Robert König hat Philosophie, Theologie, Geschichte und Klassische Philologie an der Universität Wien studiert und hält ein Doktorat der Philosophie. Er lehrt und forscht in Wien an den Fakultäten für Philosophie und für Theologie.

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© 2019 Robert König

Logik + Mystik erscheint in der Reihe editio thaumaston.

Covergestaltung: Robert König

Kontakt: www.robert-koenig.net

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7494-3850-1

Gebrauchsanweisung

Wer von einem Buch ein Vorwort fordert, fordert Gebrauchsanweisung, Entstehungsgeschichte, Zielbeschreibung, Sinnerklärung, Werbung und Zusammenfassung in einem. Er möchte vorab wissen, womit er es zu tun habe, wie er denn damit tue und wozu. Bücher haben sich daran gewöhnt, zuerst allerlei buntes Pfauengefieder anlegen zu müssen, ehe sie überhaupt beginnen.

Nun denn: Es handelt sich bei den vorliegenden Büchern der Logosmystik um Bücher der Philosophie. Die Bücher üben sich in der einzigen und grundlegenden philosophischen Handlung: der Verwunderung. Ihre Teile tragen dieses stets wiederkehrenden Themas wegen den Namen: Mirabilien (Verwunderlichkeiten). Die Mirabilien sind einerseits durch mehr oder weniger offensichtliche Hinweise und Ankerpunkte untereinander verbunden. Es genügt andererseits jede einzelne Mirabilie allein sich selbst und bedarf der anderen nicht. Jede Mirabilie ergibt sich von jeder anderen aus, zugleich haben sie nichts miteinander zu tun. Sie bauen, wenn man in ihrem Studium denn möchte, aufeinander auf, lassen sich aber ebenso zyklisch, linear, systematisch, selektiv oder in Fetzen zerstückelt studieren.

Logik + Mystik besteht also in einer Einladung, mit seinen Mirabilien selbst zu philosophieren. Dieser Umgang heißt Verwunderung und ist in seiner Vielfalt zugleich der einzige philosophische Akt und Inhalt der Mirabilien. Logik + Mystik spricht mithin nicht über Philosophie, es fordert zum Philosophieren heraus. Denn bloß über Philosophie kann man gar nicht sprechen – und mehr lässt sich in einem philosophischen Vorwort auch nicht sagen.

Daher zurück zur Gebrauchsanweisung. Die Mirabilien können freilich linear studiert werden. Es empfiehlt sich aber zugleich, bei Missfallen von Sprache, Thema, Melodie, Rhythmik oder Gestus der einen Mirabilie, vielleicht gleich zu einer anderen zu wechseln. Nicht jede Mirabilie wird jeden auf die gleiche Art oder überhaupt verwundern. Auch steht man im Verlaufe des Studiums von Logik + Mystik vielleicht nicht schlecht da, wenn man von einer Mirabilie aus die anderen aufzusuchen lernt, als würde man aus je verschiedener Position und hierdurch je verschiedener Richtung je ein anderes Schlaglicht auf die Logosmystik richten. Die Mirabilien, auch die anderer Bände, werden dabei in je anderem Lichte zeigen, was Logik + Mystik selbst ist. Man sollte daher mit den Mirabilien experimentieren und je mehr von ihnen man heranzieht, umso reicher wird ihre Erfahrung. Das gilt nicht nur für den vorliegenden Band, sondern für sämtliche Bände von Logik + Mystik. Denn sie sind alle ein großer Mirabilienkreis und nur aus äußerlichen Belangen technischer Produktion überhaupt in Bände aufgeteilt. Mehr noch, man sollte sich in ihrem Studium bestenfalls selbst darauf vorbereiten, an der Logosmystik mitzuwirken – in welcher Form man wolle. Wer sich einem Buch nähert, übernimmt schließlich damit immer eine Verantwortung.

Die Lektüre ist jedenfalls keine, mit der man konsumentisch, berieselnd, buchgelehrt oder überblicksartig umgehen kann. Sie verlangt gedrosseltes Tempo, mehrere Wiederholungen, Pausen, wo vielleicht vorweg keine gemacht worden wären, Beschleunigungen, wo man sie nicht gewohnt ist. Bei manchen Wortschöpfungen ist länger zu verweilen, um sie bedeutsam zu machen, andere hingegen werden sich in ihrem Sinn rasch von selbst ergeben. Die Logosmystik nötigt Zeit, Kraft und Geduld ab. Sie schenkt dafür aber Verwunderung – und obendrein dies, dass es einen größeren und höheren Schatz für den philosophierenden Menschen nicht gibt.

Die Logosmystik ist daher ihrer Natur nach ein Grenzgang. Wer ein Grenzgänger des Denkens wird, wird immer auch ein Grenzgänger der Sprache und die Sprache dadurch entsprechend komplex sein. Es ist nicht die Aufgabe der Philosophie, gefällig, einfach, kurz und rasch nachschwätzbar zu sein, einen Inhalt möglichst für den Gebrauch aufzubereiten oder sich tunlichst an vermarkterische Rahmenbedingungen einer despotischen Konsumentengemeinschaft zu halten. Philosophie wird nicht konsumiert. Sie ist auch kein Entertainment oder Zeitvertreib. Wenn sie Philosophie sein will, wird sie wundernd getan.

Daher dringt sie auch mit ihrer Sprache und Form in Gebiete vor, die für ein bloßes Nutzbarmachen ewig unbekannt und unverständlich bleiben. Philosophie ist schwierig, fordernd, irritierend – und hierin liegt ihr Potential, nicht ihr Mangel. Sie erlaubt in ihrer Tiefe, auch nicht zu begreifen, nicht zu verstehen, nicht zu wissen und wirft den Philosophierenden erst hierin auf sich und sein Mitwirken zurück. Erlaube dir diese Irritation, aber lass dich nie von ihr einschüchtern. Gestatte dir die Frage, was denn all das überhaupt soll. Fort mit dem Verstandeszwang. Fort mit den hastig getriebenen Verwertbarkeitserwartungen. Wenn ein Mensch das Sprechen erlernt, erlernt er zunächst auch seine Melodie, Rhythmik und seine Gestimmtheit. Erst viel später folgen Bedeutungen, Inhalte, Nutzen und Zwecke. Geh mit Logik + Mystik in genau diesem Geist um, wenn du einmal in den Mirabilien verloren bist. Dein Verlust birgt erst den kommenden Gewinn.

Du kannst.

Was du also in den Mirabilien nicht begreifst oder kennst, darüber gehe hinweg. Es wird in anderer Sprache oder Form wiederkehren und dir dort vielleicht von selbst klar werden. Oder du kehrst später an den Ort deiner ursprünglichen Entfremdung zurück, dann aber um die nötigen Wurzeln gewachsen, sodass du in einst karger Erde nun fruchtbar Blüten treiben kannst. Und falls nicht, ist es eben nicht oder noch nicht für dich. Womöglich kannst du es selber ohnehin bereits weitaus besser sagen und wenn du es doch andere oder mich für dich sagen lassen möchtest, so verwundere dich auch hieran. Denn du bist in deinem Wurzeln ein Teil der Mirabilien, vergiss es nie.

