Ich widme dieses Buch meiner Coaching-Mentorin,
Lyn Kelley, Ph. D.

Danksagung

Ich möchte mich bei all denjenigen bedanken, die zu diesem Buch beigetragen und mich in meiner Entwicklung zum ACT-Coach unterstützt haben. Die Reise war definitiv eine lange und kuriose.

Als Erstes geht mein Dank an Lyn Kelley, die mich mit dem Gebiet des Coachings bekannt gemacht und mich zum Coach (certified professional coach, CPC) ausgebildet hat. Lyn hat mir die Augen geöffnet für einen neuen Beruf, der meiner Persönlichkeit voll entspricht und mit meiner Vorstellung von meinem zukünftigen Privat- und Berufsleben im Einklang steht. Sie ist Meisterin im Motivieren und half mir dabei, einen neuen Kurs für mein Leben zu bestimmen, der das Verfassen dieses Buches beinhaltet. Ich bedanke mich außerdem bei Frank Healy, der mich beim Coachen betreut und mir während dieses Projektes Mut gemacht hat.

Trudy Boyle werde ich auf ewig dafür dankbar sein, dass sie mich mit der Acceptance und Commitment Therapie (ACT) und der Arbeit von Steven Hayes bekannt gemacht hat. Hätte Trudy mir nicht von der Acceptance und Commitment Therapie erzählt, wäre mir die dritte Welle der Kognitiven Verhaltenstherapie entgangen. So gelang es mir noch, auf den Zug aufzuspringen und einen Teil der Reise zu genießen.

Als Nächstes möchte ich den Herausgebern der (amerikanischen) ACT-Reihe für die Möglichkeit danken, dieses Buch zu veröffentlichen: Georg H. Eifert, John P. Forsyth, Steven C. Hayes und Robyn Walser. Durch ihre Bereitschaft, mich die ACT-Prinzipien und Methoden auf den Bereich des Coachings anwenden zu lassen, zeigten sie eine Großzügigkeit und Offenheit, die in der abgeschiedenen Welt von Hochschule und Psychotherapie selten ist. Ich möchte ihnen dafür danken, dass sie Herz und Geist für diese Anwendungsweise der ACT geöffnet haben. Ich hoffe, dass sich dadurch der Bekanntheitsgrad ihrer Arbeit weiter erhöht. Ich fühle mich geehrt, meinen Namen neben denen der Herausgeber gedruckt zu sehen, und hoffe, dem hohen Anspruch der ACT-Reihe zu entsprechen. Mein Dank geht außerdem an den „Wildling“ der ACT, Kevin Polk, für seine Fürsorge und Unterstützung und dafür, dass er mich ACT lehrte. Ohne ihn wäre ich zweifellos nicht da, wo ich jetzt bin.

Ich danke Linda Anderson Krech und Gregg Krech für deren unermüdliche Großzügigkeit und Unterstützung. Die Arbeit der beiden am ToDo-Institute in Vermont ist nach wie vor maßgebend in dem Bestreben, Therapeuten auf der ganzen Welt mit japanischen Therapieprinzipien und -methoden bekannt zu machen. Da ihre Herangehensweise in der Arbeit mit Klienten die ACT-konforme Art des Helfens ergänzt, habe ich diese sowohl in mein Buch als auch meine Arbeit mit Studenten und Klienten integriert.

Als Nächstes bedanke ich mich bei Matt McKay, dem Mitbegründer und Verleger von New Harbinger Publications, für seine ununterbrochene Unterstützung. Unter seiner Leitung wuchs die ACT-Reihe sowohl quantitativ als auch inhaltlich und entwickelte sich zur unbestrittenen Schaltstelle der Acceptance und Commitment Therapie. Durch die Veröffentlichung meiner und ähnlicher Arbeiten hat Matt Offenheit für neue Anwendungsweisen der ACT bewiesen, wodurch New Harbinger seine Vorreiterposition als Verlag für Psychotherapie und Selbsthilfe verteidigen kann.

New Harbinger hat ein Team von Mitarbeitern zusammengestellt, deren unterstützende Arbeit nur als erstklassig bezeichnet werden kann. Ich habe niemals zuvor mit einer besseren Gruppe aus Lektoren zusammengearbeitet als der bestehend aus Tesilya Hanauer, Kayla Sussell, Jess Beebe, Heather Garnos, Jean Blomquist, Melissa Valentine, Jesse Burson, Nelda Street, Jeannette Mann, Michele Waters und Will DeRooy. Diese Personen leiteten und verbesserten dieses Projekt in jedem Schritt auf dem Weg vom Einkauf bis zur finalen Textversion. Ohne ihre Förderung und Fürsorge hätte ich niemals ein so gutes Buch hervorbringen können. Ich konnte zu jeder Zeit auf ihre Ermutigungen und Unterstützung zählen. Besonderen Dank möchte ich Amy Shoup und Tracy Carlson für ihre ausgezeichnete Arbeit am Design aussprechen. Amy erstaunt mich immer wieder aufs Neue; durch ihre brillante Umschlaggestaltung wird der potenzielle Leser nahezu magisch angezogen und muss das Buch einfach in die Hand nehmen. Tracys unübertroffene Inhaltsgestaltung macht das Buch zu einem Genuss für die Augen und einer reinen Lesefreude.

Ein Dank geht auch an meinen guten Freund Ken Horvath, der mir mit Tiefsinn und Vorschlägen zum Manuskript und in schwierigen Schreibphasen zur Seite stand. Vielen Dank auch dafür, dass er für mich da war, wenn ich einen kritischen Gesprächspartner brauchte.

Ich bedanke mich bei meiner Frau Heidi dafür, dass sie meine beste Freundin und Kritikerin ist und in den letzten zwei Jahren standhafte Unterstützung bewies, während ich die Arbeit an diesem und drei weiteren Büchern abschloss. Sie lässt mir stets den Platz und die Unterstützung zukommen, die ich zum Schreiben, Unterrichten und zur Arbeit mit meinen Studenten und Klienten benötige. Ich hoffe, ich kann mich revanchieren, indem ich ihr ein besserer Bridge- und Tennispartner werde.

