Dr. Matthias Marquardt

Die

Laufbibel

Das Standardwerk für den Laufsport

Vorwort

Liebe Leserinnen

und Leser,

die »Laufbibel« feiert mit dieser Auflage ihren 15. Geburtstag. Ich erinnere mich noch gut an die Anfänge: Verletzungsfrei zu laufen, das war für mich zu keinem Zeitpunkt während meiner Laufbahn eine Selbstverständlichkeit. Als Leistungssportler im Triathlon gab es fast mehr Trainingsphasen, in denen ich verletzt war, als solche, in denen ich verletzungsfrei meinem Sport nachgehen konnte. Dieser Umstand hat mich und meine Arbeit bis heute geprägt. Lauftechnik, Bewegungsanalyse, Schuh- und Einlagenversorgung, Trainingsplanung sowie -steuerung, Ernährung und Mikronährstoffe sind seit dieser Zeit meine Steckenpferde. Und ich versuchte alles: Ich rieb meine schmerzenden Gelenke mit Brennnesseln ab und setzte mich ab meinem 16. Lebensjahr jeden Morgen in einen elf Grad Celsius kalten Brunnen.

Bei einer Trainerausbildung wurde so der Verlagschef von spomedis auf mich aufmerksam und überzeugte mich, mein Wissen aufzuschreiben. Zunächst ein kleines Buch, bei dem wir an unsere Ersparnisse mussten und die Druckkosten vorfinanzierten, schließlich dann der ganz große Wurf: »Die Laufbibel«. Wahrscheinlich war es diese Unbedarftheit eines jugendlichen Projekts, die dem Buch zu so großer Beliebtheit verholfen hat. Wir waren getrieben von dem Wunsch, das ultimative Laufbuch zu machen. Es gab keine Berater und Bedenkenträger eines Großverlags, die die »reine Lehre« hätten verwässern können.

Wir machten einfach unser Buch und behielten dabei die unterschiedlichen Träume der Läufer im Blick: Aber egal, ob Sie fünf Kilometer am Stück laufen, einen Marathon finishen, für eine neue Bestzeit trainieren oder einige Kilogramm überflüssiges Gewicht verlieren möchten, die »Laufbibel« hilft Ihnen, Ihren ganz persönlichen Traum in die Tat umzusetzen.

Wahrscheinlich werden sich Ihre Ziele irgendwann im Laufe Ihres Lebens verändern, so wie sich auch meine verändert haben. Früher waren es die Bestzeiten, das ging sogar so weit, dass ich noch mit dem Babyjogger zehn Kilometer unter 40 Minuten gerannt bin. Heute bin ich froh, wenn es mir gelingt, nach meiner sportärztlichen Tätigkeit mit meinen Laufkameraden eine lockere Runde zu drehen und gelegentlich an einem Volkslauf teilzunehmen. Ich freue mich, wenn wir uns dort sehen! Möge dieses Buch auch Ihnen dazu verhelfen, schneller, leichter und vor allem schmerzfrei und mit Spaß an der Sache zu laufen.

Herzlichst

Ihr

Dr. Matthias Marquardt

Hannover, im Frühjahr 2021

Inhalt

Vorwort

Kapitel 1Einführung

Internistischer Nutzen

Der Check-up

Orthopädischer Nutzen

Die Bausteine

Praxistipp: Sportgesundheit

Kapitel 2Lauftechnik

Laufen kann jeder?

Der Bewegungsablauf im Detail

Die Armarbeit

Der Rumpf

Die Hüftstreckung

Kniehub, Schrittlänge und -frequenz, Anfersen

Der Fußaufsatz

Das Techniktraining

Praxistipp: Wie gut ist Ihr Laufstil?

Kapitel 3Trainingssteuerung

Die Trainingsbereiche

So finden Sie den richtigen Trainingsbereich

Die Trainingsmethoden

Die Gewichtung der einzelnen Trainingsbereiche

Praxistipp: Finden Sie Ihre Methode zur Trainingssteuerung

Laufökonomie

Der Coach am Handgelenk

Kapitel 4Trainingsplanung

Das Prinzip der Superkompensation

Die Zyklisierung

Die Periodisierung im Trainingsjahr

Werden Sie Ihr eigener Coach!

Trainingslager und Höhentraining

Übertraining

Kontrollinstrument Trainingstagebuch

Praxistipp: So erstellen Sie einen Trainingsplan

Kapitel 5Grundlagen des Athletiktrainings

Kraft und Rumpfstabilisation

Beweglichkeit und Stretching

Koordination und Koordinationstraining

Praxistipp: Muskellängentests

Kapitel 6Die Trainingspläne

Alles Wissen kondensiert in einem guten Plan

Trainingsplan ist nicht gleich Trainingsplan

Die Trainingspläne im Detail

Praxistipp: Was Sie für den Trainingsstart benötigen

Die Übungen

Einsteiger → Laufkraft

Einsteiger → Koordination

Einsteiger → Stretching

Läufer → Laufkraft

Läufer → Lauf-Abc (für Läufer mit einem Tempo von < 12 km/h)

Läufer → Lauf-Abc (für Läufer mit einem Tempo von > 12 km/h)

Läufer → Stretching

Läufer → Blackroll

Verletzte: Fuß/Unterschenkel → Athletik

Verletzte: Fuß/Unterschenkel → Fußzirkel

Verletzte: Fuß/Unterschenkel → Stretching

Verletzte: Fuß/Unterschenkel → Blackroll

Verletzte: Knie → Athletik

Verletzte: Knie → Lauf-Abc

Verletzte: Knie → Stretching

Verletzte: Knie → Blackroll

Verletzte: Rücken/Hüfte/ISG → Athletik

Verletzte: Rücken/Hüfte/ISG → Stretching

Verletzte: Rücken/Hüfte/ISG → Blackroll

Kapitel 7Wettkampf

Die optimale Wettkampfvorbereitung

Das erfolgreiche Rennen

Nach dem Rennen

Praxistipp: Ihre Packliste für den Wettkampf

Kapitel 8Regeneration

In den Pausen werden Sie besser

Aktive und passive Regeneration

Praxistipp: Regeneration mit der Faszienrolle

Kapitel 9Laufschuh

Wie Sie den richtigen Laufschuh finden

Die Bodenbeläge und ihre Auswirkungen

Fußtraining

Die Schuhberatung im Sportschuhgeschäft

Praxistipp: 10 Tipps zum Schuhkauf

Kapitel 10Bewegungsanalyse

Die medizinische Bewegungsanalyse

Typische Befunde der Bewegungsanalyse

Praxistipp: Bedingungen für eine gute Bewegungsanalyse

Kapitel 11Einlagenversorgung

Einlagen gegen Fußfehlstellungen

Konventionelle orthopädische Einlagen

Sensomotorische Einlagen

Der Weg zur perfekten Einlage

Praxistipp: Brauchen Sie eine Einlage?

