Kapitel 1 Hurra, hurra – Oh nein, die Schule brennt

»Hihihi!«, kicherte mein großer Bruder. Er kippelte auf dem Küchenstuhl nach hinten und hielt sein Smartphone in die Höhe.

Das Display strahlte mit ihm um die Wette. Das war wirklich ein sehr ungewöhnlicher Anblick. Nicht das Smartphone. Das war ständig an und mehr oder weniger mit Toms Hand verklebt. Aber mein Bruder strahlte normalerweise eher weniger, eigentlich guckte er immer ein bisschen so, als hätte er eine saure Gurke im Mund.

Doch heute Morgen grinste er wie blöde und verkündete: »Das ist ja der absolute Hammmeerrrrr!« Leider kippelte er vor Aufregung ein bisschen zu heftig. Der Stuhl rutschte ihm unterm Hintern weg und er knallte auf den Boden. Aber selbst da kicherte er einfach weiter. »Das sind die besten Nachrichten, die ich je gelesen habe, Mila.«

»Was ist denn passiert?«, fragte ich und guckte zu Mama. Aber die las in einem Buch. Und wenn Mama liest, bekommt sie nichts um sich herum mit. »Haben sich endlich ein paar Außerirdische angemeldet, die dich mitnehmen wollen?«, sagte ich.

»Noch besser!«, fand Tom und rappelte sich wieder auf. Geistesabwesend rieb er sich den Hintern und fuhr fort: »Wir haben schulfrei. Unsere Schule ist gestern Nacht abgebrannt.«

»Was?«, rief ich. »Du spinnst ja. Zeig her!«, und riss ihm das Smartphone aus der Hand. Tatsächlich. Da stand:

Schlagzeilen aus Schönbach:
Wohin mit den Schülern?

Gestern Nacht ist die Schönbacher Gesamtschule bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Nur die Kellerräume blieben unversehrt. Niemand wurde verletzt, aber der Sachschaden ist immens. Die Feuerwehr geht von Brandstiftung aus. Anwohner berichten von einer dunklen Gestalt mit Katzenmaske, die nachts auf dem Gelände herumgeschlichen sei. Bis auf Weiteres wird hier kein Unterricht stattfinden können.

Wären doch bloß ein paar Außerirdische gekommen, dachte ich. Das wären auf jeden Fall die besseren Nachrichten gewesen.

Während Tom wie ein zu groß geratenes Rumpelstilzchen durch die Küche tanzte, las ich die Neuigkeiten noch einmal. Und dann ein weiteres Mal. Und dann noch mal laut. Katzenmaske? Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Mama, hast du das gehört? Jemand hat unsere Schule angesteckt«, rief ich.

»Sehr schön, sehr schön«, murmelte Mama nur und blätterte in ihrem Buch um.

»Aber ich sollte doch heute mit Maja unser Referat über die Schneegans in Bio halten!«, rief ich.

Wir hatten ein tolles Plakat gestaltet – mit einer riesigen, echten, schneeweißen Feder in der Mitte. Die hatte mir unser Biolehrer Herr Hobel gestern geschenkt, als ich ihm geholfen hatte, ein paar alte Biobücher in den Keller zu bringen. Dort unten gab es ein richtiges Lager mit solchen Dingen: Steine und Chemikalien, alte Landkarten und Bilder, verwitterte Truhen und Kästen, Federn und sogar ein vollständiges, echtes Menschenskelett!

Zwei ganze Wochen haben wir an dem Plakat gearbeitet.

Na ja, eigentlich habe ich zwei ganze Wochen daran gearbeitet. Es ist nämlich so: Ich liebe Tiere, habe fünfzehn Tierbücher (die ich fast auswendig kenne), sieben Tierquartette (kann ich ebenfalls auswendig), einen supertollen Tierbilderkalender aus Australien (mein Vater lebt dort und schickt mir jedes Jahr einen neuen) und vier Tiergeräusche-CDs (ich kann fast alle Geräusche nachahmen. Also, wenigstens ein paar. Na gut, den Kuckuck und die Hyäne bekomme ich schon ziemlich gut hin!). Und deswegen hat es mir auch gar nichts ausgemacht, als Maja mich gefragt hat, ob ich das alles übernehmen würde.

