Karlheinz Happe
Birkenweg 5
08541 Mechelgrün
bildungsberatung
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1. Auflage, 2018
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Karlheinz Happe
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Begriff der Doppik in der Öffentlichen Verwaltung.
Doppik ist ein Kunstwort, das den Begriff doppelte Buchführung abkürzt. Die Abkürzung steht für die DOPPeltes Buchen in Konten. Diese klassische Definition betrifft das Buchen im Zusammenhang mit der laufenden Buchhaltung, und hier nicht, wie man vermuten könnte, alles wird doppelt erfasst, sondern lediglich dass jede Veränderung des Vermögens, der Schulden sowie des Basiskapitals auf mindestens zwei Bilanzpositionen erfasst wird. Im Zusammenhang mit der Einführung der Doppik in der Öffentlichen Verwaltung wurde der Begriff inhaltlich erweitert. Er umfasst nicht nur das eigentliche Buchen, sondern auch alle Arbeiten und Ergebnisse, die im Zusammenhang mit der Haushaltsplanung, Haushaltsdurchführung und dem Jahresabschluss stehen. Das sind im Einzelnen:
Haushaltsplanung und Haushaltsvollzug,
Abschlussbuchungen,
Erstellen der Bilanz, der Erfolgsrechnung und der
Finanzrechnung,
Erstellen des Anhangs und des Lageberichtes.
In Abgrenzung zu der in der Privatwirtschaft üblichen doppelten Buchführung mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung wird bei der in der Öffentlichen Verwaltung praktizierten Doppik ein so genanntes
3-Komponenten-Modell verwendet. Dieses umfasst die Vermögensrechnung (entspricht der Bilanz), Ergebnisrechnung (entspricht der GuV) und Finanzrechnung (entspricht vereinfacht der klassischen kameralen Rechnung). Durch ein viertes Modul - der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) – wird es zu einem 4-Komponenten-Modell ergänzt. Auf die letztgenannte Komponente ist nicht zu verzichten, da der doppische Haushalt zukünftig auf der Basis von Produkten erstellt wird, deren Kosten können nur mit den Instrumentarien der KLR den Produkten korrekt zugeordnet werden. Damit wird es den Adressaten des doppischen Abschlusses ermöglicht, sich ein genaueres Bild von der wirtschaftlichen Gesamtsituation der Kommune zu verschaffen. Die Transparenz ist gegenüber kameralistischen Haushalten deutlich höher, u. a. ist aus Teilergebnisrechnungen nachvollziehbar, welche Leistung (welches Produkt) in der Kommune wirtschaftlich erstellt worden ist, welche Leistung eine Verschlechterung/Verbesserung des Ergebnisses verursacht hat.
Die Kommune besteht in der Regel nicht nur aus der eigentlichen Verwaltung, sondern in vielen Fällen sind der Kommune Eigenbetriebe und Beteiligungen an erwerbswirtschaftlich geführten Unternehmen zu zurechnen. Die Doppik macht es auf der Grundlage eines einheitlichen Buchhaltungssystems möglich, alle beteiligten Einrichtungen zu einem fiktiven Unternehmen zusammen zu fassen. Im Ergebnis entsteht ein Jahresabschluss, der die Kommune in ihrer Gesamtheit darstellt – der „Konzernabschluss“.
Gründe für die Einführung der Doppik
Mit der erfolgreichen Einführung der Doppik wurden für die Öffentlichen
Verwaltungen mehr Kostentransparenz und ein insgesamt effizienteres Arbeiten erwartet. Die Umstellung in den Kommunen sollte laut Beschluss der ständigen Innenministerkonferenz der Länder vom 21. November 2003 bis spätestens 2012 abgeschlossen sein. Allerdings handhaben die Länder dies uneinheitlich. In Sachsen-Anhalt wurde der offizielle Einführungstermin mit dem 01.01. 2012 bestätigt. In Thüringen und Bayern gilt ein Wahlrecht für die Kommunen (Doppik oder erweiterte Kameralistik). Ein aus heutiger Sicht später Einführungstermin ist in Baden-Württemberg festgelegt worden: 01.01. 2020.