Kapitel 12Laufbekleidung

Die Aufgaben moderner Laufbekleidung

Das 3-Schichten-Prinzip

Die Basisausstattung

Die Zusatzausstattung

Kapitel 13Ernährung

Ernährung für Läufer

Kohlenhydrate

Eiweiße

Fette

Die Ernährungspyramide

Vitamine, Mengen- und Spurenelemente

Nahrungsergänzungsmittel: Praxis der Substitution

Essen und Trinken im Sport

Praxistipp: So substituieren Sie richtig!

Kapitel 14Laufverletzungen

Allgemeine Ursachen von Laufverletzungen

Diagnostik: Hightech und Handarbeit

Die Behandlung von Laufverletzungen

Achillessehnen-Schmerzen (Achillodynie)

Fersensporn/Plantarfasziitis

Vorderer Knieschmerz (Patellofemorales Schmerzsyndrom)

Iliotibiales Bandsyndrom (Tractus-iliotibialis-Syndrom)

Gesäßschmerzen (Piriformis-Syndrom)

Inneres Schienbeinkantensyndrom (mediales Schienbeinkantensyndrom)

Arthrose (Hüfte und Knie)

Verletzungen am Sprunggelenk (Umknicken und Bänderriss)

Spreizfuß

Zerrung/Wadenzerrung

Blaue Zehennägel

Rhagaden

Blasen

Praxistipp: Wie hoch ist Ihr individuelles Verletzungsrisiko?

Anhang

Trainingspläne für Einsteiger: von 0 auf 5 Kilometer

Trainingspläne für Läufer: 5 Kilometer in 28:00 min

Trainingspläne für Läufer: 10 Kilometer in 50:00 min

Trainingspläne für Läufer: 21,1 Kilometer in 2:00 h

Trainingspläne für Läufer: 42,2 Kilometer in 4:00 h

Trainingspläne für verletzungsanfällige Läufer: 21,1 Kilometer in 1:45 h

Literaturverzeichnis

Index und Glossar

Übungsverzeichnis

KAPITEL 1

Einführung

Internistischer Nutzen

Der Check-up

Orthopädischer Nutzen

Die Bausteine

Sportgesundheit

»Laufen ist unser natürlichstes Heilmittel.«

Laufen fasziniert. Menschen jeden Alters, aus sämtlichen Leistungsklassen und aus allen Bevölkerungsschichten laufen. Und Laufen führt zusammen: beim Training im Stadtpark, beim gemeinsamen Dauerlauf des örtlichen Lauftreffs, beim harten Bahntraining junger Leistungssportler im Stadion, beim lokalen Volkslauf über die 5-Kilometer-Distanz wie auch bei den großen Marathons mit bis zu 40.000 Teilnehmern aus zahlreichen Nationen. Und: Läufer sind frei. Egal ob die Sonne scheint und Sie im Sommer am Meer entlanglaufen oder sich im kühlen Herbst gegen Wind und Regen stemmen – Laufen bedeutet Freiheit, denn Sie können immer und überall laufen. Ob Sie Freizeitsportler sind, der sein regelmäßiges Trainingspensum abspult, oder dynamischer Manager in den Metropolen dieser Welt, der den Kopf freibekommen möchte – Sie sind unabhängig. Einen Stadtpark gibt es schließlich überall, und Laufschuhe passen in jeden Koffer.

Doch nicht nur Freiheit und Ungebundenheit faszinieren: Laufen zeigt darüber hinaus Auswirkungen. Dieses Einführungskapitel dient dazu, Ihnen den internistischen und den orthopädischen Nutzen des Laufens zu erklären – zum Beispiel wie das Training sich auf Ihren Blutzucker auswirkt und warum es Ihren Gelenken guttut. Aber auch den Läuferproblemen gehe ich auf den Grund – und führe Sie in ein Konzept ein, mit dem Sie gesund und effektiv trainieren werden.

Die Folgen der Zivilisation

Jeder Mediziner und immer mehr Läufer wissen, dass die meisten Krankheiten, die der Arzt im 21. Jahrhundert behandelt, Zivilisations- oder Bewegungsmangelkrankheiten sind – Krankheiten, die der unaufhaltsame, vermeintlich segensreiche Fortschritt mit sich brachte. Ich fasse sie unter dem Begriff der »Wohlstandskrankheit« zusammen. Das Anfangsstadium ist eine Lebensweise, die in unserer Gesellschaft mittlerweile als normal gilt: das Absitzen unserer Zeit. Sie sitzen morgens beim Frühstück auf dem Küchenstuhl, dann im Auto auf dem Weg zur Arbeit, anschließend auf dem Bürostuhl, dann wieder im Auto, bevor Sie sich endlich abends aufs Sofa fläzen können. Das Sitzen war ganz schön anstrengend! Und nicht nur das: Lästige Machtspiele auf der Arbeit haben Ihre Nerven strapaziert, von den unzähligen E-Mails ganz zu schweigen. Das Essen in der Kantine war zugegebenermaßen nicht das wertvollste – am Wochenende gibt’s dann eben den Alibi-Salat. Kennen Sie das? Das sind die ersten Anzeichen der Wohlstandskrankheit – ein schleichender Prozess, den in Deutschland mittlerweile sehr viele Menschen erleben. Die Folgen: Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und eine verringerte Lebensqualität.

Fit, dynamisch, gesund – die Quadratur des Kreises?

Wir Läufer nutzen die Vorteile von Zivilisation und Wohlstand und trotzen gleichzeitig deren negativen Auswirkungen. Das klingt für Sie wie die Quadratur des Kreises? Essen, was Sie wollen, ohne dick zu werden? Schlank und in Shape trotz Bürojob? Es funktioniert. »Das haben mir schon viele versprochen, Sie sind nicht der Erste, Herr Marquardt.« Ich aber antworte Ihnen: »Wenn Sie es nicht glauben wollen, dann probieren Sie es doch einfach aus!« Sie haben dieses Buch in der Hand und sind damit auf dem besten Weg, sich gegen die Wohlstandskrankheit zu wappnen. Als Läufer können Sie beispielsweise Ihrer Liebe für guten Rotwein frönen – Sie gleichen die Bilanz wieder aus. Wer es sich hingegen zusammen mit seinem inneren Schweinehund auf dem Sofa bequem macht, zu dem gesellen sich bald die Folgen des Lebens im Überfluss, im schlimmsten Fall droht sogar der Herzinfarkt. Und dabei können Sie all diese Probleme auf einen Streich lösen, denn hier gilt, was ansonsten verpönt ist: Laufen Sie Ihren Problemen einfach davon. Überzeugen Sie sich selbst, es funktioniert!