Einleitung

Ich setze hohe Erwartungen in dieses Buch, da es das einzige ist, das sich an ausgebildete Coaches richtet und die Prinzipien und Methoden der Acceptance und Commitment Therapie (ACT) mit dem Coaching verbindet. Ich bin mir sicher, dass Sie nach der Lektüre erkennen werden, warum ACT und Coaching so gut zusammenpassen und warum ich heute noch genauso begeistert von dieser Tatsache bin wie vor ein paar Jahren, als ich zum ersten Mal davon hörte.

Vor einigen Jahren ließ mir ein Bekannter einen Artikel über Steven Hayes zukommen, einem Professor an der Universität von Nevada in Reno. Hayes hatte eine wundersame Reise hinter sich, die ihn aus den Tiefen der Verzweiflung und des psychischen Leidens zu der Gründung einer neuen Form von Psychotherapie führte – der Acceptance und Commitment Therapie. Diese Therapie eroberte die Nation und die Welt im Sturm. Fasziniert von Steven Hayes’ Geschichte und der Entwicklung der ACT begann ich alles zu lesen, was ich zu diesem Thema finden konnte.

Als Folge meines Interesses trat ich der amerikanischen Vereinigung für Kontextuelle Verhaltensforschung (ACBS) bei, der Mutterorganisation, die ACT-Forscher und -Therapeuten auf der ganzen Welt vertritt. Die ACBS ist die Schaltstelle für ACT-bezogene Informationen und Hilfsmittel, und durch sie kam ich mit Kevin Polk in Kontakt, einem bekannten ACT-Trainer und Psychotherapeuten, der in Maine arbeitet. Polks Klienten waren zum größten Teil Kriegsveteranen, die unter Posttraumatischer Belastungsstörung litten, ein Bereich, der mich sehr interessierte. Nach meinem ersten Treffen mit Polk wusste ich, dass ich mit ihm arbeiten und so viel wie nur möglich über ACT lernen wollte. Polk strahlte eine Leidenschaft für ACT aus, lehrte auf bodenständige Art und Weise und schien einen trockenen Humor zu haben, der mir sehr entgegenkam. Wir arbeiteten mehr als ein Jahr zusammen, und ich erhielt die nötige Ausbildung und professionelle Supervision, um grundlegende ACT-Prinzipien in meiner Arbeit als Ausbilder und Coach von Klienten und Studenten anwenden zu können.

Ein Ergebnis meiner Arbeit mit Polk ist mein erstes Buch über ACT, Stress Less, Live More: How acceptance and commitment therapy can help you live a busy yet balanced life (Blonna, 2010). ACT entsprach auf wunderbare Weise genau meiner Art, Menschen bei der Bewältigung von Stress zu helfen, und ich wusste, ich würde nicht eher ruhen können, bevor ich dieses Buch geschrieben hätte. Während ich Stress Less, Live More schrieb, wurde mir schnell bewusst, dass sich das Material, welches ich gerade in Worte fasste und an die breite Öffentlichkeit richtete, ebenfalls auf Coaches und deren Klienten übertragen ließ. Ich erkannte, dass die Weise, auf die ich ACT bei unter Stress leidenden Menschen anwendete, auch auf das Coaching zurechtgeschnitten werden konnte. Dieser Art von Klienten half ACT, wenn sie sich in eine der verschiedenen Sackgassen verlaufen hatten und ihren persönlichen oder beruflichen Zielen nicht näher kamen. Ich entschloss mich, ein Exposé für dieses Buch zu verfassen und erhielt glücklicherweise eine Zusage vom Verlag.

Meine interdisziplinäre Arbeit als Universitätsprofessor, Autor, Coach (CPC), Gesundheitsberater (national certified counselor, NCC) und Spezialist für Gesundheitserziehung (certified health education specialist, CHES) ermöglichte es mir, einen einzigartigen Ansatz für die Arbeit mit meinen Klienten zu entwickeln. Ich entwarf eine eklektische Coachingmethode, in die ich die oben genannten Bereiche integrierte und traditionelle Coachingverfahren mit östlichen und westlichen Techniken der Psychotherapie mischte. Hinzu kam ein vernünftiger Umgang mit der Gesundheit, zu dem tägliche körperliche Betätigung und Meditation gehören.

Obwohl ich ein geprüfter Gesundheitsberater bin, habe ich keinen Abschluss als staatlich anerkannter Therapeut. Im Alter von 55 Jahren, ich war gerade dabei, mich beruflich zu verändern und Gesundheitsberater zu werden, entdeckte ich das Coaching, entschied mich um und bewegte mich in diese Richtung. Während ich weiterhin Leistungspunkte in meiner Ausbildung zum Gesundheitsberater sammelte, nahm ich an einem Coaching-Workshop von Lyn Kelley teil. Kelley ist staatlich anerkannte Therapeutin und Coach. Bei diesem Workshop wurde mir klar, dass mir Coaching mehr lag als Psychotherapie, da ersteres von der Art der Arbeit und der Klientengruppe meinen Wünschen und Neigungen besser entsprach. Kelley beeindruckte mich so sehr, dass ich die nächsten zwei Jahre mit ihr zusammenarbeitete, um mich am Grow Training Institute zum Coach ausbilden zu lassen. Kelley ist eine dynamische Trainerin und Coach, die mir sehr dabei half, mich darauf zu konzentrieren, mein Wissen, meine Fertigkeiten und meinen eklektischen Ausbildungshintergrund zu einer einzigartigen Herangehensweise an das Coaching zu verbinden.

