und das Fußballphantom

erzählt von Marco Sonnleitner

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 - 24. Dezember 2009)

 

 

 

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© 2002, 2010, 2011 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten.

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

 

Based on Characters by Rober Arthur.

 

ISBN 978-3-440-12910-4

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

 

Anstoß

»Oh nein!« Peter zeigte entsetzt nach oben. »Bob! Siehst du, was ich sehe?«

Der dritte Detektiv nickte fassungslos. »Ja. Das schafft er nie. Unmöglich!«

In diesem Moment drehte sich Justus zu ihnen um. Auch er hatte den Mann entdeckt. Ein Baum von einem Kerl mit tätowierten Oberarmen und einem schwarzen Vollbart. Seine Geste war unmissverständlich gewesen.

»Renn!«, schrie Peter und fuchtelte mit den Armen. »Renn, Just!«

Bob schätzte blitzschnell die Entfernung ab. »Er muss abkürzen!«, sagte er zu Peter. »Nur dann hat er noch eine Chance. Ansonsten …« Den Rest ließ er unausgesprochen. Zu schrecklich war die Vorstellung.

»Die Bänke!«, rief Peter seinem Freund zu. »Nimm die Bänke!« Und zu Bob gewandt fügte er leiser hinzu: »Wäre bloß ich gegangen. Wir hätten ihn nie gehen lassen dürfen.«

»Jetzt ist es zu spät!« Bob ließ enttäuscht die Schultern hängen.

Doch Justus wollte nicht aufgeben. Er sah sich suchend um, wählte die kürzeste Route und lief los.

Zunächst bog er scharf nach rechts in den vor ihm liegenden Gang ab. Er machte sich so schmal wie möglich und zwängte sich nah am Geländer vorbei. Einmal blieb er an einer verbogenen Öse hängen, aber er ließ sich nicht aufhalten. Dann hatte er den Punkt erreicht, den er ins Auge gefasst hatte. Den Mann immer im Visier, kletterte er über die nächsten zwei Bankreihen hinweg, lief wieder ein Stück zurück und nahm drei weitere Reihen.

Peter ballte vor Aufregung die Fäuste. »Ja, Just! Weiter!«

Justus setzte seinen Zickzackkurs fort. Mit einer Behändigkeit, die man ihm gar nicht zugetraut hätte, sprang er über die Lehnen hinweg. Aber der Mann war viel näher dran. Wenn ihn niemand aufhielt, würde es Justus nicht schaffen.

»Oh Gott!«, erschrak Bob in diesem Augenblick. »Nur noch drei! Aber da war doch zwischenzeitlich gar keiner!«

Peter fuhr herum und starrte auf die kleine Anzeige. »Du hast – Nein! Jetzt sind es sogar nur noch zwei! Mist!«

»Zwei!«, ächzte Justus, der es ebenfalls bemerkt hatte. »Nur noch zwei!«

Der Erste Detektiv mobilisierte die letzten Kraftreserven. Doch der Mann war jetzt fast da und Justus musste noch acht Reihen weiter nach oben.

Der Mann wandte sich nach links und fasste in seine Tasche.

»Nein!« Justus stolperte auf allen vieren über die Bänke hinweg. Böse Blicke und Schimpfen begleiteten ihn. Noch vier Reihen.

»Mist!« Bob sank auf seinen Platz, während Peter fassungslos nach oben starrte. »Das war’s dann wohl.«

Dann hatte der Mann sein Ziel erreicht. Zwei Sekunden vor Justus, der völlig außer Atem hinter ihm zum Stehen kam.

»Hier«, sagte der Mann und wedelte mit einem Dollarschein. »Der Rest.«

Der Verkäufer nickte und nahm das Geld entgegen. »Danke sehr. Und was kann ich für dich tun?« Er zwinkerte Justus freundlich zu.

Der Erste Detektiv brauchte einen Moment, bis er verstand. Ungläubig sah er dem Mann hinterher, der sich wieder zu seinem Platz begab, und schaute hinauf zu der Anzeige, auf der jetzt eine grüne Neun leuchtete. Dann endlich sagte er erschöpft: »Drei. Drei Hotdogs, bitte.«

 

Peter und Bob waren überglücklich. Begeistert begrüßten sie ihren Freund, als er wieder bei ihnen war.

