Zweifelsohne hat die moderne Medizin große Erfolge zu verzeichnen. Gleichwohl gibt es eine Reihe von Krankheiten, bei denen sie „versagt“. Denn allzu sehr ist sie dem Geist-Materie-Dualismus, einem materialistischen Welt- und Menschenbild, einer Reduktion des lebenden menschlichen Organismus´ auf seine bloße Biologie verhaftet.
Betrachtungen eines Abtrünnigen – Teil 1
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2016 Richard A. Huthmacher
Satz, Umschlaggestaltung, Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH
ISBN: 978-3-7392-8696-9
Infektiologie (Antibiotika), Immunologie und Endokrinologie (synthetische Herstellung von Hormonen), Endoprothetik und Mikrochirurgie, kardiologische/kardiochirurgische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die Entwicklung bildgebender Verfahren (von der konventionellen Röntgenaufnahme bis zum MRT) sowie Fortschritte in der Reproduktionsmedizin (hormonale Empfängnisverhütung, In-vitro-Fertilisation) sind nur einige, wenige Stichworte für medizinischen Fortschritt – ungeachtet der Frage, ob alles, was medizinisch möglich und machbar, auch sinnvoll und ethisch-moralisch zu verantworten ist.
Gleichwohl: Allzu sehr ist die moderne Medizin dem descartschen Rationalismus (cogito ergo sum – ich denke, also bin ich) und dessen Geist-Materie-Dualismus, seinem materialistischen Welt- und Menschenbild, der Reduktion des lebenden menschlichen Organismus´ auf die bloße Mechanik und somit einem Menschen-, Gesundheits- und Krankheits-Verständnis verhaftet, dass in der virchowschen Zellularpathologie seinen (vorläufigen?) Höhepunkt fand.
Gewidmet all denen, welche die „Errungenschaften“ der „modernen“ Medizin mit Leiden, mit Leid, gar mit dem Leben bezahlen. Müssen.
Weil eben diese Medizin die psychisch-seelische Dimension des Menschen kaum erfasst und, im Falle einer Erkrankung, völlig unzureichend berücksichtigt.
Da nicht sein kann, was nicht sein darf.
Ansonsten offensichtlich würde, dass weltweit Millionen und Aber-Millionen von Menschen an ihrem Leben, an den Bedingungen ihres (sozialen) Seins leiden – so sehr, dass die Einheit von Körper, Geist und Seele, gleichsam in einem psycho-physischen Kurzschluss, mit Krankheit reagiert, dass Erkrankung folglich die Flucht einer zutiefst gepeinigten Seele zum Ausdruck bringt.
Gewidmet mithin all denen, die noch nicht erkannt haben, dass Krankheiten nicht zufällig entstehen, sondern unser Leiden am Leben widerspiegeln.
Auf dass sie sich erheben und die zum Teufel jagen, die, aus Eigennutz, nicht davor zurückschrecken, uns Krankheit und Tod zu bringen, um durch der Menschen Leid ihren Reichtum zu mehren.
Seit mehr als vier Jahrzehnten setzte ich mich nunmehr mit dem Medizinbetrieb auseinander, zunächst als Student, danach in der Weiterbildung zum Facharzt, später in eigener Praxis, schließlich als Chefarzt und Ärztlicher Direktor einer (eigenen) medizinischen Versorgungseinrichtung mit mehreren hundert Mitarbeitern, welche die verkrusteten (ambulanten und stationären) Versorgungsstrukturen eben dieses Medizinbetriebs aufbrechen wollte und deshalb, trotz (medizinisch wie wirtschaftlich) hervorragender Ergebnisse, von vornherein zum Scheitern verurteilt war – aufgrund der Vielzahl von Eigeninteressen anderer „Player“ im Gesundheitswesen, denen mehr der eigene Geldbeutel als das Wohl der Patienten am Herzen liegt und die deshalb alles, fürwahr alles tun, um Neuerungen im Keim zu ersticken, dabei auch vor kriminellen Machenschaften nicht zurückschrecken und in den staatlichen Institutionen willige Helfer finden.
Mittlerweile bin ich damit befasst, Zusammenhänge unseres (physischen, psychischen und sozialen) Seins zu hinterfragen; verständlicherweise und selbst-verständlich komme ich dabei nicht umhin, auch unser Verständnis von Krankheit und Gesundheit auf den Prüfstand und die übliche Behandlung von Krankheiten in Frage zu stellen.
