Über dieses Buch

Am 22. Mai 1979 hielt der spätere Nobelpreisträger und indische Wirtschaftswissenschaftler und Philosoph Amartya Sen in Stanford einen programmatischen Vortrag mit dem Titel »Equality of What?«. Darin übt er scharfe Kritik an den herrschenden Gleichheitsvorstellungen und skizziert als Alternative zum ersten Mal die Grundzüge seines berühmten Fähigkeitenansatzes: Dieser Ansatz ist mittlerweile nicht mehr aus den Diskussionen um Gleichheit und Ungleichheit und deren Messung sowie um Fragen der Gerechtigkeit, Freiheit und des guten Lebens wegzudenken.

Sens einflussreicher Aufsatz wird hier erstmals in deutscher Übersetzung sowie mit Kommentar und einem einführenden Nachwort veröffentlicht.

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Fußnoten

Anmerkung: Für ihre hilfreichen Kommentare bin ich Derek Parfit, Jim Griffin und John Perry sehr dankbar.

J. Rawls, A Theory of Justice, Cambridge: Harvard University Press, 1971, S. 1722 [dt.: Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt a. M. 1979, S. 3439]. Siehe auch W. Vickrey, »Measuring Marginal Utility by Reactions to Risk«, in: Econometrica 13 (1945), und J. C. Harsanyi, »Cardinal Welfare, Individualistic Ethics, and Interpersonal Comparisons of Utility«, in: Journal of Political Economy 63 (1955).

R. M. Hare, The Language of Morals, Oxford: Clarendon Press, 1952 [dt.: Die Sprache der Moral, Frankfurt a. M. 1972]; »Ethical Theory and Utilitarianism«, in: H. D. Lewis (Hrsg.), Contemporary British Philosophy, London: Allen and Unwin, 1976, S. 116117 [dt.: »Ethische Theorie und Utilitarismus«, in: Jörg Schroth (Hrsg.), Texte zum Utilitarismus, Stuttgart 2016, S. 178207, hier S. 183].

Ich habe dieses Format für eine axiomatische Gegenüberstellung der Rawls’schen und utilitaristischen Kriterien zu verwenden versucht, vgl. dazu »Rawls versus Bentham: An Axiomatic Examination of the Pure Distribution Problem«, in: Theory and Decision 4 (1974) [S. 301309]; wieder abgedruckt in: N. Daniels (Hrsg.), Reading Rawls, Oxford: Blackwell, 1975 [S. 283292; dt.: »Rawls vs. Bentham: Eine axiomatische Untersuchung des reinen Verteilungsproblems«, in: Otfried Höffe (Hrsg.), Über John Rawls’ Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt a. M. 1977, S. 283295]. Siehe auch L. Kern, »Comparative Distributive Ethics: An Extension of Sen’s Examination of the Pure Distribution Problem«, in: H. W. Gottinger / W. Leinfellner (Hrsg.), Decision Theory and Social Ethics, Dordrecht: Reidel, 1978 [S. 187200] und J. P. Griffin, »Equality: On Sen’s Equity Axiom«, Oxford: Keble College, 1978 [wieder abgedr. in: Mind 358 (1981) S. 280286; vervielfältigt].

Die Gleichheitsbedingung müsste durch eine entsprechende Kombination von Ungleichheitsanforderungen ersetzt werden, wenn die entsprechenden »Stetigkeits«-Eigenschaften nicht gelten. Tiefergreifende Schwierigkeiten ergeben sich durch »Nicht-Konvexitäten« (z. B. zunehmender Grenznutzen).

J. Harsanyi, »Can the Maximin Principle Serve as a Basis for Morality? A Critique of John Rawls’s Theory«, in: American Political Science Review 69 (1975) [S. 594606].

Wie bereits in einer vorigen Anmerkung erwähnt, müssten die Gleichheitsbedingungen bei fehlender Stetigkeit des entsprechenden Typs verändert werden. Transfers müssen bis zu dem Punkt vorgenommen werden, an dem der Grenznutzengewinn der Gewinner aus jedem weiteren Transfer nicht größer ist als der Grenznutzenverlust der Verlierer.

Hare (1976), S. 116 f. [dt.: »Ethische Theorie und Utilitarismus«, in: Jörg Schroth (Hrsg.), Texte zum Utilitarismus, Stuttgart 2016, S. 178207, hier S. 183].

John Harsanyi, »Non-linear Social Welfare Functions: A Rejoinder to Professor Sen«, in: R. E. Butts / J. Hintikka (Hrsg.): Foundational Problems in the Special Sciences, Dordrecht: Reidel, 1977, [S. 293296] S. 294 f.

Collective Choice and Social Welfare, San Francisco: Holden-Day, 1970, Kap. 6 und Abschn. 11.4; »On Weights and Measures: Informational Constraints in Social Welfare Analysis«, in: Econometrica 45 (1977) [S. 15391572]. Siehe auch T. M. Scanlons Argumente gegen die Gleichsetzung von Nutzen mit ›Dringlichkeit‹ in seinem Aufsatz »Preference and Urgency«, in: Journal of Philosophy 72 (1975) [S. 655669].

Zu zwei raffinierten Beispielen für eine solche Übung siehe Peter Hammond, »Dual Interpersonal Comparisons of Utility and the Welfare Economics of Income Distribution«, in: Journal of Public Economics 6 (1977) S. 5157; und Menahem Yaari, »Rawls Edgeworth, Shapley and Nash: Theories of Distributive Justice Re-examined«, in: Research Memorandum 33, Hebrew University Jerusalem: Center for Research in Mathematical Economics and Game Theory, 1978.

Siehe Harsanyi (1955, 1975, 1977).

