Frage: Einige Versprechungen von Vertretern des NLP kommen mir sehr übertrieben vor. Ist es nicht etwas größenwahnsinnig zu behaupten, dass NLP in wenigen Minuten etwas leistet, das mit anderen bewährten Methoden Monate dauert?
Antwort: NLP ist erstaunlich, und daher ist es kein Wunder, dass Menschen, die Erfahrungen mit anderen Methoden gemacht (oder gar in eine jahrelange Ausbildung investiert) haben, erst einmal skeptisch sind. Wenn Sie sich jedoch vor Augen führen, dass NLP aus den »bewährten Methoden« hervorgegangen ist, und zwar in der Weise, dass die effektivsten Vorgehensweisen der effektivsten Therapeuten gesammelt und analysiert wurden, dürfte verständlich werden, dass es schon seltsam wäre, wenn NLP nicht effizienter als jede einzelne der herkömmlichen Methoden sein würde. Es ist aber in der Tat Vorsicht geboten, wenn NLP-Praktiker Wunderheilungen in kürzester Zeit versprechen. Veränderungsprozesse werden mit NLP oft sehr schnell in Gang gesetzt – doch diese Veränderungen müssen im Gehirn neurophysiologisch gefestigt werden. Das heißt: Ohne Üben geht es nicht!
Frage: Kann NLP wirklich ein Ersatz für eine herkömmliche Psychotherapie durch einen fundiert ausgebildeten Therapeuten sein?
Antwort: Nein. NLP ist ein sehr effektives therapeutisches Hilfsmittel. Kein Wunder, denn die Methoden des NLP entstanden ja aus der Beobachtung der erfolgreichsten Therapeuten.
Doch nur ein erfahrener, gut ausgebildeter Therapeut ist bei klinisch relevanten psychischen Problemen (beispielsweise schweren Depressionen, Zwangserkrankungen, Psychosen, Schizophrenie usw.) unverzichtbar. In Deutschland ist ein guter Anhaltspunkt die Approbation als psychologischer Psychotherapeut (dort wird eine Behandlung übrigens auch von der Krankenkasse übernommen). Ein ärztlicher Psychotherapeut hat lediglich eine mehrwöchige Zusatzausbildung, ist also weniger empfehlenswert. Das Problem ist, dass NLP eine so junge und revolutionäre Methode ist, dass noch sehr wenige klassisch ausgebildete Psychologen eine zusätzliche spezielle NLP-Ausbildung haben. Das ist insofern problematisch, als dass NLP-Coaches oft keine angemessene psychologische Ausbildung haben und daher sich selbst und die eingesetzten Methoden überschätzen und mit Krisensituationen nicht angemessen umgehen können.
Frage: Werden mit den – zugegebenermaßen erst einmal sehr effektiven – NLP-Techniken Probleme nicht lediglich verdrängt?
Antwort: Nein. Ganz im Gegenteil: NLP versucht vor allem aufzudecken und aufzulösen – allerdings nicht vorwiegend auf der Ebene des Bewusstseins.
Interessanterweise kommt von denselben Menschen, die NLP als zu rational kritisieren, gleichzeitig die Kritik, dass die Problemursachen im NLP keine zentrale Rolle spielen. Wir bezweifeln, dass die tatsächlichen Ursachen seelischer Probleme überhaupt immer bewusst werden können, da der menschliche Geist und die Einflüsse, die auf ihn wirken, viel zu komplex sind, um rational verstanden werden zu können – unseres Erachtens ist die Aufdeckung von Ursachen immer nur eine Rationalisierung. Und das Rationalisieren von Problemen wird niemals Probleme lösen können.
Frage: Einige Behauptungen, wie beispielsweise die, dass der menschliche Geist aus »Subpersönlichkeiten« bestehe, kommen mir doch sehr weit hergeholt vor. Was soll das?
Antwort: Alle Behauptungen, die im NLP aufgestellt werden, sind nur Arbeitshypothesen. Das bedeutet, sie erheben nicht den Anspruch darauf, die »Realität« zu beschreiben. Diese Annahmen erleichtern den Umgang mit komplexen Vorgängen, die rational nicht oder nur sehr schwer verstanden werden können.