Bereits in „Dein Tod war nicht umsonst“, dem ersten Band einer Romantrilogie, sowie in dem (mehrteiligen) Briefroman „Offensichtliches, Allzuoffensichtliches“ habe ich mich damit beschäftigt, „inwiefern Pharmakonzerne und sonstige Akteure des sogenannten medizinischindustriellen Komplexes für den Tod von Millionen und Aber-Millionen von Menschen verantwortlich sind. Inwiefern sie deren Tod nicht nur billigend in Kauf nehmen, sondern ihn wissentlich und willentlich herbeiführen. Inwiefern sie auch nicht davor zurückschrecken, Menschen, die sich Ihnen in den Weg stellen, zu ermorden.“
Ich habe enthüllt, „wie staatliche Institutionen, namentlich die Justiz, zu willfährigen Helfershelfern des medizinisch-industriellen Komplexes und seiner unersättlichen Profitgier werden ... [und] welch verbrecherische Rolle Psychiater und Psychiatrie in diesem kriminellen Geflecht von Geld, Macht und Interessen spielen.“
Und ich habe enthüllt, „dass die ´Volksseuche´ Krebs heilbar ist. Jedoch nicht mit den Methoden, die uns die Schulmedizin als der Weisheit letzten Schluss vorgaukelt. Vielmehr mit Verfahren, denen Erkenntnisse zugrunde liegen, die unser gesamtes Welt- und Menschenbild auf den Kopf stellen werden. Erkenntnisse, die denen von Kopernikus vergleichbar sind, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Und nicht umgekehrt. Einsichten jedenfalls, die man – früher oder später – in den Geschichtsbüchern wiederfinden wird. Und deren Verbreitung Ursache und Anlass war, die Frau des ... [Autors] physisch zu eliminieren. Will heißen, sie zu töten. In Deutschland. Im Deutschland des 21. Jahrhunderts.“
Derartige Erkenntnisse sollen nun in dem mehrbändigen Werk „Die Schulmedizin – Segen oder Fluch?“ vertieft und erweitert werden; ich will aufklären, auf dass zukünftig niemand mehr behaupte, von alle dem nichts gewusst zu haben.
Auch wenn heute vielerorts noch gelten mag:
Allzu
Oft
Kommt
Das
Böse
Im
Gewand
Des
Guten
Daher.
Die,
Welche
Von
Unserer
Gut-Gläubigkeit
Profitieren,
Sind
Legion.
(Richard A. Huthmacher: Mein Sudelbuch, Teil 1: Aperçus, Aphorismen, Gedichte – Gedanken, die sich nur selten reimen. Indes nicht weniger wahr sind. Norderstedt bei Hamburg, 2015, 223)
Das vorliegende Buch ist Teil 1 der mehrbändigen Abhandlung „Die Schulmedizin – Segen oder Fluch?“.
Die Ausführungen zeigen, dass die „moderne“ Medizin insofern und insoweit versagt, als sie nicht bzw. nicht hinreichend die psychischseelische Dimension des Menschen erfasst und – auch hinsichtlich therapeutischer Konsequenzen – berücksichtigt. Obwohl schon in der Antike ψυχή (Psyche) Leben schlechthin bedeutete.
Und die Ausführungen zeigen auch, wie dieser Umstand sowie die Profitgier der Akteure im Gesundheitswesen dazu führen, dass Millionen und Aber-Millionen ihr Leben verlieren. Unnütz. Nur der Menschen Gier nach Hab und Gut gezollt.
Deshalb:
Wenn nur der Tod dir Ruhe bringt und erst im Sterben das Vergessen sinkt über all die Not und Plag, die Begleiter dir gewesen, Tag für Tag, an dem dein Hoffen, Sehnen, Bangen, an dem dein innbrünstig Verlangen dich getrieben.
Nach Irgendwo.
Wo deiner Lieb Verlangen sandete.
Im Nirgendwo.
Wo deine Hoffnung strandete.
Irgendwo.
Und deine Sehnsucht endete.
Nirgendwo?
Wenn also so dein Sterben und dein Tod, dann frag ich dich, warum nur hast du alle Not und all die Pein ertragen? Ohne Zagen.
Warum nicht hast du aufbegehrt und dich mit aller Kraft gewehrt?
Gegen dieses Leben, das alleine die geschaffen, dir gegeben, die herrschen, dreist und unverschämt und gleichermaßen unverbrämt. Die alles tun für Gut und Geld, auch wenn deshalb die Welt zerbricht und selbst das Himmelreich in Scherben fällt.
Drum wehre dich nicht erst im Sterben, sondern schon im Leben. Denn der, der sich nicht wehrt, der lebt verkehrt, und diese Einsicht soll nicht erst der Tod dir geben.
