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© 2018 Dietrich Rusam

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7481-3625-5

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Seit etwa zwanzig Jahren spreche ich immer wieder im Bayreuther Lokalradio Mainwelle wochenweise die „Gedanken zum Tag“. Manchmal fiel es mir ungeheuer schwer, so einen Gedanken innerhalb von rund 70 Sekunden auf den Punkt zu bringen, manchmal flossen die Gedanken aber auch nur so aus mir heraus. In jedem Fall habe ich mich aber immer wieder sehr gerne bereit erklärt, Gedanken zum Tag auszuarbeiten und aufzunehmen. Sind sie doch eine willkommene Möglichkeit, Menschen, die kaum den Weg in eine Kirche finden, zum Nachdenken zu bringen, ihnen zu helfen, ihr Leben etwas leichter zu führen!

Immer wieder bin ich gefragt worden, ob es nicht die Möglichkeit gebe, die Gedanken einmal nachzulesen. Aufgrund dieses Anliegens ist das vorliegende Büchlein entstanden. Anlässlich der Veröffentlichung danke ich allen treuen Zuhörerinnen und Zuhörern der „Gedanken zum Tag“, ganz besonders aber meinem Aufnahmeleiter Sven Ammon, der – obwohl längst Pressesprecher bei „medi Bayreuth“ – immer noch zu den Aufnahmen in die Mainwelle kommt, der klaglos alle Versprecher in mühevoller Kleinarbeit ausmerzt, der mich immer wieder zu neuen Gedanken zum Tag anregt und mit dem ich im Rahmen der Aufnahmen immer wieder auch herzlich lachen kann.

Bayreuth im November 2018 Dietrich Rusam

Januar

1. Januar

Als ich nach vielen Jahren wieder einmal einen guten Freund besuchte, legte mir dieser – gerade als ich mich verabschieden wollte – sein Gästebuch vor. Ehe ich etwas hineinschrieb, blätterte ich es ein bisschen durch. Da fanden sich ganz unterschiedliche Eintragungen, lustige und nachdenkliche, langweilige und spannende. Ein Gästebucheintrag zum Neujahr hat mich besonders beeindruckt. Dort stand ein Gedicht, das ich Ihnen zum Neuen Jahr weitergeben möchte:

Fang das Jahr mit Jesus an,

denn er zahlt mit seinem Leben,

dass ich neu beginnen kann,

alte Schulden sind vergeben.

Jünger Jesu, denkt daran:

Fangt das Jahr mit Jesus an!

Fang das Jahr mit Jesus an!

Jesus zeigt die Liebe Gottes.

Fang das Jahr mit Lieben an;

Gottes Sohn war Raub des Todes.

Wer dies' Opfer ahnen kann,

fängt das Jahr mit Jesus an

Fang das Jahr mit Jesus an!

Jesus ist der Quell des Lebens.

Fang das Jahr mit Hoffnung an!

Keiner kommt zu ihm vergebens.

Jeder von ihm trinken kann;

fang das Jahr mit Jesus an!

In diesem Sinne: Bleiben Sie behütet!

2. Januar

Vielleicht ist es trotz allem noch nicht zu spät! Vielleicht ändert sich ja doch etwas in den Köpfen der Menschen! Unsere Bibel erzählt auch von Menschen, die in der Gestaltung ihrer Lebensumstände ihre eigene Begrenztheit vergessen und in ihrem Hochmut meinen, immer höher hinauf steigen zu können. Die Ereignisse in Japan zwingen uns aber dazu, Verantwortung für das Handeln der letzten Jahrzehnte zu übernehmen, indem auch wir uns jetzt fragen: Wie wollen wir weitergehen? Wie soll es weitergehen? Die Bibel kennt das Motiv der Umkehr. Gleich zu Beginn des Markusevangeliums ruft Jesus seinen Zuhörern zu: „Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ Und Martin Luther war es, der in der ersten seiner 95 Thesen von 1517, die den Anfang der Reformation bildeten uns die Notwendigkeit einer täglichen Umkehr, Buße ins Stammbuch geschrieben hat: „Wenn unser Herr und Meister Jesus Christus sagt: Tut Buße! So wollte er, dass das ganze Leben der Christen eine stete und unaufhörliche Buße sei. Vielleicht fangen wir spätestens heute an – mit dem Umdenken und mit der Buße. Vielleicht ist es noch nicht zu spät! Bleiben Sie behütet!

3. Januar

Haben Sie eigentlich gute Vorsätze gefasst für's Neue Jahr? Oder haben Sie längst vor sich selbst kapituliert: Ich schaffe das sowieso nicht, was ich mir vorgenommen habe. Vielleicht fangen Sie dieses Jahr einmal ganz anders an und nehmen sich als Einziges vor, dass Sie sich selbst treu bleiben. Machen Sie sich bewusst, was zu Ihnen passt und ob Sie sich verbiegen müssen, um es dem einen oder anderen Recht machen zu können. Ja, natürlich werden da auch Fehler nicht unterbleiben. Aber dafür kann man auch um Verzeihung bitten. Das gehört dazu. Aber letzten Endes kommt es doch darauf an, dass man seinen eigenen Weg und seine eigene Art und Weise zu leben, zu lieben, zu vergeben und zu arbeiten findet. Machen Sie's in diesem Jahr auf Ihre Weise; und dann können Sie vielleicht auch zufrieden mit sich und in Frieden mit anderen am Ende des Jahres sagen: Ich habe vielleicht Fehler gemacht, ich habe gekämpft und gearbeitet, auch mal gestritten und geliebt, aber ich bin mir treu geblieben, ich hab's auf meine Weise getan – i did it my way! Bleiben Sie behütet!

