© Auflage 4, 3, 2, 1: 2019, 2015, 2011, 2006 by Horst Hanisch

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Die Ratschläge in diesem Buch sind sorgfältig erwogen, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird auf das geschlechtsneutrale Differenzieren, zum Beispiel Mitarbeiter/Mitarbeiterin weitestgehend verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter.

Idee und Entwurf: Horst Hanisch, Bonn

Lektorat: Alfred Hanisch, Bonn; Annelie Möskes, Bornheim (ab 3. Auflage)

Buchsatz: Guido Lokietek, Aachen; Horst Hanisch, Bonn

Umschlag: Christian Spatz, engine-productions, Köln; Horst Hanisch, Bonn

Fotos/Zeichnungen: Horst Hanisch, Bonn

Herstellung und Verlag: BOD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7481-6171-4

Inhaltsverzeichnis

Grußworte zur 2. und 1. Auflage

Globalisierung erleben

Aad van Mourik

Internationaler Wirtschaftswissenschaftler/Professor of economics

at Maastricht School of Management

Interkulturell leben

Gestern Shanghai, heute Las Vegas, morgen Suriname. Durch meine berufliche Tätigkeit bin ich ständig unterwegs in anderen Ländern und in anderen Kulturen; manchmal mehr im Ausland als vor Ort.

Die Herausforderungen, die sich dabei stellen, sind beachtlich: Unabhängig des stetig wechselnden Tag-Nacht-Rhythmus, der daraus folgenden Jetlag-Situationen, der organisatorischen Abstimmungen zwischen Büro und Gesprächspartner, sind es vor allem die interkulturellen Verschiedenheiten, die die Arbeit reizvoll machen.

An diesem Ort heißt ‚Ja‘ wirklich ‚Ja‘, an jenem heißt es ‚Schauen wir mal‘ oder sogar ‚Eher nicht‘. Hier wird Pünktlichkeit groß geschrieben, dort ist eine Verspätung von zwei Stunden üblich und ist auch keine Verspätung. Hierzulande ist die berufliche Rolle der Frau ganz anders zu bewerten als in manch anderem Lande.

Darf ich meinem Gegenüber in die Augen schauen? Darf ich ihm die Hand reichen? Kommt mein Gesprächspartner direkt ‚zur Sache‘ oder werden stundenlange Smalltalks erwartet? Das alles sind Herausforderungen für mich, die ich nur dann meistern kann, wenn ich mir vor meinen Besuchen Gedanken mache über die Lebensweise der Menschen, die ich treffen werde.

Da ich nicht die Absicht habe, jemandem unbeabsichtigt weh zu tun, überlege ich mir sehr wohl, welches Geschenk angebracht ist, ob ich einladen darf oder ob ich auf eine Einladung warten muss und wie ich mich sprachlich und körpersprachlich ausdrücken kann.

Besonders interessant wird es dann, wenn an unserer Institution Menschen unterschiedlichster Kulturen zusammenkommen und dann, unter Umständen, mehrere Monate zusammenarbeiten.

Teilnehmer aus dem Nepal sitzen neben Teilnehmern aus Ghana, Argentinien oder dem Nahen Osten. Nur durch deren eigene Disziplin und gegenseitige Wertschätzung ist ein wirkungsvolles Zusammenarbeiten erst möglich.

Ich selbst lerne sehr viel aus solchen Situationen und kann nur dazu aufrufen, das Andere, das Besondere an den für uns fremden Kulturen kennen zu lernen. Seien Sie offen für Neues und Fremdes, denn dadurch öffnet sich eine eigene Lebensweise.

Horst Hanisch gab mir mit diesem Grußwort nach fünf Jahren zum zweiten Mal die Möglichkeit, einige Zeilen zu diesem wertvollen und kurzweilig geschriebenen Ratgeber ‚Der kleine Interkulturelle Auslands-Knigge 2100‘ zu schreiben. Es zeigt mir, wie schnell die Zeit läuft und, wie wir wissen, in der Welt gänzlich unerwartet und schlagartig andere wirtschaftliche oder politische Situationen entstehen. Daraus folgend kann zwar ein berufliches oder geschäftliches Zusammentreffen anders verlaufen oder andere Schwerpunkt nach sich ziehen – die Menschen bleiben jedoch oft in ihrer kulturellen Identität und ihren Verhaltensmustern nach wie vor sensibel.