(Richard A. Huthmacher: Nur Worte. Über ein Leben. In Deutschland. Ein Hörspiel. Norderstedt bei Hamburg, 2015, Seite 361)
„Psychisch Kranke sind in rechtsstaatlichen Demokratien die einzigen Menschen, denen die Freiheit entzogen werden darf, ohne dass sie eine Straftat begangen haben“ [1].
Die Psychiatrie hat eine janusköpfige Doppelfunktion: Sie soll nicht nur psychisch leidenden Menschen helfen, sondern und insbesondere auch sozial abweichendes Verhalten kontrollieren sowie auffällige, nicht berechenbare, unerwünschte, kurzum abweichende Handlungsweisen sanktionieren [2].
Psychiater sind befugt, Zwang und Gewalt auszuüben, und dies im staatlichen Auftrag; dadurch ist ihre Funktion der ordnungspolitischen Rolle der Polizei vergleichbar und ergänzt die Tätigkeit der Hüter dessen, was nach gesellschaftlichem Konsens (?) für Recht und Ordnung gehalten wird: „Wo staatlich sanktionierte Eingriffe notwendig erscheinen, ohne dass Delikte begangen wurden, tritt die Ordnungsmacht Psychiatrie in Aktion“ [3].
Gleichwohl wird die Ordnungsfunktion der Psychiatrie kaum wahrgenommen, weil die Anwendung von Gewalt als Hilfe für den Patienten verschleiert wird; allenfalls werden gewalttätige Exzesse ruchbar, die dann als Entgleisungen von Einzelnen, nicht jedoch als zwangsläufige Folgen eines menschenverachtenden Systems kaschiert werden [ibd.].
Die Macht der Psychiatrie und der sie ausübenden Psychiater ist mithin gewaltig; sie entziehen Menschen die Freiheit, nötigen ihnen eine „Behandlung“ auf – meist mit Psychopharmaka, nicht selten, auch heute noch, mit (noch schlimmeren) Foltermethoden wie beispielsweise der Elektrokrampftherapie:
„In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte der italienische Psychiatrieprofessor Ugo Cerletti im Schlachthaus von Rom beobachtet, wie Schweine mittels elektrischen Stroms in die Bewusstlosigkeit eines epileptischen Komas gebracht wurden, in der sie sich leicht abschlachten ließen. Dieser Zustand erregte seine wissenschaftliche Neugier und nach Experimenten mit Hunden fand er in einem herumirrenden Mann eine geeignete Versuchsperson, um die therapeutische Wirkung auf psychiatrisch diagnostizierte Patienten zu testen. Cerletti jagte seinem weder informierten noch gar um Einwilligung gebetenen Opfer wiederholt Stromstöße von 80 Volt durchs Hirn und registrierte die vermuteten Krämpfe. Die Reaktion des Mannes auf diese ersten Elektroschocks der Psychiatriegeschichte muss jedoch derart erschreckend gewesen sein, dass sogar der experimentierfreudige Professor seine Hoffnung äußerte, diese Methode könne bald durch eine andere abgelöst werden“ [4].
„Die Elektrokrampftherapie (abgekürzt EKT, auch Elektrokonvulsionstherapie) ist eine Behandlung für besonders schwere, behandlungsresistente Depressionen und katatone Zustände bei Schizophrenie. Mit wenige Sekunden andauernden Stromimpulsen wird in Kurznarkose und unter Muskelrelaxation ein epileptischer Anfall ausgelöst, der für den Patienten nicht spürbar und nach außen nicht sichtbar ist. Der Krampfanfall sollte etwa 30 Sekunden andauern, um therapeutisch wirksam zu sein. Während der Narkose wird der Patient anästhesiologisch überwacht und mit Sauerstoff beatmet. Üblich sind 8–12 Behandlungen in einem Abstand von zwei bis drei Tagen“ [5].
Früher brachen bei diesem Akt regelmäßig die Knochen der Patienten. Heutzutage kommt es „nur noch“ und namentlich zu retrograden (also die Vergangenheit des Patienten betreffenden) und anterograden Gedächtnisstörungen (d.h. zu Gedächtnisstörungen, die nach dem barbarischen Vorgehen auftreten). Diese Amnesien können, müssen aber nicht verschwinden [6].
Hirnschädigungen sollen angeblich – so beispielsweise die Psychiatrische Klinik, Universitätsmedizin Göttingen – nicht vorkommen: „Hirnschädigungen sind bisher nach sachgerecht durchgeführter EKT nicht nachgewiesen. Gedächtnisstörungen können als Nebenwirkungen auftreten, zumeist als vorübergehende, diskrete Störung der Orientierung, des Kurzzeitgedächtnisses und der Aufmerksamkeit unmittelbar nach der Behandlung“ [7].