4. Januar

Freuen Sie sich, wenn Ihnen ein Schornsteinfeger begegnet oder wenn Sie ein Hufeisen finden würden? Haben Sie Angst, wenn eine schwarze Katze Ihnen über den Weg läuft, am Ende noch von links nach rechts, wenn ein Spiegel zerbricht oder etwas Schwarzes unter dem Christbaum liegt? Ich weiß nicht, woher alle diese Anschauungen kommen, die wir unter dem Begriff „Aberglauben“ subsummieren. Fraglos aber ist, dass die Glückssträhne, die uns Hufeisen oder Schornsteinfeger versprechen, irgendwann aufhört, sofern es sie überhaupt gibt. Und die Angst vor dem Unglück, das uns in Aussicht gestellt wird bei der schwarzen Katze, dem zerbrochenen Spiegel, dem teilweise schwarz eingepackten Geschenk unter dem Christbaum, die kann lähmen. „Glaube, dem die Tür versagt, steigt als Aberglaub’ ins Fenster. Wenn ihr Gott vom Haus verjagt, kommen die Gespenster!“ So sagt es ein altes Sprichwort. Darum möchte ich all dem Aberglauben, den es bei uns gibt, ein gesundes Gottvertrauen gegenüberstellen. Gott verheißt uns zwar nicht eine immerwährende Glückssträhne, aber er ist bei uns - was auch passiert. Und diese Zuversicht kann befreien, befreien von unnötiger Angst vor einem möglicherweise schlechten Vorzeichen. Sie brauchen keinen Glücksbringer, denn Gott ist bei Ihnen – an jedem neuen Tag. Bleiben Sie von diesem Gott behütet!

5. Januar

Wir Menschen stehen immer wieder an Schwellen, an denen wir uns entscheiden und Wege einschlagen müssen, die wir nicht überschauen. Ob Ausbildung oder Beruf, ob Partnerschaft oder Familie, ob Karriere oder Krankheit, immer wieder liegen vor uns verschiedene Möglichkeiten, und wir müssen uns entscheiden. Dabei bleibt jede Entscheidung unklar und unsicher. Ein einfaches Schwarz oder Weiß, ein schlichtes Rechts oder Links, ein eindeutiges Plus oder Minus, das mögen die Alternativen einer Computerwelt sein, nicht aber die des wirklichen Lebens.

Manchmal möchten wir wirklich gerne in die Zukunft schauen, Wahrsager befragen, Handleserinnen in Anspruch nehmen. Welche Entscheidung wird die richtige sein? Aber bei aller Unsicherheit, die uns immer wieder beschleicht, dürfen und sollten wir uns durch selbsternannte Hellseher die eigenen Entscheidungen nicht aus der Hand nehmen lassen. Glaube an Gott besagt, dass unsere Entscheidungen haltbar sind und von Dauer, obwohl wir ihr Ende nicht absehen können; dass unser Tun und Lassen zum Guten gedeiht, auch wenn wir immer wieder im Kreis gehen. Dies alles ist mit der Hoffnung des Glaubens auf ein gesegnetes Leben verbunden. Bleiben Sie behütet!

6. Januar

Am 6. Januar feiert die orthodoxe Kirche ihr Weihnachtsfest. „Ja, wie denn nun?“ möchte man fragen, „wann ist Jesus denn wirklich geboren? In der Heilige Nacht zwischen dem 24. und dem 25. Dezember oder am 6. Januar?“ Ganz ehrlich: Wir wissen es nicht. Unserer orthodoxen Schwesterkirche sei zugestanden, dass der 6. Januar das ältere Datum ist. Die Westkirche hat irgendwann einfach beschlossen, das Weihnachtsfest zwei Wochen vorzuverlegen, und zwar auf den Tag der Wintersonnenwende. Dann werden die Tage wieder länger und die Nächte wieder kürzer. Was liegt näher als, auf diesen Termin die Geburt dessen zu legen, von dem wir glauben, dass er das Licht der Welt ist? Machen wir es uns heute also noch einmal bewusst: Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude! A und O, Anfang und Ende steht da! Gottheit und Menschheit vereinen sich beide. Schöpfer, wie kommst du uns Menschen so nah! Himmel und Erde, erzählet’s den Heiden: Jesus ist kommen, Grund ewiger Freuden! Bleiben Sie froh und behütet!

7. Januar

Wenn die Arbeitswoche beginnt, setzt wieder der gleiche Trott wie immer ein, man sieht wieder die gleichen Gesichter, hat wieder die gleichen Probleme und alles ist wie immer. In einer Fernsehreportage habe ich vor einiger Zeit gehört, wie ein Psychologe seinem Patienten empfohlen hat, sich bei Auftreten von Problemen und Angstzuständen ein Helferwesen vorzustellen, ein Helferwesen, das einen beschützt und die Gedanken wärmt. Ich glaube, diese Vorstellung ist von aus der Bibel übernommen – denn wir Christen haben doch auch ein bzw. vielleicht sogar viele Helferwesen, die viel größer und stärker ist als alle bösen Gedanken, die uns tagtäglich Angst machen. Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer hat – im Gefängnis sitzend und von vielen Ängsten bedrängt – dies in folgende Verse gefasst: „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Ja, er ist auch bei Ihnen und mir – darauf können wir vertrauen. Bleiben Sie von diesen guten Mächten wunderbar geborgen!

8. Januar

Kennen Sie das auch, das Gefühl der Leere am Abend eines Tages. Irgendwie ist nichts richtig geglückt, irgendwie ging alles schief. Ein unsäglicher Streit oder ein kaputter Computer ... ein muffiger Chef oder nervige Kinder. Es war einfach ein vertaner Tag, ein Tag, den man am besten aus dem Kalender oder zumindest aus der Erinnerung streichen sollte! Am Abend eines solchen Tages fällt man dann abgekämpft und gestresst ins Bett und meistens dann noch in einen unruhigen Schlaf, weil man ja nicht weiß, wie es am nächsten Tag weitergeht. Manchmal kommt man eine ganze Zeit aus so einer Talsohle nicht heraus.

