Sabine Meltor
Sabine Meltor
Originalausgabe
1. Auflage 2014
© 2014 CBX Verlag, ein Imprint der Singer GmbH
Frankfurter Ring 150
80807 MüCnchen
info@cbx-verlag.de
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf in keinerlei Form – auch nicht auszugsweise – ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Lektorat: text-wird-buch.de
Umschlaggestaltung: Nina Knollhuber
Umschlagabbildung: picture alliance / BREUEL-BILD
Satz: Julia Swiersy / text-wird-buch.de
Druck und Bindung: Druckerei Theiss, St. Stefan
Printed in Austria
ISBN: 978-3-9816801-3-3
Inhalt
Samus Wurzeln:
eine deutsch-finnische Familiengeschichte
Das Land seines Vaters
Die finnischen Wurzeln
Der Name Samu
Samus Familie
Samu lernt Deutsch – oder »Feutsch«?
Der lange Weg zum Erfolg
Erste musikalische Schritte
Samu in Spanien: Sonne, Sangria und ein Sexshop
Das lange Warten auf den großen Durchbruch
Auf den Körper gebannte Lebensphilosophien
Samu startet mit Sunrise Avenue durch
Wie Sunrise zu Sunrise Avenue wurde
Stolpersteine auf dem Weg zum Erfolg
Tausche Haus gegen Albumproduktion
Sunrise Avenue stürmt die Charts
Der erste große Plattenvertrag
Die Bandmitglieder von Sunrise Avenue
Das Erfolgsrezept
Die Gerüchteküche brodelt
»The Voice of Germany«
Die Anfänge als Juror
Samu der Komödiant
Ein leidenschaftlicher Coach
Sportlich durch die Show
Samu und die Frauen
Wilde Zeiten
Samu und die Frauenwelt
Was lief 2009 wirklich?
Samu und Vivianne
Nahaufnahme: Samu Haber
Samu und die Musik
Eine ehrliche Haut
Der Kinderfreund
Samu und die Socken
Was die Sterne über Samu sagen
Samus Hobbys und Leidenschaften
Eishockey, Fußball und Fitness-Studio
Leidenschaft Autos
Lesen und Fotografieren
Der Genussmensch Samu
Das G5heimnis seiner Beliebtheit
Fans im Samu-Rausch
Privat ist privat
Samu der Gentleman
Samus beste Sprüche
Soziales Engagement
Samu im Netz
Nah am Star – nah am Fan
Vom Traum, Samu Haber zu treffen
Anhang:
Rock und Pop aus Skandinavien –
von ABBA bis Sunrise Avenue
Quellennachweis
Bildnachweis
»Ich bin nur
ein Finne aus Finnland.«
Samu Haber
Samu Haber, der sympathisch-jungenhafte Shooting-Star aus Finnland, ist aus den Medien gar nicht mehr wegzudenken. Mit flotten Sprüchen, guter Laune und ganz viel Humor ist er nicht nur einer der Juroren, sondern auch der heimliche Star der Casting-Show »The Voice of Germany«. Dort stellt er sein musikalisches Know-how unter Beweis – und versprüht jede Menge eigenwilligen Charme. Darüber hinaus ist er Dauer-gast in den deutschen Charts als Kopf seiner Band Sunrise Avenue. Schon ihr erstes Album »On the Way to Wonder-land« wurde ein Riesenerfolg und die Karriere von Samu und seinen Bandkollegen kam damit mächtig in Fahrt. 2009 folgte das Sensationsalbum »Popgasm« und 2011 dann »Out of Style«.1 Dabei ist Samu nicht nur Juror, Sänger und Front-mann, sondern auch noch ein begnadeter Songwriter. Hits wie »Fairytale Gone Bad«, »Lifesaver« oder »Hollywood Hills« sind inzwischen fast jedem ein Begriff, Chartsplatzierungen und Erfolge in zahlreichen europäischen Ländern sind der Beleg dafür, dass die Songs längst zu Ohrwürmern geworden sind. Auch mit Preisen und Auszeichnungen wurde die Band bereits überhäuft.2 Samus Songs werden in Europa rauf und runter gespielt. Doch wer ist eigentlich Samu Haber und wo liegen die Wurzeln des Sympathieträgers mit dem deutsch klingenden Nachnamen?