Bevor Argumente für die Einführung der Doppik angeführt werden, hier ein Zitat aus Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre:
„Welchen Überblick verschafft uns nicht die Ordnung, in der wir unsere Geschäfte führen! Sie lässt uns jederzeit das Ganze überschauen, ohne daß wir nötig hätten, uns durch das Einzelne verwirren zu lassen. Welche Vorteile gewährt die doppelte Buchhaltung dem Kaufmanne! Es ist eine der schönsten Erfindungen des menschlichen Geistes, und ein jeder guter Haushalter sollte sie in seiner Wirtschaft einführen.“1
Die Diskussion über die Einführung der Doppik ist bis heute noch nicht abgeschlossen. In einigen Fällen, in denen eine abwehrende Haltung eingenommen wird, ist häufig Unwissenheit die Ursache.
Eine besonders unsachliche Kritik an der Doppik gepaart mit Unwissenheit ist in einem Rhein-Main-Facebook-Blog vom April 2010 veröffentlicht:
"Bruce Willis auf dem Datenfriedhof Bischofsheim ‐ im schmucklosen Büro von Hagen Treber, Kämmerer der 13.000-Seelen-Gemeinde Bischofsheim bei Rüsselsheim, hängt ein Poster. Es handelt sich um eine Fotomontage: Trebers Kopf sitzt auf dem durchtrainierten Körper von Bruce Willis in „Stirb langsam“. Von seiner Hüfte und Schulter baumeln großkalibrige Waffen.
Hier stehe ich und kann nicht anders: Kämmerer Hagen Treber (genervt), den aktuellen Haushalt der Gemeinde Bischofsheim in der Hand und das fotomontierte „Stirb langsam“-Plakat an der Wand. „Bei der Kameralistik war alles einheitlich. Aber heute?“ Treber lacht bitter." Unabhängig davon, wie der einzelne Mitarbeiter einer Einrichtung darüber denkt, sollte es jedem klar sein, ein demokratisch gewähltes Gremium hat darüber entschieden, bundesweit diese Form des Rechnungswesens einzuführen. Dann darf sich niemand verweigern, auch wenn der Einzelne u. U. Vorbehalte gegenüber dem neuen Buchführungssystem hat, vielleicht auch Besitzstandsängste.
Eine weitere Bestätigung für fehlendes bzw. lückenhaftes Wissen ist in der „Märkischen Allgemeine“ vom 23.02. 2013 veröffentlicht worden.
„Man stiehlt uns unsere Rücklage...Gemeinderat von Vielitzsee sieht in dem doppischen Haushalt ein Instrument der Verschleierung ...“
"...Je mehr die Gemeinde Vielitzsee hat, desto ärmer wird sie – ihrer Wut über dieses Paradox ließen die Gemeindevertreter am Donnerstagabend in Seebeck freien Lauf. Den Schuldigen hatten sie auch schnell ausfindig gemacht: die doppelte Haushaltsführung in Konten (Doppik), wie sie seit 2011 für brandenburgische Kommunen und Landkreise vorgeschrieben ist.“
Diese letzte Aussage bezieht sich auf Besitz und Reichtum. Die kameralistische Vorstellung von reich, bedeutete in den meisten Fällen das Vorhandensein einer mehr oder weniger großen Rücklage als liquide Mittel (eingesparte Einnahmen). Allerdings konnte kein Kämmerer behaupten, seine Gemeinde sei reicher als die Nachbargemeinde. Der Reichtum einer Kommune erschließt sich erst mit der Doppik. Die Doppik weist in der Eröffnungsbilanz über das Basiskapital das Vermögen aus, das der Gemeinde auch gehört, also das, was nicht über Fremdkapital finanziert worden ist.