Schließlich war es das erste Mal nach der Sache mit den Ponys auf ihrer Geburtstagsparty, dass Maja überhaupt mit mir gesprochen hatte.

»Mila«, stellte Tom klar. »Du bist nicht normal. Sei doch froh, dass dir das jetzt erspart bleibt! Also echt, niemand steht gerne vor der Klasse und erzählt was.«

Ich schon. Immerhin habe ich total viel Arbeit da reingesteckt. Und außerdem war es mir das wert. Vielleicht konnten Maja und ich jetzt doch wieder beste Freundinnen sein. Vielleicht hatte sie mir endlich verziehen. Schließlich war es nicht meine Schuld, dass die Ponys nur mich auf sich reiten lassen wollten und Maja und die anderen ständig abwarfen. Ich kann nichts dafür, dass Tiere mich genauso sehr mögen wie ich sie.

Ich schüttelte also den Kopf und dann schüttelte ich Mama an der Schulter. »Mama, hör doch mal zu.«

In dem Moment klingelte das Telefon. Tom ging ran, reichte den Apparat aber gleich an Mama weiter.

»Hallo?«, flötete sie in den Hörer und lächelte mich an, schon im nächsten Moment fror ihr Lächeln ein und verschwand dann langsam. »Wie bitte?«, sagte Mama. »Sie machen einen Scherz.« Und dann sagte sie eine Weile gar nichts mehr, sondern hörte nur noch zu, während ihre Augen immer größer wurden und ihre Stirn ganz wellig. »Ja, dann warten wir auf Ihren Anruf«, beendete sie das Telefonat endlich und setzte sich wieder hin. »Kinder, ihr werdet es nicht glauben, aber eure …«

»Schuhule ist abgebrannt!«, trällerte Tom. »Abgebrannt, abgebrannt, die Schuhule ist abgebrannt …« Seltsamerweise sang er das zu der Dornröschen-ist-ein-schönes-Kind-Melodie. Wer hätte gedacht, dass der das Lied überhaupt kannte?

Was für ein Anblick! Mein großer Bruder tanzte und sang. Wenn es nicht ein so trauriger Anlass gewesen wäre, dann hätte ich mich vor Lachen auf dem Boden gekringelt.

»Tatsächlich«, sagte Mama leise. »Eure Schule ist abgebrannt.«

»Und wir haben schuhulfrei, schuhulfrei, schuhulfrei …!« Tom sang immer noch.

»Aber nur heute«, warf Mama ein.

Tom riss erschrocken die Augen auf und verschluckte sich mitten in seinem Lied. »Nur heute?«, krächzte er und bekam einen Hustenanfall.

Mama nickte: »Das eben war die Elternsprecherin eurer Schule. Gemeinsam mit der Schulsekretärin und dem Schulamt wird noch heute ein Notfallplan aufgestellt und alle Schüler werden auf die umliegenden Schulen verteilt. Spätestens heute Abend erfahren wir, wo ihr ab morgen zur Schule geht. Bis eure Schule wieder instand gesetzt ist.«

»Morgen«, sagte ich erleichtert, »morgen können wir wieder zur Schule. Ich muss unbedingt Maja anrufen«, und schnappte mir den Telefonhörer, den Mama immer noch in der Hand hielt.

»Morgen?«, sagte auch Tom und guckte wieder wie eine saure Gurke.

Kapitel 2 Saure Gurken mal zwei und ein treuer Hund

Am nächsten Morgen guckte ich dann auch wie eine saure Gurke.

»Kann ich nicht zu Hause bleiben?«, murmelte ich beim Frühstück und schob mein Marmeladenbrot lustlos auf dem Brettchen hin und her. »Ich könnte auch hier lernen.«

»Bücher haste jedenfalls genug«, kommentierte Tom, schnappte mir mein unangerührtes Brot vor der Nase weg und verschlang es schneller, als ein Frosch nach einer Fliege schnappen kann.

»Tierbücher ersetzen leider keine Schule«, sagte Mama und bestückte meine Frühstücksdose. »Ihr könnt ja jetzt nicht wochenlangen Unterrichtsausfall haben.«

»Ich könnte schon«, murmelte Tom.

