geschnitten werden. Hier begegne ich noch einer besonderen Madeira-Spezialität: fotografierende Besucher auf der Jagd nach dem besten Foto mit Fisch und Fischer. Am schönsten finde ich den Trubel übrigens am Samstag; dann kommen die Bauern der Umgebung und bieten ihre Ernte selber an.
Madeira - Die Vorschau
Ferien auf Sissis Spuren
Seit Sissi, Kaiserin von Österreich und Großmutters Schwarm, 1860 auf Madeira Urlaub machte, hat sich viel getan - und seit den 1960er-Jahren wiederum relativ wenig: An Madeira sind die stürmischen Entwicklungen, die der Massentourismus damals an den mediterranen Küsten nahm, weitgehend vorbeigezogen. Den Anschluss an den Tourismus sucht die Insel erst wieder seit den 1990er-Jahren, aber da war der Boom der schnell hoch getürmten Massenquartiere vorbei und man baute wieder in kleineren Einheiten, flacher und im Stil der Gegend.
Sissi wohnte damals in einem Landhaus, in der Quinta Vigia vor den Toren Funchals. Die Quinta liegt heute zwar in der Stadt, aber immer noch von Parks umgeben im Grünen. Der Urlaub in edlen Quintas inmitten von Parks und viel Natur hat seitdem an Attraktivität nichts eingebüßt. Kleiner, uriger und auch bezahlbarer sind allerdings die hübsch restaurierten Bauernhäuser, die man heute über Madeira Rural mieten kann.
Außerhalb des Hotelviertels von Funchal gibt es noch zauberhafte Küstenstriche ohne große Hotels und Appartementanlagen. Unversehrte, charmante, Fischerdörfer und Städtchen mit liebenswürdigen und gelassenen Einwohnern. Hier hat man noch Zeit für ein Dominospiel und für einen Plausch - abseits der Touristenlokale und Souvenirshops begegnet man dem Besucher mit aufrichtigem Interesse.
Farbenspiele der Natur
Grün dominiert: Dunkelgrün schimmert das Laub der Lorbeerbäume, dazwischen sitzen auf glänzenden Blättern blaue, weiße und rote Blüten von Hortensien und Azaleen, dick wie Pompons. Zartgrün schimmern Weinranken und saftige Gräser. Mittendrin leuchten gelb die Kerzen der Girlandenblumen, nicken orangefarbene Lilienkelche, summen Bienen um Fuchsien in allen Rottönen, um dunkelblaue Natternköpfe und blühenden Ginster. Als Wegbegleiter rauschen Bäche und Wasserfälle. Wir sind unterwegs in Madeiras Wäldern und nicht etwa im botanischen Garten.
Aus dem Grün ragen die felsigen, von Zedern- und Heidegebüsch bewachsenen Berge des Zentralgebirges, nur auf der östlichen Halbinsel gibt freiliegendes Vulkangestein den Farbton an. „Lebensprall“ und „farbensatt“ - das sind die Attribute für Madeiras Landschaften. So sehen es auch diejenigen Urlauber, die bisher kargeren Mittelmeerinseln den Vorzug gaben und jetzt Madeira, den aus der Mode geratenen Urlaubsklassiker, wiederentdecken.
Madeirische Gaumenkitzler
Espada oder Espetada? Fisch oder Fleisch? Der schwarze Degenfisch und Lorbeerspieße sind die Klassiker der madeirischen Küche. Favorit der Urlauber wie der Madeirer aber ist der Erstere. Espada, der schwarz glänzende, schlanke, bis zu zwei Meter lange Degenfisch lebt in der Tiefsee, mehr als 2000 Meter unter dem Meeresspiegel, von wo ihn die Fischer mit ebenso langen Angelschnüren holen - eine nachhaltige Art des Fischfangs: Kein Schleppnetz schädigt die Brut, kein „Beifang“ andere Artgenossen. Immer frisch und auf vielfältige Weise zubereitet kommt sein festes Fleisch auf den Teller. Spitzenreiter dabei ist der Espada mit Bananen - oft das günstigste Gericht auf der Karte; und in der Markthalle von Funchal des Urlaubers liebstes Fotomotiv.
Die Espetada-Lorbeerspieße dagegen bekommt man vor allem im Sommer vor die Linse: Kein Fest ohne Grill und kein Grill ohne Espetada, von dem einer für die ganze Familie reicht; große Fleischbrocken mit Meersalz und Lorbeerblättern gewürzt, aufgespießt und von echten Männern über die Flammen gehalten ...
Baden an Stränden und Steilküsten
Wanderer und Naturfreunde lieben Madeira natürlich - doch baden, so die übliche Meinung, könne man woanders besser, auf der Nebeninsel Porto Santo zum Beispiel. So ganz stimmt das nicht mehr, denn Madeira macht sich daran, die Urlauberwünsche auch in Sachen Sandstrand zu erfüllen. Wo immer die Küstenlinie es erlaubt, werden goldfarbene Strände aufgeschüttet und mit Molen gesichert. Angefangen hat diese Entwicklung in Calheta, gefolgt von Machico und Ribeira Brava, das einen dunklen Ministrand erhielt. Und auch Funchals breiter Kieselstrand Formosa soll sich in eine feine Sandmeile verwandeln. Vor allem im Norden erlaubt das die Hunderte von Metern abfallende Steilküste freilich nicht, dort baden Urlauber wie Einheimische meist in neuen, schön gestalteten Badeanlagen. Wer Urlaub auf dem Lande macht, muss jedenfalls für das Bad im Meer nicht weit fahren. Neue Schnellstraßen schaffen schnelle Verbindungen und erschließen abgelegene Orte, die bisher oft nur über enge, abenteuerliche Sträßchen zu erreichen waren.
Wandern im Urwald
Gemächlichen wie ambitionierten Wanderern eröffnen Madeiras Pfade einzigartige Ansichten und Aussichten. Vor allem die Wege der Wartungsarbeiter längs der Levadas sind es, der schmalen Wasserkanäle. Über Hunderte von Kilometern zieht sich ihr Netz durch eigentlich ganz und gar unzugängliche Gebiete. Einst wurden die Levadas gebaut, um Wasser aus dem niederschlagsreichen Norden und den Gebirgen zur Bewässerung der Felder in den Süden zu transportieren, heute lassen sich entlang dieser Kleinkanäle unberührte Paradiese entdecken: Sie führen durch Urwälder von Lorbeerbäumen und Baumheide, im Winter durch blühende Akazien, im Sommer entlang von Tausenden blühender, fußballgroßer Schmucklilien an den Kanalrändern. Mitunter abenteuerlich und atemberaubend schlängeln sich die Levadas an senkrecht abfallenden Steilwänden entlang, meist gesichert durch Stahlseile und Geländer und überwiegend gefahrlos zu begehen. Der „Kleine Wanderführer“ am Ende dieses Buchs beschreibt sieben dieser Levada-Touren, alle anderen durchstreifen das Land auf Hirtenpfaden und den alten Wegen der Lastenträger. Sie und nicht Automobile, ja nicht einmal Karren oder Schlitten sorgten einst für den mühseligen Warentransport von Nord nach Süd über die Pässe des Gebirges.
Hintergründe & Infos
Inselnatur