»Toll, Just! Super!« Peter nahm sein Hotdog entgegen. »Hast du den Kerl vor dir bestochen?«

Justus schüttelte den Kopf und ließ sich auf seinen Sitzplatz sinken. »Der wollte gar keine Hotdogs kaufen. Er hat dem Verkäufer nur einen offenbar noch ausstehenden Restbetrag gebracht.«

»Dann war seine Geste vorhin also ganz anders gemeint!«, bemerkte Bob. »Er wollte gar keine fünf Hotdogs, er hat dem Verkäufer wahrscheinlich nur zugewunken!«

Justus schaute sein Hotdog sehnsüchtig an. Er war noch viel zu sehr außer Puste, um hineinzubeißen. »Genau. Und diese neue Anzeige über dem Stand, die zeigt nicht, wie wir dachten, die noch vorhandenen Hotdogs. Es ist ein Werbegag. Wer den Spieler kennt, dessen Trikotnummer beim Kauf aufleuchtet, bekommt eine Beilage umsonst.«

»Die Neun hat Mathews«, sagte Peter. »Ray Mathews, der Rechtsaußen. Ich kenne ihn!«

»Tut mir leid.« Der Erste Detektiv lächelte gequält. »Ich kenne nur einen George Mathews, und der ist seit fast 200 Jahren tot. Keine Extra-Gürkchen.«

Peter klopfte seinem Freund tröstend auf die Schulter. »Egal. Für deinen heldenhaften Einsatz auf dem Hotdog-Schlachtfeld hast du dir trotzdem die Tapferkeitsmedaille in Mayonnaise-Gold verdient.«

Justus lächelte matt. »Das war das Mindeste, was ich für euch tun konnte.« Dann biss er endlich zu.

Die Los Angeles Hawks gegen die Philadelphia Tornados! Der Highschool-Champion der Westküste gegen den der Ostküste. Peter und Bob fieberten dem Spiel um die amerikanische Highschool-Meisterschaft schon seit Tagen entgegen, zumal Peter einige Spieler der Hawks kannte und das Match ganz in ihrer Nähe ausgetragen wurde. Es fand im Home Depot Center in Carson statt, einem Vorort im Süden von Los Angeles.

Justus hingegen wäre dem Spiel sicher ferngeblieben. Sport im Allgemeinen und Fußball im Besonderen zählten nicht gerade zu den Hobbys des Ersten Detektivs. Aber er hatte eine Sache vergessen: Tante Mathilda hatte heute eigentlich mit ihm und Onkel Titus ins Outlet-Village nach Barstow fahren wollen. Dort hätte Justus mindestens 200 Hemden, 100 Hosen und 50 Paar Schuhe anprobieren müssen. Grauenvoll! Der reinste Horrortrip! Verzweifelt hatte er daher seine Freunde gebeten, ihm dieses grässliche Schicksal zu ersparen. Sie mussten es unbedingt schaffen, dass ihn Tante Mathilda mit ins Stadion ließ.

Peter und Bob wussten nur zu gut, wie so ein Tag in einem Outlet-Village aussah. Ohne zu zögern, traten sie deswegen gemeinsam gegen Tante Mathilda an, und da ihnen auch noch Onkel Titus zu Hilfe kam, der ebenfalls keine Lust auf Barstow hatte, gab sich Tante Mathilda irgendwann geschlagen. Jubelnd zogen die Jungen ab und Justus versprach, sich im Stadion mit Cola und Hotdogs bei seinen Freunden zu revanchieren.

»Da! Es geht los!« Peter deutete mit seiner Cola auf den Mittelkreis.

Zwei in Rot und Weiß gekleidete Tornado-Spieler standen am Anstoßpunkt und blickten zum Schiedsrichter. Der gab seinen Assistenten an den Außenlinien ein Zeichen, sah auf seine Armbanduhr und blies endlich kräftig in seine Pfeife. Das Spiel hatte begonnen!