Es kommt ja selten vor, doch da war ich mit ihm sogar mal ganz einer Meinung.

»Aber ich verstehe immer noch nicht, wieso ich in eine andere Schule als Tom und Maja muss«, jammerte ich.

Mama seufzte. Wir hatten das Gespräch schon gestern Abend geführt – nachdem die Elternsprecherin noch mal angerufen hatte. Na ja, eigentlich war es weniger ein Gespräch gewesen. Ich habe eher geweint und auch ein bisschen geschrien und mich danach beleidigt in mein Bett verkrochen. Wo ich übrigens kaum ein Auge zugemacht habe. Erst mal, weil ich echt sauer war, schließlich war das alles total ungerecht. Und außerdem war Vollmond und der hat mir durchs Fenster direkt ins Gesicht geschienen.

»Jede Schule im Umkreis nimmt so viele Schüler auf wie möglich.« Meine Mutter erzählte mir mindestens zum dreizehnten Mal, was die Elternsprecherin ihr gesagt hatte, und war dabei immer noch erstaunlich geduldig. »Und die Wiesenfels-Schule hatte eben nur diesen einen Platz frei.«

»Seit wann gibt es diese Wiesenkack-Schule überhaupt?«, fragte ich nun ebenfalls zum mindestens dreizehnten Mal. Ich hatte noch nie zuvor von dieser Schule gehört, die angeblich ganz in der Nähe von Schönbach und außerdem mitten im Wald lag. »Und was ist mit Tom? Gehen Geschwister nicht zusammen?«

Tom griente mich triumphierend an, aber da sein Mund immer noch voll mit meinem Marmeladenbrot war, konnte er glücklicherweise nichts sagen.

Mama zuckte mit den Achseln. »Mehr weiß ich doch auch nicht. Schatz, bestimmt wirst du dort …«

»… ganz allein sein, während alle anderen zusammenbleiben können«, unterbrach ich sie schlecht gelaunt. Ich konnte es immer noch nicht glauben.

Mama gab mir einen Kuss auf die Wange, tätschelte tröstend meine Schulter und antwortete nicht.

Tom hingegen lachte mich geradewegs aus und ich trat ihm unterm Tisch vors Schienbein. Und auch wenn es das Grinsen nicht völlig aus seinem Gesicht vertrieb, ging es mir danach immerhin für zwei Sekunden etwas besser.

 

»Du musst dreizehn Stationen mit dem Dreizehner fahren«, sagte Mama an der Haustür und steckte mir noch schnell einen Müsliriegel in die Frühstücksdose und eine Wasserflasche zu.

Ich nickte niedergeschlagen. Das wusste ich. Dreizehn Busstationen mit dem Bus Nummer dreizehn bis nach Wiesenfels. Also wenn das kein schlechtes Omen war, dann wusste ich auch nicht. Dreizehn war doch die Unglückszahl überhaupt, das weiß ja jedes Kind.

»Hab einen tollen Tag, mein Schatz!« Mama guckte kurz über meine Schulter, riss die Augen auf und begann zu niesen. Hastig umarmte sie mich, murmelte etwas von »Fellbestie« und machte mir dann hektisch die Haustür vor der Nase zu.

Ich seufzte. Mama hat eine so ausgereifte Tierhaarallergie, da knallt sie sogar schon panisch alle Fenster (und Türen!) zu, wenn nur eine dicke, nektarbeladene Hummel am Haus vorbeibrummt. Oder eben ein Hund vor dem Haus spazieren geführt wird. So wie jetzt.

Der Hund hieß Fenni und gehörte Frau Bernstein, die seit einigen Wochen unsere Schulsekretärin vertrat, die gerade ein Baby bekommen hatte. Sie musste ganz in der Nähe wohnen, denn seit einer Woche traf ich die beiden jeden Morgen auf ihrer Gassigehrunde. Fenni und ich sind auf Anhieb Freunde geworden.

»Wolf!«, krähte Tom direkt hinter mir. Er stürmte die Treppen hinab in den Vorgarten, packte meine Schultern und schob mich wie ein Schutzschild vor sich her. »Jeden Morgen dasselbe«, raunte er in mein Ohr. »Kann die mit ihrem zähnefletschenden Ungeheuer nicht wann anders spazieren gehen?«

»Fenni ist kein Ungeheuer. Und auch kein Wolf!«, verteidigte ich den Hund, der eher wie ein zu klein geratener Bernhardiner aussah, der zu lange nicht mehr beim Friseur gewesen war.