Mirabilienkreis
Band 2

Non sequitur.

Noch einmal von vorne.

Non sequitur.

Noch einmal von vorne.

Der Rubicon ist überschritten. Von allem hier Nichtgesagten her ist er überschritten. Wurde das gewollt? Ist es gewollt? Wahrscheinlich, aber wer kann das schon wissen? Will man darüber sprechen, spricht man bloß darüber. Will man es tun, tut man es bloß. Will man es wissen, weiß man es bloß. Will man es bestimmen, bestimmt man es bloß. Was sich da regt, es regt sich, indem es gewusst ungewusst, gesagt ungesagt, getan ungetan sich regt. Und was sich regt, regt sich obendrein bloß. Es schlummert nicht in den Tiefen weiser Erkenntnis, nicht in unbegreiflicher Illumination, nicht in sich allseits lossagender Empfindung, aber auch nicht in gemeingemachter Oberflächlichkeit. Der Tod geht es ebenso wenig an als die Liebe, die Wissenschaft kennt es nicht, die Erfahrung wiederholt es nicht. Scheinbar wird es werdend und wird, zu werden, scheinbar scheint es auch, ist also, indem es nicht ist, was es ist, verneint und negiert sich selber zum Nichten. Was sich da in der end- und endelosen Weite des Nichts regt, regt dasjenige, von dem das Nicht wie das Regen selbst nur anregen können, es rege sich im Nichts, das genau durch diese Regung erst zum Nicht sich regt und das selbst die Regung nichtet, die sich dort regt. All dies aber hat selber den Rubicon bereits überschritten, hat es stets überschritten, hinterschritten, tänzelt auf dieser Kante dahin, ohne dass es sich je Rechenschaft von sich selber geben könnte und dennoch verbrieft es dabeinichts weiter als sich, unablässig.

Diese Regung, sie erregt sich allein auf der Kante tanzend. Sie regt sich dort, wo sich alles als herausgefaltet aus dem, das durch seine Faltung erst angezeigt, angedeutet, dazugezeigt wird – paradeigma, aktivisch Herbeigezeigtes, sagt Sokrates. Sie ist die Kante dessen, das sich erst gekantet entfaltet. Doch regt sich die Regung in nichts, das sich da regt, das erst macht sie zur Regung. Sie ist nicht das, in dem sie sich regt. Darin hat sie selber wieder ihren Rubicon, hat ihre Kante ebenso überschritten, wie dies Überschreiten selbst, das sich zu sich hin überschreitet über seinen Rubicon, der dadurch erst selber in sich einfließt und Rubicon wird, wieder überschritten als werdend zu dem und seinem Werden. Das deutsche Wort Werden findet sich hier übrigens sehr angemessen angeregt, immerhin wirft sich die unablässige Frage auf: Wer überschreitet hier? Wer wird? – Im Werden, in der Tätigkeit des Wer, im Wer-den, tanzt es auf seiner eignen Kante.

Wie man dieses Infinitum auch weiter heraus- und in sich zurückfalten könnte: Exzess äußert sich darin und geht heraus und hinaus (excedere), sich zu äußern, sich wieder zu regen. Wer-dend auf der Kante zu tanzen, ist exzessiv. Keine gemächliche Drehung, kein fest getakteter Grundschritt, keine Chronologie und nichts Zählbares ist dieser Tanz. Die Kante, die er sich be-wegt, der und die er erst tanzend den und zum Weg legt, sie versteckt sich in mannigfachen Falten und Lücken, dabei eigentlich mit freiem Auge ersichtlich und doch stets nicht das, was sie ist. Sein zu können, was sie nicht ist, ihr eigenes Werden zu werden, sich zum Bewegen zu bewegen, denkendes Denken mit Aristoteles, das Eine mit Plotin, sich als Vorstellung wollender Wille mit Schopenhauer, die Liste könnte endlos fortgesetzt werden – listet sie doch in diesen drei Exemplaren bloß philosophische Exzesse – all dies, kategorische Imperative, fassen diese eine Regung, die sich hier als Regung fasst und anfasst und begreift, doch im Begriff wiederum nur einen solchen überschrittenen Rubicon findet. Nichts zu tun, das sich nicht schon als getan betänzelt, wie die Philosophie – und nichts Geringeres ist sie – bei VNV Nation etwa über diesen Rubicon musiziert, kein Wort darüber zu verlieren, keine Wahrheit zu erkennen, nicht zurückzukehren, zu nichts zurückzukehren, nirgendwo zu beginnen, kein Ende zugleich in Sicht und dabei schlicht ein Weitertanzen ohne Veränderung. Die Erregtheit zu jenem Tanz auf den Wassern des Rubicon und auf der Kante ihres eignen Werdens schreitet in ihrem Exzess – und sie ist das einzig Exzessive – über alles hinaus, aus allem heraus und rührt doch dabei an nichts, das sich ihr gegenüber begreift, auch nicht an den Begriff. Begreifen, Erkennen, Denken, Empfinden, Logik und wie sich das Unexzessive auch nennen mag, es bleibt dadurch, was es ist, oder besser: wird wieder werdend zu jenem eignen Werden, Wer?, wie Einaudi es unübertroffen in seinem Divenire begreift und es mehr zum Werden selber bringt, als alles gewordne Wort. Sie alle, diese Werdungen – etymologisch eben: Worte (geronnene Imperative des: Werde!) – haben es gemeinsam, aus dem Exzess selbst exzessiv herauszugehen.