Rote, vulkanische Felsabstürze an der Nordküste der Ponta de São Lourenço

Bergspitzen und Hochebenen, tiefe Schluchten und liebliche, weite Täler, Steilküsten und Strände, Wälder und wüstenhafte Kargheit - Madeiras Landschaften sind so vielfältig, dass man kaum glauben mag, auf einer eher kleinen Insel Urlaub zu machen. Zum Vergleich: Mallorca ist fünfmal so groß. Viele besonders schöne Regionen abseits der Schnellstraßen und Autobahnen sind nur über serpentinenreiche und manchmal recht schmale Landstraßen zu erreichen. Sie erfordern eine geduldige, ruhige Erkundung und schließen aus, dass man die Insel nach einem Kurzurlaub als bekannt abhaken kann.
Landschaften
Das Dach Madeiras bildet ein Zentralgebirge, dessen Picos (Gipfel) bis zu 1860 m in die Höhe reichen. Felskegel, steil abfallende Schluchten, dazu farbige, vulkanische Gesteinsbänder lassen selbst für Alpinisten keine Wünsche offen. Nach Westen geht das Gebirge in die Hochebene Paúl da Serra über, die mit ihren farnbedeckten Flächen den vollkommenen Kontrast zu den in Sichtweite liegenden Bergspitzen bildet. Damit nicht genug: In die Hochebene hat sich ein weit verzweigter Canyon gegraben, in den Wasserfälle rauschen und dessen Wände ein dichter Mantel aus Lorbeerwald bedeckt. Bei Rabaçal finden Wanderer und Spaziergänger einen Einstieg in dieses urweltlich anmutende Paradies, dessen Lorbeerwälder sich entlang der Levadas, der Bewässerungskanäle, durchstreifen lassen.
Von den Höhen kommend haben Wasserläufe (portug. Ribeiras) rund um Madeira Schluchten und Täler gegraben. Im Süden fließt ihr Wasser eher gemächlich ins Meer, bildet Buchten und meist grobe Kiesstrände. Im Norden, besonders im Nordwesten, stürzen sie als Wasserfälle über eine wilde Steilküste. Bei São Vicente lassen die Klippen Platz für ein fruchtbares und blumenreiches Tal. In Richtung Osten wird die Landschaft sanfter, hügeliger. Um die Dörfer zieht sich das helle Grün der Terrassenfelder und Weinberge, darüber das dunkle Grün der Lorbeerwälder. Den lang gezogenen Ostzipfel bildet das karge, wüstenhafte Felsgetümmel der Ponta de São Lourenço, die sich wie ein dünner Finger in den Atlantik schiebt. Landwirtschaftlich am intensivsten genutzt wird die Südküste mit ihren weniger schroffen Hängen. Sie bietet gleichzeitig das stabilste, wärmste Klima, das den Anbau tropischer Früchte erlaubt.

Küste bei Ribeira Brava

Dörfer und Städtchen haben sich ganz ohne Hast und meist ohne sichtbare Zeichen der Moderne um ihre alten Ortskerne entwickelt. Romantisch schmiegen sich die kleinen Küstenorte und Fischerdörfer im Südwesten und Norden in Buchten oder thronen auf Felsvorsprüngen. Selbst die Großstadt Funchal hat ihren alten Charme bewahrt; wie eh und je liegt sie malerisch von Gärten umgeben im weiten Halbrund ihrer Bucht.
Geologie
Ist Madeira ein Überrest des sagenumwobenen Atlantis? Hatte es zum afrikanischen Kontinent eine Landverbindung, die in gigantischen Erderschütterungen versank? Diese Fragen beschäftigten Historiker und Geologen gleichermaßen noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts. Inzwischen weiß man es besser: Madeira ist eine rein vulkanische Insel atlantischen Ursprungs, wie weiter nordwestlich die Azoren und im Süden die Kanaren und Kapverden. Vor 135 bis 65 Millionen Jahren riss der Meeresgrund in 4000 m Tiefe, und glühende Lava floss aus. Seither baute sich aus diesem Riss ein Vulkankegel auf, der vor etwa 20 Millionen Jahren den Meeresspiegel durchstieß und fortan als Insel weiter wuchs. Diese eine Vulkaninsel war die Grundform des gesamten Archipels. Bei späteren explosiven Eruptionen zerbrach der Vulkan, Teile versanken im Meer, zurück blieben die Rohlinge der Inseln des jetzigen Archipels mit Madeira, Porto Santo und der Gruppe der Ilhas Desertas. Seither ließen die vulkanischen Aktivitäten nach, der letzte kleine Ausbruch soll sich vor 2000 bis 1000 Jahren ereignet haben. Vermutlich ist, bedingt durch die Ausdehnung des Atlantikbodens, Madeira langsam, aber stetig nach Osten über den Ausbruchsherd hinweggezogen. Ganz zur Ruhe kommt es aber dennoch nicht. Noch in den 1970ern erschütterte ein schwaches Beben die Inselgruppe, allerdings ohne nennenswerten Schaden anzurichten.
Die Erosion hatte viele Millionen Jahre Zeit, dem Archipel sein heutiges Gesicht zu geben: Bergkegel und Täler bildeten sich, weil das vulkanische Material unterschiedliche Qualitäten aufweist. Hartes Gestein, Basalt etwa, entsteht u. a. aus flüssiger Lava, weiche Tuffe sind zusammengebackene Aschen, die bei Explosionen aus dem Vulkanschlot geschleudert werden. Erschütterungen vor erneuten Ausbrüchen führen zu Rissen. Wind und Wasser spülen seit Jahrmillionen die an der Oberfläche liegenden Tuffe ins Meer. Das Ergebnis sind Täler und die zurückbleibenden harten Gesteine als Berge. Atlantikbrecher nagen an den Küsten. Ist ein vorhandener Riss ausgehöhlt, brechen ganze Partien harten Gesteins ab - es formen sich Steilküsten.
Dort, wo Erde und Vegetation den Fels nicht bedecken, zeigt Madeira seinen vulkanischen Ursprung ganz deutlich. Die Schlackenbänder, die das Meeresschwimmbecken von Porto Moniz eingrenzen, wirken wie gerade aus dem Ofen geholt. Auf der Landzunge Ponta de São Lourenço liegen rote Tuffstreifen und schwarze Basaltbänder offen, und Wanderer im Zentralgebirge begeistern sich in der aufgehenden Sonne an den glühenden Farben der Tuffstreifen.
Trotz aller Erkenntnisse gibt manche Region den Geologen allerdings noch heute Rätsel auf. Der zauberhafte Talkessel Curral das Freiras unweit von Funchal teilt die Wissenschaftler in zwei Fraktionen. Die eine vertritt die Meinung, der Kessel sei der Rest eines eigenen Vulkankraters, die andere Seite schreibt seine Form gänzlich der Erosion zu. Wer sich für den vulkanischen Ursprung Madeiras interessiert, sollte die Grutas bei São Vincente besuchen. Nach einem Rundgang durch Grotten und Vulkanröhren folgt ein Besuch des Center do Volcanismo, wo u. a. in eindrucksvollen 3-DAnimationen die Entstehung des Archipels erläutert wird. Der Themenpark bei Santana beschäftigt sich ebenfalls mit dem madeirischen Vulkanismus.

