Frank Treichler ist Trainer für Programme zur Bildbearbeitung und hat dazu verschiedene Bücher verfasst, u. a. zu Lightroom und Luminar, die von Anfängern und fortgeschrittenen Benutzern für ihre Praxisnähe und konkreten Tipps gelobt werden. www.help-edv.de
Sascha Erni ist freier Fotoreporter und Journalist in der Schweiz. Als überzeugter Nutzer und langjähriger »Ambassador« von Capture One ist ihm das Programm so vertraut wie die Schalter und Knöpfe an seinen Kameras.
Zu diesem Buch – sowie zu vielen weiteren dpunkt.büchern – können Sie auch das entsprechende E-Book im PDF-Format herunterladen. Werden Sie dazu einfach Mitglied bei dpunkt.plus+: www.dpunkt.plus |
Verstehen und anwenden
Frank Treichler, c1@help-edv.de
Sascha Erni, rb@nggalai.com
Lektorat: Barbara Lauer
Copy-Editing: Alexander Reischert, www.aluan.de
Satz: Ulrich Borstelmann, www.borstelmann.de
Herstellung: Stefanie Weidner, Frank Heidt
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
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ISBN:
Print 978-3-86490-838-5
PDF 978-3-96910-158-2
ePub 978-3-96910-159-9
mobi 978-3-96910-160-5
3. Auflage 2021
Copyright © 2021 dpunkt.verlag GmbH
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Der Vorgänger dieses Buches hat bereits einige Jahre auf dem Buckel: »Praxis Capture One Pro 10« erschien 2017 in zweiter Auflage beim dpunkt. verlag. Seither ist nicht nur einige Zeit vergangen, sondern die beliebte Bildbearbeitungssoftware des dänischen Fotospezialisten Phase One durchlief auch viele Evolutionsstufen. Evolution, nicht Revolution – am gelungenen Grundkonzept der Software änderte sich glücklicherweise nur wenig. Trotzdem war es an der Zeit, »Praxis Capture One Pro« zurück in die Zukunft zu holen. Und genau das haben wir in gemeinsamer Arbeit getan.
»Capture One Pro Version 21 – Verstehen und anwenden« hat das zentrale Wort bereits im Titel: Verstehen. Uns ging es nicht darum, eine einfache Benutzungsanleitung herunterzuschreiben. Das Buch entstand nicht als theoretisches Konstrukt, sondern ist tief in der praktischen Arbeit verwurzelt. Als Fotoreporter schickt Sascha seit vielen Jahren seine Bildstrecken durch Capture One. Frank hat sich als Trainer und Autor mehrerer Bildbearbeitungsbücher einen Namen gemacht – und sorgt so dafür, dass das Buch nicht in der Betriebsblindheit einer einfachen Neuauflage an Relevanz verliert. Im Gegenteil – er hat das Buch von Grund auf neu aufgebaut. Unsere jeweils persönlichen Blickwinkel haben wir gelegentlich in kurzen Statements zum Ausdruck gebracht – denn bekanntlich führen viele Wege nach Rom.
Was will das Buch nun sein? Und weshalb sollten Sie es lesen? Capture One ist eine über Jahre gewachsene Fotoanwendung. Es braucht Zeit, manchmal sehr viel Zeit, um die Zusammenhänge zu verstehen und so das Beste aus Capture One herauszuholen. Auch langjährige Nutzer haben noch den einen oder anderen Knoten im Gehirn, hadern mit manchen Konzepten oder beißen zwischendurch in die metaphorische Tischplatte, weil Capture One nicht das tut, was sie möchten.
Und genau hier setzen wir an: Konzentriert auf einigen Hundert Seiten finden Sie Hinweise, Beispiele und Erklärungen, die Ihnen helfen, diese Einarbeitungs- und Lernzeit deutlich zu verkürzen. Sie sollen Capture One verstehen, nicht nur bedienen können. Auch wenn in den vielen Praxisbeispielen sehr konkret Funktionsnamen und Position von Knöpfen und Schaltern beschrieben sind, geht es eigentlich um das Denken dahinter: Wie gehe ich an eine Aufgabe heran? Wie funktioniert ein bestimmtes Werkzeug, wann setze ich es am sinnvollsten in meinem ganz persönlichen Workflow ein?
Mit den beschriebenen Konzepten werden also der Zugang zu und die Vertiefung in Capture One vereinfacht und beschleunigt, weil Sie Hintergründe und Herangehensweisen nicht mehr durch Erraten, abgesendete Supportanfragen oder Experimente aus der manchmal etwas störrischen Software kitzeln müssen. Das haben wir während eines Jahrzehnts bereits für Sie erledigt.
Kurz und bündig: Dieses Buch ist keine Anleitung. Es ist ein Lehr- und Arbeitsmittel für den gekonnten Umgang mit Capture One. Und, wie wir hoffen, eines, das nicht allzu trocken und besserwisserisch daherkommt. Ob wir dieses Ziel erreicht haben? Sagen Sie es uns.
Frank Treichler
c1@help-edv.de
Sascha Erni
rb@nggalai.com
Vorwort
1Capture One – der Einstieg
1.1An wen richtet sich Capture One?
1.2Wie Capture One funktioniert
1.3Was brauchen Sie?
1.4Welche Version darf es sein?
