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JÖRG SCHNEIDER

Die verhexte Insel
im Tümpelsee

Eine abenteuerliche Kasper-Geschichte

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Gesamtherstellung: Media Design Rizner, Salzburg

© by Tudor Recording AG, Badenerstrasse 531, CH-8048 Zürich, Telefon 01-4917250

2. Auflage (2013)

ISBN Nr.: 978-3-908576-95-2

Bestell-Nr. B9851

Liebe kleine und grosse Leserinnen und Leser,

Wenn Ihr dieses Buch von vorne nach hinten durchblättert, schaut Ihr Euch sicher zuerst einmal die vielen, fröhlichen Bilder an, die Heinz Stieger für Euch gemalt und gezeichnet hat.

Dann aber lest Ihr hoffentlich auch die ganze Geschichte. Oder Ihr lasst sie Euch vorlesen. Das ist auch schön. Bevor Ihr beginnt, möchte ich Euch gerne mit den wichtigsten Personen und Tieren bekanntmachen, welche in dieser Abenteuergeschichte vorkommen.

Da lernt Ihr der Reihe nach kennen:

Kasper, den man ja wirklich niemandem mehr vorzustellen braucht.

Mops, seinen Freund, der eigentlich Karli heisst und leider oft ein kleiner Angsthase ist.

Lehrer Mock, der heisse Suppe über alles liebt.

Die Frau des Lehrers, die ihm die Suppe jeden Mittag pünktlich auf den Tisch stellen muss.

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König Balduin, der gar nicht weiss, warum es ihm auf der Schlossinsel immer schlechter geht.

Prinzessin Melanie, die im Überfluss lebt, und doch nicht glücklich ist.

Berta Gründel, eine besorgte Entenmutter, die um das Leben ihrer Kinder bangt.

Achim, den Fisch, der später einmal eine Familie gründen möchte. Flatterkratz, einen eitlen Raben, der den Wunsch hat, ein weisser Rabe zu werden.

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Die Hexe Stoppelwarz, die eigentlich an allem schuld ist.

Fettchen, ihre dicke Ratte, die dauernd überfüttert wird.

Schlurf, den Hexenknecht, der so gerne Meister wäre.

Karlis Mutter, die um ihren vermissten Buben weint.

Und zu guter Letzt, den Bürgermeister, dessen feierliche Rede im Gelächter untergeht.

Natürlich kommen in dem Buch noch weitere Leute und viele andere Tiere vor. Ich will sie hier nicht alle aufzählen. Lest die Geschichte doch selber! Ich wünsche Euch recht viel Vergnügen dabei.

Herzlichst Euer
Jörg Schneider

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ERSTES KAPITEL

Das verhängnisvolle
Papierknäuel

«Tratra-Trallalla!

Tratra-Trallalla!

Kasper ist schon wieder da!

Kasper ist schon da!»

Fröhlich singend betrat Kasper den Laden von Metzgermeister Hacker.

«Guten Tag, mein lieber Kasper», grüsste ihn der Metzger, «ich habe schon gesehen, dass du da bist. Aber auch Kasper wartet, bis er an der Reihe ist.»

Der Metzgermeister bediente Frau Hupf. Sie wollte eine Bratwurst haben und einen schönen Knochen für Zappel. Zappel war ihr Pudel. Dann kam Frau Blümlein an die Reihe. «Zwei Schnitzel, bitte», verlangte Frau Blümlein, «aber nicht zu dick und nicht zu dünn.»

Der Metzger schnitt die Schnitzel gerade recht. Nicht zu dick und nicht zu dünn. Nun wandte er sich an Kasper:

«Und was darf ich dir Gutes geben?»

«Ich muss ein halbes Pfund Fleischkäse heimbringen», sagte Kasper.

Der Metzger packte ihm den Fleischkäse säuberlich in ein Fettpapier. Dann gab er ihm noch eine Scheibe Wurst in die Hand. Alle Kinder erhielten beim Einkaufen ein Stück Wurst von Metzgermeister Hacker. Er war ein sehr freundlicher Metzger.

Kasper bedankte sich höflich, zahlte und machte sich auf den Heimweg.

Es eilte ihm nicht. Er schlenderte gemütlich die Hauptstrasse hinunter und kaute an seiner Wurstscheibe.

«Hallo Kasper! Wohin geht’s?» tönte es plötzlich um die Ecke.

«Potz Holzapfel und Zipfelmütze! Der Mops!» rief Kasper.

