SkyTest® Piloten-Assessment 2021

Autoren: Dennis Dahlenburg, Dipl.-Wirtschaftsjurist

Andreas Gall, Dipl.-Wirtschaftsinformatiker

Herausgeber: Aviation Media & IT GmbH

Akazienweg 3

91083 Baiersdorf

Deutschland

Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt

Kontakt: Aviation Media & IT GmbH

Piloten-Assessment 2021

Akazienweg 3

91083 Baiersdorf

Deutschland

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© Aviation Media & IT GmbH, Baiersdorf, November 2020

ISBN 9783848271306

Vorwort

Die Corona-Krise hat den Dauersteigflug der Linienluftfahrt 2020 jäh gestoppt – rund 75.000 Piloten, vor der Pandemie heiß umworbene Arbeitnehmer, müssen um Jobs und Karrieren bangen. Frühestens 2024 erwarten große Netzairlines mit hohem Interkontinentalanteil wie Lufthansa wieder einen Passagierverkehr auf dem Niveau von 2019 – Preisbrecher wie der irische Marktführer Ryanair oder die ungarische Wizz Air rechnen hingegen schon bis Ende 2021 mit einer vollständigen Erholung. Ist es in dieser neuen Realität noch ratsam, eine Laufbahn als Verkehrspilot überhaupt in Betracht zu ziehen?

SkyTest® Piloten-Assessment erscheint seit 2008, Jahr für Jahr. Kurz nach der Erstausgabe dieses Buchs wurde die Luftfahrbranche von der schweren Finanzkrise durchgerüttelt, zahlreiche Airlines meldeten Insolvenz an – oder suchten ihr Heil in Zusammenschlüssen. Der Arbeitsmarkt für Piloten ging kurzfristig in die Knie – und kam in den 2010er Jahren umso stärker zurück. In der Corona-Krise haben Staaten weltweit milliardenschwere Rettungspakete für die Luftfahrt geschnürt, die Branche hat insgesamt eine realistische Chance auf Erholung. Deren Tempo wird allerdings von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Ryanair und Wizz Air wittern eine günstige Gelegenheit auf Marktanteile – sie wollen ihr Flugangebot nach der Krise möglichst rasch hochfahren. Auch die in der Krise florierende Luftfracht dürfte in den nächsten Jahren dynamischere Wachstumsraten verzeichnen als ihr zuvor zugeschrieben wurden. Zeitgleich hat die Corona-Krise – da gibt es nichts zu beschönigen – die Karrierepläne ganzer Jahrgänge von Flugschülern durchkreuzt. Allein an der Lufthansa-Pilotenschmiede EFA könnten bis zu 700 Schüler ihre Ausbildung – mangels Aussicht auf zeitnahe Einstellung – vorzeitig abbrechen. Diese Piloten werden dem Arbeitsmarkt auf lange Sicht fehlen.

Die Krise hat gezeigt, wie schnell das Berufsumfeld in der Verkehrsfliegerei von einem Extrem ins andere umschlagen kann. Wer 2021 eine Flugausbildung beginnt, sollte seine Karriereplanung von vornherein mit einem „Plan B“ absichern – und die ATPL-Kurse mit einem Studium kombinieren.

Vor der anspruchsvollen Pilotenausbildung (oder einem Direkteinstieg mit Lizenz) lauert nach wie vor eine Hürde: das Auswahlverfahren, dem sich ausnahmslos jeder Berufspilot früher oder später stellen muss – oft schon an der Flugschule, in jedem Fall vor der Einstellung. In der Regel aufgeteilt in eine kapazitive, fliegerische Potenzialabklärung, eine flugpsychologischen Untersuchung mit eingehendem Interview und eine Feststellung der flugmedizinischen Tauglichkeit („Medical“) trennt das Screening aussichtsreiche von nicht aussichtsreichen Bewerbern für eine fliegerische Ausbildung („ab initio“) oder einen Airline-Direkteinstieg („ready entry“).