Probieren Sie doch heute Abend einmal etwas Neues aus! Vielleicht sprechen Sie heute Abend ein Gebet, in dem sie danken für all das Gute und Schöne, was ihnen an einem Tag, den sie in so schlechter Erinnerung haben, begegnet ist. Es ist ganz sicher mehr, als sie denken. Und wenn Sie dann müde werden, halten Sie es mit einem afrikanischem Christen, der mir einmal sagte: „Wenn ich Grund zur Sorge habe, sage ich in meinem Abendgebet zu Gott: „Herr, ich habe mich den ganzen Tag bemüht, jetzt bin ich müde und möchte schlafen. Nimm du jetzt alles in deine Hände – und morgen früh bin ich wieder für dich da.“ Bleiben Sie behütet!

9. Januar

Not lehrt beten – sagt der Volksmund, und aus unserer eigenen Erfahrung wissen wir vielleicht auch um die Wahrheit dieses Satzes. Wenn alles über uns zusammenschlägt, wir nichts mehr richtig begreifen, uns nicht mehr im Griff haben, nicht mehr wissen, was wir machen sollen, dann beten wir, stammelnd, weinend, flüsternd, verstummend. Und vielleicht merken wir, dass uns dann die Worte fehlen, weil wir uns schon so lange nicht mehr an Gott gewandt haben. Wenn wir mit unserer Weisheit am Ende sind, brauchen wir eine größere Weisheit, die uns Auswege oder Schlupflöcher oder wenigstens Stabilität aufzeigt. Eine Macht, die uns stärkt und ermächtigt, den Schicksalsschlag abzuwenden, unter dem unser Leben droht, aus den Fugen zu geraten. Wir brauchen ein „Du“, ein Gegenüber, mit dem wir reden können. Wer miteinander leben will, muss miteinander reden ... immer wieder, immer neu! Und gerade dann, wenn die Not am größten ist – ich will das gar nicht schlecht machen, aber manchmal vielleicht auch dann, wenn wir in Saft und Kraft stehen und meinen, nicht könnte uns aus der Bahn werfen – denn auch dies ist eine Gabe Gottes. Bleiben Sie behütet!

10. Januar

Der Fallschirmspringer war gelandet. Eine gute sportliche Leistung, ja sogar eine Rekordleistung; denn einen solchen Sprung aus einer so großen Höhe punktgenau ins Ziel hatte noch niemand vor ihm geschafft. Die Reporter drängten sich an ihn heran und umringten ihn. Fragen wurden gestellt: „Wie alt sind sie? - Wer war ihr Lehrer? - Wo sind sie ausgebildet worden? - Wie lange sind Sie dabei?“ Als alle Fragen beantwortet waren, trat einer hervor und schaute dem jungen Mann forschend in die Augen, und dann fragte er: „Als sie sprangen, hatten sie da keine Angst, dass sich der Fallschirm möglicherweise nicht öffnen könnte?“ - Der Fallschirmspringer dachte nach, dann sagte er: „Manchmal habe ich schon Angst, aber ich kann doch gar nicht tiefer fallen als in Gottes Hände!“

Ja, Angst kennen wir auch, vielleicht weniger die Angst vor einem Fallschirmsprung, aber doch die Angst vor einem Unfall, vor einer Krankheit, vor der Arbeitslosigkeit, vor der Einsamkeit. Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen spätestens dann, wenn eine solche Angst in Ihnen aufzusteigen droht, dass Ihnen der Satz des Fallschirmspringers wieder einfällt: „Manchmal habe ich Angst, aber ich kann doch gar nicht tiefer fallen, als in Gottes Hände!“ Bleiben Sie behütet!

11. Januar

Vielleicht kennen sie die Geschichte aus der Bibel: Da kommen zehn Aussätzige zu Jesus und wollen geheilt werden. Der schickt sie nach Jerusalem zum Hohenpriester; sie sollen sich ihm zeigen, damit der sie beurteilt, ob sie gesund seien. Unterwegs fällt ihnen auf, dass sie tatsächlich vom Aussatz befreit worden sind. Da kehrt einer um, sucht und findet Jesus, fällt vor ihm auf die Knie und dankt ihm. Ja, bitten konnten sie alle Zehn, und zwar sehr eindringlich. Aber so selbstverständlich ihnen das Bitten war, so wenig war ihnen das Danken eine Selbstverständlichkeit, als Jesus sie gesund gemacht hatte. Nur einer kehrte um und gab Gott die Ehre. Viele Worte der Bibel sprechen vom Danken. Eines der bekanntesten ist wohl: „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.“ Fünfmal kommt es in Psalmen vor, und dann gibt es noch zahlreiche andere Stellen. Dass Gottes Güte auch heute im 21.Jahrhundert wirkt, das können wir sehen, sogar an uns selbst. Wir brauchen uns nur zu überlegen, wofür wir heute danken könnten. Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen dazu ganz besonders viel einfällt. Bleiben Sie behütet!

12. Januar

Beruflichen oder privaten Erfolg, Reichtum, Macht … all das ist vielfach der Motor unseres Lebens. Wir bewundern die Stars, die – wie wir meinen – es geschafft haben, die Grammys, Echos, Bambis und Oskars einheimsen. Aber vielleicht lassen Sie sich heute einmal auf ein Gedankenexperiment ein. Stellen Sie sich selbst einmal folgende Fragen: Muss ich Millionär werden? Muss mein Bild auf den Titelseiten der Regenbogenpresse erscheinen? Muss ich am Supermarkt an der Ecke von fremden Menschen erkannt und um ein Selfie gebeten werden? Muss mein Album an der Spitze der Charts stehen? Muss jemand meine Biographie schreiben? Zu welchen Antworten kommen Sie? Ich meine dazu: Sie brauchen gar nichts von alledem! So ein Erfolg führt zu einem unmittelbaren, aber sehr kurzlebigen Glücksgefühl – bei dem Gewinn einer olympischen Goldmedaille spricht man von etwa zwei Monaten. Erfüllung, Lebenserfüllung hat nichts mit Erfolg zu tun. Das Leben ist dann erfüllt, wenn man sich an etwas Lebendiges unbedingt hingeben kann, wenn man eine Aufgabe hat, die einen erfüllt. Preise und Ehrungen erlauben es, sich einen kurzen Zeitraum einzigartig zu fühlen. Wärme, Geborgenheit, Liebe, Gemeinschaft mit denen, die uns am Herzen liegen – all das erlaubt es uns, dass wir uns ein Leben lang einzigartig fühlen. Und – glauben Sie es mir – Sie sind einzigartig. Bleiben Sie behütet!

