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VIKTORIA FUCHS

FUCHSTEUFELSWILD

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VORWORT

Liebe Leser und Wild-Köche,

mein Name ist Viktoria Fuchs. Ich bin Köchin, lebe in einer Jägerfamilie, kann nicht jagen und habe einen Hund, der es noch weniger kann als ich. Und ausgerechnet ich schreibe ein Wild-Kochbuch? Ja, ganz genau. Warum? Ich bin mit der Küche aufgewachsen. Kaum einer hat sie so sehr geprägt wie mein Vater, der als Koch und Jäger schon vor vielen Jahren angefangen hat, Wildgerichte neu zu interpretieren, und sie so aus verstaubten Schubladen befreite. Nun belebe ich sie mit meinen Erfahrungen, meinen verrückten Ideen, aber immer mit dem Wissen um meine Wurzeln und dem gleichen inneren Antrieb: der Wildküche ein neues »Gesicht« zu geben. Denn sie ist genauso »leicht«, genauso kreativ und genauso fuchsteufelswild wie andere Küchenausrichtungen. Wildbret muss weder mächtig sein noch aufdringlich schmecken. Frische, Süße, Würze und all die schönen lebendigen Einflüsse anderer Länderküchen vertragen sich hervorragend mit unserem heimischen Wild und machen es nicht nur zu besonderen Gerichten, sondern auch zu einem wirklich tollen Produkt.

Umso vehementer vertrete ich die Wildküche mit all ihren Facetten, ihren Möglichkeiten und ihrer Nachhaltigkeit. Gerade in einer Zeit, in der sich Menschen mehr und mehr mit der Herkunft des Fleisches auseinandersetzen, möchte ich zeigen, wie spannend das Produkt Wild ist. Denn die Tiere leben in ihrer natürlichen Umgebung und ihr Fleisch bietet zahlreiche gesunde Nährstoffe.

Mit diesem Buch richte ich mich nicht nur an Jäger oder überzeugte Fleischesser, sondern an Menschen, die Fleisch bewusst genießen wollen und Spaß an frischen und leicht zubereiteten Wildgerichten haben. Deshalb spielt das Wild auch nicht immer die Hauptrolle. Manchmal dient es nur als Begleiter. Immer sind frische Kräuter, Gemüse oder Einflüsse aus anderen Küchen Bestandteil eines Gerichtes und jede Wildart findet ein neues und eigenes geschmackliches Spannungsfeld. Gleichzeitig sind alle meine Rezepte eingebettet in die Geschichten rund um unseren Familienbetrieb, dem Hotel Spielweg, und meine Heimat, den Südschwarzwald. Beides hat mich geprägt, beides hat großen Einfluss auf mich und meine eigene Art zu kochen. Deshalb ist es ein persönliches Buch, getragen von den Menschen, die mich auf meinem Weg begleitet und unterstützt haben.

Haben Sie ganz viel Spaß beim Entdecken der Rezepte, beim Nachkochen einzelner Gerichte und beim Lesen der Geschichten. Alles Liebe und guten Appetit!

Ihre Viktoria Fuchs

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KRÄUTER & GEMÜSE

UNSER KRAUT VERGEHT NICHT

Ich sag es ganz deutlich: Ohne den grünen Daumen meiner Mutter müsste ich jede Menge Geld in Kräuter-, Blumen- und Obstkäufe stecken. Sie ist die Herrscherin unseres Kräutergartens, der sich in den letzten 30 Jahren immerhin so weit ausgedehnt hat, dass ich meinen Gerichten jeden Tag mit Blüten und Kräutern den letzten optischen oder geschmacklichen Kick geben kann. Es ist nicht so, dass wir im Spielweg plantagenartige Selbstversorger wären, aber zwei weitere helfende Hände sind nötig, um all die Beete, Bäume und das Gewächshaus in Schuss zu halten. Sie weiß ganz genau, welches Kraut was braucht, womit man kleine Zipperlein heilen und mit welchen Blumen man die schönsten Sträuße für die Tischdekoration binden kann.

Das, was meine Eltern vor 30 Jahren gemeinsam begonnen haben, ist heute ein fester Bestandteil unserer Küche – ein wachsender verwunschener Teil unseres Zuhauses, aus dem wir schöpfen, ein kleines Paradies, in dem gezupft, gegossen und weiter angebaut wird.

Ein bisschen mische ich auch mit. Meine Mutter fing ursprünglich mit Schnittblumen an, mein Vater pflanzte Streuobst. Irgendwann wurden Hochbeete mit Kräutern angelegt und ich kam mit Pflücksalat. Ich ernte ihn, Mama rettet ihn vor den Schnecken.