»Single User« vs. »Multi User«
Allgemein oder kameraspezifisch
Abo-Version vs. Kauf-Version
1.5Die Workflow-Pipeline
2Capture One kennenlernen und einrichten
2.1Die Oberfläche kennenlernen
2.2Werkzeuge
Werkzeugoptionen
Benutzervoreinstellungen (Hamburger-Menü)
Aktionsmenü
Workshop: Anpassungen zuweisen
Regler bedienen
2.3Arbeitsfläche anpassen
Workshop: Ein eigenes Werkzeugregister erstellen
2.4Die Ansichten in Capture One
Viewer und Browser
Unterstützende Ansichten
Spezielle Ansichten
Zoomen in Capture One
Den Browser anpassen
2.5Die Voreinstellungen
Allgemein
Darstellung
Bild
Aufnehmen
Farbe
Belichtung
Zuschneiden
Fokus
Warnungen
Updates
Plugins
2.6Die Render-Pipeline aus der Vogelperspektive
2.7Hier finden Sie Hilfe
3Die Bibliothek
3.1Katalog – der Verwalter Ihrer Fotos
Drei Katalogszenarien
Katalogordner
3.2Importieren – Katalog und Fotos zusammenbringen
Einstiegsordner anlegen
Workshop: Grundstruktur einrichten
Neuen Katalog anlegen
Workshop: Katalog anlegen
Fotos importieren
Workshop: Speicherkarte einlesen
Das Import-Dialogfenster
3.3Sitzungen – die projektbezogene Lösung
Sitzungsordner
Sitzungsalben
Das EIP-Format
3.4Ordner und Systemordner
3.5Fotos verschlagworten, markieren und bewerten
Fotos verschlagworten
Workshop: Schlüsselwörter vergeben
Fotos markieren und bewerten
Workshop: Farbmarkierung per Tasten aufrufen
3.6Benutzersammlungen
Was sind Benutzersammlungen?
Album
Workshop: Alben erstellen und befüllen
Mehr Struktur: Projekt und Gruppe
Workshop: Alben strukturieren
Intelligente Alben
Workshop: Album mit Kameramodell erstellen
3.7Filter und Suche
Das Filter-Werkzeug
Eine Suche starten
Suche für Alben nutzen
Suchen in Gruppen und Projekten
3.8Daten sichern mit Capture One
4Bildaufbau verändern
4.1Zuschneiden, Seitenverhältnisse, Hilfslinien und Raster
Beschnitt und die Sache mit den Seitenverhältnissen
Raster und Hilfslinien
4.2Drehung und Spiegelung – wie Sie Bilder begradigen
Drehen und gerade richten
Von links nach rechts, von oben nach unten: Fotos spiegeln
4.3Trapezkorrektur
Workshop: Weitwinkelbild entzerren
5Farbe und Licht
5.1Grundlagen: Render-Engine, ICC-Profile und Gradation
5.2Histogramme einsetzen
Das Histogramm Belichtungsbeurteilung
Die Histogramme Tonwerte und Gradationskurve
Das Histogramm-Werkzeug
5.3Weißabgleich
Der Weißabgleich mit Graukarte
Der automatische Weißabgleich
Der manuelle Weißabgleich
5.4Belichtung, Kontrast, Helligkeit und Sättigung
5.5Exkurs: Schneller ans Ziel – Speed Edit nutzen
5.6Gradationskurve und Tonwerte verstehen
Workshop: Belichtungskorrektur und Tonwertkontrolle
5.7HDR
Workshop: HDR-Werkzeug einsetzen
5.8Klarheit
5.9Dunst entfernen – das Dehaze-Werkzeug
5.10Farbbalance
Workshop: Cross-Entwicklung mittels Farbbalance
5.11Farbeditor nutzen
Der Basisdaten-Modus
Der Erweitert-Modus
Der Hautton-Modus
Speichern und lokal anwenden
5.12Vignetten
5.13Schwarzweißkonvertierung
Workshop: Der Weg zum optimalen Schwarzweißbild – für Druck und Internet
6Partielle Bildbearbeitung
6.1Ebenen verstehen – Masken einsetzen
Ebenen erstellen und verwalten
Workshop: Farbbereich als Ebene ausgeben
Maskieren, Pinsel und Pinseloptionen
Workshop: Pinsel einsetzen
Verlaufsmaske
Allgemeine Maskenfunktionen
Praxiseinsatz: Anpassungsebenen einsetzen
Workshop: Landschaftsaufnahmen bearbeiten
Workshop: Maske dank Farbeditor
Luminanzbereiche maskieren
Workshop: Luminanzbereich zur Maskenerstellung nutzen
6.2Klon- und Reparaturebenen
Workshop: Objekt verdoppeln
7Schärfe und Bildrauschen
7.1Navigator und Fokus-Werkzeug
7.2Schärfen
Was ist Eingangsschärfung? Ein wenig Kameratechnik
Schärfung in Capture One verstehen
So finden Sie die optimalen Schärfeeinstellungen
Workshop: Ein Bild schärfen und als Standardeinstellung festlegen
7.3Rauschen reduzieren
7.4Single Pixel
7.5Erweiterte Rauschunterdrückung: Details und Korn
Filmkorn erklärt
Der richtige Weg zu knackigen natürlichen Bildern
Workshop: Schritt für Schritt zum geschärften Foto
Moiréreduktion
7.6Sensorflecken und andere Störenfriede entfernen
Workshop: Sensorfleck entfernen, störende Stelle beheben
Workshop: Sensorflecken enttarnen
8Anpassungen nutzen
8.1Stile und Voreinstellungen verstehen
8.2Voreinstellungen und Stile sichern, kopieren und anwenden
Workshop: Per Voreinstellung zu Bildvariationen
8.3Ordnung schaffen: Stile und Voreinstellungen organisieren
Workshop: Ordner und Inhalte strukturieren
9Objektivkorrekturen vornehmen
9.1Objektivkorrektur und -profile
9.2Verschiebung
9.3Purple Fringing oder violette Farbsäume
9.4LCC-Profile – die automatisierte Objektivkorrektur
LCC als Objektivprofil-Ersatz
Workshop: LCC-Profil erstellen
LCC für die Korrektur bestimmter Bilder
Workshop: LCC-Profile in einem Rutsch erstellen
10Mit Metadaten arbeiten
10.1Metadaten zuweisen, kopieren, löschen
Workshop: Mehrere Bilder mit denselben Metadaten versehen
10.2Die Arbeit mit hierarchischen und flachen Schlüsselwörtern
Workshop: Schlüsselwörter vergeben
10.3Kompatibilität der Metadaten mit Drittanwendungen
11Ausgabe und Stapel
11.1Allgemeines zur Ausgabe und zu Stapeln
11.2Was sind Rezepte – und wie verwalte ich sie?
