9783548612126.jpg

Das Buch

Wie’s der Teufel will: Kaum hat Kriminalkommissar Hummel sein Sabbatical beendet, schon fällt ihm ein neuer Fall vor die Füße. Und zwar aus dem vierten Stock eines Rokoko-Palais in der Kardinal-Faulhaber-Straße, der schönsten Straße Münchens: Ein Toter in schwarzer Soutane.

Klar, dass Hummels Chef Mader und sein Team erst mal auf eine Mauer des Schweigens stoßen: Der tote Priester war für den Verkauf des wertvollen Palais zuständig; dabei war er wohl jemandem im Weg gewesen. Als im Ba­dezimmer seiner Zweitwohnung eine junge Frau tot in Beiz­lauge aufgefunden wird, spannen sogar Hummel, Mader & Co, dass der Gefallene ein gefährliches Doppelleben führ­­te …

Der Autor

Harry Kämmerer, geboren 1967, aufgewachsen in Passau, lebt mit seiner Familie in München-Haidhausen. Verlagsredakteur mit Herz für Musik und Literatur. Verfasser von bislang 25 Kurzgeschichten, einer Dissertation zum Thema Satire und Satire-Theorie im 18. Jahrhundert, einem wissenschaftlichen Lehrbuch und zwei Hörspielserien für Kinder. Sein erster Roman Isartod erschien 2010 im Graf Verlag – der Anfang der spannend-witzigen Serie um Mader, Hummel & Co. Die Schöne Münchnerin kam 2011 heraus, im Frühjahr 2013 folgte Heiligenblut und im Frühjahr 2014 Pressing.

Von Harry Kämmerer erschienen als List Taschenbuch:

Isartod

Die Schöne Münchnerin

HARRY KÄMMERER

Heiligenblut

KRIMINALROMAN

Verlagsqualität Ullsteinbuchverlage

List Taschenbuch

Besuchen Sie uns im Internet:

www.ullstein-buchverlage.de


Verlagsqualität Ullsteinbuchverlage

Wir wählen unsere Bücher sorgfältig aus, lektorieren sie gründlich mit Autoren und Übersetzern und produzieren sie in bester Qualität.


In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.


Für TAK

Ungekürzte Ausgabe im List Taschenbuch

List ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin.

1. Auflage August 2014

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin /

Graf Verlag, München 2013

Umschlaggestaltung: bürosüd° GmbH, München,

unter Verwendung einer Vorlage von herzblut02 GmbH, München

Titelabbildung: © photocase – Maccaroni; © gettyimages (Dackel)


ISBN 978-3-843-70552-3


Alle Rechte vorbehalten.

Unbefugte Nutzung wie etwa Vervielfältigung,

Verbreitung, Speicherung oder Übertragung

können zivil- oder strafrechtlich

verfolgt werden.


E-Book: LVD GmbH, Berlin

Mm dooby do, dahm dahm

Dahm do dahm ooby do

Dahm dahm, dahm do dahm, ooby do

The Fleetwoods

Puder, Flocken, Sturm

Dächer, Giebel, Rathausturm

Weiß zu Grau und fein zu Matsch

Nieselregen, just a touch

Unentschieden, Zwischenzeit

Nicht mehr gestern, noch nicht heut

Ein paar warme Strahlen

wecken all die fahlen

Farben aus dem Winterschlaf

stelln Konturen wieder scharf

Frischer Wind ist ein Versprechen

und das gilt auch für Verbrechen

München bleibt ein guter Ort

für Gewalt und Raub und Mord

DAS PERSONAL

Karl-Maria Mader, Chef der Mordkommission I in München, Mitte fünfzig, Dackelbesitzer, wohnhaft im betonierten Neuperlach, liebt Frankreich und Catherine Deneuve (Fernbeziehung, einseitig).

Soulman Klaus Hummel mag Musik und Krimis, fantasievoller Kriminalbeamter, unsterblich verliebt in die Kneipenwirtin Beate. Nach schwerem Bergunfall (Die schöne Münchnerin) und vier Monaten Zwangspause jetzt wieder am Start. Auch bei seiner Zweitkarriere als Krimiautor. Um das Krimi­projekt schon vorab an einen Verlag zu verkaufen, hat er sich eine neue Literaturagentin gesucht. Gerlinde von Kaltern von der Agentur Carta Dura ist seine zweite Agentin, nachdem er bereits eine verschlissen hat. Jetzt müsste er nur noch mit dem Schreiben beginnen.

Frank Zankl ermittelt oft mit einer Prise zu viel Testosteron. Seit Wunschkindbehandlung (Isartod) allerdings verträglicher, weil hormonsediert.

Dosi Roßmeier, das niederbayrische Gemüt der Münchner Kripo: loses Mundwerk, fintenreich. Klein, stark, rothaarig – »das Sams« (Zitat Zankl).

Rechtsmedizinerin Dr. Gesine Fleischer kümmert sich hingebungsvoll um die Toten – in jeder Verfassung.

Dezernatsleiter Dr. Günther bewegt sich gerne in der Münchner Bussigesellschaft. Kümmert sich vor allem um das gute ­Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit.

Dr. Patzer ist zurück! Nach der Pleite mit dem bizarren Wellness-Bauprojekt ISARIA (Isartod) und verbüßter Haftstrafe sucht der Immobilienhai neue Aufgaben.

Notar Dr. Steinle, der Exkompagnon von Patzer, ist das gut geschmierte Bindeglied zwischen High Society und Halbwelt – »Demi Moore und Demimonde« (Zitat Hummel).

Bajazzo ist der klügste Dackel Münchens. Teilt mit Herrchen Mader so manche Ansichten und Brühwürfel. Hat den Überblick und zieht die Fäden im Hintergrund.