Inzwischen bietet der Spielweg’sche Garten einen bunten Querschnitt durch die Kräuter- und Blumenwelt und ist außerdem für uns als Ausbildungsbetrieb eine Art Lehrpfad geworden, auf dem unsere Azubis jede Menge Wissen sammeln können.

Kräuterkäufe strapazieren die Kasse, denn gute Qualität hat ihren Preis. Deshalb bin ich froh, über diese Ressourcen verfügen zu können. Hier finde ich Erbsenkresse. Die grünen Keimlinge sind besonders proteinreich und passen hervorragend zu Rehgerichten, weil sie Frische liefern und außerdem auch noch dekorativ sind.

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Basilikum ist sowieso ein all time favourite, besonders der kleinblättrige, der ordentlich Wumms im Geschmack hat und sofort mediterranes Gefühl auf den Teller zaubert.

Hartholzige Kräuter wie Rosmarin, Estragon und Thymian sind besonders dankbar, weil sie robust sind und auch unsere manchmal kalten Winter gut überleben. Sie vertragen sich mit fast jeder Wildart, allerdings muss man aufpassen, dass sie nicht zu viele Bitterstoffe abgeben, wenn man sie zu lang mitkocht. Dann wird es schwierig.

Zum Rehrücken oder zu Gams passt übrigens besonders gut das Eisenkraut, auch Verbene genannt. Ich kombiniere dazu Pfirsich, weil dessen Süße und die Frische der Verbene das Aroma des Rehfleisches perfekt unterstützen.

Die ewig wuchernde Minze und die unkomplizierte Zitronenmelisse sind wiederum sehr gute Gegenspieler zum kräftigen Aroma von Wildschweinfleisch. Die Balance macht es, die Verbindung aus Frische und Tiefe.

Zum zarten Fasan kombiniere ich gern Koriander, zum Beispiel als Curry. Und Hirsch verträgt Salbei, den man auch bestens frittieren kann. Das ist sowieso ein ziemlicher Geschmacksknaller: frische Kräuter in Butter frittieren. Dann hat man eine Art Kräuterbutter, die garantiert keiner so schnell vergisst. Borretschblüten sind auch sehr effektvoll, besonders zu Feige und Honig. Die kleinen Blüten sehen nicht nur hübsch aus, sondern ihr gurkenähnlicher Geschmack ist auch sehr typisch und unverkennbar.

Mit Dill allerdings stehen wir auf Kriegsfuß. Der ist einfach zu mimosig für die handfeste Schwarzwälder Natur. Deshalb arbeite ich in der Küche mit Fenchelkraut, der ein würdiger Ersatz ist und zu Fisch oder in den Gurkensalat zum Wildschweinschnitzel passt.

Schild- und Sauerampfer wiederum wuchern überall wild vor sich hin. Ich setze ihn gern zu Spargel ein.

Und sonst so? Obst gibt es natürlich auch. Brombeeren im Überfluss, die wir einmachen, damit wir immer wieder darauf zurückgreifen können.

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Rhabarber, der ein ganz besonders guter Begleiter von Wildgerichten ist, weil er sich so gar nicht zwischen Obst und Gemüse anpassen will (auch wenn er ein Gemüse ist). Und dann gibt es da noch jede Menge Quitten – man glaubt nicht, was so ein Baum alles hergibt. Das Herbe der Quitte ist perfekt zur Gänseleber, genau wie das Süßsaure unserer Boskop, die wir aber natürlich auch im Kuchen verarbeiten.

Mein Rat an alle Hobbyköche: Wer Kräuter nicht selber anbauen kann, sollte beim Einkauf auf die Qualität achten. Am besten bekommt man frische Kräuter auf dem Markt. An den entsprechenden Ständen findet man oft auch Besonderheiten oder kann sie zumindest dort bestellen.

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Salate und Suppen

MIT HERZ UND HANDWERK IN DIE SCHÜSSEL

Ich liebe Salate, aber nur, wenn sie groß sind. Bei mir gibt es ausdrucksstarke Salate, also große Teller oder Platten mit ganz viel frischen Zutaten. Das hat für mich etwas mit Lebensgefühl zu tun. Deshalb stecke ich viel Kreativität in meine Salate und transportiere mit ihnen genauso den Wald oder den Garten, wie ich es mit meinen anderen Gerichten tue. Die Zusammenstellungen sind immer kreativ und ich kombiniere sie mit unseren eigenen Produkten, wie unserem Käse oder unserem Honig.