11.3Verarbeitungsvorgabe (ohne »n«)
11.4Ausgabeordner
11.5Benennung der Ausgabedateien
11.6Verarbeitungsübersicht
11.7Ausgabe starten
Workshop: Workshop abschließen
11.8Vorgaben entfernen und hinzufügen
Workshop: Eigenes Rezept erstellen
11.9Stapel: Warteschlange und Verlauf
11.10Web-Kontaktabzug erstellen
11.11Druckausgabe
12Tethered Shooting
12.1Allgemeines zum verkabelten Fotografieren
12.2Sitzungen nutzen
Workshop: Ein Tethered Shooting starten
12.3Bilddateien verwalten
12.4Anpassungen: So vergeben Sie automatisch Stile bei der Aufnahme
12.5Die Arbeit an und mit der Kamera
12.6Capture Pilot – die App nicht nur fürs Studio
Workshop: Capture One-Server verwenden
Workshop: Bilder bewerten und aussortieren, ohne am Rechner zu sitzen
13Capture One und Drittsoftware
13.1Bilddatenbanken und DAM
13.2Plugins, Photoshop und andere Raw-Konverter
Workshop: Aus Capture One nach Silver Efex und zurück
13.3Scripting (AppleScript)
13.4Droplets nutzen
13.5Kataloge importieren aus Lightroom
Workshop: Katalog aus Lightroom nach Capture One importieren
14Was Sie auch wissen sollten…
14.1Mac oder PC?
14.2Systemanforderungen
14.3Capture One auf mehreren Geräten und im Netzwerk
14.4Capture One auf Reisen
14.5Farbverwaltung und ICC/ICM-Profile
14.6Monitor kalibrieren
14.7Grafiktabletts und andere Eingabegeräte
14.8Hilfreiches
Anhang
Die Workflow-Pipeline
Stichwortverzeichnis
Damit Sie Capture One möglichst effektiv einsetzen können, sollten Sie verstehen, wie die Software »tickt«. Auch ist es wichtig, dass bestimmte Begrifflichkeiten von vornherein klar sind, damit Sie sich beim Lesen dieses Buches schnell zurechtfinden. In diesem Kapitel werden daher grundsätzliche Dinge erläutert, die Ihnen den Einstieg in das Programm erleichtern sollen.
Capture One stammt aus dem Hause Phase One, einem Kamerahersteller aus Dänemark. Dort wurde schnell der Ruf nach einer Softwarelösung laut, die sich anfänglich an Besitzer der hauseigenen Kameras richtete. Schnell wurden aber auch Anwender anderer Kameras auf Capture One aufmerksam und Phase One entwickelte eine Version, die nun auch Hersteller wie Canon, Nikon, Leica etc. berücksichtigte. Anfänglich war das Programm vor allem auf die Zielgruppe der Fotografen zugeschnitten, die ihr Geld mit der Fotografie verdienen, um deren Studioalltag zu erleichtern. Dies zeigt sich immer noch in bestimmten Abläufen und Funktionen. So findet sich hier neben der vielleicht schon bekannten Katalogverwaltung etwa die ursprüngliche Form der Dateihandhabung über Sitzungen, die für Umsteiger von anderen Programmen möglicherweise irritierend erscheint. Auch das Farbmanagement, das sich konsequent an den Vorgaben des International Color Consortium (ICC) orientiert und für zuverlässige Druckergebnisse sorgt, mag zunächst ungewohnt sein. Aber keine Sorge: Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie sehen und verstehen, was das über die Jahre erweiterte Spektrum an Funktionen und Möglichkeiten heute bereithält und ermöglicht. Entsprechend findet Capture One zunehmend Verbreitung – auch bei denen, die semiprofessionell fotografieren und nicht nur im Studio arbeiten.
Bei Capture One handelt es sich im Kern um einen sogenannten Raw-Konverter, also ein Programm zur Entwicklung Ihrer Raw-Dateien. Über die Jahre kamen viele weitere Funktionen und Werkzeuge hinzu, sodass Capture One inzwischen zu einer mächtigen Bildbearbeitung geworden ist, die noch dazu Ihren gesamten Fotobestand verwalten kann.
Nichtdestruktive Arbeitsweise
Dabei ist eine grundlegende Arbeitsweise sehr wichtig: Ihre Raw-Dateien werden zu keiner Zeit verändert. Vielmehr protokolliert Capture One alle vorgenommenen Änderungen und weist sie der jeweiligen Raw-Datei »on top« zu, quasi als »Entwicklungsrezept«. Diese Art der Bildbearbeitung wird als nichtdestruktiv bezeichnet und auch von anderen Raw-Konvertern wie Lightroom »gelebt«. Aufgrund dieser Technik ist es auch möglich, dass Sie zu jedem Zeitpunkt Änderungen zurücksetzen und wieder auf den Originalzustand bzw. zuvor gemachte Anpassungen Ihres Raw-Fotos zugreifen können. Da die Anpassungen nicht in die Raw-Datei geschrieben, sondern fortlaufend intern protokolliert werden, müssen sie auch nicht gesondert gesichert werden. Daher gibt es auch keine klassische Speichern-Funktion. Das Protokoll wird entweder im sogenannten Katalog, der für die Verwaltung Ihrer Fotos zuständig ist, oder in einer internen Datenbank verwaltet – je nachdem, ob Sie im Katalog- oder im Sitzungsmodus arbeiten. Mehr zu Katalogen und Sitzungen finden Sie in Kapitel 3 ab Seite 61.
