Luise F. Pusch
Der Kaiser sagt Ja
und andere Glossen
Luise F. Pusch
Der Kaiser sagt Ja
und andere Glossen
WALLSTEIN VERLAG
Für Joey Horsley
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© Wallstein Verlag, Göttingen 2009
www.wallstein-verlag.de
Vom Verlag gesetzt aus der Stempel Garamond
Umschlaggestaltung: Susanne Gerhards, Düsseldorf,
unter Verwendung von »King of Business«, Susan Farrington/
Getty Images
ISBN (Print) 978-3-8353-0455-0
ISBN (eBook, pdf) 978-3-8353-2128-1
ISBN (eBook, epub) 978-3-8353-2129-8
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Inhalt
Engelkinder
Alles so konfus hier
Wer donnert denn da?
Die kleine Bärjungfrau
Familienbande
Mutter Schimanskis Sohn
Feste
Bravo Michael Ostrowski!
Commencement
Film und Fernsehen
Little Women
Oscar 2007
The L-Word/Das L-Wort
Frauenbewegung
FC Köln in der Aufzugin
Iris von Roten, ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus
Haarig
Männer mit Damenbart und fläumige Frauen
Der Bikinibereich
Kunst und Kultur
Jürgen Flimm über erwachsene Knaben, die Leute und ihre Mädels
Kultur am Sonntagmorgen
»Mehr Stolz, ihr Frauen!« (Hedwig Dohm)
Papst sind wir nicht – wir sind Impressionistin
Die Frau als Nacktschnecke
Liebe
Das Hohelied der Liebe von Edeka
Helden der Liebe und Gnadenhochzeit
Krake im Bauch
Literatur
Lessings Neffe
Pippi Langstrumpf, Harry Potter und Co.
Die Wohlgesinnten, die Ausgebufften und andere seltsame Titel
Ein liebendes Pferd
Großmama packt aus, Großpapa kann einpacken
Der Deutsche Buchpreis oder Die einzige Dame unter den sechs Herren
Männlichkeiten
Mac-TV für Macker
Männlichkeiten
Die mannhaften 68er
Schluß mit der Duldungsstarre
Herrenausstatter
Musik
Inniger
Lili Marleen oder Dürfen Frauen Männerlieder singen?
Die Mutter aller Geiger
Paare
Landsfrau Maxima
Der Kaiser sagt Ja
Edo und seine männliche Endung
Sag mir, wo die Frauen sind – wo sind sie geblieben?
Simone, Hillary und die Schürzenjäger
Politik
Hillary und die Weisen Frauen von New Hampshire
Der amerikanische Traum
Hurrikan Hillary
Sprache
»Muttersprache« oder »Herkunftslandssprache«?
Tierleben
Knut, Flocke, Mägdefrau
Weihnachten
Auf dem Weihnachtsmarkt
Die reine Jungfrau zart
Weihnachtsgeschenke
Oh du fröhliche, oh du lesbische …
Verzeichnis der Glossen
In der Zeit Nr. 24 vom 5. Juni schreibt Angelika Dietrich unter der Überschrift »Oma, du bist mein Freund« einen Artikel über das Enkelsitten, wie sie es nennt. Er beginnt mit der Zusammenfassung, die uns neugierig machen und zum Weiterlesen anregen soll:
Die Großeltern sind unentbehrliche Babysitter, wenn die Eltern berufstätig sind. Aber konfliktfrei ist dieses Arrangement nicht.
Wie denn nun? Oma oder Großeltern? Ich bin tatsächlich neugierig geworden. Wir wissen schon, daß die Frauen auch noch im fortgeschrittenen Alter fast die ganze Familien-Arbeit alleine machen, aber zunächst wird uns noch etwas mehr Sand in die Augen gestreut:
30 Prozent der Großmütter in Deutschland betreuen mindestens einmal pro Woche ihre Enkelkinder. Bei den Großvätern ist es etwa ein Viertel. Und weniger regelmäßig hüten fast 60 Prozent der Großmütter und mehr als die Hälfte aller Großväter innerhalb eines Jahres ihre Enkelkinder. Das haben Karsten Hank von der Universität Mannheim und Isabella Buber vom Demographischen Institut Wien in einer Studie zu Generationenbeziehungen im alternden Europa festgestellt.