Eine Sache, die ich gleich zu Anfang dieses Buches klarstellen möchte, ist, dass ich nicht die Absicht habe, Sie zu einem ACT-Therapeuten auszubilden oder Sie zu lehren, therapeutische Methoden anzuwenden. Dazu bin ich nicht autorisiert oder qualifiziert. Der Begriff „Therapie“ hat bei Ihnen möglicherweise bereits die Alarmglocken schrillen lassen – doch seien Sie beruhigt, dieses Buch handelt nicht von Psychotherapie. Es lehrt Sie vielmehr, Grundsätze und Methoden der Acceptance und Commitment Therapie bei Coachingklienten anzuwenden, die in eine Sackgasse geraten sind, und diesen dabei zu helfen, ihre Ziele zu erreichen. Es besteht ein großer Unterschied zwischen Coaching und therapeutischer Behandlung. Solange Sie sich über Ihre Absichten klar und der Grenzen Ihrer Ausbildung und Abschlüsse bewusst sind, können Sie Methoden aus einem breiten Spektrum von Arbeitsweisen anwenden, um Ihren Klienten zu helfen. Vor allem auf ACT basierende Methoden können Sie anwenden, ohne ein staatlich anerkannter Therapeut zu sein – solange Sie als Coach mit Klienten zusammenarbeiten, die keine psychotherapeutische Behandlung benötigen.

In Theorie und Praxis dreht sich im Coaching alles darum, den Klienten dabei zu helfen, ihre Ziele zu erreichen und ein sinnerfülltes, auf persönlichen Werten basiertes Leben zu führen. Der Coachingtheorie zufolge sind Klienten vollständige, funktionsfähige Persönlichkeiten, deren Ziel es ist, ihr Leben zu verbessern. Ein Coach geht davon aus, dass die Klienten selbst wissen, was das Beste für sie ist, und in der Lage sind, ihre Zukunft zu planen und ihre Probleme selbst zu lösen. Sollten Ihre Klienten so sein wie meine, dann suchen sie oft nach Hilfen, weil sie in eine Sackgasse geraten sind und ihren Zielen nicht näher kommen. Obwohl sie keineswegs dysfunktional sind, leiden sie doch oft zusätzlich an Angstgefühlen, Sorgen, Stress und einer Reihe anderer Probleme. Sie kämpfen täglich mit wenig hilfreichen Gedanken und schmerzlichen Gefühlen, die dazu beitragen, dass die Klienten psychisch inflexibel werden, sich festfahren und ihre Ziele nicht erreichen können.

In der ACT dreht sich in Theorie und Praxis alles darum, die Klienten psychisch flexibler zu machen, ihre unterschwelligen psychischen Erkrankungen zu verbessern und einen Weg aus ihrer Sackgasse zu finden. Der ACT-Theorie zufolge führen diese sechs Schlüsselfaktoren zu der psychischen Inflexibilität der Klienten:

Aber lassen Sie sich durch den ACT-Jargon keine Angst machen. In Kapitel 1 und Kapitel 3 verwende ich viel Zeit darauf, diese Faktoren zu erklären und deren Auswirkungen auf das Coaching zu demonstrieren. In späteren Kapiteln verdeutliche ich, dass diese Faktoren die Wurzel von Stress, Sorge, Angst und anderen Schmerzen und Leiden sind, welche die Klienten wiederum in eine Sackgasse treiben und sie vom Erreichen ihrer Ziele abhalten.

ACT verwendet sechs zentrale therapeutische Prozesse, die den Klienten dabei helfen, ihre psychische Flexibilität zu verbessern, sich aus Sackgassen zu befreien und wieder funktionsfähig zu werden:

In Kapitel 3 gehe ich detaillierter auf diese therapeutischen Prozesse ein und zeige Ihnen, wie Sie sie an Ihre Arbeit mit Coachingklienten anpassen können.

Obwohl sich die Probleme bei Klienten, die gecoacht werden möchten, anders darstellen als bei Klienten, die therapeutische Hilfe benötigen, sind beide Gruppen doch psychisch inflexibel und festgefahren. Der bedeutendste Unterschied besteht darin, dass Coachingklienten trotz ihrer psychischen Inflexibilität funktionsfähig sind (oft auf höchstem Niveau), während Therapiepatienten mindestens auf einem Gebiet funktionsunfähig sind. Stellen Sie sich nur einmal vor, zu welcher Höchstform Ihre Klienten auflaufen würden, wenn Sie ihnen beibringen könnten, mit ihren beunruhigenden Gedanken und schmerzlichen Gefühlen umzugehen. Ihre Klienten würden ihre Ziele nicht einfach bloß erreichen, sie würden sie auf eine sehr viel effektivere und erfreulichere Weise erreichen. Kurz gesagt würde ihnen die Arbeit am Erreichen der Ziele genauso viel Spaß machen wie das erfolgreiche Ergebnis.

Sie können alle sechs zentralen therapeutischen Prozesse der ACT verändern und mit diesen Ihren Klienten dabei helfen, sich aus Verstrickungen zu befreien und ihre Ziele zu erreichen. Schauen wir uns einmal das Beispiel der als wertvoll eingeschätzten Orientierungen des Klienten an. Einer der Aspekte, der mich von Anfang an am meisten an ACT interessiert hat, ist, dass es sich hierbei um eine Therapieform handelt, die auf Werten basiert. ACT hilft den Klienten, ein sinnerfülltes Leben zu leben – oder anders gesagt, ein Leben, das ihnen eine Bestimmung gibt, weil die Werte der Klienten in seinem Mittelpunkt stehen. Das erste Ziel der ACT besteht darin, den Klienten dabei zu helfen, ihre Werte zu definieren, sich wertbasierte Ziele zu setzen und deren Erreichen engagiert anzustreben. Dabei müssen sie lernen, mit den wenig hilfreichen Gedanken, veralteten Denkmustern und beunruhigenden Vorstellungen und negativen Gefühlen zu leben, die engagierten Handlungen oft im Wege stehen.

