Zum Autor:

Manfred Haertel wurde 1945 in Brandenburg an der Havel geboren.

Er absolvierte die Polytechnische Oberschule.

Von 1963 bis 1966 erlernte er den Beruf Profilwalzer mit gleichzeitigem Erwerb des Abiturs.

1966 bis 1970 Diplomlehrerstudium an der Pädagogischen Hochschule in Magdeburg.

1969 heiratete er Karla Haertel. Beide haben drei Kinder.

Von 1970 bis 1985 arbeitete er als Lehrer im Jugendwerkhof Lehnin.

Ein Jahr arbeitete er als Honorardozent an der Hoffbauerstiftung in Hermannswerder.

Von 1986 bis 1989 unterrichtete er an der Polytechnischen Oberschule in Damsdorf.

Wegen politischer Auseinandersetzungen verließ er 1989 per Ausreiseantrag mit seiner Familie die DDR und siedelte in die BRD über. Gründe: Auftrittsverbot als Büttenredner im Karnevalsverein. Wegen Verfassens von Romanmanuskripten über den Jugendwerkhof wurden auf ihn 12 IMs angesetzt.

1991 kehrte er mit Frau und Sohn nach Lehnin zurück und übernahm als Schulleiter die Realschule Damsdorf.

2007 ging er in den Vorruhestand.

Bisherige Veröffentlichungen:

Zwei Kurzgeschichten in Anthologien (1981 Evangelische Verlagsanstalt; 1990 St.-Benno-Verlag Leipzig) 1991 drehten die DEFA und das ZDF nach seiner Erzählung den Spielfilm „Jana und Jan“.

2002 erschien Band I der Werkhof-Trilogie „Verflucht, gehaßt und abgeschoben“.

2004 erschien Band II „Ich möcht ´ mal in die Sonne spucken“

beim Verlag edition belletriste Berlin.

2008 veröffentlichte er gemeinsam mit seiner Frau ein Buch mit Geschichten „Schräge Weihnachten“ im Verlag Books on Demand in Norderstedt.

2009 erschien der Band III „Flucht ohne Wiederkehr“ bei Books on Demand.

Inhaltsverzeichnis

Die Leute vom Randgebiet

1945. Brandenburg an der Havel - der Kriegszorn war noch nicht gänzlich verraucht. Das Gras am Rande der Bombentrichter war noch versengt. Und aus den Betonbunkern kroch noch immer modrig-muffiger Gestank, gemischt mit dem üblen Geruch nach Exkrementen und Schweiß. Schweiß, den die Angst aus den Poren getrieben hatte. Der Bunker war einst eine Zufluchtsstätte für die Leute vom Randgebiet, die in erbärmlichen Wohnbaracken hausen mussten – im „Grabower Weg“.

Im „Grabower Weg“ durfte Fred das Licht der Welt erblicken − das Licht einer 60-Watt-Birne. Sie hing unter einem alten Lampenschirm aus vergilbtem Wachspapier. Die 60-Watt-Birne warf ihr mattes Licht in den Raum der Wohnbaracke.

Die Wände dieser Wohnbaracke bestanden außen aus grauen, stark verwitterten, schuppenförmig übereinander genagelten, in Wurmvertilgungsmittel getränkten Brettern − innen war sie mit halbem Stein gemauert. In einer Ecke bullerte ein angerosteter, eiserner Kanonenofen, auf dessen glühender Platte Kartoffelschalen geröstet wurden - damals eine Delikatesse. Die Reibselsuppe war noch begehrter. Zwei Liter Wasser, vier oder fünf geriebene Kartoffeln hineingegeben und mit zwei Eiern garniert, die hinein gerührt wurden. Das ergab für die ganze Familie eine wärmende, wohlschmeckende Suppe in damaliger Not.

In dieser Wohnbaracke waren Kälte, Hunger und Not ebenso zu Hause, wie das gemeine, kriegerische Ungeziefer. Ungeziefer kann man mit Pantoffeln und Fingernägeln zu Leibe rücken. Aber dem Hunger?

Durch das ungeteerte Dach tröpfelte der Regen. Die Wohnbehausung war eingeteilt in einen kleinen Flur, in ein großes Zimmer und zwei kleine Räume. Innen, rechts neben dem Hauseingang befand sich ein Kellerviereck von zwei mal zwei Metern − von den Kindern scherzhaft die Kassiererfalle genannt. Da kein Geländer vor diesem einsfünfzig tiefen Loch angebracht war, plumpste nach einem Fehltritt manch ahnungsloser Mieteintreiber oder Lichtmann hinab in das dunkle Loch und fand sich fluchend zwischen Kohlen, Holz und Kartoffeln wieder. Kichernd reckten dann die Kinder ihre Köpfe über das Kellerloch und sahen in die zornigen Augen des Pechvogels.

Das Mobiliar beanspruchte kaum Platz. Ein klobiger Tisch stand vor einem grünen, durch die vielen mutigen Trampolinsprünge ramponierten Plüschsofa mit einer wuchtigen Rückenlehne. Vier wacklige Stühle mit kaputtem Korbgeflecht standen um den Tisch. In einer Ecke lehnte sich ein schiefbeiniger Schrank gegen die Wand. Rechts wurde der Schrank von einem wurmzerfressenen Vertiko gestützt. An der Wand gegenüber dem Plüschsofa befand sich eine alte, braune Kommode mit grau-weißer Marmorplatte. Auf der Marmorplatte stand eine blauweiß gepunktete Keramikschüssel, aus der eine weiße, emaillierte Kanne herausragte. Einige Waschutensilien zierten die Kommode. Ein verschnörkelter Blumenständer, von dem Grünpflanzen herunterrankten, galt als antiquarisch, als wertvoll und teuer.

Hinter einem gelben Vorhang war ein kleiner Verschlag − die Küche. In dem kleineren Raum standen lediglich drei Stahlrohrbetten, zwei Stühle als Kleiderablage und ein schmaler Wäscheschrank. Ein abgenutzter Wäschekorb, mit einem stark ergrauten Brautschleier, stand abseits in der Ecke und wartete auf das vierte Kind der Frieda Hewelt.

Vor der Wohnbaracke befand sich ein kleiner Garten − das Heiligtum der Familie. An Blumen gab es dort nicht viele. Dafür wuchsen fast überall riesige Tabakblätter, denn Tabak auf dem Schwarzmarkt gehandelt, versprach Brot, bedeutete Überleben in schwerer Nachkriegszeit. Hatte eines der Kinder die Mutter erzürnt, konnte es sich unter den großen Rhabarberblättern gut vor ihrem Zorn verstecken. Gelb leuchteten die Kürbisse. Manche waren so groß wie Handwagenräder. Der Kürbis war ein unverzichtbares Lebenselixier: Abwechselnd gab es Kürbisgelee, Kürbissuppe, Kürbiskuchen, Kürbiskompott, Kürbismarmelade.

Der Neuling wurde von den drei Geschwistern schon sehnsüchtig erwartet. Da waren die elfjährige Traute, die zehnjährige Kickel und der siebenjährige Didi. Wie die Bremer Stadtmusikanten belagerten sie neugierig das Fenster, das innen von der Hebamme mit Handtüchern verhängt worden war.