Internistischer Nutzen

Endlich eine Traumfigur: BMI und Körperfettanteil

Bestimmt haben Sie schon einmal irgendwo aufgeschnappt, dass es kaum eine effektivere Sportart als Laufen gibt, um seine Figur zu verbessern. Aber wann ist eine Figur eigentlich okay, und wann ist sie nicht mehr okay? Am besten beurteilen Sie das selbst, wenn Sie in den Spiegel schauen. Aber was sagen wohl die Ärzte? Diese setzen Körpergewicht und Körpergröße zueinander ins Verhältnis und legen so in einer Zahl – dem BMI (Body-Mass-Index) – fest, ob Ihr Gewicht zu hoch, normal oder gar zu niedrig ist. Sie errechnen Ihren BMI ganz einfach folgendermaßen:

Ein Beispiel: Sie sind 1,81 Meter groß und 79 Kilogramm schwer. Dann beträgt Ihr BMI 24,1 (79 / 1,812). Dieses Beispielergebnis liegt völlig im Rahmen. Übergewichtig wären Sie ab einem BMI von mehr als 25. In der folgenden Tabelle können Sie nachsehen, in welchem Verhältnis Ihr Körpergewicht zu Ihrer Körpergröße steht.

Leider gibt der BMI keine Auskunft über die Zusammensetzung Ihrer Körpermasse. Bodybuilder haben beispielsweise kein Gramm Fett zu viel – aber einen hohen BMI aufgrund ihrer großen Muskelmasse und des entsprechenden Gewichts. Bevor Sie sich also bei einem erhöhten BMI entspannt zurücklehnen und Muskulatur statt Fett bei sich vermuten, rate ich Ihnen zu einer Körperfettmessung. Einige Waagen ermitteln den Wasser- und Fettanteil Ihres Körpers mithilfe einer elektrischen Widerstandsmessung (keine Angst, davon spüren Sie nichts). In der Tabelle können Sie Ihren momentanen Standpunkt ablesen. Zu weit rechts? Keine Sorge – durch regelmäßiges Laufen rutschen Sie stückchenweise nach links! Laufen verkleinert nämlich nicht nur Ihren BMI, es senkt auch Ihren Körperfettanteil.

Body-Mass-Index

»Laufend trotzen Sie dem Gefäßkiller Nummer eins.«

Laufen reinigt die Blutgefäße: Cholesterin und Blutfette

Laufen senkt Ihre Blutfettwerte und Ihren Cholesterinspiegel, ein wirksamer Schutz für Herz und Gefäße. Das inaktive, größtenteils sitzende Zivilisationsopfer hingegen kämpft mit verkalkenden Blutgefäßen. Die Arteriosklerose ist zur Volkskrankheit Nummer eins geworden. Verstopfen die Adern des Herzens, kommt es zum gefürchteten Herzinfarkt. Sind die Adern im Kopf undurchlässig geworden, so droht der Schlaganfall. Infarkt und Schlaganfall – mittlerweile abgedroschene Begriffe – bedeuten im Klartext schlimmstenfalls Pflegebedürftigkeit und Invalidität. Sie werden fremdbestimmt und abhängig. Lassen Sie Ihren Cholesterinspiegel von Ihrem Arzt feststellen. Er unterscheidet dabei zwischen HDL- und LDL-Cholesterin. Das HDL (High Density Lipoprotein) ist das gute Cholesterin – es ist für den Abtransport von überflüssigem Cholesterin aus dem Gewebe verantwortlich. Für gesunde, elastische Gefäße benötigen wir einen hohen HDL-Wert. Das LDL (Low Density Lipoprotein) ist der böse Gegenspieler, es sorgt für Verstopfung und Verkalkung. Die gute Nachricht: Ihr Cholesterinspiegel lässt sich auch ohne Tabletten verbessern! Laufen reinigt nämlich Ihre Gefäße – das gute HDLCholesterin steigt an, und damit verändert sich Ihr Verhältnis von LDL- zu HDL-Cholesterin. Kontrollieren Sie Ihren Cholesterinspiegel: Ist Ihr Verhältniswert noch zu hoch? Dann ziehen Sie die Laufschuhe an – durch regelmäßiges Training wird Ihr Wert sinken und sich in den grünen Bereich bewegen. Sie werden sich wie neugeboren fühlen!

Körperfettanteil bei Frauen in Prozent

Körperfettanteil bei Männern in Prozent

Nach: »Schlank und fit in den Sommer«, 2004 Wissen Media Verlag GmbH, Gütersloh/München

LDL-Cholesterin

Der LDL-Cholesterinspiegel sollte idealerweise bei 115 Milligramm pro Deziliter liegen, wenn Sie gesund sind. Bei erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall gelten die folgenden Werte:

LDL-Cholesterin < 55 mg/dl bei sehr hohem Risiko wie Patienten nach Herzinfarkt oder Schlaganfall

LDL-Cholesterin < 70 mg/dl bei hohem Risiko wie bei langjähriger Zuckererkrankung und weiteren Risikofaktoren

LDL-Cholesterin < 100 mg/dl bei mäßig erhöhtem Risiko wie einer Zuckererkrankung ohne weitere Risikofaktoren

Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind:

Alter: bei Männern über 45 Jahre, Frauen über 55 Jahre

Zigarettenkonsum

Bluthochdruck (> 140/90 mmHg oder Blutdruckmedikation)

Diabetes mellitus

Adipositas (BMI > 30)

HDL-Wert unter 40 mg/dl (Männer)

HDL-Wert unter 45 mg/dl (Frauen)

koronare Herzerkrankung in der Familie

Runter mit dem Blutdruck

Bei einem Blutdruck von 120/80 mmHg oder sogar darunter fühlen Sie sich wohl, Sie sind aktiv und belastbar. Die Wohlstandskrankheit beschert vielen jedoch einen erhöhten Blutdruck – den größten Gefäßkiller! Bei Bluthochdruck stehen die Gefäße unter Spannung, sie müssen eine höhere Belastung aushalten, sodass sie auf Dauer porös werden und verkalken. Wie steht es um Ihren Blutdruck? Lassen Sie ihn doch das nächste Mal beim Arzt- oder Apothekenbesuch bestimmen. Die Tabelle unten gibt Auskunft, ob er im grünen Bereich liegt.