SkyTest® Piloten-Assessment 2021 nimmt Sie mit hinter die Kulissen der gängigen Auswahlverfahren europäischer und internationaler Airlines mit Schwerpunkt auf die kapazitiven, computergestützten Eignungstests. Wer versteht, weshalb und wie diese Tests durchgeführt werden, hat bessere Chance, sie zu bestehen. Alle in diesem Buch angeführten Tests und Beispiele beziehen sich auf korrespondierende Module in der SkyTest® Trainingssoftware. Aber Achtung: Airlines, Flugschulen und Personaldienstleister können Screening-Verfahren auch kurzfristig austauschen oder verändern. Auf www.SkyTest.de finden Sie hierzu eine fortlaufend aktualisierte Übersicht – und auf www.SkyJobs.com vielleicht den passenden Arbeitsplatz. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Test und many happy landings!

Erlangen, im November 2020

Dennis Dahlenburg und Andreas Gall

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Grundanforderungen an Piloten
  3. Flugausbildung und Direkteinstieg
  4. Lufthansa und der DLR-Test
  5. Eurowings, Condor und die Interpersonal BQ
  6. Swiss und cut-e®
  7. Safety Assessment und Mollymawk®
  8. Wizz Air und COMPASS®
  9. EasyJet und ADAPT®
  10. IAG und PILAPT®
  11. Fliegerischer Dienst bei der Bundeswehr
  12. Assessment-Center übergreifende Tests

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Einleitung

Wie weiter nach Corona? Piloten und Flugschüler stehen 2021 vor dem Scheideweg – Kurs halten oder doch besser einen Neuanfang außerhalb der Luftfahrt suchen? Vergingen nach den Marktaustritten von Germania und Thomas Cook 2019 nur Stunden bis Konkurrenten im Internet Stellenanzeigen schalteten, um deren Piloten ins eigene Lager zu werben, hat die Luftfahrtkrise die Stellenportale leergefegt. Lufthansa legte rund 700 Schülern der konzerneigenen Pilotenschmiede EFA den Abbruch ihrer Ausbildung nahe. Der Konzern sieht auf Jahre hinaus keine Verwendung für den Nachwuchs. Pilotengewerkschaften warnten im Herbst 2020 vor einer Flugausbildung – zu ungewiss sei die Aussicht auf einen Job. Fest steht: die Zeiten für Piloten waren schon einmal besser. Gleichwohl hat die Luftfahrt schon viele Krisen abgewettert. Wer 2010 – gegen alle Ratschläge – eine Flugausbildung begonnen hat, fand in aller Regel im Anschluss auch eine Airline. Das bedeutet nicht, dass die Luftfahrt nach Corona nahtlos an das Rekordjahr 2019 anknüpfen wird. Und jeder – wirklich jeder – Pilot und Flugschüler sollte neben der ATPL oder MPL weitere Qualifikationen aufbauen. Das kann inzwischen bereits parallel zur fliegerischen Ausbildung geschehen. In Bremen und Aachen bieten Hochschulen duale Studiengänge an, die eine ATPL mit einem Bachelor in Wirtschafts- oder Ingenieurswissenschaften kombinieren – wodurch Absolventen ein wesentlich breiterer Arbeitsmarkt offensteht.

Doch egal, über welche Schiene man den Weg ins Cockpit findet – alle Bewerber werden in umfangreichen Auswahlverfahren auf ihre generelle Eignung für den Pilotenberuf und ihre spezielle Eignung für die jeweilige Airline getestet. Die im Regelfall mehrstufig aufgebauten Screenings setzen sich aus eignungsdiagnostischen Tests, einer psychologischen Untersuchung sowie einem Medical zusammen. Der nicht-technische Teil eines Auswahlverfahrens überprüft individuelle Leistungsbereiche (sog. „pilot aptitudes“), die für die Ausübung des Pilotenberufs überdurchschnittlich stark ausgeprägt sein sollten. Es werden berufsrelevante psychomotorische, kapazitive und kognitive Fähigkeiten ermittelt.

