Christophe André
Das kleine Buch der Achtsamkeit
Aus dem Französischen von Katja Hald
Christophe André
Das kleine Buch der Achtsamkeit
Aus dem Französischen von Katja Hald
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Die französische Ausgabe erschien 2012 unter dem Titel »Sérénité. 25 histoires d’équilibre intérieur« bei Editions Odile Jacob, Paris.
Verlagsgruppe Random House
1. Auflage
Deutsche Erstausgabe
© 2013 der deutschsprachigen Ausgabe Kailash Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.
© 2012 Editions Odile Jacob
Lektorat: Birgit Groll Umschlaggestaltung: ki 36, Sabine Krohberger Editorial Design, München Illustration: Franziska Misselwitz
Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering
ISBN 978-3-641-12792-3
V002
www.kailash-verlag.de
Inhalt
Innere Ausgeglichenheit am Beispiel einer Küchenfliege
1 – Innere Ausgeglichenheit
2 – Die Seele und ihre Stimmungen
3 – Positive Stimmungen
4 – Negative Stimmungen
5 – Positiv denken? Wege zum inneren Gleichgewicht
6 – Das Grübeln beenden
7 – Tagebuch schreiben
8 – Verletzlichkeit
9 – Schmerz und Leiden
10 – Stimmungen akzeptieren
11 – Mitgefühl mit sich selbst haben
12 – Loslassen
13 – Ruhe und Energie
14 – Versetze deinen Körper in gute Laune!
15 – Entspanne dich!
16 – Lächeln
17 – Die Schattenseiten des Materialismus
18 – Das Hier und Jetzt
19 – Achtsam leben
20 – Weisheit
21 – Erwachen
22 – Das Glück als vergängliche Erfahrung akzeptieren
23 – Glücklich leben und sterben
24 – Die Augenblicke des Glücks genießen
25 – Kleine Glücksmomente
Man nennt es Morgenröte …
Nachwort
Über den Autor
Innere Ausgeglichenheit am Beispiel einer Küchenfliege
Bsssssssssssss …
Alles begann mit dem Summen einer Fliege. Normalerweise nervt dich dieses Geräusch, aber in diesem Moment nicht: vielmehr beruhigt es dich. Es ist einfach Teil des Lebens. Genauso wie die kleine Wolke, die am Himmel vorüberzieht, oder die Krümel auf dem Tisch in der nun menschenleeren Küche. Es ist ein Sommernachmittag in den Ferien, die einen halten ein Mittagsschläfchen, andere sind zu einem Spaziergang aufgebrochen. Du bist im Haus geblieben, um zu schmökern und einfach nichts zu tun. Gerade bist du in die Küche gekommen. Du schaust dich um, lauschst der Stille, einer belebten Stille: dem Ticken der Wanduhr, dem Brummen des alten Kühlschranks. Und der Fliege.
Ihr Summen ist noch ein paar Sekunden zu hören, dann verstummt es. Das Tier hat den Ausgang gefunden. Nun breitet sich eine noch größere Stille aus, und es entsteht eine merkwürdige Stimmung. Wie nennt man das doch gleich, dieses angenehme Gefühl ohne besondere Ursache? Die Gewissheit, dass alles am rechten Platz ist und es dir an überhaupt nichts fehlt? Ist das innere Ausgeglichenheit?