«Ich gehe heim, zum Mittagessen. Meine Mutter wartet.»

«So pressant wird’s auch nicht sein!» versuchte ihn Mops aufzuhalten.

Mops war Kaspers bester Freund. Sie gingen miteinander zur Schule. Meistens verbrachten sie auch die Freizeit zusammen. Wenn Kasper schon ein arger Schlingel war, so war Mops womöglich noch ein bisschen schlimmer.

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Mops war klein und rundlich. Er hatte kurzes braunes Haar, das ihm wie eine Bürste vom Kopf abstand. Eigentlich hiess er Karli, aber von seinen Kameraden wurde er «Mops» genannt. Das ärgerte ihn keineswegs.

«Was hast du in deinem Papier?» wollte Mops wissen.

«Käse», antwortete Kasper schlau.

Mops schnupperte an dem Päckchen.

«Das riecht aber nach Wurst, nicht nach Käse!» sagte er.

«Klar riecht mein Käse nach Wurst. Es ist ja auch Fleischkäse!»

Kasper lachte hellauf über seinen Witz und wollte weiterziehen. Mops aber liess sich nicht so leicht abschütteln. «Mmm! Fleischkäse! Gut!» Er fuhr mit der Zunge über die Lippen. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Er bettelte: «Gibst du mir auch ein Stückchen Fleischkäse?»

«Potz Holzapfel und Zipfelmütze! Das darf ich doch nicht. Mutter würde schön schimpfen. Sie macht zuhause einen extra-primafeinen Kartoffelsalat dazu.»

Kasper machte einen Luftsprung vor Freude. Fleischkäse und Kartoffelsalat war seine Leibspeise. Ausser Tomatenspaghetti natürlich. Und Sauerkraut mit Vanillesauce.

Mops liess nicht locker: «Du hast ja auch von dem Fleischkäse gegessen.»

Kasper tippte mit seinem Zeigefinger an die Stirn.

«Du spinnst wohl! Das würde ich mich nie getrauen!»

«Aber du kaust doch!» beharrte Mops.

«Ach so! Ich kaue an der Wurstscheibe, die ich von Metzgermeister Hacker bekommen habe.»

«Kasper, du bist doch mein Freund. Bitte, gib mir ein ganz winzig kleines Stückchen Fleischkäse! Ich habe schrecklich Hunger. Wenn ich nicht gleich etwas zu beissen bekomme, falle ich auf der Stelle tot um!» bettelte Mops weiter.

Seinen allerbesten Freund tot umfallen sehen, kurz vor dem Mittagessen, nein, das konnte Kasper wirklich nicht. Er riss das Fettpapier auf, klaubte ein Stück vom herrlich duftenden Fleischkäse ab und reichte es Mops.

«Da bitte! Guten Appetit!»

Nun kaute Mops, und Kasper musste mit leerem Mund zusehen.

«Na ja», dachte er, «wenn schon, denn schon», und biss auch ein Stück ab.

«Das war gut!» stellte Mops fest. «Aber gib mir noch ein Stückchen! Ich bin noch lange nicht satt.»

Kasper wollte sich nicht wieder überreden lassen.

«Nein, Mops! Ich muss den Fleischkäse heimbringen. Sonst schimpft meine Mutter.»

Aber Mops bettelte und bettelte. Schliesslich gab ihm Kasper doch noch ein Stück ab. Weil er aber nicht zusehen konnte, wie sein Freund mit vollen Backen kaute, biss auch er nochmals hinein. So ging es weiter, bis die beiden Buben den ganzen Fleischkäse restlos aufgegessen hatten. Kasper zerknüllte das leere Einwickelpapier zu einem Knäuel und schoss dieses mit dem Fuss weit weg.

Da kam ausgerechnet Herr Lehrer Mock daher. Seinen Hut tief ins Gesicht gezogen, die grosse Ledertasche in der Hand, ging er mit Riesenschritten heimzu. Er freute sich auf die heisse Suppe, die ihm seine Frau jeden Mittag pünktlich auf den Tisch stellte. Plötzlich prallte ihm Kaspers Papierknäuel mitten auf die Nase.

«Zum Blitz-Donnerwetter! Was ist denn das?» Der Lehrer rieb sich die Nase, hob das Papier auf und schaute sich um. Kasper und Mops platzten vor Lachen heraus und rannten davon.

