Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2020 Berend Breitenstein
Umschlagdesign: Ryan Lause
Model: Berend Breitenstein
Schlussredaktion: Stephanie Reichard
Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7526-0078-0
Der Inhalt dieses Buches basiert auf meinen persönlichen Erfahrungen als Athlet und Ernährungswissenschaftler.
Bevor Sie die in diesem Buch gemachten Trainings- und Ernährungsempfehlungen in die Praxis umsetzen, ist es empfehlenswert, Ihre Gesundheitstauglichkeit durch einen Arzt untersuchen zu lassen.
Die in diesem Buch empfohlenen Nahrungsergänzungen stehen nicht auf der Liste der verbotenen Substanzen der GNBF e. V. (German Natural Bodybuilding & Fitness Federation – www.gnbf.de) und sind daher mit dem Gedanken des dopingfreien, gesunden Bodybuildings gänzlich vereinbar. Hinsichtlich der Zulassung einzelner Produkte kann die Rechtslage in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern durchaus anders sein. Ich übernehme keinerlei Haftung für entstandene Schäden, die aus einem Verstoß gegen die lebensmittelrechtlichen oder sonstigen Bestimmungen im Land des Anwenders entstehen.
Der Herausgeber, die Firma Books on Demand in Norderstedt, und ich als Autor übernehmen keinerlei Haftung für eventuelle Schäden, die durch unsachgemäße Anwendung der Inhalte in diesem Buch auftreten können.
Berend Breitenstein, geboren am 11.06.1964 in Hamburg, ist seit seinem 14. Lebensjahr Natural Bodybuilder. Sein Wettkampfdebüt gab er 1979 im Alter von 15 Jahren beim Mr. Hamburg Junior. Von 1998 bis 2012 nahm er an Natural-Bodybuilding-Profi-Wettkämpfen in den USA und auf Barbados teil. Bei seinem bisher letzten Wettkampf im Jahr 2014 im slowakischen Nitra erreichte er mit dem 4. Platz unter 11 Teilnehmern das Finale der Weltmeisterschaft für Athleten über 50 Jahre.
Nach seinem Studienabschluss der Ernährungswissenschaften im Jahr 1992 machte er sich als Personal Coach für Natural Bodybuilding selbstständig und begann als freier Autor mit dem Schreiben von Artikeln für diverse Fachmagazine, z. B. „Men's Health", „Shape up", „Olympian's News" und das „BMS-Magazin".
Von 2010 bis 2014 war er Chefredakteur des in diesem Zeitraums erschienenen Magazins „NBB & F" (Natural Bodybuilding & Fitness).
Bis heute sind 21 Bücher von ihm zum Thema gesundes, dopingfreies Bodybuilding erschienen, die in zahlreichen europäischen Ländern und auf dem englischsprachigen Markt publiziert werden.
Berend Breitenstein ist Gründer und Präsident der seit 2003 existierenden GNBF e. V. (German Natural Bodybuilding & Fitness Federation).
Seit 2020 ist Berend Breitenstein Host des GNBF e. V.-Podcasts „Natural Bodybuilding & Fitness". Seit 2020 erscheint die von ihm gegründete „Lifetime Natural Bodybuilder" Merchandising-Linie.
Weitere Informationen unter:
www.berend-breitenstein.com
www.gnbf.net
Heute, mit 56 Jahren, zähle ich nicht mehr zu den jungen Athleten – aber dennoch bin ich immer noch Athlet! Und das seit mittlerweile über 40 Jahren. Natural Bodybuilding ist meine Art zu leben. Meine zahlreichen bisherigen Bücher zum Thema gesunder Muskelaufbau, die im Zeitraum von 1996 bis 2014 veröffentlicht wurden, beschreiben, wie ohne die Einnahme von Dopingmitteln – und demzufolge der Vermeidung der mit solchen Präparaten einhergehenden Gesundheitsgefährdungen – sehr gute Ergebnisse im Muskelaufbau und Körperfettabbau erzielt werden können.
Mit diesem Werk erscheint mein 21. Buch über Natural Bodybuilding, welches sich insbesondere allen männlichen Athleten ab dem 40. Lebensjahr widmet, aber natürlich können auch Athleten jüngeren Alters von den Inhalten dieses Buches profitieren. Da ich nur über das schreibe, was ich selbst auch erlebt habe bzw. erlebe, ist die Zeit nun gekommen, meine Erfahrungen bezüglich des Trainings, der Ernährung, der mentalen Verfassung und des Hormonhaushaltes speziell für den Zeitraum nach dem Erreichen des 40. Lebensjahrs niederzuschreiben. Dabei kann ich das Rad natürlich nicht neu erfinden. Dieses Buch beinhaltet demzufolge auch eine Vielzahl der Themen, die bereits in meinen anderen Büchern beschrieben wurden. Der Unterschied im Vergleich zu meinen bisherigen Publikationen liegt insbesondere darin, dass die in diesem Buch beschriebenen Grundlagen der Trainings- und Ernährungslehre im Natural Bodybuilding durch spezifische Tipps und Empfehlungen für den dopingfreien Bodybuilder ab 40 Jahren komplettiert werden.
Die am Ende dieses Buches veröffentlichten Athleten-Porträts zeigen zusätzlich eindrucksvoll, was noch alles möglich ist im Natural Bodybuilding – und das auch in nicht mehr ganz jungen Jahren.
Ich würde mich freuen, wenn Sie, lieber Leser, aus den folgenden Seiten dieses Buches einige Anregungen entnehmen können, durch die Sie Ihr Training und Ihre Ernährung, vielleicht sogar auch Ihren Lifestyle, überdenken und verbessern, sodass Sie nicht nur Ihre körperlich optischen Ziele erreichen, sondern vor allem auch möglichst lange physisch und psychisch gesund und vital bleiben.
Schreiben Sie mir gerne eine Nachricht via E-Mail an berend@gnbf.de und teilen Sie mir auf diesem Wege mit, welche Erfahrungen Sie als älter werdender Natural Bodybuilder gemacht haben. Ich freue mich natürlich auch auf Ihre Nachricht, wenn Sie zu den jüngeren Athleten gehören und mir schreiben, inwieweit die Inhalte dieses Buches für Sie nützlich sind bezüglich des Erreichens Ihrer persönlichen Zielsetzung als Natural Bodybuilder.