Und die süddeutsche.de titelte (am 22.03.2012, ganz unbedarft): „Elektrokrampftherapie gegen Depressionen. Neustart für das Gehirn“ [8]: „Für manche Menschen ist sie so etwas wie das Schreckgespenst der Psychiatrie. Dabei hilft die Elektrokrampftherapie noch heute bei schweren Depressionen – und dies wesentlich nebenwirkungsärmer [,] als Laien es sich vorstellen.“
Tatsächlich jedoch führt die Elektrokonvulsionstherapie (Synonyme: Elektrokrampftherapie und Elektroschocktherapie) unter anderem zu zeitlicher wie räumlicher Desorientiertheit und zu einer unterschiedlich stark ausgeprägten, jedoch immer vorhandenen Verwirrtheit, zur Störung sämtlicher intellektueller Funktionen, namentlich zu Gedächtnisstörungen, sowie zu unangemessenen emotionalen Reaktionen, die von Euphorie bis Apathie reichen. Eine „heilende“ Wirkung könnte ein zynischer Beobachter allenfalls darin sehen, dass die solchermaßen Misshandelten ihre Probleme „vergessen“ – wichtige Gedächtnisinhalte sind für kürzere oder längere Zeit nicht mehr, bisweilen nie mehr abrufbar. „Wer je dieser ´Therapie´ beigewohnt hat, wird sie, wenn er noch zu einigem Mitgefühl fähig ist, nie mehr vergessen“ [9].
Obiter Dictum: Es gibt nicht viel in meinem Leben, dessen ich mich explizit rühme – mit Sicherheit jedoch bin ich stolz, seinerzeit, während meiner Ausbildung zum Psychiater, der einzige Assistent an einer der größten Landesnervenkliniken bundesweit (Werbeslogan heute: „Auf Augenhöhe. Fair und vertrauensvoll – so arbeiten wir mit Ihnen zusammen“) gewesen zu sein, der sich weigerte, eine Elektrokrampftherapie durchzuführen. Was dazu führte, dass ich alsbald die Klinik verlassen musste.
Die NS-Psychiatrie feierte die Elektrokrampftherapie als enormen Fortschritt gegenüber der Insulinschock-Therapie, zuvor Behandlungsmethode der Wahl; wegen schnöden Insulinmangels in Kriegszeiten wurde die Insulinschock-Therapie dann 1942 verboten [10]. So kann man Teufel mit Beelzebub austreiben.
Heutzutage vertraut die Psychiatrie vor allem auf Psychopharmaka, namentlich auf die sogenannten neuen Antidepressiva (vorzugsweise Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) und die neuen, als atypisch bezeichneten Neuroleptika. Die Werbung spricht von größerer Wirksamkeit und besserer Verträglichkeit dieser Medikamente; nichts davon ist wahr [11, 12].
Auch für diese neuen Substanzen lässt sich eine heilende Wirkung nicht nachweisen; nach wie vor verursachen Psychopharmaka die Symptome, die zu heilen sie vorgeben. Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer und atypische Neuroleptika erhöhen das Selbstmordrisiko erheblich; zudem haben die atypischen Neuroleptika insbesondere Diabetes mellitus, Schlaganfälle und plötzlichen Herztod zur Folge [ebd.].
„Die Gründe, die zur steigenden Zahl der Patientensuizide führte, ist naheliegend: 1952 wurde Chlorpromazin (... Megaphen), das erste Neuroleptikum, 1958 Imipramin (Tofranil), das erste Antidepressivum, eingeführt. Seither werden Neuroleptika und Antidepressiva bei einer steigenden Zahl von Patienten in immer höherer Dosierung eingesetzt. Beide Medikamentengruppen weisen als klar deklarierte Nebenwirkung Suizidalität auf. Bei den Neuroleptika wird in den Fachbüchern von der pharmakogenen Depression gesprochen, die mit einer Zunahme der Tendenz, Selbstmord zu begehen, verbunden ist. Die Akathisie – die mit einer unerträglichen inneren Spannung und Unruhe verbundene Bewegungsunruhe – ist bei den Konsumenten beider Psychopharmaka-Gruppen zu beobachten. Sie kann so quälend werden, dass sie Suizidhandlungen auslöst – und dies wohlverstanden auch bei Menschen, die zuvor weder jemals suizidal gewesen sind noch Selbstmordversuche durchgeführt haben“ [13].