Protokoll ist nicht gleich Protokoll
Wenn Sie bereits mit Lightroom gearbeitet haben, dürften Sie sicherlich das dortige Protokoll schätzen gelernt haben. Es listet alle Arbeitsschritte auf und kann daher als Verlaufsprotokoll bezeichnet werden. Sie haben dadurch jederzeit Zugriff auf jeden Arbeitsstand und können bei Bedarf zu früheren Versionen zurückkehren. Solch ein Protokoll bietet Capture One nicht an, daher sollte die gerade erwähnte interne Protokollierung in Capture One auch nicht mit dem Verlaufsprotokoll in Lightroom verwechselt bzw. verglichen werden.
In beiden Fällen erfolgt die Verwaltung der Protokolle in einem programminternen Format. Dasselbe gilt für Metadaten wie Schlüsselwörter, Copyright oder Aufnahmeort. Wenn Sie mit Capture One arbeiten, fällt dies gar nicht auf, die Verknüpfung zwischen Anpassungen, Metadaten und Bild erfolgt »im Hintergrund«. Dies hat allerdings zur Folge, dass Sie Ihre Anpassungen nur in Capture One sehen. Bei der Weitergabe einer Raw-Datei wird daher beim Empfänger der Datei der Originalzustand angezeigt. Selbstverständlich können Sie aber das Ergebnis Ihrer Bearbeitung in Capture One ausgeben – hierzu muss das gewünschte Bild exportiert werden.
XMP und Metadaten
Um eine Raw-Datei inkl. der gemachten Änderungen weiterzugeben, müssen Sie dafür Sorge tragen, dass diese hierbei nach außen hin bekannt gemacht werden. Das übernehmen die XMP-Dateien, in denen die Änderungen hinterlegt werden. Solche Dateien werden Sidecars (deutsch »Seitenwagen«) genannt, denn sie tragen als »Anhängsel« denselben Namen und Speicherort wie die Originaldatei, einfach mit der Dateiendung .xmp.
Abb. 1.1: Raw-Dateien und deren XMP-Sidecars
Wenn Sie ausschließlich mit Capture One arbeiten, können Sie auf XMP-Sidecars verzichten – die Metadaten werden ja bereits als Teil des Katalogs bzw. der Sitzung geführt. Aus diesem Grund erzeugt Capture One standardmäßig keine XMP-Sidecars. Sie können aber jederzeit diese Dateien erzeugen bzw. bestehende XMP-Sidecars aktualisieren – und weil dies in der Praxis nicht selten vorkommt, gibt’s die notwendigen Infos dazu in Kapitel 10.3 ab Seite 400.
Nur im Duo komplett
Auch wenn es gerade schon angesprochen wurde: Raw-Dateien, die Sie in Capture One bearbeitet haben und an andere weitergeben wollen, zeigen dort nur dann die vorgenommenen Änderungen an, wenn Sie auch die dazugehörige XMP-Datei mitliefern. Das heißt, Sie synchronisieren die Metadaten innerhalb von Capture One und versenden dann die Raw-Datei inkl. der XMP-Datei, die ja den gleichen Namen trägt und somit nicht erst umständlich gesucht werden muss.
Capture One fühlt sich auf Windows-Rechnern genauso wohl wie auf einem Mac. Beide Varianten sollten über ein aktuelles Betriebssystem verfügen und Arbeitsspeicher von mindestens 8 Gigabyte (GB) verbaut haben. Dies entspricht der Minimalanforderung von Phase One – und es schadet keineswegs, gerade beim Arbeitsspeicher spendabler zu sein. Wenn Sie also 12, 16 oder sogar noch mehr GB zur Verfügung haben, wird sich Ihr Spaß an und mit Capture One merklich steigern. Ihre Grafikkarte sollte für Bildbearbeitung geeignet sein, ideal sind solche mit einer sogenannten OpenCL-Unterstützung, da diese die Last vom Arbeitsspeicher nehmen kann. Eine schnelle Festplatte – ideal sind SSD-Modelle – mit ausreichend Platz sollte ebenso vorhanden sein wie ein kalibrierter Monitor (besser sogar zwei). Zudem unterstützt Capture One auch Grafiktabletts und spezielle Eingabegeräte wie das Loupedeck+. Genaueres zur Spezifikation Ihres Rechners erfahren Sie in Kapitel 14.2 auf Seite 484, Infos zu Monitoren und der Kalibrierung sind in Kapitel 14.6 ab Seite 494 zu finden.
Auf Macs und PCs bietet Capture One praktisch denselben Funktionsumfang und lässt sich fast identisch bedienen. Die einzige Ausnahme: In der macOS-Version können Sie Capture One via AppleScript steuern, die PC-Version lässt sich dagegen nicht »skripten«, sondern höchstens mit Drittsoftware via Makros steuern (siehe Kapitel 13.3 ab Seite 470). Die Versionen unterscheiden sich ansonsten nur in Nuancen, darunter ein paar Tastaturkürzel und einige der mitgelieferten Arbeitsumgebungen – wir werden im Buch jeweils beide Varianten berücksichtigen und nennen.
Vielfältige Bildformate
Was aber mindestens genauso wichtig ist, sind Fotos – und die können in verschiedenen Formaten vorliegen. Gängige Raw-Dateien, z. B. von Nikon (.nef), Canon (.cr2, .cr3) oder Olympus (.orf) – um nur einige zu nennen –, lassen sich in Capture One genauso bearbeiten wie Dateien aus Photoshop (.psd), TIFF- und JPEG-Dateien. Und wem das noch nicht reicht, kann auf seine HEIC-Dateien zurückgreifen, die von den neueren Generationen von iPhone oder iPad erstellt werden können. Da es sich bei Capture One um einen Raw-Konverter handelt, ist es aber am besten, auch mit Raw-Dateien zu arbeiten. Nur hier haben Sie den Einfluss auf alle Dateiinformationen zu Farbe und Licht.