„Dem Gemeindevertreter Fereno Zitzmann platzte der Kragen: „Man stiehlt uns unsere Rücklage. Schuld sind die Abschreibungen auf jede Investition, die in der Doppik Pflicht sind. Im vergangenen Jahr hat die Gemeinde mit viel Fördergeld zahlreiche neue Straßen gebaut. Für jedes Gebäude und jede Straße wird nun aber im Haushaltsplan ein Wertverlust verbucht. Um diesen Betrag reduziere sich auch das Ersparte der Gemeinde, beharrte Zitzmann, der den Etatentwurf Seite für Seite studiert hatte.“
Zunächst einmal: Die kameralen Rücklagen sind selbstverständlich nicht „gestohlen worden“, sondern sie werden in der Eröffnungsbilanz im Bestand der liquiden Mittel ausgewiesen und erhöhen das Basiskapital.
Die Darstellung, die Abschreibungen würden in der Doppik die Gemeinden in die Verlustzone treiben, ist weit verbreitet (diese Behauptung wird weiter unten, zumindest für die Investitionen, die nach Einführung der Doppik getätigt worden sind, ausführlich widerlegt). Wenn denn im Vorjahr Investitionen über Fördermittel finanziert worden sind, dann führt das richtigerweise zu einer Erhöhung des Vermögens, und damit zu Abschreibungen in den Folgejahren, aber: Gleichzeitig mit den Abschreibungen müssen auch die Fördergelder (präziser unter Sonderposten weiter unten) erfolgsverbessernd aufgelöst werden.
„Ins selbe Horn stieß der Gemeindevertreter Erich Krüger: „Abschreibungen gingen früher auf ein Investitionskonto und standen damit für neue Wertschöpfung zur Verfügung. Wo geht das Geld nun hin?“
„Es fließe kein Geld – es werde nur verbucht, bemühte sich Doris Bergmann (die Kämmerin) zu erklären.“
Diese Aussage ist wiederum richtig. Denn tatsächlich stellen die Abschreibungen nichtauszahlungswirksame Aufwendungen dar, das bedeutet Abschreibungen belasten die Liquidität einer Kommune nicht. Genauso, wie es der Gemeindevertreter für die Kameralistik (früher) beschreibt, genauso ist es in der Doppik, denn, werden die Abschreibungen über die Erträge „verdient“, so stehen die finanziellen Gegenwerte der Abschreibungen als Bestandteil des CashFlow2 für die Finanzierung von Investitionen zur Verfügung.
In den folgenden Ausführungen sollen einige, ausgewählte Vorteile, die sich aus der Einführung der Doppik ergeben, aufgezeigt werden.
Die Doppik erfasst den kompletten Ressourcenverbrauch. Das ist einer der wesentlichen Vorteile der Doppik. Durch sie werden die gesamten Ressourcen und deren Verbrauch dargestellt, auch die Aufwendungen, die in der Kameralistik nicht in dieser Form ausgewiesen wurden (Abschreibungen als Wertminderung des Anlagevermögens; Rückstellungen als ungewisse Verbindlichkeiten). Dadurch wird es möglich, die tatsächliche wirtschaftliche Situation einer Gemeinde, einer Stadt oder eines Landkreises darzustellen.
Die Doppik führt zu einer verbesserten Transparenz der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung. Jeder (Bürger, Politiker, Aufsichtsbehörde, ...) kann sich ein realistisches Bild von der wirtschaftlichen Situation seiner Verwaltung machen bis hin zur Berücksichtigung von Beteiligungen der Gemeinde.
Die Doppik erbringt den Nachweis, inwieweit generationengerecht und nachhaltig gewirtschaftet wird. In der gegenwärtigen Diskussion spielt die intergenerative Gerechtigkeit eine nicht unbedeutende Rolle. Die wird durch die Berücksichtigung von zukünftigen Zeiträumen (Abschreibungen, Rückstellungen, zeitliche Abgrenzungen) im doppischen Rechnungswesen gewahrt. Jedem Interessierten wird deutlich gemacht, wenn Belastungen in die Zukunft verschoben wurden und damit nachfolgende Generationen belastet werden.