Die Nebenwirkungen von Psychopharmaka sind offensichtlich und offensichtlich gravierend, ihr therapeutischer Nutzen indes – und zwar der aller Psychopharmaka – ist nicht erwiesen. Bei schweren Depressionen beispielsweise liegt die Erfolgsquote von Antidepressiva bei etwa fünfzig Prozent – und die von Placebos bei bis zu neunzig Prozent [14, 15, 16].
Ähnlich Antidepressiva ist auch der therapeutische Nutzen von Tranquilizern, von sogenannten Moog Stabilizern (die bei manisch-depressiven „Erkrankungen“ verordnet werden) und namentlich von Neuroleptika nicht gesichert. Sicher indes sind deren schädliche, teilweise gar tödliche Nebenwirkungen [17 – 20].
Neben – relativ banalen, wiewohl subjektiv als äußerst störend empfundenen – Symptomen wie Mundtrockenheit und Obstipation finden sich auf der Liste der Nebenwirkungen von Psychopharmaka insbesondere schwere Veränderungen des Blutbilds, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen, Harnverhalt, Schlundkrämpfe – ich habe selbst erlebt, wie mit Neuroleptika Behandelte an einem Stück Fleisch erstickt sind! –, Sehstörungen, Thrombosen, Embolien und Herzrhythmusstörungen mit nicht selten tödlichem Ausgang [21].
Zudem bewirken vorwiegend Neuroleptika intellektuelle und emotionale Defizite, Konzentrationsschwäche und Kreativitätsverlust; paradoxerweise rufen sie die Symptome hervor, die man mit ihnen behandeln will: Halluzinationen, Verwirrtheit, Desorientierung, Depressionen und namentlich, wie bereits ausgeführt, auch suizidale Tendenzen (a.a.O.).
Psychotische Symptome, Manien, selbst Schizophrenien können durchaus unbehandelt „ausheilen“; Psychopharmaka-freie, psychotherapeutisch ausgerichtete Behandlungskonzepte der Schizophrenie sind einer Pharmakotherapie überlegen und haben bezüglich des weiteren Verlaufs (Rückfall, Chronifizierung) eine bessere Prognose als eine medikamentöse Behandlung [22, 23, 24].
Im Übrigen gehören auch psychotische Zustände zu den normalen Möglichkeiten menschlichen Lebens und Erlebens – solch außergewöhnliche Bewusstseinszustände, klinisch von einer akuten Schizophrenie nicht zu unterscheiden, lassen sich beispielsweise durch intensives Fasten, durch Schlaf- ebenso wie durch Reizentzug, durch Hyperventilation oder durch Drogen (Halluzinogene) hervorrufen. Auch insofern sind akute schizophrene Episoden lediglich als extreme Variante „normalen“ menschlichen Seins zu sehen, chronische Schizophrenien indes als Folge langjähriger Behandlung mit Psychopharmaka und sozialer Stigmatisierung zu betrachten [25 – 30].
Obiter Dictum: Heutzutage würde man wohl Mystiker wie Augustinus, wie Bernhard von Clairvaux und Hildegard von Bingen, wie den heiligen Franz von Assisi und Thomas von Aquin, wie Bonaventura, die hl. Theresa von Avila und den hl. Johannes vom Kreuz, wie Ignatius von Loyola oder auch (einen tief in der mystischen Tradition verwurzelten) Martin Luther, einen Jakob Böhme und einen Angelus Silesius, kurzum, die Geistesgrößen der christlich-abendländischen Kultur wegsperren und zwangsbehandeln. Mit Neuroleptika und Elektrokrampftherapie, auf dass man ihnen ihre spirituellen Erfahrungen und ihr abweichendes Seins-Bewusstsein austreibe. Denn alles, was die kleingeistigen, ebenso engstirnigen wie klein- und engherzigen Kategorien der medizinischen Pseudodisziplin Psychiatrie übersteigt, ängstigt diese, führt zum Kontrollverlust, konterkariert ihre größenwahnsinnige Sicht, die ihre eigene Beschränktheit zum Maß der Dinge macht, und muss deshalb ausgemerzt werden.
„Wer für Depressionen, Psychosen ... und andere seelische Leiden ... [einen Mangel] oder einen Überschuss an Botenstoffen verantwortlich macht [Grundannahme der biologistischen Hirnforschung und Psychiatrie], für den sind natürlich Psychopharmaka das Nächstliegende. Der braucht sich über das Leben seiner Patienten keine Gedanken zu machen. Weder über ihre Biographie ... noch über ihre soziale Stellung und die gesellschaftlichen Verhältnisse, unter denen sie leben. Es interessiert dann nicht, ob sie Arbeit haben, ob sie ausgebeutet ... werden ... Die biologistische Interpretation psychischer Phänomene rückt deren soziale, ökonomische und zwischenmenschliche Grundlagen immer mehr aus dem Blickfeld. Aber Psychopharmaka sind nun einmal keine Heilmittel für gesellschaftliche Probleme“ [31].