Neben all diese Dingen, die Sie für den Einsatz von Capture One benötigen, sollten Sie auch Spaß an der Arbeit mit Ihren Fotos mitbringen sowie die Bereitschaft, sich in die Welt von Capture One zu begeben.
Viele Fotografen haben heute mindestens zwei Rechner, an denen sie arbeiten. Dazu zählt ein Notebook für unterwegs, z. B. für mehrtägige Reportagen oder verkabeltes Fotografieren bei Kunden vor Ort. Und im Atelier oder Büro stehen noch ein, zwei Rechner für aufwändigere Bild- und Videoarbeiten. Die Lizenzbedingungen von Capture One ermöglichen Ihnen den Einsatz der Software auf mehreren Geräten.
Dabei unterscheidet Phase One zwischen »Single User« und »Multi User« bzw. zwischen Personen und Arbeitsplätzen. Die Standardlizenz ist personenbezogen: Sie dürfen Capture One auf zwei Geräten installieren, jedoch nicht gleichzeitig verwenden. Sobald mehrere Leute mit der Software arbeiten sollen, z. B. in einer Agentur, müssen Sie zu einer Multilizenz greifen. Diese beschränkt nicht die Anzahl der »Personen«, sondern die Anzahl der Arbeitsplätze, die sogenannten »Seats« – wer dann vor dem Rechner sitzt, ist Phase One egal.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet
Sie müssen nicht die Katze im Sack kaufen: Auf https://www.captureone.com/de/download-trial lässt sich eine kostenlose Testversion von Capture One herunterladen, die 30 Tage einsatzfähig ist und mit dem gesamten Funktionsumfang aufwartet. Nach den 30 Tagen können Sie entscheiden: kaufen oder deinstallieren.
Nach der Installation muss das Programm online aktiviert werden – hier wird auch nach dem Lizenzschlüssel gefragt, den Sie beim Kauf (und auch beim Bezug einer Testversion) erhalten. Die Server von Phase One Welche Version darf es sein? vergleichen dann die Anzahl an Aktivierungen mit der gekauften Lizenz. Was heißt das für Sie konkret? Sie können mit einer Einzellizenz Capture One problemlos auf dem Notebook und der Workstation einsetzen, genau für diesen Einsatzzweck erlaubt die Einzellizenz die Aktivierung auf zwei Geräten. Kommt aber ein dritter Rechner hinzu oder gar ein vierter in einem anderen Atelier, müssen Sie eine oder mehrere Installationen »deaktivieren« – oder zusätzliche Lizenzen erwerben. Dies erledigen Sie über den Menüpunkt Hilfe • Lizenz.
Abb. 1.2: Das Lizenz-Fenster zeigt Ihnen an, wann und wie oft Sie Capture One bereits aktiviert haben und wie viele Aktivierungen Ihnen noch bleiben.
Haben Sie etwas vergessen?
Sie haben Ihren alten Rechner »plattgemacht« und verkauft – aber vergessen, zuvor Capture One zu deaktivieren? Keine Panik. Melden Sie sich auf www.captureone.com an. Über Lizenzen verwalten erhalten Sie eine Übersicht über alle Ihre Lizenzen und deren Aktivierungen und können vergessene Deaktivierungen auch über den Webbrowser nachholen. Klicken Sie hierfür auf Lizenzverlauf und deaktivieren Sie die entsprechenden Geräte. Wie Sie, abgesehen vom Lizenzrechtlichen, mit Capture One auf mehreren Geräten arbeiten, zeigen wir in Kapitel 14.3 ab Seite 488.
Capture One wird in unterschiedlichen Versionen angeboten. So erhalten Sie mit Capture One Pro eine Anwendung, die die Kameras aller großen Hersteller unterstützt. Daneben gibt es für drei Kamerahersteller, nämlich Sony, Fujifilm und Nikon, eine für deren Kameras reduzierte Lösung. Der Leistungsumfang ist jeweils identisch, es lassen sich aber nur Dateien der jeweiligen Kamera bearbeiten – dafür werden diese spezifischen Lösungen auch günstiger angeboten. Nutzer einer Sony- oder Fuji-Kamera können sich zudem über eine kostenlose, funktionsreduzierte Express-Version freuen.
Anders als Adobe, dessen Programm Lightroom seit ein paar Jahren nur noch als Miet-Software erhältlich ist, geht Phase One mit Capture One einen zweigleisigen Weg: Sie können eine Software-Lizenz kaufen oder mieten – egal ob Sie sich für die »globale« Lösung Capture One Pro oder für die kameraspezifische Variante (z. B. Capture One für Fujifilm) entscheiden. Die Kaufversion hat den Vorteil, dass die Software in Ihrem Besitz ist und Sie bei Nichtgefallen kein Abo kündigen müssen. Es gibt aber auch einen Nachteil: Während Sie bei der Abo-Version immer die aktuellsten Neuerungen nutzen können, ist die Kaufversion auf die Version zum Zeitpunkt der Lizenzierung beschränkt. Wollen Sie ein »großes« Update auf eine neue Versionsnummer durchführen, müssen Sie Capture One dann neu erwerben. Als »Bestandskunde« erhalten Sie aber spezielle Update-Preise, d. h., Sie müssen dann nicht den Preis einer Neuanschaffung zahlen. Updates innerhalb einer Versionsnummer (z. B. von 21.2 auf 21.3) sind allerdings beim Kauf inbegriffen.
Wie eingangs erwähnt, wollen wir Ihnen den Einsatz von Capture One verständlich und zielorientiert vermitteln. Grundlage, quasi der rote Faden, soll die »Workflow-Pipeline« sein. Wir verwenden diesen Begriff, um zu beschreiben, in welcher Reihenfolge Ihre Bilder durch die verschiedenen Module, Werkzeuge und Arbeitsschritte in Capture One wandern, vom Import oder dem ersten Öffnen eines Bildes bis zum Druck oder der Ausgabe sowie der Archivierung. Daraus ergibt sich die Reihenfolge der in den folgenden Kapiteln behandelten Werkzeuge und Arbeitsschritte. Sie werden der Workflow-Pipeline entsprechend immer wieder begegnen.