Zur Grundabklärung des fliegerischen Potenzials im NOTECHS Framework des JAR-OPS/FCL Regelwerks für Zulassung und Training von Flugpersonal gehören die Fähigkeitsbereiche:

Noch bis in die späten 1990er Jahren wurden diese Fähigkeitsbereiche mit Paper-and-Pencil-Tests untersucht. Inzwischen greifen nahezu alle Auswahlverfahren auf IT-gestützte Testbatterien zurück. Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurden zwar bereits in den 1960er Jahren apparategestützte Auswahltests für Verkehrspiloten angewandt. Der tatsächliche Übergang von Paperand-Pencil zu computergestützter Aufgabenstellung vollzog sich jedoch erst Jahrzehnte später.

Tests am Computer haben den großen Vorteil, dynamische Szenarien darstellen zu können. Diese Möglichkeit steigerte im Zusammenspiel mit datenbasierten Auswertungsverfahren Genauigkeit und Aussagekraft der individuell ermittelten Eignungsgrade.

An die Grundabklärung fliegerischen Potenzials schließt eine psychologische Eignungsuntersuchung an. Sie soll zum einen die berufliche Motivation der Bewerber feststellen. Zum anderen sollen Prognosen über künftiges Verhalten im Team und Zuverlässigkeit getroffen werden. Die Organisation eines standardisierten Luftverkehrssystems kennzeichnet, dass permanent mehrere Menschen am Boden und in der Luft zusammenwirken (denken Sie nur an einen Start oder eine Landung). Soziale Kompetenz ist daher besonders für Piloten kein „Soft Skill“, sondern eine handfeste Schlüsselqualifikation.

Erfolgreiche Teamarbeit wiederum setzt Abstimmung in effizienter Kommunikation voraus. In den Auswahlverfahren wird daher untersucht, ob ein Bewerber auch in Stress- und Belastungssituationen über Führungskompetenz verfügt und Teammitglieder in Entscheidungsprozesse einbinden kann –Fluggesellschaften suchen grundsätzlich potenzielle Kapitäne und Teamplayer.

Auch für die psychologische Eignungsabklärung wurden in den vergangenen Jahren softwarebasierte Testverfahren entwickelt. Gruppenübungen, Streitgespräche und Einzelinterviews sind aber nach wie vor wichtiger Bestandteil dieses nachgelagerten Abschnitts einer Eignungsuntersuchung. Da diese Verfahren sowohl personalals auch zeitintensiv sind, werden nur solche Bewerber geladen, die den kapazitiven Teil bereits erfolgreich durchlaufen haben.

Im Rahmen der psychologischen Eignungsabklärung werden verschiedene Methoden eingesetzt. Verhaltensorientierte Ansätze stellen auf beobachtetes oder von einem Bewerber beschriebenes Verhalten in einer gegebenen (hypothetischen oder tatsächlichen) Situation ab. Im Gegensatz dazu leiten biographische Ansätze aus sozialen und karrierebezogenen Informationen Prognosen über zukünftiges Verhalten und berufliche Erfolgsaussichten ab.

Wichtig: ein standardisiertes Persönlichkeitsprofil, nach dem Airlines Piloten mustern, gibt es nicht – ein extrovertierter Kandidat ist im Zweifel genauso gut geeignet wie ein introvertierter Bewerber, solange beide auf ihre Art Führungsstärke, Problemlösungskompetenz, Kommunikations- und Teamfähigkeit beweisen.

