Nr. 103
Das Plasma-Ungeheuer
Sie entsenden das Energie-Kommando – und schaffen das Plasma-Ungeheuer ...
von KURT BRAND
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Eine neue Menschheitsepoche ist angebrochen!
Seit Crests Tod sind 57 Jahre vergangen – man schreibt also jetzt auf der Erde das Jahr 2102.
Viel hat sich in der Zwischenzeit ereignet!
Dem Arkoniden Atlan ist es mit Unterstützung der Menschen gelungen, seine Stellung als Imperator zu festigen. Das Bündnis zwischen Arkon und dem Solaren Imperium hat Früchte getragen – speziell für die Terraner, von denen viele bereits wichtige Positionen auf Arkon selbst einnehmen. Atlan muss dies dulden, da er sich auf die meisten seiner Landsleute nicht verlassen kann.
Das Solare Imperium ist zur bedeutendsten Handelsmacht am Rande der Milchstraße geworden. Seit 22 Jahren gibt es geradezu einen Strom von Auswanderern zu geeigneten Siedlungswelten. Desgleichen existieren auf vielen von anderen Intelligenzen bewohnten Planeten terranische Gesandtschaften und Handelsniederlassungen.
Aber die Lage ist trotzdem nicht rosig, denn man weiß ja inzwischen aus trüber Erfahrung, dass es eine Macht in der Milchstraße gibt, die weder für Arkoniden, noch für Terraner Sympathien empfindet: Die Akonen aus dem »Blauen System«!
Und so sind es auch die Akonen, die eines Tages DAS PLASMA-UNGEHEUER auf die Menschheit loslassen ...
Perry Rhodan – Administrator des Solaren Imperiums.
Leutnant Harald Fitzgerald – Diensthabender Offizier auf Station Ori-12-1818.
Walt Ballin – Ein Journalist, für den sich Perry Rhodan sehr interessiert.
Jeff Garibaldi – Agent der Solaren Abwehr.
Vu Pooh – Kapitän des Energiekommandos von Akon.
Reginald Bull – Er spricht von einem Kuckucksei, weil er Mal-Se noch nicht kennt.
Gucky – Der Mausbiber hat eine Antipathie gegen Roboter.
»Diesen Mann möchte ich kennenlernen«, sagte Perry Rhodan, als er die Europa News zusammenlegte und danach auf den Namen deutete, der unter dem Leitartikel stand. »Walt Ballin ...« Er lauschte dem Klang des Namens nach, während er von seinem Arbeitsplatz aus über Terrania hinwegsah und sein Blick sich in der Ferne verlor.
Die täglichen Informationen, die er der Presse entnahm, hatten heute bei Rhodan ein seltenes Echo ausgelöst. Er, der weder pressefreundlich noch pressefeindlich eingestellt war, hatte gerade den Wunsch ausgedrückt, einen Journalisten kennenzulernen.
Allan D. Mercant, der Chef der Solaren Abwehr, sah Rhodan fragend an, aber der Erste Administrator des Solaren Imperiums reagierte auf den Blick nicht. Immer noch sah er zum Fenster hinaus, weit über das Häusermeer von Terrania hinweg und mitten in die zu einer Parklandschaft gewordene Gobi hinein.
»Es gehört Verantwortungsbewusstsein und Mut dazu, an uns die Frage zu richten, ob wir eine destruktive Politik betreiben, Mercant. Meistens lohnt es sich nicht, Artikel dieses Genres zu lesen, doch dieser Walt Ballin hat in seinem Aufsatz Überlegungen angestellt, mit denen wir uns ebenfalls zu beschäftigen haben. Ganz besonders jedoch interessiert mich seine Behauptung und versuchte Beweisführung, wir hätten versäumt, den einzelnen Menschen darauf vorzubereiten, in galaktischem Rahmen zu denken.
Mercant, hat dieser Walt Ballin nicht recht?«
Das schmale Gesicht des Abwehrchefs war Rhodan zugewandt.