Ich wünsche Horst Hanisch mit dieser überarbeiteten Version weiterhin viel Erfolg in seinen vielfältigen Arbeitsbereichen.

Professor Dr. Aad van Mourik, 2011

Macht uns interkulturelle Kommunikation glücklich?

Professor Dr. Aad van Mourik

Vormals: Dean, Cologne Business School

Die Fähigkeit, andere zu verstehen

Es ist mir ein großes Vergnügen, dass ich Horst Hanischs Bitte nachkommen darf, ein Grußwort zu diesem Auslands-Knigge zu schreiben.

Nicht nur deswegen, weil er einer der talentiertesten Soft Skills-Dozenten unserer Schule ist, sondern auch wegen der Wichtigkeit des Themas in diesem Buch.

Interkulturelle Kommunikation wird oft, durch Menschen, die damit zu tun haben, missverstanden und oft falsch eingeschätzt.

Heutzutage jedoch haben Menschen unterschiedlicher Kulturen vermehrten Kontakt und deswegen mehr und mehr die Notwendigkeit guter interkultureller Kommunikations-Fähigkeit. Viele von uns glauben, dass es ausreicht, eine Fremdsprache gewissenhaft mit Menschen anderer Kulturen zu sprechen.

Jedoch, jemandes Sprache zu sprechen, ist nur der Anfang effektiver interkultureller Kommunikation. Sogar, sprächen wir alle dieselbe Sprache, wären wir immer noch beeinflusst durch die Kulturen, in denen wir geboren sind und das Wissen über andere Kulturen oder, wenigstens das Verständnis der Tatsache, dass andere Kulturen ‚verschieden‘ sind. Deshalb lässt es Menschen dieselben Dinge unterschiedlich machen. Zum Überleben ist es unumgänglich, sich vermehrt damit vertraut zu machen, wie mit Mitgliedern anderer Kulturen umzugehen ist.

Obwohl meine letzte Bemerkung sehr trivial klingen könnte, soll ein einfaches Beispiel deutlich machen, dass das Wort ‚überleben‘ keineswegs übertrieben ist. Entsprechend einer kürzlichen Erhebung durch die ‘Dutch federation of exporters, FENEDEX’, niederländische Exporteure, deren Wirkungsraum der Deutsche Markt ist, exportieren diese geschätzte 7,5 Milliarden Euro weniger als sie könnten, wären sie fähig, ‚verhandlungsfähiges Deutsch‘ zu sprechen und ein adäquates Verständnis der Deutschen Kultur hätten.

Wenn bewusst wird, dass die Niederlande schon immer eine international tätige Handelsnation ist und schon immer sensibler war im Handel mit ausländischen Kulturen, als viele ihrer Europäischen Nachbarn; wenn berücksichtigt wird, dass der kulturelle Unterschied zwischen den Niederländern und Deutschen relativ anspruchslos ist, dann muss sich gefragt werden, wie groß die Abweichung durch einen totalen Export-Schaden in allen Märkten zusammen genommen sein könnte.

Offensichtlich bedeutet interkulturelle Inkompetenz, dass das Geschäftspotential in Europa weit vom maximal möglichen entfernt ist. Die Vorteile der Fähigkeit interkultureller Kommunikation liegen jenseits des Materiellen. Interkulturelle Kommunikation macht das Leben glücklicher, weil es uns klüger macht und uns hilft, uns zwischenmenschlich besser zu verstehen. Es könnte sogar den Europäern auf ihrem Weg zu immer wachsender Integration helfen und es könnte helfen, einige der sozialen Probleme zu bereinigen, die unseren Gesellschaften zur Last fallen.

Es ist meine Überzeugung, dass interkulturelle Kommunikation schließlich auch der Schlüssel sein könnte, die internationalen Konflikte, wie zum Beispiel jene zwischen Israelis und Palästinensern, zu lösen.

Horst Hanisch hat einen sehr lebhaften und praktischen Ratgeber zu all den Themen, die wichtig für interkulturelle Kommunikation sind, erstellt. Er nimmt uns mit auf eine Reise durch verschiedene Teile der Welt und mancherlei Zeiten der Geschichte. Zahlreiche Beispiele helfen den Lesern, die elementaren Fehler bei der Begegnung mit Menschen anderer Kulturen zu vermeiden.

