Maja von Vogel

Gefahr im Fitness-Studio

Kosmos

Umschlagillustration von Ina Biber, München

Umschlaggestaltung von Friedhelm Steinen-Broo, eSTUDIO CALAMAR

 

 

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© 2006, 2010 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co.KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN 978-3-440-12787-2

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Schneeballschlacht und Weihnachtsspeck

»Tschüss, Mama!«, rief Kim und wickelte sich ihren extralangen Wollschal dreimal um den Hals. »Ich bin dann weg!«

Kim hatte die Türklinke schon in der Hand, als sie Schritte im ersten Stock hörte und der Kopf ihrer Mutter über dem Treppengeländer erschien.

»Wo gehst du denn hin?«, fragte Frau Jülich und runzelte die Stirn. »Willst du nicht lieber erst deine Hausaufgaben machen?«

Kim verdrehte genervt die Augen. »Mensch, Mama! Am ersten Schultag nach den Weihnachtsferien bekommt man doch noch nichts auf. Das solltest du eigentlich wissen!«

Frau Jülich arbeitete als Grundschullehrerin und organisierte in ihrer Freizeit Wohltätigkeitsbasare. Manchmal fand Kim es ganz schön anstrengend, eine Lehrerin in der Familie zu haben. Für ihre Mutter war die Schule stets das Thema Nummer eins. Gute Noten waren ihr superwichtig, und wenn es bei Kim oder ihren Brüdern, den Zwillingen Ben und Lukas, mal nicht so gut lief, brach sie gleich in Panik aus.

Ein Glück, dass wenigstens Kims Vater immer die Ruhe bewahrte. Wenn er nicht gerade als Uhrmacher in einem Juweliergeschäft in der Innenstadt arbeitete, saß er meistens in seiner Hobbywerkstatt im Gartenschuppen und ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Kuckucksuhren basteln. Dabei verdrückte er gerne jede Menge Schokolade oder Gummibärchen. Kims Vater stand total auf Süßigkeiten – eine Vorliebe, die Kim eindeutig von ihm geerbt hatte.

»Wir waren uns doch einig, dass du dich in Zukunft wieder ein bisschen mehr auf die Schule konzentrieren willst«, erinnerte Frau Jülich ihre Tochter. »Schließlich stehen bald die Halbjahreszeugnisse an, und wenn du deinen Notendurchschnitt halten willst, musst du dich bis dahin noch ordentlich ins Zeug legen. Bei den letzten Klassenarbeiten bist du deutlich unter deinem üblichen Leistungsniveau geblieben.«

Kim seufzte. Warum musste ihre Mutter eigentlich immer diese blöde Lehrersprache benutzen? »Notendurchschnitt« und »Leistungsniveau« waren ihre absoluten Lieblingswörter. Kim wusste selbst, dass sie bei den letzten Arbeiten nicht so gut abgeschnitten hatte wie sonst. Aber sie verstand einfach nicht, warum es so ein furchtbares Drama sein sollte, wenn sie mal ein paar Dreien und vielleicht auch die eine oder andere Vier auf dem Zeugnis hatte. Wen interessierte das schon? Abgesehen von ihrer Mutter natürlich.

Früher hatte sich Kim nachmittags meistens in ihrem Zimmer verschanzt und für die Schule gelernt. Aber seit sie vor einiger Zeit ihren eigenen Detektivclub, »Die drei !!!«, gegründet hatte, war das anders geworden. Gemeinsam mit den beiden anderen Clubmitgliedern Franziska Winkler und Marie Grevenbroich hatte sie schon einige aufregende – und nicht ganz ungefährliche – Fälle gelöst. Erst hatten die drei !!! einen skrupellosen Handy-Erpresser überführt, dann einen dreisten Bestechungsversuch beim Casting einer Mädchenband vereitelt und schließlich kriminelle Machenschaften bei einem Internet-Chat aufgedeckt.

Die Ermittlungen hatten Kim jedes Mal voll in Anspruch genommen, sodass sie einfach nicht mehr so viel Zeit gehabt hatte, für die Schule zu lernen. Aber das konnte sie ihrer Mutter natürlich nicht erzählen. Die drei !!! hatten beschlossen, dass der Detektivclub erst einmal ihr Geheimnis bleiben sollte, damit sich ihre Eltern nicht unnötig Sorgen machten. Das gestaltete sich allerdings immer schwieriger, je erfolgreicher sie wurden. Sowohl Kims als auch Franzis Mutter hatten bereits unangenehme Fragen gestellt, weil ihre Töchter immer wieder in Kriminalfälle verwickelt wurden. Aber bisher hatten die drei !!! ihre Eltern noch jedes Mal davon überzeugen können, dass das reiner Zufall war und sie nur eine ganz normale Mädchenclique waren.

