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Bossman

Reese durchlebt gerade das schlimmste Date ihres Lebens, als sie ihn zum ersten Mal sieht: Chase Parker. Immer wieder wandert ihr Blick zu dem unglaublich attraktiven Mann am anderen Ende des Restaurants. Plötzlich steht dieser auf, setzt sich an Reeses Tisch und tut so, als wären sie alte Freunde. Chase Parker rettet nicht nur ihren Abend, sondern bringt sie auch völlig durcheinander. Und als sie einige Wochen später ihren Traumjob anfängt, ist der CEO der Firma kein anderer als der Unbekannte aus dem Restaurant, den sie nicht vergessen konnte …

Best Man

Für Nat Rossi ist die Hochzeit ihrer besten Freundin in Kalifornien eine willkommene Abwechslung. Ihre eigene Ehe ist vor Kurzem auf skandalöse Weise in die Brüche gegangen, und seitdem trägt sie die Verantwortung für eine Stieftochter im Teenageralter, die Nat für den Verlust ihres Zuhauses verantwortlich macht. Ein bisschen Spaß kann also nicht schaden! Nicht geplant war allerdings, am nächsten Morgen im Hotelbett des unverschämt attraktiven Trauzeugen und schwerreichen Weiberhelden Hunter Delucia aufzuwachen …

Autor

Vi Keeland ist eine New-York-Times-Bestsellerautorin. Mit über einer Million verkaufter Bücher wird sie inzwischen in acht Sprachen übersetzt. Vi Keeland hat ihre große Liebe mit sechs Jahren kennengelernt. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in New York.

Vi Keeland

Bossman

Best Man

Zwei prickelnde Liebesromane

Übersetzt von Babette Schröder

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1. Auflage

Bossman: Copyright © 2017 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München Copyright © der Originalausgabe »Bossman« 2016 by Vi Keeland

Best Man: Copyright © 2019 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Copyright © der Originalausgabe »Sex, not Love« 2018 by Vi Keeland

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur München

Umschlagmotiv: Bossman © Getty Images / Mads Perch

Bestman © FinePic®, München

Redaktion: Antje Steinhäuser

MR • Herstellung: kw

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN: 978-3-641-26992-0
V001

www.goldmann-verlag.de

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Vi Keeland

Bossman

Roman

Wenn deine Gedanken zu fliegen beginnen,

folge ihnen. Denn wo sie hingehen, wohnt dein Herz.

Unbekannt

1. Kapitel

Reese

So weiche, glattrasierte Beine – was für eine Verschwendung.

»Jules? Hier spricht Reese. Wo zum Teufel steckst du? Ich brauche dich. Das hier ist das schlimmste Date meines Lebens. Ich schlafe gleich ein, ehrlich. Ich hab schon überlegt, ein paar Mal mit dem Kopf auf die Tischplatte zu hämmern, nur um wach zu bleiben. Wenn du nicht willst, dass ich mich verletze, ruf mich an und täusch einen Notfall vor. Bitte!« Verzweifelt stieß ich die Luft aus und legte auf. Ich stand im dunklen Korridor vor der Damentoilette im hinteren Teil des Restaurants.

Völlig unerwartet meldete sich hinter mir eine tiefe Stimme zu Wort: »Das merkt er. Es sei denn, er ist nicht nur langweilig, sondern auch noch ein totaler Trottel.«

»Wie bitte?« Ich drehte mich um.

An der Wand lehnte ein Mann, den Blick nach unten gerichtet, weil er auf seinem Handy eine Nachricht tippte. Ohne aufzusehen, fuhr er fort. »Das ist der älteste Trick der Welt – der Anruf mit dem plötzlichen Notfall. Sie könnten sich wenigstens ein bisschen mehr Mühe geben. Es dauert zwei Monate, bis man für den Laden hier eine Reservierung bekommt, und billig ist es auch nicht, Süße.«

»Vielleicht sollte er sich etwas mehr Mühe geben. Seine Trainingsjacke hat ein riesiges Loch unterm Arm, und er hat den ganzen Abend nur von seiner Mutter geredet.«