Ich persönlich habe für mich schon lange die Entscheidung getroffen, weder „dick und alt" noch „dünn und alt" zu werden. Ich möchte möglichst lange gesund und leistungsfähig bleiben und dabei ein gutes Maß meiner Muskelmasse aus früheren Jahren bei gleichzeitig geringem Körperfettanteil erhalten. Da Sie dieses Buch lesen, gehe ich davon aus, dass es Ihnen nicht anders geht.
Mit sportlichen Grüßen
und besten Wünschen für Ihr Training,
Berend Breitenstein
Wir alle altern und werden irgendwann sterben. Das ist ein Naturgesetz, an dem kein Weg vorbeiführt. Das Altern Ihres Organismus beginnt bereits im jungen Erwachsenenalter. Ab ca. dem 55. Lebensjahr sollen sich insbesondere körperliche Alterserscheinungen deutlich bemerkbar machen; beispielsweise der Verlust von Muskelsubstanz (eine schreckliche Vorstellung für den Natural Bodybuilder), ein erhöhtes Risiko für die Entstehung des metabolischen Syndroms (siehe Seite →) und das Nachlassen wichtiger Organfunktionen wie z. B. von Leber und Nieren.
Wenn ich das aus meiner persönlichen Erfahrung beurteilen sollte, dann kann ich sagen, dass ich mich seit meiner Jugend bis heute im Alter von 56 Jahren körperlich und geistig absolut fit fühle. Zugegebenermaßen benötigt mein Organismus im Anschluss an intensive Trainingseinheiten einen etwas längeren Zeitraum der Regeneration, aber mit einer entsprechenden Trainings- und Ernährungsplanung sowie der richtigen geistigen Einstellung zu den Herausforderungen des Lebens war und ist es für mir bis heute kein Problem, körperlich und geistig in Topform zu bleiben. Auf der anderen Seite kenne ich auch einige Personen, denen dies nicht so ergeht und die sich bereits in jüngeren Jahren mit massiven gesundheitlichen Problemen auseinandersetzen müssen – geschweige denn diejenigen, die das 56. Lebensjahr nicht einmal erreichen und zuvor das Zeitliche segnen.
Zwischen den Menschen gibt es große Unterschiede bezüglich der Geschwindigkeit, mit der das Individuum altert sowie des individuellen Verlaufs des Alterungsprozesses und des schlussendlich erreichten Lebensalters, bevor das Dasein des Einzelnen auf dieser Erde endet. Warum ist das so? Nun, Altern an sich ist keine Krankheit, sondern ein vollkommen natürlicher physiologischer Vorgang. Menschliche Zellen und die daraus bestehenden Organe und Gewebe altern, verlieren im Laufe der Zeit ihre Funktionsfähigkeit und begrenzen so die Lebensdauer des Organismus. Etwas Statistik soll hier nicht fehlen: Die durchschnittliche Lebenserwartung eines in Deutschland im Jahr I960 geborenen Mannes beträgt laut statistischem Bundesamt 66,9 Jahre – bei der Geburt im Jahr 2020 liegt die männliche Lebenserwartung bereits bei 79,1 Jahren. Als maximal erreichbare menschliche Lebensspanne gilt heute ein Wert, der bei ca. 120 Jahren liegt. Die Französin Jeanne Calment (1875 bis 1997) erreichte mit 122 Jahren das bisher höchste und bestätigte Alter eines Menschen. Der Brite Bob Weighton aus der englischen Grafschaft Hampshire starb im Mai 2020 im Alter von 112 Jahren. Damit gilt er als der Mensch, der den bisherigen Altersrekord des männlichen Geschlechts innehält.
Grundsätzlich wird zwischen dem biologischen Alter und dem chronologischen Alter des Menschen unterschieden. Das biologische Alter gibt Ihren Gesundheitszustand im Vergleich zum Durchschnitt Ihrer Mitmenschen an. Als Natural Bodybuilder sind Sie aufgrund Ihres Lebensstils und der damit einhergehenden Vermeidung bzw. der Minimierung von Risikofaktoren für Ihre Gesundheit, z. B. Übergewicht und Bewegungsmangel, in einer sehr guten Ausgangslage.
Das chronologische Alter bezeichnet die Altersspanne eines Menschen seit dem Beginn seiner Geburt. Falls Sie also im Jahr 1980 geboren wurden, beträgt Ihr chronologisches Alter heute 40 Jahre. Diese klare Festlegung des chronologischen Alters ermöglicht allerdings keine genaue Bestandsaufnahme Ihres tatsächlichen biologischen Alters. Entscheidend hierfür ist, wie Sie altern. Erleben Sie Ihren persönlichen Alterungsprozess in Gesundheit und mit hoher Vitalität oder leiden Sie mit fortschreitendem Alter an Krankheit und fühlen sich körperlich ausgelaugt und geistig träge? Älterwerden ist nicht zwangsläufig mit der Entstehung von Krankheiten verbunden. Jedoch ist es leider so, dass sich mit zunehmendem Alter beispielsweise das Risiko erhöht, an Krebs, Nierenversagen, Herz-Kreislauf-Problemen, Zuckerkrankheit sowie Parkinson oder Alzheimer zu erkranken.
Die Altersforschung nennt als Gründe für das Altern u. a. oxidative Zellschädigungen durch freie Radikale (siehe Seiten → bis →), die sich beispielsweise durch mitochondriales Altern zeigen und den mit jeder Zellteilung einhergehenden Prozess des Telomer-Verschleißes. Alternde Mitochondrien (die „Kraftwerke" der Zellen) produzieren weniger ATP (Adenosintriphosphat), es kommt zu einer erhöhten Freisetzung von freien Radikalen und somit zu einer gesteigerten oxidativen Belastung der Zellen.
Und hier kommt Natural Bodybuilding als der „Big Player" ins Spiel. Der Natural-Bodybuilding-Lifestyle ist aus meiner Sicht der beste Lebensstil, wenn es darum geht, gesund zu werden oder zu bleiben und eine hohe Lebensqualität zu erreichen bzw. zu bewahren. Dabei bestimmen Ihr Verhalten sowie Ihre Gene, ob Sie sich schon in jungen Jahren schlapp und ausgebrannt fühlen und auch so aussehen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass die Spanne zwischen Ihrem biologischen und Ihrem chronologischen Alter durchaus einige Jahre betragen kann – und das sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. In welche Richtung das Pendel ausschlägt, liegt in nicht unerheblichem Ausmaß in Ihren Händen, sprich in Ihrem Verhalten.
Alles nur die Gene?