Ja, genau das ist es. Ein unglaublich angenehmes Gefühl. Es fühlt sich ein bisschen anders an als Glück. Dabei geht es nicht um Befriedigung oder Vollkommenheit. Auch nicht um Freude, denn es ist nicht verbunden mit Überschwang, der Lust aufzuspringen, zu singen, jemandem um den Hals zu fallen. Nein, es ist einfach nur die Wahrnehmung, dass du mit der Welt im Einklang bist. Diese Empfindung kommt sowohl von innen als auch von außen, sie betrifft den Körper und die Seele. In Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares schreibt Fernando Pessoa in einer wunderbaren Passage: »Wie ein nutzloser Gegenstand sinkt eine tiefe Ruhe sanft in das Innerste meines Daseins hinab.«
Du hast das Bedürfnis, innezuhalten und den Moment auszukosten. Diese ruhige, gelassene Sicherheit. Die Schranken zwischen dir und der Welt sind für einen Moment aufgehoben: Es gibt keine Grenzen mehr, nur noch Verbundenheit. Dir fehlt es an nichts, du hast vor nichts mehr Angst. Keine Bedürfnisse mehr, alles ist da, längst da. Es ist, als würde ein Engel vorüberfliegen.
Du spürst, dass dies ein besonderer Moment ist. Und du verweilst noch ein bisschen darin. Hältst, so gut du kannst, fest an diesem Moment, der langsam zerrinnt. Nur spüren und empfinden, nicht denken, nicht analysieren. Und natürlich nicht bewegen, einfach nichts tun. Nur atmen und schauen. Nichts hat sich verändert, alles ist wie immer. Auch du bist wie immer. Wäre da nicht … Etwas Unerklärliches ist geschehen. Du spürst einen Hauch von Ewigkeit, der wahrscheinlich nicht lange anhalten wird. Aber du genießt jede Sekunde.
Bssssssss … Ach, da ist sie ja wieder, die Fliege. Stimmen kommen näher. Gleich wird man wieder zu anderen Dingen übergehen. Auch das wird angenehm sein, aber anders. Nicht so ätherisch, nicht so überirdisch. Du kehrst in deine gewohnte Welt zurück (die du natürlich auch liebst). Christian Bobin, ein geistreicher und empfindsamer Dichter, schrieb einmal: »In jeder Sekunde betreten oder verlassen wir das Paradies.« Das trifft es genau. In ein paar Sekunden wirst du das Paradies wieder verlassen. Ohne Reue. War es doch schön, ein bisschen davon genießen zu können! Und du weißt, dass du dorthin zurückkehren wirst …
1. Innere Ausgeglichenheit
Es gibt Tage, an denen deine Seele ausgeglichen ist: Du fühlst dich angenehm wohl. In dir ist alles klar und ruhig. Du fühlst dich vollständig. Es fehlt dir an nichts, an absolut gar nichts. Alles, was du brauchst, ist da. Und daran begeistert dich am meisten, dass dieses »alles, was du brauchst« sich auf fast nichts begrenzt: Du möchtest einfach nur spüren, dass du atmest, lebst. Das schlichte, archaische Gefühl am Leben zu sein. Die allumfassende Empfindung, ein Teil der Welt zu sein. Wie ein stiller See, ein unbeweglicher Berg, eine laue Brise. Du musst dir nicht einmal mehr sagen, dass das Leben schön ist oder gut. In diesem Moment ist es einfach so, und du spürst das ganz tief in deinem Inneren, ohne Worte. Körper und Geist sind in Einklang. Das passiert dir natürlich nicht jeden Tag, aber du sagst dir, wenn du öfter so empfinden könntest, wäre das höchst interessant …
Innere Ausgeglichenheit entsteht einerseits aus einer momentanen Ruhe heraus, andererseits ist man auch im Frieden mit der eigenen Vergangenheit und hat Vertrauen in die Zukunft. Sie ist die Quelle eines Gefühls der Kohärenz, der Akzeptanz und der Kraft, dem, was kommt, entgegenzutreten. Aus diesem Grund ist Ausgeglichenheit auch mehr als nur innere Ruhe, so wie Glück mehr ist als Wohlbefinden.