»Wann steht denn die nächste Klassenarbeit an?«, hakte Frau Jülich nach.

»Erst Ende der Woche«, antwortete Kim widerwillig. »Englisch. Aber bis dahin ist noch ewig Zeit.« Sie drückte die Türklinke hinunter. »Sorry, aber ich muss jetzt echt los, Mama. Franzi und Marie warten bestimmt schon auf mich. Wir wollten uns um drei im Café Lomo treffen. Ich lerne später noch ein bisschen, okay? Versprochen!«

Ehe Frau Jülich antworten konnte, schlüpfte Kim aus der Tür und atmete erleichtert auf. Geschafft! Sie war den bohrenden Fragen ihrer Mutter fürs Erste entkommen.

Draußen wurde Kim von klirrend kalter Winterluft empfangen. Die Kälte prickelte auf ihren Wangen, und ihr Atem bildete kleine, weiße Wölkchen. Kim zog sich den warmen Wollschal über Mund und Nase und angelte in ihrer Jackentasche nach den Handschuhen, während sie durch den verschneiten Vorgarten stapfte. Hoffentlich machte ihre Mutter jetzt nicht jedes Mal so ein Theater, wenn sie sich nachmittags mit ihren Freundinnen treffen wollte. Das könnte echt anstrengend werden …

Zack! Plötzlich sauste ein Schneeball auf Kim zu und traf sie an der Schulter. Ein zweiter verfehlte sie knapp, dafür landete der dritte mitten in ihrem Gesicht. Kim prustete und schüttelte sich. Der Schnee war eiskalt und klebte an ihren Haaren, Wimpern und Augenbrauen. Schnell wischte sie sich mit einer behandschuhten Hand über die Augen, um wieder klare Sicht zu bekommen.

Da tauchten Ben und Lukas mit grinsenden Gesichtern hinter der Hecke auf.

»Volltreffer!«, rief Ben und reckte die Faust in die Luft.

Lukas knetete in Windeseile einen neuen Schneeball. »Attacke!«, krähte er und feuerte das Geschoss auf seine Schwester ab.

Kim ging schnell hinter den Mülltonnen in Deckung. Ihre beiden kleinen Brüder waren manchmal eine echte Plage. Genau genommen nicht nur manchmal, sondern eigentlich immer. Wenn sie nicht gerade irgendeinen Unsinn ausheckten, nervten sie mit ihren neugierigen Fragen oder gingen ohne Erlaubnis in Kims Zimmer und wühlten in ihren Sachen herum.

»Na wartet!«, murmelte Kim mit zusammengebissenen Zähnen und wischte eine Hand voll Schnee vom Deckel der Mülltonne. »Euch werde ich’s zeigen!«

Seit der erste Schnee liegen geblieben war, konnte man keinen Fuß mehr vor das Haus setzen, ohne von Ben und Lukas mit Schneebällen bombardiert zu werden.

Kim formte den Schnee schnell zu einer runden, festen Kugel, zielte auf Bens rote Wollmütze, holte weit aus und warf. Treffer! Der Ball knallte gegen Bens Stirn. Während er sich noch verdutzt den Schnee aus den Augen wischte, legte Kim sofort nach und schoss noch zwei Schneebälle auf ihre Brüder ab.

»Feuer einstellen!«, rief Lukas und winkte Kim zu.

Doch kaum war Kim hinter den Mülltonnen hervorgekommen, warf er einen weiteren Schneeball nach ihr, der sie jedoch knapp verfehlte.

»Ihr kleinen Mistkröten!«, rief Kim und sprintete zur Gartenpforte. »Ihr habt Glück, dass ich so spät dran bin, sonst würde ich euch jetzt richtig einseifen!«

»Vorsicht, fette Planschkuh im Anmarsch!«, johlte Ben, und Lukas rief: »Dazu müsstest du uns erst mal kriegen! Wetten, dass wir tausendmal schneller sind als du? Du keuchst ja schon, wenn du nur die Treppe raufgehst!«

»Haltet die Klappe!«, rief Kim und warf wütend die Gartenpforte hinter sich zu. »Mit euch Zwergen kann ich es immer noch jederzeit aufnehmen!«