Ihre Gene spielen sowohl für den Verlauf Ihres Alterungsprozesses als auch für Ihren Erfolg als Natural Bodybuilder eine wichtige Rolle. Was sind Gene? Das Wörterbuch definiert den Begriff der Gene wie folgt: „Abschnitt der DNA als lokalisierter Träger einer Erbanlage, eines Erbfaktors, der die Ausbildung eines bestimmten Merkmals bestimmt, beeinflusst."
Gene bestehen aus DNS (Desoxyribonukleinsäure), im Englischen als DNA (Deoxyribonucleic acid) bezeichnet, und befinden sich in den Chromosomen, dem genetischen Herz jeder Ihrer Zellen. Chromosomen sind die Träger der Erbinformationen, die Ihnen von Ihren Eltern mitgegeben wurden und bauen sich aus einem langen DNS-Faden auf, der in Form einer Doppelhelix fein verdrillt im Zellkern vorhanden ist. Ihre Gene steuern Ihre körperlichen Merkmale, spielen also eine große Rolle für Ihr Aussehen und den Ablauf Ihrer Stoffwechselvorgänge. Spätestens an dieser Stelle wird jeder Natural Bodybuilder hellhörig. Und das aus gutem Grund – sind es doch auch Ihre Gene, welche die Maßnahmen vorgeben, die Sie bezüglich einer für Sie zu optimalen Fortschritten im Muskelaufbau und Körperfettabbau führenden Trainings- und Ernährungsstrategie ergreifen sollten. So ist beispielsweise die prozentuale Verteilung der unterschiedlichen Muskelfasertypen (siehe Seite →) Ihres Körpers und auch die Geschwindigkeit Ihres Stoffwechsels (Hardgainer oder Softgainer) zu einem gewissen Teil durch Ihre Gene vorprogrammiert.
An den Chromosomen-Enden sitzen die Telomere, die Schutzkappen, die die Endregionen Ihrer DNS ummanteln. Telomere befinden sich in jeder Zelle Ihres Körpers, also beispielsweise in Ihren Organen, in Ihrem Immunsystem, in Ihrem Gehirn und im Blut, und schützen Ihre Chromosomen während der Zellteilung vor der Zerfaserung und vor der Verschmelzung mit anderen Chromosomen. Bei der Geburt bestimmen Ihre Gene Ihren persönlichen Telomer-Ausgangszustand, also die Länge Ihrer Telomere, sowie auch die Geschwindigkeit, mit der sich Ihr Telomere mit jeder Zellteilung verkürzen. Mit jeder Zellteilung nimmt die Länge Ihrer Telomer-Länge ab. Je kürzer Ihre Telomere, umso schneller verläuft der Alterungsprozess Ihres Organismus. Die Telomer-Länge ist somit ein guter Indikator für Ihr biologisches Alter. Kürzere Telomere fördern die Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen und erhöhen das Risiko, an Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Lungenkrankheiten und Immunschwäche zu erkranken. Leider ist das Schrumpfen der Telomer-Länge mit fortschreitendem Alter nicht zu verhindern. In der Regel kommt es nach etwa 40 Zellteilungen zur Unterschreitung der kritischen Telomer-Länge. In der Folge kann sich die betroffene Zelle nicht mehr weiter teilen und stirbt schließlich ab. Die gute Nachricht hierbei ist, dass Telomere nicht nur kürzer werden, sondern durch bestimmte Verhaltensweisen, sprich einen entsprechenden Lebensstil, teilweise und in begrenztem Maße wieder an Länge zunehmen können.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei das im Zellkern lokalisierte Enzym Telomerase. Telomerase erneuert die während jeder Zellteilung verloren gegangene DNS und kann somit die Verkürzung der Telomere verlangsamen oder sogar bis zu einem gewissen Grad wieder rückgängig machen. Mit fortschreitendem Alter sinkt zwar die Telomerase-Aktivität in Ihren Zellen, aber mit der entsprechenden Lebensweise eines Natural Bodybuilders können Sie die Telomerase-Produktion auf natürlichem Wege anregen. Wie das funktionieren kann, erfahren Sie im weiteren Verlauf der Lektüre dieses Buches.
Auch Sirtuine sind als Enzyme in bedeutendem Maße an der Gesunderhaltung Ihrer Zellen und an der Aktivierung der sogenannten „Langlebigkeitsgene" beteiligt. Ihre Ernährung als Natural Bodybuilder enthält in der Regel eine gute Portion an Stoffen, die sich stimulierend auf die Sirtuin-Produktion Ihres Körpers auswirken (siehe Seiten → bis →).
Ihre Gene tragen in etwa einen Anteil von 15 bis 25 Prozent daran, wie alt Sie werden (die Geschwindigkeit, mit der Sie altern, ist individuell auf Ihren Chromosomen codiert) und wie Ihr persönlicher Alterungsprozess verläuft. Entsprechend kann hieraus die Schlussfolgerung gezogen werden, dass nicht nur Ihre Gene, sondern insbesondere auch Ihr Lebensstil sowie äußere Gegebenheiten, z. B. Umweltfaktoren wie Luftqualität und sauberes Trinkwasser, Unfälle etc. für die Dauer Ihrer Lebensspanne und für die Qualität, mit der Sie das Älterwerden erleben, ein gewichtiges Wort mitreden.
Durch den Lebensstil eines Natural Bodybuilders tun Sie bereits sehr viel dafür, Ihre Jahre hier auf Erden in bester Gesundheit und mit einer hohen Lebensqualität wahrzunehmen und genießen zu können.
Natural Bodybuilding – ein gesunder Lebensstil
„Gesundheit ist das höchste Gut" – diese alte Volksweisheit beschreibt ebenso zutreffend den Stellenwert, den die Gesundheit für den Menschen besitzt, wie auch das Zitat des deutschen Philosophen Artur Schopenhauer (1788 bis 1860): „Gesundheit ist nicht alles – aber ohne Gesundheit ist alles nichts." Was aber wird eigentlich unter Gesundheit verstanden? Ist Gesundheit ein nicht näher zu definierendes körperliches Wohlgefühl? Oder wird unter Gesundheit eher eine ausgeglichene Gemütslage verstanden und das persönliche Empfinden, den Anforderungen des täglichen Lebens mit Vitalität und Tatendrang entgegenzutreten zu können? Tatsächlich sind alle diese Faktoren Bestandteile der durch die WHO (World Health Organization) im Jahr 1948 formulierten Definition des Begriffs der Gesundheit, die Gesundheit als einen „Zustand völligen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur als Abwesenheit von Krankheit" beschreibt.
