Ich bin unglaublich dankbar dafür, mit einem so großartigen Team von talentierten Menschen arbeiten zu dürfen, die mir dabei geholfen haben, die Riley-Bloom-Serie ins Leben zu rufen.
Dazu gehören unter anderem Jean Feiwel, Rose Hilliard, Jennifer Doerr, Eileen Lawrence, Jessica Zimmerman, Elizabeth Fithian, Mariel Dawson, Samantha Beerman, Angela Goddard, Bill Contardi und Marianne Merola.
Dir, Sandy, herzlichen Dank für mehr Dinge, als ich hier auflisten könnte.
Aber den größten Dank schulde ich meinen Lesern – dafür, dass sie es mir erlauben, diesen unglaublichen Traum zu leben!
Ein Seelenfänger ist jemand, der verlorene Seelen stellt, die auf der Erdebene herumgeistern, und sie durch gutes Zureden davon überzeugt, die Brücke zum Hier und Jetzt zu überqueren.
In dem Moment, in dem ich Aurora erblickte, seufzte ich erleichtert auf, denn ich wusste, jetzt hatte ich eine Verbündete, eine Freundin an meiner Seite.
Ich war sicher, dass alles gut werden würde.
Es war die Art, wie ihr Haar schimmerte und glänzte, wie es abwechselnd in allen Tönen von Blond bis Braun und Schwarz bis Rot leuchtete.
Das Gleiche geschah mit ihrer Haut – sie verfärbte sich von blassem Weiß zu dunklem Ebenholz und zeigte währenddessen sämtliche Zwischentöne.
Und ihr Kleid, eine wunderschöne gelbe Robe, schimmerte ebenfalls, als wäre es mit Sternschnuppen übersät.
Obwohl ich sie nicht mehr wie bei unserer ersten Begegnung fälschlicherweise für einen Engel hielt, beruhigte mich ihre funkelnde Erscheinung unglaublich.
Aber, wie sich herausstellen sollte, gab es keinen Grund, mich zu beruhigen, denn sobald ich einen Blick auf ihre Aura warf – sobald ich bemerkte, wie sich das strahlende Violett zu einem viel dumpferen Farbton veränderte – , tja, da wurde mir klar, dass wir auf gegensätzlichen Seiten standen.
Es war genauso, wie Bodhi gesagt hatte: Ich hatte eine Menge zu erklären.
Beschämt senkte ich den Kopf und zwang mich, hinter Bodhi herzuschlurfen, während mein blondes Haar wie ein nutzloser Schutzschild vor meinem Gesicht hing. Und ich nützte diese letzten Augenblicke, um mir die überzeugendsten Entschuldigungen durch den Kopf gehen zu lassen, immer wieder und wieder, wie ein total nervöser Schauspieler vor einer Premiere probte ich in Gedanken meine Geschichte durch.
Obwohl ich wusste, dass ich richtig gehandelt hatte, und obwohl ich hundertprozentig davon überzeugt war, dass es zu einer Katastrophe gekommen wäre, wenn ich nicht gehandelt hätte, und obwohl ich der Meinung war, dass ich meinen Job als Seelenfängerin gut gemacht hatte, indem ich eine Menge Geister, darunter einen besonders bösartigen, davon überzeugt hatte, die Brücke zu überqueren und dahin zu gehen, wo sie hingehörten – obwohl ich das alles wusste, war mir auch klar, dass ich hundertprozentig für dieses Problem verantwortlich war. Ich allein hatte es verursacht.
Man hatte mir gesagt, ich sollte wegschauen.
Mich ermahnt, mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.
Mir gesagt, meine ein wenig knubbelige Nase nicht in Angelegenheiten zu stecken, die mich überhaupt nichts angingen.
Aber hatte ich darauf gehört?
Äh, nicht wirklich.
Stattdessen hatte ich mich Hals über Kopf in einen Haufen Schwierigkeiten gestürzt.
Und trotzdem – trotz der Gefahr, in die ich uns alle gebracht hatte – ließ sich das Resultat durchaus sehen, wenn ich das mal so sagen darf.
Es war unbestreitbar außerordentlich beeindruckend.
Ich konnte nur hoffen, dass der große Rat das auch so sah.