Zusätzlich werden Sie in Kapitel 2.6 ab Seite 56 die Render-Pipeline von Capture One kennenlernen. Sie soll Ihnen die Art und Weise erläutern, wie verschiedene Farb- und Geräteprofile im Raw-Entwickler verknüpft sind, um aus Rohdaten ein für Menschen sichtbares Bild zu erzeugen.
Wie Sie in Kapitel 2 erfahren werden, lässt sich Capture One sehr frei an Ihre Arbeitsweise anpassen: Werkzeuge, Register und die Aufteilung und Ansicht der Oberfläche können Sie positionieren oder definieren, wie es Ihnen gefällt. Auch in welcher Reihenfolge Sie an Sitzungsprojekte gehen oder im Katalog werkeln möchten: Ob Sie zuerst verschlagworten, dann die Basisentwicklung vornehmen und am Ende alle Bilder nach Schwarzweiß konvertieren oder alles anders herum erledigen – das kümmert Capture One nicht. Jedenfalls in der Theorie.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Reihenfolge, in der Sie die Arbeitsschritte erledigen, mal besser und mal weniger gut ausfallen kann. Wie zu Beginn dieses Kapitels angerissen, spielt dabei auch Ihre Hardwareausstattung eine Rolle: Das Filmkorn-Werkzeug (wir behandeln es in Kapitel 7.5 ab Seite 319) beispielsweise kostet ohne OpenCL-Unterstützung viel Leistung und würde Sie bei darauffolgenden Arbeitsschritten unnötig ausbremsen, wenn Sie sich bereits als ersten Schritt damit befassen würden.
Aber auch von der Arbeitsmethodik her gibt es Punkte, die Sie bedenken sollten: Ergibt es z. B. Sinn, dass Sie sämtliche Bilder ausführlich mit Schlüsselwörtern versehen (siehe Kapitel 10.2 ab Seite 385), wenn Sie dann im Anschluss die Hälfte der Fotodateien als Ausschuss aus Ihrem Katalog entfernen? Wenn Ihr Sitzungsziel eine Sammlung von Schwarzweißbildern ist, brauchen Sie sich nicht um eine superexakte Weißpunktkorrektur (siehe Kapitel 5.3 ab Seite 160) zu kümmern – müssen dafür aber genauer auf die Histogramme achten (siehe Kapitel 5.2 ab Seite 155). Und so weiter und so fort. Kurz: Auch wenn Sie in Capture One so arbeiten können, wie Sie es wollen oder von anderen Programmen wie Lightroom gewohnt sind, sollten Sie die Reihenfolge, in der Ihre Bilder durch Capture One geschleust werden, optimieren. Hier hilft Ihnen die Workflow-Pipeline in Abbildung 1.3: Arbeitsschritte und Aufgaben sind dort in Weiß gehalten, konkrete Werkzeuge bzw. Register erkennen Sie an der gelben Füllung. Die Objektivkorrektur findet sich zweimal im Diagramm: Denn die dazugehörigen Werkzeuge decken zwei unterschiedliche Aufgabenbereiche ab. Die Ausführung von Arbeitsschritten hat Einfluss auf die Metadaten – daher sind diese seitlich neben der Workflow-Pipeline angeordnet.
Abb. 1.3: Die Workflow-Pipeline aus der Vogelperspektive
So oder anders
Es gibt kein »Richtig« bei der Verkettung der einzelnen Arbeitsschritte, kein Workflow ist in Stein gemeißelt »perfekt«. Jede Fotografin, jeder Mediengestalter, jeder Fotograf und jede Gruppenleitung muss situativ, auf das aktuelle Projekt bezogen, entscheiden: Wie gehen wir vor? Das Konzept der Workflow-Pipeline will Ihnen helfen, diese Planung geordnet und möglichst einfach vorzunehmen. Vielleicht kommt am Ende für Sie persönlich dabei heraus: Ich kann immer genau gleich, in derselben Reihenfolge der Arbeitsschritte, arbeiten. Gut! Aber falls Sie dann an andere, ungewohntere Aufgaben herantreten, wird Ihnen das Verständnis der einzelnen Module der Pipeline dabei helfen, Ihren Workflow zu optimieren.
Beim ersten Start von Capture One werden Sie möglicherweise von den vielen Elementen überwältigt sein. Lassen Sie sich aber nicht entmutigen – denn die Oberfläche von Capture One lässt sich an Ihre Bedürfnisse anpassen und so können Sie sich je nach Bedarf eine individuelle Arbeitsumgebung einrichten.
Abb. 2.1: Die Programmoberfläche von Capture One
Die Programmoberfläche von Capture One ist in die folgenden Bereiche aufgeteilt:
Abb. 2.2: Die Menüleiste
Abb. 2.3: Die Symbolleiste beinhaltet auch die Mauszeiger-Werkzeuge.
Abb. 2.4: Das aktive Mauszeiger-Werkzeug wird in Orange angezeigt.
Abb. 2.5: Das Werkzeugregister »Belichtung« ist aktiv.
Abb. 2.6: Die Werkzeuge des Belichtung-Registers
Abb. 2.7: Der Browser verschafft Ihnen einen Überblick über den Bildbestand.
Abb. 2.8: Der Viewer kann als Herzstück der Programmoberfläche bezeichnet werden.
Selbstverständlich besitzt jedes Werkzeug unterschiedliche Funktionen und Regler. Dennoch gibt es allgemeine Herangehensweisen bzw. Handhabungen, die für alle Werkzeuge gelten. Machen Sie sich mit diesen Grundlagen vertraut, damit Sie die Werkzeuge zielführend einsetzen können.