Der Zuckerkrankheit keine Chance

Diabetes mellitus, die Zuckerkrankheit, greift immer schneller um sich. Das Stoffwechselsystem übergewichtiger Menschen mit inaktiven Muskeln hat Schwierigkeiten, den Zucker aus der Nahrung abzubauen, der Zucker verstopft nach und nach ihre Gefäße. Was dann folgt, haben Sie bereits gelernt. Hinzu kommen geschädigte Nieren, sodass viele Diabetiker dialysepflichtig werden. Sie müssen mehrmals wöchentlich ihr Blut waschen lassen – von Unabhängigkeit ist dann nicht mehr viel übrig. Als Läufer sind Sie davor jedoch geschützt: Ihr Körper reguliert den Zuckerstoffwechsel optimal und ganz natürlich. Die Muskeln werden trainiert und nehmen den Zucker aus dem Blut auf, ohne dass er Schaden im Gefäßsystem anrichten kann. Laufen vertreibt Ihnen diese Sorgen: Sie haben Ihr Schicksal in der Hand!

Niedriger Blutdruck

Sie lesen immer nur von zu hohem Blutdruck und fragen sich, was bei zu niedrigem Blutdruck zu tun ist? Besonders junge und schlanke Frauen leiden mitunter an sehr niedrigen Blutdruckwerten. Aber auch Sportler sind betroffen, weil ihr leistungsstarkes Herz für niedrige Pulsfrequenzen und einen niedrigen Blutdruck sorgt. Unangenehm wird der niedrige Blutdruck bei schnellem Aufstehen, großer Hitze oder nach dem Essen. Müdigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten werden als störend empfunden, ebenso kalte Hände und Füße.

Der niedrige Blutdruck trägt allerdings auch wesentlich dazu bei, dass gut trainierte Menschen seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden als Bewegungsmuffel. Ein niedriger Blutdruck schont Ihr Herz-Kreislauf-System.

Wenn Ihr niedriger Blutdruck Sie stört, dann sollten Sie Ausdauersport treiben. Ein trainiertes System kann sich besser wechselnden Anforderungen anpassen und den Blutdruck entsprechend regulieren. Unterstützen Sie den Effekt durch einige zusätzliche Gläser Wasser am Tag, und salzen Sie Ihr Essen ruhig etwas nach.

Blutdruckempfehlungen: Fallen systolischer und diastolischer Blutdruck bei Ihnen in unterschiedliche Kategorien, so gilt die höhere Kategorie

Nach: Deutsche Hochdruckliga

»Laufen macht Sie zu dem Menschen, der Sie sein wollen.«

Sprechen Sie beim nächsten Besuch mit Ihrem Arzt oder Apotheker über eine Blutzuckermessung. Man kann den Blutzucker mit einem kleinen Tropfen Blut aus dem Ohrläppchen oder aus dem Finger ganz einfach und schnell bestimmen.

Laufen hält jung

Laufen hält Sie aber auch im übertragenen Sinne in Bewegung. Mit einem Lächeln auf den Lippen trotzen aktive Läufer Übergewicht, Vergesslichkeit, Falten und schlaffem Bindegewebe. Dynamik und Agilität sind nicht nur Attribute der Jugend. Der Läufer von heute ist unterwegs, er ist fit, er hält sich schlank und gesund. Er nutzt das beste Heilmittel, das die Natur ihm bietet.

Laufen für die Psyche

Einen ebenso unschätzbaren Nutzen hat Bewegung für unsere Psyche. Wir sind, was wir denken. Regelmäßige körperliche Ertüchtigung mit darauffolgender wohliger Entspannung, das Erleben des Jahreszeitenwechsels in der Natur, der Kontakt zu anderen Menschen, die klaren Gedanken und der sich in Luft auflösende Stress – all das gibt uns das Gefühl, mit uns selbst und unserer Umwelt im Reinen zu sein. In unserer schnelllebigen, unbeständigen Zeit, in der jeder Zehnte im Laufe seines Lebens eine Depression erleidet, ist dies mehr als nur ein Nebeneffekt. Wollen Sie diesen Lauf der Dinge verändern, dann laufen Sie!

Laufen in Tablettenform – ein Traum?

Die positiven Effekte des Laufens sind so fantastisch wie zahlreich: neue Lebenskraft, Ausgeglichenheit und die nebenbei immer kleiner werdende Jeansgröße. Würde es die Effekte des Laufens in Form einer Tablette geben, so wäre diese wohl ein unbezahlbares Exklusivprodukt. Aber ich kann Ihnen versprechen: Wir brauchen diese Tablette nicht. Wir unternehmen die morgendliche Laufrunde. Ob das mein Ernst ist? Selbstverständlich! Oder wollten Sie etwa die Sonne auf der Haut beim ersten Frühlingslauf missen? Die freien und unbeschwerten Gedanken beim ruhigen Dauerlauf? Auf die frische Luft in unseren Lungen verzichten? Den peitschenden Herbstregen im Gesicht und den Genuss der warmen Dusche danach nicht erleben? Die Überwindung bei einem Wettkampf und das unglaubliche Gefühl hinterher, es geschafft zu haben – egal ob fünf, zehn oder die magischen 42,195 Kilometer? Ich bin fest davon überzeugt, Sie brauchen diese Tablette nicht!

Nüchternblutzucker (mg/dl)

Einordnung

Konsequenz

< 90

optimal

Laufen Sie weiter.

 90–100

noch normal

Mit Lauftraining wird es noch besser.

 100–125

Verdacht auf gestörte Glukosetoleranz

Mit Lauftraining regulieren Sie den Blutzucker.

> 125

Diabetes mellitus

Begeben Sie sich in ärztliche Behandlung.

Der Check-up

An die Startlinie – aber sicher!

Laufen hilft Ihnen also, sich besser zu fühlen, gesünder zu sein und länger zu leben. Doch in jeder Laufsaison werden leider auch Schlagzeilen produziert, die von schrecklichen Zwischenfällen bei Laufveranstaltungen berichten. »Plötzlicher Herztod« heißt es da. Und die Kollegen im Büro fühlen sich im Nichtstun bestätigt und schwadronieren: »Sport ist Mord.«

Was hat es mit dem Schreckgespenst des »plötzlichen Herztods« auf sich? Es handelt sich dabei um einen Herzstillstand, der plötzlich eintritt und sofort zum Tode führt. Er kann in Ruhe auftreten, doch ist das Risiko unter sportlicher Belastung, vor allem bei hohen Intensitäten, etwas erhöht. Die Häufigkeit liegt aber »nur« bei 1:100.000 bis 1:1.000.000. Das ist also extrem selten.

Bei Sportlern jenseits des 40. Lebensjahrs ist der Herztod meist die Folge einer Herzkranzgefäßverengung aufgrund von Kalkablagerungen – durch Rauchen oder hohe Cholesterinwerte, die zum Herzinfarkt führen.