Und weil das Exzessive dieses Exzesses bedeutet, dass er sich – sei es auch in Negationen – auf einer hierdurch erst be-wegten Kante zertanzt, wird es vor allem: gleichgültig, wie er sich regt. Was sich hier als regend regt, werdend wird und so fort, sich mithin zur Bewegung be-wegt auf einer Kante tanzend, einer Kante, die sich in sich selber gefaltet abkantet, das Exzessive aus sich herausfaltet, indem die Kante sich in sich hineinfaltet, das ist wieder selber der Exzess. Er excediert sich darin, dass er sich nicht hat und in diesem Sichnichthaben, diesem Exzess, eben doch zu sich sich bringt, dadurch, dass er sich nichtet und als Hinausgehen über sich über sich hinausgeht und so aus sich herausgeht als herausgehend zu sich, dem Hinausgehen. Er ist der Tanz auf eigner Kante, stets überschrittener Rubicon. Wenn sich da exzessiv in den Begriffen, Regungen, Tänzen, Realitäten – Anderungen nämlich ihrer selbst – und wie das auch sonst noch sich sämtlich werden mag, ein gewisser Schwindel und Taumel einstellt, so ist dieser Taumel und Schwindel nur selbst das Exzessive. Aber wen schwindelt da eigentlich? Noch viel wichtiger: Wer schwindelt da eigentlich wer-dend divenirisch? Was ist dieser Schwindel, zu dem sich dieser kantentanzende Exzess panisch beruhigt? Panisch sagen wir, weil er wie ein Peter Pan oder Lindsey Stirling nicht erwachsen werden wollend gegen den eigenen Schatten antanzt, weil er wie der Panensatyr auch keine Hemmung kennt, weil er – in philosophischen Worten gesagt – das Pan all derjenigen, die hierdurch Eleaten sind, aufbläht, zur Explosion bringt und es als gefaltete Kante, als Rubicon, als Bruch, Umbruch und Exzess excediert. Je exzessiver sich dasjenige, was sich in diesen Worten (Werdungen) eben als nicht sagbar zum Exzess excedierte, zum stets überschrittnen Rubicon excediert, desto exzessiver wird es werdend allem gemeiner, wird: allgemein. Der Exzess ist selbst so ein gleichsam kalyptisches Jedesto. Das ewige Geheimnis des Allgemeinen lüftet sich als dieser Schwindel – als der Schwindel des Boethius etwa, der da, wie jeder, der hierüber wie auch immer spricht, nur schwindeln konnte und den es deshalb auf der Kante schwindelte. Das Allgemeine, sagt Boehtius in seiner Consolatio, excediert immerzu und stets als dasjenige, welches alles, das durch es nicht excediert, excediert. So unbegreiflich, unverständlich dies auch klingen mag – und es klingt so, indem es exzessive Regung ist – es bleibt die höchste Verallgemeinerung des Allgemeinen, das sich eben jetzt auf seiner Kante dazu verallgemeinerte, zu verallgemeinern. Wo etwa Sartre in seiner eigenen eleatischen Panik über Sein und Nichts von einem vergeblichen Versuch spricht, dass die Entreißung sich sich entreißt, zu sich selbst panisch gleichsam als einem äußeren Standpunkt Zuflucht nimmt, wie sie jederzeit kann, ist dieses Fliehen selbst wieder ihr Verallgemeinern. Das allem Gemeine, Hegel fabuliert es in seiner Logik deshalb auch als den Doppelschein auf einer Kante nach innen und nach außen, Schelling sagt in seiner Offenbarungsvorlesung, ein Sein verzichte darin gegen ein Anderes darauf, ein Sein zu sein, es schwindelt übrall und nur dort, wo das Exzessive sich excediert. In solcher Verwirrung fällt erst der Vorhang, wie Opeth sich darüber an gleicher Stelle ausdrücken und es tritt zugleich der Exzess eines einaudischen Divenirens erst zutage.

Nun gut, wendet man da ein. Das Werden wird sich, das Bestimmen bestimmt sich, das Erkennen erkennt sich und so fort, allesamt im Allgemeinen. Nicht nur Boethius, auch andere haben es das Allgemeine genannt. Aber damit zeigt sich ebenso sehr das Problem der Benennung des Exzessiven an, das fortan stets darum ringt, sich mehr und noch mehr Konzepte zu verpassen, die zum Teil miteinander sich ausgleichen oder austauschen, einander ausschließen, beides oder nichts davon – dies wiederum wird dann als Logik, Wissenschaft, Ratio, eben Sprache oder ähnliches bezeichnet – sie alle tanzen auf derselben Kante dahin, manche elaborierter, manche einbeiniger, um es nach Schopenhauer zu sagen. Die hierbei sich panisch verallgemeinernden Exzesse haben dabei eins mehr oder weniger ausdrücklich gemeinsam, eins ist allen gemein, hen kai pan, wohinein sie damit zugleich selbst wie der Luftballon eines Harlekins sich aufblähen, hinter dem sich ein Es – gleich ob bei King oder bei Freud – verbirgt. Und so ein „Mehr oder weniger Ausdrücklichkeit“ des hierdurch einen Exzessiven stellt dabei hinwiederum selbst nur einen seiner Exzesse dar, der über sich hinausgeht, indem er aus sich herausgeht und vice versa, in anderen Worten: eben mehr oder minder sich selber excediert. Aber dieses panische Mehr oder Minder legt sie alle erst auf jenes allen Gemeine an, das dadurch zugleich in ihnen als das Allgemeine Ausdruck findet, indem dieser Ausdruck zugleich das Verschwinden des Exzesses zur Regung, zum Es, zur Transzendenz, zum Jenseits oder wohin auch sonst bleibt. Sie alle, wie der Exzess oder das Allgemeine selbst, bleiben solche Hinausheraus, solche Vorherhervor, solche Kanten, auf denen alle tanzen, solche deliverantisch-damnatischen Fensterbretter, wie jene Opeth sie mannigfach besingen und dabei flüstern: Wer im Exzessiven wer-dend spricht, macht die so widerstandsfähig scheinende Welt bröckeln und den Mond stürzen in seinem Schlaflied der Sprache.

Solch allgemein rubiconisches Vorherhervor und Hervorvorher könnte man daher mit der gleichen Stringenz oder dem gleichen Fehlschlag, wie dem einer Kante, auch als Spur bezeichnen, Spur, von deren jeder etwa Depeche Mode in kleinen Fußspuren berichten, hinterlassen wie von einer Singularität. Das Exzessive, indem alles sein Hinausgehen und es selbst darin sein Herausgehen wird, hinterlässt Spuren, spurt sich die Kante auf ihr tanzend selbst, allgemein zu ihr gehörend. Freilich hinterlässt es diese Spuren, indem es vorher- und hinausgeht, nicht etwa steht, es ist keine Ekstase, sondern Exzess, heraus- und hervorgehend gleichermaßen. Allem ist es daher gemein, als Spur des Exzessiven zu taugen, das Allgemeine dies, dass sich, was hier Exzess genannt wird, exzessiv vorherhervor spurt und deshalb auch ganz anders denn als Exzess – wie hier – sich spuren kann. Seine Selbstunterscheidung ist seine Selbstvereinzelung, das Allgemeine zugleich Besonderung und Einzelheit in sich selbst, wie Hegel und andere Peter Pans zeigen und das unablässig, siebenundsiebzigmal. Solch andere Peter Pans wären auch Pendulum mit ihrem neuntausend Meilen weiten Traktat über die Spur auf der Kante, Exzess zu sich allgemeinend heim.