Jedes Werkzeug ist in einer Palette untergebracht, die den Namen des Werkzeugs trägt. Vor dem Namen erkennen Sie einen Pfeil. Zeigt dieser auf den Namen, ist die Palette zugeklappt (auch »reduziert« genannt) und zeigt keine Regler etc. an. Durch einen einfachen Klick auf den Werkzeugnamen wird die Palette aufgeklappt (erweitert) und Sie können Anpassungen vornehmen. Der Pfeil vor dem Namen zeigt in diesem Status nach unten.
Abb. 2.9: Titelleiste eines Werkzeugs, hier exemplarisch das Belichtung-Werkzeug
Im rechten Bereich der Titelleiste der Palette befinden sich u. a. Symbole der Werkzeugoptionen. So finden Sie dort z. B. beim Weißabgleich den Zauberstab, der eine automatische Anpassung vornimmt. Das Zauberstab-Symbol finden Sie auch in der Programm-Symbolleiste (siehe Punkt 2 in Abbildung 2.1), über dieses Symbol können aber mehrere automatische Anpassungen vorgenommen werden. Der Zauberstab beim Werkzeug führt nur dessen Anpassung automatisch aus.
Abb. 2.10: Der Zauberstab in der Symbolleiste kann für mehrere Anpassungen herangezogen werden …
Abb. 2.11: … während er in der Palette nur die betreffende Anpassung ausführt.
Der Doppelpfeil hinter dem Werkzeugnamen gehört auch zu diesen Werkzeugoptionen und führt einen Kopiervorgang der vorgenommenen Einstellungen für das betreffende Werkzeug aus. Sie können auf diese Weise eine Anpassung auf ein anderes Foto übertragen. Das vergleichbare Symbol in der Symbolleiste kopiert alle an einem Foto vorgenommenen Anpassungen und weist sie einem anderen Foto zu.
Anpassungen lassen sich nicht nur global über einen Klick auf das gleichnamige Symbol in der Symbolleiste widerrufen, sondern können auch gezielt für ein Werkzeug rückgängig gemacht werden. Hierfür klicken Sie auf das Zurücksetzen-Symbol hinter dem Werkzeugnamen. Alle anderen Anpassungen sind von diesem Widerruf nicht betroffen.
Wenn Sie bei gedrückter -Taste das Zurücksetzen-Symbol eines Werkzeugs anklicken und dabei die Maustaste nicht loslassen, wechseln Sie temporär zur Sicht ohne die Auswirkungen des Werkzeugs. So können Sie sehr schnell eine Korrektur einschätzen, ohne diese zurückzusetzen.
Abb. 2.12: Werkzeuge können zurückgesetzt werden.
Hinter dem Zurücksetzen-Symbol befindet sich bei den meisten Werkzeugen ein sogenanntes Hamburger-Menü (die drei Striche des Symbols ähneln den drei Schichten eines Hamburgers, daher der Name). Dieses dient u. a. zur Erstellung von benutzerdefinierten Voreinstellungen (auch Presets genannt – daher wird dieses Menü in Tutorials etc. auch gerne als Preset-Menü bezeichnet), d. h., mit einem Werkzeug vorgenommene Anpassungen können gespeichert und später auf andere Fotos angewendet werden.
Abb. 2.13: Sichern Sie Anpassungen als Benutzervoreinstellung.
Die Voreinstellungen lassen sich dann über einen Klick auf das Hamburger-Menü zuweisen. Alternativ dazu können Sie alle Voreinstellungen über das Register Anpassungen aufrufen – hier finden Sie die eigenen Voreinstellungen im Bereich Benutzervoreinstellungen. Mehr zum Register Anpassungen finden Sie in Kapitel 8 ab Seite 341.
Abb. 2.14: Ihre Benutzervoreinstellungen können Sie im Register »Anpassungen« aufrufen und zuweisen.
Benutzervoreinstellungen weitergeben
Ihre Benutzervoreinstellungen werden im Benutzerverzeichnis (Windows: C:\Users\info\AppData\Local\CaptureOne\Presets60, Mac: ~/Library/Application Support/Capture One/Presets60) als Dateien abgelegt. Hier werden diese nach Werkzeugname in eigenen Ordnern abgelegt und können bei Bedarf kopiert werden, etwa um sie auch auf einem weiteren Gerät zu nutzen. Haben Sie z. B. eine Anpassung im Weißabgleich-Werkzeug als Benutzervoreinstellung vorgenommen, finden Sie diese im Verzeichnis C:\Users\info\AppData\Local\CaptureOne\Presets60\White Balance (unter Windows) bzw. ~/Library/Application Support/Capture One/Presets60/ White Balance (beim Mac).
Sie können pro Werkzeug beliebig viele Voreinstellungen erstellen und jeweils eine davon anwenden. Wollen Sie mehrere Voreinstellungen innerhalb eines Werkzeugs kombinieren, müssen Sie die Option Voreinstellungen stapeln aktivieren. Diesen Befehl finden Sie auch über einen Klick auf das Hamburger-Menü eines Werkzeugs.
Bitte beachten Sie, dass Sie nur in ausgewählten Werkzeugen die Anpassung als Benutzervoreinstellung speichern können. Da eine Voreinstellung für das Werkzeug Ebenen keinen Sinn ergeben würde, ist dort keine Speicherung vorgesehen.
Beim Werkzeug Belichtung können Sie neben den Benutzervoreinstellungen über das Hamburger-Menü auch mitgelieferte oder nachträglich installierte Presets, z. B. Simple B&W high contrast, verwenden, um so auf die Schnelle einen neuen Bildlook zu erhalten. Das Thema Benutzervoreinstellungen behandeln wir in Kapitel 8.2 ab Seite 344.
Abb. 2.15: Nutzen Sie voreingestellte Presets.
Ruhig Blut!