Frieda Hewelt war geschieden. Sie stammte aus einem Dorf bei Zerbst. Ihr Vater besaß eine Landwirtschaft. Als Zugtiere dienten nur Kühe und Ochsen. Sie waren zehn Geschwister, neun Mädchen und ein Junge. Aber auf Bauernhöfen brauchte man kräftige Männerarme und keine Weiberröcke. Der einzige Sohn starb an den Folgen des Gaseinsatzes im Ersten Weltkrieg. So wurden die meisten Töchter zu einem Bauern als Magd in Stellung geschickt. Frieda verdingte sich bei einem Obstzüchter fernab vom Heimatdorf.

Nach zehn Jahren des Alleinseins mit ihren drei Kindern hatte Frieda eine neue Liebe gewinkt. Noch bevor das gemeinsame Kind auf der Welt war, flüchtete der feige Erzeuger, gleich einem taktischen Rückzug, als wären eine Frau und vier hungrige Kindermäuler für ihn ein zu großes Kriegsheer in ungleicher Schlacht.

Aus Enttäuschung, Sorge und Verzweiflung hatte Frieda noch vor der Geburt ihres Kindes verkündet: „Den Balg klatsche ich sowieso gleich an die Wand!“ Nun drückte sie ein glatzköpfiges und schrumpeliges Etwas fest an ihre Brust Während sich die Hebamme die Hände wusch, scherzte sie: „Mensch, Mutter Hewelt, den Fratz kriegen sie auch noch durch!“ Daraufhin lächelte die Mutter schwach und hauchte leise: „Ja, ja, na klar, ich bin doch keine Rabenmutter.“ Die Hebamme trat an sie heran und strich ihr ermutigend über das schweißnasse Haar. Dann ging sie zur Tür, öffnete sie und rief die Geschwister: „Na, nun kommt schon rein, ihr Rasselbande und seht euch euer Brüderchen Fred an!“

Damals verlangte das Gesetz, dass Fred, da er unehelich geboren wurde, den Mädchennamen seiner Mutter tragen musste. So wuchs er unter seinen Halbgeschwistern als Fred Willicke auf. Die Zeiten waren schwer, so kurz nach Kriegsende. Die Mutter war ohne Arbeit und musste von morgens bis abends unterwegs sein, um Essbares heranzuschaffen. Oder sie musste den kleinen Schrebergarten am Haus beackern. Dabei halfen ihr Didi und Kickel, denn in den Nachkriegswirren fand kein Schulunterricht statt. Die elfjährigeTraute hütete fast den ganzen Tag ihren Bruder und wurde für Fred zur Ersatzmutter. Zuerst nannte Fred sie Mama, dann Mutti und später Baupe. Er hangelte meist nach seiner Baupe, wenn er seinen Willen durchsetzen wollte, wenn ihn der Hunger plagte, wenn es ihm in der Windel unangenehm wurde. Und Traute versah ihre Ersatzmutterpflichten mit totaler Hingabe. Sie fütterte Fred, sie legte ihn trocken, und sie sang ihn in den Schlaf, wenn ihm weinerlich war. Sie schwebte in ihrer herrlichen, kindlichen Fantasiewelt, wenn sie Freds kleine Ohren knubbelte. Und Fred genoss daumenlutschend ihre zärtlichen Berührungen. Für Traute gab es nur noch ihr kleines Brüderchen, den sie versorgte, behütete und beschützte.

Dank seiner Baupe konnte Fred seine zweite „Geburt“ feiern. Bis zum Beetzsee waren es nur wenige Schritte. Im Sommer vergnügten sich die Kinder der Barackensiedlung stundenlang am kleinen Strand. Fred war drei Jahre alt. Völlig nackt lief er o-beinig und sehr ungeschickt seinen Geschwistern hinterher. Er strauchelte und stolperte mehr, als er über die Wiese mit den vielen Maulwurfhügeln laufen konnte. Die Großen amüsierten sich über seine Tapsigkeit. Mal rief der eine, mal der andere: „Kiekt mal, der kleene Piepel fällt, plauz, uff sein´n kleen Schniepel!“ Wütend raffte Fred sich immer wieder auf, grapschte eine Hand voll Sand und warf nach den Lästerern. Ungeachtet dessen rannten die anderen johlend und juchend ins Wasser, tummelten sich bei Reiterkampf und Zeckenspiel. Den größten Spaß hatten sie bei einer Wasserschlacht und noch mehr bei einer Modderschlacht. Nicht selten zielten sie auf Fred. Und er sah dann immer putzig aus, wie eine erstarrte, plärrende Sandsäule. Modder auf dem Kopf, Modder auf Bauch und Rücken.

Plötzlich näherte sich ein Dampfer. Alle Kinder standen reglos da und schauten zum Dampfer mit der schwarzen Rauchwolke. Musik schallte herüber. Man sah auf dem Deck Leute tanzen. Dieser Anblick verzauberte alle. Die Kinder winkten. Leute winkten zurück. Der Kapitän zog für einen Moment das Signalhorn. Es tönte so laut, dass alle erschraken. Fred hielt sich die Ohren zu. Dann rollte das Unheil auf ihn zu. Eine Welle platschte gegen seine Brust und riss ihn um. Sein Schrei erstickte unter Wasser. Er ruderte mit den Armen, strampelte vergebens mit den Beinen. Der anschließende Sog zog ihn ins tiefere Wasser. Seine Füße suchten den Grund. Wasser schwappte in seinen zum Schrei geöffneten Mund. Alles um ihn herum wirbelte. Und mittendrin wirbelte sein Körper. Vor seinen Augen wurde es dunkel. An seine Ohren drang ein gurgelndes, glucksendes Geräusch. Fred hörte deutlich das Summen der sich entfernenden Schiffsschraube. Da spürte er einen derben Griff in seine Haare. Es schmerzte fürchterlich, als ihn seine Schwester Traute in letzter Sekunde aus dem Wasser zog. Als sie seinen Kopf über Wasser hatte, griff sie unter Freds Arme, hob ihn hoch und trug ihn an den Strand. Fred japste nach Luft, hustete, prustete und spuckte Seewasser. Er war noch wie benommen. Allmählich kam er zu sich. Sie umringten ihn alle, standen da wie versteinert. Traute war kreidebleich. Sie drückte und küsste Fred wie verrückt und bat ihn: „Aber nichts Mutti sagen! Klar? Sie darf es nicht erfahren, dass du beinah ertrunken wärst. Und ihr haltet auch den Mund, nicht wahr?“ wandte sie sich an die Geschwister und an die anderen Zeugen von Freds Beinahtod.

Allen war der Spaß am Baden vergangen. Sie trotteten stumm und bedrückt nach Hause. Traute hielt ihren kleinen Bruder fest an ihrer Hand. Er schluchzte immer noch leise vor sich hin. „Nun hör´ auf zu flennen!“ sagte seine Schwester Kickel und wischte mit ihrem Handrücken Tränen aus seinem Gesicht. „Ihr müsst mir aber was zum Naschen geben!“ brachte Fred noch stockend hervor. Also versprach man ihm, den Pudding an ihn abzutreten. Fred war damit zufrieden, steckte seinen Daumen in den Mund und nuckelte so seinen erlebten Alptraum fort.