Ich glaube, Tom hat einfach nur Angst vor Hunden, auch wenn er das nie zugeben würde. Jedenfalls schubste er mich auf Fenni zu, faselte was von »rot glühenden Mörderaugen« und rannte in die andere Richtung. Ich zeigte ihm einen Vogel und drehte mich um.

Fenni aber beachtete Tom überhaupt nicht, sondern setzte sich sofort auf meine Füße und wuffte mich erwartungsvoll und schwanzwedelnd an.

»Guten Morgen, mein Lieber«, murmelte ich und streichelte seinen Kopf. »Von wegen glühende Augen«, flüsterte ich ihm ins wuschelige Schlappohr und guckte in die braunsten und freundlichsten Augen, die man sich in einem Hundegesicht überhaupt vorstellen kann. Fenni bellte. Für mich klang es, als würde er lachen.

Frau Bernstein begrüßte mich auch: »Das ist ja ein Ding, Mila, oder? Die schöne, alte Schule! Fast vollständig abgebrannt! Wusstest du, dass deine Schule das älteste Gebäude in ganz Schönbach war?« Sie schüttelte den Kopf und machte »Tststs«. Dann räusperte sie sich und fragte: »Freust du dich denn auf deine neue Schule?«

Sofort rumpelte der Eisklumpen in meinem Bauch wieder, der seit gestern Abend stetig gewachsen war. Fenni, als hätte er das gespürt, leckte tröstend meine Hand.

Ich holte tief Luft und nuschelte dann, dass ich mich ganz und gar nicht darüber freute. Aber ich glaube, Frau Bernstein hörte mich gar nicht, denn sie bekam einen Hustenanfall. Sie kramte ein Taschentuch aus ihrer Rocktasche und putzte sich die Nase. Mit einem leisen Fiepen rutschte Fenni von meinen Füßen auf ihre und schaute besorgt zu ihr hoch.

»Fenni macht sich Sorgen«, sagte ich, ohne nachzudenken. »Werden Sie krank?«

Frau Bernstein lächelte mich an. »Du verstehst Fenni wirklich gut«, sagte sie und nickte vor sich hin. Sie klang wirklich etwas heiser.

Ich strich Fenni über den weichen Rücken, aber ich antwortete nicht. Nicht alle haben Verständnis dafür, dass ich mit Tieren so gut klarkomme. Und verstehen tue ich sie ja auch nicht wirklich. Ich kann schließlich keine Tiersprache sprechen. Aber oft spüre ich einfach, was sie brauchen. So wie die Ponys auf Majas Geburtstag eigentlich nur müde waren, weil sie an dem Tag schon so viele Kinder herumgetragen hatten und viel lieber nur gestreichelt und gefüttert werden wollten.

Frau Bernstein packte das Taschentuch wieder ein und holte stattdessen eine kleine Papiertüte aus ihrer Handtasche. »Ein paar Bonbons«, näselte sie. »Damit wird der erste Schultag bestimmt ganz süß.«

 

Ein Quietschen ertönte hinter uns. Der Bus mit der Nummer 13 bremste an der Haltestelle ein paar Meter entfernt.

Schnell stopfte ich die Bonbons in meinen Rucksack, beugte mich zu Fenni und streichelte ihm noch mal über den sonnenwarmen, weichen Rücken. Um mir Mut anzustreicheln, sozusagen. Dann rannte ich los.

»Danke und gute Besserung«, rief ich Frau Bernstein zum Abschied noch zu.

»Viel Spaß auf Wiesenfels. Und vergiss die Bonbons nicht!«, entgegnete Frau Bernstein.

Fenni schickte ein aufmunterndes »Wuffwuff« hinterher.

Ganz aus der Puste, hechtete ich in den Bus, zeigte dem Busfahrer die Fahrkarte, die Mama mir gegeben hatte, und setzte mich im leeren Wagen ganz nach hinten. Erst als wir losfuhren, fiel mir ein, dass ich ja Frau Bernstein hätte fragen können, warum ausgerechnet ich auf diese Schule geschickt wurde. Aber jetzt war es zu spät.