Wer nun glaubt, dass sich hier das Allgemeine keinen Reim auf sich machen könne als den, es sei gut, dass niemand um seinen Rumpelstilzchennamen wisse, hat aber seine Exzessivität nicht begriffen, nicht erkannt, nicht bestimmt – ist darob selbst in Panik versunken, in Spuren ertrunken wie beim samsaträumenden Sprung in die Pfütze, die das Tor zum Himmel sein könnte. Denn was sich hier, es heiße Exzess, Negation, Bestimmung, Sein, Spur, Allgemeines oder sonst wie [ ] (dass hier kein und jedes Wort stehen kann, auch im Sinne dessen, das gar nicht Wort ist, ist jetzt der springende Punkt), es macht Anspruch auf sein Eines, das sich in seiner hen-kai-Panik heldenhaft in den Rubicon der Kante divenirisch, doch mit Einaudi zuvor immer schon Uno! rufend, hineinwirft, und dort schwimmt, wo sie alle ertrinken. In dornenreichem Exzess ist es sowohl Eigenwach als auch aus und außer sich, bleibt über die schnöden Unterscheidungen in Spuren, in Widersprüche gar, Hinsichten, Mängeln, neuntausend Meilen Ferne als nachfolgendes Hallen erhaben – als das Erhabene selbst natürlich auch. Denn dieses, das da dornenreich im Rubicon schwimmt, auf der Kante tanzt, der in dir alles ändernde Moment in einem weiteren Samsatraum ebenso, wie das Deprofundistief, das aus der Tiefe erst tieft bei ASP – ein Lied stets, wie es nie gehört wurde – und zugleich das eine, das nimmer wanken will im Herbstlied Mendelssohns, es ist das Exzessive selbst, das sich excediert, indem es excediert. Es wird zum zu sich werdenden Werden, indem es ist dadurch, dass es nicht ist, was es ist, der Übergang zum Übergehen, Rubicon und Kante – Wer? Wer wird hier wer-dend? – das Selbst werdende selbst.

Die Kante, sie be-wegt sich in einem, Allgem-einen, nebst all den Spielen, die dieses Wort mit sich noch exzessiv treiben könnte, und tut auf Deutsch exzessiv einen Schritt von selbst zu Selbst oder Selbst zu selbst, wie sich das Sprechen auch excedieren mag. Auf der Kante verstummt zugleich alles Besprechen jener Besprechungen des Allgemeinen, das Exzessive tritt dabei an seine Stelle, als dessen Abkömmling sich dies Sprechen vice versa spurt, doch dabei das Exzessive, das Selbst unter diesem Namen, zurückweist und als Selbst zu sich selber bringt, indem es selbst werdend selbst wird und dadurch Selbst wird, den Exzess ver-allgemeinert. Der Exzess folgt sich. Das Allgemeine, der Kantentanz eines selbst werdenden Selbst, eines überschrittenen Rubicon, der und dem selbst zugleich wieder in seinem Fließen nichts wird, als Selbst zu werden, dies tanzende, schwindelnd torkelnde und taumelnde Allgemeine des hierdurch allem Gemeinen: es ist das Selbst.

Dass sich das Werden in seinem Werden selber wird, die Bestimmung im Bestimmen erst selbst bestimmt, das Wissen stets mitweiß, worin wissen besteht, überhaupt – wie Sokratesplaton es unsterblich herausbrachte – sich in allem sein Herbeigezeigtes (paradeigma) dazuzeigt, und genau hierin die Allgemeinheit des Allgemeinen selbst liegt, nämlich im Verallgemeinern des Selbst zu sich selbst, in alledem regt sich der Exzess. Indem Seiendes etwa es selbst ist, wird das Selbst exzessiv, aus sich herausgehend, seiend, das Seiende wiederum exzessiv, über sich hinausgehend, Selbst. Indem der Exzess so als das aus sich Hinausgehende sich gleichermaßen hervor- und vorhergeht, das Hervorvorher, welches dornenreich alles, nur nicht sich beneidet, macht sein Sichnichthaben allgemeinernd seine und damit die Selbstheit. Es kehrt über neuntausend Meilen in sich heim. Es kehrt sich heim im starren Tanz, der milde alle Wege meidet und her von welker Nacht tiefsten Lichterglanz erblickt, wie es jene Dornen herüberreichen, indem das Allgemeine der selbstische Tanz des Selbst auf seiner eignen Kante ist, ein Fraktal möchten manche wohl sagen, das Logische andere, Selbstverlust ins Selbst wieder dritte. Das Selbst excediert zum Selbst und zwar: selbst, also indem es je nicht es selbst ist, sondern alles, das nicht selbst, nicht Selbst, Nichtselbst und nichtselbst ist, sich als zu sich heimzukehren über den eignen Rubicon, den es überschritten hatte, aus Exzessen wiederum excediert. Dornenreiche Glitzerwucherflut.

Einen Aufstieg, Aszent nennt es B-Complex in Tateinheit mit Hegels Aufhebung und Schellings Positivität und alle drei klingen ähnlich, ebenso wie die unüberschaubaren Formen, die Nightwish voller betäubter Liebe im Erzittern vor diesem Schönen und dieser Fülle hymnenrufen – und diesen Exzess das Schöne zu nennen, wie sie es tun, ist selber genauso exzessiv, wie jeder andre Name ein Exzess.

Selbst heißt, durch sich selbst exzessiv Selbst zu werden. Es heißt, über sich im Exzess, der dies Herausgehen selber ist, hinauszugehen, das Selbst als Vorher seiner selbst, sich selbst als Hervor des Selbst und vice versa zu excedieren – das ist es selbst als seine Kante. Vom selbst Bestimmten zum bestimmten Selbst und zurück verläuft die Kante, auf der dieser Tanz exzessiv sich schwebt. Er handelt davon, dass Bestimmtes selbst ist, indem Selbst ist und dies Bestimmte dadurch sich bestimmt, dass es nicht nur sich selbst bestimmt, sondern sich derart die Bestimmtheit bestimmt, heraus- und hinausgehend, vorherhervor, zu sich selbst sich bestimmend, indem letztlich stets dies Selbst als Allgemeines selbst sich excediert und hierdurch exzessiv bei sich einkehrt. Sich selbst zum Selbst zu überschreiten, zum unablässigen Überschreiten selbst nämlich, zum Exzessiven, und dadurch selbst im exzessiven Selbst (ein Pleonasmus) einzukehren, ist es erst, das jene Regung, die alledem allgemein vorherhervorgeht, sich regen macht – und dabei dies Regen selbst freilich wieder ein solch Allgemeines, eine Kante ist – Selbst und selbst. Alle Rede vom Allgemeinen, von seiner Selbstgenugsamkeit, Ausgeglichenheit, von Widerspruchsfreiheit und Identität auch, von Unendlichkeit und Relation, sie strömt aus dem exzessiven Selbstwerden selbst. Was es selbst und sich selbst sein können soll, muss selbst (nämlich selbstisch und selbstend) zum Selbst den Rubicon excediert haben. Dies Werden wird sich im Exzess des Rubicon, dem Exzess, der selbst sich selbst zum Selbst excediert. Die Kante bleibt jener in dir, dem Selbst, alles, nämlich dich zum Selbst ändernde Moment mit den Träumen Samsas gesagt – passenderweise das, was manche auch kafkaesque heißen. Warum Warum Warum tönt etwa der Ruf in die Düsternis des zu sich werdenden Exzessiven hinein – und Weil weil weil und immer weil, eine Kette der Beschwichtigungen, dichten einstürzende Neubauten das Allgemeine exzessiv hinzu. Spätestens die Stoiker entwickelten ihren Logiken dies Allgemeine als Folgerichtigkeit, Ableitbarkeit und als Konsequenzial.