Innere Ausgeglichenheit definiert sich durch die Abwesenheit innerer Unruhe und durch geistigen Frieden. Sie ist wie ein klarer, wolkenloser Himmel. Kann es das geben, dass unser Geist »klar und wolkenlos« ist? Ohne schmerzliche oder negative Gedanken, nur Frieden? Unter besonders günstigen Voraussetzungen geschieht das manchmal. Zum Beispiel an einem friedlichen Sommermorgen, wenn die Luft mild ist und die Sonne uns angenehm wärmt, ohne auf der Haut zu brennen, und die einzigen wahrnehmbaren Geräusche aus der Natur kommen. Wir spüren, dass unser Atem ruhig ist und unser Geist ebenso. Alles ist in Einklang. In all dieser Langsamkeit und Sanftheit entsteht ein friedliches Gefühl, das alles, was geschieht, synchronisiert: Geräusche, Farben, unsere Atmung, unseren Herzschlag und die vorbeiziehenden Gedanken. Langsam entsteht eine innere Ausgeglichenheit. Diese Stimmung wird nicht anhalten, das ist uns bewusst. Und dennoch ist das Gefühl gleichermaßen angenehm und intensiv.
Diese Momente der inneren Ausgeglichenheit geben unserem Leben Sinn und Tiefe.
Sie beruhigen uns und schenken uns neue Energie. Aus ihnen schöpfen wir alle Kraft und Ruhe, die wir für unser künftiges Handeln brauchen. Und in Krisenzeiten erinnern wir uns an diese Augenblicke, um die Dinge im rechten Licht zu sehen, uns zu beruhigen und wieder Hoffnung zu schöpfen. Alles geht vorüber, sicherlich. Aber es wird sich auch alles wiederholen.
Können wir nicht lernen, diese Augenblicke innerer Ausgeglichenheit öfter zu erleben?
2. Die Seele und ihre Stimmungen
Seit einiger Zeit hast du immer wieder das Gefühl, dass deine Seele tiefer atmet, lebendiger ist. Ist das ein Zeichen, dass du bald stirbst? Oder erwachsener wirst? Oder älter? Du weißt immer noch nicht, was das eigentlich ist, »deine Seele«, aber auf eine verwirrende Art spürst du, dass sie existiert. Und du weißt auch, dass dein Leben zugleich sensibel und ausgeglichen sein kann. Schon als kleiner Junge warst du sensibel. Kleinigkeiten haben dich berührt, dir einen Schock versetzt oder Verzückung in dir ausgelöst: eine Geste, ein Wort, ein trauriges Gesicht, das Vorbeiziehen einer Wolke oder das Geräusch des Windes. Diese emotionalen Ausrutscher waren dir lange Zeit unangenehm. Du hättest dir gewünscht, weniger sensibel und dafür ausgeglichener zu sein. Also hast du versucht, dich vor der Welt zu schützen: Momente innerer Ausgeglichenheit schienen dir hierbei der passende Rückzugsort zu sein.
Nach und nach haben wir jedoch gelernt, all diese Situationen, die uns berühren und aufwecken, zuzulassen. Genauso wie all die Stimmungen, glückliche und schmerzliche, die in solchen Momenten entstehen und dann in uns nachwirken. Unsere Stimmungen sind das, was in uns zurückbleibt, wenn der Zug des Lebens vorbeigefahren ist. Heute hast du endlich Folgendes begriffen und akzeptiert: Unsere Stimmungen sind der lebendige Ausdruck unserer Beziehung zur Welt.
Sich für die eigenen Stimmungen zu interessieren, ist nicht nur eine egozentrische Macke. Die Seele wird als das bezeichnet, »was empfindsamen Wesen innewohnt«, man könnte auch sagen: was in lebendigen Wesen wirkt. Sie erlaubt es uns, über unsere Intelligenz hinauszugehen oder sie zumindest in eine andere Richtung zu lenken. Mit unserem Geist und unserer Intelligenz können wir die Welt gedanklich erfassen. Unsere Seele hilft uns, sie zu spüren und voll und ganz in ihr zu leben.