Bereits die Wissenschaft des Altertums beschäftigte sich intensiv mit dem Thema Gesundheit. Der griechische Arzt Hippokrates sprach davon, dass Krankheiten nicht nur schicksalsbedingt sind, sondern auch selbst verschuldet werden und nannte als Ursachen für das Entstehen von Krankheiten u. a. Bequemlichkeit, Verweichlichung, seelische Zerrissenheit, mangelndes Körpertraining und Maßlosigkeit im Essen und Trinken. Grundsätzlich war für die griechischen Ärzte bei der Behandlung von Krankheiten auch der „oikos" (Haus oder Hof) von Interesse, das heißt, mit welchen Menschen, in welchem Haus und in welcher Umgebung seine Patienten lebten.
Aber kehren wir aus längst vergangenen Zeiten wieder zurück in die Gegenwart. Legen wir die Definition der WHO des Gesundheitsbegriffes zugrunde und betrachten wir aus diesem Blickwinkel einmal genauer, wie es um den Gesundheitszustand der heutigen Bevölkerung bestellt ist, dann ergibt sich ein beunruhigendes Bild: Zwei von drei Männern und jede zweite Frau in unserem Land gelten als übergewichtig – damit ist Deutschland das „dickste" Land Europas. Die Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Arteriosklerose), Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes), Erkrankungen des Bewegungsapparates (z. B. Wirbelsäulenerkrankungen) und steigende Zahlen von geistiger Erschöpfung (Burn-out-Syndrom) sind deutliche Indizien dafür, dass der Mensch in der heutigen Zeit einer Vielzahl an krankmachenden Faktoren ausgesetzt ist. Das kann leicht dazu führen, dass die Verbindung zum eigenen Ich verloren geht – am Ende funktioniert der Mensch nur noch. In einem solchen Zustand wird der Großteil der zur Verfügung stehenden Kraft dafür verbraucht, den Anforderungen des Berufslebens und den gestellten Erwartungshaltungen im Privatleben gerecht zu werden. Werden die seelischen und körperlichen Bedürfnisse des Individuums aber über längere Zeit unterdrückt oder die körperliche und geistige Belastbarkeit des Menschen kontinuierlich überschritten, dann ist Krankheit unweigerlich die Folge.
Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, ist richtig betriebenes und ganzheitlich betrachtetes Natural Bodybuilding aus meiner Sicht der beste Weg für den Erhalt und, soweit möglich, auch zur Wiederherstellung der Gesundheit. Warum ich so denke? Nun, es gab durchaus Zeiten in meinem Leben, die ich als nicht besonders „rosig" beschreiben möchte. Bei der Bewältigung dieser privaten und beruflichen Krisen half mir immer mein Dasein als Natural Bodybuilder, diese „schwarzen Löcher" wieder verlassen zu können und gestärkt daraus hervorgegangen zu sein. Der Lebensstil eines Natural Bodybuilders, sprich das Zusammenwirken von Training, Ernährung, Ruhe und mentaler Hygiene, ist insbesondere in Krisenzeiten von unschätzbarem Wert.
Sind Sie bereits Natural Bodybuilder? Klasse. Dann wissen Sie aus eigenem Erleben, welche großartigen Auswirkungen für Körper und Geist richtig betriebenes Natural Bodybuilding mit sich bringt. Und falls Sie bisher noch keine wirklichen Erfahrungen mit diesem Lebensstil gemacht haben, dann freue ich mich sehr, Ihnen mit diesem Buch bei Ihrem erfolgreichen Weg als Natural Bodybuilder behilflich sein zu können.
Die wesentlichen Erfolgskomponenten im Natural Bodybuilding sind Training, Ernährung, Erholung und innere Einstellung. Als Natural Bodybuilder ergänzen Sie das Gewichtstraining für Ihre Muskulatur durch aerobe Aktivitäten für ein starkes Herz-Kreislauf-System und durch Dehnübungen für geschmeidige Muskeln. Die Verbindung dieser verschiedenen Belastungsarten resultiert in außerordentlichen positiven Effekten für Ihre körperliche und Ihre geistige Gesundheit. Diese positiven Effekte werden auf den folgenden Seiten dieses Buches ausführlich beschrieben.
Das Training als Natural Bodybuilder kann dabei sehr positive physische Anpassungen bewirken wie beispielsweise Muskelaufbau, die Vorbeugung der Entstehung des für die Gesundheit so gefährlichen metabolischen Syndroms (siehe Seite →), die Verzögerung des durch die Verkürzung der Telomere ausgelösten Alterungsprozesses sowie des Erhalts eines gesunden Gleichgewichts zwischen freien Radikalen und Antioxidantien. Erfahrene Natural Bodybuilder wissen, wie häufig und mit welcher Intensität sie ihr persönliches Training durchführen sollten, damit nicht nur der Körper, sondern auch der Geist davon profitiert. Nur wenn der Organismus genügend Ruhe und Erholung bekommt, können Sie bestmögliche Ergebnisse als Reaktion Ihres Trainings erwarten.
Und natürlich spielt die richtige Ernährung für Ihren optimalen Erfolg als Natural Bodybuilder eine mitentscheidende Rolle. Ebenso wie Sie die für sich beste Trainingsstrategie herausfinden müssen, stellt Ihr Körper aufgrund seiner individuellen Stoffwechselvoraussetzung entsprechende Anforderungen an eine für Sie persönlich optimal zugeschnittene Ernährungsweise. Für die Gesunderhaltung Ihrer Organe, den Muskelaufbau, den Körperfettabbau und Ihre geistige Leistungsfähigkeit ist eine bedarfsgerechte und auf den Tageszeitpunkt abgestimmte Nährstoffzufuhr von hoher Wichtigkeit.
„Das Alter ist wie eine Woge im Meer. Wer sich von ihr tragen lässt, treibt obenauf. Wer sich dagegen aufbäumt, geht unter."
Dieses Sprichwort von Gertrud von Le Fort (deutsche Schriftstellerin, 1876 bis 1971) empfinde ich als durchaus passend, wenn es darum geht, einen richtigen persönlichen Umgang mit dem Älterwerden zu finden. Auf der einen Seite steht die unverrückbare Tatsache, dass der Mensch altert. Auf der anderen Seite geht es darum, wie jeder Einzelne mit den körperlichen und geistigen Veränderungen umgeht, die mit dem Alterungsprozess einhergehen. Mehr zu diesen Thematiken ersehen Sie bitte aus den folgenden beiden Kapiteln dieses Buches.