Im Grunde genommen ist das etwas, das jeder Mensch ständig tut: Wenn Sie Ihren Arm heben wollen, denken Sie nur daran, Ihren Arm zu heben und nicht im Mindesten an die vielen Muskeln (tatsächlich werden selbst bei einer kleinen Bewegung Dutzende von Muskeln bewegt), die für die Armbewegung aktiviert werden müssen. Dadurch vereinfachen Sie den Vorgang nicht nur, sondern machen ihn überhaupt erst möglich.
Frage: Ist NLP überhaupt wissenschaftlich abgesichert? Welche Theorien liegen NLP zugrunde? Wenn schon die theoretische Grundlage falsch ist, kann doch die Praxis nicht viel bringen?
Antwort: NLP ist eine relativ junge Methode und wurde noch nicht umfassend wissenschaftlich untersucht. Das ist jedoch sehr wünschenswert, und in der Tat gibt es zunehmendes Interesse an den Universitäten; an einigen Lehrstühlen (auch in Deutschland) wird NLP derzeit erforscht.
NLP ist eine eklektische und praxisbezogene Methode, die an Theorien erst zweitrangig interessiert ist. Die Vorannahmen des NLP sind Arbeitshypothesen und keine Theorien. Die Wissensgebiete, die zu NLP beigetragen haben (Neurolinguistik, Kognitionswissenschaft, Psychoneuroimmunologie, Psychologie), haben allerdings durchaus Theorien entwickelt, die daher auch als Teiltheorien des NLP angesehen werden können. Ein so komplexer Gegenstand wie der menschliche Geist wird aber vermutlich durch Theorien, die einfacher sind als der Gegenstand selbst, kaum verstanden werden können.
Auf den ersten Blick klingt es einleuchtend, dass eine falsche oder ungenaue Theorie keine guten Ergebnisse für die Praxis bringen kann. Und doch ist es tatsächlich oft so, dass eine ungenaue Theorie einer exakten Theorie nicht nur praktisch, sondern sogar theoretisch überlegen ist! Wie das? Lassen Sie uns ein ganz simples Beispiel nehmen, das sich nur auf eine einfache Längenmessung beschränkt. Sicherlich würden Sie meinen, dass eine Messung in Millimetern exakter ist als eine Messung in Kilometern. Wenn wir nun die Entfernung von Deutschland nach Australien angeben wollen, trifft das dann immer noch zu? Nun, wir könnten die Hauptstädte, oder sogar einen bestimmten Punkt in jedem Land angeben, von dem aus gemessen wird: Aber haben wir dann die Entfernung von Deutschland nach Australien wirklich genauer gemessen?
Frage: Viele NLP-Techniken und Übungen fordern dazu auf, sich etwas intensiv vorzustellen. Ich habe damit große Schwierigkeiten. Es will mir einfach nicht gelingen, lebendige Bilder wachzurufen. Kann es sein, dass NLP für mich einfach nicht geeignet ist?
Antwort: NLP ist tatsächlich für einige Menschen nicht geeignet, aber Sie gehören höchstwahrscheinlich nicht dazu. Ungeeignet ist NLP für Menschen mit geistigen Behinderungen, schweren psychischen Erkrankungen und extremen Konzentrationsstörungen.
Tatsächlich fällt es jedoch vielen Menschen schwer, komplexe, lebendige Bilder zu visualisieren. Einerseits hängt das vom Wahrnehmungstyp ab: Ein Mensch, der seine Erfahrungen vor allem auditiv und kinästhetisch kodiert (das trifft z. B. immer auf Sehbehinderte zu), wird nur schlecht visualisieren. Im NLP ist meist von »Bildern« oder »Filmen« die Rede, weil das visuelle Wahrnehmungssystem in der Regel vorherrschend ist – aber natürlich können die »Bilder« auch Klang- oder Bewegungsbilder sein! Andererseits aber kann die bildhafte Vorstellung durch Übung enorm verbessert werden. Wenn Sie eine Weile ganz bewusst auf die Dinge achten, die Sie sehen, ab und zu die Augen schließen und versuchen, das gerade Gesehene noch einmal vor Ihr inneres Auge zu holen, werden Sie feststellen, dass sich Ihre Visualisierungsfähigkeit schnell verbessert. Analog gilt das natürlich auch für alle anderen Wahrnehmungskanäle.