Die Doppik liefert bessere Entscheidungsgrundlagen und bessere Steuerungsinformationen. Insbesondere Führungskräfte sowie Mandatsträger erhalten mit den Dokumenten der Doppik Instrumentarien, die es ihnen erlauben, politische Entscheidungen sachgerechter als bisher zu treffen. Durch unterjährige Vergleiche der Teil-Ergebnisrechnungen mit der Haushaltsplanung kann steuernd eingegriffen werden. Die output orientierte Steuerung zeigt auf, welche Ressourcen, für welche Produkte verbraucht wurden. Mit der Einführung der Doppik wird es den kommunalen Einrichtungen möglich, eine Vielzahl von Instrumenten aus dem betriebswirtschaftlichen Controlling zur Steuerung einzusetzen. Durch die erhöhte Transparenz werden Tendenzen in der wirtschaftlichen Entwicklung in die falsche oder richtige Richtung eher sichtbar und damit steuerbarer.
Praxistipp:
Aus den angeführten Vorteilen ergibt sich für Kommunalpolitiker die folgende Zusammenfassung: Nur wer einen detaillierten Überblick über sein Vermögen, seine Schulden und sein Basiskapital (Eigenkapital), seine Erträge und Aufwendungen hat, kann Entscheidungen treffen, die die Gegenwart und die zukünftige Entwicklung der Kommune beeinflussen. Die viel zitierte höhere Transparenz muss durch die "Anwender" auch genutzt werden.
2.1. Gliederung des Rechnungswesens
Das Rechnungswesen (REWE) ist ein Teilgebiet der
Betriebswirtschaftslehre. Es dient der vollständigen, systematischen Erfassung, Überwachung und informatorischen Verdichtung der durch den Verwaltungsprozess entstehenden Geld- und Leistungsströme.
Das Rechnungswesen untergliedert sich in zwei Teilbereiche:
Externes Rechnungswesen
Die externe Rechnungslegung bildet die wirtschaftliche Situation der Verwaltung nach außen ab (Finanzbuchhaltung). Dargestellt wird die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Verwaltung, gegliedert in Bilanz, Erfolgsrechnung und Finanzrechnung. Rechtliche Grundlagen sind das Handelsgesetzbuch (HGB), steuerrechtliche Regelungen sowie landesspezifische Bestimmungen zum Rechnungswesen. Es entspricht den oben beschriebenen Inhalten der Doppik (Buchführung, Inventar, Jahresabschluss (Bilanz, Ergebnisrechnung und Anhang), Lagebericht, Sonderbilanzen, Zwischenbilanzen, Konzernabschluss).
Die Aufgaben des Rechnungswesens bestehen in der Dokumentation (lückenlose und systematische Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle), der Information und Rechenschaftslegung (für/gegenüber Aufsichtsbehörden, Banken, interessierten Bürgern, Ratsmitgliedern…) sowie der Kapitalerhaltung (langfristige Sicherstellung des in der Eröffnungsbilanz als Basiskapital ausgewiesenen „Eigenkapitals“).
Das interne Rechnungswesen entspricht der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR). Es hat die Aufgabe, den Ressourcenverbrauch für die Produkte (interne und externe) einer Kommune so genau wie möglich zu erfassen (Produktkalkulation). Die möglichst verursachungsgerechte Produktkalkulation wird perspektivisch eine produktorientierte Haushaltsplanung ermöglichen.
Dem internen Rechnungswesen werden weitere Teilbereiche zugeordnet: Betriebswirtschaftliche Statistik, Vergleichsrechnung und Planungsrechnung
2.2. Gesetzliche Grundlagen
Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung Ein Jahresabschluss muss, wie die gesamte Buchführung, den
Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung entsprechen. Diese Ordnungsmäßigkeit wird vom beauftragten Prüfer dann auch testiert. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung (GoB) sind ein Regelwerk des Rechnungswesens mit Rechtsnormcharakter, d. h., die Anwendung der GoB ist verbindlich. Nur ein Teil der GoB ist in Gesetzestexten niedergelegt (z. B. Handelsgesetzbuch); nicht kodifizierte GoB beruhen auf Empfehlungen und Gutachten, wissenschaftlichen Diskussionen und Gepflogenheiten der Praxis usw. Einige wichtige Grundsätze sind:
Generalnorm: Beinhaltet die Forderung, dass Jahresabschlüsse den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung entsprechen müssen.