Samu Aleksi Haber wurde 1976 in Helsinki (Bezirk Munkki-niemi), der Hauptstadt Finnlands, geboren.3 Er lebt bis heute dort. Er hat einen jüngeren Bruder Santtu und eine jüngere Schwester Sanna. Samu ist begeisterter Fan der finnischen Eishockeymannschaft IFK Helsingfors. Er selbst spielte bis zu seinem 14. Lebensjahr Eishockey, gab dann aber dieses Hobby zugunsten der Musik auf. Schon als Jugendlicher war er Gitarrist bei der Band Absurdus. Stilrichtung: Heavy Metal.4
Seine Familie väterlicherseits stammt in der Tat aus Deutsch-land. »Aus diesem Grund hat Samu unter anderem auch den Spitznamen ›Half German Superman‹.«5 Samu erzählt: »Meine Großeltern haben Deutschland […] verlassen, als es hier unruhig wurde. Mein Vater spricht aber Deutsch. Ich habe Verwandte in Hannover, Berlin und Köln. Leider habe ich nie Zeit, sie einmal zu besuchen. Aber ich erinnere mich, wie sie in meiner Kindheit oft zu Gast in unserem Sommer-haus waren.«6 Die Auswanderung der Familie, so erinnert sich Samu, fand um die Jahre 1949/50 statt.7 Der Vater war zu dem Zeitpunkt ungefähr ein Jahr alt.8 Versuchten die Großeltern einen Neuanfang nach der Katastrophe? Wollten sie aus dem Brennpunkt des Kalten Krieges entfliehen? (Deutschland war damals stark von den Kontrahenten des Kalten Krieges geprägt, von der russisch geführten Sowjetunion im Osten und von den US-Amerikanern im Westen.) »In den Vierzigerjahren war die Welt ein Chaos«, berichtet Samu über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. »Man rannte damals in Finnland nicht herum und rief: ›Hallo, ich bin Deutscher!‹« Dies ist wohl der Grund, warum die Großeltern von Samu mit ihrem Sohn kaum Deutsch sprachen.9
Sein Vater kam also in der schwierigen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland zur Welt.10 Samu berichtet es so: »Mein Vater wurde in den 1940er Jahren in Bad Grund bei Konstanz geboren.«11 Leider ist Samu hierbei ein kleiner Fehler unterlaufen. Bad Grund liegt nicht bei Konstanz, sondern im Harz. Dies hat am Bodensee natürlich für einige Aufregung gesorgt. Die Geografie Deutschlands scheint nicht Samus starke Seite zu sein.12
Dies könnte mitunter daran liegen, dass Samu nur selten zur Schule gegangen ist, wie er selbst sagt. Statt zur Schule zu gehen, hat er die Zeit anders verbracht: »Mit Schlafen. Ich saß nächtelang an meiner Musik und kam morgens nicht aus dem Bett – was heute immer noch so ist. Meine Mutter hat sich damals ziemlich Sorgen gemacht. In der Früh habe ich immer kurz auf dem Boden rumgetrampelt, damit sie glaubt, ich sei aufgestanden. Als sie zur Tür draußen war, habe ich mich wie-der hingelegt. Schule war einfach nichts für mich. Ich hatte das Gefühl, andere Wege gehen zu müssen.«13
Eine positive Erinnerung an die Schulzeit fällt Samu aber doch ein. Nämlich wenn es um die Frage geht, ab wann er sich für das andere Geschlecht interessiert hat:
»Ich glaub, da war ich erst zwei Wochen alt… nein, Scherz … (lacht) Ich war schon immer sehr an Mädchen interessiert … Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in der Vorschule was hatte, aber danach… da war dieses Mädchen, Heidi, sie war in meiner Klasse und so bezaubernd und hübsch. Sie trug eine Brille, aber trotzdem, ich fand sie schön und sie ist es immer noch. Ich traf sie bei einem Klassentreffen wieder, verlor auch gleich mein Herz an sie, aber das änderte sich bei mir wöchentlich (grinst) in der einen Woche war das eine Mädchen top, in der nächsten Flop. Ich hatte eine Liste … ich nannte sie die ›Haber-Liste‹ und darauf standen jeweils die vier Mädchen, in die ich im Moment verliebt war. Diese Liste wurde in der Schule veröffentlicht… das ging so, bis ich 13 war oder so … und das funktionierte wie folgt: ›Ich weiß, letzte Woche warst du die Nummer eins, es tut mir leid, du bist immer noch auf der Liste, aber …‹«14
Samu kann auch über die eine oder andere Jugendsünde berichten. Als er die sechste Klasse besuchte, stand er zum ersten Mal auf der Bühne und sammelte musikalische Erfahrungen – damals noch am Keyboard, nicht als Sänger. Die Band spielte den Song »Final Countdown« von Europe. Der damalige Sänger der Gruppe hatte die Idee, dass sich alle einen Hodenschutz, wie man ihn vom Eishockey kennt, in die Hose stecken sollten. Dadurch wollten die Jungs den Eindruck erwecken, als hätten sie ordentlich was in der Hose. Samu erklärt augenzwinkernd dazu: »Wenn du ein Star werden möchtest, brauchst du große Eier.«15
Zunächst wollte Samu jedoch sein erstes Hobby, den Eis-hockeysport, zum Beruf machen. Dann erst kam der Wunsch auf, Profi-Musiker zu werden: »[…] irgendwann zog es mich immer mehr zur Musik. Ich war als Teenager ziemlich wild […] Ich war damals nicht einfach. Meine Mutter hatte nur einmal Grund, richtig auf mich stolz zu sein, und das war mit 19, als ich zum Militär ging.«16
Bereits mit 16 Jahren gründete der musikalisch begabte Samu seine erste Band. Sie trug den Namen Sunrise. Er und seine Bandmitglieder traten in Kneipen, auf Festivals und bei privaten Partys auf. Der große Durchbruch erfolgte aber nicht.17 Und man kann es kaum glauben, aber Samu hatte in seiner Jugend mal eine Prachtmähne von bis zu 60 Zentimetern Länge. Mit langen Haaren erkennt man ihn auf Fotos kaum wieder.18
Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich die Erfahrungen Samus und seiner emigrierten Großeltern sind: Die Groß-eltern gingen vor langer Zeit in ein fremdes Land, Finnland, um sich ein neue, aber auch ungewisse Zukunft aufzubauen. Ihr Enkelsohn kehrt in das Land seiner Väter zurück, wird zum Superstar, umringt von Fans, alle finden seinen verrück-ten Akzent sympathisch. Inzwischen sind die Großeltern leider schon verstorben19 und können den Erfolg des Enkel-sohnes nicht mehr miterleben. Samus schlichtes, aber vielsagendes Bekenntnis macht es deutlich: »Deutschland ist wie eine zweite Heimat. Hier kommt die Familie meines Vaters her.«20
Das Herkunftsland seines Vaters und seiner Großeltern gefällt Samu, wie er immer wieder gerne betont. Aber was genau begeistert ihn so sehr? »Das sind so viele Dinge, die kann ich gar nicht alle aufzählen. Was mir nicht gefällt, sind euer komisches Toilettensystem an Autobahnrastanlagen, diese seltsame Currywurst und eure Fernsehwerbung für Sexhot-lines in der Nacht. Aber ansonsten ist hier alles andere einfach klasse!« Samu sagt von sich selbst, dass er einen deutschen Humor hat.21 »Die Leute sind immer gut drauf, man kann gut Party machen und das Wetter ist viel besser als bei uns in Finnland.«22 Zurzeit orientiert sich Samu also neu?