Also in beiden Gruppen, wenn ich richtig rechne, sollen die Großväter grade mal 5 Prozent weniger beteiligt sein am Enkelbetreuen? Ich glaube das nicht. Und die Autorin anscheinend auch nicht. Denn im Rest des Artikels redet sie nur noch vom Modell Oma:
Das Oma-Modell ist für die, die keine Oma zum Kinderhüten haben, Anlass zum Neid: Die Oma kostet nichts, die Oma hat keine Schließzeiten, die Oma ist keine fremde Bezugsperson, man kennt die Erziehungsmethoden. Die Oma als Zauberformel, die alle Betreuungssorgen löst.
Opa kommt auch tatsächlich in dem ganzen Artikel nur ein einziges Mal vor, und zwar sagt eine weit auswärts enkelsittende Oma über ihn: »Ich habe ja hier auch noch mein Leben und meinen Mann. Der ist nicht sehr häuslich. Wenn ich weg bin, koche ich vor und bitte die Nachbarn, den Müll rauszustellen.«
»Nicht sehr häuslich« ist gut. Ihr Mann ist offenbar ein Oberfaultier – daß sie es mit ihm noch aushält, kann nur an seiner üppigen und ihrer Mini-Rente liegen. Und wo hat Opa gelernt, daß er noch nicht mal den Müll alleine rausstellen kann, so daß seine Frau das mit Hilfe der Nachbarn (ich vermute: Nachbarin) organisieren muß?
Sicher schon in frühster Kindheit, als seine Mutter alles hinter ihm her räumte, ihn bekochte usw. Und wenn die nicht (mehr) konnte, kam die Oma zu Hilfe.
Der Artikel schließt mit einer herzigen Betrachtung:
Als sich Annemarie Seifert auf ihren neuen Job einließ, war sie 74. Ob sie je bereute, was sie sich da auflud? Sie schweigt ein wenig, die Bäckchen werden rosa, dann sagt sie: »Wenn Jasper sagt, ›Oma, du bist mein Freund‹, da geht einem das Herz auf. Das ist immer der Mühe wert.« Und ihre Tochter muss einfach damit klarkommen, dass die Kinder am Freitag »Oma« zu ihr sagen.
Aber nicht nur die Kinder sind konfus. Alle sind konfus. Ist ja auch kein Wunder bei der konfusen Sprache, die die Arbeit der Omas den »Großeltern« zuschreibt. Oma bekommt dafür den Ehrentitel »Freund«, der sie so rührt, daß ihm das Herz aufgeht. Nicht ihr? Nein, »da geht einem das Herz auf«, sagt der Freund.
Juni 2008
Gestern und vorgestern hatten wir »granny duty«, zu Deutsch »Enkelsitten«: Unsere lebhaften 6jährigen Zwillings-Engelkinder waren zu Besuch, damit die gestreßten Eltern sich ein bißchen von ihnen erholen konnten.
Gegen Mittag gab es ein heftiges Gewitter, und während Aeryn auf dem Sofa unbeeindruckt weiter in ihrem Buch las, flüchtete Elizabeth zu uns in die Küche. Ob wir einen Blitzableiter hätten, wollte sie wissen. »Nein, in der Straße sind so viele höhere Häuser und noch viel höhere alte Bäume, die werden zuerst getroffen«, versicherten wir.
Die Auskunft beruhigte sie nicht sehr, deshalb versuchte sie es mit einem Scherz: »Ich habe gehört, wenn es so regnet, das bedeutet, Gott ist auf dem Klo.«
»Oder Gott weint«, meinte Joey, der die Gleichung Regen = Pipi zu prosaisch war.