Verschiedene Coaches mögen verschiedene Begriffe verwenden, doch alle Formen des Coachings haben zum Ziel, den Klienten dabei zu helfen, ihre als wertvoll eingeschätzten Orientierungen zu definieren. Coaches könnten davon profitieren, die ACT-Prinzipien und -Methoden zu erlernen, die sich mit der Klärung von Werten beschäftigen, da diese auf soliden Forschungsresultaten und einem starken theoretischen Gerüst fußen. Letzteres verknüpft das Definieren der wertebasierten Orientierungen mit den anderen zentralen therapeutischen Prozessen der ACT und zeigt auf, wie diese Teile ineinandergreifen. Ich bin ein großer Freund von fundierten theoretischen Rahmen; genau wie ein Gebäude ohne starkes Fundament wird jede Methode, die Sie auf Klienten anzuwenden versuchen, ohne ein solches Bezugssystem auf wackeligen Beinen stehen und kann jederzeit in sich zusammenfallen. Viele Coaches verwenden eine eklektische Mischung von Techniken, die in keiner Verbindung zu einem forschungsbasierten, theoretischen Gerüst stehen. Dadurch wird Coaching zuweilen mehr zur Kunst als zu einer Wissenschaft, was wiederum in manchen Fällen alle Ihre Mühen in der Arbeit mit einem Klienten zunichtemachen könnte. Coaches und deren Klienten profitieren also sehr von einer Methode, die auf einer soliden theoretischen Grundstruktur basiert – wie zum Beispiel die sechs zentralen therapeutischen Prozesse der ACT.

Ein weiterer zentraler therapeutischer Prozess der ACT, der bei Coaches Anklang finden sollte, ist, sich zu Handlungen zu verpflichten und diese auch auszuführen. „Commitment“ in Bezug auf ACT bedeutet, den Klienten dabei zu helfen, auf zuvor festgelegte Ziele, die mit ihren Werten in Einklang stehen, engagiert hinzuarbeiten. Dies fällt ihnen sehr schwer, wenn sie von schmerzhaften Gefühlen und beunruhigenden Gedanken zurückgehalten werden. ACT lehrt die Klienten, trotz dieser negativen Faktoren bereitschaftlich zu handeln und mit ihnen zu leben. Diese Bereitschaft zu entwickeln, ist ein wichtiger Bestandteil der ACT.

Ein bedeutender Teil des Coachings besteht darin, den Klienten dabei zu helfen, sich selbst zu Handlungen zu entschließen und diese auch auszuführen. Klienten haben Ihnen sicher schon tausendmal erzählt, wie schwierig es ist zu handeln, wenn man von Zweifeln, Ängsten, Sorgen und Befürchtungen geplagt wird. Wäre es nicht wunderbar, ihnen erklären zu können, warum sie diese Gefühle empfinden und wie Sie ihnen bei der Bewältigung von beunruhigenden Gedanken und schmerzhaften Emotionen helfen werden? Wäre es nicht noch besser zu wissen, dass Ihre Erklärungen auf soliden bewiesenen Forschungsresultaten basieren? Sobald Sie die theoretische Grundstruktur der ACT verstanden haben, die das Akzeptieren (acceptance) und die Verpflichtung (commitment) mit den zentralen therapeutischen Prozessen verbindet, sind Sie in der Lage, Ihre Effektivität im Behandeln der Klienten voll auszuschöpfen und diesen dabei zu helfen, im Leben voranzukommen und Ziele zu erreichen.

Viele der Schemata und Aufgaben aus diesem Buch finden Sie als Kopiervorlagen in der Mediathek des Junfermann Verlags. Klicken Sie dazu auf der Website des Verlags die Printausgabe des vorliegenden Buches an und wählen Sie die Option „Mediathek“. Zudem sind sie auf der Internetseite von New Harbinger auf Englisch zugänglich (dazu ist eine einmalige Anmeldung mit E-Mail-Adresse und Passwort erforderlich).

Das Symbol der PC-Maus  neben einem Schema oder einer Aufgabe gibt an, dass Sie hierzu eine Kopiervorlage auf der Website des Junfermann Verlags finden können (und eine digitale Ausgabe auf Englisch über die Internetseite von New Harbinger).

Sie werden vielleicht feststellen, dass Sie nicht alle Schemata oder Aufgaben benötigen oder nicht alle in diesem Buch beschriebenen Methoden bei Ihren Klienten Anwendung finden. Die Auswahl ist Ihnen überlassen. Sie kennen Ihre Klienten und Ihre eigenen Interessen und Grenzen selbst am besten.

Ich hoffe, es wird Ihnen Spaß machen, dieses Buch zu lesen und über ACT zu lernen – unabhängig davon, ob Sie sich dazu entscheiden, ACT in die Arbeit mit Ihren Klienten einzubinden.

1. ACT-Coaching und Psychotherapie

Was bedeutet es eigentlich, ein ACT-Coach zu sein? Was unterscheidet einen ACT-Coach von anderen Life Coaches und Psychotherapeuten? Ein ACT-Coach ist jemand, der die ACT-Prinzipien versteht, anwendet und mit ihnen seinen Klienten (auch Coachee genannt) hilft, im Leben voranzukommen und absichtsvolles Verhalten zu zeigen, welches den eigenen Werten entspricht und zu persönlichen Zielen führt. Klienten kämpfen oft mit beunruhigenden Gedanken und schmerzlichen Gefühlen, die dieses Vorhaben erschweren. Je flexibler die Klienten im Umgang mit ihren beunruhigenden Gedanken und schmerzlichen Gefühlen sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie sich stetig vorwärtsbewegen, Fortschritte beim Erreichen ihrer Ziele machen und ein Leben führen, das ihren Werten entspricht. Je starrer und kontrollierender die Klienten mit beunruhigenden Gedanken und schmerzlichen Gefühlen umgehen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie von ihnen überwältigt werden, in eine Sackgasse geraten und Schwierigkeiten beim Erreichen ihrer Ziele bekommen.