»Ich gucke mir im Moment die Preise von Häusern in Berlin an. Sie sind unglaublich günstig, sogar in den beliebten Vierteln. Eigentlich denke ich schon seit fünf oder sechs Jahren über ein Appart[e]ment in Deutschland nach. Köln ist sehr schön, Hamburg ist cool, München auch und Berlin gefällt mir auch. Es fällt mir sehr schwer, mich zu entscheiden. Deutschland und Finnland sind sich sehr ähnlich. Na gut, hier darfst du auf der Autobahn schneller fahren, dafür mag ich das Essen in Finnland lieber. Dennoch liebe ich Deutschland. Wir wären schließlich nicht so oft mit der Band hier, wenn das anders wäre.«23
Und er vergleicht noch weiter:
»Finnland ist ein bisschen wie Deutschland: sehr international und sehr ökologisch.«24 Über die deutschen und finnischen Fans sagt Samu: »Wir haben in Finnland nicht diese Star-Kultur. Die deutschen Fans sind wahrscheinlich eher an große Shows gewöhnt, und sie sind ein bisschen fanatischer. In Köln sind sie […] hinter uns hergerannt und haben mit Teddybären und solchen Dingen geworfen. Sowas ist natürlich manchmal anstrengend. Aber auf der anderen Seite wird für uns gerade ein Traum wahr. Man kann nun mal nicht erfolgreich sein und gar nichts von den Schattenseiten abkriegen.«25
Samu sagte einmal in einem Interview, dass nach Deutsch-land zu kommen für ihn sei wie nach Hause zu kommen. Das erklärt er folgendermaßen:
»Deutschland ist nicht so viel anders als Finnland. In beiden Ländern sind die Menschen ein bisschen schüchtern, aber es ist ein Land, wo so ziemlich jeder das hat, was er zum Leben braucht. Es gibt eine funktionierende Infrastruktur und man kann sich auf die Menschen verlassen. Wir waren schon so oft hier. Dann kennst du die Städte, weißt, was du in Frankfurt, München, Leipzig oder Halle – oder wo auch immer – vorfindest. Ich mag Deutschland sehr. Es liegt mitten in Europa. […] Und man kann Bier und Wein in der Nacht an der Tankstelle kaufen. Das ist ein kleines bisschen besser als in Finnland.«26
Wenn Samu die deutschen mit den finnischen Männern vergleicht, fällt ihm Folgendes ein:
»Der wohl größte Unterschied ist, dass deutsche Männer besser Fußball und Finnen besser Eishockey spielen (lacht). Davon abgesehen gibt es keine großen Unterschiede. Wir arbeiten alle ziemlich hart, sehen jung aus und benehmen uns anständig. Ich fühle mich in Deutschland sehr heimisch, wenn ich dort bin.«
Natürlich wird Samu von seinen Fans und von neugierigen Journalisten oft gefragt, ob er seine Pläne, nach Deutsch-land zu ziehen, nun auch wirklich umsetzen will. Seine Antwort:
»Warum nicht? […] vor allem Berlin ist extrem cool. Aber meine Heimat wird immer Finnland sein. Wenn ich jemals von dort wegziehen würde, würde ich aber wahrscheinlich eher in südliche Gefilde ziehen. Schon allein, weil dort das Wetter besser ist. […] Die Festivals und Shows in Deutschland sind immer sehr, sehr cool. Die Musikfans hier sind einfach toll.«
Unterschiede zwischen deutschen und anderen Fans sieht Samu eigentlich nicht:
»Die Menschen sind eigentlich überall dieselben. Allerdings haben uns unsere deutschen Fans vom ersten Moment an sehr unterstützt. Es ist wirklich erstaunlich, all die Menschen auf unseren Konzerten, aber auch die vielen Fangruppen und Fanseiten im Internet zu sehen. Es sieht so aus, als ob die Menschen hier nicht nur unglaublich viel Spaß an unserer Musik haben, sondern dadurch auch viele neue Freunde kennenlernen. Und das ist das Beste, was man mit Musik erreichen kann.«27
