Cover

Martin Wehrle

Sei einzig,
nicht artig!

So sagen Sie nie mehr JA,
wenn Sie NEIN sagen wollen

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© 2019 Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Dieses Buch wurde vermittelt durch die Montasser Medienagentur, München
Illustrationen: Dirk Meissner
Gedichte 1 und 2 aus: Dr. Erich Kästners lyrische Hausapotheke
© Atrium Verlag, Zürich, 1936 und Thomas Kästner
Umschlag: Uno Werbeagentur, München
Umschlagmotiv: Shutterstock/T-Kot
Redaktion: Dr. Christine Laudahn
KW · Herstellung: IH
ISBN 978-3-641-15459-2
V004
www.goldmann-verlag.de

Es ist besser, für das, was man ist, gehasst, als für das, was man nicht ist, geliebt zu werden.
George Bernard Shaw

Inhalt

Vorwort
Ich hab da was verloren: Mein Leben!

Teil 1
Artig leben:
Warum Anpassung Ih
r Unglück ist

1 Im falschen Film:
Guten Tag, ich will mein Leben zurück!

Ein Leben wie Format-Radio

Die verschütteten Wünsche

Ich spare Zeit, doch habe keine

Prominent erlebt: Der Tod als guter Freund

Warum Sie nichts müssen, aber vieles dürfen

Vergessen Sie die Vorbilder!

2 Der Werbe-Wahn:
Mein Haus, mein Auto, meine Not

Der Fremd-Körper in meinem Spiegel

Jung, reich, schön: Die heilige Dreifaltigkeit

Sie wollen in deinen Kopf!

Die Marionetten des Marketings

3 Die Erziehungs-Falle:
»Wenn du brav bist, hat Mami dich wieder lieb!«

Als die Nachtigall verstummte

Von Entführern und Erziehern

»Wir lieben dich, wenn …«

Die Schule der Anpassung

Prominent erlebt: »Du schreibst Schund!«

»Was sollen die Kolleginnen denken?«

4 Der Ego-Shooter:
Ich bin ja so ein Versager!

Die Sklaven des Anspruchs

Das Glück am Sankt-Nimmerleins-Tag

Nur wer schwitzt, kommt in den Himmel

Alles ist möglich, wenn du nur willst!

5 Einfach krank:
Warum Anpassung zu Burnout und Depression führt

Die schwarze Spur der Seele

Im Würgegriff der Pflicht

Arbeit ohne Ende

Prominent erlebt: Pünktlich Feierabend im Top-Management

Die Hölle der Hilflosigkeit

Teil 2
Einzig leben:

6 Der große Life-Check:
Sitzen Sie noch am Steuer?

Der große Lebens-Test

Generelle Auswertung:
Ihre allgemeine Selbstbestimmung

Auswertung im Detail:
Ihr Leben im Überblick

7 Ich verlange Respekt:
Warum es gut ist, wenn nicht jeder Sie liebt

Ich verbiege mich für keinen!

Raus aus der Nettigkeits-Falle!

Das Märchen von tausend und einem Freund

Prominent erlebt: Der Weltstar als Penner

Liebe dich selbst – sonst liebst du keinen

8 Der Preis ist heiß:
Was kostet Sie die Veränderung?

Enttäuschen Sie andere – aber nicht sich selbst!

Der Weg vom Zaudern zum Handeln

So nutzen Sie die Entscheidungs-Ökologie

Ein Manager steht im Walde

9 Wunsch-Konzert:
Was Ihre Sehnsüchte Ihnen flüstern

Warum ein zweiter Blick auf Ihre Wünsche lohnt

Das Lebensglas mit Sinn füllen

Weg mit Algebra – her mit Intuition!

Prominent erlebt: Ein Schüler vor Gericht

Freie Wahl: Welche neue Identität darf’s sein?

Holen Sie sich, was Ihnen fehlt!