ACT bezeichnet letzteres Szenario als psychische Inflexibilität und hat ein Modell entwickelt, das sechs Faktoren identifiziert, die zu dieser Inflexibilität beitragen und Klienten in Sackgassen führen:

Ich möchte Sie noch einmal ermutigen, sich nicht von dem psychotherapeutischen Klang dieser Begriffe beirren zu lassen. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt näher darauf eingehen und Ihnen erläutern, wie Sie Ihren Klienten die Faktoren erklären können. Bis auf Weiteres möchte ich Sie darum bitten, die Tatsache zu akzeptieren, dass diese Faktoren ihren Ursprung in unserem Geist haben. Sie entstehen, wenn Klienten die Produkte ihres Geistes (Gedanken, Gefühle, mentale Bilder und Denkmuster) mit realen Dingen verwechseln, die sie mit ihren fünf Sinnen erleben können.

Zur Verdeutlichung möchte ich Sie bitten, das Folgende zu tun: Beschaffen Sie sich alle Zutaten, die Sie für das Mischen Ihres Lieblingsdrinks benötigen. Wählen Sie Ihr Lieblingsglas, fügen Sie Eis hinzu und mischen Sie den Drink. Dieser kann Alkohol enthalten oder auch nicht. Halten Sie das Glas nun gegen das Licht und schauen Sie sich die Farbe und Konsistenz der Mischung genau an. Fühlen Sie das Gewicht des Glases in Ihrer Hand. Schließen Sie die Augen und nehmen Sie das Aroma des Getränkes wahr. Hören Sie, wie die Eiswürfel gegen das Glas klirren. Trinken Sie einen Schluck und verteilen Sie die Flüssigkeit in Ihrem Mund, während Sie langsam schlucken. Stellen Sie das Glas ab und schließen Sie die Augen. Nun möchte ich Sie bitten, nur an das Getränk zu denken. Trinken Sie nicht, sondern denken Sie nur daran. Welche Gedanken zu dem Drink haben Sie? Ist das Denken an das Getränk das Gleiche wie es tatsächlich zu trinken? In Kapitel 3 werde ich Ihnen erklären, wie Sie dieses Beispiel in einer formellen Sitzung als Übung für Ihre Klienten verwenden können.

Klienten verwechseln ihre Gedanken zu einem Ereignis häufig mit der tatsächlichen Erfahrung. In manchen Fällen führt dies in eine Sackgasse. Mit anderen Worten: Die Klienten hängen in ihrem Gedankenleben fest, anstatt ihr wahres Leben zu führen. In diesem Buch werde ich Sie ACT-Methoden lehren, mit denen Sie Ihren Klienten dabei helfen können zu verstehen, wann ein Gedankengang ihnen auf dem Weg zu ihren Zielen hilft oder im Weg steht.

Sie müssen kein Psychotherapeut sein, um Ihre Klienten mithilfe der ACT-Grundsätze und -Methoden aus Sackgassen zu führen. Sie können die Grundsätze und Methoden in Ihre Beratungsarbeit einbauen und Ihren Klienten so helfen, sich zu befreien, auf ihre Ziele hinzuarbeiten und das Leben zu leben, von dem sie schon immer geträumt haben.

Um eine Tradition in der ACT weiterzuführen, möchte ich Ihnen sehr ans Herz legen, alle Übungen in diesem Buch selbst durchzuführen. Das hat gleich zwei Vorteile: Es wird Ihnen dabei helfen zu verstehen, wie alle Vorgänge funktionieren, und Sie werden Ihren Klienten die Wirkung der Übung besser vermitteln können, da Sie sie persönlich erlebt haben.

Bevor ich erkläre, was es bedeutet ein ACT-Coach zu sein, wollen wir einen kurzen Blick auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Coaches und Therapeuten werfen und uns deren Klienten näher anschauen.

1.1 Coaching: eine sich ständig weiterentwickelnde Disziplin

Life Coaching erscheint als der nächste Schritt in der Evolution traditioneller Psychotherapie. Ähnlich wie Berater und Sozialarbeiter sich darum bemühten, ihre Methoden zu definieren und von denen der klinischen Psychologie abzugrenzen, haben Life Coaches um die Einrichtung ihrer eigenen Nische im weiten Feld der helfenden Berufe gekämpft. Die traditionelle Therapie ist durch das Coaching nicht ausgestorben. Traditionelle Psychotherapie hilft immer noch Patienten mit diagnostizierbaren psychischen Störungen, die klinische Dienste benötigen. Das Coaching hilft jenen Klienten, die durch professionelle Unterstützung ein sinnerfüllteres Leben führen möchten und ihr Potenzial voll ausschöpfen wollen. Patrick Williams (2007) beschreibt vier Hauptbereiche, durch die sich Coaching und Psychotherapie klar voneinander unterscheiden lassen:

  1. Zweck
  2. Fokus
  3. Art der Klient-Helfer-Beziehung
  4. Klientenwerbung

Wir wollen uns diese vier Bereiche im Folgenden einmal genauer anschauen. Seien Sie sich aber immer bewusst, dass hinsichtlich der Darstellung dieser Bereiche große Unterschiede zwischen der ACT und anderen Arten der Psychotherapie bestehen. Ich werde jeweils aufzeigen, an welchen Stellen ACT von anderen Formen der Psychotherapie abweicht.