Airlines investieren hohe Summen in die Auswahl geeigneter Piloten. Die Feststellung der grundsätzlichen fliegerischen Eignung steht bei Bewerbern für eine fliegerische Ausbildung daher an erster Stelle aller Auswahlverfahren. Direkte und indirekte Kosten einer ATPL- oder MPL-Ausbildung summieren sich mit anschließenden Type Ratings schnell auf Beträge zwischen 120.000 und 150.000 Euro pro Flugschüler. Auch wenn die meisten Airlines ihren Nachwuchs an diesen Kosten beteiligen (oder sie ihnen ganz auferlegen), besteht auch für sie ein hoher finanzieller Anreiz, Abbruchquoten während der Ausbildung an der Flugschule so gering wie möglich zu halten. Tatsächlich schließen von 100 Flugschülern, die zuvor an einer Eignungsuntersuchung teilgenommen haben, 97 ihre Ausbildung mit Erfolg ab. Ohne Screening liegt dieser Anteil bei lediglich 40 bis 50 Prozent. Insoweit relativieren sich die Kosten einer Eignungsuntersuchung von etwa 400 bis 1.200 Euro, die in den meisten Fällen von der Fluggesellschaft getragen werden.

Der Anteil der in allen Stufen eines Auswahlverfahrens erfolgreichen und damit für eine fliegerische Ausbildung angenommenen Bewerber variierte in den vergangenen Jahren zwischen drei und neun Prozent. Im Durchschnitt investierte eine Airline 10.000 Euro für die Auswahl eines passenden Nachwuchspiloten aus allen eingegangenen Bewerbungen.

Die Aussicht auf eine planbare Karriere und ein immer noch verhältnismäßig attraktives Gehaltsniveau bei konzerngebundenen Netzwerkairlines hielten den Pilotenberuf selbst in zurückliegenden Krisenjahren attraktiv. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass frisch von den Flugschulen nachrückende Piloten auch vor der Corona-Knick Verträge mit bisweilen sehr niedrigem Grundgehalt akzeptieren mussten, um überhaupt erste Flugstunden im Linien-Cockpit zu sammeln. Die Zeiten, in denen junge Piloten direkt zum Konzerntarif angestellt wurden, sind lange vorbei – ausnahmslos alle Fluggesellschaften setzten beim fliegenden Personal den Rotstift an. Fliegen ist – gerade auf kürzeren Strecken – eine Dienstleistung, für die Passagiere nicht mehr zu zahlen bereit sind als das günstigste Ticket kostet. Die Preise werden von Ryanair, EasyJet, Eurowings, Vueling und Wizz Air gemacht. Dies setzt die gesamte Branche unter extremen Kostendruck.

Die Luftfahrtbranche reagiert als erste und besonders sensibel auf realwirtschaftliche Schwankungen, wie das Jahr 2020 wieder einmal gezeigt hat. Deshalb folgen auf Phasen hoher Rekrutierungsraten oft binnen weniger Monate Einstellungsstopps und umgekehrt. Die meisten Airlines bereedern „auf Sicht“ mit einem Zeithorizont zur nächsten Flugplanperiode. In Deutschland zählte das Luftfahrtbundesamt (LBA) zuletzt 11.908 ATPL- und 1.135 der ab 2009 ausgestellten MPL-Lizenzen. Innerhalb der letzten drei Jahre hat sich die Zahl der aktiven ATPL-Lizenzen damit um 8,2 Prozent erhöht. Flugschuljahrgänge von Lufthansa und Condor katapultierten die MPL-Lizenzen im gleichen Zeitraum um 28,2 Prozent in die Höhe – wenngleich der Zuwachs an MPL-Lizenzen inzwischen deutlich an Dynamik verliert.

Lizenztyp Lizenzen 2019 Lizenzen 2018
ATPL 11.908 11.630
MPL 1.135 1.103

In Deutschland erteilte Verkehrspilotenlizenzen (Quelle: Luftfahrt-Bundesamt, 28.01.2020)

Allein die Situation an der Lufthansa-Flugschule EFA wird aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten Jahren auf diese durchschlagen – weniger Absolventen bedeuten weniger neue Lizenzen. Zeitgleich werden die Pensionierungsraten anziehen, dem Arbeitsmarkt werden durch den Corona-Effekt zumindest mittelfristig weniger Piloten zur Verfügung stehen als zuvor prognostiziert. Dieser Trend gilt nicht nur für Europa – Prognosen für die Vereinigten Staaten legen nahe, dass über die nächsten Jahre rund 60 Prozent der derzeit aktiven Piloten in den Ruhestand gehen.