In Kafkaschlössern beschwichtigt sich der Exzess also konsequenzenlogisch, sich selbst vorherhervorgehend, zum Werden, wird sich hierin, da dies Werden des Werdens exzessiv nicht allein mit dem Wort zusammenklingt – wofern neuerlich Selbst sich selbst wird – sondern auch die Frage selbst nach dem Selbst: Wer? im Wer-den ausdrückt, das da ankommt und diveniert. Sich hierüber zu artikulieren, gehört dem Exzessiven an. Exzess, Kante, das sich Wer-dende, das Selbst, welches über und aus sich vorherhervor hinausherausgeht und deshalb allem sich selbst auch zurückgibt, wird so es selbst. Es wer-det. Dabei wird aber der Exzess von selbst zum Selbst zugleich sich. Das sich vorher und hervorgegangene Selbst geht über sich hinaus, aus sich heraus und damit in sich hinein. Exzess excediert sich selbst darin, dass er allem selbst gemein wird, nicht nur das Selbst allem gemein. Im ersteren Fall besondert er sich zu allem, das hierdurch es selbst wird, im letzteren Fall, alles gemein-sam Selbst wer-dend ist er die Kante und der Tanz auf ihr. Beides excediert freilich als es selbst und als Selbst – das ist der Tanz des Allgemeinen.

Was mithin es selbst wird, geht stets über sich hinaus zum Selbst, das nichts als dieser Exzess ist und derart vorherhervor allem, das es selbst wird, gemein in sich sich gekehrt wird. Selbst wird hinausgegangen in sich Gekehrtes, nichts weiter.

Philosophie heißt zumeist, diesen Tanz zu tanzen. Seine mannigfachen Figuren, Schrittfolgen, Schwünge, Stopps und Drehungen, seine ganz verschiedenen Taktungen, ja die prinzipiell ganz andere Musik, die sich dieser Tanz in Tänzen da selber hermusiziert, sie werden nichts als selbst und Selbst, der Exzess zwischen beiden, der einzige Exzess überhaupt, die Kante, auf der das Selbst selbst tanzt. Es herzschlägt das exzessive Selbst, zeitigend, vergegenständlichend oder wie auch sonst, gleichsam seinen Walzer im überschwänglichen Fluge, der sich selber erst seine Wege tanzt, und deshalb von Schostakowitsch mit Recht als immerwährend philosophiert ist. So wird eine solche Philosophie exzessiv – sie kann ja als Tanz des Selbst freilich nicht anders – über sich selber reden, sich als Subjekt oder Objekt, als Subjektobjekt, als Handlung, Erfahrung, Denken, Offenbarung, Wissenschaft, Poeterei und so fort erklären. Diese Exzesse, sie heißen Begriffe, Phänomene, Seiende, Dinge oder sonst, alle haben sie die tanzende Allgemeinheit des Selbst in sich, so sehr sie selbst werden, ganz gleich, ob sie hierüber sich Rechenschaft geben oder nicht, denn der Exzess aus sich in sich hinein bleibt. Das Selbst kann etwa sein Selbstwerden in allem, welchem selbst zu werden gemein ist, wie bei den Cartesianern panisch sedieren als Clare et Distincte, als klar und deutlich. Allein dort wird es wieder exzessiv, wo es eine Klarheit und Unterscheidbarkeit erreicht, so es einfachste Aussagen, Protokollsätze, Weltformeln über sich anfertigt, evident bleibt, was immer dies heiße, Dogma auch, Gesetz, Persönlichkeit, Gewissheit, Begriff und so fort, sich mit sich als Unmittelbarkeit vermittelnde Vermittlung ebenso wie als Zeitigung von Zeit, die boethanisch nichts als das ins Selbst hineintanzende Allgemeine selbst ist. Die Liste der Exzesse ist exzessiv unüberschaubar, doch ist ihnen gleichermaßen allen gemein, allem gemein zu sein, zu excedieren. Der Rubiconschritt zwischen „allen gemein“ und „allem gemein“ im letzten Satz ist selbst so ein grammatomystologischer Exzess.

Werden, der Exzess des Wer, dem alles zu sich selbst hervorvorhergeht, indem das Selbst hinausherausgeht, es spurt sich hier, wandelt auf jenen Stapfen, die es selbst sich zum Voraus hinterließ im Selbst, das es wieder selbst wird als dies Werden. Das Exzessive excediert sich zu Exzessen, die ihm erst sein eignes Allgemeines werden. Es ist, sich zu regen, bei sich zu sein, sich selbst zu sein, indem es vorherhervorhinausherausgeht. Exzessiv ist alles, das in sich selbst seine eigene Vernichtung tanzt, indem es wird, in klassischeren Worten: das zugleich vergeht, indem es wird und welche sprachlichen Verallgemeinerungen sich dafür noch spuren mögen. Der Exzess subsumiert sich dabei ebenso unter sich, wie er sich selbst als sein eignes Gesetz formuliert, sich auf sich verpflichtet, sich also selbst seine eignen Gründe gibt und so fort – keins davon macht einen Anfang. Er wird Selbst, das sich da begründet, sich zur Regel regelt, seine eigne Bestimmung bestimmt – Sequenz seiner selbst ist. All dies schuldet, verdankt und verpflichtet sich dem Selbst, dem Exzess, der bei sich ist, indem er über sich hinaus und sich vorhergeht, sich selbst wird, dadurch er als unselbst überhaupt erst Anlage, Regung, Spur wird, zu sich selbst und damit zum Selbst, das ihm selbst sein Unselbst, seine Spur, als be-wegt spurt. Mithin wird alles dadurch als nicht das Selbst excediert, dass das Selbst exzessiv dies Nichtdasselbst, also den Exzess vom Selbst zum selbst, spurt. Alles excediert sich als nicht das Selbst, indem es genau hierdurch, nicht das Selbst zu werden, es selbst wird.

Alles Nichtselbst, das sich da allem Gemein macht, das eben nicht das Selbst, sondern selbst wird, sich selbst auch wird, excediert sich in die Allgemeinen. Wollte dieser Plural sich begreifen, werden allerlei exzessive Ismen: Psychologismen und Kosmologismen, Naturalismen, Philosophismen, Rationalismen, Ästhetizismen, die sich erklären, begründen, darstellen oder sonst etwas mögen, was das Selbst da in demjenigen mit sich treibt, das nicht Selbst, sondern selbst wird.

Exzesse, auch und gerade solche unselbstischen, heißen dabei aber stets, dass Selbst sich selbst auf sich verpflichtet, stets Selbstwerden selbst wird, gleich, welchen Begriff, welches Konzept, welche Ideologie, Monade oder Hypostase man diesem Wer-den des Wer oder seinen Worten panisch gibt. Was also zumindest zu sich selbst, wenn auch nicht kantentänzelnd zum Selbst, excediert, spurt sich dennoch hierauf ein, indem es, als es selbst, nicht anders kann, als selbst zu werden und, im Tanz auf seiner vorherhervor gespurten Kante, und dadurch nicht anders kann als Selbst – sein Allgemeines – zu werden, dadurch es selbst wird. Hierauf fußt sämtliches Vermögen-zu, es ist exzessiv.