Als Natural Bodybuilder, der diese Zusammenhänge verinnerlicht hat und daraus die entsprechenden richtigen Schlüsse für sein Leben zieht, besitzen Sie aus meiner Sicht einen unschätzbaren Trumpf in Ihren Händen, wenn es darum geht, auch mit über 40 Jahren und auch weit darüber hinaus körperlich und geistig gesund, fit und leistungsfähig zu bleiben.
Herz-Kreislauf-System
Bezüglich des Alterungsprozesses der Organsysteme des menschlichen Körpers möchte ich dem Herzen die erste Aufmerksamkeit widmen. Schließlich ist das Herz unser wichtigster Muskel! Nicht umsonst wird das Herz auch als der „Motor des Lebens" bezeichnet. Ein nach außen hin „getunter", muskulöser Body ist meines Erachtens sinnlos, wenn nicht auch der Motor der wunderbaren „Maschine" Mensch stark und leistungsfähig ist.
Bevor die altersbedingten Veränderungen des Herzens näher beschrieben werden, führen wir uns zunächst vor Augen, wie das Herz arbeitet und welche großartigen Leistungen es täglich vollbringt: Das Herz ist nicht auf Außenreize angewiesen, um seine Funktion zu gewährleisten, sondern arbeitet autonom. Das heißt, Zellen im Herzmuskel senden elektrische Impulse aus, durch deren Weiterleitung gewährleistet wird, das Herz am Schlagen zu halten.
Im Ruhezustand, also ohne das Vorhandensein von körperlichen oder psychischen Belastungen, pumpt das Herz ca. 60- bis 80-mal pro Minute. Gut trainierte Ausdauersportler zeigen üblicherweise einen niedrigeren Ruhepuls, denn durch regelmäßige sportliche Aktivität kommt es zu einer Volumenzunahme des Herzmuskels, sodass das Herz mit einem Schlag mehr Blut durch den Körper pumpen kann und folglich ökonomischer arbeitet als ein kleineres Herz.
Durchschnittlich bringt es das Herz auf täglich ca. 100 000 Schläge. In einem 70-jährigen Leben sind das rund 3 Milliarden Herzschläge! Dabei pumpt das Herz täglich mehr als 7 000 Liter Blut durch den Körper – in 70 Lebensjahren also ein Gesamtvolumen von etwa 250 Millionen Litern! In der Tat sind das unglaubliche Leistungen dieses durchschnittlich 280 bis 320 g schweren Muskels, wobei Sportlerherzen durchaus bis ca. 500 g Gewicht erreichen können. Bedauerlicherweise verringert sich ab etwa dem 30. Lebensjahr die Gefäßelastizität des Herzens. Häufig nimmt auch die Herzmuskelkraft ab. Als Folge hieraus können sich nachteilige Auswirkungen für Ihre Gesundheit zeigen, die nachfolgend näher beschrieben werden sollen.
Blutdruck-Anstieg
Die Arterien der Herzkranzgefäße, die Ihren Herzmuskel mit Blut versorgen, verlieren mit zunehmendem Alter an Elastizität. Auch das Fortschreiten von Arteriosklerose (Arterienverkalkung) durch Cholesterin- und Calciumablagerungen an den Arterieninnenwänden schreitet mehr oder weniger stark voran.
Durch diese Veränderungen können die Arterien auftretende Blutdruckschwankungen mittels Vergrößerung ihres Durchmessers und Abnahme ihrer Wandspannung nicht mehr so gut regulieren wie in jüngeren Jahren. Als Folge hieraus resultiert nicht selten eine beständige Erhöhung des Blutdrucks. Schätzungen zufolge sind zwischen 20 und 30 Millionen Deutsche von zu hohem Blutdruck (Hypertonie) betroffen, wobei viele dieser Menschen aufgrund fehlender Kontrollmessungen gar nichts davon wissen. In den überwiegenden Fällen resultiert Bluthochdruck aus einer entsprechenden Lebensweise mit zu wenig Bewegung, falscher Ernährung, Übergewicht, starkem Nikotin- und Alkoholkonsum. Auch mentale Aspekte wie beispielsweise Überlastung oder Unterforderung im Beruf, Probleme im Privatleben oder fehlende soziale Anerkennung erhöhen das Risiko der Entwicklung einer Hypertonie. Durch richtig betriebenes Natural Bodybuilding können Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit Ihren Blutdruck in Schach halten und damit auch das Risiko minimieren, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden.
Geringere Kontraktionsfähigkeit des Herzmuskels
Mit zunehmendem Alter erhöht sich der Bindegewebsanteil Ihres Herzmuskels. In der Folge kann Ihr Herz nicht mehr so kräftig schlagen wie in vergleichsweise jüngeren Jahren. Bedingt durch die Abnahme der Schlagkraft Ihres Herzens wird pro Herzschlag dann nicht mehr so viel Blut durch Ihren Körper gepumpt. Demzufolge kann Ihr Herz bei körperlichen Belastungen die Blutversorgung Ihres Körpers nur durch die Erhöhung seiner Pumpfrequenz sicherstellen und muss entsprechend häufiger schlagen. Auch der Sauerstoffverbrauch des Herzens steigt bei älteren Menschen im Vergleich zu jüngeren Menschen deutlich an.
Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes und hohe Blutfettwerte beschleunigen die Alterung Ihres Herz-Kreislauf-Systems. Das Vermeiden des Auftretens dieser Risikofaktoren (oder deren Behebung, falls bereits existent) durch wohldosiertes, zielgerichtetes Training, und hier insbesondere durch Ausdauertraining, eine gesunde und auf Ihren individuellen Bedarf zugeschnittene Ernährung sowie sorgfältige psychische Hygiene (z. B. durch Wahrung von Gelassenheit auch in belastenden Lebenssituationen, siehe Seite →) ist für Ihre Herzgesundheit von großer Bedeutung. Das gilt natürlich nicht nur für Natural Bodybuilder, die das 40. Lebensjahr bereits überschritten haben, sondern auch für jüngere Athleten.