Niedergeschlagen starrte ich aus dem Fenster.

Kapitel 3 Zwei Burgen und ein Misthaufen

Auf der gesamten Strecke stieg niemand mehr ein. Und nach der fünften Haltestelle sah ich auch kein Haus mehr. Überall war nur Wald. Tiefer, dunkler Wald. Warum hier überhaupt Bushaltestellen waren, war mir ein Rätsel. Und warum kein einziges Kind mit dem Bus zu dieser Wiesenkack-Schule fuhr, auch. Der Bus quälte sich im Schneckentempo die schmale, steile Straße hinauf.

Endlich tauchte das Schild der dreizehnten Station vor uns auf – ich hatte mitgezählt. Ich stand auf, drückte den Stopp-Knopf, und der Busfahrer trat auf die Bremse. Er winkte mir zu. Ich hob zum Abschied auch die Hand, zögerte kurz und stieg dann mit hängenden Schultern aus.

Ich blickte mich um.

Überall nur Bäume und Bäume und noch mehr Bäume. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass der Wald so riesig war, so dunkel und so unendlich grün. Ich meine, na klar, ich war schon öfter darin spazieren gegangen. Aber so weit oben war ich noch nie gewesen.

Eine Weile stand ich etwas unschlüssig da. Ich machte ein paar Schritte in die eine Richtung und dann wieder in die andere. Aber immer behielt ich die Bushaltestelle im Blick. Jetzt bloß nicht verlaufen!

Doch dann entdeckte ich den kleinen Trampelpfad, der zwischen zwei dicken Eichenstämmen hindurch noch tiefer in den Wald führte. Und während mein Herz im Takt mit einem Specht hämmerte, der ganz in der Nähe zu hören war, folgte ich dem schmalen Weg.

Nach ein paar Metern bemerkte ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Ich blieb wie angewurzelt stehen, kniff die Augen zusammen und versuchte, durch die dichten Büsche am Wegesrand zu spähen. War da jemand? Oder etwas? Mein Herz wummerte nun viel schneller als der Specht.

Aber ich konnte nichts erkennen. Also ging ich weiter. Kaum hatte ich mich wieder in Bewegung gesetzt, knackte es erneut neben mir. Das Geräusch schreckte ein paar riesige Schmetterlinge auf, die in die Luft schwirrten. Irgendwas versteckte sich da im Buschwerk.

Ich klemmte mir die Daumen unter die Rucksackriemen, zog die Tasche eng an den Rücken und lief schnell und fast ein bisschen panisch weiter, den Blick immer auf die Büsche neben mir und die hübschen Schmetterlinge geheftet, die ein paar Meter entfernt neben mir herflatterten.

ZACK

Und lief prompt wogegen.

»Au!« Überrascht bestaunte ich die zerbröckelte Mauer, die wie aus dem Nichts vor mir aufgetaucht war. Links davon ragte ein Torbogen hervor, der so aussah, als würde er jederzeit zusammenbrechen. Ein rostiges Schild schaukelte im Wind. Ich musste mich direkt davorstellen, um die verwitterten Buchstaben zu erkennen, und konnte trotzdem nur das Wort Burg entziffern.

Von Schule stand da nichts.

Vorsichtshalber blickte ich mich noch einmal um, aber was auch immer mir gefolgt war, jetzt war es verschwunden. Nichts knackte mehr in den Büschen. Die Schmetterlinge und auch das Gefühl, beobachtet zu werden, waren fort. Vielleicht hatte ich mir das alles ja doch nur eingebildet.

Ich machte zwei tiefe Atemzüge, ging durch das baufällige Tor – und blieb erneut verblüfft stehen. Das war eindeutig eine Ruine. Eine Burgruine. Pflanzen mit großen bunten Blüten rankten an den verwitterten und geborstenen Steinen empor.

War ich hier richtig? Das hier war doch keine Schule. Hier war gar nichts. Nur ein paar alte Steine.

Vorsichtig ging ich weiter und hielt im nächsten Moment vor Überraschung die Luft an.