Zweck

Der Zweck des Coachings besteht darin, dem Klienten dabei zu helfen, sein Potenzial voll auszuschöpfen und ein sinnerfülltes, für ihn bedeutsames Leben zu führen. Im Coaching geht man davon aus, dass der Klient die immanente Fähigkeit besitzt, einen Plan zu entwickeln, um dieses Ziel zu erreichen, oft aber Hilfe und Anleitung benötigt, um die Details auszuarbeiten. Coaching geht nicht davon aus, dass der Klient krank ist und geheilt werden muss. Ein Coach arbeitet mit Klienten, denen keine Diagnose einer psychischen Krankheit gestellt wurde und die bis zu einem befriedigenden Grad in der Gesellschaft funktionieren. Der Coach hilft dem Klienten, seine Werte klar zu definieren, sich Ziele zu setzen und Hindernisse aus dem Weg zu räumen, sodass es ihm gelingt, nicht bloß zufriedenstellend, sondern hervorragend seinen Weg zu gehen. Anstatt die Klienten als kranke Patienten zu betrachten, die geheilt werden müssen, sieht ein Coach sie als in einer Sackgasse feststeckende Menschen, die Hilfe benötigen, um sich zu befreien.

Der Zweck der Psychotherapie besteht darin, Menschen mit psychischen Störungen, die nicht in zufriedenstellendem Maße in der Gesellschaft klarkommen, zu helfen, wieder normal interagieren zu können. Die hierfür infrage kommenden psychischen Störungen entsprechen den im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV-TR, Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen) (APA, 2000) festgelegten Kriterien. Auf den Punkt gebracht, behindern die psychischen Störungen die Fähigkeiten des Klienten, zu arbeiten, Kinder zu erziehen, mit anderen zu interagieren, in sozialen Situationen angebracht zu reagieren usw. Einige ACT-Therapeuten arbeiten zwar auch mit psychisch kranken Klienten, teilen dann aber die Sicht der Coaches, dass der Klient in einer Situation „feststeckt“ und nicht krank ist. ACT-Therapeuten konzentrieren sich darauf, dem Klienten zu helfen, seine störenden Gedanken und schmerzlichen Gefühle zu akzeptieren, statt zu versuchen, sie zu verändern.

Fokus auf die Zukunft

Coaching ist zukunftsorientiert. Klienten suchen einen Coach auf, weil sie Hoffnungen, Träume und Ziele haben, die sie erreichen möchten. Sie freuen sich auf ein besseres Leben und wünschen sich Hilfe, um dorthin zu gelangen. Obwohl sie eigentlich zufriedenstellend zurechtkommen, wollen sie im Job, in der Beziehung und im Leben mehr erreichen. In vielen Fällen handelt es sich bei Coachingklienten um sehr erfolgreiche Menschen, die in den meisten Bereichen ihres Lebens ausgezeichnet zurechtkommen, sich aber manchmal festfahren und Hilfe benötigen, um sich zu befreien. Um ihnen zu helfen, sieht man sich mit ihnen zusammen gewöhnlich die Zukunft an und spricht über ihre Ziele und die Hindernisse, die ihnen im Wege stehen.

Coaches verwenden selten Zeit darauf, sich die Vergangenheit anzuschauen, um herauszufinden, an welcher Stelle die Klienten von ihrem Weg abgekommen sind. Obwohl sie die Klienten darin unterstützen, Kraft aus vergangenen Niederlagen und Erfolgen zu schöpfen, richten sie doch ein geringes Maß an Energie darauf, Sackgassen oder Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation zu analysieren. Nach kurzer Beurteilung aller Informationen beginnt ein Coach auch schon damit, mit dem Klienten zusammen eine Route zu planen, die den Coachee an sein Ziel bringen wird. ACT-Therapeuten verwenden eine ähnliche Herangehensweise, schauen sich die Vergangenheit nur kurz an und versuchen nicht, herauszufinden, was im Leben des Klienten schiefgelaufen ist. Sie konzentrieren sich auf die Gegenwart und darauf, den Klienten dabei zu unterstützen, Maßnahmen zu ergreifen, die seinen Werten entsprechen und durch die er seine beunruhigenden Gedanken und schmerzlichen Gefühle akzeptiert.

Obwohl die meisten anderen Formen der traditionellen Psychotherapie den Klienten ebenfalls darin unterstützen, in die Zukunft zu schauen, ist ihr primäres Ziel doch eher, die Wurzel eines Problems zu identifizieren, indem man zurückblickt und das kritische Ereignis findet und analysiert, das den Präzedenzfall für eine gegenwärtige Dysfunktion darstellt. Klienten kommen zur Psychotherapie mit krankhaften Symptomen, bekommen eine Diagnose gestellt und arbeiten danach mit ihrem Therapeuten an der Lösung ihrer Probleme. Ein Therapeut verwendet gewöhnlich viel Zeit darauf, mit dem Klienten über den Verlauf seiner Symptome, das Ausmaß und die Dauer seines Leidens sowie mögliche Versuche, das Problem zu beheben, zu sprechen. Therapeut und Klient diskutieren die Vergangenheit lange und ausführlich in der Hoffnung, dem Klienten Einsicht in die Ursache seines Problems zu gewähren.

Art der Klient-Helfer-Beziehung

Coaches sind Moderatoren, die ihre Klienten als gleichgestellte, ganzheitliche Persönlichkeiten ohne Heilungsbedarf sehen. Sie gehen davon aus, dass der Klient bereits die Möglichkeiten und Fähigkeiten besitzt, um seine Funktionsfähigkeit zu erhöhen und seine Ziele zu erreichen. Diese Möglichkeiten werden durch den Coachingprozess freigesetzt, sodass dem Klienten seine Fähigkeiten, sie zu nutzen, wieder zur Verfügung stehen. Dies ist der Grund dafür, dass zwischen Coach und Klient weniger formelle Abgrenzungen bestehen als zwischen Psychotherapeut und Klient. Die traditionelle Psychotherapie basiert auf der Festlegung formeller Grenzen und der Schaffung professioneller Distanz zwischen Klient und Therapeut. Die meisten Psychotherapeuten sind dazu ausgebildet, ein bestimmtes Maß an Professionalität aufrechtzuerhalten, das darin besteht, sich gewöhnlich als freundliche, aber etwas distanzierte Person zu geben. Klienten sehen traditionelle Therapeuten häufig als Experten, die ihnen die Lösung ihrer Probleme und den Weg zur Besserung aufzeigen werden. Hierdurch fällt es den Klienten schwerer, sich im Behandlungsprozess als gleichgestellt mit ihren Therapeuten zu sehen.