Aber als die Bandmitglieder einen Gig in Finnland hatten, nachdem sie an den deutschen Jubel gewöhnt waren, erschien ihnen das doch etwas gewöhnungsbedürftig. Wo liegen denn dann doch die Unterschiede zwischen finnischen und deutschen Fans? Samu gesteht es schließlich ein:
»Sie sind einfach etwas besser drauf hier in Deutschland, ich kann mir nicht helfen, tut mir leid. […] Es war wie ein tiefer Fall. Wir machten diese vier Städte Tour hier in Deutschland und als wir zurück waren in Helsinki, spielten wir im Tava-sia, das ist DER Platz in Finnland, um zu spielen. Ich fühlte mich so seltsam, so schlecht … beim vierten Song dachte ich: ›Bist du so schlecht!?‹ Denn die Leute standen einfach nur da. Nun gut, sie sangen mit und klatschten, aber es war so anders. Wir hatten die Hallen voll und unsere Konzerte in Deutschland waren so toll. Nun, letzte Nacht wieder, wir spielten zwei Auftritte in Kuopio, der erste war für alle Altersgruppen und es war richtig toll. Die Atmosphäre ist anders. Beim zweiten Auftritt waren Leute mit Bier da. Eine Zigarette in der einen Hand und ein Bier in der anderen, da kannst du nicht in die Hände klatschen. Ich meine, es sind jedes Mal eine Menge netter Leute da. Aber die Shows in Hamburg und Köln waren das Beste, was ich je erlebt habe. Besser als jeder Orgasmus und ich hatte schon zwei und die waren echt gut.«28
Kein Wunder also, dass die Band um Samu ihren Durchbruch in Deutschland hatte: »Deutschland war das erste Land, das uns liebte. Natürlich haben wir in Finnland vorher Konzerte gespielt oder sind im Radio gelaufen, doch ohne die Deutschen wäre unsere Karriere dort anders verlaufen. Deutschland ist ein hervorragender Platz, um eine Karriere zu starten. Hier gibt es eine fantastische Musik-Szene!«29
Seine deutschen Wurzeln hat Samus Familie dann auch persönlich erkundet. Denn der Kontakt zu den deutschen Verwandten ist zwischenzeitlich wieder hergestellt worden: »1948 war mein Vater ein Jahr alt. Es gab kein Internet. Der Kontakt mit […] der Familie in Deutschland ri[ss] ab. Inzwischen haben uns einige Verwandte mal in Finnland besucht. Sie hatten mich letztes Jahr in der ›Bravo‹ gesehen und meinen Vater angerufen.«30
Auch das Thema Autos scheint bei Samu auch grundsätzlich eher von der deutschen Mentalität geprägt zu sein: »Mit meinem Auto kann ich so schnell fahren, wie ich will. Die finnische Polizei versteht das nicht, deshalb kriege ich manchmal Strafzettel. Bei uns darf man höchstens 120 km/h schnell sein und das ist für meine Verhältnisse zu lahm. […] Ich habe ein[en] BMW! Mein Vater kommt ja von hier und er hat mir als Kind drei Dinge mitgegeben: Essen kommt aus Italien, sorry Frankreich, Uhren kommen aus der Schweiz und Autos aus Deutschland, nur aus Deutschland. Ich könnte niemals einen Peugeot oder einen Fiat fahren. Mein Vater würde mich erwürgen.«31 An anderer Stelle hat Samu ergänzt: »[Mein Vater] hat mir beigebracht, dass Uhren aus der Schweiz, Kleidung aus Italien, Mädchen aus Schweden und Autos aus Deutschland kommen.«32 Es liegt für Samu also auf der Hand, dass er deutsche Fabrikate mag, denn schließlich ist sein Vater deutscher Abstammung.