Kim ging schnell die Straße hinunter. Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte – Ben und Lukas hatten sie mal wieder zielsicher an ihrer empfindlichsten Stelle getroffen. Die »fette Planschkuh« hatte echt wehgetan. Kim seufzte. Bedauerlicherweise hatten ihre Brüder damit nicht ganz Unrecht. Ihre Vorliebe für Süßigkeiten hatte dazu geführt, dass sie inzwischen kaum noch in ihre Lieblingsjeans hineinpasste. Und dass sie nicht besonders sportlich war, stimmte leider auch. Bei der letzten Verfolgungsjagd mit den drei !!! war sie hoffnungslos hinterher gehechelt …

Bevor Kim weiter diesen trüben Gedanken nachhängen konnte, kam zum Glück das Café Lomo in Sicht. Drinnen standen Kerzen in den Fenstern, deren flackerndes Licht auf den schneebedeckten Bürgersteig fiel. Das sah richtig einladend aus, und Kim ging schnell hinein. Als sie das Café betrat, schlug ihr warme und verbrauchte Luft entgegen. Kim zog die nassen Handschuhe aus und massierte sich die vor Kälte erstarrten Finger. Das Café Lomo war bei diesem frostigen Wetter gut besucht. An den Tischen und an der Theke saßen dicht gedrängt jede Menge Schüler und Studenten. Das Café war bekannt für seine »Die drei ???«-Hörspiel-Lounges, bei denen sich Fans der drei berühmten Detektive aus Rocky Beach trafen, gemeinsam die Abenteuer anhörten und über Justus, Peter und Bob fachsimpelten. Außerdem gab es im Lomo den »Kakao Spezial« – köstliche heiße Schokolade mit Vanillearoma und einer extragroßen Portion Sahne. Deshalb war das Café nicht nur bei den drei !!! ein beliebter Treffpunkt.

»Hallo, Kim, hier sind wir!«, rief plötzlich jemand über das allgemeine Stimmengewirr hinweg.

Kim entdeckte Franzi und Marie in der Sofaecke. Sie grinste, während sie sich zwischen Tischen hindurchschlängelte. War ja klar, dass sich die beiden mal wieder die besten Plätze gesichert hatten. Die Sofaecke im Café Lomo war einfach supergemütlich.

»Hallo«, begrüßte sie ihre Freundinnen, schälte sich aus ihrer Daunenjacke und ließ sich in einen der weichen Sessel sinken. »Tut mir Leid, dass ich zu spät komme, aber ich musste mir erst noch eine kleine Schneeballschlacht mit Ben und Lukas liefern.«

»Du Ärmste«, sagte Franzi. »Mit den Zwillingen bist du ganz schön gestraft, was?«

Kim nickte. »Das kannst du laut sagen. Kleine Geschwister sind echt die Pest.«

»Große Geschwister sind aber auch kein Zuckerschlecken«, stellte Franzi klar und verzog das Gesicht. »Chrissie hat jede Woche eine neue Macke. Im Moment ist sie total im Fitnesswahn und rennt ständig zum Training ins Studio. Gut, dass wenigstens Stefan noch halbwegs normal geblieben ist. Seit er mit dieser Sonja zusammen ist, hat er allerdings auch manchmal den einen oder anderen Aussetzer …«

»Wir haben schon mal bestellt«, sagte Marie schnell und zeigte auf zwei große Schalen mit dampfendem Kakao. »Möchtest du auch einen ›Kakao Spezial‹?«

Marie war plötzlich blass geworden, und Kim hätte Franzi am liebsten gegen das Schienbein getreten. Manchmal benahm sie sich wirklich wie ein Elefant im Porzellanladen. Sie wusste doch genauso gut wie Kim, dass Marie unsterblich in Stefan verliebt war. Marie war gerade erst halbwegs darüber hinweggekommen, dass ihr großer Schwarm seit einiger Zeit eine Freundin hatte. Vor lauter Liebeskummer hatte sie bestimmt ein oder zwei Kilo abgenommen, obwohl sie es am allerwenigsten nötig hatte. Kim seufzte. Manchmal war die Welt wirklich ungerecht …

Leichter Vanillegeruch stieg Kim in die Nase, und sie betrachtete sehnsüchtig die im Kakao treibenden Sahnehauben. Sie kämpfte kurz mit sich, dann sagte sie: »Nein, danke, für mich nur ein Mineralwasser.«

Franzi runzelte die Stirn. »Was ist denn mit dir los? Sonst trinkst du doch immer einen ›Kakao Spezial‹ nach dem anderen. Geht’s dir nicht gut?«

»Doch, doch, alles in Ordnung«, sagte Kim. »Ich will bloß ein bisschen auf mein Gewicht achten. Über Weihnachten hab ich leider zwei Kilo zugenommen. Mamas Zimtsterne waren einfach zu lecker. Und den Schokoweihnachtsmann von Oma hab ich natürlich auch gleich geköpft. Bei Süßigkeiten kann ich eben einfach nicht widerstehen …«

Franzi zuckte mit den Schultern. »Na und? Man muss sich schließlich auch mal was gönnen im Leben.«

»Ja, aber wenn ich so weiterfuttere, passt mir bald keine einzige Hose mehr«, gab Kim zu bedenken.