»Es ist leicht, Kritik zu üben, Sir«, widersprach er ruhig. »Wir können die Entwicklung der Menschen nicht noch mehr beschleunigen. Wir haben die Pflicht, uns nach dem Durchschnitt zu richten. Eine eingehende Aufklärung unsererseits, wie es innerhalb der Galaxis brodelt, welche Gefahren für das Solare Imperium akut sind oder dass wir soeben im Zentrum der Milchstraße ein Volk entdeckt haben, welches sogar den Arkoniden in jeder Beziehung haushoch überlegen ist, könnte die Masse der Bevölkerung nicht nur verwirren, sondern sie in Aufruhr bringen.«
»Aber besser jetzt Unruhen, Mercant, als zu einem Zeitpunkt, zu dem wir sie absolut nicht gebrauchen können. So gerne ich sonst bereit bin, Ihren Ratschlägen zu folgen, heute muss ich diesem Walt Ballin recht geben und mit ihm sagen:
Wir betreiben eine Politik der Selbstzerstörung, wenn wir nicht die Terraner, und ich meine damit die Masse des Volkes, zu Wikingern des Universums machen!
Der einzelne, der einfache Mann auf der Straße muss sich mit uns verbunden fühlen. Aber er kann nur dann mit uns empfinden, wenn wir ihn an unseren Sorgen und Nöten teilnehmen lassen. Und das, mein lieber Mercant, tun wir nicht, und das hält uns auch Walt Ballin vor. Wir wollen doch die Panik auf der Erde nicht vergessen, als die Druufflotte plötzlich in unserem System stand, danach die Robotraumer Arkons auftauchten und mit ihnen die Schiffe der Galaktischen Händler.
Wir müssen die Menschen Schritt für Schritt darauf vorbereiten, dass im Zentrum der Milchstraße ein uns weit überlegenes Volk wohnt und wir damit zu rechnen haben, dass es uns auf der Erde einen Besuch abstatten wird, den wir nicht besonders gerne sehen. Und dieser Walt Ballin ist, wenn er das hält, was er mit seinem Artikel versprochen hat, der Mann für diese Aufgabe. Darum möchte ich ihn so schnell wie möglich kennenlernen. Wann kann er hier sein, Mercant?«
Allan D. Mercant lächelte. »Sir, Walt Ballin ist Journalist, und Journalisten sind eine besondere Sorte Menschen. Hoffentlich findet er den Weg nach Terrania, wenn die Abwehr ihn in Ihrem Namen bittet, Sie aufzusuchen. Ich hoffe, dass er morgen hier eintrifft.«
*
Als Walt Ballin sich über das Visiphon der Europa News mit Yvonne Berclais unterhielt, dachte er nicht mehr an den Leitartikel, den er für die erste Juniausgabe seiner Zeitung geschrieben hatte. Der Besucher, der im Vorzimmer wartete, sollte warten; von Bedeutung konnte der Besuch nicht sein, Walt Ballin kannte keinen Herrn namens Garibaldi, aber für ihn war es sehr wichtig, sich für heute Abend mit Yvonne zu verabreden, um endlich mit ihr ins reine zu kommen.
»Also Chérie, heute um zwanzig Uhr bei Trois poulardes? Ich lasse einen Tisch reservieren, vorne links, wenn es dir recht ist?«
Yvonne Berclais war eine bezaubernde junge Dame, brünett, elegant und mit ihren zweiundzwanzig Jahren auf der ganzen Welt bekannt. Wenn die Berclais ihren hellen Sopran aufklingen ließ und ihr Vortrag über den Bildschirm ging, dann lauschten hundert Millionen Menschen dieser göttlichen Stimme.
Aber jetzt war Yvonne Berclais nicht die Sängerin, sondern ein in Walt Ballin verliebtes junges, glückliches Mädchen.