Es gibt nicht viel, was Samu in Deutschland stört. Mit einer Prise Humor nennt er lediglich: auf Autobahntoiletten bezahlen müssen, langsames Internet und dass man nicht überall mit Karte bezahlen kann. Die Hauptstadt Berlin hat es aber dem Finnen angetan: Er geht dort gerne shoppen und verbringt dort viel Zeit, deshalb auch seine Pläne, dort vielleicht ein Haus zu kaufen.33 Auf die Frage, wie sich sein deutscher Anteil im Alltag bemerkbar macht, sagt Samu: »Na ja, ich fahre schneller als die anderen Finnen. Das ist vielleicht so eine Sache. Tatsächlich ist mein Vater in Deutschland geboren und nach Finnland gekommen, als er ein Jahr alt war, also hat er nie wirklich bewusst in Deutschland gelebt – genauso wenig wie ich. Aber ich fühle mich hier in Deutschland schon sehr zu Hause, ich habe auch vier Jahre in Spanien gelebt und bin viel gereist«. Neben Berlin gefällt Samu aber auch Köln: »Es hat in etwa die gleiche Größe wie Helsinki, es fühlt sich einfach heimatlich an, weil Köln sehr international ist. Es gibt sehr schöne Restaurants und Clubs hier und die Leute sind sehr nett. Das ist doch alles, was man im Leben braucht.« Warum wohnt er dann noch nicht in Köln? »Wenn Du einen Vier-Wochen-Trip unternimmst, ist das Erste, woran du denkst, das eigene Sofa zu Hause und nicht eine Wohnung in Köln. Wir haben Wohnungen in Helsinki und Helsinki ist auch eine sehr schöne Stadt. Aber ich denke, irgendwann werde ich meinen Arsch nach Köln bewegen. (lacht) Oder nach Mailand. Oder nach Madrid. Oder nach Zürich. Köln ist das kleine Tokio.«34 An anderer Stelle führt Samu weiter aus:
»Ich denke [… ] darüber nach, mir eventuell eine Wohnung irgendwo in Deutschland zu nehmen. Ich könnte mir auch vorstellen, in Wien zu leben. Oder aber auch in Luzern, das ist die schönste Stadt in der Schweiz. Aber andererseits ist es ein- fach ein tolles Gefühl, nach Hause zu fliegen, heimzukommen, deine alten Freunde zu treffen, bei der Familie zu sein. Wenn ich umziehen würde, denke ich, dass meine Mutter mitkommen würde. Sie macht sich ständig große Sorgen um mich«?35
Gerne schlägt der in Deutschland so beliebte Musiker dann auch eine Brücke von den Deutschen zu den Finnen und erklärt: »Finnland ist Deutschland eigentlich sehr ähnlich. In beiden Ländern zahlen die Menschen ihre Steuern und befolgen die Gesetze.«36 Samu schätzt vor allem auch die Sauberkeit und das Umweltbewusstsein beider Länder. Allerdings stört ihn doch noch etwas an Deutschland, denn in Finnland seien die TV-Spots »viel besser und lustiger«. Was das deutsche Fernsehen betrifft, so lässt sich der humorvolle Finne über die nächtliche »sssmutzige« Werbung« in den TV-Kanälen der deutschen Hotelzimmer aus: »Rrrrruf an! Sssmutzige Frauen warten auf dich«, witzelt er in der Erinnerung daran und erklärt: »Das höre ich jeden Abend im Hotel nach 20 Uhr, wenn ich den Fernseher an mache. Da sind dann die schmutzigen Frauen.«37
Was mag der Vollblut-Finne sonst noch an Deutschland, wo er immerhin viel Zeit verbringt?