Frage: NLP lehrt anscheinend sehr effektive Möglichkeiten, Menschen zu beeinflussen, d. h. zu manipulieren. Besteht da nicht die Gefahr des Missbrauchs? Antwort: Ja, das stimmt: Natürlich kann man auch mit dem NLP-Wissen verantwortungslos und missbräuchlich umgehen, was z. B. in der Werbung und in der Schulung von Verkäufern auch tatsächlich versucht wird. Dazu ist dreierlei zu sagen:
• Erstens ist Wissen immer auch Macht, und jedes Wissen kann missbraucht werden – selbst spirituelles Wissen.
• Zweitens: Der beste Schutz gegen Manipulation ist das Wissen um die Möglichkeiten der Manipulation – wer Manipulation sofort erkennt, kann kaum manipuliert werden. Wenn NLP also die Möglichkeit zur Manipulation bietet, so bietet es ebenso die Möglichkeit, Manipulationen zu durchschauen und abzuwehren.
• Drittens: Der Missbrauch von NLP-Techniken ist nicht so leicht, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Pacing z. B. wird oft als kraftvolle Manipulationstechnik angesehen – aber es ist keine Einbahnstraße: Effektives Pacen gelingt nur, wenn man sich intensiv in sein Gegenüber einfühlt. Wenn man nun aber den Anderen wirklich versteht, mit ihm fühlt und sich auf seine Wellenlänge einstellt, wird man ihn kaum noch gegen seinen Willen beeinflussen wollen.
Frage: NLP ist eine »Technologie«, die sich aber mit dem Menschen befasst. Ohne eine Ethik sehe ich da große Gefahren. Gibt es eine »NLP-Ethik«?
Antwort: Der häufige Gebrauch des Worts »Bewusstseinstechnologie« im Zusammenhang mit NLP ist sicherlich in vielerlei Hinsicht irreführend und beschreibt nur einen kleinen, wenn auch interessanten Aspekt von NLP: NLP ist insofern eine »Technologie«, als dass Methoden und ihre Wirkungen klar nachvollziehbar und in sich logisch und damit vermittelbar dargestellt werden. In jeder anderen Hinsicht ist NLP alles andere als technisch – NLP hat stets den ganzen Menschen als Einheit von Körper, Seele und Geist, mit all seinen Bedürfnissen, mit all seinen Licht- und Schattenseiten im Auge, zielt stets auf das selbstbestimmte Wohl des Individuums und geht von einem positiven Menschenbild aus.
Die Grundannahmen des NLP mit ihrer Wertschätzung jedes Menschen, der Achtung vor seinem gewaltigen Potenzial und der Relativierung jedes dogmatischen und ideologischen Standpunkts beinhalten durchaus eine humanistische und konsequente Ethik.
Frage: Die Ratschläge zu Motivation und einer »Mission« klingen ja recht nett – aber ich kann doch nicht alles hinschmeißen und meine Arbeit aufgeben, auch wenn ich weiß, dass ich mit meiner Arbeit unzufrieden bin. Ist das nicht alles sehr unrealistisch?
Antwort: Kein NLP-Coach würde Ihnen sagen, dass Sie »alles hinschmeißen müssen«. NLP sagt Ihnen überhaupt nicht, was Sie tun müssen. Es hilft Ihnen, herauszufinden, was Sie wirklich wollen. Ihre Frage sagt uns, dass Sie das Buch (bzw. das Kapitel über Ziele) gelesen und darüber nachgedacht haben – aber ohne die Techniken und Übungen wirklich praktisch durchzuführen. Denn dann wäre Ihnen klar geworden, dass Sie:
• Ihre Arbeit tun wollen und Ihre Unzufriedenheit andere Gründe hat oder
• Ihre Arbeit »hinschmeißen«, weil Sie genau wissen, was Sie wirklich tun wollen und sich ein Ziel gesetzt haben, das Ihnen das Aufgeben Ihrer bisherigen Tätigkeit selbstverständlich macht.