10 Denken ist Glückssache:
Warum Zufriedenheit im Kopf beginnt

Sind Ihre Gedanken frei – oder im Käfig?

Warum es glücklich macht, nach unten zu schauen

Die Etikettier-Maschine in Ihrem Kopf

Der ABC-Trick – wie Sie denken, was Sie wollen

Ein Nein zum Chef mit Anlauf

Finger weg vom Publikumsjoker!

11 Ein wohl-gefühltes Leben:
Wie Emotionen Ihre Freunde werden

Manipulation durch Emotion

So nutzen Sie Ihre emotionale Intelligenz

Selbstmitleid ade: Kein Gesang an der Klagemauer

Prominent erlebt: Der Professor, der die DDR niederlachte

Folgen Sie Ihren Träumen – nicht Ihren Impulsen!

12 Arbeits-Sieg:
Wie Ihr Beruf Ihnen wieder Erfüllung schenkt

Die Legende vom Aufstieg

Prominent erlebt: Der Konzernchef im alten Ford Focus

Flow: So arbeiten Sie sich glücklich!

Spiel mit Grenzen:
Vergiss es, Chef!

Warum Ihr Leben vor Feierabend beginnt

13 Beziehungs-Weisheit:
Von der Kunst, sich mit den richtigen Menschen zu umgeben

Warum Menschen der Himmel, aber auch die Hölle sind

Haben Sie die richtigen Freunde?

Prominent erlebt: Zwei Freunde vom Radio

Nicht ganz Mama, nicht ganz Papa – ganz ich selbst!

Wenn die Liebe Ihnen Mut macht

14 Anstiftung zum Nein-Sagen:
Wie Sie sich mit einem Wort das Leben retten

Das große Ja im Nein

Der Strafraum der Individualität

Die 22 besten Tipps zum Nein-Sagen

Fünf Strategien für Ihre mentale Nein-Stärke

Fünf Strategien für Ihre Nein-Rhetorik

Prominent erlebt: Mein Weg zum Irrenhaus

Zwölf Strategien für Ihr praktisches Nein

Nachwort:
Ich hab da was gefunden – mein Leben!

Weiterführende Literatur

Quellenverzeichnis

Sachregister

Vorwort

Ich hab da was verloren: Mein Leben!

»Was glauben Sie: Wie verlieren die meisten Deutschen ihr Leben?« Ich rief die Frage von der Bühne in den vollen Saal und wartete gespannt auf erste Reaktionen aus dem Publikum.

Ein junger Mann mit strohblonder Igelfrisur ließ seinen Arm nach oben schnellen. »Durch Herzleiden.«

»Nein«, sagte ich.

»Durch Krebs«, rief eine Frau mit schwarzem Zopf von weit hinten.

»Nein.«

»Unfälle?«, murmelte ein Herr mit Silberlocke.

»Nein.«

Ein nervöses Tuscheln lief durch die Reihen, ich schnappte auf: »Alkohol«, »Demenz«, »Selbstmord«. Und immer wieder rief ich: »Nein.«

»Sie wollen uns doch veralbern!«, maulte der junge Mann mit der Igelfrisur. »Wie denn sonst?«

Ich ließ meinen Blick langsam durch den Saal wandern, dann sagte ich: »Die meisten Menschen verlieren ihr Leben, weil sie es abtreten an andere. Weil sie Ja sagen, wenn sie Nein meinen. Weil sie mit dem Strom schwimmen, aber gegen ihre Sehnsüchte. Weil sie Berufe ausüben, die nicht ihre Berufung sind. Weil sie Beziehungen eingehen, in denen ihr Herz eingeht. Weil sie ihre Topfpflanzen jeden Tag gießen, aber sich um ihr inneres Wachstum nicht mehr kümmern.«

Im Saal war es ganz still geworden, und ich fügte hinzu: »Mit 18 verlieren sie ihr Leben – und mit 88 sinken sie ins Grab.«

