Ricardo

Menéndez

Salmón

Medusa

Roman

Aus dem Spanischen
von Carsten Regling

Verlag Klaus Wagenbach    Berlin

Die spanische Originalausgabe erschien 2012 unter dem Titel Medusa bei Seix Barral in Barcelona.

E-Book-Ausgabe 2014

© 2012 Editorial Seix Barral, S. A.

© 2014 für die deutsche Ausgabe: Verlag Klaus Wagenbach, Emser Straße 40/41, 10719 Berlin

Für meine Eltern,
für ihre Liebe in schweren Zeiten

Es ist niemals ein Dokument der Kultur,
ohne zugleich ein solches der Barbarei zu sein.

Walter Benjamin, Über den Begriff der Geschichte

Inhalt

Massaker in Kaunas

LEBEN UND WERK PROHASKAS
(1914–1945)

Abschied in Berlin

LEBEN UND WERK PROHASKAS
(1946–1962)

Anagnorisis in Florenz

Massaker in Kaunas

Es gibt zwei Geheimnisse: den Mythos und die Geschichte.

Der Mythos will Teil der Geschichte werden, die Geschichte genauso verständlich sein wie der Mythos. Mythos und Geschichte bedingen einander, weil ihnen fehlt, was der jeweils andere hat: jenem das Alter seiner spröden Tochter, dieser die Faszination ihres verwegenen Vaters. Der Mythos erzieht, ohne seine Gründe legitimieren zu müssen; die pädagogischen Absichten der Geschichte sind nicht automatisch erfolgreich, nur weil diese aus einer legitimierten Position heraus spricht. Beide jedoch – Mythos und Geschichte, Geschichte und Mythos – bewahren den Menschen vor der Sinnlosigkeit. Denn beide arbeiten mit der Sprache, und die Sprache des Mythos, der alles unternimmt, um Teil der Geschichte zu sein, und die der Geschichte, die sich danach sehnt, zum Mythos zu werden, bilden das Instrument, um das Chaos der Welt, über das sich die Menschheit den Kopf zerbricht, erträglich zu machen.

Ich stieß auf Prohaskas Mythos, als ich versuchte, über einen Abschnitt der Geschichte zu schreiben, zu dem auch Prohaska seinen Teil beigetragen hatte. Es war 1994, als ich bei Recherchen für meine Doktorarbeit über die Ikonographie des Bösen im zwanzigsten Jahrhundert einen Film von drei Minuten und siebenundzwanzig Sekunden Länge mit dem prosaischen Titel Einsatzgruppe in Kauen zu sehen bekam. Es war in Vilnius, in der Wohnung einer finnischen Anthropologin und Expertin auf dem Gebiet des Zweiten Weltkriegs, die alles sammelte, was mit der nationalsozialistischen Besatzungszeit in den Gebieten der Sowjetunion zwischen 1941 und 1945 zu tun hatte.

Der Film war erschreckend in seiner Schlichtheit; sorgfältig und verheerend wie eine Maschine zum Ausschlachten von Eingeweiden.

Die Kamera war auf einer kleinen Anhöhe postiert, in einem Winkel ein paar Grad über dem Ort des Geschehens, einer weiten, baum- und strauchlosen Ebene. Die Aufnahme war folglich leicht geneigt, was dem Betrachter das Gefühl gab, einem Ereignis beizuwohnen, das sich einige Meter unterhalb des Kameramanns abspielte.

Die in Schwarz-Weiß gedrehte Sequenz war auf brutale Weise monoton. Am linken Bildrand sah man eine regungslose Reihe litauischer Gefangener. Die Kamera war konstant auf drei von ihnen gerichtet. Nicht einer mehr, nicht einer weniger: immer drei. Etwa zehn Schritte entfernt erwartete die Gefangenen eine circa vier Meter hohe Mauer. Rechts und links der Mauer standen zwei Soldaten aus Stahleckers Heereskorps, der infamen Einsatzgruppe A. Sobald ein Gefangener die Mauer erreichte, wandte er ihr das Gesicht zu, einer der Mörder schoss ihm in die Schläfe, und der andere schleppte die Leiche fort. Beim nächsten Gefangenen waren die Rollen vertauscht. Wer zuvor geschossen hatte, beseitigte jetzt die Leiche; wer zuvor die Leiche beseitigt hatte, übernahm jetzt die Aufgabe des Schützen.