Bei jüngeren Sportlern ist meist eine Erkrankung des Herzmuskels die Ursache, die oftmals erblich bedingt ist. Die krankhafte Herzwandverdickung tritt mit einer Häufigkeit von 1:1000 bis 2:1000 in der Bevölkerung auf. Oft gibt es bei diesen Patienten Fälle von frühem Herztod in der Familie. Diese Erkrankung ist nicht selten, aber nicht jeder Betroffene betreibt ambitioniert Sport, und nicht jeder erleidet zwangsläufig das Schicksal eines frühen Herztodes. Unruhig machen diese Zahlen dennoch.

Was tun, um sicher zu laufen?

Die Durchführung einer Vorsorgeuntersuchung vor dem Trainingsstart drängt sich also förmlich auf. Und Vorsorgeuntersuchungen werden von Gesundheitsfunktionären und Politikern immer wieder publikumswirksam gefordert. Auch Sportlern wird ein Check-up vor dem Trainingsstart nahegelegt. Aber was sollte er beinhalten? Wie wird er korrekt durchgeführt? Und wer übernimmt die Kosten?

Grundsätzlich sind Vorsorgeuntersuchungen Teil des sogenannten Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen, die den sogenannten Check-up 35 – Nomen est Omen – erst ab dem 35. Lebensjahr bezahlen. Dieser Check-up beinhaltet:

1.Anamnese und Erfassung des Risikoprofils (z. B. Rauchen, Übergewicht)

2.körperliche Untersuchung mit Messung des Blutdrucks

3.Blutuntersuchung auf Gesamtcholesterin, HDL, LDL, Blutfette und Glukose, Urinuntersuchung auf Eiweiß, Glukose, rote und weiße Blutkörperchen, Nitrit

4.Beratung über das Ergebnis

Man muss kein Arzt sein, um feststellen zu können, dass das keine sonderlich umfangreiche Untersuchung ist. Keine umfassende Blutuntersuchung, kein EKG, kein Belastungs-EKG, kein Ultraschall der Bauchorgane oder des Herzens. Warum ist das so? Weil es – und das ist perfide Gesundheitsökonomie – ökonomisch für die breite Bevölkerung nicht sinnvoll ist, mehr zu untersuchen. Man würde nur in sehr seltenen Fällen noch weitere Erkrankungen aufdecken, andererseits aber die Kosten deutlich in die Höhe treiben.

So weit, so gut. Aber taugt ein solcher Check-up auch für den Sportler? Und vor allem: Taugt er auch für Sie persönlich? Wer intensiv trainiert oder damit beginnen möchte, verlangt viel von seinem Körper und sorgt sich mitunter, ob er seinem Körper die hohen Beanspruchungen ohne Risiko zumuten kann. Ich möchte Ihnen vorstellen, welche Untersuchungen für Läufer richtig und wichtig sind.

Check-ups für Sportler

Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP), die mit ihrer Leitlinie auch wirtschaftliche Aspekte und Wahrscheinlichkeiten abwägen muss, empfiehlt grundsätzlich folgende Untersuchungen für Sportler aller Sportarten:

Sportler < 35 Jahre

Anamnese

internistische und orthopädische körperliche Untersuchung mit Blutdruckmessung

Ruhe-EKG

Sportler > 35 Jahre

Anamnese

internistische und orthopädische körperliche Untersuchung mit Blutdruckmessung

Ruhe-EKG

HDL-Cholesterin-, LDL-Cholesterin-, Blutzuckerwerte

Eine Urinuntersuchung wird, anders als von der gesetzlichen Krankenkasse für den Checkup 35 vorgesehen, von der DGSP in der Sportvorsorgeuntersuchung nicht gefordert. Bei Bedarf empfiehlt die DGSP folgende ergänzende Untersuchungen:

Belastungs-EKG bei Beschwerden (Engegefühl in der Brust, Herzstolpern), bei Männern > 40 Jahre und Frauen > 50 Jahre mit Risikofaktoren und vor intensiven Belastungen, bei allen Menschen > 65 Jahre

Lungenfunktionsprüfung (Spirometrie) bei asthmatischen Beschwerden

Herzultraschall bei Hinweisen auf eine erbliche Erkrankung (Herz-Kreislauf- bedingte Todesfälle vor dem 60. Lebensjahr in der Verwandtschaft), Beschwerden oder auffälligem EKG-Befund

kleines Blutbild, Ferritinwerte bei Verdacht auf Blutarmut

Schilddrüsenwerte bei hohem Trainingspuls oder Verdacht auf Jodmangel

Typische Risikofaktoren, die zu weiteren Untersuchungen führen sollten, sind:

Übergewicht

großer Bauchumfang (bei Männern über 102 cm, bei Frauen über 88 cm)

Rauchen

hohe Cholesterinwerte

hohe Blutfettwerte

Durchblutungsstörungen (z. B. »Schaufensterkrankheit«)

Zuckerkrankheit (Diabetes)

Herzinfarkte bei Familienmitgliedern

Die Kosten für diese Untersuchungen übernehmen bislang nur wenige gesetzliche Krankenkassen als sogenannte Zusatzleistung. In dem Fall werden dann bis zu 130 Euro von der Krankenkasse erstattet. Der Arzt muss diese Leistungen privat mit dem Patienten abrechnen.

Es braucht also nicht jeder die oben genannten ergänzenden Untersuchungen. Wobei betont werden muss, dass dies wieder eine gesundheitspolitische Aussage ist. Für die einzelne Person kann ein Herzultraschall unter Umständen dazu beitragen, dass eine Herzwandverdickung frühzeitig erkannt wird, die sonst zum plötzlichen Herztod geführt hätte, weil nur in 60 Prozent der Fälle die Warnzeichen bereits im Ruhe-EKG angezeigt werden. Ein Herzultraschall ist aber nach wie vor kein Standard und aus ökonomischen Gründen als Routineuntersuchung umstritten. Bleibt am Ende der gesunde Menschenverstand: Welche Untersuchungen würde ein Sportinternist bei seinen Familienmitgliedern veranlassen, wenn sie mit Ausdauersport beginnen möchten? Meist ist die Antwort wenig leitlinienkonform: Untersuchung, EKG, Belastungs-EKG, Herzultraschall, gegebenenfalls eine große Blutuntersuchung. Der Herzultraschall gibt in so kurzer Zeit so viel Sicherheit, dass auch ich bei meiner Familie nicht darauf verzichten würde. Leitlinie hin oder her.

Wer macht Check-ups?