Ich hoffe, dass die Leser diesen Ratgeber so nützlich finden wie ich und ich hoffe auch, dass das Buch selbst seinen Weg zu so vielen Lesern wie möglich finden wird.

Prof. Dr. Aad van Mourik

Dean, Cologne Business School, 2006

Vorwort zur aktuellen Auflage

Kommen Sie gesund wieder

Wer im Verkehr mit Menschen die Manieren einhält, lebt von seinen Zinsen,

wer sich über sie hinwegsetzt, greift sein Kapital an.

Hugo von Hofmannsthal, österr. Lyriker

(1874 - 1929)

Wenn einer eine Reise tut …

… dann kann er was erzählen.

Zwei, drei Generationen zurück kamen Deutsche eher selten mit Menschen anderer Kulturen zusammen. Anfang der 60er wurden die ersten Reisen in den Süden, oft mit vergleichsweise kleinem PKW über die Alpen nach Italien, gewagt. In den 70ern hatten Schüler die Möglichkeit, an einem Schüler-Austausch mit Franzosen oder Briten teilzunehmen.

Und wie sieht es heute aus? Fragen Sie einen jungen Menschen, hören Sie unter Umständen, dass dieser ein Auslandsschuljahr in den USA verbrachte, jener ein freiwilliges halbes Jahr in Neu-Seeland oder in Taiwan.

Ausländische Touristen verschaffen dem Kölner Dom die höchste Sehenswürdigkeitsrate in Deutschland. Die sagenumwobene Loreley und das dortige Rheintal zählen bei Asiaten zu den meist fotografierten Sehenswürdigkeiten. Geschäftsleute aus aller Welt tummeln sich in den großen und mittelgroßen Städten.

Mag früher manch einer gedacht haben „Was interessiert mich die Esskultur der Süd-Amerikaner“, mag es heute schon ganz anders aussehen, weil beruflich oder privat der Umgang mit Menschen aus den verschiedensten Ländern gepflegt wird. Der interkulturelle Austausch ist schon lange nicht mehr aufzuhalten. Spätestens seit der Begriff Globalisierung in aller Munde ist, ist klar, dass sich Deutschland, kulturell betrachtet, nicht isolieren kann.

Die Medien tun ihr Bestes, um uns über die Ereignisse weltweit zu informieren. Seien diese politischer Art, wie zu Beginn des Jahres 2011 in einigen arabischen Ländern Nordafrikas, Katastrophen mit globalen Folgen, wie das schwere Erdbeben, gefolgt vom Tsunami und anschließenden Kernschmelzproblemen in japanischen Kernkraftwerken im selben Jahr, bis hin zu königlichen Hochzeiten, wie zum Beispiel die prunkvoll inszenierte Trauung des britischen Prinzen William mit Kate Middleton Ende April 2011.

In Folge der beschriebenen Entwicklung werden wir mit Verhaltensmustern konfrontiert, die uns bisher kein Kopfzerbrechen bereiteten. So lässt sich feststellen, dass es verschiedene Distanzzonen gibt, wenn sich zwei Gesprächspartner gegenüberstehen. Der bei uns übliche Abstand wird in vielen asiatischen Ländern als zu nahe, in einigen südamerikanischen Ländern hingegen, als viel zu distanziert empfunden.

Im ersten Fall mag sich das Gegenüber bedrängt fühlen und wird versuchen, die Distanz zu vergrößern. Im zweiten Fall wundert sich das Gegenüber über die scheinbar abwehrende Distanz und versucht, diese durch räumliches Annähern auszugleichen. Auf uns hingegen wirkt das manchmal als allzu aufdringlich.

Jemandem die Hand zur Begrüßung reichen, erscheint uns selbstverständlich, wohingegen in anderen Kulturen auf den Händedruck verzichtet wird. Nach wie vor wird die Rolle der Frau und des Mannes nicht überall gleichwertig gesehen, was besonders bei geschäftlichen Beziehungen zu Herausforderungen für beide Seiten führen kann.