13. Januar

Einmal brachte eine Mutter ihren Sohn zu einem jüdischen Rabbi. Da fragte der Sohn den Rabbi: „Ich gebe dir einen Gulden, wenn du mir sagen kannst, wo Gott wohnt!“ Da blickte der Rabbi den Jungen lächelnd an und meinte: „Und ich gebe dir zwei Gulden, wenn du mir sagen kannst, wo er nicht wohnt!“

Ich habe lange über diese Geschichte nachgedacht. Die Antwort des Rabbi ist genial, aber sie scheint unserem Weltbild zu widersprechen. Alles kann man da erklären, selbst am Himmel waren wir Menschen schon, aber Gott scheinen wir auch dort nicht gefunden zu haben. Für Gott ist kaum noch Platz mehr in der Welt, und je weiter unsere naturwissenschaftliche Erkenntnis fortschreitet, desto weniger Platz bleibt für Gott; denn wir können immer mehr logisch erklären. Nein, keine Angst! Ich rechne Ihnen jetzt nicht vor, was wir alles noch nicht wissen, und wo noch Platz für Gott bleibt. Platz für Gott bleibt da, wo wir ihn einlassen, wo wir mit ihm rechnen, wo wir auf ihn vertrauen und uns in seine Hand geben. Und wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen, dann werden wir erkennen, dass die ganze Welt, auch unser eigenes Leben voll von Gottes Herrlichkeit ist. Gott sei Dank! Bleiben Sie behütet!

14. Januar

Warum ist Glück eigentlich kein Wort, das in der Bibel vorkommt? Wenn ich mit Schülerinnen und Schülern diese Frage bespreche, kommen sie ziemlich schnell darauf, dass für die Verfasser der biblischen Schriften der glückliche Zufall keine Rolle spielt. Sie rechnen einfach mit dem Wirken Gottes in ihrem Leben. Natürlich ist auch in biblischen Zeiten längst nicht alles glatt gelaufen – aber man hat sich in Gottes Hand geglaubt … oder sollte ich vielleicht besser sagen: in Gottes Hand gewusst. Deshalb ist so ein glücklicher Zufall im Leben eines Menschen für sie kein Glück, sondern Ausfluss des Segens Gottes. Er ist es, der dafür sorgt, dass wir heute aufgestanden sind, dass wir atmen und mit jedem Atemzug das Leben, das er uns geschenkt hat, spüren können. Er leitet uns auf unserem Weg durch jeden Tag unseres Lebens – auch heute. Sie dürfen darauf vertrauen – und vielleicht finden sie in dem einen oder anderen Menschen oder der einen oder anderen Begebenheit tatsächlich den Segen Gottes. In diesem Sinne: Bleiben Sie behütet!

15. Januar

Heute möchte ich Ihnen einen fast 900 Jahre alten Text vorlesen. Er stammt von dem Zisterziensermönch Bernhard von Clairvaux. Und er richtet sich vor allem an diejenigen unter uns, die immer nur für andere da sind, die sich aufopfern für andere. Ja, es sind äußerst aktuelle Worte. Bernhard sagt: „Wenn du ganz und gar für alle da sein willst, ... dann lobe ich deine Menschlichkeit - aber nur, wenn sie voll und echt ist. Wie kannst du aber voll und echt Mensch sein, wenn du dich selbst verloren hast? ... Wenn also alle Menschen ein Recht auf dich haben, dann sei auch du selbst ein Mensch, der ein Recht auf sich selbst hat. Warum solltest einzig du selbst nichts von dir haben? ... Wie lange noch schenkst du allen anderen deine Aufmerksamkeit, nur nicht dir selber? Bist du dir etwa selbst ein Fremder? Bist du nicht jedem fremd, wenn du dir selber fremd bist? Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wie kann der gut sein? Denke also daran: Gönne dich dir selbst. Ich sage nicht: Tu das immer, ich sage nicht: tu das oft, aber ich sage: Tu es immer wieder einmal. Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da oder jedenfalls, sei es nach allen anderen.“ In diesem Sinne: Bleiben Sie behütet!

16. Januar

Als meine Kinder noch klein waren, pflegten wir vor dem Einschlafen immer dasselbe Ritual. Wir sangen ein Gesangbuchlied und beteten. In unserem frei gesprochenen Gebet ließen wir den Tag im Dank vor Gott Revue passieren und baten nicht nur um eine gute Nacht, sondern auch für alle Menschen, die uns gerade besonders am Herzen liegen. Eines Abends ging es aus irgendeinem Grund in der Familie drunter und drüber. Wir waren bereits eine Stunde über der üblichen Bettgehzeit und ich hatte noch einiges für den folgenden Tag vorzubereiten. Da sagte ich zu meiner sechsjährigen Tochter: „Es ist schon so spät und Papa muss noch arbeiten. Heute gehst Du bitte ganz schnell ins Bett, und auf das Singen und Beten verzichten wir ausnahmsweise!“ Meine Tochter sah mich enttäuscht an und meinte dann: „Aber Papa, ein Gebet gehört doch dazu!“ Damit hat sie mich nicht nur sehr betroffen gemacht, sondern auch überzeugt! Und Sie? Bleiben Sie behütet!