Der Film hatte keine Tonspur, aber die Haltung der Gefangenen – resigniert, mechanisch, fast skeptisch – ließ erahnen, dass die Hinrichtung im Stillen ablief; egal wie oft man sich den makabren Tanz ansah, auch die Lippen der Henker blieben unbeweglich. Die schlichte, immer gleiche Abfolge der Bilder war so dämonisch, dass der Betrachter für einen Moment den Eindruck hatte, es handele sich immer um denselben Gefangenen, der dort vor seinen Augen starb. Nur der Wechsel der Henker und die unterschiedliche Art, wie die leblosen Körper zusammenbrachen, verrieten, dass es sich um keine Endlosschleife handelte.

Auch nach mehrfachem Betrachten war das eigentlich Entsetzliche, dass der Film in medias res einsetzte; das heißt, der ersten Einstellung gingen zweifellos schon andere Hinrichtungen voraus, und die letzte Einstellung beschloss auch nicht den Kreislauf des Todes, denn im Bild tauchten bereits die gesenkten, bezwungenen, unbeirrbaren Köpfe der nächsten drei Opfer auf. Der Filmemacher hatte schlicht und einfach gedacht, dass drei Minuten und siebenundzwanzig Sekunden genug seien, um sein Ansinnen zu verdeutlichen.

Erst nach mehreren Durchgängen vermochte ich die Exekutionen zu zählen. Es waren exakt zwölf, was einem Durchschnitt von etwa achtzehn Sekunden pro Verbrechen entsprach. Eine erstaunliche Geschwindigkeit, wenn man bedenkt, dass man sieht, wie der Gefangene zehn Schritte macht, stehen bleibt, den Schuss in die Schläfe erhält, weggeschafft wird und anschließend die Rollen von Henker und Gehilfe vertauscht werden, eine unerbittliche, teuflische Mechanisierung der Kunst des Tötens, die zum Hexensabbat gewordene Logik des Kapitalismus – Optimierung der Ressourcen bei gleichzeitiger Gewinnmaximierung.

Musste ich den Film mehrmals sehen, um diese perverse Rechnung aufzustellen, genügte mir ein einziges Mal, um an seinem Ende, ähnlich den Zwischentiteln alter Stummfilme, wie eine überraschende Rune die folgenden Worte zu lesen: Prohaska me fecit.

LEBEN UND WERK PROHASKAS

(1914–1945)

Prohaska – männlich, Siebenmonatskind, ungewollt – kam an Heiligabend des Jahres 1914 während eines außergewöhnlich harten Winters in einem entlegenen Weiler im Norden Deutschlands, wo das Meer die Menschen, Felsen und Boote schleift, als dritter und letzter Spross einer mittlerweile ausgestorbenen Familie zur Welt.

Vielleicht verspürte er von Kindheit an den Reiz der Bilder, weil er nie den Vater kennenlernte – dem eine russische Granate in der Schlacht bei Tannenberg den Kopf abriss –, als könnten ihn die Bilder über den Verlust seines Erzeugers hinwegtrösten. Er suchte den Horizont ab und sah, er las die Ilias in einer illustrierten Kinderausgabe und sah, er zeichnete Figuren in den Sand und sah.

Er sah, wie der Vater Handelsschiffe lotste, vor den Mauern Trojas kämpfte, auf wundersame Weise in den Zeichnungen Gestalt annahm, das leere, weiße Antlitz seiner Frau küsste. Einer Mutter, seiner, die ihn nicht liebte, es nie getan hatte, die ihn still zurückwies, nicht unwirsch, aber bestimmt, auf die gleiche Art, wie ihn auch seine Geschwister wortlos ignorierten.