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Grundanforderungen an Piloten

Per Auswahlverfahren sollen diejenigen Bewerber identifiziert werden, deren persönliche Eigenschaften und Qualifikationen sich am besten mit den Anforderungen der personalsuchenden Airline decken. Im Einzelfall kann das ausgeschriebene Stellenprofil sehr spezielle Kenntnisse, Flugstunden und Type Ratings enthalten. Einige unverhandelbare Grundanforderungen müssen Piloten aber in jedem Fall erfüllen:

Hochschulreife

Das Abitur, zumindest aber eine fachgebundene Hochschulreife, wird inzwischen für Berufspiloten vorausgesetzt. Grundsätzlich ist es zwar möglich, eine fliegerische Ausbildung auch ohne Hochschulreife zu beginnen. Die Chancen auf einen späteren Arbeitsplatz im Cockpit einer attraktiven Fluggesellschaft sind ohne Hochschulreife aber geringer.

Motivation und Zuverlässigkeit

Die Bereitschaft zur Arbeit in einem stark regulierten System ist eine ganz wesentliche Anforderung an einen Piloten. Anwärter für eine fliegerische Laufbahn setzen sich oft zu unkritisch mit dem Berufsbild eines Verkehrspiloten auseinander. Redundante operative Abläufe und routinemäßige Übernachtungen in Flughafenhotels können die anfänglich hohe Motivation für die Ausübung des Traumberufs ziemlich schnell verfliegen lassen.

Airlines (und Passagiere) erwarten von ihren Piloten ein von Professionalität und Zuverlässigkeit gekennzeichnetes Arbeitsverhalten. Diesen Punkt sollten Sie bereits bei der Entscheidung berücksichtigen, welche Stellen für Sie in Frage kommen – und welche nicht. Ein Einsatz auf der Langstrecke oder in der Frachtfliegerei bedeutet, dass Sie regelmäßig über Tage, teils auch länger sprichwörtlich in der Welt unterwegs sein werden. Das ist nicht jedermanns Sache. Jede Airline wird vor einer Einstellung Ihre Motivation kritisch hinterfragen – denn eine hohe Mitarbeiterfluktuation ist für Fluggesellschaften teuer. Quereinsteiger oder ältere Bewerber sind bei kleineren Airlines deswegen oft sogar gegenüber jüngeren Bewerbern im Vorteil, da man ihnen eher zutraut, langfristig dem Flugbetrieb treu zu bleiben.

ICAO Operational Level 4, Mathematik, Physik, ATPL/CRM

Ihre Englischkenntnisse müssen mindestens dem ICAO-Level Operational 4 genügen. Auf der insgesamt sechsstufigen ICAO-Skala für Sprachkenntnisse fordert Operational 4 eine soweit sichere Beherrschung der englischen Sprache, dass eine „effektive Kommunikation zu allgemeinen, speziellen und arbeitsbezogenen Themen stattfinden (kann)“.

Mathematik und Physik stellen ebenfalls einen wichtigen Prüfungsblock in Eignungstests dar. Ihre Kenntnisse sollten hier idealerweise mindestens auf gymnasialem Leistungskursniveau liegen. Bewerber mit bestehender Fluglizenz werden regelmäßig auch in den Bereichen ATPL-Wissen und CRM geprüft. Fragen aus den Bereichen Principles of Flight, Engines, Airplane Design, Navigation, Performance, Meteorology und der Human Performance and Limitation Theory dürfen bereits ausgebildete Bewerber im Auswahlverfahren vor keine größeren Schwierigkeiten stellen.