Hochebene Achada Teixeira

Flora
Das ganze Jahr über grünt und blüht es in allen Winkeln. Selbst an den Straßenrändern, entlang der Kanäle oder wo man sonst allenfalls unansehnliche Kräuter erwartet, nicken die Köpfe von blauen und weißen Schmucklilien neben rosa blühendem Oleander oder leuchtend roten Bougainvilleen.
In den Wäldern bedecken nicht nur bescheidene Veilchen und Vergissmeinnicht den Boden, immer wieder überraschen hier Hortensienbüsche von ungeahnten Ausmaßen, besetzt mit dicken, hellblauen Blütenbällen. Genauso blütenreich sind die Straßenbäume. In Funchal und anderswo entfalten sie ihre exotische Pracht zu jeder Jahreszeit. Die Madeirer sind sich ihrer botanischen Schätze durchaus bewusst, kennzeichnen und beschriften sie, sodass man durch ganz normale Straßen und Grünanlagen wie durch einen botanischen Garten spazieren kann.
Farbenprächtige Exoten
Die Mehrzahl der schmucken Blütenträger war in der Zeit der ersten Besiedlung hier nicht heimisch, sie wurde erst in den vergangenen Jahrhunderten eingeführt. Ihr Ursprung liegt in Südafrika, Asien, Mittel- und Südamerika und in der Karibik. Auf all den Kontinenten, die portugiesische Eroberungs- und Handelsschiffe anliefen, wanderten neben kostbaren Gewürzen und Gold auch Pflanzenableger für die heimischen Gärten in die Schiffsbäuche. Auf Madeira, wo es durch die unterschiedlichen Höhenlagen verschiedene Klimazonen gibt, gediehen sie prächtig. Den Weg in die Natur fanden manche allein, andere wurden beim Straßen- und Kanalbau von Blumenfreunden angepflanzt. Viele vermehrten sich so rasant, dass man bei Rundfahrten und Wanderungen aus dem Staunen nicht herauskommt. Im Januar blühen Abertausende von Kamelien- und Azaleensträuchern im Baumformat, im Frühjahr und Sommer fallen besonders die wohl in die Millionen gehenden blauen und weißen Blütenkugeln der Schmucklilie auf, auch Afrikanische Liebesblume (Agapanthus praecox) genannt. Ihre Heimatregion ist Südafrika.