»Haben Sie schon mal überlegt, dass Sie ihn mit Ihrer überheblichen Art vielleicht nervös machen?«

Ich traute meinen Ohren nicht. »Sie wollen mir erzählen, ich wäre überheblich? Sie belauschen einfach mein Telefonat, geben ungefragt Ihren Senf dazu und starren dabei auch noch die ganze Zeit auf Ihr Telefon. Sie haben mich nicht ein einziges Mal angesehen, während Sie mit mir gesprochen haben.«

Die Finger des Blödmanns erstarrten mitten im Tippen. Dann hob er langsam den Kopf und ließ den Blick dabei lasziv von meinen Knöcheln über meine nackten Beine nach oben gleiten, an meinem Rocksaum hielt er inne, strich dann weiter meine Hüften hinauf, verharrte kurz auf meinen Brüsten und erreichte schließlich mein Gesicht.

»Ja, ganz genau. Das hier oben. Das sind meine Augen.«

Er stieß sich von der Wand ab und richtete sich in dem einsamen Lichtstrahl, der den Flur erhellte, zu voller Länge auf. Das Licht fiel auf sein Gesicht, und zum ersten Mal konnte ich ihn richtig sehen.

Im Ernst? Das hatte ich nicht erwartet. Bei der tiefen, rauen Stimme und seinem Benehmen war ich davon ausgegangen, dass er älter war und bestimmt einen spießigen Anzug trug. Doch dieser Kerl sah fantastisch aus. Jung und fantastisch. Er war komplett schwarz gekleidet – schlicht und elegant, dennoch hatte er etwas ganz Besonderes an sich. Sein goldbraunes Haar war auf diese erotische »Ist-mir-doch-egal-Weise« zerzaust, wirkte aber dennoch perfekt. Männliche Gesichtszüge – ein kräftiges Kinn mit Dreitagebart über leicht gebräunter Haut, eine gerade, markante Nase und große schokoladenbraune Augen mit sinnlichem Blick, die Lider auf halbmast. Und aus eben diesen Augen sah er mich jetzt durchdringend an.

Ohne den Blick von meinem zu lösen, hob er die Arme über den Kopf. »Wollen Sie mich vielleicht noch abtasten, bevor Sie entscheiden, ob ich es wert bin, sich mit mir zu unterhalten?«

Er mochte zwar gut aussehen, war aber eindeutig ein Arschloch. »Das ist nicht nötig. Aufgrund Ihres Benehmens habe ich mich bereits dagegen entschieden.«

Er ließ die Arme sinken und grinste. »Wie Sie meinen. Noch einen schönen Abend, Süße.«

Ich schnaufte, warf jedoch einen letzten verstohlenen Blick auf den attraktiven Mistkerl, bevor ich zu meinem Date zurückging.

Als ich mich wieder an unseren Tisch setzte, wartete Martin mit gefalteten Händen auf mich.

»Tut mir leid«, entschuldigte ich mich, »da war eine Schlange.«

»Dazu fällt mir eine lustige Geschichte ein. Als ich mal mit meiner Mutter in einem Restaurant war und sie zur Toilette ging …«

Martins Stimme verebbte zu einem Hintergrundrauschen, während ich auf mein Handy starrte und hoffte, dass es endlich klingelte. Verdammt noch mal, Jules, wo bist du, wenn ich dich wirklich brauche? Martin war gerade in der Mitte seiner Geschichte angelangt – jedenfalls vermutete ich, dass es die Mitte war –, als ich den Mistkerl bemerkte, den ich bei den Toiletten getroffen hatte. Er ging an unserem Tisch vorbei. Nach einem Blick auf meinen schwadronierenden Tischgenossen und in meine gelangweilte Miene grinste er mich schief an. Neugierig schaute ich ihm hinterher, um zu sehen, mit wem er hier war.

Kurven.

Blondierte Haare, hübsch, aber auf eine ordinäre Weise: Die üppige Oberweite quoll geradezu aus ihrem tief ausgeschnittenen Kleid hervor. Als er an ihren Tisch zurückkehrte, himmelte sie ihn mit verträumtem Blick an – woraufhin ich mit den Augen rollte. Trotzdem musste ich unwillkürlich immer wieder zu ihrem Tisch hinübersehen.