»Wisst ihr eigentlich«, brachte Justus gut gelaunt zwischen ein paar Weißbrotbrocken hervor, »dass ein fußballähnliches Spiel schon im zweiten Jahrtausend vor Christus in China gespielt wurde? Übersetzt hieß es so viel wie Den Ball mit dem Fuß stoßen. Über die damaligen Regeln des Spiels ist so gut wie nichts bekannt, es gilt jedoch als sicher –« Der Erste Detektiv hielt inne, weil ihm sowohl Peter als auch Bob den Kopf zugedreht hatten und ihn finster ansahen. »Was? Was ist?«

Peter nickte zum Spielfeld. »Das Lexikon in deinem Hirn in allen Ehren, aber wir würden uns gerne auf das Spiel konzentrieren.«

Justus sah auf den Rasen. »Aber da passiert doch noch gar nichts«, erwiderte er. »Die schieben doch nur den Ball hin und her.«

»Das nennt man Abtasten«, erklärte Bob. »Man versucht bei so einem wichtigen Spiel erst einmal herauszufinden, mit wem man es zu tun hat.«

Der Erste Detektiv wirkte ehrlich erstaunt. »Es spielen die Los Angeles Hawks gegen die Philadelphia Tornados, oder?«

»Die Tagesform, die mentale Verfassung, die Einstellung.« Peter konnte kaum glauben, dass man so etwas nicht wusste. »Das meint Bob mit Abtasten.«

»Da, siehst du die beiden Zehner?« Der dritte Detektiv zeigte auf zwei Spieler, die sich gerade im Zweikampf befanden. »Die gehen nicht gleich voll auf die Knochen, sondern beschnuppern sich erst mal.«

Justus runzelte die Stirn. »Und später gehen sie«, er zögerte, »voll auf die Knochen, wie du das nanntest?«

Bob zuckte die Schultern. »Es wird sicher ruppiger, je länger das Spiel dauert und je mehr die Mannschaften tun müssen.«

»Wow!«, rief Peter in diesem Moment und gleichzeitig ertönte ein lauter Pfiff. »Mit Abtasten ist nicht mehr viel, fürchte ich. Habt ihr gesehen, wie dieser Holzfäller Callaghan umgesenst hat?«

Ein Spieler der Hawks wälzte sich nach einem rüden Foul auf den Boden. Andere Spieler eilten herbei, von den Rängen hörte man Pfiffe und Buhrufe.

»Oh Mist! Stichwort Callaghan!« Peter griff in seine Jackentasche. »Da fällt mir ein, ich muss ja noch Kelly anrufen. Wir wollen heute Abend Eis essen gehen.«

Justus und Bob grinsten vielsagend. Peters Freundin konnte recht schwierig werden, wenn er ihre Abmachungen vergaß.

Der Zweite Detektiv tippte die Nummer in sein Handy, schielte aber dabei immer wieder aufs Spielfeld. Callaghan, der gefoulte Spieler, rappelte sich dort unten mühsam auf und der Spielerpulk verlief sich wieder. Als das Freizeichen ertönte, ging das Spiel bereits weiter.

Peter hielt sich das andere Ohr zu, damit er seine Freundin besser verstand. Um sie herum waren zwar etliche Plätze frei, aber im Stadion war es dennoch ziemlich laut.

Jemand meldete sich. Aber genau in diesem Moment ging ein paar Reihen hinter ihnen eine Fanhupe los. Ohrenbetäubend gellte sie über die Ränge. Peter hatte kein Wort verstanden. »Kelly?«

»Wer?«

»Hallo? Ich bin’s, Peter. Kelly, hör zu, ich … Hallo?« Sein Blick verdüsterte sich. »Kelly? Bist du dran? Hallo?«

»Ist der Empfang schlecht?«, fragte Justus.

Peter schüttelte den Kopf. »Nein, ich höre die Stimme ganz deutlich, aber es ist –« Der Zweite Detektiv verstummte.

»Was ist?«

»Er meint, er legt mich einen Moment in die Warteschleife«, sagte er verdutzt. »Weil jemand angeklopft hat.«

»Wer er?« Bob hörte mit dem Kauen auf. »Hast du dich verwählt?«

»Keine Ahnung. Wahrscheinlich. Ich habe den Namen wegen der Tröte da oben nicht verstanden.« Peter winkte vage nach hinten. »Aber Kelly ist es nicht. Es sei denn, sie ist urplötzlich im Megastimmbruch.« Peter hielt das Telefon ein Stück von sich weg, um die Nummer sehen zu können, die er gewählt hatte. »Verdammt!«, entfuhr es ihm. »Das Ding spinnt mal wieder. Das Display zeigt nichts an.« Er legte das Handy wieder ans Ohr. »Ich entschuldige mich nur noch schnell, dass ich mich verwählt habe.«

Etwa eine halbe Minute herrschte Stille in der Leitung. Dann ertönte ein Knacken und eine Stimme war zu hören. Peter wollte schon etwas sagen, als ihm auffiel, dass das nicht die Stimme von vorhin war. Mehr noch, es war eine äußerst merkwürdige Stimme, eine, die ihn frösteln ließ. Mit angehaltenem Atem lauschte er und instinktiv legte er dabei seine Hand auf die Sprechschlitze.