Bougainvilleen leuchten farbensatt an vielen Ecken

Nicht nur die Portugiesen sorgten für die botanische Bereicherung Madeiras. Die Engländer, die über Jahrhunderte wirtschaftliche Schlüsselpositionen innehatten, pflegten auch hier ihren heimischen Lebensstil, zu dem eine hochentwickelte Gartenkultur gehört. Die Mehrzahl der Quintas (Landhäuser mit parkartigen Gärten) war im Besitz wohlhabender englischer Familien. Ihre Gärten mit seltenen exotischen Bäumen, Sträuchern und Stauden in kleine Paradiese zu verwandeln war für sie Prestige und Hobby zugleich. Immer gehörte ein Gewächshaus dazu, in dem sie empfindliche Tropenflora wie Orchideen züchteten und so Madeira zu einem wichtigen Lieferanten dieser kostbarsten aller Blumen machten. Heute stehen viele Quintagärten Besuchern offen (vgl. besonders das Kapitel Funchal und Umgebung von Funchal).
Einheimische Vegetation und Naturschutz
Die ersten Besucher Madeiras richteten ihren Blick weniger auf Blumen als auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Insel. Sie prägten den Namen (Madeira heißt übersetzt Holz) und machten damit klar, dass die Insel zum großen Teil von Wäldern bedeckt war. Weite Flächen, insbesondere an der Südküste, fielen mit der Besiedlung der Brandrodung und dem Haus-, Möbel- und Schiffsbau zum Opfer. In den schwerer zugänglichen, gebirgigen Zonen bestimmen noch immer Wälder, heute in Naturparks geschützt, das Landschaftsbild.
Ähnlich wie auf den benachbarten Inselgruppen der Azoren, Kanaren und Kapverden, unter Botanikern Makaronesischer Raum genannt, prägten Pflanzen, die nur auf diesen atlantischen Inseln vorkommen (sog. Endemiten), die Vegetation. Aufgrund von Versteinerungsfunden wissen wir, dass diese Flora einst im ganzen Mittelmeerraum heimisch war. Klimakatastrophen der Erdgeschichte, wie die Eiszeit in Europa und die Versteppung Nordafrikas, machten ihnen dort den Garaus, auf den gleichmäßig temperierten Inseln dagegen konnten sie überleben.
Madeiras Pflanzenvielfalt basiert nicht nur auf seinem seit Millionen von Jahren gleichmäßigen Klima, sie ist auch durch seine großen Höhenunterschiede, die auch unterschiedliche Temperaturen und Niederschläge bedeuten, bedingt. Man unterscheidet zwischen folgenden Klima- und Vegetationszonen:
In den trockenen Küstenzonen im Süden mit geringen Niederschlägen und gleichmäßig milden Temperaturen fühlten sich Pflanzen wie Wolfsmilchgewächse und Natternköpfe wohl. Die schönste, Madeiras Stolz (Echium candican), reckte hier ihre blauen Blütenkerzen in die Höhe und bildete gemeinsam mit Ölbäumen (Olea europaea ssp. Maderensis) und Drachenbäumen (Dracaena draco) einen lichten Wald. Von dieser Vegetation sind allenfalls noch Rudimente erhalten.
Darüber liegt eine Zone mit etwas mehr Niederschlägen, deren Vegetation sich heute noch entlang der Nordküste findet. Myrten, Lorbeer und Weiden gedeihen hier.
Als botanisch wichtigste Region gilt das regenreichste Gebiet auf 700-1200 m Höhe, im Norden auch darunter. Dies ist die Zone von Madeiras Urwald, dem Laurazeen- oder Lorbeerwald (Laurisilva).
Der wirtschaftlichen Nutzung entgingen vor allem die Wälder an der unzugänglichen Nordküste und an den östlichen Hängen des Zentralgebirges. Das Holz der Bäume des Lorbeerwaldes war bei den Schreinern sehr beliebt. Der Til, Stinklorbeer (Ocotea foetens), erreicht Höhen bis 30 m. Til heißt Linde - weil sich das Holz dieses ihnen unbekannten Baumes so gut wie Lindenholz verwenden ließ, nannten ihn die ersten Siedler einfach so. Als Madeira-Mahagoni bezeichneten sie den Vinhático (Persea indica), wegen seines rötlichen Farbtons war er in der Möbelherstellung beliebt. Sein würziges Holz bringt den Barbusano (Laurus canariensis) noch heute in ständige Gefahr. Auf seine Äste wird das Fleisch für den traditionellen Lorbeerspieß gesteckt. Lorbeerblätter für Suppen und Soßen stammen übrigens von einem Verwandten im Mittelmeerraum, alternativ eignen sich auch die des azorischen Lorbeers.
Unterhalb der grünen Dächer des Lorbeerwalds gedeiht eine üppige Strauchschicht mit Verwandten des Schneeballs und Fingerhuts. Bäume und Sträucher sind der Lebensraum für Vögel, die sich ausschließlich von deren Früchten ernähren (vgl. unten, Silberhalstaube). Trotz des Raubbaus in den vergangenen Jahrhunderten blieb auf Madeira mehr Fläche mit Lorbeerwald bedeckt als auf den anderen Inselgruppen des Makaronesischen Raums. Diese weltweit einzigartige Vegetationsgesellschaft genießt in Natur- und Nationalparks als Weltnaturerbe der UNESCO besonderen Schutz. Die Erhaltung der Artenvielfalt ist ein wichtiges, aber nicht das einzige Argument für den Schutz dieses Waldes. Seine Bäume und Wurzeln sichern ganz wesentlich den natürlichen Wasserhaushalt Madeiras und verhindern Erosion. Ohne den Wald wäre Madeira kahl und karg wie Port Santo, wo seit Jahrzehnten wieder mühsam aufgeforstet wird. Dennoch lieferten sich Naturschützer und Landwirte lange Jahre z. T. erbitterte Auseinandersetzungen.