Physische und psychische Anforderungen

Von Cockpitbesatzungen wird sowohl eine gute physische Verfassung als auch psychische Stabilität erwartet. Internationale Übereinkommen geben eindeutige medizinische Zulassungsschranken für die Ausübung des Pilotenberufs vor. Die Bestimmungen über die Anforderungen an die Tauglichkeit des Luftfahrtpersonals nach JAR-FCL 3 konkretisieren für 34 europäische Staaten, darunter auch Deutschland, Österreich und die Schweiz, die medizinischen Standards, deren Einhaltung das Flugpersonal in regelmäßigen fliegerärztlichen Untersuchungen (Medicals) nachweisen muss.

Den Fluggesellschaften steht es frei, die gesetzlichen Regelungen zur medizinischen Tauglichkeit durch unternehmenseigene medizinische Anforderungsprofile zu ersetzen, soweit diese nicht die Mindeststandards nach JAR-FCL 3 unterschreiten. Informieren Sie sich daher rechtzeitig vor Ihrer Bewerbung, welche Anforderungen die Airline an Ihre körperliche Verfassung (v.a. in Hinblick auf Größe, Gewicht und Sehstärke) stellt.

Kognitive und psychomotorische Leistungsfähigkeit

Neben der medizinischen Eignung stellen ausgeprägte kognitive und psychomotorische Fähigkeiten entscheidende Qualifikationsmerkmale für Piloten dar. Die Arbeit in einem Cockpit erfordert die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Piloten sowohl in Flugphasen der Mehrfachbeanspruchung als auch der Ereignislosigkeit. Eine hohe Gedächtnisleistung, Stress- und Monotonietoleranz sowie ein ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen sind weitere unabdingbare Voraussetzung für die Aufgaben am Steuer eines Verkehrsflugzeugs.

Teamfähigkeit – Kommunikation und Führungsstärke

Nach Auswertung von Zwischenfällen und Katastrophen in der Verkehrsluftfahrt der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzte sich eine wesentliche Erweiterung der an das fliegende Personal gestellten Kompetenzanforderungen durch. Die Startbahnkollision einer Boeing 747 der KLM und einer weiteren Boeing 747 der Pan Am am 27. März 1977 auf dem Flughafen von Teneriffa, bei der 583 Menschen ihr Leben verloren, gilt in der wissenschaftlichen Literatur als Wendepunkt in Personalauswahl und Crewtraining der internationalen Luftfahrt.

Das Unglück von Teneriffa wurde nach Abschluss der Untersuchungen auf menschliches Versagen in einer Stresssituation und mangelhafte Kommunikation der KLM-Cockpitbesatzung zurückgeführt. Im Anschluss durchgeführte Studien belegten, dass auch bei anderen Katastrophen eine fehlende Absprache zwischen Kapitän und Erstem Offizier eine zentrale Rolle in den Ereignisketten spielte. Auch hielten Erste Offiziere mit der Abgabe von Handlungsempfehlungen zurück, da die Cockpithierarchie und Entscheidungssouveränität des Kapitäns gerade in Konfliktsituationen nicht in Frage gestellt wurde.

Um die auf mangelnde Kooperation im Cockpit rückführbaren Sicherheitsrisiken zu minimieren steht seit den 1980er Jahren Teamfähigkeit angehender Flugzeugführer als Kriterium in den Anforderungsprofilen von Fluggesellschaften. Sowohl im Normalflug als auch unter Belastungssituationen sollen sich Kapitän und Erster Offizier zum einen gegenseitig kontrollieren, zum anderen effektiv zusammenwirken.