»Dann kaufst du dir eben eine neue«, sagte Franzi. »Wo liegt das Problem?«

Kim seufzte. Kein Wunder, dass Franzi sie nicht verstand. Sie selbst war ja auch superschlank und drahtig. Ein total sportlicher Typ. Außerdem konnte sie essen, was sie wollte, ohne ein Gramm zuzunehmen. Dabei machte sie sich überhaupt nichts aus ihrem Aussehen.

»Lass Kim doch«, mischte sich Marie ein und strich sich ihre langen, blonden Haare hinter das Ohr. »Ist doch okay, wenn sie ein bisschen abnehmen will. Ein oder zwei Kilo weniger haben schließlich noch niemandem geschadet.«

»Heißt das, du findest mich zu dick?«, fragte Kim alarmiert.

Marie rollte mit ihren violett getuschten Augen. Sie war wie immer perfekt geschminkt – natürlich in den aktuellen Modefarben der Saison. Im Gegensatz zu Franzi legte sie sehr viel Wert auf ihr Aussehen.

»Quatsch!«, antwortete Marie. »Das hab ich doch gar nicht gesagt. Aber wenn du dich mit deinem Gewicht unwohl fühlst, solltest du etwas dagegen unternehmen.«

»Können wir jetzt vielleicht über etwas anderes reden? Es gibt schließlich noch wichtigere Dinge als Kims Idealgewicht«, beendete Franzi das Thema – was Kim nicht ganz unrecht war. Von dem ganzen Gerede über ihre überflüssigen Pfunde bekam sie nur schlechte Laune.

»Genau«, stimmte sie zu. »Zum Beispiel unseren Detektivclub. Wir brauchen dringend einen neuen Fall.«

Marie nickte. »Über Weihnachten war es ja ganz schön, mal ein bisschen relaxen zu können. Aber jetzt könnte es von mir aus wieder losgehen.«

»Stimmt, wir haben uns lange genug ausgeruht«, sagte Franzi. »Leider ist mir während der Feiertage überhaupt nichts Verdächtiges aufgefallen. War bei euch irgendetwas los? Vielleicht ein kleiner Einbruch in der Nachbarschaft? Oder ein gestohlenes Auto? Das wäre immerhin ein Anfang …«

»Nichts dergleichen«, sagte Marie bedauernd. »Tut mir Leid.«

Kim schüttelte ebenfalls den Kopf. »Bei uns war auch alles ruhig.«

»Vielleicht sollten wir mal die Zeitung durchforsten«, schlug Franzi vor. »Mit etwas Glück stoßen wir dabei auf etwas Interessantes.« Sie nahm genießerisch einen großen Schluck von ihrem Kakao.

Kim beobachtete sie neidisch. »Gute Idee. Am besten macht das jede von uns in aller Ruhe zu Hause.« Sie riss den Blick von Franzis dampfender Kakao-Schale los. »Und was stellen wir jetzt mit dem angebrochenen Nachmittag an?«

»Wie wär’s mit einer kleinen Shoppingtour?«, schlug Marie vor. »Ich brauche unbedingt einen neuen Wintermantel. Mit meinem kann ich mich echt nicht mehr blicken lassen.«

»Warum denn nicht?«, fragte Franzi und warf einen Blick auf Maries dunkelroten Kamelhaarmantel, den diese achtlos über die Sofalehne geworfen hatte. »Der Mantel ist doch noch völlig in Ordnung.«

»Natürlich ist er das, er hat ja auch einen Haufen Geld gekostet. Aber er ist nun mal vom letzten Jahr, als Bordeaux die Farbe der Saison war«, erklärte Marie. »Diesen Winter trägt man Petrol.«

Kim musste grinsen. Das war mal wieder typisch Marie! Sie liebte es, sich neue Klamotten zu kaufen, und legte großen Wert darauf, stets nach der neuesten Mode gekleidet zu sein. Zum Glück war ihr Vater ein erfolgreicher Schauspieler und verdiente mit seiner Rolle als Hauptkommissar Brockmeier in der bekannten Vorabendserie Vorstadtwache das nötige Kleingeld, um seiner Tochter jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