Stoffwechsel
Vielleicht äußerten andere Menschen Ihnen gegenüber bereits die Ansicht, dass sich der Stoffwechsel mit zunehmendem Alter verlangsamt und dass es ab ca. dem 40. Lebensjahr immer schwieriger wird, den Körperfettanteil unter Kontrolle zu halten. Auch die Körperfettreduktion soll im Vergleich zu jüngeren Jahren deutlich mühsamer vonstattengehen: „Mein Stoffwechsel funktioniert einfach nicht mehr so wie früher, ich nehme schneller zu und habe größere Schwierigkeiten damit, mein Hüftgold wieder loszuwerden." So oder so ähnlich habe ich es persönlich schon häufiger von Altersgenossen gehört. Zählen Sie eventuell auch zu dieser Gruppe von Menschen, die dieser Ansicht sind, und teilen Sie vielleicht sogar entsprechende Erfahrungen aus eigenem Erleben? Bevor wir hier tiefer in die Materie einsteigen, machen wir uns zunächst bewusst, was eigentlich genau unter „Stoffwechsel" verstanden wird. Hierzu bietet „Wikipedia" folgende Definition:
„Als Stoffwechsel ... bezeichnet man die Gesamtheit der chemischen Prozesse in Lebewesen. Dabei wandelt der Organismus chemische Stoffe in Zwischenprodukte (Metaboliten) und Endprodukte um. Diese biochemischen Vorgänge dienen dem Aufbau und der Erhaltung der Körpersubstanz (Baustoffwechsel) sowie der Energiegewinnung für energieverbrauchende Aktivitäten (Energiestoffwechsel) und damit der Aufrechterhaltung der Körperfunktionen ..."
Ein Baustein zur Erklärung, warum es mit fortschreitendem Alter im Vergleich zur Jugend schwieriger wird, ungewünschte Körperfettansammlungen zu vermeiden, ist die Verringerung des prozentualen Anteils von magerer Muskelmasse in Relation zum Gesamtkörpergewicht bei den meisten Menschen im fortgeschrittenen Alter.
Ihre Muskulatur ist ein hoch stoffwechselaktives Gewebe. Ein Pfund Muskelgewebe verbrennt im Ruhezustand täglich ca. 14 Kalorien. Das heißt, je höher der Anteil an magerer Muskelmasse Ihres Körpers ist, umso höher ist gleichzeitig Ihr Kalorienverbrauch während körperlicher Ruhe. Hier kommt der sogenannte Grundumsatz ins Spiel. Unter Grundumsatz wird diejenige Energiemenge in Form von Kalorien verstanden, die Ihr Organismus innerhalb von 24 Stunden zur Aufrechterhaltung seiner lebenswichtigen Funktionen (Vitalfunktionen) wie z. B. Atmung, Verdauung, Gehirntätigkeit etc. im absoluten Ruhezustand verbraucht. Und hier schließt sich nun vermeintlich der Kreis: Mit Abnahme der Muskelmasse sinkt auch der Grundumsatz. Das ist soweit richtig, und grundsätzlich kann hier von Werten ausgegangen werden, die das Absinken des Grundumsatzes ab dem 40. Lebensjahr mit durchschnittlich 10 Prozent definieren, ab dem 60. Lebensjahr sogar mit 20 Prozent.
Nehmen wir diese Zahlen einmal als gegeben an. Angenommen, Sie bleiben bei denselben Ernährungsgewohnheiten wie in jüngeren Jahren bezüglich der von Ihnen täglich verzehrten Lebensmittelmenge und der täglich konsumierten Kalorien, so ist eine Gewichtszunahme in Form von Körperfett nicht zu vermeiden. Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, dass Ihnen die Jeans am Bauch und an den Hüften zu eng wird, oder dass sich eine deutliche Vorwölbung Ihrer vorderen Körpermitte unter einem figurbetonten T-Shirt abzeichnet, gibt es glücklicherweise drei sehr effektive Gegenmittel: zum einen die bedarfsgerechte Ernährung, zum anderen das wohldosierte Training und darüber hinaus noch einen weiteren gewichtigen Player im Kampf gegen unerwünschtes Körperfett, nämlich die Umsetzung entsprechender Maßnahmen, um Ihr Hormonsystem optimal in Schuss zu halten. Jeder dieser drei Faktoren trägt einen guten Anteil dazu bei, dass Ihre Hüften schlank und Ihr Bauch flach bleiben – und das auch, sobald die 40 erst einmal überschritten ist.
Stichwort Hormonsystem: Mit zunehmendem Alter steigt leider auch die Möglichkeit der Entwicklung einer sogenannten Insulinresistenz, eines für die Gesundheit sehr gefährlichen Krankheitsbildes. Aber vorweg die gute Nachricht: Wenn Sie bereits aktiver Natural Bodybuilder sind und regelmäßig trainieren, sich bedarfsangepasst und gesund ernähren sowie auf genügend Erholung achten, dann ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Sie eine Insulinresistenz entwickeln, nur sehr gering. Die Insulinresistenz ist eine gravierende Störung des Kohlenhydratstoffwechsels mit weitreichenden, potenziell sehr gefährlichen Auswirkungen für die Gesundheit. Auslöser der Insulinresistenz ist ein dauerhaft erhöhter Glucosespiegel im Blut, der dazu führt, dass die Bauchspeicheldrüse mit der Zeit „erschöpft" und im schlimmsten Fall die Insulin-Produktion gänzlich einstellt.
Aber so weit muss es nicht kommen. Schauen wir uns etwas näher an, wie dieses Szenario vermieden werden kann. Sehr kohlenhydratreiche Ernährungsformen (insbesondere mit einem hohen Anteil an Einfach- und Zweifachzuckern) in Verbindung mit übermäßiger Kalorienaufnahme können dazu führen, dass Ihre Körperzellen nicht mehr richtig auf die Kohlenhydrataufnahme reagieren können.
Im gesunden Organismus verbindet sich das im Blut befindliche Insulin mit hierfür spezifischen, an der äußeren Zellhülle lokalisierten Rezeptoren. Diese Rezeptoren übertragen das Insulinsignal an die Zelle, daraufhin öffnet diese ihre Tore und beginnt mit der Aufnahme des im Blut befindlichen Traubenzuckers (Glucose). So weit, so gut. Eine über längere Zeiträume sehr zuckerreiche und überkalorische Ernährung kann nun dazu führen, dass Ihre Zellen die Anzahl der Insulinrezeptoren verringern. Ihre Zellen schützen sich so quasi selbst vor einem überbordenden Glucosefluss in ihr Inneres. Folglich kann ein gewisser Anteil des im Blut befindlichen Insulins nicht mehr richtig wirken, da es vor den Toren Ihrer Zellen vergeblich nach Einlass verlangt.