17. Januar

Stillstand ist Rückschritt - das ist eine der Maximen unserer Gesellschaft. Es muss immer weitergehen. Und auch wir können uns dem nicht entziehen. Wir müssen mitmachen, sonst fallen wir durch das Netz. Neulich war ich in einer fremden Stadt. Ich bummelte durch die Fußgängerzone und beobachtete die einzelnen Stände. Aus vielen Kaufhäusern drang Musik an meine Ohren. Da fiel mein Blick auf eine Kirche. Es war eine alte Kirche. Still und mächtig stand sie inmitten des Gewimmels von Menschen. Die Ruhe, die von dieser Kirche ausging, ist für mich heute noch spürbar. Innen hörte man die Geräusche der Gesellschaft draußen kaum noch. Es war, als wer man herausgenommen aus dieser Welt, als wäre man der Ewigkeit ein Stückchen näher. Und es tat gut, dort, wo schon so viele Gebete gesprochen worden waren, im Gebet seine Gedanken zu sammeln und in Lob und Bitte vor Gott zu bringen. Ich brauche solche Ruhepunkte, und ich glaube, wir brauchen sie alle. Denn nur dann vermag ich mich, den Herausforderungen meiner Zeit zu stellen, wenn ich immer wieder solche Oasen der Ruhe, des Gebetes, des Lobes und Dankes finde. Probieren Sie es aus - warum nicht gleich morgen? Bleiben Sie behütet!

18. Januar

„Hier ist gut sein - hier lasst uns Hütten bauen!“ sagt Petrus zu Jesus auf dem Berg. Gerade war Petrus Zeuge eines besonderen Ereignisses geworden. Eine Wolke war gekommen, Jesu Gesicht hatte zu leuchten begonnen, und aus der Wolke hatten sie die Worte vernommen: „Dies ist mein lieber Sohn! Auf den sollt ihr hören!“ So wird es im Markusevangelium berichtet: „Hier ist gut sein - hier lasst uns Hütten bauen!“ Petrus wäre gerne oben geblieben, oben auf dem Berg am Ort der Verklärung Jesu, an einem Ort, an dem er in besonderer Weise Gottes Nähe und Zuwendung erfahren hatte. Doch er musste wieder hinabsteigen in die Niederungen des Alltags. Auch wir können unsere Oasen - erholsame Urlaube, herrliche Ferien, bestärkende Gotteserfahrungen, beglückende Gottesdienste - nicht in den Alltag ausdehnen, auch wenn wir es uns manchmal vielleicht wünschen würden. Gott hat mit uns noch etwas vor. Er schickt uns zurück in unseren Alltag, aber er schickt uns gestärkt zurück in unsere Welt, damit wir getrost die Wege weitergehen können, die er uns führen will. Bleiben Sie behütet!

19. Januar

Kennen Sie Georg Schmalzing? Nein? Schmalzing war der Reformator Bayreuths. Ursprünglich war er ein einfacher Messpriester, dessen Aufgabe es lediglich war, die lateinische Messe zu lesen. Nach der Lektüre von Luthers Schriften fiel ihm auf: „Luther hat Recht! Die Menschen werden für dumm verkauft, wenn man ihnen sagt, dass sie Geld zahlen müssen, damit ihnen ihre Sünden vergeben werden. Das sollen alle hören!“ So fing er im Frühjahr 1520 an, in seinen Messen auf deutsch zu predigen – obwohl das nicht seine Aufgabe war. Die Bayreuther sind ihm scharenweise zugelaufen. Seine Predigten sind ihm schlecht bekommen. Im Jahr 1526 wurde er inhaftiert und knapp vier Jahre lang im Bamberger Hofgefängnis gefangen gehalten. Während dieser Zeit schrieb er eine Auslegung der Psalmen. Darin ist zu lesen: „Gütiger Gott, leite mich nach deinem Rat, lass mich auf Erden zu nichts Lust haben, denn zu dir allein. Sei du meines Herzens Hort und mein Teil ewiglich. Lass mich nicht von dir entfernen noch wider dich huren, sondern zu dir halten und meine Zuversicht auf dich setzen, dass ich allezeit verkündige deine Worte und Werke und nicht der Menschenlehre noch Ruhm. Amen. An so einem Gottvertrauen kann ich mich immer wieder festhalten – und Sie? Bleiben Sie behütet!

20. Januar

Nachdem im Jahr 2018 zum ersten Mal bei einer Fußball-Weltmeisterschaft überhaupt die deutsche Nationalmannschaft sang- und klanglos nach der Vorrunde ausgeschieden war, sank mein Interesse an den Spielen schlagartig. Nur am Rande bekam ich mit, wenn wieder der eine oder andere Favorit oder Geheimfavorit aus dem Turnier flog. Dabei wurde mir bewusst: Durch das Ausscheiden „unserer“ Mannschaft war mir plötzlich viel Zeit geschenkt worden, die ich sonst wahrscheinlich vor dem Fernseher verbracht hätte. Ja, natürlich freue auch ich mich, wenn „wir“ gewinnen und vielleicht sogar den Titel holen, aber wenn ich plötzlich nicht mehr so viel vor dem Fernseher sitze, bleibt doch viel mehr Zeit für das Wesentliche: für Freunde, für Gemeinsamkeit, für gute Gespräche, für das, was wirklich wichtig ist in meinem Leben. Ja, so hatte das frühe Ausscheiden der Deutschen für mich auch etwas Gutes. Ich habe ganz bewusst versucht, diese geschenkte Zeit zu nutzen. Sollten Sie trotzdem die Spiele in ihren Bann gezogen haben, … es ist nie zu spät, für sich die Fragen zu beantworten: Was ist wirklich wichtig in meinem Leben? Wofür möchte ich in Zukunft mehr Zeit übrig haben? Bleiben Sie behütet!