»Es ist cool! Hier haben wir unsere internationale Karriere angefangen und ich, also wir von der Band, sind den Fans sehr dankbar, die uns am Anfang unterstützt haben und vor allem auch in den schweren Zeiten. Deutschland ist wie Finnland – die Leute sind locker drauf, es ist überall sicher und sauber und die Leute wissen, wie man nachts abrockt. Was kann man sonst noch verlangen? Ihr spielt den besten Fußball der Welt und baut die besten Autos der Welt, also es könnte schlimmer sein! Das Essen an den Autobahnen könnte etwas besser sein – man bekommt fast nur Wurst und das ist sehr schlecht für deinen Bühnenauftritt.«
Und lachend fügt er hinzu:
»Das Beste an Deutschland sind natürlich die Autobahnen, weil man dort so schnell fahren kann, wie das Auto es zulässt. Meine Rangliste sieht folgendermaßen aus: Die Autobahn, der deutsche Fußball und das Publikum. Die Festivals und Shows in Deutschland sind immer sehr cool. Die Musikfans hier sind einfach toll.«38
Eines kann der gutaussehende Blondschopf allerdings über-haupt nicht verstehen und das ist die deutsche Körperkultur. Er mag es eher dezent und privat: »Ich habe zwar eine Sauna zu Hause, aber in Wirklichkeit laufen die Deutschen viel öfter nackt herum als die Finnen. Ich wurde sogar einmal aus einem Spa geworfen, weil ich meine Badehose anlassen wollte. Aber ich lege mich doch nicht nackt neben wildfremde Leute«, empört er sich und fährt fort: »Die Deutschen machen das selbst in den Ruheräumen. Das gibt es nirgendwo sonst auf der Welt. Ich finde das widerlich.«39
Was sagt Samu eigentlich über seine finnischen Wurzeln? Bei dem Gedanken an seine Heimat wird Samu oftmals tiefsinnig und sagt: »It’s my home!« (»Das ist mein Zuhause!«) Ein ganz klarer Fall von Heimatliebe – wobei dann wieder sein verschmitzter Humor durchblitzt und er grinsend meint: »We are crazy, don’t go there. I love the people there, of course. It’s my motherland.« (»Wir sind verrückt, fahrt lieber nicht dorthin. Aber ich liebe natürlich die Menschen dort. Es ist mein Heimatland.«) Das ist sein Humor mit Tiefgang, den fast alle sofort verstehen. Er fügt in seiner drolligen Mischmaschsprache noch hinzu: »Die finnischen Leute sind strange (seltsam), aber geil.«40 Werbung macht der Blondschopf gerne für seine Heimat, die seiner Meinung nach oft nicht richtig wahrgenommen wird. Natürlich meint er das nicht ernst, wenn er sagt »don’t go there« (»fahrt nicht dorthin«), sondern gibt vielmehr gerne Reisetipps für künftige Finnland-Entdecker. Denn vor allem Helsinki ist für Samu einfach der beste Ort der Welt. Auf die Frage nach seinen Lieblingsplätzen dort antwortet er: »Ateljee Bar, Café TinTin Tango, Restaurants wie das Farang nd Gaijin. Und im Sommer besonders Uunisaari-Beach und die Helsinki-Eishockey-Arena natürlich. Den Stadtpark liebe ich auch. Da kann man super joggen gehen, mitten in der Stadt.«41 Er schwärmt gerne für seine Geburtsstadt:
»Helsinki ist eine sehr schöne Stadt, die bislang leider etwas unterschätzt wird. Ich würde sie an einem Tag anschauen und vor allem die tollen Restaurants sowie eine paar coole Designshops besuchen. Dann ist da noch die erstaunliche Natur Finnlands. Das muss man sich vorstellen. Finnland ist genauso groß wie Deutschland. Mit dem Unterschied, dass hier nur 5,6 Millionen Menschen wohnen. Wir haben mehr als 100 000 Süßwasserseen. Um die fantastische Natur zu erfahren, würde ich wahrscheinlich unser Sommerhaus besuchen. Das liegt nur eine Stunde von Helsinki entfernt. Man kann Wasser direkt aus dem See trinken und morgens Hasen und Rehe von der Terrasse aus beobachten. Außerdem würde ich mir auf alle Fälle ein paar Rock- Konzerte in Helsinki anschauen. Die Bands von hier sind erstaunlich!«42
Er vergisst bei seinen Ausführungen nicht einmal seine finnischen Musikkollegen, was ihn wieder einmal sehr liebenswert macht.