Und wie verhält sich Ihre Bauchspeicheldrüse in einer solchen Situation? Aufgrund der weiterhin verbleibenden hohen Insulinmenge in Ihrem Blut schüttet Ihre Bauchspeicheldrüse fortwährend Insulin aus. Und das in einem viel höherem Maße, als es üblicherweise, also mit einer ausreichenden Zahl an Insulinrezeptoren an Ihren Zellwänden erforderlich gewesen wäre, um Ihren Kohlenhydratstoffwechsel optimal am Funktionieren zu halten. Als Folge dieses Szenarios ist es oftmals nur eine Frage der Zeit, nicht selten von bis zu mehreren Jahren, bis Ihre Bauchspeicheldrüse möglicherweise den Dienst versagt und schließlich streikt. Es entsteht ein Diabetes mellitus Typ 2, der sogenannte Altersdiabetes oder geläufiger auch als Zuckerkrankheit bekannt. Auch genetische Faktoren sind von Bedeutung, ob ein Mensch zuckerkrank wird oder nicht. Wurde bei Ihren Großeltern und Ihren Eltern Diabetes mellitus Typ-2 diagnostiziert, so besteht auch für Sie ein erhöhtes Risiko für das Auftreten dieser Krankheit.
Die Entstehung einer Insulinresistenz soll auch durch kurze Telomere begünstigt werden, und es scheint einen bestehenden Zusammenhang zwischen kurzen Telomeren und Diabetes mellitus Typ-2 zu geben. Die Ursachen für die Ausprägung dieses Krankheitsbildes mit seinen einhergehenden vielfältigen gesundheitlichen Risikofaktoren wie beispielsweise Nierenerkrankungen, Schlaganfall, Herzinfarkt, Bluthochdruck sowie Erkrankungen der Augen und der Füße sind aber insbesondere in falscher Ernährung, zu wenig Bewegung, zu viel Stress und zu wenig Schlaf begründet. Typ-2-Diabetiker weisen häufig auch einen niedrigen Testosteronspiegel auf. Diabetes mellitus Typ 2 ist eine der möglichen gravierenden Folgeerkrankungen, die mit einer Insulinresistenz in Verbindung gebracht werden.
HOW DOES INSULIN WORK
Abb. 1: „How does Insulin work"
Quelle: Fotolia
Exkurs: Das metabolische Syndrom
Noch gefährlicher ist in diesem Zusammenhang die Entstehung des sogenannten metabolischen Syndroms, welches auch als „Syndrom X" oder als „tödliches Quartett" beschrieben wird (Metabolismus = Stoffwechsel). Bemerkenswert ist, dass das Auftreten des metabolischen Syndroms mit fortschreitendem Alter zunimmt. Schätzungen gehen davon aus, dass ca. ein Drittel der deutschen Bevölkerung vom metabolischen Syndrom betroffen ist. Und das ist schlecht, sehr schlecht.
Schauen wir uns aufgrund der hohen gesundheitlichen Gefährdung, die im Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom einhergeht, diese Stoffwechselstörung sowie mögliche entsprechende Vorsorgemaßnahmen gegen die Entwicklung des „tödlichen Quartetts" genauer an.
Hauptkriterien des metabolischen Syndroms
Achtung: Die gesundheitlichen Gefährdungen durch die Existenz der Hauptkriterien des metabolischen Syndroms addieren sich nicht nur, sondern können sich multiplizieren oder sogar potenzieren!
Natural Bodybuilder sollten sich auch über den Zusammenhang zwischen der Existenz des metabolischen Syndroms und eines möglichen Testosteronmangels bewusst sein. Auf der einen Seite erhöht das metabolische Syndrom das Risiko für die Entstehung eines Testosteronmangels, auf der anderen Seite fördert ein Testosteronmangel die Entstehung des metabolischen Syndroms. Welches von beiden nun der primäre Auslöser ist, steht allerdings nicht fest.
Die WHO nennt einen Bauchumfang ab 102 cm bei Männern als Indikator für übermäßigen Fettansatz. Regelmäßig trainierende Natural Bodybuilder dürften einen solchen Messwert der Körpermitte nicht erreichen. Und das ist gut so, denn im Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom ist das Bauchfett von besonderer Bedeutung – und hier speziell das innere Bauchfett, das auch als „intraabdominales Fett" oder „viszerales Fettgewebe" bezeichnet wird. Bei normalgewichtigen Menschen übernimmt das viszerale Fettgewebe durchaus positive Aufgaben für die Gesunderhaltung des Körpers wie z. B. die Aufrechterhaltung eines widerstandsfähigen Immunsystems oder den Schutz der inneren Organe (z. B. der Leber und des Darms).
Bei Übergewicht und hier insbesondere durch hohe Einlagerung von viszeralem Bauchfett ist allerdings höchste Vorsicht geboten! Dieses Fettgewebe ist nämlich sehr stoffwechselaktiv. Viszerales Bauchfett vermindert u. a. die Produktion des zur Gruppe der Adipokine gehörenden Gewebshormons Adiponektin und erhöht somit das Risiko der Entstehung einer Insulinresistenz und von Diabetes mellitus Typ-2 (Achtung bei einem Wert von mehr als 100 mg/dl Blutglucose im nüchternen Zustand).
Niedrige Adiponektin-Werte stehen häufig auch im Zusammenhang mit der Ausprägung von Fettstoffwechselstörungen, also mit erhöhten Triglycerid-Werten (über 150 mg/dl) und niedrigen HDL-Cholesterin-Blutwerten (weniger als 40 mg/dl). Beides Faktoren, die als zusätzliche kardiovaskuläre Risikofaktoren gelten.
Adipokinen, von denen einige zu den Zytokinen gehören, werden auch entzündungsfördernde Eigenschaften zugeschrieben. Eine hohe Einlagerung von viszeralem Bauchfett resultiert in der vermehrten Ausschüttung von Zytokinen. Durch die vermehrte Ausschüttung dieser entzündungsfördernden Botenstoffe befindet sich der gesamte Organismus quasi im Zustand einer unterschwelligen chronischen Entzündung. Ebenso wie erhöhte Triglycerid-Werte und niedrige HDL-Cholesterin-Blutwerte tragen auch entzündliche Prozesse zur Entstehung von Arteriosklerose bei. Entsprechend erhöht sich das Risiko dafür, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden.