Lehrer Mock setzte ihnen nach. Mit der einen Hand den Hut auf dem Kopf festhaltend, in der anderen die Tasche schwingend, rief er: «Wartet, oder ich werde euch...!»

Weiter kam er nicht. Auf der Strasse lag eine Bananenschale. Der arme Lehrer glitt darauf aus und sass unversehens auf dem Boden. Umständlich rappelte er sich wieder hoch und rieb sein schmerzendes Hinterteil. Dann sammelte er die herumliegenden Schulhefte zusammen, die beim Sturz aus seiner Tasche gefallen waren. Schliesslich betrachtete er wehmütig seinen verbeulten Hut und seufzte: «Ach, mein Hut! Mein schöner grauer Hut! Das Geburtstagsgeschenk meiner lieben Frau. Ganz zerdrückt ist er. Ein wahrer Jammer!»

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Weil aber Lehrer Mock ein äusserst ordnungsliebender Mann war, hob er die Bananenschale auf. Er wickelte sie in sein Taschentuch und steckte dieses in den Hosensack. Auf dem Heimweg schimpfte er unaufhörlich vor sich hin. Er schimpfte über die schlimmen Schüler, die ihm das Leben sauer machten. Und er schimpfte über die unordentlichen Leute, die Bananenschalen auf die Strasse werfen.

Unvermittelt kam ihm seine Suppe in den Sinn: «Wenn sie nur nicht kalt geworden ist, meine heisse Suppe! Ich mag keine kalte Suppe! Ich will meine Suppe heiss! Zum Blitz-Donnerwetter!»

Lehrer Mock verlängerte seine Schritte und eilte heimzu.

Kasper und Mops hatten ihren Schulmeister aus sicherer Entfernung beobachtet. Sie hielten sich die Bäuche vor Lachen.

«Ich mag keine kalte Suppe! Eiskalte Suppe! Beisskalte Suppe! Ich will die Suppe feurigheiss! Siedendheiss! Schweissheiss!» äffte Kasper den Lehrer nach.

Plötzlich fiel Mops ein, dass zuhause auch auf ihn ein Mittagessen wartete.

«Tschau Kasper! Ich muss heim!» rief er und war schon weg.

Nun trödelte Kasper ebenfalls heimwärts. Je näher er nach Hause kam, desto weniger wohl wurde es ihm in seiner Haut. Was sollte er bloss der Mutter sagen, wenn er keinen Fleischkäse mitbrachte?

«Es wird mir schon eine Ausrede einfallen. Ich habe schliesslich kein Stroh in meinem Holzkopf.»

So beruhigte er sich selbst und pfiff ein Liedchen vor sich hin. Aber ganz so überzeugt von seiner Fröhlichkeit war er nicht.

«Kommst du endlich?» empfing ihn die Mutter ungeduldig.

«Jawohl, ich komme! Bin schon da! Trulla-Trulla-Trullalla!» blödelte Kasper.

«Mach keine Witze, Kasper!»

«Nein, ich mach’ keine Spritze.»

«Du sollst keine Witze machen!»

«Ach so, ich soll keine spitzen Sachen machen.»

«Kasper, jetzt ist Schluss!»

«Schluss! Kuss! Autobus!»

Kasper konnte es nicht lassen, immer wieder alles zu verdrehen, um die Mutter abzulenken. Aber diese kannte ihren Schlingel nur zu genau.

«Wo ist der Fleischkäse, Kasper?» fragte sie.

Kasper drückte sich verlegen herum: «Der Fleischkäse? Ach so, du meinst den Käse aus Fleisch? Oder das Fleisch aus Käse? Oder gar das Käsefleisch?»

«Wo ist der Fleischkäse, Kasper?»

Die Frage der Mutter klang drohender. Es war ihr längst aufgefallen, dass Kasper kein Päckchen heimgebracht hatte.

«Ach Mutter», stotterte Kasper, «das ist dumm gegangen. Sehr dumm sogar. Dümmer als dumm. Kaum trat ich aus der Metzgerei, kam ein kleiner Mops daher. Und dieser kleine Mops war ein frecher Mops. Ein ganz möpsischer Mops. Und dieser Mops hat hops den Fleischkäse gestohlen und radibauz aufgefressen.»

Die Mutter schaute Kasper mit grossen Augen an.

«War dieser Mops vielleicht dein Freund Karli?» fragte sie.

«Stimmt. Der Mops hiess Karli. Der Karli-Mops war der Fleischkäse-Dieb.»