»Und wenn es donnert, das bedeutet, daß Gott böse ist«, erklärte Elizabeth weiter. Und nach einer Pause: Ihre Mutter (Joeys Tochter Kate ist Lehrerin) hätte erzählt, die Jungens glaubten, Gott wäre ein Er, aber die Mädchen glaubten, Gott wäre eine Sie.
»Und was glaubst du?« fragten wir.
Sie dachte längere Zeit nach. »I think God is a boy«, bemerkte sie schließlich. Sie dachte also auch mehr an ihresgleichen, aber eher generationsmäßig.
Während draußen der Regen immer heftiger rauschte, die Blitze in immer schnellerer Folge blitzten und der Donner furchterregend grollte, entspann sich ein tiefschürfendes Gespräch unter Frauen.
»Ich denke«, sagte ich, »das ist nicht Gott, der Pipi macht und böse ist, sondern Mutter Natur, die ein wenig saubermacht. Etwas geräuschvoll, gebe ich zu.«
»Ich glaube«, sagte Elizabeth, »Mutter Natur ist die Frau von Gott.«
»Wieso?« fragten wir.
»Weil wenn Gott der Vater ist und wir Gottes Kinder, braucht man auch eine Mutter. Mutter Natur. Und Jesus war ihr Lieblingskind.«
»Ja, er hatte ein paar ganz gute Ideen«, gaben wir zu.
»Aber wenn Gott nun eine Sie ist?«
»Dann sind die Eltern eben zwei Frauen, so wie bei euch. Everybody knows that girls can marry girls.«
Damit waren wir sehr einverstanden.
Aeryn hatte inzwischen ihr Buch ausbuchstabiert und gesellte sich zu uns. Sie las es uns noch einmal vor. Dann mußte auch ich noch ein Bilderbuch vorlesen. Es hieß Arthur’s First Kiss, von Marc Brown. Joey hatte das Buch gestern, nichts Böses ahnend, extra für den Engelbesuch aus der Leihbibliothek geholt.
»Pfui«, rief ich aus, als ich das Buch zu Ende vorgelesen hatte. »Das Buch sagt, es ist für einen Jungen besser, von einem Hund abgeschleckt als von einem Mädchen geküßt zu werden.«
»Gar nicht pfui!« widersprach Aeryn zornig. Und es donnerte wieder ein wenig. Ob das nun Gottvater war, den meine Bemerkung erbost hatte, oder Mutter Natur, die sich herzhaft eins furzte – wer kann das wissen.
Juni 2008
Letzten Sonntag kamen die beiden Engelkinder aus ihren Ferien in Maine zurück. Im Schlepptau hatten sie zwei neue Puppen, eine bear princess und eine bear mermaid oder »bear maid« – zu Deutsch wohl »kleine Bärjungfrau« (auf Bärin verzichte ich hier mal wegen der Assonanz Meer/Bär).
Einen Tag zuvor hatte ich mich in der Glosse zum Bikinibereich über seltsame amerikanische Bräuche wie die Ausstattung von Babys mit einem BH verbreitet (s. S. 42-44). Was könnte dazu besser passen als jetzt die Kleine Bärjungfrau mit ihrem ebenfalls total überflüssigen BH?
Aeryn und Elizabeth lieben die Puppen sehr, deshalb blieb ich bei dem kuriosen Anblick so ernsthaft wie möglich und bewunderte sie nach Kräften, besonders die aparte Kreuzung zwischen einer Jungfrau, einem Fisch und einer Bärin.
Hans Christian Andersens Kleine Meer- oder Seejungfrau bedeckt ihre Blöße bei Bedarf mit Meerschaum oder mit ihren langen Haaren – der BH war ja zu Andersens Zeiten auch noch gar nicht erfunden. Aber die kleine Bärjungfrau hat ja nun keinerlei Blöße mehr, nur ihr weiches Teddyfell. Den rosa BH hat sie nur verpaßt bekommen, damit sie nicht zu weit vom Original abweicht, Walt Disneys Little Mermaid. Die wiederum trägt ihren lila BH nicht nur wegen der Sittlichkeit, sondern vor allem wegen des Merchandising, wie Joey meinte: Bei einer Puppe ließe sich mit Meerschaum und langem Haar nicht so leicht hantieren wie in der Literatur oder im Film.