»Noch einmal, damit es darüber keine Unklarheiten gibt«, drang es verzerrt an sein Ohr. »Sie tun ab jetzt besser, was ich Ihnen sage. Denn ich habe ab sofort ein Präzisionsgewehr auf Ihren Sprössling gerichtet!«

5. Minute

Peter war wie versteinert. Ungläubig starrte er auf sein Handy.

»Peter?« Bob beugte sich nach vorne und sah seinem Freund ins Gesicht. »Alles klar bei dir?«

Der Zweite Detektiv sah auf. »Da … der Typ … der«, stammelte er verstört, »… hat eben gesagt …«

»Was ist denn los mit dir, Zweiter?« Justus war alarmiert. Mit seinem Freund stimmte etwas nicht.

»… dass er ein Gewehr auf den Sohn des anderen gerichtet hat«, sprach Peter einfach weiter. »Ab sofort.« Erst jetzt erwachte der Zweite Detektiv aus seiner Starre.

»Wie bitte?«, stieß Justus erschrocken hervor und ließ sein Hotdog sinken. »Was sagst du da?«

»Er hat ein Gewehr auf …« Bob verschlug es die Sprache.

»Haben Sie das jetzt verstanden?«, kam es in diesem Moment aus dem Handy.

»Da ist er wieder!«, wisperte Peter.

Justus und Bob rückten augenblicklich näher und Peter hielt das Handy so, dass sie alle drei mithören konnten. Nach wie vor verschloss er dabei mit der linken Hand die Sprechöffnung.

»Hören Sie«, vernahmen die drei Jungen die nervöse Stimme eines Mannes, »ich … ich weiß wirklich nicht, was Sie von mir wollen. Was soll das alles? Wer sind Sie überhaupt?«

»Das ist der andere«, flüsterte Peter aufgeregt.

»Du bist in einer Konferenzschaltung!« Justus stellte Hotdog und Cola auf die Bank und wischte sich hektisch den Mund ab. »Der Mann, den du angerufen hast, hat dich dazugeschaltet, absichtlich oder zufällig! Jedenfalls seid ihr zu dritt!«

»Konferenzschaltung? Du meinst …« Peter sah seinen Freund verblüfft an und auch Bob war wie vom Donner gerührt.

»Meine Person ist im Grunde unwichtig«, antwortete der Erpresser. Seine Stimme vibrierte blechern und klang, als käme sie aus einem tiefen Brunnen.

»Er arbeitet mit einem Stimmenverzerrer«, flüsterte Bob.

»Das ist ernst, Kollegen!« Justus war die Anspannung ins Gesicht geschrieben. »Das klingt beileibe nicht nach einem Scherz!«

»Aber nennen Sie mich einfach der Namelose. So gute Freunde wollen wir ja nicht werden, nicht wahr?« Der Mann lachte spöttisch.

»Der Namenlose?«, echote Bob. »Wie einfallsreich.«

»Der Namenlose?«, fragte der andere Mann nach. Er atmete flach und viel zu schnell. »Gut … gut. In Ordnung. Der Namenlose. Aber so sagen Sie mir doch, was Sie von mir wollen! Was soll ich tun?«

»Können die uns hören?«, flüsterte Bob.

»Solange Peter die Hand auf dem Mikro hat, nicht«, erwiderte Justus.

Der Erpresser meldete sich wieder zu Wort. »Was genau ich von Ihnen will, werden Sie zu den gegebenen Zeitpunkten noch früh genug erfahren. Fürs Erste sind nur ein paar Regeln wichtig.«

»Regeln? Was für Regeln?«

»Und wenn wir uns einfach bemerkbar machen?«, schlug Bob vor. »Vielleicht schrecken wir den Typen damit ab?«

»Regeln, genau. Die erste lautet: Keine Polizei. Sollte ein Bulle nur in Ihre Richtung oder in die Ihres Sohnes blicken, schieße ich. So weit klar?«

Justus runzelte die Stirn. Da passte etwas nicht zusammen. Dann sagte er zu Bob: »Wäre möglich. Aber dann macht er sich eben zu einem späteren Zeitpunkt an sein Opfer ran. Oder schlimmer noch: er denkt, dass er hintergegangen wurde, und macht seine Drohung sofort wahr. Nein, solange wir nicht wissen, mit wem wir es zu tun haben, sollten wir uns absolut ruhig verhalten. Das Risiko ist zu groß. Und nur so haben wir vielleicht eine Chance zu helfen.«

»Sprechen Sie weiter.«

»Die zweite Regel ist schon ein wenig kniffliger: Ihr Sohnemann darf auf keinen Fall ausgewechselt werden oder aus irgendeinem anderen Grund das Spielfeld verlassen.«

Die drei Detektive sahen sich entgeistert an. Was hatte das zu bedeuten?

»Wie bitte?« Das Erpressungsopfer fiel aus allen Wolken. »Wie stellen Sie sich das vor? Darauf habe ich doch gar keinen Einfluss!«

Der Erpresser lachte gehässig. »Das ist nicht mein Problem.«

»Der redet von einem Spiel!«, sagte Peter. »Der Junge steht in diesem Augenblick auf irgendeinem Spielfeld!«

Justus schüttelte nachdenklich den Kopf. »Das bringt uns keinen Schritt weiter. Wir wissen weder, ob der Junge zehn, zwanzig oder dreißig ist, noch um welche Art von Spiel es sich handelt. Und dieses Spielfeld kann genauso gut in New York sein wie in San Francisco.«

»Das … das ist doch absoluter Unsinn!«, regte sich das Opfer auf. »Hören Sie, Mr Namenlos oder wie immer Sie sich auch nennen mögen: Sie verschwenden meine Zeit! Ich … ich glaube Ihnen kein Wort und werde jetzt auflegen. Dann können Sie meinetwegen –«

»Das werden Sie nicht, Mr … Brainman.« Die Stimme des Erpressers klang wie geschliffenes Glas. Leise und scharf. »Ich darf Sie doch so nennen, oder?« Er lachte trocken.

»Mr Brainman? So heißt der doch nie im Leben!«, sagte Peter.

»Mit diesen Pseudonymen hat es sicher seine Bewandtnis«, überlegte Justus. »Damit will der Kerl irgendetwas zum Ausdruck bringen.«

»… und dann können Sie meinetwegen jemand anderem mit Ihren Spielchen auf die Nerven gehen.« Brainman war nicht wirklich überzeugend. Er versuchte zu bluffen, war aber viel zu aufgeregt. Er stotterte fast. »J…ja, Sie wissen, dass T…Tom genau in diesem Moment in Carson um die Highschool-Meisterschaft spielt. Aber das herauszufinden, ist nicht besonders schwierig.«

Peter fiel vor Schreck fast das Handy aus der Hand. Alle drei Jungen rissen die Augen auf.

Es ging um ihr Spiel! Der Spieler, auf den das Gewehr gerichtet war, befand sich in diesem Stadion!

Justus sah Peter eindringlich an. »War davon vorher schon mal die Rede? Hat der Erpresser diesen Umstand bereits erwähnt?«

»Ich … weiß nicht. Nein, ich glaube nicht. Aber ich habe ja nicht alles mitbekommen, was gesprochen wurde.«

»Dann war das an uns gerichtet.« Justus’ Blick jagte über die Tribünen. »Die Konferenzschaltung ist Absicht! Brainman will, dass wir ihm helfen, Kollegen. Das eben zu sagen war völlig unnötig. Und äußerst riskant!«

»Und deswegen werde i…ich unser Gespräch jetzt beenden. Sie scheinen einen recht seltsamen Humor zu besitzen, denn meiner Meinung nach ist das Ganze wohl nichts weiter als ein übler Scherz. Ein ganz ü…übler.« Der Versuch, Entschlossenheit zu demonstrieren, misslang gründlich. Und Brainman legte auch nicht auf.

Der Namenlose wartete. Die drei Jungen hörten ihn atmen. Ruhig und gleichmäßig. Hatte er etwas bemerkt? Ahnte er, dass da etwas nicht stimmte? Sie warfen sich besorgte Blicke zu.

Aber offenbar hatte der Erpresser keinen Verdacht geschöpft, denn nach einer halben Ewigkeit sagte er leise und gefährlich: »Sie glauben also, dass ich scherze, Mr Brainman? Ü…übel scherze?«, äffte der Mann das Stottern nach.