21. Januar

Ein Theologiestudent besuchte während seines Gemeindepraktikums einen alten kränklichen Bauern. Sein Rücken war von der vielen harten Feldarbeit krumm geworden. Während ihres Gesprächs kamen die beiden auch auf Gott zu sprechen. Freimütig gab der Student zu: „Wissen Sie, ich habe inzwischen viele Bücher gelesen, ich habe wirklich fleißig studiert, aber Gott ist mir noch nie begegnet.“ - Worauf der Alte meinte: „Da hast du dich wohl noch nie richtig gebückt.“

Soweit die Geschichte! In der Tat: Gott lässt sich nicht finden bei den Starken und Mächtigen dieser Erde. Er kommt in einer Krippe auf die Welt und verlässt sie als Gekreuzigter. Ganz tief unten, im Elend, in den Armen, in den Verzweifelten, in den Traurigen, in den Kranken und in den Sterbenden, in unserem Nächsten, der unsere Hilfe braucht, begegnet uns Jesus. Mögen unsere Augen scharf genug sein, zu erkennen, wo Jesus in unserer Umwelt zu finden ist. Dann erkennen wir vielleicht auch die Logik Gottes, ja Gott selbst. Bleiben Sie behütet!

22. Januar

Wunder gibt es immer wieder – heute oder morgen können sie gescheh'n! Wunder gibt es immer wieder – wenn sie Dir begegnen, musst Du sie auch seh'n!“ Das von Katja Ebstein gesungene Lied ist inzwischen 35 Jahre alt. Aber irgendwie hat der Refrain eine tiefe Wahrheit. Wunder können immer wieder geschehen. Dabei gibt es viele Arten von Wundern. Es gibt Wunder, die mir in den Schoß fallen, für die ich nichts kann und nichts tun kann. Aber es gibt auch Wunder, die am Ende einer gewaltigen eigenen Anstrengung sehen. Was immer ich vorhabe, was immer ich tue – das Gelingen liegt eigentlich nie in meiner Hand. Wenn eine Fußballmannschaft in der Nachspielzeit das entscheidende Tor schießt, oder als Deutschland neun Jahre nach dem verlorenen Weltkrieg plötzlich Fußballweltmeister wurde, spricht man gerne von einem „Wunder“. Wer resigniert, hat schon verloren und gibt dem Wunder in seinem Leben keinen Raum! Deshalb: Geben Sie Wundern eine Chance! Manchmal passiert tatsächlich das völlig Unerwartete – auch in meinem kleinen Leben. Bleiben Sie behütet!

23. Januar

Ich erinnere mich noch sehr genau an ein Wort, das ein Professor zu Beginn meines Studiums zu mir gesagt hatte: „Lernen Sie, Wichtiges von Eiligem zu unterscheiden!“ In einer Zeit, in der permanente Erreichbarkeit durch Smartphones gewährleistet werden kann, wird dieser Satz immer wichtiger. Lernen Sie, Wichtiges von Eiligem zu unterscheiden. Wichtig sind die Menschen, mit denen Sie zu tun haben, wichtig ist das Gespräch, das ich jetzt gerade mit einem Menschen führe. Und da hat mich kein Smartphonegepiepe und kein Vibrationsalarm zu stören. Wer mich erreichen will, wird mich erreichen. Aber jetzt lebe ich hier. Es ist ja geradezu prophetisch, was der Erfinder des Comics Wilhelm Busch schon vor über 150 Jahren einmal über einen Menschen geschrieben hat, der permanent in sein Fernrohr geblickt hat: »Warum soll ich nicht beim Gehen« – Sprach er – »in die Ferne sehen? Schön ist es auch anderswo, Und hier bin ich sowieso.« Hierbei aber stolpert er In den Teich und sieht nichts mehr. Das Fernglas von damals ist das Smartphone von heute. Also, damit Sie nicht auch in den Teich hineinfallen und dann überhaupt nichts mehr sehen. Es lohnt sich, wenn man Wichtiges (die Gegenwart, mein Umfeld, in dem ich lebe, die Menschen, mit denen ich zu tun habe) von scheinbar Eiligem unterscheiden kann. Bleiben Sie behütet!

24. Januar

In der Fernsehsendung "Wetten, dass ..." werden bei der sogenannten "Saalwette" in der Regel die tollsten Vorschläge eingelöst. Große Überraschung aber am 15. September 1990: Es sollten zehn in Prozesse verwickelte Nachbarn erscheinen und vor den Fernsehnationen ihren Streit beenden. Es erschien – kein Paar. Der Moderator Thomas Gottschalk musste im Anzug eine Runde durch den Pool schwimmen.

Ja, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, 2000 Jahre Christentum, davon gut 1200 christliches Abendland. Theoretisch wissen wir, wie Versöhnung funktioniert, theoretisch wissen wir, dass die Wahrheit immer nur in der Mitte liegt und keiner die Wahrheit für sich gepachtet hat, wir schütteln den Kopf über die Unversöhnlichkeit von Palästinensern und Israelis, aber finden wir bei unseren kleinen und großen Streitereien den Weg zum Frieden, zu einem echten und ehrlichen Frieden? Versuchen Sie es heute doch einmal! Machen Sie von ihrem Standpunkt aus einen Schritt auf denjenigen zu, der Ihnen Ärger und Kummer macht! Und bleiben Sie behütet!

25. Januar

Der österreichische Liedermacher Wolfgang Ambros hat einmal ein Lied geschrieben, in dem die Zeile vorkommt: „Das Leben ist ein Heidenspaß. Für Christen ist das nichts!“ Ich frage mich heute. Ist das wirklich so? Müssen wir Christen wirklich immer mit einem miesepetrigen Gesicht durch die Gegend laufen und alles, was Spaß macht, als Teufelszeug abtun? Na, wohl eher nicht! Ich halte es da eher mit Erwin Pelzig, unserem unterfränkischen Kabarettisten, der einmal gesagt hat: Also für mich ist das Schönste am Christentum das Schweinfleisch … Jägerschnitzel, Rahmschnitzel …. Aber nur mit Kroketten!“ Ich denke, das Schweinefleisch steht hier exemplarisch für die Freiheit, die den Christen geschenkt ist. Wir müssen nicht bei allem und jedem fragen: Ist das erlaubt? Was sagt die Bibel? Darf ich das wirklich? Der Apostel Paulus schreibt ganz bewusst: „Alles ist mir erlaubt!“ Ja, wirklich alles! Lassen Sie sich diese Freiheit nicht nehmen, dann ist das Leben ein Christenspaß! Bleiben Sie behütet!