Doch dieser Tag war wie verhext. Es sollte wahrlich nicht Freds Glückstag sein. Die Mutter hatte sich zwar gewundert, dass ihre Gören schon so früh vom Baden nach Hause kamen, denn sonst musste sie meist mehrmals zum Abendbrot rufen. Sie wusch Wäsche. Traute half der Mutter beim Auswringen der Wäsche. Didi zog es zu seinem Freund Werni. Kickel machte sich mit einem selbst gebauten Köcher auf Insektenfang. Fred hockte auf den Eingangsstufen, nuckelte am Daumen und knubbelte sein über alles geliebtes Knubbelkissen. Der Badeschreck saß ihm noch tief in den Knochen. Er beobachtete Kickel, die trotz der Hungersnot recht mollig war, wie sie ziemlich gelenkig und flink den Wespen hinterher jagte. Hin und wieder schien sie etwas im Sand zu verbuddeln. Das machte Fred nun doch neugierig. Er erhob sich, ging barfuß durch den warmen Sand zu ihr hinüber. Sie sprach mit der Wespe, die sie gerade gefangen hatte: „So, meine kleine Wespe, jetzt bekommst du ein wunderschönes Grab. Ich baue dir auch ein schönes Kreuz.“ Sie beugte sich nieder und schuf mit ihrer Hand eine Kuhle. Fred machte einen weiteren Schritt, trat auf ein kleines Sandhügelchen und spürte einen heftigen, stechenden Schmerz unter der Fußsohle. Er schrie auf, brüllte wie am Spieß und warf sich auf den Boden. Dabei streckte er den schmerzenden Fuß in die Höhe. Kickel erfasste Freds schlimme Lage und pustete auf die anschwellende Stelle. Freds Mordsgeschrei jagte die Mutter aus dem Haus und trieb auch alle aus der Umgebung zusammen. Mit aufgerissenen Augen betrachtete die Mutter seinen Klumpfuß. „Was ist passiert?“ herrschte sie die Übeltäterin an. Kickel stammelte: „Ich, ich hatte nur eine Wespe beerdigt. Fred ist auf das Grab getreten. Ich, ich kann wirklich nichts dafür.“ Ihr beschwörendes Gestammel und ihre schuldbewusste Miene halfen ihr nichts. Ihre Mutter hatte immer eine lockere Hand. Links und rechts machte es auf Kickels Wangen batsch, batsch. „Scher dich rein! Drei Tage Stubenarrest!“ Jetzt heulte Kickel los wie eine Sirene und rannte ins Haus. Frieda hob Fred auf ihren Arm, liebkoste ihn, trug ihn zur Pumpe und kühlte seinen Wespenstich mit dem Versprechen, heute einen Löffel Honig naschen zu dürfen. Da konnte Fred wieder lächeln.

In den Wochen der Ernte war der Tagesablauf der Familie Hewelt streng eingeteilt. Bei Sonnenaufgang wecken. Kurze Katzenwäsche draußen unter der Gartenpumpe, die im Winter mit allerlei alten Lumpen umwickelt wurde, um sie vor Frost zu schützen. Eine Stulle mit Kürbismarmelade runterwürgen. In die Holzpantinen schlüpfen und auf langen Fußmärschen zu den Feldern. Dort Ähren sammeln oder Kartoffeln stoppeln. Das Bild glich stets einer Völkerwanderung. Jeder wollte die beste Startposition ergattern. War man am Ziel, galt es, rasch sein Revier abzustecken und zu verteidigen. Hunger und Vernunft vertragen sich nicht miteinander. Aber das Schlimmste waren die Pächter, die in Reithosen und Langschaftsstiefeln mit der Peitsche in der Hand wie Skorpione im Nacken der hungrigen Selbstversorger saßen. Immer, wenn die Familie auszog, Essbares zu besorgen, wurde Fred von seinen Geschwistern im Handwagen gezogen. Es war solch kleiner Wagen mit Rädern aus Aluminium, die fürchterlich schepperten auf dem holprigen Straßenpflaster.

Es war an einem spätsommerlichen Morgen. Die Sonne ging gerade auf und trocknete den Tau im Spinnennetz. Wortlos und müde eilten sie ihrer Mutter hinterher, die mit ihren kurzen Beinen, sie war nur einsfünfundfünfzig groß, ein solches Tempo vorlegte, dass die Kinder stöhnten und immer wieder baten: „Mutti, renn doch nicht so!“ Ihre Antwort war immer dieselbe: „Wenn wir zu spät dran sind, schnappen die anderen uns alles weg!“ Für sie gab es nur eins: Vier hungrige Kindermäuler zu stopfen. Also marschierten sie emsig hinter ihr her und überholten viele Leute im Tross ausgemergelter Hungerleider.

Fred döste vor sich hin und nuckelte am Daumen. Obwohl er schon drei Jahre alt war, sog und lutschte er am Daumen, als erhoffte er, aus ihm süßen Brei zu saugen. Es muss wohl wegen des andauernden Hungergefühls ein Reflex gewesen sein, denn erst mit zehn Jahren hörte er mit dem Daumenlutschen endgültig auf. Grund dafür waren die Nächte im Kinderferienlager. Es war für ihn zur Qual geworden, im Zimmer mit acht Kindern heimlich unter der Bettdecke am schon huckligen Daumen zu lutschen. Manche hörten das Schmatzen und fielen sofort wie die Heuschrecken über ihn her: „Iiiee, Daumenlutscher!“ Zum Daumenlutschen gesellte sich eine weitere Marotte. Er knautschte ein kleines Kissen gegen seine Wange. In diesem zerknubbelte er die Federkiele zwischen Daumen und Zeigefinger. Das Zermurkeln von Federn brachte ihm Entspannung und Ruhe. Und so wundert es nicht, dass ihn seine Mutter immer wieder mit neuen Knubbelkissen versorgte, wenn eins total müllig geknubbelt und fast schon ohne Federn war und Fred wie ein gerupftes Huhn aussah.

Sie erreichten den Kartoffelacker. Der grimmige Pächter lauerte schon auf die Kartoffelstoppler. Seine Peitsche versetzte jeden in Angst und Schrecken, denn er schlug erbarmungslos zu, um die Diebe zu vertreiben. Dieser gewalttätige Kerl fluchte, brüllte und hetzte manchmal mit seinem zähnefletschenden Hund die Leute fast bis zur Atemlosigkeit. Die Mutter wollte ihn mit Worten erweichen: „Ihr Pächter seid doch auch Väter!“ Sie beschwor ihn geradezu, indem sie ihn vergeblich an sein Deutschsein erinnerte: „Ihr seid doch auch Deutsche!“ Aber das Wort „deutsch“ wollte jetzt keiner mehr hören. Der Pächter war erbarmungslos und ließ die Peitsche knallen. Fred stand hinter der Mutter, nuckelte und knubbelte erregt am Frederkiel. Irgendwie spürte er ein Unheil nahen, vor dem er seine Mutter beschützen musste. Plötzlich packte ihn eine Art Heldentum. Er riss den Daumen aus dem Mund, warf das Knubbelkissen auf den Boden und trat hinter dem schützenden Rücken der Mutter hervor, baute sich breitbeinig vor dem Pächter auf, stemmte seine Fäuste in die Hüften und schrie wütend in lang gezogenen Worten: „Wir geh´n – ja - schon - nach Hau- se!“ Fred stand reglos da, blickte mutig in das fahlgraue, zernarbte Gesicht mit dem großen Schnauzbart über sich. Zwei Augen funkelten ihn von oben herab böse an. Zunächst erstarrten die Erwachsenen, dann lachten sie laut los. Die Mutter schlang schützend ihre Arme um ihren kleinen Helden. Plötzlich nahmen alle gleichzeitig gegenüber dem Pächter eine drohende Haltung ein. Einige Frauen erhoben sogar ihre Hacke gegen ihn und fauchten ihn an: „Wage nicht, das Kind anzufassen!“ Er ging ein paar Schritte rückwärts, pfiff seinen Hund zu sich und legte diesen an die Leine. Wütend winkte er nur ab. Er knurrte: „Verfluchtes Hamstergesindel!“ und verschwand. Am Feldrand drehte er sich noch einmal um, schüttelte die Faust und drohte: „Ihr kriegt noch eure Strafe!“ Fred wurde von den Hamsterern als kleiner Held gefeiert. Jeder nahm ihn mal auf den Arm, drückte ihn an sich und lobte seinen Mut. „Du kleener Steppke hast es dem Alten aber gegeben!“