„Desungeachtet macht die Pharmaindustrie mit ... [Psychopharmaka] fette Gewinne. Wie es dazu kommt, zeigt unter anderem eine der Parolen, die der ehemalige Pharmachef des Pharmamultis Novartis, Thomas Ebeling, vor einigen Jahren an seine Mitarbeiter verschickte: ´Do whatever it takes. Kill to win – No prisoners´” [32].
“Do whatever it takes. Kill to win – No prisoners.”
Verweigern sich Psychiatrie-Patienten der Behandlung, die für sie auserkoren wurde, und wehren sie sich dagegen, wird diese mit körperlicher Gewalt durchgesetzt; die Gewalt wird im staatlichen Auftrag ausgeübt und ist der Ordnungsfunktion der Polizei vergleichbar.
Psychiater schämen sich zwar, dass ihre Disziplin derart durch Gewalt geprägt wird. Dies hindert sie indes nicht, ihr obsoletes Handwerk zu betreiben; soweit irgend möglich, wird das, was hinter Psychiatriemauern geschieht, vor der Öffentlichkeit verborgen. Gewalt ist in der Psychiatrie allgegenwärtig, jeder Insasse kann deren Opfer werden, jeder dort Tätige, ob Pfleger oder Arzt, muss bereit sein, sie anzuwenden [33].
Bereits im Jahr 2000 gab es in Deutschland 140.000 Zwangsunterbringungen [34], d.h. etwa jeder 175. in Deutschland – vom Säugling bis zum Greis – erleidet dieses Schicksal; die Zahlen steigen [35], nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern [36].
Eine Zwangseinweisung kann jeden treffen – wenn er den falschen Leuten in die Quere kommt, ist es sehr schnell um seine Bürgerrechte, um seine Freiheit und seine körperliche Unversehrtheit geschehen.
„Diejenigen, die weder selbst noch via Erfahrungen von Bekannten oder Verwandten direkte Informationen aus dem Inneren der Institution zur Verfügung haben, kennen das Problem nicht. Die anderen wissen – und vergessen, oder wissen und halten sich ruhig“ [37].
In den Medien indes wird ein ganz anderes Bild der Psychiatrie gezeichnet: Hier ist von – angeblichen – Erfolgen in Diagnose und Behandlung psychischer Erkrankungen, namentlich durch Psycho-Pharmaka, die Rede, von Neurotransmittern und vererbten Dispositionen; völlig zu Unrecht profitiert die Psychiatrie auch von den Erfolgen der Neurobiologie und von der Arbeit, die in diesem Bereich geleistet wird [38].
Der Psychiatrie als Disziplin ist es in den letzten Jahren gelungen, das katastrophale Image, das sie in den siebziger und achtziger Jahren hatte, abzulegen und durch ihre angeblichen wissenschaftlichen Erfolge vermehrt Zugang zu den Massenmedien zu finden. Im Zentrum ihrer Forschung stehen die – behaupteten – biologischen Ursachen psychischer Störungen und deren Behandlung durch Psychopharmaka; allein die Balance der Neurotransmitter sei verantwortlich für psychisch krank oder gesund. Obwohl es sich bei solchen Behauptungen um nicht mehr als um Hypothesen handelt, werden entsprechende Annahmen und Mutmaßungen so lange gebetsmühlenartig wiederholt, bis sie gleichsam zur gesellschaftlichen „Wahrheit“ geworden sind. „Obschon diese ´Wahrheiten´ auf tönernen Füssen stehen, haben sie eine deutliche Wirkung: Sie lenken von den nach wie vor verheerenden Praktiken des psychiatrischen Alltags ab. Nach wie vor sind und bleiben Zwang und Gewalt das bestimmende Element der heutigen Psychiatrie“ [39].
Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung, „...nicht selten von Polizisten durchgeführt, sind oft ein dramatisches Geschehen. Vergleichbar Vergewaltigung, Folter und sexuellem Missbrauch...“ [40] werden sie aufgrund des dramatischen Gefälles von Macht und Ohnmacht als in höchstem Maße traumatisierend erlebt [41].
„Für eine Zwangsbehandlung wird, wenn nötig, das sogenannte ´Aufgebot´ herbeigerufen: Bis zu acht zu körperlicher Gewalt bereite Pfleger stehen einem oder einer einzelnen wehrlosen Betroffenen gegenüber. Vergleichbar Vergewaltigung, Folter und sexuellem Missbrauch ist dies eine traumatisierende Konfrontation ... Psychiater ... bezeichnen die Folgen derartiger Erlebnisse als posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ... Das Trauma löst das Gefühl der existentiellen Hilflosigkeit aus. Wenn der letzte Widerstand des Opfers gebrochen ist, wird es gleichsam zum Objekt, mit dem der Täter nach Belieben verfahren kann“ [42].
Vordergründig werden mehrheitlich Personen zwangseingewiesen und -untergebracht, die (angeblich) sich selbst oder andere gefährden. Tatsächlich sind die Befunde, welche die Einweisung begründen, so subjektiv, beliebig und fragwürdig wie die gesamte psychiatrische Diagnostik selbst [19, 43].
„Die ... Fachleute sind sich einig, dass psychiatrische Diagnosen Konstrukte sind. In der wissenschaftlichen Literatur werden sie auch als Konventionen, Vorstellungen, Konzepte oder Sehmuster bezeichnet. Und ... ändern sich interessanterweise regelmäßig im Laufe der Zeit. Die psychiatrische Diagnosestellung ist ein äußerst subjektiver Prozess und in keiner Weise exakt wiederholbar. Der amerikanische Psychologieprofessor Rosenhan hat dies in einem Experiment mit eindeutigem Ausgang nachgewiesen. Völlig unauffällige Scheinpatienten hatten sich freiwillig in Nervenkliniken begeben und wurden dort wie selbstverständlich alle als schizophren eingestuft. Und sie wurden natürlich auch gleich entsprechend therapiert“ [44].
Bezeichnenderweise werden namentlich solche Personen zwangseingewiesen, die sich den Kriterien der Planbarkeit, Regelmäßigkeit und Verfügbarkeit widersetzen, also den Anforderungen, die in den heutzutage durchstrukturierten Arbeitsbezügen unerlässlich sind [33].
Vereinfacht ausgedrückt: Wer sich nicht ein- und unterordnet, läuft Gefahr, psychiatrisiert zu werden.
„Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die ´Fremdgefährlichkeit´ der Betroffenen ... in den allermeisten Fällen eine provozierte Aggressivität ist. Wenn sich jemand gegen die Einweisung an einen Ort, den er fürchtet, gegen Einsperrung und Isolation ... oder gegen die Einnahme von nachweislich gefährlichen Medikamenten wehrt, handelt es sich ... um eine ... nachvollziehbare Reaktion ... Zudem begehen ´Geisteskranke´ keineswegs öfter Gewalttaten als der ´psychisch gesunde´ Teil der Bevölkerung ...“ [45]
Angebliche Gewalttätigkeit und vermeintliche Gewaltbereitschaft der Patienten entpuppen sich bei näherem Hinsehen nicht selten als Projektion des Denkens und Fühlens der behandelnden Psychiater [46].
Ferner sind „Gefährlichkeit und Gefährdung“ als Zwangseinweisungskriterien mehr als nebulös definiert und unterliegen einer diffus gehandhabten Auslegung: „Da kann bereits das Werfen einer Bananenschale, eine rein verbale Drohung ohne Tätlichkeit, die erhobene Hand, die möglicherweise schlagen oder etwas werfen könnte, hinreichender Grund für eine Zwangsunterbringung sein. Miteingeschlossen in den vagen Begriff der Gefährlichkeit wird oft sogar die Gefährdung von eigenem oder fremdem materiellem Besitz“ [3].
„Der unheimliche Pakt zwischen Richter und Psychiater hat sich zum Albtraum für die psychiatrisch Verfolgten entwickelt; denn er macht das Wegsperren zur rein mechanischen Routinesache, für welche sich niemand mehr verantwortlich fühlt: Der Richter kann sich sagen, ich folge ja nur der Beurteilung des Psychiaters, während dieser sich ... aus dem Schneider wähnt, es sei letztendlich nicht sein, sondern der Entscheid des Richters ... [Derart bestimmen] die von der Pharmalobby gesponserten Halbgötter in Weiß ... im Verbund mit der Justiz gnadenlos über das Schicksal der psychiatrisch Etikettierten ... noch immer [gilt] die verpönte Verdachtsstrafe wie zu Zeiten der Inquisition. Damals genügte eine Denunziation, um den Prozess auszulösen, heute tut ‘s ein Telefonanruf an die Organe der Zwangspsychiatrie, und schon landet das Opfer in der Anstalt“ [50].