Ich folgte Bodhi in Richtung Bühne. Sein Rücken war so steif und seine Hände waren so fest zusammengeballt, dass ich froh war, sein Gesicht nicht sehen zu können. Hätte ich raten sollen, dann hätte ich jedoch gewettet, dass er den grünen Strohhalm, auf dem er üblicherweise herumkaute, vor seinem Auftritt vor dem großen Rat aus dem Mund genommen hatte. Seine Lippen bildeten wahrscheinlich eine dünne, harte Linie, und seine grünen Augen, umrahmt von seinen unglaublich dichten Wimpern, blitzten zornig, während er darüber nachdachte, wie er mich am besten loswerden konnte. Und obwohl ich seine Gedanken nicht hören konnte und nicht die geringste Ahnung hatte, was er gerade ausbrütete, beschloss ich, froh darüber zu sein. Es war eindeutig, dass sein Ärger auf mich den Gipfel erreicht hatte.
Ich äugte unter meinem Pony hervor und ließ meinen Blick über die Anwesenden gleiten. Aurora nahm ihren Platz neben Claude ein, der neben Samson saß. Dieser befand sich rechts von Celia, die so klein und zierlich war, dass sie sich eine Armlehne mit Royce teilen konnte, ohne dass sie sich darüber streiten oder einen Kompromiss schließen mussten. Als ich sie alle dort versammelt sah, wie sie auf eine Erklärung warteten, warum unser Kurzurlaub in der Karibik so fürchterlich schiefgelaufen war (oder wie ich es sah, durch heroischen Einsatz ausgesprochen gut – das war alles eine Frage der Betrachtungsweise), na ja, da fiel mir der wichtigste Beweis dafür ein.
Eine unbestreitbare Sache, die keiner Erklärung mit Worten bedurfte, da sie sich direkt in der Mitte vor ihnen befand und von allen gut zu sehen war.
Mein Glühen umgab mich.
Nein, das stimmt nicht ganz. Es war nicht mein übliches Glühen. Es war viel beeindruckender als das.
Als Belohnung für das, was ich in St. John geleistet hatte, hatte sich mein Glühen beträchtlich vertieft. Es war von dem ursprünglichen, kaum wahrnehmbaren blassgrünen Schimmer zu einem tieferen Grün geworden.
Okay, vielleicht war die Veränderung nicht wirklich drastisch, aber der dramatische Effekt, der fehlte, wurde durch … Substanz wettgemacht.
Sagen wir mal, man konnte es nicht übersehen.
Schließlich hatte ich es bemerkt.
Und Bodhi ebenfalls.
Sogar Buttercup hatte mich angeschaut, ein paar Mal gebellt, mit dem Schwanz gewedelt und sich im Kreis gedreht.
Und das alles sah ich als ziemlich gutes Zeichen dafür an, dass auch der große Rat es bemerken würde. Soweit ich wusste, entging ihnen kaum jemals etwas.
Also beruhigte ich mich doch wieder etwas. Ich schob mir das Haar aus dem Gesicht und dachte: Wie schlimm kann es schon werden, wenn mein Glühen in einem so klaren Minzgrün erstrahlt? Doch dann fiel mir ein, was Bodhi gesagt hatte, nachdem er mich in dem Aussichtsraum entdeckt und mich hierhergebracht hatte.
Irgendetwas über mein Handeln und die möglichen Konsequenzen.
Irgendetwas über die Möglichkeit des großen Rats, nach eigenem Ermessen zu geben und zu nehmen. Irgendetwas darüber, dass es wegen meiner Missachtung seiner Befehle durchaus möglich war, dass nach dieser Zusammenkunft keiner von uns beiden jemals wieder glühen würde.
Mir war klar, dass ich alles tun musste, um sie davon zu überzeugen, sich meine Sichtweise der Dinge anzuhören, denn was immer Bodhi vorhatte, würde mir sicher nicht weiterhelfen. Er hatte mir bei etlichen Gelegenheiten deutlich zu verstehen gegeben, dass er mich als große Last empfand.
Und ich hatte keine Zeit für Probleme. Keine Zeit zu verschwenden.
Ich hatte gerade etwas Unglaubliches erfahren – ich hatte von einem mysteriösen Ort gehört, wo alle Träume stattfanden, und ich war fest entschlossen, ihn zu finden.
Außerdem konnte ich Bodhi nicht über den Weg trauen, denn es war nicht gerade ein großes Geheimnis, dass er mich als Last empfand. Und wenn es darauf ankam, stand sich jeder Mensch, ich meine, jeder Geist, selbst am nächsten. Also drängelte ich mich schnell an ihm vorbei.
Er schnappte überrascht nach Luft und versuchte, mich wegzuschieben, aber es war zu spät, denn ich stand bereits direkt vor dem großen Rat und bemühte mich, jeden Anflug von Furcht zu unterdrücken.
Furcht war etwas für Weicheier.
Und es war an der Zeit, ihnen meine Sichtweise der Dinge zu erzählen.