Flechten signalisieren reine Luft im Lorbeerwald

Herrliche Waldspaziergänge und Wanderungen im Lorbeer-Urwald bieten sich in den Naturparks Ribeiro Frio und Queimadas an. Rabaçal sollte niemand versäumen.
In den höheren Zonen wächst zwischen den Arten des Lorbeerwaldes Baumheide (Erica arborea), die bis zu 14 m Höhe erreichen kann. Sie gedeiht gemeinsam mit der Madeirazeder (Juniperus cedrus), einer Wacholderart, bis unter die Gipfel.
Eine botanische wie geologische Besonderheit ist die Hochebene von Paúl da Serra mit ihrem teils moorigen Untergrund. Sie ist heute fast ausschließlich von Adlerfarn (Pteridium aquilinum) bewachsen und traditionelles Weidegebiet. Weideland und fast vollkommen kahlgefressen war auch bis vor wenigen Jahrzehnten der nordwestliche Teil der Hochebene, der Fanal. Seitdem er unter Naturschutz steht, wachsen hier Baumheide und Madeirazeder wieder übermannshoch. Auch das Überleben der ältesten Lorbeerbäume, die man auf der Insel fand, wurde so gesichert.
Mit der Erklärung aller Zonen oberhalb von 700 m Höhe zum Nationalpark dokumentierte das madeirische Parlament 1982 seine Entschlossenheit, das natürliche Erbe vor weiterem Raubbau zu schützen. Die Wiederaufforstung der Wälder ist dabei nur eine Maßnahme im Rahmen eines ganzen Katalogs, der bewältigt werden muss. Hierbei kommt Hilfe von der Europäischen Union.
Insbesondere im Süden war Anfang des 20. Jh. damit begonnen worden, kahlgeschlagene Flächen mit hier nicht heimischen Kiefern und australischen Eukalyptusbäumen aufzuforsten. Beide Baumarten wachsen schnell und bringen aus wirtschaftlicher Sicht gute Ergebnisse. Als besonders aggressive Pflanze gefährdet der Eukalyptus aber die heimische Vegetation und gräbt ihr schlicht das Wasser ab. Zudem brennt er wie eine Fackel (er enthält reichlich ätherische Öle) und gefährdet damit seine Umgebung zusätzlich, zumal wenn daneben Kiefern gepflanzt wurden. Dramatische Brände erlebte der Süden Madeiras 2012, 2013 und 2016 - bei Rundfahrten deutlich sichtbar oberhalb von Funchal zwischen Monte und dem Parque Ecológico. Auch hier waren die Hänge mit Kiefern und Eukalyptus bepflanzt. Im Parque Ecológico hatte man bereits vor Jahren die nicht heimischen Bäume entfernt und durch Pflanzen des Laurazeenwaldes ersetzt worden. Er blieb verschont.
Fauna
So reizvoll Madeira für Blumen- und Pflanzenfreunde ist, so enttäuschend ist es für Liebhaber von Waldtieren. Aufgrund der fehlenden Landverbindung haben nur Insekten, Vögel, eine Fledermausart (Morcego orelhudo) und Eidechsen aus eigener Kraft den Weg auf die Insel geschafft. Es gibt weder Großwild noch Schlangen und giftige Spinnen (den Wanderer freut’s); auch streunende Hunde sind uns nicht begegnet.
Vielfältig gestaltet sich die Vogelwelt. Mehr als 200 Arten werden auf Madeira gezählt. Auf den Inselgruppen Desertas und Selvagens sind Seevögel und ihre Nistplätze besonders geschützt. Eine Seevogelart, der Kapverdensturmvogel (Pterodroma feae), nistet weltweit nur noch auf der Deserta-Insel Búgio. Bussarde ziehen in den Höhen ihre Kreise, und nachts sind Eulen unterwegs. In freier Natur kommt auch das Sommergoldhähnchen (Regulus ignicapillus maderensis) nur auf Madeira vor. Mit nur 4-6,5 g Körpergewicht gehört es zu den kleinsten Vögeln Europas. Die Buchfinken Madeiras unterscheiden sich von ihren Verwandten auf dem Festland durch ihren einzigartigen Gesang und ihre Gefiederfarben. Andere Vögel gibt es auch auf den benachbarten Inselgruppen, wie den Kanarengirlitz (Serinus canaria). Endemisch, vom Aussterben bedroht und deshalb besonders geschützt ist die blaugraue Silberhalstaube (Columba trocaz heinecken). Mit der Dezimierung der Lorbeer-Urwälder schrumpfte ihr Lebensraum und damit auch ihre Überlebenschance. Die Entscheidung, den größten Teil Madeiras unter Naturschutz zu stellen, soll ihren Bestand sichern.
Eine große Zahl der Tiere Madeiras wurde mit der Besiedlung eingeführt. Dazu gehören die Haus- und Nutztiere ebenso wie Mäuse und Ratten. Eine richtige Landplage sind ausgesetzte Kaninchen, auf die gern Jagd gemacht wird. Immerhin sorgen sie in Soße geschmort für eine Bereicherung des Speiseplans. Aus kulinarischer Sicht begrüßenswert ist auch die Einführung und Aufzucht von Forellen. In so manchem Bach tummeln sie sich inzwischen, ebenso wie ausgesetzte Frösche.
Pflanzenfotos auf der folgenden Seite
Frangipani, Pagodenbäume, Lieblingsgewächs in Parks und Gärten (oben links) | Eukalyptusblüte (oben Mitte) | Heliconie (oben rechts) | Lilien (unten links und Mitte) | Girlandenblumen (unten rechts)
Richtig bunt und spannend ist die Artenvielfalt im Meer. Früher verfolgt und heute geliebt sind die Mönchsrobben (Lobos marinhos). Wilde Jagd hatte ihre einstmals Tausende von Individuen umfassende Population auf acht bis zehn Exemplare reduziert, die sich vor die unbewohnten, unter Naturschutz stehenden Desertas-Inseln retteten. Weltweit gibt es nur noch wenige Vertreter dieser Spezies. Die Mönchsrobben stehen deshalb auf der internationalen Liste der geschützten Wirbeltiere an erster Stelle.
Pottwale wurden noch bis 1981 von Caniçal aus gejagt, dann unterschrieb Portugal das Washingtoner Artenschutzabkommen - aus den Walfängern wurden Walschützer. Begegnungen mit Pottwalen sind für Taucher eher die Ausnahme. Großfische wie Mantas, Thunfische oder Barrakudaschwärme bekommen sie jedoch sicher vor die Taucherbrille, ebenso leuchtend bunte Papageienfische. Von den rund 250 Fischarten vor Madeira lebt ein großer Teil in der Tiefsee. Den Fischern entgehen sie aber auch dort nicht. Der wichtigste Speisefisch ist der schwarze Degenfisch (Espada preta), den sie an hakenbesetzten Schnüren aus 1500-2000 m Tiefe heraufziehen.
Im Naturkundlichen Museum (Museu Municipal de História Natural e Aquário) in Funchal sind nicht nur ausgestopfte Landtiere ausgestellt, in seinen Aquarien tummeln sich auch Bewohner der küstennahen Gewässer. Weitere Meerestiere kann man im Aquário von Porto Moniz anschauen.
Klima und Reisezeit
Madeira gilt wegen seines ausgeglichenen Klimas als Ganzjahresreiseziel. Die Monate März bis Mai, September, Oktober sowie Weihnachten/Neujahr sind Hauptreisezeiten für Gäste aus Nord- und Mitteleuropa. Für den Tourismus genauso wichtig sind die Sommermonate, von Juli bis September kommen vor allem portugiesische Gäste und sorgen in den Sommerferien für volle Häuser. In den Monaten, die traditionell nicht so gut gebucht sind, geben die Hotels und Reiseveranstalter vielfach Rabatt.
Bei ganzjährig mildem Klima und Tages- und Wassertemperaturen an der Südküste von durchschnittlich 17 bis 22 °C herrscht auf Madeira das ganze Jahr Frühlings- und Sommerwetter. Nur kann sich der Frühling auch hier launisch gebärden. Entscheidend für die Urlaubsplanung ist u. a. das Lokalklima. Und so kann die typische Tageswetterlage im Winter sein: Wolken und viel Regen an der Nordküste, Schnee im Gebirge und Sonnenschein mit Badetemperaturen im Süden.
Verantwortlich für das generelle Klima ist das Zusammenspiel aus dem Relief und der Lage des Archipels innerhalb der Passatwindzone, an deren nördlichem Rand sich Madeira befindet. Der Süden, im Windschatten der Gebirgszüge, bleibt vor allem im Sommer, wenn Madeira fast ganz im Einflussbereich der Passatwinde liegt, meist wolkenfrei und warm. Im Winter jedoch gewinnt durch die Verschiebung der Passatwindzone in Richtung Äquator der Einfluss der Westwindzone an Bedeutung und sorgt für kühle und feuchte Luftmassen, die v. a. an den Nordhängen der Gebirge aufsteigen. Dabei kondensiert die Feuchtigkeit zu Regenwolken oder fällt auf dem Dach der Insel gar als Schnee. Auch über die Hänge des flacheren Inselostens können sich dann Wolken schieben und sie einhüllen. In den Wintermonaten drückt es die Wolken gelegentlich bis an die Südküste, und es kann einige Tage ausgiebig regnen. Wolkenbildung durch aufsteigende Luftfeuchtigkeit ist, unabhängig vom Passat, in den höheren Lagen durchaus auch an den Südhängen und in den Sommermonaten üblich.
Funchal
Monat
Ø Lufttemperatur (Max. in °C)
Ø Lufttemperatur (Max. in °C
Ø Niederschlag (in mm)
Ø Tage mit Niederschlag ≧ 1 mm
Ø relative Luftfeuchte(in %)
Ø Wassertemperatur (in °C)
Jan
13,2
19,2
91
8
71
18
Febr.
13,0
19,3
64
7
70
17
März
13,3
19,8
56
6
68
17
April
13,8
19,9
38
5
68
17
Mai
14,9
20,9
30
4
70
18
Juni
16,9
22,6
6
1
73
20
Juli
18,4
24,4
3
1
73
21
Aug.
19,4
25,8
3
1
72
22
Sept.
19,4
25,9
35
3
71
23
Okt.
18,0
24,4
78
6
71
22
Nov.
16,1
22,4
82
7
70
20
Dez.
14,5
20,4
109
10
70
19
Jahr
15,9
22,1
596
58
71
21
Als Faustregel für die Reiseplanung gilt: Wer den grünen Norden und die herrlichen Wanderungen auf den Höhen ganz sicher bei Sonnenschein erleben möchte, kommt im Sommer. Wer Wärme und Sonne sucht, ist im Winter meist an der Südküste am besten aufgehoben und kann, an den vielen Tagen, an denen es überall warm und sonnig ist, zu Ausflügen oder ein paar Urlaubstagen in den Norden und ins Zentrum aufbrechen.