Einige Tage später flatterte ein Bußgeldbescheid ins Haus. Ein Gebühreneintreiber stand vor der Tür und verlangte energisch sofort zwanzig Mark Strafe für unerlaubtes Kartoffelstoppeln. Es war die Zeit der schönen Sonnenblumen. Hochaufgeschossen umsäumten sie das kleine Gartenviereck. Fred schlang seine dünnen Ärmchen gern um einen der dicken Stängel, blinzelte respektvoll nach oben und war selig genug, mit kindlicher Naivität diese riesenhafte Sonnenblume als eine vermeintlich echte Sonne anzuhimmeln. Die sonnengereiften, braunen Kerne ließen die Sonnenblume tief nach unten sinken, und es schien ihm, als lächle das Sonnenblumengesicht ihm zu. Unermüdlich verjagte er die Spatzen, die mit ihren gierigen Schnäbeln das Sonnenblumengesicht zu zerhacken versuchten.

Der Bußgeldeintreiber versah seine Pflicht und beharrte auf die sofortige Zahlung des Strafgeldes: „Mit euch Spitzbubengesindel muss man eben hart umgehen! Klaubrüder seid ihr alle!“ blaffte er Frieda an. Daraufhin wurde sie sehr zornig, fuchtelte wütend mit der Hand und schrie noch lauter zurück: „Bin ich an eurem verfluchten Krieg schuld? Ihr Kerls habt doch hurra gebrüllt! Und nun sitzen wir Weiber allein da und müssen zusehen, wie wir unsere hungrigen Wänster satt bekommen! Und ihr gönnt uns nicht mal eine Handvoll Körner! Hier, was ist das schon für ein Brot?“ Sie hielt ihm einen harten, grauschwarzen Brotkanten dicht vor die Nase: „Wer soll denn davon Fett auf die Rippen kriegen? Probier mal selber!“

Inzwischen waren Nachbarinnen zusammengelaufen. Dem Geldeintreiber war nicht wohl in seiner Haut. Er begann zu schnaufen, knöpfte sich den Kragenknopf auf und verlangte: „Sie zahlen sofort die Geldbuße! Oder ich hole einen Polizisten, der wird ihnen schon…“ Da rannte Frieda zu einer der stattlichsten Sonnenblumen, brach unter großen Anstrengungen den armdicken Stängel ab, kam bebend zurückgelaufen, schlug in wilder Wut die Sonnenblume gegen die Bretterwand des Hauses und sang schrill: „Lalalalalalala!“ Fred drehte sich das Herz im Leibe um, als er mit ansehen musste, wie der dicke, grüne Sonnenblumenstängel zerfledderte und die vielen braunen Sonnenblumenkerne in alle Richtungen flogen. Die Leute grölten, klatschten so laut Beifall, dass das Geschimpfe des Mannes unterging. Fred verkroch sich verängstigt unter den Tabakblättern und weinte. Vorsichtig lugte er hervor und sah, wie der Mann wütend mit dem Fuß gegen einen Kürbis trat, dass dieser zerplatzte. An der Gartentür drohte er: „Ich komme mit der Polizei wieder!“ Die Frauen klopften Frieda wegen ihrer Courage auf die Schulter und meinten: „Gut gemacht, Frieda!“

Dann sank Frieda erschöpft auf eine Stufe und legte sehr behutsam den total zerschlagenen Stängel neben sich. Fred rührte sich nicht in seinem Versteck. Erst als die Mutter mit sanfter Stimme nach ihm rief, wagte er sich unter dem Tabakblatt hervor, griff die ramponierte Sonnenblume und trug sie weit weg. Sie tat ihm so leid.

Lange konnte sich Fred nicht mehr unter den Tabakblättern verkriechen und abwarten, bis Mutters Zorn über ihn verebbt war. Eines Tages schnitt die Mutter mit Traute und Kickel die Blätter ab, zog sie auf eine Schnur und hängte sie zum Trocknen unter dem Dachvorsprung auf. Als die Blätter getrocknet waren, wurden sie zerrieben. Der so gewonnene Tabak kam in Tüten. Den Rucksack geschultert, zog Frieda zur zwei Kilometer entfernten Krakauer Schleuse. Fred zog sie an ihrer Hand hinterher. Didi musste den Handwagen, der ebenfalls vollgepackt war mit Tabak und Kürbissen, ziehen. „Das ist die beste Tauschware in Friedenszeiten,“ hatte Frieda immer gesagt, wenn sie in aller Herrgottsfrühe zum Schwarzmarkt aufbrachen. In der Schleusenkammer standen große Schlepper. An diesen flatterten meist rote Flaggen mit einem goldenen Stern oder mit Hammer und Sichel. Frieda sagte stets: „Das sind unsere Freunde. Die sind gut zu euch Kindern.“ Viele Leute waren da. Wenn die Schwestern bettelten, auch mal mit zur Schleuse zu dürfen, dann wiegelte die Mutter energisch ab: „Um Gottes Willen! Mädchen dürfen da nicht mit!“ Weshalb das nichts für Mädchen sei, das hatte Fred erst viel später erfahren. Aus dieser Zeit haben sich bei ihm aber russische Wörter eingeprägt: „Chleb, Maslo, Zacher, Machorka, Wodka. Wo Frau?“ Mutter erklärte die Bedeutung. Nur warum die Männer dauernd fragten: „Wo Frau?“, dazu sagte sie nichts. Den Kindern war das auch egal. Die Männer mit der fremden Sprache strichen Didi und Fred übers Haar und schenkten ihnen Bonbons. Dabei entging den beiden nicht, dass die Männer ihre Mutter auf eine ganz besondere Weise anschauten, mit ihr scherzten, sie etwas stürmisch in den Arm nahmen, zu küssen versuchten, sie aber abwehrte. Wie froh und glücklich sie war, wenn sie voll beladen mit Brot, Butter und Zucker geschwind nach Hause eilten. Sie summte dann sogar ein Lied vor sich hin. Doch die ergiebige Nahrungsquelle an der Schleuse versiegte immer mehr. Es war nichts mehr zum Tauschen da. Bettwäsche und ein bisschen noch brauchbarer Kram waren schon längst eingetauscht. Im Winter zog bittere Not in jede Baracke.