Interessanterweise gehen Leistungssportler in puncto Check-up mit gutem Beispiel voran: Laut der PACE-Studie1 steigt die Wahrscheinlichkeit, eine Vorsorgeuntersuchung in Anspruch zu nehmen, mit dem Leistungsniveau der Sportler. Dennoch nutzen weniger als 60 Prozent der Leistungssportler die Gelegenheit des Check-ups. Noch magerer sieht es bei den Neu- und Wiedereinsteigern aus: Die meisten laufen einfach drauflos – dabei ist die Untersuchung besonders für die Untrainierten interessant. Überlegen Sie einmal: Bei welchem Auto ergibt eine Inspektion Sinn? Bei dem schnellen, gut geölten, das gut in Schuss ist, oder bei dem eingestaubten, das einige Jahre in der Garage stand?

Aber neben diesen sinnvollen Vorsorgeleistungen wird der Sportler erfahrungsgemäß noch weitere Dinge wissen wollen. Wie groß ist meine Leistungsfähigkeit? Wo liegt mein korrekter Trainingspuls? Zeigen meine Blutwerte einen Vitamin- oder Spurenelementmangel? Und da auch Eisen wichtig für die Blutbildung ist: Wie gut sind meine Eisenwerte? Spätestens hier verlassen wir gänzlich die in den Leitlinien vorgeschlagenen Basisuntersuchungen und benötigen eine Leistungsdiagnostik sowie weitere Blutuntersuchungen.

Wer auf Nummer sicher gehen will oder seine Blutwerte auf versteckte Leistungsreserven (latenter Vitamin- oder Spurenelementmangel bei Vegetariern, Veganern oder Sportlern mit einseitiger Ernährung!) untersuchen lassen möchte, der muss einen großen Check-up bei seinem Arzt durchführen lassen. Dieser sollte idealerweise Folgendes beinhalten:

Anamnese und Erfassung des Risikoprofils (z. B. Rauchen, Übergewicht)

Erfassung des Impfstatus

Messung des Blutdrucks

Blutuntersuchung (Blutbild, Entzündungswerte, Leberwerte, Nierenwerte, Cholesterinwerte, Elektrolyte, Eisenstatus, Dolsäure, Vitamin B12, Vitamin D, Spurenelemente im Vollblut)

Urinuntersuchung auf Eiweiß, Glukose, rote und weiße Blutkörperchen, Nitrit

Ganzkörperuntersuchung

Hautkrebsscreening

Ruhe-EKG

Lungenfunktionstest

Belastungs-EKG mit Spiroergometrie und Laktattest

Bauchultraschall

Herzultraschall (Echo)

Richtig vorbereitet zum Check-up!

Für den Check-up erscheinen Sie bei einer geplanten Blutabnahme bitte morgens nüchtern. Bei geplanter Leistungsdiagnostik sollten Sie sich an den drei Tagen zuvor kohlenhydratreich ernährt haben, da sonst die Laktatwerte falsch (zu niedrig) gemessen werden. Außerdem sollten Sie infektfrei sein und zwei Tage Trainingspause eingelegt haben, sodass Sie ausgeruht erscheinen. Stecken Sie außerdem Ihren Impfpass ein!

Zum Hausarzt, Sportarzt oder Internisten?

Entgegen einer weitverbreiteten Annahme ist der Sportarzt kein Facharzt. Sportarzt darf sich nennen, wer 240 Stunden Theorie und Praxis in unterschiedlichen Themenbereichen absolviert hat, es ist lediglich eine Zusatzbezeichnung neben der Facharztanerkennung. Die meisten Sportärzte sind Allgemeinmediziner, Internisten oder Orthopäden. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Orthopäde keine Vorsorgeuntersuchung für das Herz-Kreislauf-System durchführen kann und dass viele Internisten Schwierigkeiten bekommen, sollen sie orthopädische Probleme beurteilen. Sehr gut ist also der Allgemeinmediziner und Sportarzt für die breit angelegte Vorsorgeuntersuchung aufgestellt, der aber in der Regel keine Herzultraschalluntersuchungen durchführen kann. Dies macht der (Sport-)Internist. Für die Auswahl des Arztes wissen viele Sportler aber längst das Wichtigste: Lieber einen Arzt ohne 240-stündige Sportmedizinfortbildung, der selbst Sport treibt, als einen Nichtsportler, der »Sportarzt« an der Tür stehen hat. Bitte beachten Sie jedoch: Krankenkassen erstatten die Sportvorsorgeuntersuchung nur bei anerkannten Sportärzten.

Eines sei allerdings erwähnt: 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht, denn das medizinische Kuriositätenkabinett hält auch Ursachen für einen plötzlichen Herztod bereit, die man selbst mit dem Herzultraschall nicht sehen kann. Wesentlich ist aber: Dem Risiko für eine der Haupttodesursachen in diesem Land, nämlich die Arterienverkalkung, die zu Herzinfarkt und Schlaganfall führt, können Sie ideal mit Laufen vorbeugen. Machen Sie also einen Sport-Check-up, idealerweise mit Belastungs-EKG und Herzultraschall, und dann starten Sie mit dem Training!

Wie oft sollte man den Check-up wiederholen?

Für Personen unter 35 Jahren sollte der Checkup übrigens alle zwei bis drei Jahre wiederholt werden. Bei Personen über 35 sowie mit mehr als einem Risikofaktor oder Auffälligkeiten steht die Kontrolle bereits nach zwei Jahren an (die gesetzliche Krankenversicherung zahlt ihn allerdings seit 2019 nur alle 3 Jahre). Bei Leistungssportlern und Vorerkrankten wird der Arzt die jährliche Untersuchung empfehlen.

Orthopädischer Nutzen

Sie wissen nun um die internistischen Vorteile des Laufens. Sie freuen sich auf straffe und schlanke Beine, ein leistungsfähiges Herz-Kreislauf-System und erkältungsfreie Winter. Wenn das Laufen doch bloß nicht so schlecht für die Gelenke wäre. Und dann noch diese Gefahr der Arthrose … Vergessen Sie das! Der orthopädische Nutzen des Laufens ist genauso groß wie der internistische.

Schonung schädigt

Richtiges Laufen tut dem Bewegungsapparat und den Gelenken gut! Kaputte Gelenke im Sinne eines wirklichen Gelenkschadens (Arthrose) haben Läufer nämlich in den seltensten Fällen. Die Gelenke eines Läufers sind eher intakt als die geschonten der Nichtläufer. Der Mensch braucht Stoßbelastungen: Der Gelenkknorpel, zum Beispiel in Ihrem Kniegelenk, ist nämlich kein mechanischer Stoßdämpfer wie der eines Autos, der sich in der Tat mit jeder neuen Belastung abnutzt. Ihr Kniegelenkknorpel ist ein lebendiger Stoßdämpfer, er ernährt und regeneriert sich – durch Stöße! Stellen Sie sich den Knorpel wie einen Schwamm vor: Mit jeder rhythmischen Druckbe- und -entlastung saugt er sich mit Gelenkflüssigkeit voll. So kommt er an die für ihn lebensnotwendigen Nährstoffe heran, da ein Knorpel nicht durchblutet ist. Stoßbelastungen sind für gesunde Gelenke also lebensnotwendig! Das gilt auch für diejenigen, die bereits unter einer Arthrose leiden. Schonung dagegen schädigt!