Ich war genau 18 Jahre, als ich mein Leben verlor. Meine Eltern freuten sich an diesem Tag ein Loch in den Bauch. Die Verwandtschaft rief an, um zu gratulieren. Und meine Freunde forderten mich auf, in der Dorfkneipe eine Runde zu schmeißen. Ich galt als Glückspilz. Denn ich hatte mich als Beamtenanwärter bei einer Behörde beworben, mit Erfolg. Alle freuten sich, priesen den »sicheren Arbeitsplatz« und feixten: »Als Beamter arbeitest du dich nicht tot.« Sie irrten sich.

Zwei Jahre lang saß ich in einem Rathaus zwischen Aktenbergen, die genauso verstaubt waren wie die politischen Ansichten meines Ausbilders. Er ließ mich Artikel aus der Lokalzeitung ausschneiden (am liebsten solche, die er selbst über Gemeinderatssitzungen geschrieben hatte), Akten lochen, Kopien machen, Botengänge erledigen und mäkelte an meinem Schreibstil herum (dabei hatte ich in der Schule immer die besten Aufsätze geschrieben). Und wenn mal ein Bürger um 12.01 Uhr auftauchte, um seinen Personalausweis abzuholen, musste ich ihm die Tür vor der Nase zuschlagen mit dem Hinweis, die »Besuchszeit« sei leider schon seit einer Minute vorbei.

Ich war ein kreatives Kind gewesen, hatte Spiele und Geschichten erfunden. Jetzt langweilte ich mich zu Tode. Abends fühlte ich mich zu erschöpft, um noch Freunde zu treffen. Dabei hatte ich den ganzen Tag kaum etwas getan – außer 500 Mal auf die Uhr zu schauen, immer in der Hoffnung, es sei bald Mittagspause, bald Feierabend, bald Wochenende (doch die Uhr lief umso langsamer, je öfter ich schaute!).

Eine unglückliche Zeit war das für mich. Zwei Jahre. Ich wollte Gestalter sein, aber siechte als Verwalter vor mich hin. Ich hatte mein Leben verloren. Und warum? Ich hatte zu viel auf fremde Ratschläge gehört und zu wenig auf mein Herz.

Also: Legen Sie dieses Buch zur Seite, wenn Sie die unfehlbaren Tipps eines Gurus erwarten, der selbst immer alles richtig gemacht hat und Ihnen Ihr perfektes Leben in den Block diktiert; für diese Rolle tauge ich nicht, und gute Entscheidungen kommen immer aus Ihnen selbst heraus, nie von außen. Und legen Sie dieses Buch auch dann zur Seite, wenn Sie glauben, allein die Lektüre werde Ihr Leben verändern. Das wird sie nicht. Nicht allein.

Dies ist ein Weckruf, aber Sie entscheiden selbst, ob Sie das warme Bett der Gewohnheit verlassen oder sich aufs andere Ohr drehen. Nur wenn Sie aufstehen und sich gegen die fremden Erwartungen auflehnen, wenn Sie vom Lesen zum Handeln übergehen, können Sie Ihre Einzigartigkeit mit Leben füllen. Kein Lesebuch wollte ich schreiben, das Sie sich kopfnickend zu Gemüte führen, sondern ein Lebensbuch, das Ihr Denken, Ihr Handeln, Ihr Leben verändert. Und das funktioniert nur, wenn Sie aus vollem Herzen mitmachen.

Die wichtigste Voraussetzung, um in die Einzigartigkeit abzubiegen, ist der brennende Wunsch in Ihnen, sich und Ihr Leben wachsen zu lassen, äußere Erwartungen abzuschütteln und in ein selbstbestimmtes Leben durchzustarten, ein Leben, das perfekt zu Ihnen passt.