Wie Polizei und Psychiatrie sich ggf. über rechtsstaatliche Prinzipien hinwegsetzten, mehr noch, wie sie diese zur Farce degradieren, beschreibt der im Folgenden wieder gegebene Zeitungsartikel recht anschaulich:
Der Standard vom 8. April 2013 [51]:
„Mit subtilem Zwang in die Psychiatrie Zwang in der Psychiatrie sei Folter, sagen die Menschenrechtsexperten der Uno. In Österreich steigt die Zahl der Zwangseinweisungen ohne ärztliche Untersuchung. Psychiatrie-Patientenanwälte kritisieren Missstände in mehreren Bundesländern.
... Psychiatrische Zwangsbehandlungen sind Folter und gehören abgeschafft, sagt das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte. Die österreichische Bürgerkommission für Menschenrechte ergänzt: ´In Österreich werden jährlich weit über 20.000 Anträge bei Gericht eingebracht, um unbescholtene Bürger in die Psychiatrie zwangseinzuweisen. Damit befindet sich Österreich im europäischen Spitzenfeld der Zwangspsychiatrierungen.´ Sprecherin Birgit Karner fordert eine Revision des Unterbringungsgesetzes.
´Unterbringung ohne Verlangen´
Im erst 2010 novellierten Gesetz heißen Zwangseinweisungen nun ´Unterbringung ohne Verlangen´. Klingt schöner, ist es aber nicht. ´Wenn sich jemand nicht freiwillig einweisen lässt, ist immer Zwang dabei´, sagt Andreas Gschaider, Bereichsleiter Patientenanwalt des VertretungsNetzes, das Psychiatriepatienten vertritt. Schon bei der Einweisung kommt es zu saloppen Interpretationen des Unterbringungsgesetzes. Beispielsweise, wenn die Polizei Menschen in psychischen Ausnahmesituationen direkt in die Psychiatrie bringt. Die Begründung lautet ´Gefahr in Verzug´ und wird auch angegeben, wenn der wirkliche Grund Ärztemangel heißt. Acht Prozent der Zwangseinweisungen geschehen ohne vorherige Untersuchung.
Notlösung ohne Arzt
Gegen ihren Willen darf eine Person laut Paragraf 8 Unterbringungsgesetz nur in eine Psychiatrie gebracht werden, wenn sie von einem Arzt, der im öffentlichen Sanitätsdienst steht, gründlich untersucht wurde. Kommt kein Arzt, greift die Polizei als Notlösung eben zu ´Gefahr in Verzug´ (§ 9). ´Macht halt einen Neuner draus´, sollen Polizisten immer wieder von überlasteten Ärzten hören, sagt Gschaider.
Neben Vorarlberg, Teilen Tirols und Salzburgs kommt es vor allem in Niederösterreich zu Engpässen. Seit der Änderung des Gemeindeärztegesetzes sind laut Gschaider Zuständigkeiten unklar, es gebe immer weniger befugte Ärzte. Aufgrund der Entfernungen komme es zu Zeitverzögerungen, die immer wieder zu unnötigen Eskalationen führten. In Niederösterreich übersteigt die Zahl der Polizeieinweisungen bereits jene der Standardeinweisungen. Kärnten reagiert auf den Ärztemangel mit einem besonderen Service, der ´Begleitung durch die Polizei´. Die Polizei überrede Betroffene zum Mitfahren und verspreche ihnen, nach einem kurzen Gespräch mit dem Arzt wieder heim zu dürfen.
´Subtiler Zwang´ nennt das Gschaider. Und: ´Das Unterbringungsgesetz wird umgangen. Die Polizei muss das nicht dokumentieren, für Patienten entstehen rechtliche Unsicherheiten´. Das Gesundheitsministerium sei über die Situation in den Ländern informiert ...“
Auch gilt festzuhalten, dass die Psychiatrie die Symptome devianten, also vom sogenannten Normalen abweichenden Verhaltens, die sie zu behandeln vorgibt – namentlich das Auftreten von Delirien und deliranten Syndromen (Verwirrung, Desorientierung, Halluzination), von Depressionen und Suizidalität, nicht minder die Beeinträchtigung von Gefühlswahrnehmungen und intellektueller Leistungsfähigkeit –, durch ihre Eingriffe potenziert, chronifiziert, mehr noch: oft erst und erstmals provoziert.
Derart entsteht ein typisch psychiatrischer Zirkelschluss: Die Symptome, die infolge psychiatrischer Zwangsmaßnahmen auftreten, bestätigen – vermeintlich – die ursprünglich gestellte psychiatrische Diagnose und legitimieren rückwirkend die bereits zuvor ausgeübte Gewalt [47, 48].
].