ISBN: 978-3-86191-181-4
1. Auflage 2020
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Umschlaggestaltung: Annette Wagner
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Wozu ein neues Buch über Synchronizität?
Unter Synchronizitäten versteht man Zufälle, die so erstaunlich, so unwahrscheinlich und so seltsam sind, dass es einem sehr schwerfällt, sie als Zufälle zu bezeichnen. Mit dieser Umschreibung begnügen sich fast alle bisherigen Bücher über Synchronizität. Nur: Was ist ein erstaunlicher Zufall? Wenn der Herr, der mir gegenüber im Zug sitzt, dasselbe Hemd trägt wie ich? Wenn er außerdem das gleiche Buch wie ich liest? Wenn er gleichzeitig wie ich die Seite 228 aufschlägt, wie ich der Abbildung dort entnehmen kann? Man sieht: Wenn man das Phänomen auf zu schwammige Weise angeht, verflüchtigt es sich. Es ist dann offenbar individuellem Belieben anheimgestellt, was man als Synchronizität bezeichnet.
Deshalb werden Sie in diesem Buch schon bald einen ausführlichen Kriterienkatalog finden, der das Phänomen Synchronizität viel klarer einzugrenzen versucht – ähnlich den Kriterienkatalogen für psychische Krankheiten, die das DSM, das Diagnostisch-Statistische Manual für Psychische Störungen, zur Verfügung stellt. Kriterienkataloge sind dann angebracht, wenn eine Definition eines Phänomens zu schwierig oder wegen der Komplexität der zu beschreibenden Sache unangebracht ist.
Außerdem wird dieses Buch Synchronizitäten geordnet nach den wichtigsten Situationen, in denen sie sehr gehäuft auftreten, behandeln (Kapitel 2.2 bis 2.9). Auch dies wird wesentlich zur Klarheit beitragen. Demgegenüber liefern die meisten Bücher zum Thema eine bunte Mischung wahllos aneinandergereihter Geschichten und erst noch viel zu wenige davon; denn damit man sich überzeugen kann, dass es Synchronizität gibt, braucht man zahlreiche und kategorisierte Beispiele, nicht nur einige wenige bunt durcheinandergewürfelte.
Eine bloße Aufzählung von merkwürdigen Zufällen beweist nicht, dass es so etwas wie Synchroniziät überhaupt gibt. Sie führt auch dazu, dass die Leserinnen und Leser von Büchern, die sich mit solchen Aufzählungen begnügen, je nach individuellem Geschmack manche angeführte Beispiele durchaus für Synchronizitäten halten, andere aber als offensichtliche Zufälle ansehen. Eine solche Willkür in der Beurteilung ist der Erforschung eines Sachverhalts nicht förderlich. Auch wenn ein Autor schon im Titel seines Buches behauptet: „Es gibt keine Zufälle“1, ist das für das Verständnis des Phänomens Synchronizität überhaupt nicht hilfreich. Falls ich eine 3 würfele und gleich darauf nochmals eine 3, ist das ein bloßer Zufall. Er ist bedeutungslos und sehr häufig (im Durchschnitt in jedem 36. Fall zu erwarten). In solche banalen Ereignisse einen tiefen Sinn hineinzulesen, ist völlig willkürlich und absurd. Es gilt also ernsthaft zu untersuchen, wodurch sich Synchronizitäten von bloßen Zufällen unterscheiden. Das lässt sich nur mit einer exakten Definition oder einem seriösen Kriterienkatalog erreichen.
Eine große Anzahl einleuchtender Beispiele ist ebenso unerlässlich wie eine theoretische Durchdringung des Sachverhalts. Außerdem wird hier versucht werden, jede Folgerung aus den geschilderten Ereignissen überzeugend zu begründen.
Ferner werden wir sehen, aus welchen Gründen die Ähnlichkeit von Synchronizitäten mit gewissen quantenmechanischen Phänomenen keine bloße Analogie, sondern eine wesentliche Verwandtschaft oder Gleichheit bedeuten dürfte.