Als wäre er ein Kind des Zufalls, nicht des Fleisches.

So wuchs er also auf, umgeben von Menschen, doch ohne jede Liebe, mit dem mythologischen Ballast des unbekannten Vaters, von klein auf infiziert mit der entfesselten und zugleich reinigenden Macht der Bilder.

Prohaskas erstes erhalten gebliebenes Bild aus dem Jahr 1924 zeigt einen Kampf zwischen Krebsen. Rot und Gelb dominieren, und ein großer rostfarbener Fleck scheint für den Ort der Schlacht zu stehen, eine öde Sandfläche. Die Farben gab ihm ein protestantischer Pfarrer, ein begeisterter Landschaftsmaler, der in Friedenszeiten, auf einer Reise nach Paris, die Fauvisten für sich entdeckt hatte. Der Geistliche mit Namen Löw, dem die Geschichte die Gunst des Ursprungs gewährt, war Prohaskas erster Gesprächspartner auf dem Gebiet der Kunst.

Er starb, bevor der noch jugendliche Prohaska 1929 nach Berlin reiste. Die Krankenakten sprechen von Blutvergiftung, Gerüchte von einer leichtlebigen Ehefrau, die ihn in den Selbstmord trieb. In einer Notiz von 1960 an seinen Biographen Jakob Stelenski erinnert sich Prohaska an seinen ersten Lehrmeister »als einen guten, aber schwachen Menschen«.

Ein tiefes Paradox umgibt Prohaska, den Mann, der die drei Ikonen des zwanzigsten Jahrhunderts – Malerei, Fotografie, Film – kultivierte, von dem jedoch kein einziges Porträt, kein einziges Passbild, keine einzige auf Zelluloid gebannte Spur erhalten ist.

Ein Mann, der alles sah, den aber niemand sehen konnte.

Lassen wir also unserer Fantasie freien Lauf und denken uns das wechselvolle Schicksal eines einsamen, gesichtslosen Jungen, den wir uns von Salz und Kälte umgeben vorzustellen haben, gefangen in seinen Träumen, seine künftige Kaltherzigkeit herausbildend in einem ebenso schönen wie kargen Szenarium – etwas, das später immer wieder in seiner Ästhetik zum Ausdruck kommen sollte. Dieses Gefallen am Fehlen eines Urteils, diese Berufung, die Oberflächen der Welt zu zeigen – eine amputierte Hand, eine Pyramide aus Brillen, einen Pferdefriedhof –, ohne etwas auszulassen oder hinzuzufügen. Hand, Linse, Kamera als bloße Betrachter.

Kunst als Zeugnis, Kunst als Testament, Kunst als Beglaubigung: geisterhaft, transparent, unpädagogisch.

1918, Zeit des Hungers und der Entbehrungen, in der die Spanische Grippe mit ihrem gefräßigen Säbel Europa dezimiert. Ohne einen Laut der Klage stirbt Prohaskas älterer Bruder auf seiner bescheidenen, lauwarmen Pritsche an Auszehrung. Die zwei Kühe der Familie leben ein Jahr lang mit im Haus. Die Wärme ihrer Körper nährt die Träume der Kinder. Im Frühjahr 1919, als die Menschen Gras essen, um einen scheinbar Generationen währenden Hunger zu stillen, werden sie geschlachtet. Zusammen bilden sie eine bizarre Weihnachtskrippe: ohne Heilige Drei Könige, ohne Joseph, ohne Jungfrau noch Jesuskind. Eine deutsche Krippe.