Klientenwerbung

Dem Coach sind in der Akquise oder Werbung von Klienten keine Grenzen gesetzt. Für ihn ist es einfacher, seine Dienste anzupreisen als für einen Psychotherapeuten, da sich sein Angebot an den Klienten nicht um Probleme oder psychische Störungen dreht. Ein Coach kann zum Beispiel einen Vortrag halten oder einen Tag der offenen Tür für potenzielle Kunden abhalten und frei von seinen Diensten und seiner einzigartigen Herangehensweise an die Arbeit mit Klienten berichten. Eine Person, die an einem Tag der offenen Tür teilnimmt, könnte aus vielen verschiedenen Gründen anwesend sein. Sie müsste nicht notwendigerweise ein Problem oder eine psychische Störung haben, um mehr über das Thema und den Coach erfahren zu wollen und dann zu entscheiden, ob die Zusammenarbeit eine gute Idee wäre. Stellen Sie sich nun einmal vor, ein Psychotherapeut, der neue Klienten werben möchte, böte der breiten Öffentlichkeit einen Vortrag zu Depression an. Menschen, die an Depression leiden, würde es sehr schwerfallen, sich anzumelden und Fragen zu stellen, ohne sich dabei stigmatisiert zu fühlen. Der Vortrag haltende Therapeut hätte Schwierigkeiten, mit den Menschen im Publikum zu interagieren, ohne Gefahr zu laufen, gegen seine Schweigepflicht zu verstoßen oder die Personen bloßzustellen.

Obwohl noch andere Unterschiede zwischen Psychotherapie und Coaching bestehen, legen die vier oben genannten Bereiche die grundlegenden Eckdaten für die beiden Methoden fest. Die Grundstruktur dieses Buches basiert darauf, dass die Schnittmenge der Psychotherapie- und Coachingklienten aus jenen besteht, deren emotionales Leiden sie psychisch unflexibel macht, in eine persönliche Sackgasse führt und vom Erreichen ihrer Ziele und Träume abhält. Es ist nicht so, als würden nicht beide Arten von Klienten leiden; alle leiden. Der Unterschied zwischen den Kliententypen ist der Funktionsgrad. Klienten in einer Psychotherapie weisen Störungen auf, die ihre normale Funktionsfähigkeit so sehr beeinträchtigt, dass sie den Kriterien des DSM-IV entsprechen. Bei Coachingklienten ist dies nicht der Fall. Zwischen klinischer Diagnose und normaler Funktionsfähigkeit besteht ein schmaler Grat, und eine Diagnose zu stellen, ist in gleichem Maße Kunst und Wissenschaft.

Im Rest dieses Kapitels werde ich untersuchen, wie Coaches die ACT-Grundsätze und -Methoden dazu verwenden können, ihre Klienten aus Sackgassen zu befreien und ihnen dabei zu helfen, im Leben voranzukommen.

1.2 ACT-Grundsätze und -Methoden für Coaches

Die Acceptance und Commitment Therapie (ACT) ist eine Form von Psychotherapie, deren Prinzipien und Methoden in Zusammenhang mit der Kognitiven Verhaltenstherapie und der Bezugsrahmentheorie stehen. Die Prinzipien und Methoden der ACT wurden ursprünglich für Klienten mit diagnostizierbaren psychischen Krankheiten entwickelt, später aber an Klienten angepasst, die an Stress leiden oder milde Formen von Angst- und Besorgniszuständen zeigen, DSM-IV Kriterien aber nicht erfüllen. Grundsätzlich können die ACT-Prinzipien und -Methoden bei allen Menschen angewandt werden, die sich durch psychische Inflexibilität und den Versuch, beunruhigende Gedanken und schmerzhafte Emotionen zu kontrollieren, statt sie zu akzeptieren, in eine Sackgasse manövriert haben. Ich habe sie sowohl privat als auch in meiner Coachingtätigkeit angewandt.

Um ACT in Ihre Arbeit als Coach zu integrieren, müssen Sie sich zuerst den Unterschied zwischen einem Anwender der ACT-Prinzipien und -Methoden und einem ACT-Therapeuten klarmachen. Wie zuvor erwähnt, müssen Sie kein ACT-Psychotherapeut sein, um die ACT-Prinzipien und -Methoden in Ihre Arbeit einzubinden. Solange Sie sich bewusst sind, wo Ihre Grenzen als Coach liegen und dass ein Unterschied zwischen dem bloßen Anwenden von ACT und der ACT-Therapie besteht, bewegen Sie sich juristisch und ethisch gesehen auf sicherem Boden. Im letzten Teil dieses Kapitels finden Sie Richtlinien für die Überweisung von Klienten, die Psychotherapie oder andere Dienste benötigen, die Sie moralisch, ethisch und rechtlich nicht anbieten können.

1.3 Die Anwendung von ACT im Coaching

Wie schon zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, gibt es nach der Acceptance und Commitment Therapie sechs Schlüsselfaktoren, die zu psychischer Inflexibilität beitragen und zu einer festgefahrenen Situation für den Klienten führen (Festhalten an ein bestimmtes Selbstkonzept, Kognitive Fusion etc.). Wie in der Einleitung beschrieben, basiert die ACT-Therapie auf sechs zentralen therapeutischen Prozessen, die den Klienten dabei helfen, die Faktoren zu überwinden, die zu ihrer psychischen Inflexibilität beitragen. Diese Prozesse sind:

Präsent sein bedeutet das Gleiche wie aufmerksam sein, sich stärker zu fokussieren und achtsamer zu werden. Das Achtsamkeitstraining hilft den Klienten dabei, sich den Vorgängen in ihrem Geist und Körper sowie in ihrer Umwelt bewusster zu sein. Coaches können ihre Klienten mit dem Achtsamkeitstraining dabei unterstützen, sich ihrer Gedanken, Gefühle und Handlungen bewusst zu werden und zu entscheiden, ob diese dem Erreichen ihrer Ziele zuträglich sind oder hinderlich erscheinen.