Eines Tages verbreitete sich in der Nachbarschaft eine schreckliche Nachricht. Ein kleines Kind war an Ruhr gestorben. Den Kindern wurde, bei Androhung von Prügel, strengstens verboten, miteinander zu spielen. Jeglicher Kontakt wurde gemieden. Die Angst vor Ansteckung lähmte das gesamte Leben im Barackenviertel. Eine schlimme Zeit für die Kinder, die ihre Spielgefährten lange Zeit nicht sehen durften. Aber die besorgten Mütter schützten ihre Kinder wie geifernde Hennen ihre Küken vor dem bösen, hungrigen Fuchs. Aber die täglichen Sargeinsegnungen rissen nicht ab. Immer wieder diagnostizierten die hilflosen Ärzte Ernährungsstörungen - und meinten Hungertod. Die Kinder aßen die grünen, unreifen Äpfel. Auch Fred erkrankte an Ruhr, bekam Durchfall und hohes Fieber.

An einem regnerischen Novemberabend wickelte die Mutter Fred in Decken, staffierte den kleinen Bollerwagen mit Kissen aus und machte sich mit ihm auf den acht Kilometer langen Weg ins Krankenhaus. Unterwegs schnäuzte sie häufig, räusperte sie sich und wischte sehr oft mit dem Mantelärmel die Tränen aus ihrem verhärmten Gesicht. Das laute metallische Klappern der Räder widerhallte durch die dunklen, menschenleeren Straßen. Frieda brummelte ständig etwas vor sich hin. Fred reckte sich hoch, zerrte den Schal von den Ohren und fing ein paar Wortfetzen auf: „Lieber, lieber Gott, lass meinen Jungen nicht sterben! Ich hab´s doch nicht so gemeint, mit dem an die Wand klatschen! Gut, gedacht hab´ ich´s, jawohl. Aber nur wegen der Not. Verstehst du? Vier Kinder durchbringen und keinen Vater für sie. Nein, das war nur so ein ganz dummer Gedanke. Ich hätte ihn doch niemals an die Wand klatschen können, meinen Jungen. Ja, ich habe es in meiner Verzweiflung zu den Nachbarn gesagt. Straf mich jetzt nicht dafür! Es ist doch mein Kind, o Gott! Mein Ältester ist doch schon an Typhus gestorben. Nun willst du mir auch meinen Jüngsten nehmen? Bitte, lass es nicht zu, dass er stirbt!“

Einige Schritte rannte sie. Dann blieb sie ruckartig stehen, zündete sich eine selbst gedrehte Zigarette an, wärmte ihre vor Kälte erstarrten Finger an der Glut und stillte mit Rauchen den aufkommenden Hunger. Sie verschnaufte nur kurz, dann lief sie im Dauerlauf weiter, unermüdlich den Handwagen hinter sich herzottelnd. Plötzlich packte Fred ein heftiger Schüttelfrost. Er wimmerte: „Mutti! Mutti! Mir ist so kalt!“ Frieda warf die Kippe weg und legte noch einen Schritt zu.

Im Krankenhaus peppelte man Fred wieder hoch. Er überlebte die Ruhr. Etwas wohlgenährter brachte man Fred wieder zu seiner Familie in die Wohnbaracke zurück.

Fred erkundete seine neue Umgebung

Fred hatte seinen fünften Geburtstag gefeiert. Der Sommer verabschiedete sich mit launischem Wetter. Alle Leute der Barackensiedlung befanden sich in hellem Aufruhr. Sie trafen sich mal bei diesem, mal bei jenem und diskutierten heftig. Obwohl Fred seine Ohren weit aufgespannt hatte, verstand er weder ihre Worte noch ihre überschäumende Wut.

Die neuen Herren des Staates planten, die Relikte einer grauenvollen und ärmlichen Vergangenheit abzureißen. Sie hatten die sofortige Räumung aller Wohnbaracken angeordnet. Die meisten Bewohner sträubten sich hartnäckig, sich dieser Anordnung zu unterwerfen. Sie mochten nicht glauben, dass bessere Wohnverhältnisse aus ihnen auf einmal bessere oder angesehenere Menschen machen würden. Sie schätzten das Wohnen in freier Natur auch ohne Komfort, ohne Bad und mit einem Plumpsklo im Garten. Vor allem die Kinder weigerten sich hartnäckig, diese Spielidylle zu verlassen. Sie protestierten lautstark, quengelten, ja sie drohten sogar wegzulaufen. Doch das war alles nur ein letztes Aufbäumen in einer ungleichen Schlacht.

Bald standen die paar Möbel der Hewelts und die wenigen Habseligkeiten in Kartons verpackt vor der Gartentür. Freds Geschwister zuckelten mit einem vom Kohlenhändler geliehenen, großen Plattenwagen die weite Strecke aus der Stadt zur Wohnbaracke. Während sie mit der Mutter den riesengroßen Handwagen beluden, stand Fred nuckelnd und am Trostkissen knubbelnd, abseits und beobachtete alles von einer Hausecke aus, an die er sich drückte, denn sein Herz war schwer wie Blei. Für immer Abschied nehmen von hier, das konnte und wollte er nicht begreifen. Nachdem der Wagen beladen war, hob Traute Fred hinauf und setzte ihn auf das alte Plüschsofa. Fred thronte da oben wie ein König in einer Sänfte. Sein Knubbelkissen hielt er fest umklammert, aus Angst, er könnte es verlieren oder jemand würde es ihm entreißen.

Nach fast zwei Stunden erreichten sie müde und ermattet das dreistöckige Haus. Im Hinterhof, im Seitenflügel befand sich ihre Eineinhalb-Zimmer-Wohnung im Parterre. Drei Stufen führten in die Küche. Von da aus ging es in ein großes Zimmer. Eine Tür führte in ein kleines Zimmer. Denn einer fünfköpfigen Familie stand damals kein größerer Wohnraum zu. Der Krieg hatte zu viele Häuser zerbombt. Außerdem war die Miete erschwinglich. Das Wohnzimmer hatte noch eine dritte Tür. Die blieb verschlossen. Sie führte auf einen langen Korridor. Vom Korridor aus führte eine Tür in die Werkstatt vom Schuster Näthe. Die anderen zwei Türen führten ins Wohnzimmer und in die Küche von Oma Dingelhuber, die immer noch vergeblich auf ihren vermissten Mann wartete, der bei Stalingrad gekämpft hatte. Dieser Korridor war für die Familie Hewelt ein Tabu. Schuster Näthe erlaubte den Hewelts nicht, auch nur einen Schritt in diesen Korridor zu wagen - wegen seiner Schusterwerkstatt, wegen der Sicherheit und wegen seiner Ruhe, die er zum Arbeiten brauche.