Eines Tages im Jahr 1920 betritt ein Mann die Bühne, um den freien Platz im Bett des kopflosen Erzeugers für sich zu reklamieren. Prohaska wird immer voller Respekt von ihm sprechen. »Mein Stiefvater«, schreibt er in Nach Diktat eines grausamen Gottes, seinen 1975 posthum veröffentlichten Memoiren,

war ein gebildeter, schweigsamer Mensch, Buchhalter von Beruf in einer Welt, die keine Buchhaltung benötigte. Von ihm hörte ich zum ersten Mal den Namen Hitler. Als ich mein Zuhause verließ und nach Berlin zog und er uns schon seit einiger Zeit verlassen hatte,

schließt Prohaska,

erinnerte ich mich, dass er sich immer gern in seine Einsamkeit zurückgezogen hatte. Was das betrifft, war er ein wichtiger Mensch in meinem Leben, lehrte er mich doch, dass andere häufig nur ein Ärgernis darstellen und die Misanthropie ein unschätzbares Gut ist.

1919, dem Jahr der gescheiterten Revolution, versinkt Deutschland in Blut. Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht werden wie Hunde erschlagen. Die rote Stadt Hamburg wird geschleift. Tausende Arbeiter finden den Tod. Die Hoffnung auf ein anderes Deutschland zerrinnt auf dramatische Weise. Nur wenige Jahre später schlägt das Land an der Hand des Nationalsozialismus den Pfad der Selbstzerstörung ein. In diese unheilvolle Spirale fügt sich Prohaskas Schicksal ein.

»Wäre Deutschland damals kommunistisch gewesen«, gesteht er in Brief an die zukünftigen Mörder, seiner letzten Schrift, »wäre ich ebenfalls sein Fotograf, sein Maler und sein Filmemacher gewesen. Doch als ich erwachsen war, war Deutschland faschistisch. Und ich, der ich nie einer Ideologie anhing, war dort.« Eine doppelte, unmöglich zu beantwortende Frage liegt über allem: Ist es möglich, ohne Gesicht und Ideologie zu leben?

Versunken in seine zeugenlose Einsamkeit durchstreift der damals fünfjährige Knabe die Dünen und hält Zwiesprache mit der Leiche des vor langer Zeit bei der Verteidigung eines in Auflösung begriffenen Reichs verstorbenen Vaters. Eine Welle umspült seine Füße. Prohaska betrachtet sie leidenschaftslos, zählt mit lauter Stimme die verrinnenden Sekunden, bis der Sand den letzten Rest von Schaum verschlungen hat. Eins, zwei, drei.

Prohaska, der Forensiker.

»Alle glücklichen Familien«, et cetera, et cetera. Der Klassiker lügt nicht. Deshalb ist er klassisch. Denn aus seinem Mund spricht die Zeit. Das Glück der jetzt von einem Mann namens Müller umsorgten Familie Prohaska gleicht einer altbekannten Rhapsodie: Spaziergänge am Meer, geteilter Hunger, spektakuläre Sonnenuntergänge, die Gnade des gemeinsamen Opfers, ein gewisser, niemals offen ausgeübter Jansenismus. Doch erst im Unglück beginnt Prohaska seine Einzigartigkeit herauszubilden. Müllers Anwesenheit sortiert die Ökonomie der Gefühle neu. Einmal mehr wird der jüngste Sohn benachteiligt. Als der neue Mann, ein Erwachsener, in die intime Runde eindringt, verschärft sich seine Einsamkeit. Die Mutter überlässt ihn endgültig der Langeweile, der Melancholie, dem Schicksal, für sich selbst zu sorgen.

Doch Prohaska resigniert nicht. Er trinkt von seinem Unglück wie ein Baum, der seine Wurzeln nach verborgenen Quellen ausstreckt, und sucht fern von zu Hause, was ihm das Zuhause vorenthält. Am Ufer der Nordsee, seinem liebsten Zufluchtsort, träumt er gelegentlich, dass sein kopfloser Vater von einem russischen Kriegsschiff herabsteigt, gekleidet als Kosak oder in einen Prinzen verwandelt, wie sie die Seiten der Klassiker bevölkern. »Dort«, wird er seinem Vertrauten Stelenski in einem ihrer unzähligen Gespräche verraten,

am Ende der Welt, das die Strände für mich bedeuteten, auf dem Rücken der Fantasie, war das Leben erträglich. Ich verstehe bis heute nicht, warum ich nie einen Roman geschrieben habe. Obwohl ich mich immer viel wohler vor einer leeren Leinwand oder in einer Dunkelkammer gefühlt habe als im Reich der Buchstaben.