Stichtagsprinzip: Die Jahresabschlüsse beziehen sich nach der Erstellung der Eröffnungsbilanz immer auf den 31.12. eines Haushaltsjahres. Das Haushaltsjahr ist gleich dem Kalenderjahr.
Vollständigkeit:
Danach sind alle Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) zu erfassen. Das ermöglicht, dass das gesamte Vermögen sowie alle Schulden und das Eigenkapital (Basiskapital) erkennbar sind.
Saldierungsverbot:
Vermögenspositionen dürfen nicht mit Kapitalpositionen saldiert werden, ebenso wenig ist das Saldieren von Erträgen und Aufwendungen erlaubt. Die Kommune ist also verpflichtet, beispielsweise Mieterträge und Mietaufwendungen voneinander getrennt in der Ergebnisrechnung auszuweisen.
Bilanzkontinuität:
Fordert, dass bei den der Eröffnungsbilanz folgenden Abschlüssen eine „Stetigkeit“ (formal und materiell) einzuhalten ist. Die formale Stetigkeit bezieht sich auf die Darstellung des Jahresabschlusses (z. B.: Beibehaltung einer einmal gewählten Gliederungstiefe). Die materielle Stetigkeit fordert die Beibehaltung von Wertansätzen. Der Bestand in der Schlussbilanz eines Haushaltsjahres muss dem Anfangsbestand des unmittelbar folgenden Haushaltsjahres entsprechen.
Einzelbewertung:
Jeder Vermögensgegenstand und jede Schuldenposition sind einzeln zu bewerten, sollte das nur mit hohem Aufwand oder gar nicht möglich sein, so können geregelte Ausnahmen zur Anwendung kommen (z. B.: Festwerte).
Kaufmännische Vorsicht:
Der Grundsatz der kaufmännischen Vorsicht fordert den Bilanzierenden auf, von zwei möglichen Wertansätzen einer Aktivposition den niedrigeren von beiden anzusetzen.
Praxisbeispiel: Die Kommune xy hat ein Grundstück (Brachland) im Besitz, dessen Anschaffungskosten betrugen 500.000 €. Kurz vor Abschluss der Eröffnungsbilanz wird der Wert des Grundstückes in einem Gutachten mit 1,5 Mio. € bewertet. Solange das Grundstück noch im Besitz der Kommune ist, ist nach dem Grundsatz der kaufmännischen Vorsicht das Grundstück mit den historischen Anschaffungskosten zu bilanzieren. Erst bei einem Verkauf muss der dann erzielte Gewinn bilanziert werden.
Bei Schuldenpositionen ist es umgekehrt: Von zwei möglichen Wertansätzen einer Schuldenposition ist der höhere von beiden zum Ansatz zu bringen.
Praxisbeispiel: Im November kauft eine Stadt Rohstoffe in den USA. Die Lieferung geht am 12. November ein, Rechnungsbetrag 10.000 US$. Tageskurs am 12. November:1€ = 1,41 US $ (Anschaffungskosten = 7.092,20 €). Zahlungsziel ist der 28. Februar des Folgejahres. Zum 31.12. ist diese kurzfristige Lieferantenschuld zu bilanzieren. Der Tageskurs zum letzten Börsentag im Dezember: 1€ = 1,20 US$. Nach dem Grundsatz der kaufmännischen Vorsicht sind diese kurzfristigen Verbindlichkeiten mit: 8.333,33 € zu bilanzieren und nicht mit ihren Anschaffungskosten von: 7.092,20 €.
Dokumentation der intergenerativen Gerechtigkeit: Mit dem Jahresabschluss auf der Grundlage der Regeln der Doppik erkennt der Leser alle Sachverhalte, die einen Bezug zu zukünftigen Haushaltsjahren aufweisen (Abschreibungen, Rückstellungen, langfristige Verbindlichkeiten (Kredite), aktive und passive Rechnungsabgrenzungen …).