Von Norden schieben sich die Wolken über das Zentralgebirge

Beachten sollte man auch die hohe Luftfeuchtigkeit. Madeira ist so herrlich grün, bewaldet und voller Blumen, weil ganzjährig eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. Nicht jeder kommt damit gut zurecht.
Für die Nebeninsel Porto Santo gelten die genannten Regeln nicht. Sie ist so flach, dass fast alle Wolken über sie hinwegziehen, es regnet ausgesprochen selten. Für Badeurlauber ideal, für die Bauern ein Problem.
Der Madeira-Archipel auf einen Blick
Lage: Der Archipel von Madeira befindet sich auf dem 33. nördlichen Breitengrad. Er liegt etwa 900 km südwestlich des europäischen Festlandes und 600 km westlich von Nordafrika.
Fläche: Zum Archipel gehören neben der Hauptinsel Madeira mit 741 km2 das nordöstlich gelegene Porto Santo mit 41 km2. Südöstlich liegt die unbewohnte Felseninselgruppe Ilhas Desertas, ein Naturschutzgebiet mit insgesamt nicht mehr als 30 km2, und näher an den Kanarischen Inseln der Miniarchipel Ilhas Selvagens. Die Hauptinsel Madeira dehnt sich bis auf 57 km Länge aus, die breiteste Stelle beträgt 22 km.
Höhen: Die Hauptinsel Madeira erhebt sich als Gebirge aus 4000 m Meerestiefe. Ihre Gipfel erreichen Höhen von 1861 m (Pico Ruivo), 1851 m (Pico das Torres) und 1818 m (Pico do Arieiro). Porto Santo ist eine relativ flache Insel, auf der mehrere Bergkegel herausragen. Mit 517 m ist der Pico do Facho der höchste. Die Ilhas Desertas erreichen Höhen bis zu 442 m.
Bevölkerung: Bei der letzten Volkszählung 2016 lebten 298.000 Menschen auf dem Archipel, davon knapp 5000 auf Porto Santo. Alle größeren Städte liegen im Süden Madeiras. Im Großraum Funchal leben etwas mehr als 120.000 Menschen, in der Stadt selbst sind es 55.000. Die mit 21.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt ist Machico. Der Norden ist sehr dünn besiedelt und verlor durch Abwanderung in der Vergangenheit ständig an Einwohnern. Durch verstärkte Investitionen in Straßenbau und Tourismus versucht die madeirische Regierung, wirtschaftliche Alternativen zur Landwirtschaft zu schaffen und den Bevölkerungsschwund zu stoppen.
Regierung und Verwaltung: Der madeirische Archipel ist eine autonome portugiesische Region (Região Autónoma da Madeira, kurz RAM). Die Inselgruppe hat damit mehr administrative und finanzielle Selbstbestimmungsrechte als die anderen Regionen im Land. Regierungspartei ist die seit 1976 mit absoluter Mehrheit regierende sozialdemokratisch orientierte PSD. Bei den Regionalwahlen 2015 verlor sie zwar Stimmen an das liberalkonservative Lager, erreichte aber dennoch knapp die Mehrheit (mit einer Stimme) und konnte damit erneut die Regierung bilden. Die Gemeinden und Städte haben eigene Räte (Conselhos).
Wirtschaft: Madeira lebt nicht allein vom Tourismus, doch die Gästezahlen steigen. Im Dienstleistungssektor arbeiteten 2013 76 % aller Beschäftigten. Allein im Hotel- und Gaststättengewerbe waren es 45 %. Ziel ist es, die Urlauberzahl weiter zu erhöhen. Das zweite ökonomische Standbein soll das Madeira International Business Center (IBC) werden. Mit Sonderkonditionen lockt Madeira internationale Firmen auf die Insel. Die Landwirtschaft (Bananen/Weinexport) verliert an Bedeutung. Nur noch 11 % der Beschäftigten arbeiten in diesem Sektor. Neben der Bauwirtschaft gibt es keine nennenswerte Industrie. Der Export von Madeirastickerei ist durch die Konkurrenz aus Asien rückläufig. Dennoch liegen Bruttosozialprodukt und durchschnittliches Einkommen beachtliche 29 % über dem des portugiesischen Festlands. Allerdings steht Portugal noch immer am Ende der Skala der alten EU-Mitgliedsstaaten. Die Wirtschaftskrise hatte auch Madeira getroffen; erst 2013 sank die Arbeitslosenzahl wieder - allerdings nur von 23 % (2010) auf 17 %.
Geschichte
Die Entdeckung