Dem individuellen Kommunikations- und Konfliktverhalten messen die Auswahlverfahren in diesem Zusammenhang inzwischen so große Bedeutung bei, dass diese Eigenschaften maßgeblich über Einstellung oder Ablehnung eines Bewerbers bestimmen. Alle Entscheidungen im Cockpit sollen in einem Prozess gegenseitiger Abstimmung getroffen und umgesetzt werden. Finden Kapitän und Erster Offizier einmal keinen Konsens, muss sich dennoch die richtige Handlungsalternative durchsetzen. Eine Meinungsverschiedenheit darf dabei nie in einen offenen Streit eskalieren, sondern muss stets so beigelegt werden, dass die Piloten auch weiterhin gut zusammenarbeiten können. An der Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und anderen zu vermitteln, lässt sich die individuelle Führungsstärke (oder Führungsschwäche) eines Piloten festmachen.

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Flugausbildung und Direkteinstieg

Condor, Tui, Ryanair, EasyJet und seit einiger Zeit auch Wizz Air – Lufthansa trifft im deutschen Airlinemarkt auf viel Wettbewerb. Das ist auch für Piloten gut. Denn die Krise zwingt vor allem den Kranich, sein Geschäftsmodell drastisch anzupassen. Im Europaverkehr rechnen sich Preisbrecher – allen voran Ryanair und Wizz Air – Chancen auf weitere Marktanteile aus. Im Interkontinentalgeschäft, vor der Krise der größte Gewinnbringer des Lufthansa-Konzerns, rücken Selbstzahler in den Vordergrund. Lufthansa erwartet weniger Geschäftsreisende in der First- und Business Class, dafür mit umso mehr touristischer Nachfrage. Im Jahr 2020 hat der Konzern mit der Einrichtung der neuen Ferienflugplattform Ocean die Weichen für diesen Trend gestellt.

Die Neuausrichtung der Lufthansa und der veränderte Airlinemarkt zwingen insbesondere Flugschüler zur Suche nach Alternativen. Denn die Pilotenausbildung der Lufthansa liegt angesichts der Krise vorerst auf Eis. Innerhalb der „European Flight Academy“ (EFA) bilden die Einrichtungen der Lufthansa Verkehrsfliegerschule Bremen (VFS), der Swiss Aviation Training (SAT), der Flugschule Pilot Training Network (PTN) und des Airline Training Center Arizona (ATCA) ein Netzwerk zur Pilotenausbildung für die fünf großen Lufthansa-Konzernairlines:

Die EFA bildete vor dem Kursstopp 2020 zweigleisig aus – die Kurse endeten nach rund zwei Jahren, abhängig von Programm und Airline, entweder mit einer klassischen ATPL (Airline Transport Pilot License) oder (wesentlich häufiger) einer MPL (Multi-Crew Pilot License). Der MPL haftet immer noch ein Imageproblem der Anfangstage an. Während die ATPL als vollwertige Lizenz international anerkannt ist, endete die MPL-Ausbildung erst mit einem Type-Rating – der Musterberechtigung für einen bestimmten Flugzeugtyp – und einem Line Training, dem finalen Ausbildungsabschnitt im Linienflugbetrieb. Die strenge „Operatorbindung“ der MPL gibt es inzwischen zwar nicht mehr. Eine Einschränkung besteht aber weiterhin – die MPL berechtigt nur zum Fliegen von Flugzeugen, für deren Betrieb der Gesetzgeber zwei Piloten vorschreibt.

Im Spätsommer 2020 hat Lufthansa rund 700 Flugschülern der EFA einen vorzeitigen Ausstieg aus der Ausbildung angeboten, neue Bewerber werden vorerst nicht aufgenommen. Angesichts der Krise ist das nur konsequent. Gleichwohl hatten in der Vergangenheit gerade die Flugschule-Jahrgänge die besten Jobchancen, die ihre Ausbildung mitten in einer Branchenkrise begonnen hatten – dies galt für die Zeit nach 9/11 ebenso wie für die Finanzkrise. Zwar hat die Corona-Krise die Luftfahrt mit besonderer Wucht getroffen, der Arbeitsmarkt für künftige Piloten entscheidet sich aber nicht am Hier und Jetzt. Der Flugtrainingskonzerns CAE hat im November 2020 einen Ausblick gewagt und prognostiziert Jobs für 426.000 Airline-Piloten weltweit im Jahr 2029. Zum Vergleich: 2019 gab es weltweit 333.000 Erste Offiziere und Kapitäne. Von diesen 333.000 Piloten werden laut CAE bis 2029 126.000 in den Ruhestand gehen – mehr als jeder Dritte. Die Rückkehr der weltweiten Linienluftfahrt zu Wachstum und Pensionierungen hellen die Chancen für junge Piloten deutlich auf.