Die Welt, in der wir leben, ist vermutlich eine einzige Welt, in der es wohl große Gegensätze, aber keine eigentlichen Widersprüche geben kann. Wir leben nicht in einer physikalischen Welt und daneben in einer biologischen, die völlig anders beschaffen wäre, und nochmals daneben in einer wiederum davon unterschiedenen psychologischen – sondern eben in der einen unteilbaren Welt. Selbstverständlich sind darin Bereiche – wie etwa der der unbelebten Natur, der der Lebewesen oder der des menschlichen Geistes – unterscheidbar. Die Unterschiede zwischen diesen Bereichen sind groß: Physik, Biologie und Psychologie sind nun wirklich sehr deutlich voneinander verschiedene Wissensgebiete. In der Biologie gelten Gesetze, von denen die Physik nichts weiß und die sich wohl auch nie physikalisch werden beschreiben lassen. Damit steht die Biologie freilich nicht in einem Widerspruch zur Physik. Wenn Wissen, das nur einen Teilbereich der Welt betrachtet, anderem Wissen, das einen anderen Teilbereich beschreibt, widerspricht, liegt das Problem bei der Unvollständigkeit solchen Wissens und nicht in einem Widerspruch in der Welt selbst. Teilbereiche der Welt können anderen Teilbereichen der Welt gewiss nicht widersprechen; dass die Welt selbst widersprüchlich sei, wird auch kaum je von jemandem behauptet. Falls Psychologie und Physik zu ganz verschiedenen Weltbildern kommen sollten, ist daher anzunehmen, dass etwas Grundlegendes in mindestens einem dieser Wissensgebiete nicht in Ordnung ist. Wenn Tiefenpsychologen zum Schluss kommen, dass die tiefste Schicht der Welt raum- und zeitlos ist, dann müssen, falls ihr Schluss richtig ist, auch Physiker zum selben Ergebnis gelangen, und so fort. Genau das ist aber tatsächlich in wichtigen Fällen bereits eingetreten – nur ist es bis heute viel zu wenig beachtet worden.
Ungeachtet aller Angriffe von Physikern auf Geisteswissenschaftler und umgekehrt, von Psychologen auf Parapsychologen, von Biologen auf Psychologen und so fort, beginnt sich nämlich heute recht klar in den verschiedensten Wissensgebieten in gewisser Hinsicht ein einheitliches Weltbild abzuzeichnen, obwohl das die meisten Einzelwissenschaftler noch gar nicht erkennen. Es wird sich vielleicht als Grundlage für ein Weltbild der Zukunft erweisen. Manche modernen und zukunftsweisenden Erkenntnisse der Physik und der Tiefenpsychologie widersprechen einander nicht nur nicht, sondern gleichen einander auf verblüffende Weise. Auch dies soll in diesem Buch gezeigt werden, weil es offensichtlich mit dem Thema Synchronizität zusammenhängt.
Die Grundzüge dieser neuen Sicht auf bekannte Phänomene sind folgende:
a.) Unser alltägliches Erleben von Raum und Zeit ist oberflächlich und dennoch wichtig. Die tiefsten Schichten der Welt dürften raumlos und zeitlos sein. Darauf haben nicht nur die verschiedensten philosophierenden großen Physiker des vergangenen Jahrhunderts hingewiesen (zum Beispiel Einstein und Heisenberg), sondern auch Psychologen wie C. G. Jung und Stanislav Grof, ebenso handelt es sich dabei um eine Erkenntnis der Mystiker aller Zeiten und Völker.
b.) Es gibt, wie dieses Buch mit einer großen Fülle von Beispielen zeigen wird, akausale Zusammenhänge zwischen den Erscheinungen dieser Welt, und zwar nicht nur als Ausnahmephänomene, sondern als alltägliches Grundmuster der Welt. Das wird das hier gebotene erstaunliche und reichhaltige Material aus verschiedenen Wissensgebieten deutlich werden lassen. Ein akausaler Zusammenhang zwischen Ereignis A und Ereignis B besteht dann, wenn weder A die Ursache von B noch B die Ursache von A sein kann und beide Ereignisse trotzdem offensichtlich zusammenhängen. Im Gegensatz zur verbreiteten Auffassung, dass Synchronizitäten sich nicht systematisch untersuchen lassen, weil sie auf den ersten Blick nur vereinzelte und unerwartete Ereignisse sind, werden wir sehen, dass sie durchaus auch auf gesetzmäßige Weise vorkommen und damit systematisch erfassbar sind.
Obenstehende Behauptungen werden im Text mit reichhaltigem Erfahrungsmaterial untermauert. Die Leser und Leserinnen des Buches sollen keineswegs einfach einer philosophischen Erörterung Glauben schenken, sondern imstande sein, aufgrund der mitgeteilten Fakten sich selbst ein Urteil über den Untersuchungsgegenstand zu bilden.
Spezielle Kenntnisse werden bei der Lektüre nicht vorausgesetzt. Ich habe mich bemüht, ein Buch zu schreiben, das einerseits wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, weil es sorgfältig argumentiert und alle Behauptungen belegt, aber sich dennoch bemüht, alles klar und so leicht verständlich wie möglich darzustellen.
Aus allem, was Sie hier lesen werden, wird sich ergeben, dass die herrschende Weltsicht des deterministischen Materialismus viel zu viele und viel zu wichtige Erfahrungsdaten grundsätzlich und systematisch ausblendet, als dass sie eine korrekte Interpretation der Welt sein könnte. Es ist wirklich an der Zeit, umzudenken.
1 Hopcke, R., Es gibt keine Zufälle (Titel der Originalausgabe: There are no accidents).