»Ich freue mich auf diesen Abend, Walt, und ich werde diesmal pünktlich sein. Du brauchst nicht auf mich zu warten. Bis dann!«
Sie hatte abgeschaltet, aber Walt Ballin, siebenundzwanzig Jahre alt, trotzdem schon Leitartikler in der Europa News, blickte immer noch den Bildschirm des Visiphons an.
Da brummte über ihm dezent ein Summer; Ballin wurde an den unbekannten Besucher im Vorzimmer erinnert.
Er sollte hereinkommen!
Walt Ballin befand sich in Hochstimmung.
Er dachte an Yvonne, während er den Besucher automatisch begrüßte; Yvonne glaubte er zu sehen, während der Besucher sich auf seine einladende Handbewegung niederließ. Yvonne wollte ihn heute Abend bei Trois poulardes nicht warten lassen, und den Tisch musste er noch in dieser Stunde reservieren lassen, sonst kam er mit seiner Bestellung zu spät.
Aber was sagte sein Besucher?
Wer war es überhaupt? Wie sah der Mann aus?
»Was ... äh, bitte? Was sagten Sie?« Verwirrt starrte Walt Ballin den glatzköpfigen Mann, der über einen erstaunlichen Tonnenbauch verfügte und so klein war, dass sein Kopf gerade die Armlehnen des Sessels überragte, an.
Der dicke Mann wiederholte seinen Vortrag.
Walt Ballin horchte jetzt überrascht auf.
Was war das? Dem Ersten Administrator war sein Leitartikel von vorgestern vorgelegt worden?
»Ja, und?« Ballin war alarmiert. Er kombinierte und sah schon die größten Schwierigkeiten herankommen und Ärger mit der Chefredaktion! Sie hatte bereits ihre Bedenken geäußert, als er die Druckfreigabe für diesen Leitartikel angemahnt hatte.
»Auf Grund Ihres Artikels bin ich durch meinen Chef, den Leiter der Solaren Abwehr ...«
Walt Ballin hörte nur Solare Abwehr und sah sich in dieser Sekunde schon als arbeitsloser Journalist auf der Straße. Den Abend mit Yvonne konnte er jetzt schon aus seinem Terminkalender streichen. Aber was hatte sein Leitartikel nur mit der Solaren Abwehr zu tun? Seit wann gab es auf der Erde wieder eine Pressezensur?
»Wohin soll ich kommen? Nach Terrania?«, fragte Walt Ballin bissig. Er hatte wieder die Hälfte überhört und die Einladung, Terrania aufzusuchen, mit der Solaren Abwehr verbunden.
»Ja, Mister Ballin, denn Sie können schließlich nicht gut erwarten, dass der Erste Administrator nach Paris kommt, um sich mit Ihnen zu unterhalten.«
Unterhalten hatte der Besucher mit der Glatze und dem dicken Bauch gesagt; eine Unterhaltung mit Perry Rhodan!
Walt Ballin zündete sich eine Zigarette an und tat vier hastige Lungenzüge. Dann zerdrückte er die Zigarette im Ascher und erhob sich.
»Wir haben ja nicht mehr den ersten April, Mister«, sagte Walt Ballin ziemlich scharf, »und ich kann mir nicht gut vorstellen, dass der Erste Administrator über so viel Zeit verfügt, um täglich sämtliche Leitartikel der Weltpresse zu lesen ...«
Der kleine dicke Mann hatte seine Brieftasche geöffnet und reichte Ballin eine Plastikfolie in Postkartengröße. »Mister Ballin, Ihr Ticket. Aber Sie fliegen nicht mit einer Linienmaschine. Eine Space-Jet trifft um 13.40 Uhr auf dem Raumhafen auf Platz 68-B ein und erwartet Sie. Wollen Sie mich bitte Ihrer Chefredaktion melden, damit ich Ihren Urlaub durchsetzen kann, Mister Ballin?«
Der schnappte schon längst nach Luft.