Siehe dazu Thomas Nagel, »Rawls on Justice«, in: Philosophical Review 82 (1973) [S. 220234] und »Equality« in seinen Mortal Questions, Cambridge: Cambridge University Press, 1979 [S. 106127].

Das Problem ist sehr viel komplexer, wenn der Gesamtkuchen [bzw. dessen Größe] nicht festgelegt ist und die Maximierung der Nutzensumme nicht zu einer Gleichheit der Gesamtnutzen führen muss, es sei denn, man macht einige zusätzliche Annahmen, z. B. das Fehlen von Anreiz-Argumenten für Ungleichheit.

On Economic Inequality, Oxford: Clarendon Press, 1973, S. 1620.

Siehe John Harsanyi, »Nonlinear Social Welfare Functions«, in: Theory and Decision 6 (1975), [S. 311332] S. 311 f.; Harsanyi 1977; Kern 1978; Griffin 1978; Richard B. Brandt, A Theory of the Good and the Right, Oxford: Clarendon Press, 1979, Kap. 16.

Eine solche Annahme wird in meinem Schwachen Gerechtigkeitsaxiom [Weak Equity Axiom] getätigt, das ich in Sen 1973 vorgeschlagen habe, doch es stellt unnötig hohe Ansprüche an die Zurückweisung des Utilitarismus. Für eine aufschlussreiche Kritik am Schwachen Gerechtigkeitsaxiom in dieser anspruchsvollen Form siehe Griffin 1978.

Siehe Sen 1977 und auch meinen Aufsatz »Welfarism and Utilitarianism«, in: Journal of Philosophy 76 (1979) [S. 463489].

Siehe P. J. Hammond, »Equity, Arrow’s Conditions and Rawls’ Difference Principle«, in: Econometrica 44 (1976) [S. 793804]; S. Strasnick, »Social Choice Theory and the Derivation of Rawls’ Difference Principle«, in: Journal of Philosophy 73 (1976) [S. 8599]; C. d’Aspremont / L. Gevers, »Equity and Informational Basis of Collective Choice«, in: Review of Economic Studies 44 (1977) [S. 199209]; K. J. Arrow, »Extended Sympathy and the Possibility of Social Choice«, in: American Economic Review 67 (1977) [S. 217225]; A. K. Sen, »On Weights and Measures: Informational Constraints in Social Welfare Analysis«, in: Econometrica 45 (1977) [S. 15391572]; R. Deschamps / L. Gevers, »Leximin and Utilitarian Rules: A Joint Characterization«, in: Journal of Economic Theory 17 (1978) [S. 143163]; K. W. S. Roberts, »Possibility Theorems with Interpersonally Comparable Welfare Levels«, in: Review of Economic Studies 47 (1980) [S. 409420]; P. J. Hammond, »Two Person Equity« [»Equity in Two Person Situations: Some Consequences«], in: Econometrica 47 (1979) [S. 11271135].

P. Suppes, »Some Formal Models of Grading Principles«, in: Synthese 6 (1966) [S. 284306].

Leximin – und Maximin – befassen sich mit Konflikten zwischen positionalen Prioritäten, d. h. zwischen Rangstufen (wie etwa der »am schlechtesten gestellten Position«, der »am zweitschlechtesten gestellten Position« usw.), und nicht mit interpersonellen Prioritäten. Wenn Positionen mit Personen zusammenfallen (und z. B. dieselbe Person die am schlechtesten gestellte in jedem Zustand ist), dann führen positionale Konflikte direkt zu personalen Konflikten.

Theorem 8, Sen 1977. Siehe auch Hammond 1979 zu Erweiterungen dieses Ergebnisses.

Rawls 1971, S. 30 f. [hier zit. nach der dt. Übers.: Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt a. M. 1979, S. 49].

John Stuart Mill, On Liberty, 1859, S. 140 [dt.: On Liberty. Über die Freiheit. Engl./Dt., Stuttgart 2009 (Reclams Universal-Bibliothek. 18536) S. 238].

Sen 1970, bes. Kap. 6. Siehe außerdem Sen 1979.

T. M. Scanlon 1975, S. 658 f.

Rawls 1971, S. 6065 [dt. S. 8186, Zitate S. 83 und 81].

H. L. A. Hart, »Rawls on Liberty and Its Priority«, in: University of Chicago Law Review 40 (1973) [S. 534555]; wieder abgedruckt in: N. Daniels (Hrsg.), Reading Rawls, Oxford: Blackwell, 1975.

John Rawls, »A Kantian Conception of Equality«, in: Cambridge Review 96 (Februar 1975), S. 9499, S. 96.

Endnoten

Der englische Originaltitel lautet »Equality of What?«. Für den deutschen Titel wurde die Doppelung ›Gleichheit? Welche Gleichheit?‹ gewählt, um die im Englischen enthaltene genauere Frage nach der Art der Gleichheit, um die es gehen sollte, etwas besser einzufangen als dies mit ›Welche Gleichheit?‹ allein möglich gewesen wäre.

Unter einer prudentiellen Wahl ist hier eine Wahl zu verstehen, die eine Person im Sinne ihrer Eigeninteressen auf der Basis von Klugheitsgründen trifft.

das Ergebnis des Grenzschwanzes, der mit dem Gesamthund wackelt: Im Original spielt Sen mit »the marginal tail wagging the total dog« auf den engl. Ausdruck »the tail wagging the dog« (der Schwanz wedelt den Hund) an. Damit ist gemeint, dass ein kleiner, unwichtiger Teil die Kontrolle über das wichtigere Gesamte übernimmt.

Maximin-Regel: vgl. hierzu im Nachwort S. 58.

Ordinalität: vgl. hierzu im Nachwort S. 54, 69.

Vgl. Anm. 2.

Pareto-Prinzip: vgl. hierzu im Nachwort S. 54.