Kasper hoffte noch immer, sich herausreden zu können.

Aber die Mutter ahnte schon lange, dass die beiden Knirpse den Fleischkäse aufgegessen hatten. Da wollte Kasper nicht länger lügen. Er gab zu, dass er und Mops den Fleischkäse Stückchen um Stückchen abgeknabbert hatten, bis nichts mehr da war.

Die Mutter stellte den Kartoffelsalat auf den Tisch und machte ihrem Sohn klar, dass er zur Strafe eine ganze Woche lang weder Fleisch noch Wurst bekomme.

«Was? Keinen Braten? Kein Schnitzel? Kein Hackfleisch? Keine Bratwurst? Und keinen Aufschnitt?»

«Nichts dergleichen!» beharrte die Mutter.

«Aber vielleicht ein Schinkenbrot?» drängelte Kasper.

«Auch kein Schinkenbrot. Strafe muss sein!» sagte die Mutter und liess Kasper stehen.

Unterdessen war auch Lehrer Mock nach Hause gekommen.

«Du meine Güte! Wie siehst du denn aus?» empfing ihn seine Frau. «Dein Hut ist verbeult, dein Anzug schmutzig und dein Gesicht krebsrot angelaufen. Ist dir etwas zugestossen, mein Lieber?»

Frau Mock schlug die Hände über dem Kopf zusammen.

Der Lehrer erzählte, was ihm passiert war. Er ereiferte sich dabei so sehr, dass er stotterte. Seine Frau konnte ihn kaum beruhigen.

«Aber, mein Lieber, reg dich doch nicht so auf! Komm, mein Lieber, iss deine Suppe, solange sie noch heiss ist! Setz’ dich an den Tisch!»

Lehrer Mock ass einen Löffel Suppe und schob den Teller weit von sich.

«Die Suppe ist kalt. Die kann man nicht essen. Frau, du weisst genau, ich mag keine kalte Suppe!»

«Soll ich sie dir aufwärmen?» fragte Frau Mock. Aber ihrem Mann war der Appetit vergangen. Er zog es vor, sich aufs Sofa zu legen, um seine Wut auszuschlafen. Seine Frau zog ihn wieder hoch und schalt ihn aus: «Du wirst dich doch nicht mit deiner schmutzigen Hose auf das gute Sofa legen! Schau dir einmal deinen Hosenboden an! Schlimm!»

Da reichte der Lehrer seiner Frau das Taschentuch und befahl: «Hier, wisch mir den Dreck ab!»

Kaum hatte Frau Mock das Tuch in der Hand, schrie sie entsetzt auf und warf es weit weg. Ihr Mann hatte völlig vergessen, dass die Bananenschale darin eingewickelt war.

Seine Frau aber war so erschrocken, weil sie dachte, die Schüler hätten im Taschentuch eine tote Maus versteckt. Nun ärgerte sich der geplagte Lehrer nicht nur über seinen verbeulten Hut, die bösen Schüler und die unordentlichen Menschen, sondern auch über seine schreckhafte Frau. Er warf sich bäuchlings aufs Sofa, packte das buntgeblümte Kissen, zog es, wie eine Kappe, über beide Ohren und wollte nichts mehr hören.

Kasper und Mops aber, die beiden Schlingel, die sollten ihre verdiente Strafe noch bekommen! Das schwor er sich.

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ZWEITES KAPITEL

Das traurige Los
der Schlossinsel

Das Mittagsschläfchen wirkte Wunder. Lehrer Mock hatte sich beruhigt. Nur, dass sein Hut, sein schöner grauer Geburtstagshut, so arg mitgenommen war, ärgerte ihn noch immer.

Um sich zu trösten, liess der Lehrer die Schüler am Nachmittag Hüte zeichnen.

Kasper malte seine rote Zipfelmütze und Mops einen grossen gelben Zylinder mit einer grasgrünen Feder darauf. Auch auf den Zeichenblättern der anderen Schüler entstanden lustige Mützen mit fröhlichen Zotteln, bunten Bändern, Blumen und Mäschchen.

Lehrer Mock ging von einem zum andern. Er lobte da, half dort und dachte immer noch an seinen verbeulten Hut. Punkt vier Uhr klingelte die Schulglocke. Die Schüler packten blitzgeschwind ihre Blätter und Farbstifte zusammen.

Der Lehrer winkte Kasper und Mops mit dem Zeigefinger heran.