Die frühen Urlauber ließen wandern

Als ältestes Dokument, das Madeira erwähnt, gilt eine florentinische Seekarte aus dem Jahre 1351, auf der der Archipel schon recht genau eingezeichnet ist.
Seit Beginn des 14. Jh. waren die Küsten Nordafrikas vielbefahrene Seewege, und man kann davon ausgehen, dass Madeira früher als die weiter südlich gelegenen Kanarischen Inseln erkundet worden war (auf Lanzarote gingen bekanntlich 1280 die Genueser Kaufleute Vivaldi an Land). Wahrscheinlich ist auch, dass arabische Seefahrer Madeira seit Jahrhunderten kannten, der Archipel lag ja fast vor ihrer Haustür. Doch weder sie noch die später in den Gewässern kreuzenden europäischen Seefahrer machten sich die Mühe, die unbewohnten Inseln in Besitz zu nehmen. Über die Gründe muss man nicht lange spekulieren. Die Seeleute dieser Tage, Araber wie Europäer, waren keine Landnehmer, die Lebensraum für landlose Bauern suchten. Sie waren Händler, auf eigene Rechnung unterwegs und auf der Suche nach schnellem Gewinn. Der ließ sich damals vor allem mit einer „Ware“ erzielen: mit Sklaven. Die unbewohnten Inseln waren für sie uninteressant - anders als die umkämpften Kanaren mit ihrer weißen Urbevölkerung. Zur Besiedlung der Terra Incognita bedurfte es einer Persönlichkeit, die die strategische Bedeutung Madeiras als Hafen für weitere Eroberungen entlang der afrikanischen Küsten und des unbekannten Westens sah, eine Persönlichkeit, die gewohnt war, in Generationen und nicht in Jahren zu denken. Diese Persönlichkeit war der portugiesische Prinz Heinrich, genannt „der Seefahrer“: Heinrich war der Begründer der Vorherrschaft der kleinen Weltmacht Portugal auf den Meeren bis ins 16. Jh.
Inbesitznahme
1418/19 gingen die portugiesischen Adeligen João Gonçalves Zarco, Tristão Vaz Teixeira und Bartolomeu Perestrelo auf Porto Santo und später auf Madeira an Land, um im Auftrag von Heinrich dem Seefahrer den Archipel in ihren Besitz zu bringen. Zarco und Teixeira teilten sich die Hauptinsel, denn sie erkannten schon bald die Möglichkeit, hier den kostbaren Zucker zu produzieren. Perestrelo wurde mit Porto Santo abgefunden.
In den folgenden Jahrzehnten wurden die Inseln besiedelt, Felder mittels Brandrodung angelegt, und neben Feldfrüchten für die eigene Versorgung wurde Zuckerrohr mithilfe von Sklaven angebaut. Häfen, Handelsplätze und die ersten Siedlungen entstanden. Madeira gewann an Bedeutung als Ausgangspunkt für die Entdeckung und Eroberung der afrikanischen Küsten und später des amerikanischen Kontinents. Es scheint gesichert, dass Christoph Kolumbus längere Zeit auf Porto Santo lebte, er war mit einer Tochter von Bartolomeu Perestrelo verheiratet. Gewiss ist, dass er zumindest zeitweise als Agent für einen Zuckerhändler die Inseln bereiste und dass ihn seine dritte Atlantiküberquerung über Madeira führte.
Ende des 15. Jh. war Madeira bereits der wichtigste Zuckerlieferant Europas. 1497 gliederte König Manuel I. Madeira in das portugiesische Königreich ein. Als seine Stellvertreter fungierten nun nur noch die Nachfahren von Zarco.
Am Anfang war die Liebe ...
Über die ersten Bewohner kursiert eine romantische, variantenreiche Geschichte, die im Lauf der Jahrhunderte zahlreiche weitere Abwandlungen erfuhr: Das aus England geflohene Liebespaar Anne Dorset (oder d’Arfet) und Robert Machim (oder Machyn) betrat mit seinem Gefolge als erste Menschen Madeira. Der grausame Vater des Mädchens hatte in England dem Paar die Vermählung verweigert. Beide waren auf der Flucht nach Frankreich (ersatzweise Portugal), um dort ein neues Leben zu beginnen. Ein Sturm trieb sie weit vom Seeweg ab, bis in die Bucht von Machico. Robert, der junge Edelmann, sah darin einen Wink des Schicksals und wählte die Insel als Heimstatt für seine künftige Familie. Seine Bootsmannschaft allerdings verspürte keine Lust, statt die Meere zu besegeln ab sofort nur noch Wälder zu roden und machte sich mit dem Schiff auf und davon. Zurück blieb das traurige Paar mit einem treuen Pagen. Die zarte Anne starb vor Kummer. Dem tapferen Machim aber gelang es, Madeira (wie auch immer) zu verlassen und mithilfe von Seeräubern, die sowohl ihn als auch die treulosen Verräter fingen, für Gerechtigkeit zu sorgen. Die Abtrünnigen endeten unter dem Schwert, Machim aber setzte seine Reise fort, um am portugiesischen Königshof von seiner Entdeckung zu berichten.
Aufstieg und Fall mit Zucker und Wein
1508 erhielt Funchal die Stadtrechte, im Wappen werden fünf Zuckerhüte geführt. Die reiche Stadt verfügte inzwischen über eine Kathedrale sowie mehrere Adels- und Handelspaläste. Klöster und Kirchen wurden gebaut, Kirchenschätze angehäuft. Damit wurde Madeira - und insbesondere Funchal - in den nächsten Jahrhunderten zum bevorzugten Ziel von Piraten und Freibeutern. Ihnen gelang es trotz des Baus von Befestigungsanlagen, die Städte mehrfach zu plündern, zu brandschatzen und viele Bewohner in die Sklaverei zu verschleppen. Von einer Zerstörung ihrer Hauptstadt im Jahr 1566 erholte sich Madeira lange Zeit nicht, zumal mit den karibischen Inseln und Brasilien mächtige Konkurrenz auf dem Zuckermarkt entstanden war.