Aber das kümmerte Fred wenig. Bekümmert war er nur darüber, dass für ihn nun unangenehme Veränderungen anstanden: Die Mutter nahm eine Arbeit in der Küche eines Lehrlingsinternats auf. Er musste in einen Kindergarten. Das passte ihm ganz und gar nicht. All die fremden Kinder. Die strengen Frauen. Es graute ihn und er versuchte, die Mutter zu erweichen. Wie immer, wenn er die Mutter für sich gewinnen wollte, rutschte er mit dem Knubbelkissen und dem Daumen im Mund auf ihren Schoß und bettelte: „Mutti, ich will nicht in den Kindergarten! Da ist es nicht schön. Ich will bei dir bleiben!“ Und die Mutter bemühte sich, ihm begreiflich zu machen, dass sie Geld verdienen müsse: „Fred, es geht nicht anders. Du willst doch essen und dich gut kleiden. Deine Geschwister wollen das auch.“ Fred schmuste, küsste sie und schlang einen Arm um ihren Hals. Vergebens. Am anderen Morgen lief er bedrückt neben der Mutter und umklammerte fest ihre Hand. Die Brottasche umgehängt. Zuerst war er stumm. Aber bei jedem Schritt, den beide dem Kindergarten näher kamen, wurde er zum Quälgeist: „Liebe Mutti, lass uns wieder umkehren! Ich will auch immer lieb sein! Du brauchst doch nicht zu arbeiten. Ich sammle mit den Großen Altstoffe. Bitte, bring´ mich nicht in den Kindergarten! Da können die mich bestimmt nicht leiden. Liebe Mutti! Ich will nicht!“ Er rüttelte energisch an ihrer Hand und blieb mit einer widerspenstigen Geste stehen. Jetzt wurde die Mutter ärgerlich. Die Zeit drängte. Sie musste anschließend noch zwei Kilometer zur Arbeit zu Fuß bewältigen. Ein Fahrrad konnte sie sich nicht leisten. Was sowieso unnütz gewesen wäre. Sie hatte nie gelernt, mit einem Fahrrad zu fahren. Als Kind, in einem Dorf in Sachsenanhalt aufgewachsen, konnte sie zwar geschickt ein Ochsengespann führen, aber Radfahren und Schwimmen waren ihr fremd. So fuhr sie Fred ziemlich ungehalten an: „Hör jetzt auf zu quengeln! Bist doch kein Baby mehr!“ Mit einem energischen Ruck riss sie ihn von der Stelle und zog ihn die letzten Meter hinter sich her und letztlich die sechs Stufen zur Tür hinauf. Sie klingelte. Eine Frau öffnete. Fred wich einen Schritt zurück. Die Frau trug in seinen Augen eine komische Kleidung. Auf dem Kopf trug sie dazu eine weiße Haube. Bringt mich die Mutter etwa ins Krankenhaus? durchfuhr es ihn. Die Frau streckte ihm freundlich die Hand entgegen. Noch musterte Fred die Frau mit scharfem Blick, die sich als Tante Hilde vorstellte. Nur zögerlich gab er ihr die Hand. Dabei fiel sein Blick auf ein Kreuz, das an einer silbernen Kette auf ihrer Brust hing. Dann erblickte er über der Tür ein braunes Holzkreuz. All das war ihm zu fremd. Ein seltsames Gefühl der Abneigung beschlich ihn. Am liebsten wollte er kehrt machen. Seine Hand in Mutters Hand wurde schweißnass, als er fast wie hypnotisiert leise zu ihr sagte: „Komm, wir gehen nach Hause!“ Er merkte kaum, dass die fremde Frau mit der weißen Haube ihn sanft bei der Hand nahm und die Mutter ihn sanft, aber mit Nachdruck in den Flur schob. Erst als hinter ihm die Tür ins Schloss fiel, war er sich bewusst, dass es für ihn kein Zurück mehr gab.

Stimmengewirr, Juchen, Kreischen, Lachen und Weinen drangen ihm entgegen. Dann erblickte er die neugierige Meute. Und er kroch in sich zusammen, denn seine Augen schätzten sofort die Kinder seiner Altersgruppe ab. Er war von allen der Kleinste und Schmächtigste. Das bekam er auch bald zu spüren. Sein zweiter Blick erfreute ihn. Da standen zwei wunderschöne, bunte Schaukelpferde. Ein solches Schaukelpferd war immer schon sein Traum. Sofort steuerte er auf eins dieser Schaukelpferde zu. Es war braun, hatte eine pechschwarze Mähne und einen eben solchen Schweif. Das Zaumzeug war aus knallrotem Kunstleder. Die dunklen Augen glänzten wie Perlen. Für einen Moment stand Fred reglos, vom Anblick überwältigt, vor diesem Schmuckstück. Seine rechte Hand glitt liebevoll über das weiche Kunstfell. Da schob sich die dicke Ulla heran. Sie war einen Kopf größer als Fred und sehr stämmig gebaut. Ihr grinsendes Pfannkuchengesicht mit den schlitzigen Augen ließ Fred nichts Gutes ahnen. Die dicken, dunkelbraunen Zöpfe schleuderten an Freds Gesicht vorbei, als sie ihren Kopf mehrmals hin und her drehte. Dabei wedelten die Zopfenden unangenehm über seine Wangen. Ihre Fäuste hatte sie herrisch in die Hüften gestemmt, als sie mit einer dünnen, schrillen Stimme, die zu ihrem korpulenten Körper nicht passte, Fred anraunzte: „Das Schaukelpferd ist besetzt! Du kannst jetzt nicht rauf!“ Fred schaute ihr furchtlos in die Augen, fixierte sie einen Augenblick und wandte sich dem anderen Schaukelpferd zu, das ebenfalls nicht besetzt war. Kaum dass er die Zügel greifen konnte, stand die dicke Ulla wieder vor ihm und schrie ihn an: „Der Gaul ist auch schon besetzt!“ Diesmal überhörte Fred ihre Worte und setzte sich auf das Schaukelpferd. Die dicke Ulla verzog ihren schon so breiten Mund, als wollte sie die Zähne fletschen. Unvermittelt kniffen ihre dicken Wurstfinger Fred in den Po und in die Oberarme, so dass er laut aufschrie. Tante Hilde eilte sofort aus der Küche herbei. Fred strich sich über die schmerzende Stelle am Arm. Die dicke Ulla machte sich sofort aus dem Staub. Aus einer Ecke schielte sie zu Fred hinüber, der von Tante Hilde getröstet wurde. Mit quäkender Stimme rief sie: „Memme! Alte Memme! Du Memme kriegst noch Kloppe!“ Tante Hilde trocknete mit der Schürze Freds Tränen ab und sagte: „Na, dann schaukel mal schön, mein Junge!“ Freds Gesicht erhellte sich. Seine Augen strahlten. Und er gab seinem Pferd Lotte die Sporen. Seine Seele entschwand für eine Weile in eine wundersame Welt. Für herrliche Augenblicke vergaß er alles um sich herum. Das Gezänk der Kinder, Tante Hilde mit ihrem Kreuz auf der Brust und vor allem die dicke Ulla mit ihren fürchterlichen Zöpfen, die sie zornig um sich warf, wenn sie ihren Willen nicht bekam. Oder, wenn sie allen ihre körperliche Überlegenheit demonstrieren wollte. Während Fred wie wild seinen Oberkörper nach vorn und nach hinten schwang, schwebte er in einem Glückstaumel.