«Ihr beiden bleibt noch hier. Die anderen können gehen. Auf Wiedersehen.»

«Auf Wiedersehen, Herr Lehrer!» tönte es zwanzigfach zurück. Die Mädchen und Buben stoben davon.

Kasper und Mops blieben stumm stehen. Sie wechselten einen ängstlichen Blick.

«Jetzt kommt die Strafe!» hiess das.

«Ich nehme an, ihr wisst, weshalb ich mit euch reden will», begann der Lehrer.

Die Buben senkten schuldbewusst die Köpfe. Kasper schlenkerte verlegen mit einem Bein. Mops nagte an seinen Fingernägeln.

«Also?» Lehrer Mock wartete auf eine Antwort.

«Weil... weil...» stammelte Mops.

«Weil... weil...» kam Kaspers Echo.

«Weil ich euch beiden ein bisschen Ordnung beibringen muss!» half der Lehrer nach. «Man wirft weder Papierknäuel noch Bananenschalen auf die Strasse. Ihr habt gesehen, was passieren kann, wenn man auf einer Bananenschale ausrutscht. Ich hätte mir beide Beine brechen können.»

Die Buben mussten wieder das Lachen unterdrücken. Mops biss sich beinahe die Lippen wund. Kasper schüttelte es, dass seine Zipfelmütze zitterte.

«Wo kämen wir hin, wenn alle Leute ihre Abfälle einfach wegschmeissen würden?» fuhr der Lehrer fort. «Wir würden bald ersticken in unserem eigenen Dreck, wie König Balduin auf der Schlossinsel.»

Kasper spitzte interessiert die Ohren.

«Was ist mit König Balduin?» fragte er.

«Das ist eine traurige Geschichte», antwortete der Lehrer. «Aber ich denke nicht daran, euch jetzt Geschichten zu erzählen. Ich will euch einen Denkzettel geben.»

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«Potz Holzapfel und Zipfelmütze! Ich will keinen Denkzettel! Keinen Notizzettel! Keinen Abreisskalenderzettel! Und überhaupt keinen Zettel!» rief Kasper. «Ich will die Geschichte von König Balduin hören!»

«Ich auch!» sagte Mops keck.

Der Lehrer schüttelte den Kopf. «Nichts da! Ihr kriegt eine Strafaufgabe. Ihr wischt an eurem nächsten freien Nachmittag den Schulhof, und zwar blitzblanksauber! Das wird euch lehren, Ordnung zu halten. Klar?»

«Klarer als klar», antwortete Kasper, «das machen wir. Aber jetzt erzählen Sie uns bitte die Geschichte von König Balduin!»

«O ja! Bitte die Geschichte, Herr Lehrer!» bettelte auch Mops.

«Also, setzt euch, und hört gut zu! Da könnt ihr lernen, wohin es führt, wenn man im Überfluss lebt und alles achtlos wegwirft, was man nicht mehr braucht!» Der Lehrer räusperte sich und begann mit seiner Erzählung:

«König Balduin lebt zusammen mit seiner einzigen Tochter, Prinzessin Melanie, und seinem Hofgesinde auf der Schlossinsel, mitten im Tümpelsee. Der König soll unermesslich reich sein und die Prinzessin unvergleichlich schön. Aber die beiden sollen schrecklich faul und nachlässig sein, keine Ordnung halten und ihre ganze Pracht verkommen lassen. Man sagt, die einst blumenübersäte Insel sei nur noch ein grosser Dreckhaufen und der ehemals tiefblaue Tümpelsee eine stinkende Brühe.»

«Pfui Teufel! Das ist ja grässlich, greulich, ganz abscheulich!» platzte Kasper heraus, und Mops pflichtete ihm bei.

«Hört nur weiter!» fuhr der Lehrer fort. «Eine alte, böse Hexe soll den König und seine Tochter verzaubert haben. Darum sind beide so liederlich geworden. Auch der ganze Hofstaat ist dem Fluch der Hexe erlegen. Die Schlossinsel soll bereits so arg verschmutzt sein, dass man dort kaum mehr leben kann. Die Bewohner ersticken langsam in ihrem eigenen Unrat.

Der König hat zur Hilfe aufgerufen. Er hat sogar einen Preis ausgesetzt. Wem es gelingt, die Insel wieder zu säubern und den Dreckberg abzutragen, der soll eine königliche Belohnung erhalten.

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