Samu schätzt auch die finnische Literatur, vor allem auf die Bücher von Sofi Oksanen. »Ihre Bücher setzen sich in der Regel mit der finnischen und nordeuropäischen Geschichte auseinander. Das hilft, eine Verbindung mit dem Buch zu bekommen. Sie ist darüber hinaus eine sehr coole Person.« Finnland hat auch eine sehr berühmte Kinderbuchautorin, die Geschichten rund um die »Mumins« schrieb. Und Samu schätzt sie sehr: »Jeder in Finnland kennt Tove Jansson. Die Mumins sind in den nordischen Ländern extrem bekannt und ich mag sie vor allem, weil die Geschichten sehr bodenständig und lehrreich für Kinder sind. Wenn ich eines Tages Kinder haben sollte, werde ich ihnen ganz bestimmt die Mumins als Gute-Nacht-Geschichten vorlesen.« Mit finnischer Literatur ist er aufgewachsen, doch heute bevorzugt Samu eher internationale Literatur, vor allem Biografien. Dies hängt auch damit zusammen, dass er seine Hits auf Englisch schreibt. Zur aktuellen Literatur findet der Vielgereiste außerdem besseren Zugang.43
Da es in Finnland eher nicht üblich ist, sich die Hand zur Begrüßung zu reichen, musste Samu sich zuerst an das häufige Händeschütteln in Deutschland gewöhnen. Eine Ausnahme stellen in Finnland lediglich offizielle Anlässe dar oder wenn jemand lange Zeit abwesend war. Längere Gesprächspausen, etwa bei gemeinsamen Mahlzeiten, werden in Deutschland oft als peinlich oder unangenehm empfunden. In Finnland ist das anders. Die Finnen können auch einfach mal schweigen, ohne dass es von Bedeutung wäre. Pausen in Gesprächen sind in Finnland nicht selten. Beim Sprechen allerdings kommen Finnen meist direkt auf den Punkt. Dies kann schwierige Situationen erträglich und einfacher machen, wie Samu schon bei »The Voice of Germany« bewiesen hat. Ein weiteres Ritual ist ebenfalls eine finnische Besonderheit: Man zieht immer, wenn man bei anderen eingeladen ist und die Wohnung betritt, seine Schuhe aus. Diese Geste der Höflichkeit mag daran liegen, dass sich die Finnen gerne in der Natur aufhalten und sie den Schmutz nicht mit ins Haus bringen wollen. Das Siezen und Duzen aber ist in Finnland fast genau so wie in Deutsch-land: Gleichaltrige duzt man meistens, Ältere nur, wenn man sich gut und länger kennt.44 Samu sieht sich selbst durchaus als Finne: »Ich bin ein ganz normaler Typ aus Finnland. Eigentlich total langweilig!«45
Auch das Erfolgsalbum »Unholy Ground« wurde nicht in einem der exklusiven Studios in den USA oder anderswo produziert, sondern in Finnland, inmitten der Natur. Samu legt den Fokus nicht so gerne auf teure Restaurants, Clubs oder die anderen verführerischen Dinge, die man in den Metro-polen genießen kann. Im finnischen Wald, in der Wildnis, ist die Musik alles, was er hat. Es gibt keine Ablenkung durch das süße Leben, man kann sich voll auf die Musik konzentrieren. Als Beispiel nennt Samu das Petrax Studio inmitten einer finnischen Seenlandschaft. Samu kann sich für sein Land begeistern: »Meine Heimat ist alles für mich, je mehr ich reise, desto mehr freue ich mich auf mein eigenes Bett und Sofa. Und ich liebe Finnland. Das Land hat mir ein wunder-bares Leben geschenkt und ich schätze mich sehr glücklich, in einem der tollsten Länder der Welt geboren zu sein!«46 Die musikalischen Wurzeln der Finnen sieht Samu im slawisch-russischen Bereich:
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