»Langsam!«, protestierte er nun. »Ich bin noch nicht nach Terrania unterwegs, Mister ... Wie war doch Ihr Name?«
»Jeff Garibaldi, Mister Ballin, aber in meinem Falle gilt nicht: Nomen gleich Omen. Meine Eltern stammen aus Italien ...«
»Und Ihr Großvater war der berüchtigte ...?«
»Mein Ur-urgroßvater, Mister, nur war er nicht berüchtigt, sondern schon zu seinen Lebzeiten berühmt!«
Allan D. Mercant hatte genau gewusst, welchen Mann aus seiner Abwehr er auf einen Journalisten anzusetzen hatte, und was sich nun wie eine oberflächliche Unterhaltung anhörte, war in Wirklichkeit ein psychologischer Trick, der dazu diente, Walt Ballins Erregung abzuschwächen.
Walt Ballin musste gegen seinen Willen schmunzeln, als er diesen Jeff Garibaldi, klein, dick und glatzköpfig, mit dem italienischen Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi verglich.
Jeff Garibaldi wusste genau, worüber Ballin zu schmunzeln hatte, aber er äußerte sich nicht dazu; er war mit der Entwicklung der Angelegenheit zufrieden.
»Und was soll ich mit dem Ticket, Mister Garibaldi? Was soll ich in Terrania? Der Gedanke ist doch absurd, dass ausgerechnet der Erste Administrator sich mit mir über meinen Leitartikel unterhalten will! Dahinter steckt doch etwas anderes!«
»Mister Ballin, die Solare Abwehr ist nur mit der Durchführung einer Einladung betraut; weiter gehen meine Direktiven nicht.«
»Aber es ist doch lächerlich«, brauste der Journalist auf und packte seinen unförmigen Besucher am Rockaufschlag. »Sie haben etwas anderes mit mir vor. Ihre Argumente, warum ich einer Einladung Rhodans folgen soll, sind fadenscheinig. Sie wissen, dass ich am Ersten dieses Monats in meinem Leitartikel die Regierung des Solaren Imperiums angegriffen habe, und aus diesem Grunde wollen Sie mich mundtot machen. Wenn Ihnen das nicht gelingt, dann werden Sie mir bei der Chefredaktion Schwierigkeiten bereiten und dafür sorgen, dass ich sofort entlassen werde! So, und nun sagen Sie endlich, warum Sie gekommen sind, Mister Garibaldi. Mir scheint, dass Nomen doch Omen ist!«
Der kleine dicke Mann lachte jetzt gemütlich. »Mister Ballin, mein Urahne war kein Bandit, und die Solare Abwehr beschäftigt weder Kidnapper noch Gangster. Bitte, kennen Sie das Siegel der Abwehr? Dann lesen Sie meine Order. Ich verstoße damit, indem ich sie Ihnen zum Einblick überlasse, gegen Bestimmungen, aber ich gehe dieses Risiko ein, um Sie zu überzeugen. Perry Rhodan, und nicht die Solare Abwehr, wünscht sich mit Ihnen zu unterhalten. Mister Ballin, das ist doch eine einmalige Chance! Welcher Journalist kann sagen, mit dem Ersten Administrator sich allein unterhalten zu haben?«
»Sie hätten Prediger werden sollen und kein Mitglied der Solaren Abwehr«, erwiderte Walt Ballin immer noch misstrauisch.
Die Vorstellung, dass Rhodan durch seinen Leitartikel auf ihn, den kleinen Journalisten, aufmerksam geworden sein sollte, war so ungeheuerlich, dass er einfach nicht an diese Einladung glauben konnte.
Er saß auf der Kante seines Schreibtisches und fächerte mit dem Plastikticket. Der Abwehrmann schwieg.
»Mister Garibaldi, bezahlt die Solare Abwehr mein Visiphongespräch nach Terrania?«, erkundigte sich Ballin.