Jedoch, dieser Glückstaumel hielt nicht lange an. Beim Mittagessen litt er noch schlimmer als unter der dicken Ulla. Alle falteten die Hände zum Tischgebet. Fred war es nicht gewohnt, vor dem Essen zu beten. Seine Mutter betete mit ihnen nur Heiligabend vor der Bescherung und wenn sich ein schweres Gewitter entlud. War es nachts, dann mussten sie alle raus aus den Betten, sich flugs anziehen und am Tisch mit gefalteten Händen ausharren, bis der letzte Donner grollte. Unter den Arm hatte die Mutter ihre schwarze Kunstledertasche geklemmt, so als hütete sie einen Batzen Geld oder ein dickes Sparbuch. Es waren nur der Personalausweis und die Lebensmittelkarten.

Also brummelte Fred nur ein paar Fetzen des Gebetes mit, was die anderen mitbekamen. Die dicke Ulla petzte laut: „Der Neue betet nicht mit!“ Fred fauchte sie an: „Ollet Aas!“ Tante Hilde bemerkte nur: „Er wird es noch lernen! Ruhe jetzt!“ Die Köchin füllte reihum die Teller. Es gab Kohlrübeneintopf. Schon der Gedanke daran rief in Fred Brechreiz hervor. Noch fürchterlicher wurde es für ihn, als sein Blick auf ein wabbeliges Stück fettes Fleisch fiel, das in der Suppe schwamm und ihn höhnisch anzugrinsen schien. Sofort spürte er ein starkes Würgen in seinem Hals. Er musste es vor den anderen, die genüsslich ihre Suppe löffelten, unterdrücken. Angewidert von dem faustgroßen Fleischklumpen stocherte er mit dem Löffel in der Suppe herum. Das sah die Tante Hilde. Sie ging guten Willens zu ihm und meinte im sanften Ton: „Fred, mein Junge, du musst essen! Du bist doch solch Hämchen. Du willst dir doch von der Ulla nicht alles gefallen lassen. Nicht wahr?“ Sie ergriff den Löffel und führte ihn zu Freds Mund. Er presste die Lippen zusammen. Tante Hilde wurde ungeduldig und verlangte im drohenden Ton: „Wenn du nicht aufisst, dann musst du in die Ecke! Willst du das?“ Noch immer hielt Fred ihre Hand mit dem Löffel umklammert und die Lippen verschlossen. Gequält sagte er: „Ich esse das nicht gern. Schmeckt mir nicht.“ „Ach, Unsinn!“ sagte Tante Hilde. Etwas netter fügte sie hinzu: „Der liebe Gott sieht alles! Und Eckensteher mag er überhaupt nicht!“ Sie schickte sich an, Fred vom Stuhl hoch zu ziehen. Gleich am ersten Tag in der Ecke stehen müssen, wollte er auch nicht. Da ihn schon einige hänselten: „Eckensteher! Eckensteher!“ Dann nahm er den Löffel, tauchte diesen in die Suppe und schob sich die Kohlrübensuppe in den Mund. Dabei achtete er darauf, dass der Löffel das Wabbelfleischstück nicht berührte. Aber Tante Hilde war erbarmungslos. Sie nahm ihm den Löffel wieder aus der Hand, fischte den Fleischklumpen heraus und schob ihn Fred in den Mund. Der würgte und würgte, behielt aber den eklehaften Fleischklumpen drin und tat schließlich so, als wollte er ihn doch hinunterschlucken. Von ihrem Erziehungserfolg sehr überrascht, begab sich Tante Hilde zufrieden in die Küche. Die anderen am Tisch futterten ihre Suppe und starrten dabei auf ihren Teller. Ein sehr günstiger Augenblick für Fred, sich endlich des Fleischklumpens rasch zu entledigen. Kurz schaute er nach allen Seiten, nahm blitzschnell sein Taschentuch heraus, spuckte das wabbelige Zeug ins Taschentuch, wickelte es in das selbige und steckte es in seine Hosentasche. Das Fett nässte bald durch die Hose. Fred wagte sich nicht aufzustehen. Noch war der Fleischklumpen lauwarm. Aber er kühlte allmählich ab. Und das war ungemein eklig. Die Soße lief ihm das Bein hinunter. Sein kleines Herz pochte heftig gegen die Brust, aus Angst, von der Tante Hilde bei seiner Untat erwischt zu werden. Wie aber den scheußlichen Fleischklumpen samt Taschentuch bis zum Mittagsschlaf loswerden? Dieser Gedanke marterte ihn. Endlich ordnete Tante Hilde für alle den Toilettengang und das Händewaschen an. Die Erlösung! Mit der Hand verdeckte Fred den großen Fleck auf seiner Hose und eilte zur Toilette. Erleichtert ließ er den Tascheninhalt ins Klo plumpsen, denn einige hatten schon mit verräterischem Blick auf seine Hosentasche gestarrt.

Beim Händewaschen schubste die dicke Ulla jeden beiseite, der ihr den Weg zum Waschbecken von selbst nicht freimachte. Sie gab nicht nur den Ton an, sie musste immer die Erste sein. Plötzlich fiel ihr Blick auf Freds Hose. Lauthals quiekte sie los: „Iii, der hat eingepinkelt! Ferkel!“ Sofort richteten sich alle Augen auf Fred, der dastand wie ein ertappter Sünder. Beschämt versuchte er, die besagten Stellen an der Hose zu verdecken, was ihm nur schwerlich gelang, denn die Fettsoßenspur lief verräterisch an dem Hosenbein hinunter. Alle Kinder riefen: „Iiii! Äh! Bäh! Hosenpisser!“ Jeder drängte sich dicht an Fred heran, um sich selbst vom Hosenpisser zu überzeugen. Manche rempelten ihn mutwillig an. Und die dicke Ulla knuffte und puffte ihn. Durch den Tumult wurde Tante Hilde eilig herbeigerufen. Sie schaute grimmig drein, als sie das Malheur sah. Sie gab Fred verärgert einen leichten Katzenkopf und schimpfte ihn aus: „Mensch, du bist doch schon solch großer Junge!“ Fred war die Peinlichkeit im lilaroten Gesicht anzusehen. Aus all seinen Poren drang der Schweiß. Er stammelte verschüchtert: „I…i…ich ha…ha…be die Hose beim Essen bekleckert.“ Tante Hilde beugte sich und roch. Als sie sich wieder aufgerichtet hatte, fuhr sie die Umstehenden, die auf ein Donnerwetter gelauert hatten, barsch an: „Kinder, das ist kein Urin! Das ist Kohlrübeneintopf!“ Und zu Fred gewandt sagte sie im strengen Ton: „Hose runter!“ Fred erschrak und dachte: Jetzt hier? Und vor der dicken Ulla? Zunächst sträubte er sich. Aber da hatte die Tante Hilde die Hose schon aufgeknöpft und sie von seinen Beinen gezerrt. Sie nahm Seife und wusch umgehend die Stelle aus. Fred bekam eine Trainingshose.