Dennoch: Verletzte Läufer gibt es überall

So unterschiedlich die Probleme im Detail sein mögen, in diesem Punkt sind Läufer ungewollt vereint: Verletzungen pflastern ihren Weg. Medizinische Studien bestätigen diesen Eindruck: 30 bis 50 Prozent der Läufer sind mindestens einmal im Jahr verletzt. Traurigerweise sind Sie also keineswegs allein, wenn die schmerzende Achillessehne wieder einmal das Training vereitelt. Die gute Nachricht ist: Mit den richtigen Tipps können Sie sich das Schicksal ersparen, von Arzt zu Arzt humpeln zu müssen. Um das Problem bei der Wurzel zu packen, lassen Sie uns einen genauen Blick darauf werfen, welche Probleme uns Sportlern die Lust am Laufen rauben können. Akute Verletzungen wie der Beinbruch, die Platzwunde oder der Bänderriss gehören nicht zu den Hauptproblemen des Läufers. Dauerläufer werden meist von chronischen Prozessen heimgesucht, beispielsweise einer Achillessehne, die durch das Lauftraining immer wieder überlastet wird, im täglichen Leben hingegen keinerlei Probleme macht. Meist sind die Schmerzen am Bewegungsapparat tatsächlich auf Sehnenreizungen oder -entzündungen zurückzuführen.

»Stoßbelastungen sind für gesunde Gelenke lebensnotwendig.«

Der Ursache auf den Grund

Betrachten wir die Entstehung einer Laufverletzung einmal mit etwas Abstand: Durch das Lauftraining ist die Belastung des Bewegungsapparates anscheinend größer als die Belastbarkeit, die der Bewegungsapparat unter den gegenwärtigen Bedingungen hergibt. Vereinfacht gesagt hat der Läufer sich beim Training schlicht und ergreifend zu viel zugemutet, vergleichbar mit einer Brücke, die eine Traglast von zwei Tonnen hat und über die Sie mit einem 7,5-Tonner fahren wollen. Ganz klar: Die Brücke stürzt ein. Die Belastung ist größer als die Belastbarkeit. So ist es auch bei unseren Sehnen und Bändern. Wird ihre individuell unterschiedliche Belastbarkeit überschritten, kommt es zur Überlastung. Während die Brücke einstürzt, werden die Sehnen anschwellen und sich entzünden.

Teufelskreis der Läuferverletzung

Symptombekämpfung

Mit ihren Schmerzen humpeln die meisten Läufer zum Arzt, der den Überlastungszustand mit antientzündlichen Medikamenten behandelt: Tabletten, Salben und Spritzen drängen den Reizzustand zurück. Dazu verordnet der Arzt meist eine Laufpause, damit sich das Geschehen beruhigt. So werden Sie in mehr oder weniger kurzer Zeit wieder gesund und schmerzfrei. Die Brücke wurde schnell und dürftig ausgebessert, Sie können sie also wieder benutzen – und starten ins Lauftraining. Damit kehrt die Belastung zurück. Eine Belastung, für die die Belastbarkeit zuvor schon nicht ausgereicht hat – und an der Sie durch die Entzündungsbehandlung auch nichts geändert haben. Auch die notdürftig geflickte Brücke wird unter dem 7,5-Tonner wieder zusammenbrechen – sie ist nach wie vor nur für zwei Tonnen ausgelegt.

Ursachenbekämpfung

Selbst die beste Entzündungstherapie löst unsere Probleme also nicht dauerhaft. Es gibt eine einfache Lösung, wie Ihre Sehne schmerzfrei oder die Brücke ganz bleiben kann: Sie reduzieren die Belastung, laufen also nur noch 20 statt 50 Kilometer pro Woche. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie beschwerdefrei werden, ist groß. Ein probater Lösungsansatz, der Ihnen aber nicht gefällt. Ich weiß – dennoch: Es funktioniert. Weniger Kilometer bedeuten weniger Beschwerden. Wir suchen aber lieber einen anderen Weg. Schließlich wollen Sie einem der schönsten Hobbys der Welt nachgehen. Und einem der gesündesten noch dazu!

Wenn Sie weiterhin 50 statt 20 Kilometer pro Woche laufen wollen, dann bleibt nur diese eine Möglichkeit: Sie müssen die Belastbarkeit erhöhen. Es müssen kräftigere Brückenpfeiler her. Für die Läufer gesprochen: Wenn die Belastbarkeit Ihres Bewegungsapparates größer geworden ist, dann können Sie künftig die Laufbelastung aushalten, ohne dass Ihr Knie schmerzt. Das ist Ihr Ziel! Sie wollen die Belastbarkeit Ihres Körpers erhöhen, ihn fit machen für Ihre Ziele.

Gesund und verletzungsfrei laufen

Dass Freizeitläufern früher oder später das Knie oder die Achillessehne wehtut, kann also leider durchaus passieren. Auch ich lief früher von einer Verletzung in die nächste. Auf der Grundlage dieser Erfahrungen und meiner medizinischen Ausbildung habe ich mein Konzept entwickelt: Es greift dem orthopädischen Risiko der Läuferverletzung voraus, indem stets Belastbarkeit vor Belastung gesteigert wird. In diesem Buch möchte ich Ihnen dieses Trainingskonzept vorstellen. Sie werden leichter und schneller laufen und dabei belastbar und verletzungsfrei bleiben. Mein Ansatz ist ganzheitlich ausgerichtet, er umfasst weit mehr als eintönige Laufeinheiten. Dazu gehören eine ganze Reihe von Bausteinen, mit denen Sie als Läufer Ihre Form ausbauen und verbessern können – und sollten, damit Sie verletzungsfrei bleiben. Die einzelnen Bausteine, wie zum Beispiel das Trainingssystem oder die Laufschuhversorgung, bauen aufeinander auf und funktionieren nur im Zusammenspiel. Die beste orthopädische Sporteinlage nützt wenig, wenn sie im Laufschuh drückt. Was hilft ein ausgeklügelter Trainingsplan, wenn man sich mit einer schlechten Technik bei jedem Schritt selbst bremst? Was hilft die Tablette vom Arzt, wenn die Sehne sich aufgrund von Fehlbewegungen immer wieder neu entzündet?

Warum können Profis verletzungsfrei laufen und ich nicht?