Darüber geht aber nicht nur alles hinaus, was vermag, sondern es liegt ebenso zugleich alles, das nicht anders kann im Exzess, die Notwendigkeit, der Zwang, das Gesetz manchmal genannt. Selbst heißt, sich selbst auf seinen eigenen Spuren anheimgestellt zu sein, sich selber der eigene allgemeine Exzess zu werden durch sich. Dies Sich seien freilich vielleicht vermittelnde Zwischenschritte, denen sich das Selbst als zu sich gelangend ausliefert in Gründen, Ursachen, Zwecken, Regeln, Gesetzen oder andrem, durch sich also begründet, vermittelt, sich ausliefert und von sich gezwungen wird. Nicht nur liegt die einzige Verpflichtung also in der Selbstverpflichtung, Verpflichtung des Selbst, das Selbst ist obendrein eine einzige Verpflichtung auf sich, es sei seine Aufforderung, Intention, Wissenschaft, Struktur, Administration, sein Recht oder seine Moral, sein Brauchtum, seine Natur und Kultur, seine Notwendigkeit oder sein Schicksal und Fatum.

Diese exzessiven Spuren des Selbst, seine Allgemeinen, dasjenige das als allen Spuren gemein sich als dem Selbst konsequent selbstverpflichtet spurt, sie excedieren sich selbst und einander wiederum dazu, sich den andren anzuverallgemeinern, sie als Spur ihrer selbst zu regeln und sich derart als ihr Selbst, das sie selbst eben exzessiv als bloß sie selbst nicht sein können, sequentiell einzuspuren. Diese Spuren sind die Fußstapfen, die sich ihr Exzess auf der Kante ihres Selbst zwischen diesem Selbst und ebenso ihnen selbst verallgemeinernd vorherhervortanzt. Sie werden dadurch selbst, dass ihr Dadurch zu ihrem Exzess sich ihnen verallgemeinert als ihr Selbst und sie selbst. Dabei verallgemeinern all die Exzesse des Exzesses sich selbst stets zur gegenseitigen Spur, liefern sich selbst einander exzessiv aus und bleiben doch allein ihrem eignen Herren und Meister, dem Selbst, verpflichtet – gleichsam allesamt Kandidaten, selbst das Selbst aller andren zu werden, wodurch das Selbst exzessiv über sich hinaus- und aus sich herausgeht. Man könnte freilich einen endlosen Katalog all der Spuren anführen, die sich im Schneefall des Allgemeinen ziehen, dabei akribisch verzeichnen, wie das Selbst sich darin besondert und vereinzelt zu sich selbst und zum Selbst jener Spur damit, doch geht solches Katalogisieren als stets weiteres Hinausgehen über sich hinaus, woher auch die Unabgeschlossenheit und all die Panik um ihren Abschluss stammt. So oder so wird der Exzess Selbst oder selbst sich, denn sein Hinwegfallen von sich ist sein Zusammenfallen mit sich, das und schlicht so wird die Kante. Alles Inexzessible und -ive ist hinausherausgegangen aus dem Exzess. Dass es nicht er ist, ist sein Hinausgehen und es dadurch wiederum selbst, excedierendes Selbst, nämlich: dass er nicht er ist.

Der Rubicon ist überschritten. Denn das Werden wird, das Spuren spurt, das Exzessive excediert dadurch, dass es sich in jedwedem Hervorgehen vorhergeht, die Kante betanzt, alles als aus sich, dem Hinausgegangenen, herausgefaltet spurt, unzählige Spuren zieht, die einander beallgemeinern ebenso wie sich zu verallgemeinern, einander in ihrer Falte und Spur wieder hinausgehen und so fort. Das alles ist nicht allzu verwunderlich, denn das Selbst [ ] eben selbst und jenes [ ] heißt bei uns: Kante.

Doch wieder: Der Rubicon ist überschritten. Das Selbst excediert sich selbst und der Tanz geht weiter, auch dort, wo es stehen bleibt und meint, Gesetze, Regeln, Pflichten, Formen, Negationen und Axiome über sich zu machen. Aber alles, was du siehst, ist längst nicht alles, was du sehen kannst, wie es in den Samsaträumen heißt. Denn nicht etwa, weil es dies zur Vervollkommnung seiner selbst benötigte, bleibt dem Selbst auf seiner Kante etwas von sich, das nicht zu ihm gehört. Das Selbst excediert sich zu sich selbst, indem es sich negiert, würde ein braver Logiker sagen, und ein exzessiver noch hinzufügen: und die Negation ist selbst dieser Exzess des Selbst.

Wieder ist der Rubicon überschritten. Es scheint gerade dem Philosophen am schwersten zu fallen, kein Philosoph zu sein, nicht hinüberzusetzen. Und nicht hinüberzusetzen heißt ja selbst wieder, schon exzessiv zum Selbst hinübergesetzt zu haben. Auf der Kante ist nicht nicht zu tanzen. Von so einem irrsinnigen Odysseus ist x-symphonisch (jenes unbekannte X des Fichte und Schelling) im Selbstaspekt fabuliert, es ginge ihm in seinem jahrelangen Hinübersetzen um die Vereinigung zweier Seelen, die Odyssee des Allgemeinen im Exzess, von der Homer dichtete, das zu sich ebenso Niemand sagt, wie es ohne charonisches Hinübersetzen direkt ins Reich des Nichtens gelangt und so fort. Alles sagt schweigend, ohne es sagen zu können, dieses Odysseusselbst voraus, wie Blind Guardian in ihrem Epos über diese stets kommende Stille dichten, die immer wortlos gewesen sein wird. Gleich diesem Odysseus irrt das Selbst exzessiv auf offner See, auf seinem Exzess, irrt umher in sein Heim, sich selbst. Hierüber ergehen sich auch die unbenannten Fortsetzungen dieser Odyssee des Selbst bei Symphony X, die vom Verlust, vom verlorenen Paradies ebenso wie vom verlorene Allgemeinen, von dem verlorenen All erzählen: wohin nur ist der Held, das Selbst, je verschwunden und je Held im und durch Exzess? – von diesem Verlust wird noch viel zu reden sein.

Eins nämlich bleibt in alledem erstaunlich und es ist schwer, darüber überhaupt ein Wort und eine Werdung zu verlieren. Denn wird es, dann excediert sein Selbst einmal mehr und der Rubicon wird überschritten gewesen sein. Dies eine, das da erstaunt: wie kommt es, dass nicht alles stets schon Selbst geworden? Wie kommt es, dass das Selbst, Exzess, sich excediert und Unselbst wird zu seinem Werden? Exzessiv sind Allgemeine, aus sich Hinausgehende, die herausgegangen als Vorherhervor wiederum zum Selbst heimkehren. Doch, sobald sich dies erfragt, wird es wieder selbst, spurt sich hinausgehend in sich ein. Dann wird eben gesagt, der Exzess führe über sich selbst hinaus, excediert sich und wird dadurch erst Exzess, dadurch erst: selbst und hinwiederum Selbst. Solches Fragen verallgemeinert sich, wird selbst und erfragt nicht, was es erfragen will, wodurch es wieder exzessiv gemacht wird.