Aufbewahrungsfristen für Handelsbücher, Inventare, Abschlüsse, PC-Programme und Belege: 10 Jahre. Bei einer PC-gestützten Buchhaltung müssen die gespeicherten Dateien innerhalb dieses Zeitraums lesbar gemacht werden können. Das kann wichtig werden, wenn in diesem Zeitraum ein Wechsel des Buchhaltungsprogramms stattfinden sollte.
Gesetzliche Regelungen
Das Handelsgesetzbuch3 (HGB) regelt seit seinem Inkrafttreten (01. Januar 1900) die Handelsgeschäfte der Kaufleute. Diese Rechtsgrundlage hat sich über Jahre hinweg bewährt, auch wenn sie mehrfach überarbeitet worden ist, zuletzt mit dem Bilanzrechtsmodernisierungs-Gesetz (BilMoG) im Mai 2009. Für die Einführung der Doppik und die entsprechenden landesspezifischen Regelungen haben viele Bestimmungen des HGB Pate gestanden: u.a.: § 240 Inventar, § 243 – Aufstellungsgrundsatz, § 255 – Bewertungsmaßstäbe (Anschaffungskosten, Herstellungskosten), § 266 Gliederung der Bilanz. Neben dem HGB bestimmen weitere bundesweit geltende Regelungen auch die kommunalen Abschlüsse, wie das Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuer-Gesetz (z. B.: bei Betrieben gewerblicher Art (BgA)).
Landesspezifische Regelungen
Das kann keine abschließende Aufzählung sein, im Folgenden sind nur die aufgezeigt und kurz beschrieben, die einen großen Einfluss auf die doppische Haushaltsführung nehmen.
Im Abschnitt 1 sind für die Haushalts- und Finanzplanung (Ergebnishaushalt, Finanzhaushalt, Teilhaushalte und Budgets) Festlegungen getroffen worden. Die Abschnitte 2 und 3 beinhalten Planungs- und Deckungsgrundsätze. Im Abschnitt 4 geht es um die Liquidität und um die Position Rücklagen.
Der Abschnitt 5 enthält Bestimmungen zum Haushaltsausgleich. In den Abschnitten 7 bis 10 ist Grundsätzliches zur Buchführung und zur Erstellung und zu Inhalten des Jahresabschlusses festgelegt.
Sie beinhaltet im dritten Teil grundlegende Festlegungen zur Haushaltswirtschaft.
An dieser Stelle werden Hinweise zur Bilanzierung gegeben. Die Hinweise decken einen großen Teil zur Erfassung und Bewertung von Vermögensgegenständen und der Schulden ab. Die entsprechende Internet-Adresse: https://mi.sachsen-anhalt.de.
Weitere Bestimmungen zur Doppik finden Sie in verschiedenen Verwaltungsvorschriften.
Praxistipp:
Wichtige Bestimmungen sollten in jeder Bibliothek eines Abgeordneten sein. Mit den heutigen Kommunikationsgeräten (Handys; Smartphones) haben Sie diese dann auch stets verfügbar am Mann/an der Frau.
3.1. Inventur
Inventur - Begriff
Im Rahmen der Erstinventur sowie zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres ist von der Kommune eine mengen- und wertmäßige Erfassung ihrer Vermögensgegenstände und Schulden sowie Rechnungsabgrenzungsposten durchzuführen. Die Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten werden mengen- (durch: Messen; Zählen; Wiegen; Schätzen) und wertmäßig erfasst (Bestandsaufnahme).
Nach der Art der Durchführung (Inventurverfahren)7 werden unterschieden: die körperliche Inventur und die Buchinventur.
Körperliche Inventur: Die materiell vorhandenen („greifbaren“) Vermögensgegenstände sind durch Zählen, Messen, Wiegen sowie durch Schätzen mengenmäßig zu erfassen. Die Ermittlung des Wertes eines Vermögensgegenstandes erfolgt im günstigsten Fall auf der Basis historischer Anschaffung- oder Herstellungskosten. Die ermittelten Werte sind um folgende Sachverhalte zu mindern: Kumulierte Abschreibungen, Beschädigungen, Mängel, verminderte oder fehlende Verwertbarkeit, Qualität und Zustand. Für die Bestimmung der Art einzelner Vermögensgegenstände ist eine ausreichende Sachkunde der aufnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erforderlich.