Profiläufer trainieren bis zu 240 Kilometer pro Woche – ohne Probleme zu bekommen. Keine entzündeten Kniesehnen, keine Bandagen. Das hingegen kennen Sie als Freizeitsportler. Viele Läufer können keine 30 Kilometer in der Woche laufen, weil sie sonst Schmerzen bekommen. Es ist nur logisch, dass da spekuliert wird: Verwenden sie geheime Mittelchen? Haben die Spitzensportler bessere Schuhe? Wo liegt der Trick?

Es tut mir leid: Die Lösung ist relativ einfach, unspektakulär und je nach Betrachtungsweise unter Umständen etwas demotivierend. Es gibt kein Medikament, auch kein illegal erhältliches, das Sehnen belastbarer macht. Im Gegenteil, gedopte Sportler sind eher noch anfälliger für Sehnenentzündungen. Auch das Schuhwerk ist nicht der entscheidende Faktor. Meist sind es Serienmodelle, die gelaufen werden. Allenfalls sind sie auf den Fuß des Profis zugeschnitten, aber die Technologie ist die gleiche. Da hat der Profi Ihnen nichts voraus.

Die Lösung liegt bei den Eltern: Genetik und Talent sind die alles entscheidenden Faktoren. Das Talent, viel laufen zu können und dabei eine hohe Verletzungsresistenz zu behalten. Und die genetische Grundausstattung, die von Mensch zu Mensch verschieden ist. Einige leiden in ihrem Leben nie an einer Nasennebenhöhlenentzündung, andere bekommen sie am laufenden Band. Bei einigen bilden sich schon in jungen Jahren Krampfadern, andere bleiben für immer verschont. Einige laborieren häufiger an einer Achillessehnenentzündung, andere nie.

So einfach? Ja. Zusätzlich findet auf dem Weg an die Spitze eine harte Selektion unter den Sportlern statt. Zunächst einmal bedarf es eines läuferischen Grundtalents. Eliteläufer würden den Marathon aus dem Stand ohne Training in unter drei Stunden absolvieren! Wenn diese Athleten mit dem Training beginnen und bereits bei einem Wochenumfang von 80 Kilometern (so viel bin ich übrigens noch nie gelaufen!) Probleme bekommen, dann sind sie für weitere Kader und Auswahltrainings schon nicht mehr interessant. Der Leistungssport ist ein hartes Geschäft.

Über die Verletzungsresistenz wird weiter gesiebt. Ein Eliteläufer muss 150 bis 250 Kilometer pro Woche vertragen können. Das halten die wenigsten aus. Es entscheidet des Weiteren das Koordinationstalent, also die Fähigkeit, eine effektive, ökonomische Bewegung umzusetzen. In den Wettkämpfen werden dann auch psychische Fähigkeiten wie Durchsetzungsvermögen und Stressresistenz immer wichtiger. Ebenfalls ein entscheidender Faktor ist das Immunsystem. Wer permanent erkältet ist, erreicht nur schwerlich Topleistungen.

Sie sehen: Die Profis haben keinen Trick, sondern sind eine elitäre Auswahl der verletzungsresistentesten und leistungsfähigsten Menschen unserer Zeit. Sie hatten einfach viel Glück mit dem Genpool, den ihre Erzeuger ihnen mitgegeben haben. Kein Grund zu verzweifeln, wenn man nicht dazugehört. Sie werden in diesem Buch vom Know-how der Profis profitieren, denn in jeder professionell betriebenen Sportart werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um einen Vorteil zu erlangen.

Sie haben wahrscheinlich nicht diese genetische Ausstattung und bringen vielleicht nicht ganz so viel Talent mit. Ich auch nicht! Aber statt diese Tatsache als Schicksalsschlag zu betrachten und sich für diese Ungerechtigkeit zu bemitleiden, nehmen Sie die Herausforderung an, Ihre Ausübung des Laufsports zu optimieren. Sie lösen Ihre Probleme und laufen so gut und so leicht wie möglich!

»Die Motivation ist das Zünglein an der Waage. Im Sport setzt man sie manchmal mit geistiger Zähigkeit gleich – wie könnte man sonst die zahlreichen Vorfälle in jeder Saison erklären, bei denen eine Mannschaft eine andere verdientermaßen besiegt, doch ein paar Wochen später vom Verlierer niedergerungen wird? Fast immer schlägt die Motivation das große Talent.«

Norman R. Augustine (* 1935),

amerikanischer Topmanager

»Mein Trainingskonzept lässt Sie das Laufen neu erleben.«

Marquardts Welt: »Laufen Sie eigentlich jeden Tag?«

»Laufen Sie eigentlich jeden Tag?« ist wahrscheinlich die Frage, die mir am häufigsten gestellt wird. Von Läufern, von Journalisten und von meinen Patienten. Warum eigentlich? Möglicherweise scheint es naheliegend, dass jemand, der ein Thema »lebt«, der so viele Menschen dazu motiviert, der sich seit Jahrzehnten damit beschäftigt, der vielleicht auch sportlich aussieht, ein Extremist in diesem Bereich sein muss. Bin ich aber nicht. Und ganz ehrlich: Ich würde – mal abgesehen von einigen Elitesportlern – niemandem dazu raten, täglich zu laufen. Die orthopädische Erfahrung lehrt, dass das im Hinblick auf Verletzungen oft ins Auge geht. Die internistische Erfahrung lehrt, dass etwas weniger auch ausreicht, um gesund zu bleiben. Die sportwissenschaftliche Erfahrung lehrt, dass man mit so viel Lauftraining nicht schneller wird, sondern oft langsamer, weil die Regenerationszeiten fehlen. Und die soziale Erfahrung lehrt, dass es interessanter ist, sich mit Menschen beim Abendessen zu unterhalten, die noch andere Ideen im Leben haben als nur Laufen.

Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit, denn ich betreibe täglich Sport. Mit dem Rad zur Arbeit fängt es an. In der Mittagspause schwimme ich im See. Mit der Familie trifft man mich auf dem Trimm-Dich-Pfad, am Wochenende genieße ich das Rennradfahren. Die Klimmzugstangen hängen im Hausflur und in meiner Praxis. Das tut mir gut, und ich liebe diese Abwechslung. Manchmal bin ich aber vielleicht auch nur neidisch auf die »Täglichläufer«, denn meine Knochen halten das nicht aus. Vielleicht habe ich mich sportlich deshalb zum Mehrkämpfer entwickelt und im Laufen alle Möglichkeiten der Optimierung gesucht. Und wenn die »Täglichläufer« dann eine Alpenüberquerung absolvieren, bin ich etwas wehmütig – und gehe eine Runde schwimmen.

Grundsätzlich gilt also: Vorbeugen ist besser als heilen. Wer sich rechtzeitig mit seiner Lauftechnik, seinem Training und seinem Material befasst, wird dauerhaft Freude am Laufen haben.

Ein leichteres Laufgefühl