26. Januar

Ein junger Mann betrat im Traum einen Laden. Hinter der Theke stand ein Engel. Hastig fragt er ihn: "Was verkaufen Sie, mein Herr?" Der Engel antwortete freundlich: "Alles, was Sie wollen." Der junge Mann begann aufzuzählen: "Dann hätte ich gern das Ende aller Kriege in der Welt, bessere Bedingungen für die Randgruppen der Gesellschaft, Beseitigung der Elendsviertel in Lateinamerika, Arbeit für die Arbeitslosen, mehr Gemeinschaft und Liebe in der Kirche und ... und ..."

Da fiel ihm der Engel ins Wort: "Entschuldigen Sie, junger Mann, Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen."

Ja, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, das ist ganz schön wenig, möchte man sagen. Aber es ist auch ganz schön viel. Denn das Wachsen müssen wir nicht selbst besorgen, das können wir abwarten. Wir brauchen den Samen nur in die Erde zu stecken. Ich wünsche Ihnen besonders am heutigen Tag und an diesem Wochenende offene Augen für all das Unrecht und den Streit in ihrer Umwelt, damit sie den Boden erkennen, in dem ihr Same gedeihen kann. Bleiben Sie behütet!

27. Januar

Neulich habe ich einmal den Satz gelesen: „Man weiß selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war!“ Tatsächlich scheinen viele in unserem Land nicht zu wissen, wie glücklich sie sind. Der Liedermacher Reinhard Mey hat über den Abschied von seinem verstorbenen Sohn ein Lied geschrieben mit dem Titel „Dann machs gut!“ Und in diesem Lied taucht die Zeile auf: „Wir hatten doch alles, aber wir wussten’s einfach nicht!“ Ja, was haben wir denn alles? Im Alten Testament ist es ein Zeichen des Segens Gottes, wenn man alles hat, was man zum Leben braucht. „Man weiß selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war!“ Vielleicht ist heute ein Tag, an dem Sie sich Ihr Glück, Ihr Lebensglück einmal bewusst machen. Nicht dass Sie dann im Angesichts des Verlustes dann – ähnlich wie Reinhard Mey – sagen müssen: Wir hatten doch alles, aber wir wussten’s einfach nicht. Bleiben Sie behütet!

28. Januar

In China gab es einst ein Gesetz, laut dem die Ärzte verpflichtet waren, nach dem Tode jedes ihrer Patienten abends eine Laterne mehr herauszuhängen. Ein kürzlich in die Stadt zugereister Chinese, dessen Frau plötzlich erkrankt war, begab sich auf die Suche nach einem Arzt. Die enorme Zahl von Laternen vor dem Hause eines jeden macht auf ihn einen beklemmenden Eindruck. Endlich entdeckte er vor der Praxis eines Arztes bloß fünf Laternen. Er klingelte hocherfreut und bat den Mann, seine Frau zu behandeln. Auf dem Wege zur Kranken beglückwünschte er den Arzt wegen seiner erstaunlich geringen Zahl von Laternen vor seinem Hause. „Das ist kein Wunder!“ erwiderte der Arzt, „ich habe mich gestern erst hier niedergelassen.“

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, aus den Quellen der chinesischen Weisheit können wir viel lernen. Beurteilen wir nicht allzu oft voreilig einen Menschen, weil wir kurzschlüssig nach einseitig messbaren Leistungen urteilen? Fällen wir nicht leichtfertig ein Urteil über unsere Mitmenschen ohne sie überhaupt zu kennen – auch wenn es hier ein positives ist? Vielleicht ist es gut, wenn wir in Zukunft ein bisschen mehr auf uns und unsere Urteile über andere achtgeben. Nehmen wir uns Zeit, einander kennen zu lernen, damit unsere Mitmenschen nicht vorschnell in Schubladen verschwinden, in die sie nicht gehören. Bleiben Sie behütet!

29. Januar

„Hinter jedem großen Mann steht eine starke Frau!“ so lautete einmal die Überschrift über einen großen Artikel im Nordbayerischen Kurier. Hintergrund der Reportage war der Film über Martin Luther; und es ging in dem Artikel über Luthers Frau, Katharina von Bora, die am 29. Januar 1499 geboren wurde. In der Tat, was wären wir Männer ohne unsere Frauen? Vor einiger Zeit stieß ich auf ein Gedicht von Bert Brecht zu. Ich habe es ein bisschen umgeändert und möchte es Ihnen heute am Geburtstag von Katharina von Bora mitgeben: Wer reformierte die Kirche? In den Büchern steht der Name eines Mannes. Wer wusch ihm seine Hemden und sorgte dafür, dass er nicht abhob? Caesar besiegte die Gallier. Wer kochte den Siegesschmaus? Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte untergegangen war. Weinte sonst niemand? Helmut Kohl war der Kanzler der Einheit. Wer zog seine Kinder groß? In den Büchern stehen die Namen von Königen und Feldherrn. Wer bezahlte die Spesen?

Ich wünsche mir, dass wir Männer das, was die Frauen für uns, unsere Familien und die Gesellschaft meist klaglos tun, besser erkennen, damit wir einander achten lernen und gegenseitig Lasten abnehmen. Bleiben Sie behütet!

30. Januar

Am 30. Januar 1948 wurde Mahatma Gandhi in Indien Opfer eines Attentats. Unter ihm erhoben sich die Inder gegen die Kolonialmacht, aber es war kein Aufstand mit Gewehren, sondern ein gewaltloser Aufstand, ein Aufstand der Liebe. Sein Aufstand hat Indien, hat die Welt verändert. Er wurde zum Vorbild des gewaltlosen Widerstands der Schwarzen unter Martin Luther King.