»Wen wollen Sie denn dort sprechen? Etwa Rhodan?«, fragte der kleine dicke Mann mit gut gespielter Gleichgültigkeit.
»Wen sonst? Wenn er schon wünscht, dass ich nach Terrania komme, dann wird er wohl nichts dagegen einwenden können, wenn ich mich jetzt mit ihm kurz in Verbindung setze, oder ...?«
Diese Frage konnte Mister Jeff Garibaldi dem Journalisten nicht beantworten, aber er erklärte, dass die Pariser Dienststelle der Solaren Abwehr die Kosten eines Gesprächs nach Terrania übernehmen würde.
»Dann bin ich gespannt!«, konnte Walt Ballin nur noch sagen und gab seinen Sitzplatz auf der Schreibtischkante auf.
Er schaltete zur Visiphonzentrale der Europa News durch, die, obwohl sie keinen französischen Namen hatte, auflagemäßig die größte Zeitung in französischer Sprache war.
»Ein Gespräch mit Terrania; Gesprächspartner: Erster Administrator Rhodan!«, verlangte Ballin.
»Wen, bitte?«, klang die Stimme der Automatik auf.
»Perry Rhodan!«, wiederholte Ballin fest und blickte zu Garibaldi hinüber.
Die Verbindung mit Terrania war da; der Bildschirm wurde stabil und verriet durch sein kaum merkbares Flackern, dass in Terrania ein positronisches Relais die Dienstanschlüsse Rhodans abgriff.
»Ja, bitte?«
Walt Ballin schluckte.
Der mächtigste Mann des Solaren Imperiums blickte ihn aus grauen Augen vom Bildschirm an.
»Wenn ich die Anmeldung richtig verstanden habe, dann sind Sie Walt Ballin? Darf ich Sie heute noch in Terrania erwarten, Mister Ballin? Wollten Sie mir Ihre Ankunft mitteilen?«, hörte der fassungslose Journalist Rhodan fragen.
»Ja, Sir, ja ...«, konnte er nur stottern.
Ein leichtes Lachen glitt über Rhodans Gesicht. »Ich freue mich, mich mit Ihnen unterhalten zu können, Mister Ballin. War sonst noch etwas?«
»Nein, Sir ... Danke, Sir ... Sonst war nichts, Sir!«
Walt Ballin war schweißgebadet.
Der Bildschirm wollte grau werden, flackerte erneut auf und wurde wieder stabil.
Mister Jacquuse, der Besitzer der Europa News, hielt sich vor dem Bildschirm der anderen Seite auf.
»Mister Ballin, Sie haben ohne Genehmigung gerade ein Globalgespräch geführt?«, klang die scharfe Frage auf.
»Gewiss!«, erwiderte Walt Ballin und hatte in dieser Sekunde jede Unsicherheit verloren. »Ich habe mit dem Ersten Administrator gesprochen und mich für seine Einladung bedankt, Mister Jacquuse.«
»Mit Perry Rhodan, Ballin? Sie?«
Walt Ballin überging die Fassungslosigkeit des anderen und nützte die Situation aus. »Eine Space-Jet erwartet mich um 13.40 Uhr auf unserem Raumhafen, Mister. Ich möchte Sie bitten, mir für den Besuch in Terrania unbefristeten Urlaub zu geben. Das Visiphongespräch ...«
»Aber mein lieber Ballin«, unterbrach ihn Mister Jacquuse mit großartiger Geste, »Ihre Urlaubsbitte ist doch selbstverständlich genehmigt, und die Kosten des Gespräches tragen natürlich wir. Aber bevor Sie zum Raumhafen fahren, machen Sie doch noch für die Abendausgabe Ihren Artikel, nicht wahr?«
Walt Ballin wusste von keinem Artikel, den er heute noch zu schreiben hatte.