Erfüllen Sie diese Voraussetzung? Ich bin guter Dinge, denn warum hat Sie dieses Buch sonst angesprochen? Ich schätze, weil Sie ein Mensch sind, der über sein Leben nachdenkt und lieber einen Schritt auf sein Glück zugeht, als vergeblich zu warten, dass es an seiner Haustür klingelt. Und vielleicht haben Sie die Anpassung satt, weil Ihnen ebenso wie dem britischen Philosophen Bertrand Russell aufgefallen ist: »Menschen, die immer daran denken, was andere von ihnen halten, wären sehr überrascht, wenn sie wüssten, wie wenig die anderen über sie nachdenken.«

Wenn Sie schon so weit sind, gratuliere ich Ihnen; denn die meisten machen es umkehrt: Sie arrangieren sich mit ihrem Leben, statt ihr Leben für sich zu arrangieren. Sie fahren im letzten Waggon ihres eigenen Lebenszuges. Die Lok wird von anderen geführt, die Weichen werden von anderen gestellt. Und so rast der Zug an Lebenszielen vorbei und bleibt an Stellen stehen, wo sich das Leben schlecht anfühlt.

Mich hat mein Lebenszug in einem Rathaus abgesetzt. Ich meinte, frei zu handeln, doch war nur eine Marionette. Die gefährlichste Krankheit der Gegenwart hatte mich erwischt, ein Volksleiden, das immer mehr um sich greift: die heimliche Fremdbestimmung. Dadurch war mein Glück entgleist.

Was können Sie tun, um (vermeintliche) Zwänge abzuschütteln und in die Lok Ihres Lebenszuges zu klettern? Wie können Sie die Weichen so stellen, dass Sie die eingefahrenen Gleise verlassen und in Ihrer eigenen Mitte ankommen?

Dieses Buch wird Sie auf Ihrem Weg zum Selber-Leben begleiten, mit den Erlebnissen prominenter Zeitgenossen von Günther Jauch bis Stephen King, den Weisheiten großer Denker von Aristoteles bis Schopenhauer und vor allem den Geschichten ganz normaler Menschen, die bei mir in der Beratung ihren Lebens-Fahrplan neu festgelegt haben. Diese Erfahrungen, verbunden mit praktischen Coaching-Übungen, liefern Ihnen wertvolles Rüstzeug.

Der erste Teil des Buches deckt die Mechanismen der Fremdbestimmung auf. Sie erfahren, wie diese schon in der Erziehung einsetzen, weshalb wir sie im Zeitalter der Massenmedien und des Internets so leicht mit Eigensteuerung verwechseln und warum Sie auf alle Vorbilder pfeifen sollten, bis auf eines: sich selbst!

Der zweite Teil lädt Sie zu einem großen Life-Check ein, der Ihnen verrät, wie es um Ihre Selbstbestimmung steht und was Sie für Ihr Glück tun können. Praktische Beispiele und wissenschaftliche Studien zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Gedanken und Emotionen steuern, die richtigen Freunde wählen und in der Liebe auf- statt untergehen. Am Ende können Sie den schwarzen Gürtel im Nein-Sagen erwerben: Ein Kapitel mit 22 Tipps macht Sie fit dafür, nie mehr Ja zu sagen, wenn Sie Nein sagen wollen. Damit dieses Buch ein Lebensbuch für Sie wird; damit Sie die Weichen so stellen können, dass Sie Ihrer Selbstbestimmung und Ihrem Lebensglück jeden Tag ein Stück näherkommen.

Noch stehen Sie auf dem Bahnsteig. Wollen Sie die Reise antreten? Dann heißt es jetzt: »Achtung, bitte einsteigen, Türen schließen selbsttätig.« Ich verspreche Ihnen: Es wird eine spannende Fahrt.

DER KLEINE NEUDENKER

Der Strenge fragte: »Wo kämen wir hin, wenn jeder nur noch täte, was er will?!«

Der Weise lächelte und sagte: »Ins Glück!«

Teil 1

Artig leben:
Warum Anpassung Ihr Unglück ist