Meine Geschichte. Meinen Weg.
Ich wollte schon loslegen, als ich bemerkte, dass Auroras Aura matter und trüber wurde – wie bei dem Rest des großen Rats. Die Auren verdunkelten sich so sehr, dass mein Mund trocken wurde, sich meine Kehle zusammenzog und ich kein Wort mehr über die Lippen brachte.
Ich stand da, zitternd und stumm. Und Bodhi, mein Führer, derjenige, dessen Job es war, mir beizustehen, ließ mich im Stich.
Bevor ich mich’s versah, stand Bodhi vor dem großen Rat und begrüßte die Mitglieder mit einem lockeren »Hi!«. Und er lächelte dabei – ein strahlendes Lächeln, bei dem seine Augen funkelten und seine Grübchen sichtbar wurden.
Und als ob das noch nicht genug wäre, sorgte er mit einer geschickten Bewegung dafür, dass ihm eine seiner braunen Locken tief in die Stirn fiel und seine außergewöhnlich dichten Wimpern berührte, bevor er sich die Strähne mit einem erneuten Lächeln wieder aus dem Gesicht strich.
Eine typische Hollywood-Geste.
Aalglatt.
Oberflächlich.
Effekthascherisch. (Danke an den Kalender Wort des Tages!)
Die Art von Gebärde, bei der man entweder Herzklopfen oder einen Würgereiz bekommt. Und diese Bewegung bei Bodhi zu sehen war, na ja, merkwürdig.
Doch da ihm dieser Auftritt nicht die erhoffte Reaktion einbrachte und die Mitglieder des großen Rats nicht in Verzückung gerieten, räusperte er sich und sagte in ernstem Tonfall: »Hallo.«
Ehrlich gesagt fand ich diese doppelte Begrüßung etwas peinlich, aber bevor ich etwas tun konnte, um ihn aufzuhalten, fuhr er fort: »Wie Sie wissen, sind Riley, Buttercup und ich vor Kurzem in Schwierigkeiten geraten, und …«
Er schwafelte weiter.
Meine Güte, was für ein Geschwätz.
Alles was er von sich gab, klang in meinen Ohren nur wie:
Bla, bla, bla.
Mir schwirrte der Kopf bei all dem Gefasel.
Außerdem zeigte es nicht die geringste Wirkung – zumindest nicht bei dem großen Rat. Ich musste dazwischengehen, bevor es noch schlimmer wurde. Als er eine Sekunde innehielt, nutzte ich meine Chance: »Ich glaube, was Bodhi meint, ist …«
Er drehte sich zu mir herum und funkelte mich an. Sein Blick war eine Mischung aus Zorn und ungläubigem Entsetzen. Aber das würde mich nicht stoppen können. Nicht einmal ansatzweise.
Doch plötzlich mischte Royce sich ein. Royce, der mit seinem dunklen gelockten Haar, der glatten dunklen Haut und den strahlend grünen Augen so atemberaubend gut aussah wie ein Schauspieler. »Das reicht jetzt, Riley.«
Ich erstarrte und war zu verängstigt, um Bodhi anzuschauen – oder irgendeinen der anderen. Diese vier einfachen Wörter ließen mir das Blut in den Adern gefrieren. In den lächerlich kurzen zwölf Jahren meines Lebens hatte ich diesen Satz immer nur gehört, wenn ein Erwachsener mir befohlen hatte, etwas bleiben zu lassen, weil er sich über mein Benehmen extrem ärgerte.
Celia brach schließlich das entstandene Schweigen. Ihr kornblumenblaues Glühen strahlte wieder mit voller Kraft. »Wir brauchen das nicht fortzuführen. Es gibt keinen Grund für Entschuldigungen oder Erklärungen. Wir haben alles gesehen.«
Ich nickte. Und schluckte. Das war alles, was ich tun konnte.
Ich starrte in Samsons tiefviolette Augen, als er das Wort ergriff. »Du hast eigenmächtig gehandelt. Du hast dich eigensinnig und unkontrolliert verhalten, Bodhis Anweisungen missachtet und euch in große Gefahr gebracht. « Er erhob sich steif. »In Zukunft wirst du dich mit uns absprechen, bevor du im Alleingang losziehst. Ganz gleich, wo du dich auf der Erdebene befindest, wir sind immer nur eine telepathische Nachricht von dir entfernt. Vergiss das nicht.«
Er warf erst mir und dann Bodhi einen strengen Blick zu, und wir beide wussten nicht, was jetzt von uns erwartet wurde.