Im vorliegenden überarbeiteten Ratgeber wird auf diese und viele andere Verhaltensmuster hingewiesen. Auch banal klingende Themen, wie „Wie viel Trinkgeld wird wann und wo gegeben – beziehungsweise wird überhaupt Trinkgeld gegeben?“, kann von Land zu Land verschieden sein.

Sollten Sie in Süd-Korea eingeladen sein, betreten Sie die Wohnung ohne Straßenschuhe. Und wenn Sie dann den Toiletten-Raum aufsuchen, werden Sie feststellen, dass es hierfür extra bereitgestellte Hausschuhe gibt.

Dass in Indien die Farbe der Trauer Weiß ist, mag bekannt sein. Welche Farbe wählen Sie für die Verpackung, wenn Sie Ihrem chinesischen Nachbarn ein Geschenk überreichen? Dass dem Russen nichts mit scharfer Klinge, wie Schere oder Messer geschenkt werden soll, hat damit zu tun, dass die ‚Freundschaft’ nicht zerschnitten werden soll.

Sie sehen, es gibt Fettnäpfchen, in die sich leicht treten lässt. Das kann vermieden werden. So können Sie erreichen, dass Sie sich selbst oder – viel unangenehmer – Ihr Gegenüber in eine unangenehme Situation bringen.

Liebe Leserin, lieber Leser, achten Sie darauf, dass Sie ‚Ihr Gesicht wahren’ und dass Ihr Gesprächspartner sein ‚Gesicht nicht verliert’.

Den Leserinnen und Lesern dieses Ratgebers wünsche ich auch mit dieser Auflage viel Spaß beim Lesen.

Horst Hanisch

Teil 1 – Umgangsformen nicht nur
im Ausland
Gewandt auch im Ausland

Kleine Auslands-Etikette

Wussten Sie schon, dass sich manche Leute auch im Ausland wie zu Hause benehmen?

Manfred Stahl, dt. Aphoristiker

(* 1940)

Geschäftsreise und Urlaubsreise

Wussten Sie, dass die Deutschen 23 Milliarden Euro für Kurzreisen ausgeben und 73,4 Milliarden für längere Urlaubsreisen, das heißt fünf Tage und mehr, (Quelle „die Rheinpfalz“, 30.04.2018). Wussten Sie, dass für Geschäftsreisen im Jahr 2016 Kosten von mehr als 51,6 Milliarden Euro entstanden? Und das bei 183,4 Millionen Geschäftsreisen, (Quelle VDR, 21.06.2017). Im Jahr 2017 gab es 3,98 Milliarden Flugpassagiere weltweit.

Von diesen Geschäftsreisen findet ein Teil im Ausland statt. Die Geschäftsreisenden werden sich vermutlich bestens auf ihr Ziel und ihr(e) Gespräch(e) vorbereiten.

Nimmt sich tatsächlich jeder ins Ausland fahrende Geschäftsreisende im Vorfeld die Zeit, sich in die Gedankenwelt der Gesprächspartner hineinzuversetzen? Klärt er vorab, welche kulturellen Besonderheiten auf ihn warten? Welche Sitten und Bräuche bestehen? Welche Umgangsformen aktuell sind?

Immer wieder verzeichnen Unternehmen hohe Kosten oder Fehlinvestitionen, „nur weil sie sich vorher keine Gedanken über die andere Kultur machen“. Das Firmen-Image wird ramponiert. In einem Spiegelbericht (Quelle: Der Spiegel 16/2005) steht zum Beispiel: „Dennoch war China im […]-Konzern eine Art Großparkplatz für ungeliebte Manager. Erst wurde die Verantwortung dem damaligen Vertriebschef […] übertragen, dann dem Produktionschef […]. Beide galten in Deutschland als Auslaufmodelle. Auch die zweite Ebene wurde nicht mit fähigen Chinesen besetzt, die den Konzern vor Fehlentwicklungen hätten warnen können …“ Ob diese Vorgehensweise empfehlenswert ist/war?

Millionen Geschäfts- und Urlaubsreisende kommen in Kontakt mit fremdartigen Verhaltensmustern. Auch hier werden sich die wenigsten vor Reisebeginn mit der Mentalität der Menschen in den Gastländern auseinandergesetzt haben.