Fünf Zuckerhüte im Stadtwappen

1580 verlor Portugal in Folge einer Erbstreitigkeit seine Unabhängigkeit an Spanien. Im Kampf um die Vorherrschaft auf den Weltmeeren zwischen Spanien und England besiegten die Briten 1588 die spanische Armada. Damit blieben auch Madeiras und Porto Santos Küsten ungeschützt und wurden zur leichten Beute. Erneut fielen Piraten und Freibeuter über die Küstenstädte her. Ab 1640 befreite sich Portugal mit Unterstützung Englands von der spanischen Herrschaft, musste dafür aber Konzessionen an die Verbündeten machen. Auf Madeira geriet der aufblühende Weinhandel in die Hände englischer Handelshäuser. Weinanbau und -export verhalfen zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Über 200 Jahre blieb Madeira einer der wichtigsten Weinexporteure Europas, andere landwirtschaftliche Kulturen wurden vernachlässigt. England hielt an seiner „Beschützerrolle“ fest. So besetzten die Briten Madeira 18011850-1872
Die wirtschaftliche Lage stabilisierte sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jh. mithilfe des Exports von Handarbeiten und einer differenzierteren Landwirtschaft, die allerdings auf Export ausgerichtet blieb. Es waren die englischen Handelshäuser, die durchaus im eigenen Interesse Madeira als Exporteur von besonders feinen Stickereien und Korbwaren erneut ins Geschäft brachten. Zeitweilig muss der große Teil der arbeitsfähigen weiblichen Bevölkerung mit Nadelarbeiten beschäftigt gewesen sein - 1912 wird die Zahl der Stickerinnen jedenfalls mit 32.000 angegeben. Die Herstellung und der Export von Handarbeiten hat bis heute Bestand. Die Weinfelder konnten mit amerikanischen Rebstöcken neu bepflanzt werden. Der Weinexport erlangte seine frühere Bedeutung zwar nicht zurück, blieb aber wichtiger Bestandteil der madeirischen Wirtschaft. Als zusätzliches Exportgut kamen ab 1920 Bananen hinzu. Parallel hatte sich Madeira zum bevorzugten Reiseziel bürgerlicher Kreise entwickelt. Die neue Gästegruppe kam im Kielwasser gekrönter Häupter, des kontinentalen Geldadels und britischer Offiziere auf der Durchreise zu den Kolonien.
1910,1926.1931Zweiten Weltkrieg
erfolgte mit der Eröffnung des Flughafens auf Porto Santo (ihm folgte 1964 der Flughafen auf Madeira) ein neuer Schritt in der Tourismusentwicklung. In den folgenden Jahrzehnten entstanden neben Hotels der Luxusklasse auch Mittelklassehotels. Das Nobelreiseziel Madeira wurde für Normalverdiener erschwinglich.

Sissi, bei Einheimischen wie Urlaubern gleichermaßen beliebt

Elisabeth von Österreich besser bekannt als war zwar nicht der erste, wohl aber der bekannteste Gast. In der Quinta Vigia in Funchal, dem heutigen Präsidentensitz, verbrachte sie den Winter 1860/61 - und soll sich entsetzlich gelangweilt haben. Auch gesundheitlich war Madeira für sie kein Erfolg. Dem milden Klima wurde nachgesagt, dass es heilende Wirkung bei der damals grassierenden Schwindsucht habe. Beweisen konnte man das nie. Im selben Domizil wie die österreichische Kaiserin logierte bereits 1853 ihre Kollegin mit ihrer Tochter Marie Amelia. Das junge Mädchen sollte auf Madeira eine Tuberkulose ausheilen, verstarb aber nach fünf Monaten. ereilte der Tod durch Lungenentzündung 1922 in Monte
1891Hotel Reid’sUmberto II von Italien.
Die unblutige Nelkenrevolution von 1974 sorgte in ihrer Folge nicht nur für stabile demokratische Verhältnisse in Portugal, sie brachte 1976 mit den ersten Wahlen Madeira auch eine relative Selbstständigkeit als autonome Provinz. Seit 1986 ist Portugal Mitglied der Europäischen Union. Der Archipel wird aufgrund seiner Randlage besonders gefördert und kann sein Bildungs- und Gesundheitssystem und seine Infrastruktur europäischen Verhältnissen anpassen. Auch die wirtschaftliche Lage stabilisiert sich. Portugal bleibt zwar ein Schlusslicht in der europäischen Gemeinschaft, doch Madeira kann besonders durch den Tourismus den Lebensstandard der Bevölkerung erheblich verbessern (→ Kasten).
Die Portugiesen vom Festland stellten mit rund 22,3 % die größte Gruppe der Urlauber, gefolgt von den Engländern (19,8 %), für die Madeira ein traditionelles Urlaubsziel ist. Fast gleichauf rangiert Urlaubsweltmeister Deutschland an dritter Stelle (17 %), auch bei den Franzosen wird Madeira immer beliebter. Investiert wurde bisher vor allem in den Straßenbau, um die Möglichkeiten des strukturschwachen Nordens zu erhöhen. In Calheta und Machico gibt es seither einen von Molen geschützten goldgelben Sandstrand, für Funchal ist ein solcher ebenfalls geplant. Wo wegen der Steilküsten und Wassertiefen keine Sandstrände angelegt werden können, entstanden attraktive Badeanlagen.