Franzi schüttelte ungläubig den Kopf. »Heißt das, du kaufst dir jeden Winter einen neuen Mantel, bloß weil die Farbe nicht mehr in ist? Das ist doch total verrückt!«

»Finde ich nicht«, sagte Marie. »Ich nenne das modebewusst. Also was ist, kommt ihr mit? Erst bummeln wir ein bisschen und dann holen wir uns eine leckere Waffel mit heißen Kirschen, okay?«

»Überredet«, sagte Franzi sofort. »Ich stehe total auf Waffeln mit heißen Kirschen. Dafür gehe ich sogar mit dir bummeln.«

Kim stand auf. »Dann nichts wie los. Alles ist besser als zu Hause zu sitzen und todlangweilige englische Vokabeln zu lernen.«

Ein Los mit Folgen

Die Fußgängerzone war trotz des winterlichen Wetters gut besucht. Nachdem sich Kim, Franzi und Marie eine Stunde lang durch überfüllte Einkaufspassagen und völlig überheizte Klamottengeschäfte gekämpft hatten, landeten sie schließlich bei der Waffelbude am Marktplatz.

»Puh, jetzt brauche ich aber dringend eine Stärkung«, sagte Franzi und gab ihre Bestellung auf.

Kim lehnte sich erschöpft gegen einen der Stehtische vor der Waffelbude. »Ich wusste gar nicht, dass bummeln so anstrengend sein kann«, stöhnte sie. »Mir tun schon richtig die Füße weh!«

Marie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, das war doch noch gar nichts. Normalerweise bin ich immer den ganzen Nachmittag unterwegs, wenn ich etwas Neues zum Anziehen brauche.«

»Na, das ist uns ja heute zum Glück erspart geblieben. Gut, dass du gleich im dritten Laden einen Mantel gefunden hast«, sagte Franzi grinsend und nahm eine riesengroße Waffel mit dampfenden Kirschen und einer ordentlichen Portion Sahne in Empfang.

Kim lief bei dem Anblick das Wasser im Mund zusammen, und ihr Magen begann vorwurfsvoll zu knurren. Seit dem Mittagessen waren immerhin schon einige Stunden vergangen, und sie hatte seitdem – ganz entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit – nichts mehr gegessen. Normalerweise naschte sie zwischendurch immer einen Schokoriegel oder eine Hand voll Gummibärchen, aber heute war sie standhaft geblieben. Bis jetzt.

»Was meint ihr, wie viele Kalorien wir wohl gerade beim Bummeln verbraucht haben?«, überlegte sie laut. »Immerhin sind wir ganz schön lange durch die Gegend gelaufen. Das waren doch bestimmt ein paar Kilometer, oder?«

»Auf jeden Fall«, nuschelte Franzi mit vollem Mund. »Meine Füße fühlen sich jedenfalls so an.«

»Prima«, sagte Kim und kramte in ihrer Jackentasche nach Kleingeld. »Dann kann ich mir jetzt ja bestimmt eine klitzekleine Waffel leisten, ohne dass es gleich ansetzt.« An die Waffelverkäuferin gewandt fügte sie hinzu: »Aber bitte ohne Kirschen und Sahne. Nur mit einem Hauch Puderzucker.«

Kaum hielt Kim ihre Waffel in der Hand, biss sie auch schon hinein und kaute genüsslich. »Hmmm!« Sie verdrehte schwärmerisch die Augen. »Göttlich.«

Da ertönte plötzlich eine Stimme hinter Kim. »Hallo, ihr drei! Darf ich auch mal abbeißen?«

Kim fuhr herum und sah direkt in Michis blaugrüne Augen. Ihr Herz machte einen Sprung, und ihr Mund verzog sich automatisch zu einem breiten Grinsen.

Michi Millbrandt war ein guter Freund der drei !!!. Sie hatten ihn bei den Ermittlungen zu ihrem ersten Fall kennen gelernt, und seitdem hatte er ihnen schon mehrmals in brenzligen Situationen geholfen. Kim hatte sich gleich bei ihrer ersten Begegnung rettungslos in Michi verliebt – bloß dass ihr das damals noch nicht klar gewesen war. Inzwischen war sie sich jedoch hundertprozentig sicher, dass Michi ihr absoluter Traumtyp war. Nur Michi wusste das noch nicht, und das sollte vorerst auch so bleiben.

»Hallo, Michi«, sagte sie und hielt ihm die Waffel hin. »Hier, bedien dich!«

Michi nahm Kim die Waffel aus der Hand und biss ein großes Stück ab. »Danke«, sagte er und gab ihr die Waffel zurück. »Schmeckt prima!«