Dank:
Niklas Arnegger und Badischer Verlag GmbH & Co. KG (Badische Zeitung)
für die Erlaubnis, einen bereits veröffentlichten Text nachzudrucken (Seite 179);
Kayla Draheim für die Übersetzung eines Textes ins Englische (Seite 194);
Bärbel Lixa-Schöwer für den Hinweis auf einen Text von Maximilian Lixa und die Übersetzung
einer Passage daraus aus dem Portugiesischen für dieses Buch (Einbandrückseite).
Titel des Bildes auf der Einbandvorderseite: Walpurgisnacht;
oder: Der Astrophysiker Freude am Schwarzen Loch.
Titel des Bildes auf der Einbandrückseite: Picknick auf beschattetem Strand.
© 2020 Konrad Heyde
Satz, Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-7519-6260-5
für Heidrun,
die ich liebe
Stilles Land 1
Stilles Land 2
Stilles Land 3
Stilles Land 4
Stilles Land 5
Stilles Land 6
Starkstromleitung in binärem Gelände
Stilles Land 7
Stilles Land 8
Archipel 1
Archipel 2
Modder
Küste
Gegend
Entwurf
Freundliches Wesen
Verkehrt herum
Strukturwesen
Vier Götter
Konstrukt
Halbwesen mit introvertierter Stachelbeere
Traumtänzer
Gespenst
Kopffüßler mit Schwertlilie
Hundespaziergang
Fruits de mer (Noirmoutier)
Im Nebel auf dem Strand bei La Couarde-sur-Mer
Irgendwo im Berry
Ronda
Bomarzo
Schlagschatten auf Salzteiche in den bretonischen Sümpfen
Der knapp das Bild beschreibende Titel wird spontan akzeptiert. Aha, sagt man sich, in bretonischen Sümpfen gibt es Salzteiche, auf die der Schatten eines Windrads fällt. Und nicht nur »Schatten«, sondern »Schlagschatten« ist klar; denn der Blick des Betrachters geht von ganz weit oben steil nach unten, wodurch sich der Schatten perspektivisch stark verjüngt, gleichsam als Schlag das Gelände trifft. Außerdem weiß jeder, dass die Flügel des Windrads sich mit Wucht wie Schlegel bewegen – wusch, wusch, wusch. Sie werden zwar vom Wind getrieben, aber die Gewalt ihrer Bewegung erweckt uns den Eindruck, sie schlügen unaufhaltsam und stumpfsinnig durch die Luft. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch unser Wissen, dass von Windrädern alles, was fliegend in ihr Kreisen gerät, zerhackt wird: Hummeln, Fledermäuse, Libellen, Störche, Flussseeschwalben. Die schlagende Bewegung wiederholt sich am Boden im Schlagschatten.
Auch »Salzteiche« wird auf Anhieb verstanden und akzeptiert, man hätte aber auch »Salztümpel« oder »Salinen« sagen können. Aber wenn man sich bewusst macht, wie »Schlagschatten auf Salztümpel« oder gar »Schlagschatten auf Salinen« klingen, dann ist einem der »Schlagschatten auf Salzteiche« akustisch am liebsten. Außerdem gelingt durch »Salzteiche« in Verbindung mit »Schlagschatten« eine grammatikalische Verfremdung, die mit »Salztümpel« oder »Salinen« in Verbindung mit »Schlagschatten« nicht sichtbar wird. Dazu gleich Näheres.
Zunächst zu den »bretonischen Sümpfen«, dem eher rätselhaften Begriff. Wer ihn liest, muss ihn so verstehen, dass es sich eben um Sümpfe in der Bretagne handle. Sicher gibt es in der Bretagne Sümpfe, aber die sind nicht gemeint. Gemeint ist hier eine bestimmte Gegend, die auf Französisch »Marais Breton« heißt, die nicht in der Bretagne liegt, sondern ein ganzes Stück weiter südlich, eine amphibische und derart flache Landschaft, dass es möglich ist, bei Flut über Flussläufe und Kanäle Meerwasser ins Land hinein zu leiten, die Voraussetzung dafür, auch noch weit im Landesinnern Salinen zur Salzgewinnung zu betreiben.
»Marais Breton« ist also ein geographischer Begriff, den man nicht ins Deutsche übersetzen sollte – und wenn schon, dann korrekt als »Bretonischer Sumpf«, im Singular und »Bretonisch« groß geschrieben, damit klar wird, dass es sich um die Bezeichnung für einen bestimmten Landstrich handelt. Wenn hier mit »bretonischen Sümpfen«, also durch falschen Plural und Verleugnung des geographischen Begriffs die korrekte Bezeichnung verbogen wird, dann nur wegen des sprachlichen Klangs. »Sümpfe« klingt einfach schöner als »Sumpf«. Und was soll es. Unter Deutsch sprechenden Menschen gibt es ohnehin kaum jemanden, der vom »Marais Breton« weiß. Aber wenn ein Französisch sprechender Mensch mitbekommt, wie merkwürdig falsch der Begriff ins Deutsche gebracht wurde, empfindet er das vielleicht als befremdliches, aber interessantes Sprachgebaren – und das hat doch was.
Und schließlich ist das Bild ein erfundenes. Es zeigt keine bestimmte Landschaft, sondern eine, mit der »Marais Breton« oder eben auch »bretonische Sümpfe« gemeint sein könnten.