Dann wurde ihm eine Liege zugewiesen, die zwischen zwei anderen stand. Er konnte nicht unbeobachtet am Daumen lutschen. Das machte ihn mürbe, und er wälzte sich unruhig von links nach rechts, von rechts nach links. Die Ereignisse hatten ihn aber so sehr erschöpft, dass er schließlich doch einschlief. Im Schlaf sah er die dicke Ulla, wie sie ihn mit einer Gerte traktierte. Gerade als er ihr die Gerte entriss, wurde er aus dem Alptraum aufgeschreckt. Tante Hilde zog ihn am Ohr von der Pritsche hoch: „Komm, guck dir an, was du angerichtet hast!“ Ihre Augen funkelten vor Wut. Sie führte Fred unsanft zur Toilette. Der ganze Raum war überschwemmt. Neben dem Klobecken lag sein Taschentuch. Der wabblige Fleischklumpen grinste ihn wieder an. Das Drehen an seinem linken Ohr wurde immer schmerzhafter. Ein Warnzeichen, nicht zu lügen. Tante Hilde fragte im scharfen Ton: „Ist das dein Taschentuch?“ Der fürchterliche Schmerz am Ohr nahm zu. Fred zögerte nicht lange und gab zu, den Fleischklumpen nicht runterbekommen zu haben. Der Schmerz ließ nach. Er hörte nur noch Tante Hilde sagen: „Na, du bist ja ein ganz schönes Früchtchen!“ Sie drückte ihm verärgert einen Scheuerlappen in die Hand: „So, nun beseitige mal deine Schweinerei!“ Fred bückte sich seufzend mit dem Aufwischlappen. Beim Vorbeigehen stieß ihm die dicke Ulla ihr Knie in die Seite. Fred fiel seitlich in die müffige Wasserlache. Gehässig lachend verließ Ulla das Klo. Kurz darauf kam eine nette Küchenfrau und half beim Beseitigen der Kloüberschwemmung. Den fettigen Fleischklumpen schaffte sie in den Abfalltrog. Dann wusch sie Freds Taschentuch im Seifenwasser aus und hängte es auf die Leine. Die kleine, rundliche Frau mit dem rosigen Gesicht tat ihm gut bei all den unfreundlichen Menschen.

Sehnsüchtig wartete Fred nachmittags, dass ihn die Mutter abholen sollte. Als sie endlich kam, bat die Tante Hilde sie in ihr Büro. Zu gern hätte Fred an der Tür gelauscht. Doch er baute mit einem Jungen einen Turm aus bunten Holzbausteinen, den sie anschließend zum Einsturz bringen wollten. Aber dazu kamen sie nicht mehr. Die dicke Ulla schlich sich von hinten heran. Fred sah noch ihr unförmiges Stamperbein, ehe ihr Fuß gegen den Turm trat. Sie tat es mit einem wiehernden Lachen, so dass es an ihrem ganzen Körper schwabbelte. Fred sprang auf und wollte sich gerade auf die dicke Ulla stürzen, um ihr seine Fäuste in den Bauch zu rammen, da rief die Mutter nach ihm. Ihr Gesicht war ernst. Sie hatte einen kummervollen Blick. Beim Anziehen klagte sie nur: „Junge, was soll ich bloß mit dir machen? Ich muss doch arbeiten gehen!“ Fred schwieg. Erst auf dem Nachhauseweg fand er seine Sprache wieder. Ununterbrochen redete er drauflos. Alles, was er erlebt hatte, ließ er wie einen Film abspulen. Zum Schluss bettelte er wieder: „Lass mich zu Hause! Ich will nicht mehr zu der dicken Ulla! Die zankt nur! Und Tante Hilde kann mich auch nicht leiden! Ich kann doch bei Maskows bleiben. Die Oma Maskow ist nett zu mir und kann mich leiden.“ Familie Maskow wohnte im Nebenhaus. Bei ihnen lieferte die Mutter ihren Fred ab, wenn sie mal was zu erledigen hatte. Der Gedanke ist nicht schlecht, dachte die Mutter, aber sie wollte es der Oma Maskow nicht zumuten, sich mit ihrem Fred, herumzuplagen.

So vergingen zwei Wochen. Doch Fred konnte sich mit dem Kindergarten überhaupt nicht anfreunden. Die dicke Ulla kommandierte ihn herum. Beim Mutter-Vater-Kindspiel musste er immer der ungezogene Sohn sein. Beim Doktorspiel, das heimlich in einer Ecke hinter Decken stattfand, musste er stets der schwerkranke Patient sein, der dauernd geimpft werden musste. Und die dicke Ulla war natürlich die Ärztin, eine äußerst rabiate Ärztin. Sie riss ihm die Schlüpfer herunter und verpasste ihm mit dem Buntstift eine Spritze in den Po, was meist ungeheuer wehtat. Hatte sich mal zaghaft eine Freundschaft zwischen ihm und einem netten Jungen oder einem netten Mädchen angebahnt, fuhr die Ulla eifersüchtig dazwischen und verteilte Kloppe.

Schon mehrmals war Fred aus dem Kindergarten weggelaufen, hin zu Oma Maskow, die ihn gern aufnahm. Sie mochte den quirligen Blondschopf. Im Kindergarten brauchte man sich dann keine Sorgen machen. Sie wussten Bescheid.

Beim Mittagessen spitzte sich die Lage erneut zu. Auf Freds Teller dampfte der leckere Erbseneintopf mit vielen Speckhappen. Erinnerungen an den Kohlrübeneintopf kamen in ihm hoch. Nur einmal auf solch ein Stück Speck beißen bedeutete für Fred, sich übergeben zu müssen. Er löffelte die Suppe und umging zunächst die Speckhappen. Aber bald waren so viele Speckhappen auf dem Teller zu sehen, dass sie Tante Hilde nicht mehr übersehen würde, was ein neues Donnerwetter bedeuten könnte. Also ersann er eine Taktik. Er spuckte jedes Mal den Speckhappen wieder auf den Löffel zurück und schnippte ihn im unbeobachteten Moment einfach vom Löffel unter den Tisch. Dabei merkte er nicht, dass einige Speckhappen über den Fußboden wabbelten und weiter weg vom Tisch liegen blieben. Als Tante Hilde zu ihm hinüberschaute, lächelte er ihr zu, nahm einen vollen Löffel Suppe und schob ihn in den Mund. Tante Hilde nickte lächelnd zurück. Ihm gegenüber saß Ulla. Sie verdrückte bereits ihre Götterspeise. Als sie das Schälchen geleert hatte, leckte sie sich mehrmals mit der Zunge über die Lippen, wie eine Kuh über das Maul. Fred schüttelte sich bei diesem Anblick. Plötzlich sprang die dicke Ulla auf, schnappte sich ihr Kompottschälchen und rannte in die Küche, um sich Nachschlag zu holen. Über das ganze Gesicht grinsend, tänzelte sie tollpatschig wie ein Bär zum Tisch zurück. Wie eine Trophäe trug sie das Kompott vor sich her. Voller Schrecken sah Fred, wie sie mit ihren Hausschuhen zwischen den Speckhappen herumtappte und schon manchen Speckhappen zerquetscht hatte. Es geschah wie es geschehen musste. Ulla stampfte ihren rechten Fuß auf einen besonders großen Speckhappen, der unter ihrer Last saftspritzend platt gedrückt wurde. Ulla rutschte aus, kippte nach hinten, riss ihre Arme hoch, klatschte mit dem Hintern auf den Boden. Die Götterspeise ergriff die Gelegenheit, schlüpfte hurtig aus dem Kompottschälchen und hopste