Buch-Inventur: Die Art, Menge und der Wert der Vermögensgegenstände und Schulden kann nur über Aufzeichnungen (Bücher) ermittelt werden. Das betrifft u. a. Forderungen, Guthaben bei Kreditinstituten, Verbindlichkeiten, Rückstellungen sowie aktive und passive Abgrenzung. Eine besondere Form, der nicht körperlichen Inventur ist vom Gesetzgeber erlaubt, nämlich dann, wenn für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens beispielsweise eine Anlagenkartei (PC-Programm) geführt wird, aus der die Zu- und Abgänge, sowie die Wertminderungen und eventuelle Zuschreibungen zeitnah erfasst werden. Der Bestand kann dann zum jeweiligen Bilanzstichtag (Eröffnungs-, Schlussbilanz) diesen Unterlagen entnommen werden.
Bei der Inventur müssen die Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur (diese entsprechen den GoB) beachtet werden.
Neben der Nutzung von Informationen aus Büchern der Buchführung können unter bestimmten Umständen Informationen aus anderen Dokumenten verwendet werden.
Arten der Vermögensgegenstände und Schulden
Bei der Erstinventur müssen Vermögensgegenstände (Anlage- und Umlaufvermögen), Schulden, Rückstellungen sowie aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten vollständig erfasst werden. Ein Gegenstand ist dem Vermögen einer Kommune zu zurechnen, wenn die nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind, und keine Regelungen des Ansatzverbotes greifen.
Wirtschaftliches Eigentum:
„Wirtschaftlicher Eigentümer ist danach, wem dauerhaft, also für die gesamte wirtschaftliche Nutzungsdauer des betreffenden Vermögensgegenstandes, Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten an dem Vermögensgegenstand zustehen.“8
Es sind also die folgenden Fragen zu stellen und zu beantworten:
Übt die Kommune die tatsächliche Sachherrschaft über den Vermögensgegenstand aus?
Trägt die Kommune Gefahr und Risiko?
sowie
Kann die Kommune den rechtlichen Eigentümer von der Nutzung des Wirtschaftsgutes während der Vertragsdauer ausschließen?
Beispiele für die Nichtübereinstimmung zwischen juristischem und wirtschaftlichem Eigentum können u. a. Leasing, Bauten auf Grundstücken Dritter, Kommissionsgeschäfte, Treuhandverhältnisse, Factoring, Pensionsgeschäfte und unberechtigter Eigenbesitz, Sicherungsübereignungen, Eigentumsvorbehalt, sein.
Selbstständige Verwertbarkeit9
Vermögensgegenstände sind dann aufzunehmen, wenn diese selbstständig verwertbar sind, d.h. wenn diese durch Veräußerung, Einräumung eines Nutzungsrechts, bedingten Verzicht sowie Zwangsvollstreckung ein wirtschaftlich nutzbares Potenzial hinsichtlich der Deckung der kommunalen Schulden darstellen. Vermögensgegenstände müssen theoretisch in Geld transformiert werden können. Dabei ist eine abstrakte Veräußerbarkeit für die Aktivierung des Vermögensgegenstandes ausreichend.
Wertgrenzen
Vermögensgegenstände mit einem Wert unter 1.000 Euro netto (hier ist: netto = ohne Umsatzsteuer) müssen nicht angesetzt werden.10
Kriterien, die den Wertansatz für Verbindlichkeiten/Schulden bestimmen, sind: Wirtschaftliche Vermögensbelastung, Außenverpflichtung und Inanspruchnahme ist wahrscheinlich.
Inventur- und Bewertungsvereinfachungsverfahren
Es können drei Inventurverfahren zu verschiedenen Zeitpunkten angewendet werden. Die Zeitpunkte der Inventur werden durch Inventursysteme charakterisiert. Als Inventursysteme gelten: