Über dieses Buch

Cover

Kathamuthu weiß, was es heißt, ein »Unberührbarer« zu sein. In jungen Jahren bekommt er die Unmenschlichkeit und Brutalität des Kastensystems selbst zu spüren. Doch der intelligente junge Mann schafft es trotz allem, zu einer angesehenen und respektierten Persönlichkeit zu werden. Doch seiner Familie gegenüber ist er jähzornig und autoritär.

Palanimuthu Sivakami

Palanimuthu Sivakami, geboren 1957 im südindischen Unionsstaat Tamil Nurdu, ist promovierte Historikerin. Sie setzt sich als Aktivistin für die Belange der Dalits und der Frauen ein. 2009 gründete sie eine eigene Partei. Sivakamis Werk umfasst Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Essays.

Dieses Buch gibt es in folgenden Ausgaben: E-Book (EPUB) – Ihre Ausgabe, E-Book (Apple-Geräte), E-Book (Kindle)

Mehr Informationen, Pressestimmen und Dokumente finden Sie auch im Anhang.

Palanimuthu Sivakami

Die Zeiten ändern sich

Roman

Aus dem Englischen von Thomas Vogel

E-Book-Ausgabe

Draupadi @ Unionsverlag

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Impressum

Dieses E-Book des Draupadi-Verlags erscheint in Zusammenarbeit mit dem Unionsverlag.

Die Originalausgabe erschien 1989 auf Tamil und wurde von der Autorin selbst in Englische übersetzt. Die deutsche Ausgabe basiert auf der englischen Übersetzung, The Grip of Change, erschienen 2006 im Verlag Orient Blackswan, New Delhi.

Dieses Buch wurde gefördert vom Literaturorum Indien e.V.

Lektorat: Edeltraud Bienek

Originaltitel: Pazhayani Kazhidalum

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Sven Schrape unter Verwendung der von Reinhard Sick gestalteten deutschen Erstausgabe

ISBN 978-3-293-31099-5

Diese E-Book-Ausgabe ist optimiert für EPUB-Lesegeräte

Produziert mit der Software transpect (le-tex, Leipzig)

Version vom 14.05.2020, 18:49h

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1

Kathamuthu erwachte um vier Uhr morgens, gerade als die ersten lichten Streifen der Dämmerung den Himmel erhellten. Er schob die Hand seiner Frau von seiner Brust, gähnte und streckte sich. Nagamani, die er im Haus als zweite Frau eingesetzt hatte, stöhnte im Schlaf, als hätte sie Schmerzen. Ihr Hemd löste sich, lockiges Haar breitete sich aus, die Augen halb geöffnet, schien sie entschlossen, weiter zu schlafen. Ihr Sari war in eine Ecke des Zimmers geglitten und flatterte jedes Mal, wenn der Windzug des Ventilators ihn ergriff.

Kathamuthu erhob sich, suchte die richtige Seite seines Veshti und band es um seine Hüften. Er nahm den Sari aus der Ecke und warf ihn über Nagami.

»Bedecke dich. Ich gehe.« Ohne auf eine Antwort zu warten, entriegelte er die Tür, ging in den Flur und schaute durch das Fenster in den Nachbarraum. Seine erste Frau Kanagavalli schlief tief und fest. Sie hielt Sekaran fest, das jüngere der Kinder. Das andere Kind, Gauri, klammerte sich an ihren Rücken.

»Sie ist groß, aber drückt sich an ihre Mutter wie ein Kind«, dachte er, öffnete die Außentür und blieb vor Verblüffung abrupt stehen. Etwas Dunkles zeichnete sich in der Ecke der Veranda ab. Als sich seine Augen mit der Zeit auf die Schatten eingestellt hatten, konnte er eine Gestalt wahrnehmen, die dort kauerte und vor Schmerz stöhnte.

»Wer ist da? Was …?«, fragte Kathamuthu ängstlich.

»Oh weh … Oh weh … Sie haben mich fertiggemacht … Oh weh …!« Die Person schrie wie ein verwundetes Tier und ließ sich fallen.

Die unerwartete Aufregung in der Stille des Morgens störte drinnen die Familie auf. Kathamuthu hörte hinter sich seine Frauen rufen und herbeirennen. Die erschrockene Gauri begann zu jammern. Nagamani stürzte mit gerafftem Sari hinaus. Auch Kanagavalli eilte herbei.

Voller Panik riefen sie: »Was ist passiert? Was ist passiert?«

Als sie Kathamuthu starr am Eingang stehen sahen, beruhigten sie sich ein wenig.

»Du, Frau! He! Was jammerst du hier rum, so früh am Morgen? Was ist los? Steh auf und erkläre dein Problem, ohne so ein Theater zu machen!« Von seinen beiden Frauen flankiert und vom Schock erholt, befragte er die verhüllte Gestalt.

»Was soll ich sagen? Sie sollen gehängt werden! Sie sollen zur Hölle gehen! Die Erde wird sich öffnen und euch verschlingen. Ihr werdet Dreck fressen. Bastarde! Ihr habt eine hilflose Frau misshandelt! Ihr Köter! Kommt doch! Kommt und leckt …«

Was eine Erklärung hatte werden sollen, verwandelte sich in eine Flut von Beschimpfungen gegen jene, die über sie hergefallen waren. Es schien, als sähe sie sie leibhaftig vor sich.

»Hör auf, Miststück! Wage nicht, hier so schmutzige Reden zu führen! Ich werde dir eine aufs Maul hauen. Hast du keinen Respekt vor dem Mann, mit dem du redest? Wenn du nichts anderes zu sagen hast, dann verpiss dich!« Kathamuthu sprach verärgert und irritiert zu ihr.

»Mein Retter! Herr! Wem sonst, außer Ihnen, könnte ich es erzählen? Deshalb bin ich doch den ganzen Weg her gerannt, die ganze Nacht, um Sie zu treffen. Schauen Sie, was diese Gauner mir angetan haben!«

Weinend entfernte sie den Sari, der um ihren Kopf gewickelt war. Ihr ganzer Oberkörper, der jetzt sichtbar wurde, da sie keine Bluse anhatte, trug schreckliche Blutergüsse. Ihr Rücken war blutverschmiert.

»Um Gottes willen!«, rief Nagami beim Anblick der Verletzungen.

»Wer hat dir das angetan?«, wollte Kanagavalli wissen. Gauri sah die Frau voller Furcht und Mitleid an. Der Anblick der offenen Wunden ließ Sekaran die Augen schließen.

»Herr! Das ist nicht alles, Herr. Schauen Sie auf meine Arme!« Sie zeigte ihre geschwollenen Arme.

»Schauen Sie das an, Herr!« Die Frau hob ihren Sari bis über die Knie.

»Oh! Du meine Güte!«

Die Haut ihrer Oberschenkel und Knie war verschrammt und in Fetzen gerissen, als wäre sie über einen rauen Untergrund geschleift worden.

Kathamuthu, der bis dahin in benommenem Schweigen verharrt hatte, fragte im geschäftsmäßigen Ton eines ehemaligen Vorsitzenden des Panchayat-Rates: »Woher kommst du? Welcher Kaste gehörst du an? Und dein Name?«

»Herr, diese Schläger, die mich verprügelt haben, sollten mindestens einen Tag eingesperrt und gequält werden. Der Schmerz bringt mich um!«

»Sag mir nicht, was ich tun soll! Beantworte zuerst meine Fragen!« Sie schien nicht fähig, zusammenhängend zu antworten. Ungeduldig drehte er sich um und begann, jedem Familienmitglied eine Arbeit zuzuteilen. »Nagu, hol heißes Wasser und reinige die Wunden! Sekar, renn zu Muchamy Vaidyar! Wenn nötig, schlepp ihn her! Wenn du schon dabei bist, kauf Milch auf dem Rückweg! Gauri, warum stehst du tatenlos rum? Reinige den Hof und verteile Kuhdung!«

Sekaran zog seine kurzen Hosen mit der einen Hand hoch, während er mit der anderen den Bronzekrug für die Milch hielt, und flitzte los.

Es schien, dass sich die Frau der Aktivitäten um sie herum bewusst würde, sie hörte auf zu weinen. Sie schnäuzte sich in die Finger und rieb sie an der Wand ab.

Kathamuthu hielt sie für in den Dreißigern, groß und gut gebaut. Obwohl vom Weinen angeschwollen, war ihr Gesicht noch immer attraktiv. Er lehnte sich zurück an die Wand, rollte sein Veshti zwischen seinen Beinen zu einem Wulst zusammen und setzte sich.

»Herr, ich komme aus demselben Dorf wie Ihre Frau Kanagavalli. Kanagu, erkennst du mich nicht? Kanntest du Kaipillai aus der Südstraße, der gestorben ist? Ich bin seine Frau.«

»Ah! Ah ja! Mein Gott, du bist es! Warum haben sie dich so übel zugerichtet? Mit verhülltem Kopf habe ich dich nicht erkannt. Mein Gott!«

»Oh, wo soll ich anfangen? Kennst du Paranjothi aus der Straße der höheren Kasten?«, wandte sie sich an Kanagu.

»Ich kenne niemand aus dem Viertel der höheren Kasten. Als ich verheiratet wurde, war ich sehr jung und seit damals kaum mehr im Dorf. Selbst wenn ich dort hin muss, besuche ich nur meine Familie. Und ich mache keinen Schritt außerhalb unserer Straße. Der Bus hält am Wassertank, und da ist es nicht nötig, weiter zu gehen.«

»Stimmt. Leute wie du, die in Städten leben, wissen wenig von Dörfern.« Sie schluckte hart. »Paranjothi aus der Straße der höheren Kasten ist sehr reich. Sein Land reicht bis zum nächsten Dorf, Arumandal. Nach dem Tod meines Mannes begann ich auf dem Hof Paranjothis zu arbeiten. Da ich keine Kinder habe, weigerten sich die Brüder meines Mannes, mir seinen Anteil am Landbesitz der Familie zu übergeben. Wie sollte ich gegen sie ankommen? Ich konnte nicht vor Gericht gehen. Wer hat schon so viel Geld? Selbst wenn ich gewonnen hätte, wäre es mir nicht möglich gewesen, mich in Frieden um meinen Anteil des Landes zu kümmern, wo mich doch alle hassen. Ich bin jetzt eine alleinstehende Frau. Aber Munusamy, der Gott auf dem Berge, passt auf. Eines Tages wird er gegen sie durchgreifen. Ich bin eine arme Witwe. Aber wenigstens habe ich ein Strohdach über meinem Kopf.

Die Verwandten meines Mannes verbreiten die Geschichte, ich wäre Paranjothis Geliebte geworden. Deshalb brachen letzte Nacht vier Männer, die Brüder von Paranjothis Frau und ihr Schwager, in mein Haus ein. Sie zerrten mich an den Haaren auf die Straße. Sie schlugen und verprügelten mich mit einem Stock, der so dick war wie eine Hand. Sie haben mich fast umgebracht. Keiner aus dem Dorf, keiner meiner Verwandten kam mir zu Hilfe. Ich bettelte um Gnade, aber sie wollten nicht aufhören. Sie beschimpften mich und drohten, mich zu töten, wenn ich noch weiter im Dorf bliebe. Sie nannten mich eine Hure.«

Sie begann wieder zu weinen.

»Okay, okay.« Kathamuthu betrachtete sie prüfend: »Sag mir jetzt die Wahrheit. Was hast du getan? Niemand hätte dich so attackiert, wenn du nicht vorher etwas getan hättest.«

»Ich hab nichts Falsches getan. Ich hab keinem ins Essen gespuckt«, sie schluchzte hoffnungslos.

»Das reicht. Geh mit deiner Geschichte zu jemand anderem, der Trottel genug ist, sie zu glauben!« Kathamuthu klang entschlossen, die Wahrheit aus ihr heraus zu bringen.

Kanagu ging dazwischen: »Sag ihm, was geschah und wie es geschah. Dann weiß er, was zu tun ist, ohne dir ein Leid zuzufügen.«

»Nun gut, ihr seid alle Götter für mich. Wie kann ich die Wahrheit vor euch verbergen? Paranjothi Udayar hat mich gehabt, das stimmt«, sagte sie, ihr Gesicht zeigte eine Mischung aus Furcht und Scham.

»Warum musst du jemandem die Ehe zerstören? Ist das in Ordnung? Du hast seine Familie entehrt!« Kanagavalli betonte das letzte mit Richtung auf Nagamani, die mit heißem Wasser auf die Veranda gekommen war. Nagamani warf Kathamuthu einen zornigen Blick zu.

Er verstand den Wink sofort und fuhr Kanagavalli an: »Bist du hier, um früh am Morgen Urteile zu fällen? Geh rein und mach Kaffee. Sofort!«

»Jedermann lacht über die Zustände in deinem Haushalt, und hier versuchst du, andere zu belehren! Du hältst dich für weiß Gott wen!«, murrte Kanagavalli beim Hineingehen so, dass er es hören konnte.

Wenn die Frau auch etwas verwirrt war, hatte sie die Situation doch erfasst: »Herr, gibt es einen Ort auf der Welt, wo so was nicht passiert? Ich wollte es nicht, aber Udayar nahm darauf keine Rücksicht. Er vergewaltigte mich, als ich in seinem Zuckerrohrfeld arbeitete. Ich blieb still, letztlich bin ich von ihm abhängig. Er misst meinen Reis ab. Wenn Sie denken, ich wäre einfach zu haben, fragen Sie im Dorf nach! Niemand kann behaupten, er hätte mich nach dem Tod meines Mannes in männlicher Gesellschaft gesehen, oder gar, ich hätte jemanden angelächelt. Die Brüder meines Mannes wollten mich nötigen, aber ich gab nicht nach. Das Land meines Mannes wollten sie mir nicht geben, aber ich sollte ihre Hure sein! Ich gab nicht nach. Jedes Mal, wenn mir einer zu nahe kam, schwenkte ich den Besen. Danach kam keiner mehr in meine Nähe. Ich bin eine kinderlose Witwe. Für mich gibt es keinen Schutz.«

Kathamuthu unterbrach sie: »Nun denn, es ist passiert. Jetzt sag mir, warum bist du nicht zu jemandem aus unserer Kaste gegangen? Weil du zu diesem höherkastigen Kerl gegangen bist, kamen die vier Männer und haben dich zu Recht verprügelt. Magst du unsere Burschen nicht?«

Wegen der Rohheit seiner Bemerkungen antwortete sie stockend: »Herr, wie können Sie mir so eine Frage stellen? Ich bin niemandem nachgestiegen. Ich bin keine, die unbedingt einen Mann im Bett haben muss. Ich fühle mich so beschämt. Es war falsch, schrecklich … Ich gab dem Udayar nach … Sie sollten mich im Dschungel aussetzen, ich will niemals in dieses Dorf zurück. Aber vorher will ich, dass die Männer, die mich verprügelt haben, zu meinen Füßen um Gnade winseln.« Wütend griff sie eine Hand voll Erde vom Hof auf und spuckte darauf.

Sie erhob ihre Hände wie zum Gebet, rang sie aber stattdessen. Nach einer Minute sagte sie: »Herr, schlagen Sie mich mit Ihren Schuhen, wenn Sie denken, es war meine Schuld.« Sie begann sich mit beiden Händen auf die Brust zu schlagen, bis sie nahezu ohnmächtig zu Boden fiel.

Nagami, die mit dem vergessenen heißen Wasser dastand, fühlte, wie ihr Tränen die Wangen hinab liefen. »Du brauchst ihr nicht länger weh zu tun mit solchen Reden. Das ist der Unterschied zwischen Gebildeten und Ungebildeten.« Sie kniete nieder, um der Frau beizustehen.

Die Frau ließ Nagami ihre Wunden reinigen, ohne wieder ganz zu Bewusstsein zu kommen.

Nagami bemerkte ängstlich: »Wir sollten sie nicht länger hierbehalten. Sie müsste ins Krankenhaus gebracht werden.«

»Sie muss ins Krankenhaus. Davor sollte Muchamy sie anschauen. Wir müssen die Leute anzeigen, die sie so zugerichtet haben. Sie muss eine Beschwerde schreiben.« In Gedanken erstellte Kathamuthu eine Liste von Aufgaben.

Während Kathamuthu sprach, kamen der Arzt Muchamy und Sekaran an. Es war fünf Uhr dreißig morgens, und die Sonne stieg immer höher. Sekaran gab seiner Mutter den Milchtopf und rannte zurück auf die Veranda, um Muchamy bei der Untersuchung der Frau zuzuschauen.

»Der Kaffee ist fertig«, sagte Kanagavalli. Sie knallte eine große Kanne Kaffee auf den Boden. Gauri brachte Metallbecher, die sie gerade gewaschen hatte. Kanagavalli goss für alle Kaffee ein und stellte einen Becher für den Arzt und einen für die Frau beiseite.

Möglicherweise hatte Kathamuthu leichte Gewissensbisse wegen seiner Derbheit. Er milderte den Ton, mit dem er zu der Frau sprach, die sich beruhigte, als der Doktor sie berührte.

»Schau her. Wie heißt du?«

»Mein Name ist Thangam, Herr.«

»Oh, ›Gold‹, ein seidenes Band um einen Besen.« Stolz über seinen kleinen Scherz, blinzelte Kathamuthu Nagamani zu.

»Was anderes kann man von dir nicht erwarten«, sagte diese mit spöttischem Lächeln. »Der Frosch bittet mit eigener Stimme um Ärger, nicht wahr? Dieses Sprichwort trifft bei dir zu hundert Prozent zu. Hättest du nicht immer billige Witze auf Kosten anderer gemacht, wärst du schon lange Mitglied des Parlaments. Niemals benimmst du dich mit der Würde eines Mannes von Rang.«

Kathamuthu fauchte sie verärgert an: »He, was murmelst du da vor dich hin? Erst sagst du, ich wäre ungebildet, und jetzt, mir fehle die Würde. Halt dein Maul! Niemand hat sich um dich gekümmert, bis ich dich in mein Haus genommen habe. Und jetzt behauptet sie, die ganze Stadt lache über mich. Was denkt ihr beide euch? Ich reiße euch in Stücke!«

»Komm, lass uns rein gehen. Wir haben hier nichts verloren«, sagte Kanagavalli zu Nagamani. Sie nahmen ihre Kaffeebecher und gingen hinein.

Muchamy streckte seinen gebrechlichen Körper, als er die Untersuchung beendet hatte: »Sie wird ins Krankenhaus müssen. Aber hier ist eine Salbe, und geben Sie ihr diese Tabletten.«

»In Ordnung«, blaffte Kathamuthu. »Sie brauchen nicht zu warten. Ich werde Sekaran vorbeischicken, um Ihnen Ihr Geld zu bringen.« Enttäuscht ging Muchamy, vermied es aber sorgfältig, seine Gefühle zu zeigen.

Gauri lehnte an der Wand und beobachtete ihren leicht aufbrausenden Vater. Sie hatte Angst vor ihm. Sie brachte nie Freunde mit nach Hause, obwohl sie ihnen gerne ihre Tauben und den schönen Garten hinterm Haus mit den Samandhis in voller Blüte gezeigt hätte. Sie musste stets fürchten, dass er urplötzlich ohne erkennbaren Grund vor ihren Freunden in Rage geriet.