Als unsere Salate gebracht wurden, erzählte Martin gerade von der Blinddarmoperation, der sich seine Mutter kürzlich hatte unterziehen müssen, und meine Langeweile wuchs ins Bodenlose. Mein Blick musste eine Minute zu lang an dem Typen von der Toilette geklebt haben, denn er erwischte mich dabei, wie ich ihn anstarrte. Quer durchs Restaurant zwinkerte er mir zu, zog eine Braue hoch und prostete mir mit seinem Glas zu.

Blödmann.

Nachdem er mich einmal erwischt hatte, brauchte ich auch keinen Hehl daraus zu machen, dass ich ihn beobachtete, oder? Er war mit Sicherheit interessanter als mein Begleiter. Und er hatte ebenfalls keine Hemmungen, in meine Richtung zu sehen. Als der Kellner an seinem Tisch stehen blieb, sah ich, wie der attraktive Toilettentyp in meine Richtung zeigte und etwas sagte. Martin erzählte immer noch von seiner lieben Mama. Ich drehte mich um und blickte hinter mich, um herauszufinden, worauf der attraktive Mistkerl von der anderen Seite des Saals wohl gezeigt haben mochte. Als ich mich wieder umwandte, waren der Blödmann und seine Begleiterin bereits aufgestanden. Ich versuchte, seine Lippen zu lesen, und verstand einen Teil von dem, was er sagte. Anscheinend ging es darum, dass er sich zu einer alten Freundin setzen wollte. Dann kamen sie plötzlich an unseren Tisch marschiert.

Ob er Martin wohl stecken wollte, was er belauscht hatte?

»Reese! Bist du es wirklich?«

Was zum Teufel?

»Äh … ja.

»Wow. Wie lange ist das her!« Er klopfte sich mit der Hand auf die Brust. »Ich bin’s, Chase.« Bevor ich wusste, wie mir geschah, beugte sich der Blödmann (der offenbar Chase hieß) zu mir herunter und umarmte mich. Als ich in seinen Armen war, flüsterte er: »Spiel mit. Lass uns deinen Abend etwas interessanter gestalten, Süße.«

Ich war völlig perplex und beobachtete mit großen Augen, wie er sich anschließend Martin zuwandte und ihm die Hand reichte.

»Ich bin Chase Parker. Reese und ich kennen uns schon seit Ewigkeiten.«

»Martin Ward.« Mein Begleiter nickte.

»Martin, ist es dir recht, wenn wir uns zu euch setzen? Butter Cup und ich haben uns seit Jahren nicht gesehen. Ich wüsste zu gerne, wie es ihr inzwischen ergangen ist. Du hast doch nichts dagegen, oder?«

Chase wartete die Antwort auf seine Frage gar nicht erst ab. Stattdessen zog er für seine Begleiterin einen Stuhl unter dem Tisch hervor und machte uns bekannt.

»Das ist Bridget …« Er blickte sie hilfesuchend an, und sie sprang ihm zur Seite.

»McDermott. Bridget McDermott.« Sie lächelte. Dass es auf einmal eine Doppelverabredung geworden war und sich Chase offenbar nicht mehr an ihren Nachnamen erinnern konnte, schien ihr nichts auszumachen.

Martin hingegen wirkte enttäuscht, dass aus unserem Zweier jetzt ein Vierer wurde, obwohl ich mir sicher war, dass er das niemals aussprechen würde.

Er sah Chase an und richtete sich in seinem Stuhl auf. »Butter Cup?«

»So haben wir sie damals genannt. Reeses Peanut Butter Cups. Das waren damals meine absoluten Lieblingskekse.«

Nachdem Chase und Bridget Platz genommen hatten, herrschte einen Moment lang verlegenes Schweigen. Ausgerechnet Martin ergriff als Erster wieder das Wort. »Und? Woher kennt ihr zwei euch?«

Obwohl Martin uns beide angesehen hatte, wollte ich Chase klarmachen, dass er jetzt in der Bredouille saß. Dies war sein kleines Spielchen.