Sich und es selbst in einem werdend nannte sich ein solches Nichtfragen hin und wieder das Principium Individuationis oder, was in den gleichen Pfad sich spurt, der wiederum dornenreich fort, weit fort, von Haus und Heim einlädt: Individuum est ineffabile. Die Kante ist dieser schmale Pfad und Grat, der sich vorherspurt und hervorgeht. Im Verallgemeinern vereinzelt sie sich, denn das Selbst, so alles selbst, wird als Allgemeines nur, indem es einzelt, der Rubicon sich auch in diese Gegenrichtung überschreitet, der Pfad seine eigne Gabelung spurt in all den Verallgemeinerungen, die selbst werden, dadurch das Selbst sich zum Einzelnen entallgemeinert, dem es sich zugleich verallgemeinert. Das Selbst excediert sich als Einzelnes, indem es kantentanzend alles, das selbst konsequent hierdurch wird, sich verpflichtet. Im Exzess, der dabei selbst erst selbst wird, geht es also über sich hinaus, weshalb es sich als ineffabile in allem hierdurch Verallgemeinerten eine Spur gibt.

Ineffabil excediert es sich zum effabilen Exzess, vereinzelt sich nicht anders als exzessiv, wodurch der Exzess als Einzelnes sich verallgemeinert, demgegenüber alles selbst bleibt, aber nicht Selbst. Die hierdurch sich exzessiv werdende Differenz von selbst und Selbst, sie wurde hin und wieder das Besondere, Prozess, Vermittlung, Werden, Differance, Difference, Inferenz, Mittelbegriff, Exzess, Kante und tausendfach anders genannt – je nach dem Allgemeinen, das da eben besondert. Boethius etwa, dieser Kardinal des Allgemeinen, nennt sie in der Consolatio die Zeit, seine Differenz des Selbst in sich selbst, das in seiner eignen Differenzgespurtheit, auf seiner Kante mithin, auseinandergeht in eben diese Differenzierung des sich selbst excedierenden Allgemeinen, in die Zeit. Johannes Duns Scotus nennt, was schon zu seinen Lebzeiten seit Jahrtausenden mit dem Einzelnen verwechselt wurde, in seiner Ordinatio die Haecceitas, die Diesheit und ihr Dieses, stimmt so in den Missverstand ein, als wäre das Exzessive etwas, das man wie einen Gegenstand zeigen könnte – und „Gegenstand“ ist freilich selbst eine solche Verallgemeinerung des Exzessiven. Auch Unmittelbarkeit, die mit dem Selbst entweder nichts zu tun hat, und gewusst, geliebt, getan werden muss, ist das sogenannte Selbst schon gewesen, sei es im Namen von Spinoza, Ibn Sina oder Descartes, Unbewusstes, Vergessenes, Trieb auch der Psychologen, Reiz, Entladung oder Hormon ihrer Freunde. Das ist auch alles gar nicht verkehrt und die Liste der Exzesse des Selbst wäre endlos fortzusetzen, bis hin auch zu Augustinus, dem wie Boethius der Exzess als Zeit geworden war und der auf der Kante tanzend sehr ausdrücklich bekräftigte, wie er sie, die Zeit, ganz selbst und zugleich – als Selbst – gar nicht kenne, wenn man ihn danach frage.

Also: fragen wir nicht. Das Selbst exzessiv befragt, wie es dazu hinausgeht, sich vorhergehend in Spuren seiner selbst zu hervorzugehen, wird all dies Fragen auf sich einschwören, seine hierdurch errichteten Festungen als sein eigener Grabnebelfürst wieder sakralästhetisch fallen sehen, und alles zu sich selbst und hinwiederum zum Selbst verallgemeinern. Dies exzessive Befragen, selbst schon die Besonderung des Selbst zur Frage, schon zum Exzess selbst und nicht mehr zum Exzessselbst herausgehend, es trug schon ebenso viele Namen, wie das Selbst selbst. Es muss ja als exzessiv: Totus floreo! – ruft es mit den Carmina Burana sich zu, von ganzem Herzen und aus ganzem Geist nach dem Omnia sol temperat. Zwar mag der Name einer Philosophie weiterhin einer der erfolgreichsten dieser fragenden Jagd des Einzelnen des Allgemeinen sein, doch handelt es sich dabei wiederum um eine der Spuren des Exzessiven selbst und damit des exzessiv allgemeinen Selbst.

Also: fragen wir nicht. Der Rubicon ist überschritten, in jede Richtung. In welcher Weise auch immer nach dem Selbst und nicht nach etwas selbst zu fragen und hierin Philosophie zu machen ist, es bleibt excediert über den Rubicon gespurter Exzess auf durch sich ertanzter Kante des Allgemeinen. Philosophie bleibt die exzessivste Wissenschaft unter allen möglichen Wissenschaften, die konkreteste, vereinzeltste und allgemeinste zugleich – weswegen die Philosophen immer wieder in Staunen versetzen – daher excediert sich in ihr das Selbst zu sich, selbst ohne in gewordnen Worten nach dem Selbst zu fragen. Nach der Frage sich fragend selbst einen Pfad und eine Spur zu sich zu legen, all dies Fragen ist – Aristoteles sagt unsterblich: nach dem Mittleren – immer der Exzess selbst und damit das bei sich einkehrende Selbst. Schelling hat hierzu übrigens negative Philosophie gesagt und dem eine positive Philosophie, eine der Offenbarung und Mythologie auch, anheimgestellt. Doch auch er blieb ein treuer Diener des Selbst, das sich da spurt, indem er den Exzess, den Umschlags- und Indifferenzpunkt zugleich, wie man im Anschluss an ihn manchmal sagte: erfragt, erfährt, denkt.

Auch hier ließe sich mithin fragen: Wie kommt es, dass überhaupt etwas selbst und nicht allein das Selbst ist? Die Antwort wäre wiederum in mannigfachen Benennungen und Konstruktionen der Exzess und damit das Selbst selbst. Damit lässt sich, soweit es Philosophie, Theologie oder welche echte Wissensform auch sonst betrifft, jede Letztbegründung verallgemeinern, denn sie ist Selbstbegründung und als das Allgemeine alles Allgemeinen zum Selbstexzess excediert. Alles verpflichtet sich sequentiell und kategorisch auf dies Selbst, es sei auch ein sich Negierendes, das sich darin kantentanzend vereinzelt. Wieder ist der Rubicon überschritten. Wieder ist erkannt, gewusst (andres ist ja in der Tat kein echtes Wissen, sondern höchstens Imitat desselben) und eingesehen. Wieder nichts Verwunderliches dran.