Ich geb’s zu, ich habe eine Schwäche für die sogenannte Hochzeitssuppe. Eine echte Consommé ist Handwerk vom Feinsten und man muss ihre Zubereitung wirklich üben. Dass sie als Auftakt liebloser Menüs mitunter verunstaltet wurde, ist ein Jammer, dabei ist sie eine inhaltsvolle elegante Angelegenheit, die einfach wohlig warm macht. Außerdem hilft sie mit ihrem hohen Salzgehalt gegen einen Kater. Mit Steinpilzen schmeckt sie für mich nach Zuhause, nach meiner Heimat.

Meine Lieblingssuppe aber ist die geräucherte Tomatensuppe, die ganz ohne Fleisch auch wunderbar auskommen würde. Kein Ansatz, keine Zwiebeln, kaum Kräuter, aber ein purer, intensiver Geschmack. Viel Spaß beim Nachkochen!

BUNTER TOMATENSALAT

MIT GEGRILLTEM PULPO, BASILIKUM, MINZE UND GEBRATENEN WILDSCHWEINBRATWÜRSTCHEN

FÜR 4 PERSONEN

FÜR DEN HUMMUS

FÜR DAS PESTO

ZUBEREITUNGSZEIT: 30 MINUTEN + 3 STUNDEN KOCHZEIT

 

Wurzelgemüse waschen und in walnussgroße Stücke schneiden. Knoblauch und Zwiebeln schälen und ebenfalls klein schneiden. Das Wurzelgemüse in einem großen Topf in etwas Öl leicht anschwitzen. Mit Weißwein ablöschen und verkochen lassen. Pulpo hineinlegen, mit kaltem Wasser bedecken und die Dosentomaten sowie die Gewürze hinzugeben. Bei mittlerer Hitze aufkochen lassen, die Temperatur verringern, sodass der Pulpo 2 Stunden leicht simmert. Pulpo herausnehmen und auskühlen lassen.

Für den Hummus die Knoblauchknolle mit Olivenöl in Alufolie einwickeln und 30 Minuten bei 160 °C im Ofen schmoren. Herausnehmen und schälen. Die Kichererbsen in einem Sieb abgießen und ohne die Flüssigkeit in einen Standmixer geben.

Die geschälten geschmorten Knoblauchzehen, 4 Esslöffel Olivenöl, Tahini, gezupfte Petersilie, Salz, Pfeffer und Ducca dazugeben. Fein mixen und mit dem Saft der Zitrone abschmecken. Falls die Masse zu fest ist, kann man etwas von der Kichererbsenflüssigkeit oder etwas Olivenöl hinzugeben.

Für das Pesto Basilikum waschen, mit den Pinienkernen und dem geriebenen Parmesan in den Standmixer geben. Unter ständigem Mixen das Olivenöl dazugeben. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Die Tomaten waschen und in Stücke schneiden, die kleinen nur halbieren. Die Wassermelone schälen, würfeln und beides miteinander vermengen. Mit dem Pesto und 1 Esslöffel Apfelessig marinieren. Mit Salz und Zucker würzen.

Den Pulpo in Stücke schneiden und zusammen mit den Wildschweinbratwürsten anbraten.

Den Teller mittig mit etwas Hummus bestreichen und den angemachten Tomaten-Wassermelonen-Salat darauf anrichten. Die Wildschweinbratwürste aufschneiden und zusammen mit dem gebratenen Pulpo auf den Salat geben. Mit Minze, Basilikum, Hummus und frischem Ricotta dekorieren.

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SPARGELSPITZENSALAT

MIT WILDSCHWEINCOPPA UND BÄRLAUCHPESTO

FÜR 4 PERSONEN

FÜR DAS DRESSING

FÜR DAS BÄRLAUCHPESTO

ZUBEREITUNGSZEIT: 45 MINUTEN

 

Die Spargelspitzen schälen. Die Schalen in einen Topf geben, mit kaltem Wasser bedecken und den Saft von ½ Zitrone sowie 1 Esslöffel Salz und 1 Esslöffel Zucker hinzugeben. Den Fond aufkochen, zur Seite nehmen und für circa 30 Minuten ziehen lassen.

Die Pinienkerne in einer Pfanne bei mittlerer Hitze ohne Fett rösten.

Den Spargelfond durch ein Sieb passieren, dabei die Flüssigkeit in einem Topf auffangen. Die Flüssigkeit erneut aufkochen, die Hitze reduzieren und die Spargelspitzen darin in circa 10 Minuten gar ziehen lassen.

Für das Dressing den Senf mit 1 Prise Zucker, Salz und Pfeffer verrühren. Den Essig hinzugeben und die Öle langsam einfließen lassen.