Eines Morgens im Winter 1922 überschwemmen Hunderttausende von Heringen die Strände.

Es ist eine Landschaft wie vor oder nach dem Menschen, prä- und postapokalyptisch zugleich. Eine Landschaft, die dem Menschen seine Nichtigkeit vor Augen führt, seine kümmerliche Rolle in der Abfolge der Lebewesen, den Überfluss an Organismen, die ihm vorangingen und später einmal folgen werden. In seinen gefütterten, mit Fett eingeriebenen schweinsledernen Jagdstiefeln schreitet Prohaska über den Fischteppich wie der alte Wundertäter über das Wasser. Seine Schritte verlieren sich in der Weite des Friedhofs. Er geht und geht, und als er den Blick wendet und seine Fußspuren betrachtet, erkennt er sich inmitten des silbernen Lakens, wie ein Kind, das sich in den Wäldern der alten Märchen verlaufen hat. Er steht auf einem Berg aus verwesenden Fischen. Der Gestank ist unerträglich.

Es fällt schwer, sich dem Zauber eines solchen Bildes zu entziehen, einer Vision von der Verdrängung unserer Spezies, bezwungen durch die uferlose Vermehrung anderer Wesen. Zu ignorieren, dass Prohaska, der Mann, der die Krematorien fotografierte, viele Jahre später einen Vergleich zwischen jenen Fischen und den Blutbädern ziehen wird, für die ihn die Geschichte als Betrachter vorgesehen hatte.

Eines Tages verlässt der Buchhalter das Dorf. An einem Morgen, der sich in nichts von anderen unterscheidet, mit derselben Kälte, derselben Not, macht sich Müller auf den Weg in die Stadt, um nicht mehr heimzukehren. Sie hören nie wieder von ihm. Einmal mehr vom Glück verlassen, verflucht Prohaskas Mutter lautlos ihr Schicksal, weiß sie doch, dass die schlechten Zeiten erneut vor ihrer Tür stehen. Die zwei Söhne betrachten sie erwartungsvoll, warten darauf, dass sie etwas sagt oder unternimmt. Doch sie starrt sie nur an wie aufgescheuchte Hühner. Dann zeigt sie auf den Jüngsten und beschimpft ihn: »Nichtsnutz.« Das Wort, vor dem der Bruder voller Scham den Blick senkt, explodiert im mütterlichen Mund wie eine zornige Bombe. Prohaska sieht die Mutter an, geht auf sie zu, hebt die Hand und streichelt ihr über das Gesicht. Er nimmt die gefütterte Jacke vom Nagel, schlüpft in seine Stiefel, tritt in die Kälte hinaus und geht davon. Er ist acht Jahre alt. Es dauert zweiundsiebzig Stunden, bis man ihn findet. Als es so weit ist, in den windzerzausten Dünen, ist er halb tot, ausgehungert, erschöpft und hat die Arme um sich geschlungen wie eine um einen Mast gewickelte Fahne.

Das Verdienst, die eigene Verzweiflung überlebt zu haben, macht aus Prohaska eine ungewöhnliche, prophetische, auf gewisse Weise Furcht einflößende Person. Er, der sich nach nichts anderem als der Zuneigung des gesichtslosen Vaters sehnte, wird über Nacht zur Seele einer lebensmüden Familie. Der Bruder tritt an sein Bett, um ihm das Kopfkissen aufzuschütteln und ihm einen Kuss auf die Lider zu drücken; die Mutter betrachtet ihn mit so etwas wie Reue. Als er die Lungenentzündung zwei Monate später dank der ärztlichen Versorgung und seiner unerwartet starken Konstitution überstanden hat, ist unter dem von Sandstürmen gepeitschten Dach nichts mehr wie vorher. Wie bei Erleuchteten und Verrückten spricht aus Prohaskas Mund von diesem Moment an die Wahrheit. Oder zumindest eine ihrer Masken.