Menschen wie Mahatma Gandhi und Martin Luther King sind für mich Vorbilder bis heute. Sie haben sich nicht still in ihr Kämmerlein zurückgezogen, haben Kosten und Nutzen ihres Vorhabens überschlagen, haben festgestellt, dass das Ganze ihnen das Leben kosten könne und es schließlich sein gelassen. Nein, sie haben angepackt, sie haben Menschen Hoffnung gegeben und nicht auf ihren eigenen Vorteil geschaut. In diesem Sinne: Zögern Sie nicht länger, wenn Sie etwas Gutes vorhaben. Fangen Sie einfach an! Und auch Sie werden überrascht sein, dass auf dem guten Vorhaben der Segen Gottes liegt, auch wenn der eine oder andere Nachteil für einen selbst dabei entstehen könnte.

31. Januar

Meine Damen und Herren, der amerikanische Journalist Hunter S. Thompson ist bekannt für ungewöhnlich gründliche Recherche. So verbrachte er ein ganzes Jahr mit den "Hell's Angels" für einen authentischen Bericht über die Rocker. Seine Honorarforderungen an seinen Verleger: zwölf Dollar pro Wort. Aus Ulk schickten ihm Studenten einmal zwölf Dollar: er solle ihnen dafür sein wichtigstes Wort zukommen lassen. Es kam postwendend: "Danke!"

Die Geschichte zum Schmunzeln macht mir eines deutlich: Das Danke-Sagen ist nicht selbstverständlich, eben weil wir keine 12 Dollar dafür bekommen. Dabei macht ein unverhofft erhaltenes „Danke!“ den Tag oft ein bisschen heller und fröhlicher. „Danke!“ für’s Tür-Aufhalten, „danke“ für’s Essenkochen, „danke“ für ein gutes Wort.

Ja, und ich danke Ihnen für’s Zuhören in dieser Woche und bleiben Sie behütet!

Februar

1. Februar

Als Pfarrer beschäftigt mich immer wieder die Wahrheitsfrage. „Was ist Wahrheit?“ fragt Pilatus beim Prozess Jesu. Und die Frage muss gestellt werden. „Was ist Wahrheit?“ Ist Wahrheit Objektivität? Das objektive Wissen um die absolute Wahrheit? Und dann wäre zu fragen, ob wir Menschen überhaupt die Welt und unser eigenes Leben von außen betrachten können, sodass wir die absolute Wahrheit erkennen könnten? In einem Buch habe ich neulich den Satz gelesen: „Prediger absoluter Wahrheiten sind immer absolute Lügner!“ Und ich denke, der Satz stimmt! Menschen, die meinen, Sie hätten alle Weisheit und Wahrheit für sich gepachtet, lügen immer! Dabei gibt es noch ein ganz anderes Verständnis von Wahrheit. Ein „wahrer“ Freund ist einer, auf den man sich verlassen kann, einer, der zu mir steht, was auch passiert! In diesem Sinne spricht Jesus davon, dass er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist! Ja, darauf will ich mich in meinem Leben verlassen, darauf will ich vertrauen. Und wenn ich jetzt „Amen“ sage, dann heißt das nichts anderes als: Darauf verlasse ich mich! Und worauf verlassen Sie sich? Bleiben Sie behütet!

2. Februar

Im Lehrerzimmer lag neulich auf einem Tisch eine CD-ROM mit dem Titel „Schüler Know How“. Wichtige Grundlagen in verschiedenen Unterrichtsfächern sollten hier spielerisch erlernt werden; und die einzelnen Fächer waren auch noch aufgeführt … in dieser Reihenfolge: „Mathematik, Geschichte, Physik, Erdkunde, Chemie, Biologie, Sport, Politik, Informatik, Kuns, Kultur u.v.m.“ Mir als Religionslehrer fällt da schon auf, dass neben „Deutsch“ auch „Religion“ da fehlt. Tja, ist Reli jetzt schon so unwichtig geworden, dass man es allenfalls unter u.v.m. zusammenfasst? Anscheinend! Das ist bitter, denn gerade das Wissen um unsere Religion, das Wissen von dem Gott, der nicht im Himmel bleibt und irgendwelche Anweisungen erteilt, sondern der in Jesus Christus auf die Erde gekommen ist, um ganz nah bei seinen Geschöpfen sein zu können, das Wissen um den Gott, der in Jesus Christus sogar den Tod überwunden hat und uns Hoffnung gibt, dass auch unser eigenes Leben nicht vergeblich ist, dieses Wissen hilft zum Leben in dieser Welt. Mögen wir diese Grundlagen unserer Gesellschaft und Kultur nicht vergessen. Bleiben Sie behütet!

3. Februar

Einmal starb plötzlich und unerwartet ein Schotte. Er hatte nicht wenig Angst, denn seine Bilanz an guten Werken sah eher mager aus. Weder hatte er den Hungernden etwas zum Essen, noch den Dürstenden etwas zum Trinken gegeben, auch hatte er keine Gefangenen im Gefängnis besucht. So stand er mit ungutem Gefühl in der Schlange der Wartenden, um vor den göttlichen Richter zu treten. Jedesmal, wenn er hörte, welche guten Werke all die verrichte hatten, die vor ihm an der Reihe waren, überfiel ihn ein großes Zittern. Als er nun selbst drankam, Christus ihn anschaute und in dem Buch nachschlug, schlotterten seine Knie. Und Christus sprach: „Da steht nicht viel geschrieben. Aber etwas hast du auch getan: Ich war traurig, ich war enttäuscht, ich war niedergeschlagen, und du bist gekommen und hast mich aufgeheitert. Du hast mich immer wieder zum Lachen gebracht und mir Mut gegeben.“ Da hellte sich die Miene des Schotten auf. Lachen, ja Lächeln ist eine Gottesgabe, es ist ansteckend und macht das Leben lebenswert. Wir gehen viel zu häufig mit Leichenbittermiene durch die Straßen unserer Stadt, weil wieder irgendetwas furchtbar wichtig ist. Versuchen Sie es einmal anders herum! Gehen Sie mit einem offenen Auge durch die Fußgängerzone und verschenken Sie hie und da ein Lächeln – es kommt bestimmt zu ihnen zurück. Bleiben Sie behütet!

4. Februar