Um die als wertvoll eingeschätzten Orientierungen eines Klienten zu definieren, müssen Sie zuerst die Werte der Person klarstellen. Dies geschieht in einem vierstufigen Prozess:

  1. Werte identifizieren
  2. Werte nach Priorität ordnen
  3. Anderen diese Werte mitteilen
  4. Nach den Werten handeln

Durch den Prozess der Werteklärung kann ein Coach dem Klienten dabei helfen, sich Ziele zu setzen, die seine Werte widerspiegeln.

Das Akzeptieren zu üben bedeutet, anzuerkennen, wie unser Geist Gedanken und Gefühle generiert, und aufzugeben, beunruhigende Gedanken und schmerzhafte Gefühle kontrollieren zu wollen. Akzeptieren geht Hand in Hand damit, sich zu Handlungen zu verpflichten und diese auch auszuführen. Ein Klient, der sich für eine Handlung entscheidet, ist auch bereit, trotz seiner beunruhigenden Gedanken und schmerzhaften Emotionen voranzuschreiten. Er hat nicht das Gefühl, sie beseitigen zu müssen, bevor er handeln kann.

Wie das Akzeptieren und das Commitment (Engagement, im Deutschen auch Verpflichtung) fungieren auch das Selbst als Kontext und die Kognitive Defusion im Zusammenspiel. Wenn ein Klient das eigene Selbst im Kontext wahrnimmt, statt sich von seinen Gedanken und Gefühlen definieren zu lassen, kann er letztere wie ein Außenstehender betrachten. Die eigenen Gedanken und Gefühlen gewissermaßen zu „sein“ wird als „Selbst-als-Inhalt“-Betrachtensweise (self as content) bezeichnet, was das Gegenteil der „Selbst-als-Kontext“-Perspektive darstellt. Ich werde diesen Sachverhalt in Kapitel 2 näher erläutern. Durch die Kognitive Defusion wird die Selbst-als-Inhalt-Perspektive rückgängig gemacht. Wenn der Klient seine hinderlichen Gedanken und Gefühle nicht mehr so ernst nimmt, kann er seine übermäßige Bindung an sie durchbrechen.

Diese therapeutischen Prozesse helfen dem Klienten dabei, 1) größere psychische Flexibilität zu entwickeln, indem er Schmerz und Leiden schneller akzeptiert und eher bereit ist, seinen Werten entsprechend zu handeln; 2) mit seinen beunruhigenden Gedanken und schmerzhaften Gefühlen zu leben, statt sie kontrollieren zu wollen; 3) die Arbeitsweise seines Geistes zu akzeptieren, statt sich gegen sie zu wehren.

Als Coach könnten Sie davon profitieren, sich die ACT-Prinzipien und -Methoden anzueignen, welche mit diesen therapeutischen Prozessen in Zusammenhang stehen. Das Verständnis der theoretischen Grundstruktur, die das Definieren von wertebasierten Richtungszielen mit den anderen therapeutischen Kernprozessen der ACT verbindet, wird Ihnen ebenfalls von Nutzen sein. Wie zuvor erwähnt, verwenden viele Coaches eine vielfältige Mischung aus Techniken, die in keinem durch Forschung belegten theoretischen Rahmenwerk verankert sind. Hier wäre es von großem Nutzen, einige dieser Techniken in ein Gerüst wie die sechs zentralen therapeutischen Prozesse der ACT einzubinden.

1.4 Der psychisch inflexible Klient

Ähnlich wie Klienten in psychotherapeutischer Behandlung gelangen Ihre Coachingklienten aufgrund ihrer psychischen Inflexibilität oft in festgefahrene mentale Situationen. Ihnen ist bestimmt schon aufgefallen, dass viele Ihrer hocherfolgreichen Coachingklienten ein wenig nervös, gestresst, eindimensional, unnachgiebig, aggressiv und kompromisslos sind. Obwohl diese und andere Eigenschaften nicht notwendigerweise auf nicht diagnostizierte psychische Störungen hinweisen, spiegeln sie doch möglicherweise eine psychische Inflexibilität wider, die die Menschen davon abhält, ihr volles Potenzial auszuleben. Lassen Sie mich dies am Beispiel einer gestressten Klienten mit Namen Lynette verdeutlichen:

Lynettes Geschichte

Lynette ist ehemalige Studentin und frühere Klientin von mir. Ich habe ihren Namen und einige andere Details geändert, um ihre Privatsphäre zu wahren. Die entscheidenden Aspekte ihrer Geschichte habe ich jedoch beibehalten, um zu demonstrieren, wie ich ihr durch die Anwendung von ACT geholfen habe.

Lynette ist eine „Überfliegerin“ und kehrte erst kürzlich wieder als Vollzeitstudentin an die Universität zurück, um mit 35 Jahren ihren Bachelor in Wirtschaft, Schwerpunkt Management, zu machen. Sie sieht dies als Sprungbrett zum Master und einer Spitzenposition im Management einer großen Reisegesellschaft. Vor 15 Jahren hat Lynette bereits eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau (associate’s degree in travel agency management) abgeschlossen, und seit zehn Jahren arbeitet sie erfolgreich als Reisekauffrau und Inhaberin ihres eigenen kleinen Reisebüros. Neben ihrem Vollzeitstudium leitet Lynette immer noch ihr Reisebüro und ist Mutter und Hausfrau. Sie ist eine intelligente, dynamische, perfekt organisierte und hart arbeitende Frau.