»Ihr braucht euch nicht vor uns zu fürchten«, wandte Aurora schnell ein. »Wir sind hier, um euch zu beraten, euch zu unterstützen und euch zu helfen, wenn ihr uns braucht. Ich weiß, dass ihr darauf brennt voranzukommen, aber ihr müsst darauf vertrauen, dass jeder einzelne Auftrag sorgfältig so ausgesucht wurde, dass er dem Stand eures Fortschritts entspricht.« Sie sah mir in die Augen, um sich zu vergewissern, dass ich das verstanden hatte, ehe sie fortfuhr. »Abgesehen davon wart ihr erfolgreich, wo viele andere Seelenfänger versagt haben. Glückwunsch.«
Bodhi entspannte sich, und ich stieß unwillkürlich den Atem aus, obwohl mir gar nicht bewusst gewesen war, dass ich die Luft angehalten hatte. Ein Blick nach unten zeigte mir, dass Buttercup sein Hinterteil nach oben reckte und aufgeregt damit hin- und herwackelte – es sah süß aus, war aber fast zu viel des Guten. Ich wünschte, er würde damit aufhören.
Es war nicht nötig, es zu übertreiben. Nicht, wenn ich gerade eine Anerkennung von Aurora bekommen hatte – nein, Aurora hatte mir gratuliert, und sie war, da war ich mir sicher, die Bienenkönigin des großen Rats.
Ich hatte mich in Gefahr begeben. Und große Risiken auf mich genommen. Und ich hatte genau das Gegenteil von dem getan, was Bodhi mir befohlen hatte – und was hatte mir das gebracht?
Ein Glühen vor dem großen Rat.
Ein großes Lob, das ich dankbar annahm.
Glückwünsche!
Das Wort ging mir immer wieder durch den Kopf.
Ich steckte nicht in Schwierigkeiten. Alles war in Ordnung. Nein, es war besser als nur in Ordnung. Wieder einmal war ich erfolgreich gewesen, wo andere gescheitert waren.
Ich wusste es.
Der große Rat wusste es.
Und mein Glühen bewies es.
Es war Bodhi, der seine Einstellung ändern musste. Ich hingegen spielte in der oberen Liga mit.
Ich sonnte mich in meinem Erfolg, als Auroras melodische Stimme mich aus meinen Gedanken riss. »Offensichtlich braucht ihr in Zukunft größere Herausforderungen, also werden wir unser Bestes tun, um sie euch zu bieten.«
Ich nickte und setzte eine bescheiden wirkende Miene auf. Meinen Siegestanz hob ich mir für später auf.
Dann erregte Claude meine Aufmerksamkeit, dessen lange, schlanke Finger mit seinem zotteligen Bart spielten, der ihm fast bis zur Taille reichte. »Angesichts der Dinge, die ihr vollbracht habt, sind wir uns einig, dass ihr beide eine Auszeit braucht.«
Ich sah zu Bodhi und seinen funkelnagelneuen Turnschuhe, die er sicher extra für dieses Treffen manifestiert hatte, auf die dunkle Jeans, die ihm, so wie es jetzt cool war, bis zu den Knöcheln reichte, und auf das lässige Sweatshirt, das seine schlanke Figur betonte. Mein Blick wanderte zu seinem lächerlich hübschen Gesicht, und bei diesem Anblick bildete sich ein heißer Kloß in meiner Kehle, und eine unerwartete Welle der Nostalgie drohte mich zu überrollen, als ich an all das dachte, was wir zusammen erlebt hatten.
Obwohl ich einen neuen Führer herbeigesehnt hatte (und das praktisch bereits seit dem Moment, in dem Bodhi und ich uns kennen gelernt hatten), konnte ich es, jetzt, da ich einen bekommen würde, kaum fassen, dass unsere Tage des gemeinsamen Seelenfangs ein so jähes Ende finden würden. Nach diesem Treffen würden wir uns vielleicht nie wieder sehen.
Aus irgendeinem merkwürdigen Grund weckte dieser Gedanke nicht die erwartete Freude in mir. Eigentlich war eher das Gegenteil der Fall. Ich fühlte mich verwirrt, durcheinander und irgendwie leer.
Aber, wie sich dann herausstellte, hatte ich mich geirrt.
Ich lag total falsch.
Der große Rat hatte ganz andere Pläne.
»Ihr braucht eine Auszeit vom Seelenfangen«, sagte Aurora und nickte, so dass ihr Haar herumwirbelte. »Zeit, um zu entspannen und euch zu vergnügen.«
Ich verzog das Gesicht, nicht sicher, wie ich das verstehen sollte.
Ich meine, hatte man mir nicht gerade gratuliert?