Sie ist gelernte Mutter und kennt sich aus. Wenn wir Disneys Little Mermaid mit der Statue der Kleinen Seejungfrau im Hafen von Kopenhagen vergleichen, fallen neben der unterschiedlichen Dessous-Ausstattung auch die Unterschiede im Taillenumfang und der Haarpracht ins Auge. Nachdem Disney den Busen eingepackt hatte, mußten sie die Gestalt halt anderweitig verschärfen.
© Joey Horsley
Die Kleinen nehmen hin, was ihnen geboten wird; sie sind vernarrt in die bärigen Damen und würden nicht verstehen, was an einer Kleinen Bärjungfrau etwa komisch sein soll.
Auch ich habe mich inzwischen an das extravagante Paar gewöhnt und mag es nicht mehr missen.
Juli 2008
Götz George wird am 23. Juli 70 Jahre alt. Schon ein Vierteljahr vorher fingen die Medien an, ihren Schimanski zu feiern, von TTT – Titel Thesen Temperamente bis Beckmann. Nichts gegen Götz George oder Schimanski, einige der ruppigen Duisburg-Tatorte habe ich gesehen und konnte so die berühmte »Körperlichkeit« der »Naturgewalt« Götz George auch genießen. Ohne Vorführung der blanken Heldenbrust tat George es nicht, das vor allem ist mir in Erinnerung geblieben. »Ob er wohl wieder den Strip hinlegt?« fragten wir uns jeweils zu Anfang – und wurden nie enttäuscht.
Die feministische Relevanz des Themas Götz George drängte sich mir gleich in der ersten Geburtstags-Sendung auf, die ich zufällig mitbekam. Götz Georges Eltern waren die berühmte Schauspielerin Berta Drews und der berühmte Schauspieler Heinrich George, auch er gern als »Naturgewalt« charakterisiert. Heinrich George hieß eigentlich mit Nachnamen Schulz, aber George klingt ja viel edler, und so nennt Götz Schulz sich denn auch lieber Götz George, Adel verpflichtet. Er hätte sich allerdings auch Götz Drews nennen können, nach der von ihm scheint’s sehr geliebten Mutter und großartigen Schauspielerin. Großartige SchauspielerInnen waren beide Eltern, aber beide waren auch Nazi-Kulturgrößen. Nur auf diesem weniger rühm lichen Gebiet hat sich Heinrich den Vorrang ehrlich verdient.
TTT verlor über die Mutter kein einziges Wort. George war nur »der Sohn des großen Heinrich George«. Daß der »bis zum Schluß blind vor den Nazigrößen Harfe gespielt hat« (Jürgen Fehling) – kein Thema, vergeben und vergessen (s. dazu Ernst Klee, Das Kulturlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt/M. 2007, S. 178).
In der Beckmann-Talkshow trat auch Götzens einziges Kind auf, Tochter Tanja, als Überraschung eingeflogen aus Australien, sie arbeitet dort für den Film, neuerdings ist sie auch Bildhauerin. Tanja heißt auch George nach dem Vater und Großvater, obwohl die Ehe ihrer Eltern nach zehn Jahren geschieden wurde und sie bei ihrer Mutter Loni von Friedl aufwuchs, der sie wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Götz George sieht sie so wenig ähnlich, daß frau sich fast fragen möchte, wer denn da vielleicht der Kuckucksvater war …
Die SchauspielerInnenfamilie Drews-George-von Friedl kann als Musterbeispiel dafür dienen, daß die mütterliche Abstammungslinie (die biologische und die künstlerische) in unserem männlichen Kulturbetrieb keine Rolle spielt, egal wieviel die Mütter für ihr Kind getan haben und egal wie bedeutend sie sind.