»Chase muss euch erzählen, wie wir uns kennengelernt haben. Eigentlich ist es wirklich eine lustige Geschichte.« Ich stützte die Ellenbogen auf den Tisch und legte das Kinn auf die gefalteten Hände. Dann wandte ich mich ganz zu Chase um und blinzelte ihn mit einem verschlagenen Grinsen an.

Er zuckte nicht mit der Wimper und brauchte nur ein paar Sekunden, bis ihm eine Geschichte einfiel. »Lustig war im Grunde gar nicht so sehr, wie wir uns kennengelernt haben, sondern vielmehr das, was danach passierte. Als ich in der achten Klasse war, ließen meine Eltern sich scheiden, und ich musste auf eine neue Schule wechseln. Es ging mir ziemlich schlecht, bis ich in der ersten Woche im Bus unsere Reese hier kennenlernte. Eigentlich war sie viel zu hübsch für mich. Aber ich dachte, ich könnte sie ruhig fragen, ob sie mit mir ausgeht, und riskieren, dass sie mir einen Korb gibt. Schließlich hatte ich sowieso keine Freunde, die mich hinterher damit aufziehen konnten. Also: Obwohl sie ein Jahr älter war als ich, fragte ich sie, ob sie mit mir zur Schülerdisco der Achtklässler gehen würde. Ich war total von den Socken, als sie tatsächlich einwilligte.

Ich war jung, hatte jede Menge Testosteron im Blut und setzte mir in den Kopf, dass sie die Erste sein sollte, die ich küsse. Alle meine Kumpel in der alten Schule hatten es schon mal gemacht, und ich fand, dass ich jetzt an der Reihe war. Als sich die Schuldisco allmählich dem Ende näherte, lotste ich Butter Cup aus der Turnhalle – in der alles mit diesem ollen Krepppapier und Luftballons dekoriert war – in den Flur, um mit ihr allein zu sein. Weil es mein erstes Mal war, hatte ich natürlich keinen Schimmer, was mich erwartete. Doch ich fackelte nicht lange und fing an, sie abzuknutschen.«

Chase legt eine Pause ein und zwinkerte mir zu. »Bis zu dem Moment war doch alles in Ordnung, oder Butter Cup?«

Ich brachte es nicht einmal fertig zu antworten, so gebannt lauschte ich seiner Geschichte. Dass ich nicht antwortete, schien ihn jedoch nicht zu stören, denn er fuhr gleich fort, sein Märchen auszuschmücken.

»Okay, an der Stelle wird die Geschichte gut. Wie schon gesagt, ich hatte keine Erfahrung, aber ich habe gleich Vollgas gegeben – Lippen, Zähne, Zunge, das volle Programm. Nach einem Augenblick fühlte sich der Kuss irgendwie ziemlich nass an, aber ich war dermaßen in Wallung, dass ich immer weitermachte, weil ich nicht als Erster aufhören wollte. Irgendwann, als wir Luft schnappen mussten – ich hatte buchstäblich alles aus ihr herausgesaugt –, merkte ich, warum es sich so nass anfühlte. Reese hatte beim Küssen Nasenbluten bekommen, und unsere beiden Gesichter waren total blutverschmiert.«

Martin und Bridget lachten, aber ich war zu perplex, um zu reagieren.

Chase streckte die Hand aus und berührte mich am Arm. »Komm schon, Butter Cup. Das braucht dir doch nicht peinlich zu sein. So schlimm war es doch gar nicht mit uns beiden, oder?«

»Wie lange wart ihr zwei denn ein Pärchen?«, fragte Martin.

Chase wollte gerade antworten, als ich den Arm ausstreckte und ihn so demonstrativ berührte, wie er zuvor mich. »Allzu lange hat es nicht gedauert. Nach dieser anderen Geschichte haben wir uns getrennt.«

Bridget klatschte in die Hände und hüpfte auf ihrem Stuhl auf und ab wie ein aufgeregtes Kind. »Jetzt will ich auch die andere Geschichte hören!«

»Also, wenn ich so darüber nachdenke, weiß ich gar nicht, ob ich sie wirklich erzählen sollte«, dachte ich laut nach. »Ist das euer erstes Date?«

Bridget nickte.