Und bedeutete dieses Lob nicht, dass ich ein paar Stufen überspringen und zu den großen, Furcht erregenden Geistern übergehen konnte, mit denen erfahrene Seelenfänger sich befassten?
Schließlich war es Celia, die mir den Beschluss des großen Rats erklärte. »Wir waren alle erfreut über deine Leistung, Riley, und uns ist klar, dass wir größere Herausforderungen für dich finden müssen, aber wir sind der Meinung, dass du zuerst etwas Abstand brauchst.« Ihre kleinen Hände flatterten vor ihrer Taille wie ein Kolibri vor einem Nektarspender. »Und wenn du dich ausreichend erholt hast, dann werden wir dir und Bodhi mit Freuden einen weiteren Auftrag erteilen. Wir sind sehr erfreut darüber, wie gut ihr zusammenarbeitet. Ihr holt eindeutig gegenseitig das Beste aus euch heraus.«
Staunend riss ich den Mund auf. Meinte sie das im Ernst? Wir holten gegenseitig das Beste aus uns heraus? Machte sie Witze? Hatte sich einer von ihnen genau angesehen, wie Bodhi und ich versuchten, miteinander zu arbeiten?
Wir stritten ständig!
Und zankten uns.
Und widersetzten uns absichtlich dem anderen bei jeder Gelegenheit, die sich uns bot. Wir rauften uns nur zusammen, rollten gemeinsam die Ärmel hoch und legten unsere Meinungsverschiedenheiten beiseite, wenn sich die Dinge so weit entwickelt hatten, dass wir keine andere Wahl hatten, als uns aufeinander zu verlassen.
Aber anscheinend war das noch nicht alles. Oh, nein, sie waren noch lange nicht fertig mit uns. Noch während ich versuchte, das zu verdauen, meldete sich Royce zu Wort. »Während wir uns die Zeit nehmen, einen neuen Auftrag für euch zu suchen, solltet ihr – du und Bodhi, und ja, auch du, Buttercup – eure freie Zeit genießen.« Seine Augen funkelten, als Buttercup sich die Lefzen leckte und wieder mit seinem Hinterteil wackelte, als er seinen Namen hörte. »Verbringt Zeit mit eurer Familie. Besucht Freunde. Es ist wichtig für euch, dass ihr euch ausruht und neue Energie tankt. Macht euch keine Sorgen, wir finden euch schon, wenn es Zeit für euren nächsten Auftrag ist. Aber fürs Erste seid ihr von allen Pflichten entbunden.«
Entbunden.
Freigestellt.
Unmissverständlich entlassen.
Und obwohl ich jedes einzelne Wort verstanden hatte, blieb ich einfach stehen und starrte vor mich hin. Ich sah zu, wie Bodhi und Buttercup über die Bühne flitzten und wie wild zur Tür stürzten. Plötzlich war ich wie gelähmt durch die schreckliche Erkenntnis, dass sie, im Gegensatz zu mir, andere, bessere Orte kannten, wo sie sein wollten.
Der große Rat war verschwunden. Wusch, und sie waren weg. Mir war klar, dass es geradezu erbärmlich war, hier stehen zu bleiben, nachdem alle anderen verschwunden waren, also folgte ich Bodhi und Buttercup mit hängendem Kopf.
Die klägliche Wahrheit breitete sich vor mir aus: Ich mochte mich zwar als Seelenfängerin hervorgetan haben, aber ich war eine Versagerin, was mein Leben im Jenseits betraf, denn es war toter als ich.
Ich hatte keine Freunde. Keine Hobbys. Keinen anderen Ort, an den ich gehen konnte, als mein eigenes Zimmer.
Zwar waren meine Eltern und meine Großeltern im Hier und Jetzt, doch sie waren mit ihrem eigenen Leben im Jenseits beschäftigt.
Das Hier und Jetzt war nicht zu vergleichen mit der Erdebene. Ich brauchte niemanden, der meine Rechnungen bezahlte, meine Mahlzeiten zubereitete, Genehmigungen für mich unterschrieb, mich herumfuhr oder sich im Allgemeinen um mich kümmerte, mich beschützte und Essen und Geld für mich besorgte. Alles, was ich haben wollte oder brauchte, konnte ich mir herbeiwünschen. Und das bedeutete, dass meine Familie nicht länger verantwortlich für mich war. Sie schauten nur hin und wieder vorbei, um nach mir zu sehen und Hallo zu sagen.
Sie waren weitergezogen.
Und sie waren weitaus beliebter als ich.
Ich riss die Tür auf und stürzte nach draußen, fest entschlossen, mir ein eigenes Leben im Jenseits zu erschaffen.