Manche Optionen werden Ihnen erst angezeigt, wenn Sie mit der Maus klicken und kurz warten. Dieses Verhalten finden Sie z. B. beim Ebenen-Werkzeug oder den Mauszeiger-Werkzeugen. Wir weisen aber jeweils darauf hin, sobald Sie diese Bestandteile im Einsatz kennenlernen.
Das Aktionsmenü (Drei-Punkte-Symbol) gehört zu den Symbolen, die bei jedem Werkzeug wählbar sind. Allerdings unterscheiden sich die hinterlegten Optionen teilweise. Bei allen Werkzeugen können Sie hierüber das Werkzeug in den feststehenden Bereich verschieben bzw. von dort in den scrollbaren Bereich verfrachten. Auch das Entfernen eines Werkzeugs ist hierüber bei allen Werkzeugen möglich. Lesen Sie hierzu auch Kapitel 2.3 ab Seite 22.
Bei einigen Werkzeugen, bei denen Änderungen an einem Foto vorgenommen werden, z. B. Belichtung, können Sie über das Aktionsmenü die Einstellung als Standard festlegen. Dieser Standard bezieht sich dann aber nicht auf alle Fotos, sondern gilt nur für Fotos der gleichen Kamera bzw. teilweise des gleichen Dateityps. Daher ist der Befehl interaktiv und zeigt die »Gruppe« an, auf die sich der Standard beziehen wird. So wurde bei einem Foto aus einer Canon 6D Mark II eine Korrektur der Belichtung vorgenommen. Über einen Klick auf das Drei-Punkte-Symbol kann dann der Befehl Als Standard speichern für Canon 6D Mark II gewählt werden. Würde es sich bei dem Foto um ein JPEG-Format handeln, wäre hier Als Standard speichern für Jpeg File als Option zu sehen.
Abb. 2.16: Anpassungen lassen sich als Standard definieren – z. B. für ein spezielles Kameramodell.
Sobald Sie sich für diese Option zur Änderung des Standards entscheiden, erscheint eine Meldung, dass besagter Standard geändert wurde und Sie über einen Klick auf Zuweisen allen ausgewählten Fotos den Standard zuweisen können. Sind keine weiteren Fotos ausgewählt, wird der Standard nicht zugewiesen. Um eine Zuweisung nachträglich vornehmen zu können, wählen Sie ein gewünschtes Foto der gleichen Kamera bzw. des gleichen Dateityps (z. B. bei JPEG) aus und klicken im Aktionsmenü des betreffenden Werkzeugs auf Standard zuweisen.
Auch wenn die Festlegung eines Standards verlockend wirken kann, sollten Sie dies mit Bedacht tun. Denn die Änderung des Standards hat Auswirkung auf alle Fotos der gleichen Kamera bzw. des Dateityps, wenn diese importiert werden. Das heißt: Wenn Sie bei einem JPEG-Foto im Werkzeug Belichtung das Preset B&W high contrast wählen, um ein kontrastreiches Schwarzweißfoto zu erhalten, und dies als Standard festlegen, werden alle JPEG-Fotos nach dem Import automatisch mit dem Preset versehen.
Dennoch kann die Zuweisung eines neuen Standards sehr hilfreich sein, wenn bestimmte Probleme einer Kamera bekannt sind. So können Sie z. B. im Werkzeug Rauschreduzierung einen Wert festlegen und als Standard festlegen, wenn Sie mit dem Rauschverhalten Ihrer Kamera unzufrieden sind und nicht jedes Mal von Hand das Rauschen reduzieren möchten.
Frank meint:
Da sich die Änderung des Standards auf alle Fotos einer Kamera bzw. eines Dateityps auswirkt, würde ich Ihnen empfehlen, eine Anpassung nicht als Standard festzulegen, sondern diese als Voreinstellung (Preset) zu hinterlegen. So können Sie diese jederzeit einem Foto zuweisen bzw. bereits beim Import hinterlegen. Sie sind dadurch flexibler als über einen geänderten Standard.
Sascha meint:
Die Standardfestlegung ist dann sinnvoll, wenn Sie beruflich oder aus ästhetischen Gründen darauf angewiesen sind, dass alle Ihre Bilder exakt dieselbe »Grundentwicklung« durchlaufen. Zum Beispiel liefert die Kurven-Option Auto im Basismerkmale-Werkzeug zwar schön knackige Bilder fürs Web oder den digitalen Bilderrahmen – wenn Sie aber zu 99% für Zeitungen arbeiten, die im Offset gedruckt werden, dürften Sie und Ihre Blattmacherin glücklicher werden, wenn Sie standardmäßig linear auswählen.
Lassen Sie uns exemplarisch die Anpassung, die bei einem Foto durchgeführt wurde, auf andere Fotos übertragen.
Wählen Sie im Browser ein Foto aus, das Sie bearbeiten möchten. Halten Sie die -Taste gedrückt und klicken Sie auf ein weiteres Foto im Browser. Beide Fotos werden mit einem weißen Rahmen versehen.
Wechseln Sie in das Register Belichtung und dort zum Werkzeug Weißabgleich. Ziehen Sie den Regler Kelvin ganz nach links. Das Foto mit dem dickeren weißen Rahmen (das aktive Foto) wird daraufhin »kühl«.
Klicken Sie auf den Doppelpfeil hinter dem Werkzeugnamen. Achten Sie darauf, dass im erscheinenden Dialogfenster vor dem Eintrag Weißabgleich ein Haken gesetzt ist, damit die Anpassung berücksichtigt wird. Klicken Sie dann auf Zuweisen, um die Anpassung auf das andere Foto zu übertragen.
Ziehen Sie den Regler Farbton ganz nach links. Halten Sie die -Taste gedrückt und klicken Sie auf den Doppelpfeil. Auf diese Weise wird die Anpassung direkt auf alle ausgewählten Fotos übertragen, ohne dass das Dialogfenster erscheint.
Was bewirkt die -Taste?
Beim Klick auf den Doppelpfeil können Sie auch die