»Na ja, ich will nicht, dass du glaubst, dass Chase dieses Problem immer noch hat. Schließlich ist unser kleiner Zwischenfall schon so lange her.« Ich beugte mich zu Bridget hinüber und flüsterte: »Wenn sie älter werden, bekommen sie das besser in den Griff. Normalerweise.«

Anstatt sich aufzuregen, wirkte Chase, als ob ihm meine Geschichte richtig gut gefallen würde. Er schien sogar stolz zu sein. Jedenfalls setzte sich der Rest des Abends auf diese Weise fort. Chase erzählte ausgefeilte Geschichten über unsere angebliche Kindheit und schreckte zu unserem Vergnügen auch nicht davor zurück, Dinge zu behaupten, die ihm eigentlich peinlich sein mussten. Manchmal ergänzte ich seine Geschichten, wenn ich nicht gerade sprachlos war ob der verrückten Sachen, die er sich ausdachte.

Ich gestand es mir nur ungern ein, doch ich fand diesen Kerl zunehmend sympathisch, obwohl er Geschichten von meinem Nasenbluten erzählte oder »die peinliche Story mit dem ausgestopften BH«. Am Ende des Abends bestellte ich noch einen Kaffee, um den Abschied hinauszuzögern – unsere Begegnung vor der Toilette schien Ewigkeiten her zu sein.

Vor dem Restaurant reichten Martin, Chase und ich dem Wagenmeister unsere Parktickets. Bei einem ersten Date bestimmte ich gern selbst, wann es begann und wann es endete, deshalb hatte ich mich mit Martin im Restaurant verabredet. Bridget war natürlich mit Chase im Wagen gekommen, wie es bei Rendezvous sonst üblich war. Außerdem rieb sie sich geradezu an ihm und hängte sich in seinen Arm, während wir auf die Wagen warteten. Als mein glänzender, roter Audi als erster vorgefahren wurde, wusste ich nicht so recht, wie ich mich von … allen verabschieden sollte. Ich nahm die Wagenschlüssel und blieb an der geöffneten Tür stehen.

»Netter Wagen, Butter Cup«, grinste Chase. »Besser als die Schrottkarre, die du in der Highschool hattest, oder?«

Ich kicherte. »Das kann man wohl sagen.«

Martin kam näher. »Es war schön, dich kennenzulernen, Reese. Ich hoffe, wir können das noch einmal wiederholen.«

Ich wartete gar nicht erst ab, ob er versuchen würde, mich zu küssen, sondern umarmte ihn lieber gleich. »Vielen Dank für das schöne Abendessen, Martin.«

Als ich mich von ihm löste, trat Chase vor und zog mich in eine Umarmung. Bei Martin war es nur ein freundliches Rückenklopfen gewesen, aber Chase presste mich geradezu an seinen Körper. Mein Gott, fühlte sich das gut an. Dann tat er etwas sehr Merkwürdiges … Er wickelte mein langes Haar ein paarmal um seine Hand, ballte sie zur Faust und zog meinen Kopf nach hinten. Seine Blicke hafteten an meinen Lippen und für einen kurzen Augenblick dachte ich tatsächlich, dass er mich gleich küssen würde.

Dann beugte er sich vor und drückte mir die Lippen auf die Stirn. »Sehen wir uns nächstes Jahr beim Klassentreffen?«

Ich nickte und fühlte mich leicht benommen. »Hmm. Na klar.« Nachdem er mich losgelassen hatte, sah ich zu Bridget hinüber. »Es war nett, dich kennenzulernen, Bridget.«

Zögernd stieg ich in meinen Wagen. Ich spürte Blicke auf mir, als ich den Sicherheitsgurt anlegte, und sah auf. Chase beobachtete mich genau. Er sah aus, als ob er noch etwas sagen wollte, aber nach einem Moment fühlte es sich seltsam an, länger herumzusitzen und zu warten.

Ich atmete tief durch, winkte ein letztes Mal und fuhr davon. Warum fühlte ich mich nur so, als hätte ich etwas Wichtiges vergessen?