Für das Pesto den Bärlauch waschen, mit den Pinienkernen und dem geriebenen Parmesan in den Standmixer geben. Unter ständigem Mixen das Olivenöl dazugeben.

Die Spargelspitzen aus dem Sud nehmen, halbieren und in eine Schüssel geben, die gerösteten Pinienkerne hinzugeben und mit dem Dressing marinieren. Den Schnittlauch in feine Ringe schneiden und zu den Spargelspitzen geben. Mit etwas Pfeffer würzen.

Alles zusammen auf einem Teller anrichten. Den Coppa hauchdünn aufschneiden und daraufgeben. Das Bärlauchpesto rundherum verteilen und mit Sauerampfer garnieren.

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ROTKRAUT-BIRNEN SALAT

MIT ROGGENBROT, GEGRILLTER GAMSKEULE UND KAPUZINERBLÜTEN

FÜR 4 PERSONEN

AUSSERDEM

ZUBEREITUNGSZEIT: 1 STUNDE

 

Den Backofen auf 160 °C vorheizen. Das Fleisch von Silberhaut und Sehnen befreien, mit Salz und Pfeffer würzen und von beiden Seiten kurz anbraten.

Im vorgeheizten Backofen bei 160 °C circa 11 Minuten lang garen, bis das Fleisch eine Kerntemperatur von 44 °C erreicht hat. Das Fleisch einige Zeit auskühlen lassen. Danach auf dem Grill nachbraten, sodass es eine Kerntemperatur von 57 °C hat.

Wer möchte, kann die gesamte Keule auch auf einem Kugelgrill oder Big-Green-Egg-Grill garen. Hier ist zu beachten, dass die Glut nicht zu heiß werden sollte, sondern eine möglichst konstante Hitze hält.

Egal, ob nachgegrillt oder komplett gegrillt wird, am Ende, kurz vor Erreichen der Kerntemperatur, 1 Handvoll Räucherspäne oder in Wasser eingeweichte Räucherchips in die offene Glut geben. Den Grill verschließen und einige Minuten räuchern lassen.

Das Rotkraut mithilfe einer Küchenmaschine in feine Streifen schneiden. Mit Salz, Pfeffer, Zucker, Olivenöl und dem Saft von 1 Zitrone marinieren.

Die Brotscheiben in Würfel schneiden und in einer Pfanne mit etwas Butter rösten. Eine Birne in Ecken schneiden und auf dem Grill von beiden Seiten grillen. Die zweite Birne fein hobeln.

Das Fleisch dünn aufschneiden, den Rotkohlsalat mit den Brotcroutons vermengen und auf einem Teller anrichten. Das Fleisch anlegen, die gegrillten Birnenstücke daraufgeben, Birnenscheiben drapieren und mit Wildkräutern ausdekorieren.

Hierzu schmeckt auch eine feine Remoulade, Mayonnaise oder Hummus.

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HIRSCHSCHINKEN

MIT MARINIERTEN FEIGEN, RICOTTA, HONIG UND THYMIAN

FÜR 4 PERSONEN

ZUBEREITUNGSZEIT: 15 MINUTEN

 

Die Feigen waschen und in Ecken schneiden.

Den Ricotta auf einen Teller bröseln, die Feigen darauflegen, den Schinken anlegen und mit dem Tannenhonig beträufeln.

Mit Thymian und Blüten der Saison dekorieren.

Tipp

Das gesamte Gericht lebt von den Feigen. Hier ist es wirklich sehr wichtig, vollreife Feigen zu kaufen oder am besten aus dem eigenen Garten zu ernten.

Mit dem Ricotta und dem Wildschinken ergeben sie eine perfekte Vorspeise, zum Beispiel zum Grillen oder in einem Menü.

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WINTERSALAT

MIT KLEINEN MAULTASCHEN VOM OBERMÜNSTERTÄLER WEICHKÄSE, SCHWARZEN NÜSSEN UND SONNENBLUMENKERNEN

FÜR 4 PERSONEN

FÜR DAS SALATDRESSING

ZUBEREITUNGSZEIT: 1 STUNDE

 

Den Obermünstertäler Weichkäse in eine Schüssel reiben und an einem warmen Ort schmelzen lassen. Eigelb, Paniermehl und gehackten Thymian dazugeben. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Die Sonnenblumenkerne auf ein Backblech geben, mit 1 Esslöffel Wasser und etwas Zucker und Puderzucker bestreuen und gut mischen. Bei 175 °C circa 5–7 Minuten karamellisieren lassen.