Heinrich George starb mit 52 Jahren, da war sein Sohn Götz 8 Jahre alt. Er konnte mithin nicht viel Einfluß auf ihn ausüben, ihm höchstens schauspielerisches Talent und »massive Körperlichkeit« vererben, und das hat er wohl auch getan. Mächtigen Einfluß auf ihr Kind Götz hatte hingegen die Mutter, Berta Drews, die 1987 starb, da war Götz 49! In der Beckmann-Show dankte er ihr auch überzeugend für all die Liebe, mit der die früh und urplötzlich Verwitwete ihre beiden Söhne großgezogen hat. Aber mit keiner Silbe würdigte er die Mutter als die große Schauspielerin, die sie war – und von der er ja wohl mindestens soviel Talent geerbt hat wie von seinem berühmt-berüchtigten Vater.
Gut, frau kann verstehen, daß in unserer patriarchalen Kultur der Sohn sich eher am Vater ausrichtet, vielleicht gerade, weil er früh verstarb. Das führt fast automatisch zur Verklärung. Aber ausgerechnet bei diesem Nazi-Vater?
Nun zur Tochter, Tanja George. Was tut sie? Das TV blendet immer brav ein, sie sei die Tochter von Loni von Friedl und Götz George. Tanja erzählt auch, der Vater habe die Familie verlassen und man habe sich halt nur noch in den Ferien gesehen. Woraus wir schließen dürfen, daß auch sie bei der Mutter aufwuchs. Auch ihre Mutter, die bereits mit 15 am Burgtheater spielte, ist eine große Schauspielerin, außerdem ist sie wirklich von Adel.
Trotzdem nennt die Tochter sich lieber nach dem Vater und dem Nazi-Großvater, Tanja George, nicht Tanja von Liebentreu oder von Friedl, dem richtigen bzw. dem Künstlerinnennamen der Mutter. Und sie sagt bei Beckmann, ja, in ihrer Filmarbeit zeige sich schon das Erbe des Vaters. Nicht: der Eltern. Ihre Mutter erwähnt sie kein einziges Mal. Dabei hatten wir doch grade Muttertag!
Zum Schluß dieser betrüblichen, aber keineswegs überraschenden Bilanz ein Zitat aus Bertha Drews’ Erinnerungen, die ihren Söhnen Jan und Götz gewidmet sind (Wohin des Wegs? Erinnerungen. Frankfurt/M., Berlin, Wien 1988 [1986], S. 294):
… hatte ich schließlich im Laufe der Jahre eine Reihe von Auszeichnungen erworben, war Ehrenmitglied des Schiller-Theaters und für die vielen treuen Verehrer Heinrich Georges dessen respektable Witwe, die man oft bevorzugt bediente. Das alles wurde in den Schatten gestellt durch das Prädikat »Mutter von Schimanski«. Fans, die mich ansprachen, hatten sicher keine Ahnung, daß es eine Schauspielerin gibt, die seit 1930 in Berlin ansässig ist und die Berta Drews heißt!
Falls Mutter Schimanskis Sohn selber eine Ahnung davon hat, ließ er davon nichts durchblicken. Eisern.
Juni 2008
Gestern abend brachte 3sat die Eröffnung der Wiener Festwochen, das Große Finale des 13. Eurovisionswettbewerbs für »junge Musiker« (sic). Zehntausende hatten sich auf dem Wiener Rathausplatz versammelt, um dem Mega-Event beizuwohnen. Ihnen und den ZuschauerInnen in aller Welt gab der charmante und witzige Moderator Michael Ostrowski eine gründliche Lektion in frauenfreundlicher Sprache. Konsequent redete er von den sieben Finalistinnen.