»Aber mein lieber Ballin ...«, und Ballin konnte sich auch nicht erinnern, vom arroganten Jacquuse jemals mit mein Lieber angesprochen worden zu sein. »Ich lasse die Maschinen anhalten. Auf der ersten Seite bringen wir ganz groß heraus, dass der Erste Administrator Perry Rhodan unseren Leitartikler Walt Ballin als Ratgeber nach Terrania gerufen hat ...«
In diesem Moment kündigte Walt Ballin, ohne das Wort Kündigung auch nur in den Mund genommen zu haben.
»Mister Jacquuse«, fiel er dem Besitzer der Europa News ins Wort, »ich bin weder Perry Rhodans Ratgeber noch etwas Ähnliches! Ich erlaube Ihnen nicht, einen Artikel in dieser Form zu bringen. Und da wir 12.58 Uhr haben, verlasse ich in den nächsten Minuten schon das Verlagsgebäude. Guten Tag, Mister Jacquuse!«
»Sie hätten Lebewohl sagen sollen, Mister Ballin«, machte sich jetzt der kleine dicke Mann bemerkbar und erhob sich aus dem Sessel. »Wenn Sie Ihre Unterredung mit Perry Rhodan hinter sich haben, dann gibt es in diesem Zeitungsgebäude keinen Stuhl mehr, auf den Sie sich noch einmal setzen können, aber lassen Sie Ihr Ticket nicht liegen. Ohne diesen Ausweis kommen Sie am Robot nicht vorbei. Gehen wir?«
*
Um 12 Uhr Standardzeit übernahm Leutnant Harald Fitzgerald wieder das Kommando über die Relaisstation Ori-12-1818. Sergeant Stainless hatte keine besonderen Vorkommnisse zu melden und suchte, wie jeden Tag um 12 Uhr, seine Kabine auf, um sich zum verdienten Schlaf niederzulegen.
Ori-12-1818 umlief das größte System im Sternbild des Orion, den gelbroten Riesen Beteigeuze. Diese Supersonne von fünfhundertfachem Soldurchmesser hatte einmal vierzehn Planeten besessen, aber in jüngster Vergangenheit, vor hundertachtzehn Jahren, den dritten Umläufer in einer atomaren Explosion verloren. Damals waren in diesem Abschnitt der Milchstraße die großen Flotten der Springer und Topsider aufeinandergestoßen. Die Galaktischen Händler hatten in den Topsidern die Verbündeten der verhassten Terraner gesehen; die Topsider aber glaubten Conrad Deringhouses Warnung, die Springer kämen, um Topsids Macht zu vernichten. Der lachende Dritte im Hintergrund war Perry Rhodan gewesen, der in dieser Zeit alle Hände voll zu tun hatte, die galaktische Position der schwachen Erde zu verschleiern und der durch einen Kunstgriff die bordpositronische Datenspeicherung auf einem Händlerschiff verfälscht hatte. Danach war der dritte Planet der Beteigeuze die Erde; die furchtbare Macht einer einzigen Arkonbombe hatte diesen unbewohnten Planeten vernichtet.
Nur Nummer vier, die Welt Aqua, erdgroß und mit einer Oberfläche, die zu 95 Prozent aus Wasser bestand, trug Leben. Auf dem einzigen Kontinent dieses Planeten, der etwa europagroß war, hatte Terra schon vor vielen Jahren eine Handelsniederlassung und einen militärischen Flottenstützpunkt aufgebaut. Der Name Aqua war im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit geraten; diese Welt, wie alle anderen Umläufer der Beteigeuze, trugen als Bezeichnung jetzt nur noch eine Nummer, und aus vier war drei geworden, und der letzte der Planeten, ein Methangas-Gigant, die Nummer dreizehn.
Alle drei Monate wurde die Besatzung der Schaltstation vom dritten Planeten her abgelöst. Als Leutnant Fitzgerald soeben sämtliche Kontrollen durchgeführt hatte und nun über Zeit zum Grübeln verfügte, dachte er an ihre bevorstehende Ablösung.