Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
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ISBN 9783866742840
© 2013 zu Klampen Verlag · Springe
Einband, Layout, Typographie
thielen verlagsbuero · Hannover
Gesamtherstellung
Bookfactory - Der Verlagspartner GmbH
und Co. KG · Bad Münder
1. digitale Auflage
Zeilenwert GmbH 2013
LYRIK EDITION · NEUE AUSGABE
Herausgegeben von Heinz Kattner
Monika Rinck
Verzückte
Distanzen
Gedichte
in allen phasen der faltung nisten die büschel,
geballte pakete, dicht, eng und stumm
hockt in knospen das drängen nach fetten
vermoddelten zentren in purpur und / oder weiß
wohnen rücken an rücken hinübergebogene blüten
auf krautigen stengeln und blühen sich rund.
als es zu regnen angefangen hat, ich am halm
in meiner großen hand den schweren kopf
gehalten habe, zog kindheit in die feuchte luft,
spitze schreie, habenwollen, pfingstgelockt
zum hang geworden. sehnsuchtsarten stiegen auf
und tauchten wieder ab. wie ich das flüstern
ihrer vielen tausend blüten hörte, wollte ich
die regennasse rose strubbeln, knüllen, fleddern
wollte ihr die blüten rupfen, um mich werfen,
und zertreten, freunde rufen, kommt und schaut
das fette große blütending, was ich da hab,
katzenkopfrund weiß und ohne augen, ich, ich,
ich will den katzenkopf, der keine katze ist
durch’s irre rudel meiner wünsche treiben
kaputtgemacht und angefaßt, nein unversehrt
lass ich die hehren rosen reglos starr inmitten
jener bahnen stehn durch welche kindheit schnellt.
da ist der innigste wind, der zu einer brücke sich krümmt
über die das phüh in begleitung von sylphen hinweggeht.
so sanft ist noch nie ein molekül in bewegung geraten,
so weich hat sich noch keine einzige welle gebreitet, gelüpft
und wieder gesenkt in ihr mikroskopisches tal, zusammen
getan hat sich die luft zu einem bogen mit anfang und ende
den man sehen könnte, wenn man ohne schwere wäre wie du.
so hat noch keiner die codierten welten der vögel verstanden,
nicht ihre schreie, ihr tirili und das tschilpen nicht, auch nicht
das trockene rascheln der federn bei landung, wut oder rast
sondern das, was die antwort der luft auf die frage ihres fluges ist.
eine konsonantenschwebe, ein luftzug um ein ü gehegt, ein wirbel,
eine spur, ein verstecktes phüh das zwischen ihren flügeln lebt.
für arsenij
es sind nur wenige grad, vielleicht fünf
oder sieben, um die erhöht die glühende stadt
in semantischer drift, haitisch, ein tunis vielleicht,
in richtung äquator davontreibt, die wärme,
die verzweiflung, mein liebling, ich sehe es,
wie der riemen, das glück, diese tasche, dir
in die schulter, die weiße, hineinschneidet,
hell, und niemals ganz trocken, ein streifen
am glücklichen himmel, so hoch oder höher,
verteidigen achsen das hohe gegen das weite,
schneiden wege in das gequerte, senken
den hysterischen steg weit in die vorstadt,
man fühlt die verzweiflung, man fühlt
was die glücklichen fühlen, es füllt sich
das forum, das große, noch größer,
mit menschen, der aufzug, die achsen
des kreislaufs, gerichtet, zum himmel,
zur wölbung, zur quere, indes fahren die
freunde im gemieteten auto den zubringer
in einer nicht glücklichen richtung hinauf,
denn die freunde sind wie die gefühle
gesteigert, sind wie die erwartung, sind
dialektische temperaturen, unterscheiden
zwischen glück und verzweiflung nicht mehr.
das weiße licht in den straßen
bündelt die stadt und im park
über den wegen wo der sommer verbrannt wird
stehen die segel des rauchs