»Na so was«, fragten wir uns, »sind da wirklich nur Frauen ins Finale gekommen?« Wir wissen ja, daß Frauen oft besser sind, aber daß das auch mal erkannt und anerkannt wird, ist doch eher selten. Nach zwei, drei Finalistinnen trat dann aber überraschend ein Finalist auf; er spielte die Oboe. Der unerschrockene Sprachpionier redete weiter nur von Finalistinnen, Musikerinnen und den Zuschauerinnen auf dem Platze, den »lieben Freundinnen hier und an den Bildschirmen in aller Welt«, die er zum Schluß aufforderte, mit ihren Partnerinnen den Abschlußwalzer zu walzen.
Eine Sternstunde des Fernsehens. Wir möchten mehr von Michael Ostrowski sehen und hören!
Mai 2006
Diese Glosse paßt zum Monat Juni, aber ich schrieb sie drei Monate vor dem 11. September 2001. Die ausgelassene, zukunftsfrohe Stimmung der Commencement-Feier, die auch mich Party-Muffelin ansteckte, ist vielleicht unwiederholbar. Inzwischen haben die Untaten der Bushregierung das Amerikabild radikal verdüstert – nicht nur für den Rest der Welt, sondern vor allem für die meisten US-AmerikanerInnen selber, was der Rest der Welt gern übersieht. Tun wir also einen Blick zurück in ein anderes Zeitalter.
Im Juni feiern US-amerikanische Universitäten »Commencement« (wörtlich: »Beginn«). Auf deutsch wäre das eine akademische Abschlußfeier, aber hier betont man – wie wir schon von den »Pro-Choice«- und »Pro-Life«-Abtreibungskontrahenten wissen – lieber das Positive: Jeder Abschluß ein Beginn.
Mit dem Commencement werden alle Studierenden eines Jahrgangs, wobei unter »Jahrgang« anders als beim Wein das Jahr des Abschlusses verstanden wird, mit Pomp und hochbezahlten Reden eingeflogener »Celebrities« von ihrer Uni verabschiedet und ins außeruniversitäre Leben entlassen. Jede Uni hat ein großes Interesse daran, daß die Studierenden sie in guter Er innerung behalten und lebenslang stolz auf ihre Ver bindung zu gerade dieser Uni sind: Sie sollen nämlich der zahlreichen Gruppe der Ehemaligen (Alumnae/Alumni) beitreten und ihre Verbundenheit nicht nur durch T-Shirts, Baseball-Mützen und Kaffeebecher mit dem Uni-Logo, sondern vor allem durch kräftige Spenden lebenslang feiern (»celebrate« – eins der Lieblingsworte für das landesübliche tatenfrohe Eintreten für Werte aller Art).
In Deutschland bezahlt der Staat die Universität, und was die Studierenden von ihrer Uni halten, ist dieser gänz lich wurscht. Ein Verbundenheitsgefühl mit meiner Uni? Lächerlich! Mit meinem – Jahrgang? Was soll das denn sein?
Die richtig großen amerikanischen Unis, wie z. B. Stanford in Palo Alto, Kalifornien, brauchen für ihre Commencement-Zeremonie ein Sportstadion. Zum Com mence ment der Harvard-Universität ist jeweils ganz Boston und Cambridge mit den Autos der aus dem ganzen Land und aus Übersee angereisten Verwandten des Abschlußjahrgangs verstopft.
Meine Lebensgefährtin ist Prof an der auch nicht grade mickrigen University of Massachusetts in Boston, kurz UMass Boston, und waltet dort zur Zeit als Interim Associate Dean of Undergraduate Education. So muß sie sich auf dem Antwortgerät melden, und so wird sie bei offiziellen Anlässen auch angeredet. Obwohl die AmerikanerInnen sonst alles abkürzen, sogar das flott auszusprechende »world wide web« zu »doubleyou doubleyou doubleyou« bzw. »dubya dubya dubya«, haben sie es bei diesem Wortungetüm noch nicht geschafft. Joey war als Interim Associate Dean of Undergraduate EducationBay side Expo Center