Bis ins allerkleinste Detail sind unsere Stimmungen das Ergebnis unserer Wahrnehmung der Welt und vergrößern somit unsere Lebenserfahrung. Die kleinen Dinge des Lebens lösen keine starken Emotionen aus, sondern resultieren in Stimmungen. Denken Sie an kleine Szenen, die Sie auf der Straße beobachten können: ein Kind, das weint, das Elend eines Bettlers, der seinen Rausch ausschläft, ein Paar, das sich streitet. All diese kleinen Begebenheiten können – wenn Sie ihnen Beachtung schenken – in Ihnen eine trübe Stimmung auslösen, obwohl sie keinerlei Einfluss auf den weiteren Verlauf Ihres Tages und Ihres Lebens haben. Oberflächlich betrachtet haben solche Ereignisse keine spürbaren Auswirkungen für uns, in unserem Inneren können sie jedoch noch lange präsent bleiben, und wer weiß, wohin sie uns führen werden?
Oft sind Stimmungen das, was uns einzigartig macht. Mehr noch als unsere Emotionen. Im Theater oder Kino zum Beispiel erzeugt das Gezeigte oft starke, beabsichtigte und besondere Reaktionen, die bei allen Zuschauern ungefähr gleich sind. Man spricht hier von Emotionen. Wenn wir aber nach der Vorstellung den Saal verlassen, tauchen in uns komplexe Gedanken, Empfindungen und Erinnerungen auf, die ebenfalls durch das hervorgerufen werden, was wir gemeinsam gesehen und erlebt haben. Diese Empfindungen sind jedoch von Zuschauer zu Zuschauer verschieden. Sie sind verschwommener, gedämpfter, zurückhaltender und individuell unterschiedlich: Das sind Stimmungen. Diskreter, komplizierter, persönlicher …
Keine Stimmungen zu haben läuft also darauf hinaus, die eigene Menschlichkeit auszuklammern.
Menschen, die behaupten, keine Stimmungen zu haben, sollten wir misstrauen. Außerdem ist es unmöglich, keine zu haben. Wir können sie nur unterdrücken, verbergen oder leugnen. Das bedeutet aber, dass wir die eigene Menschlichkeit abstreiten und uns auf diese Weise dessen berauben, was möglicherweise das Beste am Menschsein ist: das eigene Seelenleben. Es ist die Notwendigkeit »des Spürens« gegenüber »dem Begreifen«, des Wissens aus Erfahrung gegenüber dem Wissen durch Erkenntnis, die uns dazu veranlassen sollte, unsere Stimmungen zu akzeptieren, zu beobachten und zu lieben. Nutzen wir also jedes Mittel, das uns hilft, diese komplizierte Welt zu erkennen und uns Zugang zu ihr zu verschaffen.
3. Positive Stimmungen
Du fühlst dich vollkommen wohl: Zwischen dir und den Menschen, die du liebst, ist alles in Ordnung, das Wetter ist schön und mild, die Meldungen des Tages sind ohne Katastrophen, Kriege und Anschläge. In solchen Momenten fällt dir wieder ein, wie du jemandem etwas Gutes getan hast, und auch, wie man dir Gutes getan hat. Du freust dich darüber und siehst es als eine Chance für dich, nicht als eine Schuld, die du begleichen musst. Du hast das Gefühl neugieriger, wohlwollender, geduldiger und klüger geworden zu sein. Du fühlst dich stark und sicher und folglich auch fähiger, zu lieben, zu denken, zu geben und zu handeln. Das ist gute Laune: der Antrieb, Gutes zu tun. In solchen Momenten sagst du dir: So möchte ich sein. Oder besser: Du hast das Gefühl, du selbst zu sein. In Situationen, die von Kampf oder Schmerz bestimmt sind, in denen du dich hinter deiner Verteidigungsmauer verschanzt hast und mit dem Leben auf Kriegsfuß stehst, hast du nie das Gefühl, du selbst zu sein. Nein, gut gelaunt zu sein entspricht dir mehr …
Gute Laune, Freude, innere Ausgeglichenheit, Zuversicht, Sympathie, Selbstachtung und so weiter – einmal abgesehen von den angenehmen Aspekten, die sie zweifelsohne haben, was bringen uns eigentlich unsere positiven Stimmungen?