Wenn Hegel seine Phänomenologie einleitet, Wittgenstein sein Über Gewissheit bestimmen lässt, Descartes seine erste Methodenregel, Peirce alle Überzeugung fixiert, mit der Frage, worüber und woran überhaupt gezweifelt werden kann, wo also Zweifel überhaupt stattfindet und wo nicht – damit auch zeigt, dass zu zweifeln schon nicht allein deshalb bloß Zweifeln ist – dann excediert sich darin selbst schon die Frage selbst, nämlich diejenige, wo überhaupt gefragt werden kann. Und gefragt kann, so sehr wird die Frage exzessiv selbst, dort werden, wo gefragt wird – aber auch nur dort. Denn sie verallgemeinert sich exzessiv ebenso, wie alles sonst Exzessive. Daher ist auch Philosophie als die höchste Kunst des Fragens zugleich mit allem und jedem wie auch mit gar nichts als sich selbst und alles und jedes in ihr mit sich befasst. Der Exzess drängt in sich selbst hinein, indem er über sich hinaus drängt, er liegt an sich selbst und damit am Selbst, es gebe sich Gesetze, Gründe, Zwecke, Sinn, Erfahrung, Fragen oder sonst ein Allgemeines, indem es sich derart exzessiv vereinzelt. Der Rubicon ist überschritten.

Es mag auch, wie alle, die von Schein, Erscheinung oder sonstigen Exzessen dieser Art sprechen, ohnehin eigentlich nur das Selbst werden als sein exzessives Werden und ihm gegenüber alles, das bloß selbst ist, eine Mangel-, Mehr-, Ausdrucks-, Ableitungs- oder eben Erscheinungsform, ein Phänomen sein, sie alle bleiben den Gesetzen und Regeln des durchaus sowohl transzendent als auch immanent gefassten Selbsts verpflichtet, wie solche Erscheinungen sich auch geben mögen. Wieder ist der Rubicon überschritten.

Der Rubicon selbst mag sich als Exzess, im Exzess oder zum Exzess überschreiten. Er ist dann wieder überschritten, wie stets, seit wir auch hier anfingen, über ihn zu sprechen. Das Exzessive selbst bleibt sich dadurch, dass es zugleich das exzessive Selbst ist, verpflichtet, von sich begründet, sein eigner Gesetzgeber und sein Daimonion.

Doch, und das ist das Verwunderliche, excediert das Selbst nicht nur, es [ ] zudem, oder es: eskaliert. Diese Eskalation in seiner exzessiven Selbstverpflichtung und -gesetzgebung, sie eskaliert im Erkennen, Handeln, Erfahren, Erscheinen und welch Allgemeinen seiner selbst auch sonst.

Zu [ ] vermag das Selbst dort, wo es eskaliert, nur dass diese Eskalation nicht, wie sein Exzess, seine – wenn auch negative – Selbstverpflichtetheit als Selbst bedeutet, der gegenüber das Eskalieren in ein nebeliges, imaginiertes Dahinter seine Zuflucht nähme, ein „Hinter dem Selbst“, ein Jenseits, das sich selbst nur wieder in seiner Unbegründbarkeit, Hinterlichkeit excediert und ein negatives Allgemeines des sich eben durch die Hintertür wieder zu sich excedierenden Selbst bleibt.

Die Eskalation, dasjenige, das sich exzessiv zu sich selbst und zum Selbst skaliert, ist die Kante, auf der der Exzess selbst erst tanzt, das Einzelne, das nicht schon excediert ist, dasjenige selbst, das erstaunlicher Weise nicht Selbst wird, dies und sich darin weder begründen, beschreiben oder benennen kann, die Haecceitas, die keine ist, das Selbst, das sich nicht selbst verallgemeinert und vereinzelt, indem es sich excediert, sondern das eskaliert zu demjenigen, das weder selbst noch Selbst ist, demjenigen, dessen jedwedes Exzessive sich selbst und damit das Selbst erst excediert zum Exzess, demjenigen also, dem das Exzessive auch hier erst hinausgegangen ist zu sich selbst, indem das Selbst sich hierdurch excediert und spurt, begründet, verpflichtet zu sich selbst und sowohl absolut letztbegründet wie auch als nichtssagender Schein sich verallgemeinert. Der Rubicon ist natürlich auch als Exzess der Eskalation: wieder überschritten.

Doch der Exzess zwischen selbst und Selbst eskaliert gerade dort, wo er nicht Selbst wird, sich nicht excediert. Er geht nicht über sich hinaus, indem nicht hinausgegangen, geworden, getanzt wird. Dies dann Negation, Negativität oder auch wieder Exzess zu nennen, spurt bereits wieder seine Herkunft aus dem Selbst, das ihm derart vorher und hervor zugleich geht, sein Ziel und sein Ursprung in einem – welche Dichotomie ohnehin diejenige des Selbst bleibt, das sich verallgemeinernd excediert. Indem der Exzess sich unablässig zu sich überschreitet, den Rubicon überschreitet und auf der Kante tanzt, wird er sich selbst und das Selbst allgemein (selbst) und einzeln (Selbst). Was ihm aber weder selbst noch Selbst ist, eskaliert, indem und dadurch es excediert, bildlich gesprochen seine Kante nämlich, unbildlich bildlich sein [ ], dasjenige zwischen selbst und Selbst, das Mittlere in Aristoteles' Worten, das Unmittelbare in denen Hegels, der Infinitiv und das Interim, nach dem nicht gefragt wird, indem gefragt wird.

Allein, was schon selbst wird und dessen Werden damit selbst wird, exzessiv selbst und Selbst zu werden, es heiße auch: Bestimmung, Begründung, Erscheinung, Gegenstand, Werden, Exzess oder nehme einen anderen seiner unzähligen sich gegenseitig be- und verallgemeinernden Namen an, solches allein spricht von so einem [ ], einem Interim seiner selbst und zwar indem es excediert. Exzessiv spurt und verallgemeinert nur, was als es selbst dem Selbst ausgeliefert ist und gleichermaßen sich ausliefert, bis zum Exzess.

Eskalation demgegenüber nennen wir dasjenige, welchem das Selbst nicht etwa nicht weit genug, sondern: schon zu weit geht im Exzess – wozu er sich auch allgemein mache. Es entgeht der Selbstgesetzgebung, Selbstverpflichtung, Selbstbegründung und allem, das es selbst heißt, deshalb im Exzess auf gleichsam der absonnigen Seite sich nicht: skaliert (weder vorher- noch hervorgeht). Was zu sich selbst, seinem Selbst und dem Selbst zugleich heraus- und hinausgeht, geht dem Eskalierenden zu weit, flicht es exzessiv in sich selbst und ins Selbst ein, denn es kommt damit und hierdurch mit sich nicht zurande, es sei etwa als Dimensionalität einer Raumzeit, als Denken, als Leben, als Sein, Nichts oder Exzess. Wie sich der Exzess auch noch excedieren mag zu derlei Allgemeinen, deren er selbst freilich auch ebenso eines ist, spurt sich das Allgemeine selbst, sie alle hierdurch wieder und wieder zum Selbst sich spurend. Es spurt sich nämlich hierin demjenigen, das sich in diesen Werdewörtern „Exzess“ nennt, spurt je sein eignes Allgemeines ein, indem es sich befähigt, sich selbst und das Selbst