Und bereits 2021 dürfte die Nachfrage nach Flugpersonal mit der Rückkehr der Flotten in den aktiven Dienst wieder anziehen. Die folgende Tabelle zeigt die bei den größten Passagierairlines mit Basen im deutschsprachigen Raum derzeit angewendeten Testverfahren:

Airline Ab Initio Ready Entry
Lufthansa DLR BU/GQ DLR FQ/FU
Swiss DLR Test,
eigene Tests
cut-e®,
eigene Tests
Austrian Airlines DLR BU/GQ DLR FU/FQ
Eurowings Interpersonal Interpersonal
Brussels Airlines DLR BU/GQ DLR FQ/FU
Condor Interpersonal Interpersonal
TUI DLR BU/GQ DLR FQ/FU
Wizz Air COMPASS® COMPASS®
EasyJet cut-e® cut-e®

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Lufthansa und der DLR-Test

Alle ausbildenden (und direkt einstellenden) Flugbetriebe eint der Anspruch, ihren Cockpitnachwuchs sorgfältig auszuwählen. Die Eignungsuntersuchung am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Hamburg gilt dabei nach wie vor als Maßstab in der fliegerischen Eignungsdiagnostik zur Bestimmung psychomotorischer und mentaler Leistungsfähigkeit.

Das DLR ist die Forschungseinrichtung der Bundesrepublik Deutschland für die Bereiche Luft- und Raumfahrt, Energie und Verkehr. Das DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin hat sich in jahrzehntelanger praktischer und theoretischer Forschung als Kompetenzzentrum für die Durchführung von Eignungstests in der Luftfahrt etabliert. Mit den Hauptanwendern Lufthansa, Swiss und Austrian sowie den Helikopterstaffeln des ADAC und der Bundespolizei vertrauen Schwergewichte der deutschsprachigen Luftfahrtszene bei ihren Einstellungsentscheidungen auf die Testergebnisse, die ihnen das DLR liefert. Turkish Airlines und Royal Jordanian verwenden eine englischsprachige Variante des DLR-Test, um Piloten und Kadetten auszuwählen – ein klares Zeichen dafür, dass das Verfahren auch international einen sehr guten Ruf hat.

Bewerber für eine fliegerische Ausbildung erleben den DLR-Test als zweistufiges Ab-Initio-Verfahren. Im Rahmen der eintägigen Berufsgrunduntersuchung (BU) werden in Computertests kognitive und psychomotorische Leistungsprofile erstellt, welche die individuellen Eignungsgrade und das theoretische Grundpotential der Bewerber zur Ausbildung an einer Flugschule bestimmen.

Am Prüfungstag finden Tests zu den Eignungskriterien

statt, die im folgenden Unterkapitel ausführlich beschrieben werden. Die BU umfasst außerdem das Ausfüllen eines psychologischen Fragebogens, einen Englischtest und einen Physiktest. Erfolgreiche Teilnehmer der BU werden zu einer weiteren Testrunde geladen. In der zweitägigen Firmenqualifikation (FQ) wird unter firmenspezifischen Aspekten die persönliche Eignung zur Einstellung bei der jeweiligen Airline festgestellt. Die FQ hat einen psychologischen Untersuchungsschwerpunkt und soll Aussagen über Motivation und künftiges Arbeitsverhalten der Teilnehmer treffen.

Procedure Instrument Trainer (PIT)