Zuallererst ermöglichen sie uns eine bessere Selbstkontrolle: das heißt, sie helfen uns, Verhaltensweisen einzuleiten, die eine sofortige Anstrengung erfordern, aber erst später positive Auswirkungen zeigen. Das sind zum Beispiel Aktivitäten, zu denen wir uns heute zwingen müssen (eine Diät einhalten, Sport treiben), um in Zukunft gesünder zu sein. Dies ist, zumindest teilweise, auch der Grund, warum depressive Neigungen und Angstzustände oft mit einem »ungesunden Lebenswandel« einhergehen (mehr Alkohol- und Nikotinkonsum, weniger körperliche Bewegung), oder weshalb Menschen, die eine Diät oder einen Alkohol- oder Nikotinentzug machen, so anfällig für Stimmungsschwankungen sind. Sehr viele Rückfälle sind auf depressive Stimmungen oder Stress zurückzuführen.
Positive Stimmungen erleichtern es uns auch, Ziele besser einzuschätzen und uns darauf zu konzentrieren: Fühlen wir uns gut, gelingen viele Dinge besser, da wir (unbewusst) darauf bedacht sind, nur solche Vorhaben anzugehen, die auch eine reelle Erfolgschance haben. Menschen, die unter schlechten Stimmungen leiden, riskieren hingegen (wenn sie nicht schon von vornherein das Handtuch werfen), sich Aufgaben vorzunehmen, die ihre Kräfte oder Fähigkeiten übersteigen. Da diese Menschen tendenziell mental unflexibler sind, beharren sie oft zu lange auf einem wenig erfolgversprechenden Weg.
Gute Laune macht uns nicht zwangsläufig taub und blind gegenüber dem, was nicht funktioniert oder was verbessert werden könnte. Sie hindert uns also nicht daran, uns zu entwickeln – ganz im Gegenteil.
Es konnte nachgewiesen werden, dass Personen, die in gute Laune versetzt wurden, aufnahmefähiger für Kritik waren. Ebenso verleihen uns positive Stimmungen mehr Überzeugungskraft und helfen uns, Dinge, die für uns nützlich sind, besser im Gedächtnis zu behalten. Daher ist es auch so wichtig, während der Arbeit und im Unterricht eine positive emotionale Atmosphäre zu schaffen, wenn wir wollen, dass unsere Ratschläge aufgenommen und umgesetzt werden. Selbst unsere Kreativität wird durch positive Stimmungen gesteigert. Sicher haben Sie auch schon von Studien gehört, die zeigen, dass Künstler oft am Leben leiden. Das Leiden führt jedoch erst dann zu einer gesteigerten Kreativität, wenn wir es überwunden und unsere Fähigkeit, das Leben zu lieben, zurückgewonnen haben; selbst wenn die Liebe zum Leben nicht perfekt, sondern vielleicht etwas unbeholfen ist.
Sollten wir also versuchen, immer guter Laune zu sein? Selbstverständlich ist das Ideal von einer andauernd guten Stimmung weder realistisch noch wünschenswert. Nicht realistisch, da uns das Leben immer wieder mit schmerzhaften und schwierigen Situationen konfrontieren wird: mit großen und kleinen Widrigkeiten, die zwangsweise von negativen Stimmungen begleitet werden. Nicht wünschenswert, weil erst der Schatten dem Licht seine Intensität verleiht. Schatten lassen den Tag in einem helleren Licht erstrahlen. Am Abend oder am Morgen ist das Licht oft zarter und schöner als mitten am Tag. Und genauso verhält es sich auch mit unseren Stimmungen.
4. Negative Stimmungen