Das Adipokin Leptin hemmt das Hungergefühl. Bei Übergewicht existiert häufig eine Leptin-Resistenz. Die Folge hieraus ist eine Störung des Sättigungsgefühls mit damit verbundenen Fressattacken sowie der in der Folge vermehrten Einlagerung von Körperfett. Im schlimmsten Fall manifestiert sich so etwas dann in der Ausprägung einer massiven Fettsucht. Männer mit starkem Übergewicht und einem hohen Anteil an Bauchfett weisen häufig einen niedrigen Testosteronspiegel auf. Und damit leider noch nicht genug, es kommt noch schlimmer: Das im Bauchfett erzeugte Enzym Aromatase wandelt Testosteron in das weibliche Sexualhormon Östrogen um. Welche Folgen eine erhöhte Östrogen-Konzentration für Sie als ein nach Muskelaufbau und Fettabbau strebenden Natural Bodybuilders männlichen Geschlechts mit sich bringen, liegt auf der Hand.
Kommt es zu einer Verringerung des Bauchfetts und einer damit einhergehenden Gewichtsreduktion, so führt dieses in der Regel zu einer gesteigerten Produktion des „Männlichkeitshormons" Testosteron und den damit verbundenen positiven Effekten für den Muskelaufbau und den Fettabbau.
Zytokine zeigen auch Einfluss auf einige Botenstoffe des Gehirns. Eine hohe Zytokin-Produktion wirkt sich beispielsweise negativ auf die Bildung von Serotonin (siehe Seite →) aus. Folglich können Zytokine auch zur Entstehung von psychischen Erkrankungen, z. B. einer Depression, beitragen. So steht ein hoher Spiegel des Zytokins lnterleukin-6 nicht nur im Zusammenhang damit, die Entstehung eines Typ-2-Diabetes-mellitus zu fördern, sondern auch mit der Auslösung eines depressionsähnlichen Krankheitsgefühls, welches durch die Andockung von lnterleukin-6 an Rezeptoren im Gehirn bedingt ist.
Jetzt aber eine gute Nachricht an Sie als Natural Bodybuilder: Selbst wenn Ihr Körperfettanteil momentan deutlich erhöht sein sollte, tragen Sie durch Ihr Training bereits eine ganze Menge dazu bei, die Produktion der entzündungsfördernden Zytokine zu senken!
Eine weitere recht häufige Begleiterscheinung von Fettleibigkeit ist Bluthochdruck – also ein systolischer Messwert von mehr als 130 mmHg und ein diastolischer Messwert von mehr als 85 mmHg.
Auch die Bildung einer Fettleber steht häufig im Zusammenhang mit den anderen möglichen Erkrankungen bei Bestehen des metabolischen Syndroms.
Die Vermeidung bzw. die Bekämpfung einer Insulinresistenz sollte daher als Gegenmaßnahme zur Entwicklung des metabolischen Syndroms ganz oben auf Ihrer Liste stehen. Berücksichtigen Sie hierbei bitte aber auch, dass das metabolische Syndrom nicht über Nacht entsteht. Vielmehr können über einen langen Zeitraum gemachte Fehler im Lebensstil wie z. B. Bewegungsmangel, Rauchen, ständige Über- oder Unterforderung im Berufs- oder Privatleben und Fehlernährung dazu führen, dass sich das „tödliche Quartett" entwickelt.
Abb. 2: Die Entstehung des metabolischen Syndroms
Quelle: Dr. Dieter Markert, „Forever Young", S. →
Der große Einfluss der Ernährung – und hier insbesondere der Kalorienaufnahme und der Kohlenhydratzufuhr – legt den Schluss nahe, dass es sehr sinnvoll ist, dass Sie sowohl Ihre insgesamt täglich aufgenommene Energiemenge bedarfsgerecht gestalten als auch die Menge und die Art Ihrer täglich verzehrten Kohlenhydrate sehr sorgfältig durchdenken. Hierbei gibt es interindividuelle, stoffwechselspezifische Unterschiede. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass für meinen Körper eine tägliche Kohlenhydrataufnahme von maximal 100 bis 150 g – die vorzugsweise durch den Verzehr von langkettigen, komplexen Kohlenhydraten gedeckt wird – am besten geeignet ist. Mein Stoffwechsel reagiert sehr empfindlich auf Insulin. Ich fühle mich alles andere als gut, wenn ich viele Kohlenhydrate zu mir nehme.
Durch sorgfältiges Beobachten der körperlichen und geistigen Reaktionen meines Organismus im Anschluss an die Nahrungsaufnahme bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass mein Körper viel besser dazu in der Lage ist, Fett und Eiweiß zu verstoffwechseln und sich bei der Verwertung von Kohlenhydraten etwas schwerer tut.
Daher möchte ich Ihnen empfehlen, unbedingt mit verschiedenen Ernährungsansätzen zu experimentieren (z. B Low Carb versus High Carb). Nehmen Sie Ihre körperlichen Reaktionen hierauf wahr, versuchen Sie diese richtig zu deuten und handeln Sie anschließend entsprechend bezüglich Ihrer Lebensmittelauswahl. Gestalten Sie Ihre Ernährungsweise so, wie es Ihrem persönlichen Stoffwechsel am ehesten entspricht.
Last, but not least können Sie sich als aktiver Natural Bodybuilder über einen weiteren Aspekt freuen, welcher der Entstehung des metabolischen Syndroms im Wege steht: Die Anzahl der Mitochondrien (die Kraftwerke Ihrer Zellen) ist bei gut trainierten Sportlern im Vergleich zu Nicht-Sportlern üblicherweise erhöht. Sollten Sie also bereits regelmäßig trainieren, läuft Ihr Kohlenhydratstoffwechsel effektiver ab. Ihre Zellen können zum einen mehr Glucose speichern, zum anderen den durch die Nahrung zugeführten Zucker ökonomischer verbrennen, als das bei einem sportlich inaktiven Menschen der Fall ist. Durch eine erhöhte Mitochondrien-Anzahl ist Ihr Organismus zudem besser dazu in der Lage, den durch die Angriffe der freien Radikale bedingten oxidativen Stress für Ihre Zellen abzuwehren.
Muskulatur
Der menschliche Körper besteht aus über 600 Muskeln; dabei spielen die Skelettmuskeln für den Bewegungsapparat eine entscheidende Rolle, denn diese können willkürlich (bewusst) gesteuert werden. Wenn Sie bereits aktiver Natural Bodybuilder sind, so wissen Sie um die große Bedeutung des Willens für intensive Muskelkontraktionen. Ist es doch Ihr Wille, der entscheidend dazu beiträgt, dem einsetzenden starken Muskelschmerz während der Durchführung eines harten Satzes mental zu trotzen und diesen Satz so zu beenden, dass der ausgelöste Trainingsreiz für das Muskelwachstum möglichst hoch ist.
→→