ENGELSFLÜGEL

Die Gehsteigplatten glänzten. Die Luft war kühl und frisch. Die Tauben spürten es, vorher schon. Laut hallte ihr Flügelschlag durch die Straßenschlucht. Bruder Wolfgangs erstaunt aufgerissene Augen. Unwirklich blauer Himmel, ausgerechnet Preußischblau. In München! Die dottergelben Türme der Theatinerkirche, Wetterfahnen grünspanig, federleicht im Wind. Kalte Sonne auf ehrwürdigen Fassaden und in hohen Fenstern. Schlagschatten – Simse, Erker, Dachvorsprünge. Das Hupen eines Kleinlasters vor einer blockierten Einfahrt, ein paar wenige Passanten. Keiner sah ihn kommen. Dann der Pflatsch. Als ob eine Melone platzt. Oder ein großes Glas Essiggurken. Hart und weich. Erstaunlich laut. Alle Aufmerksamkeit auf das schwarze Bündel. Ein Mensch? Ein Priester? Alle Blicke nun nach oben. Woher kam denn der geflogen? Im vierten Stock ein weißer Vorhang aus einem offenen Fenster. Engelsflügel. Unten: Schaulustige um das Bündel, eine rote Pfütze. Große Augen, bleiche Gesichter, Hände vor Mündern. Tauben wieder da. Pickten Krumen aus dem Blut.

STUMMFILM

Gerlinde von Kaltern sah auf ihre Zigarette. Die war herun­ter­ge­brannt, ohne dass sie noch einmal daran gezogen hätte. Die Chefin der Verlagsagentur Carta Dura stand auf der kleinen Terrasse des Vortragssaals im Dachgeschoss des Literaturhauses, wo sie die erste Pause des Marketingseminars für schnelle Nikotinaufnahme nutzen wollte.

Aus der Entspannung wurde nichts. Denn gerade hatte sie gesehen, wie schräg gegenüber ein Mensch rückwärts aus einem Fenster gestürzt war. Wie in einem Film. Stummfilm – kein Schrei. Doch der Aufprall war bis hier oben zu hören gewesen. Entsetzt fragte sie ihre Mit­rauche­rin: »Ist das gerade wirklich passiert?«

Die junge Frau rang nach Fassung, nickte verwirrt. »Da war noch jemand am Fenster.«

Gerlinde von Kaltern war sich nicht sicher, aber ja, könnte sein. Sie schnippte die Kippe in die Tiefe, ging in den Saal zurück und holte ihr Handy heraus.

KNALLROT

Hummel war am Marienplatz, als ihn der Anruf erreichte. Seine neue Literaturagentin. Außer sich. Aber nicht wegen seines Krimiprojekts. Ein Notfall! In der Kardinal-Faul­haber-Straße sei jemand aus dem Fenster gestürzt – worden. Kein Unfall! Als er nur fünf Minuten später dort eintraf, waren schon ein Krankenwagen und ein Streifenwagen vor Ort. Die Sanitäter standen ratlos vor dem Bündel. Hier gab es offensichtlich nichts mehr zu tun. Für letzte Hilfe waren sie nicht zuständig. Stattdessen hätte sich ein Bruder des abgestürzten Geistlichen einfinden müssen. Bisher war nur der Pförtner des kirchlichen Gebäudes zur Stelle. Der sprach mit einem der Strei­fen­polizis­ten. Der zweite Strei­fen­polizist hatte alle Hände voll zu tun, die Schaulustigen halbwegs auf Distanz zu halten. Hummel zeigte seinen Dienstausweis und lupfte das weiße Tuch. Nicht schön, das Arrangement: verrenkter Mensch, das Fruchtfleisch der Melone sternförmig auf dem Pflaster. Roter Soßenspiegel. Hummel würgte kurz, ließ das Tuch sinken und sah auf. ­Jemand winkte ihm aus der Menge der Schau­lusti­gen.

»Hallo, Herr Hummel. Sie sind aber schnell hier!«, sagte Frau von Kaltern.

»Die Polizei ist immer schnell. Was haben Sie denn ­gesehen?«

»Wie er aus dem Fenster gefallen ist. Ich war da oben.« Sie deutete zur Glasfront des Foyers beim Vortragssaal. »Ich besuche gerade ein Seminar zum Thema ›Die Bestseller von morgen‹.« Sie deutete auf den Toten. »Jetzt haben Sie einen neuen Fall! In einem interessanten Milieu. Vielleicht können Sie was draus machen? Klosterkrimi, das wär doch mal was ganz Neues!«

»Sie haben gesehen, dass ihn jemand gestoßen hat?«

»Nein.«

»Aber Sie sagten doch …?«

»Eine andere Teilnehmerin hat das gesehen. Warten Sie …« Sie suchte die Menge ab und deutete schließlich auf die Dame.

Hummel wurde knallrot. Er seufzte und ging auf die Frau zu. »Hallo, Valerie«, begrüßte er seine Exagentin.

»Sieh an«, meinte sie kühl, »du bist jetzt bei Carta Dura

Er nickte schuldbewusst.

»Und – wie läuft es mit dem Schreiben?«, fragte sie.

»Du hast gesehen, wie der Mann geschubst wurde?«

»Ich glaube, ich habe einen Arm gesehen. Aber da war auch der Vorhang. Doch, ich bin mir sicher, er wurde ­gestoßen.«

»Kein Gesicht?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Schade.«

»Wird das euer neuer Fall?«

»Sieht ganz danach aus.« Hummel griff zum Handy, um Mader anzurufen.

VON A NACH B

Manche Dinge sind ziemlich banal. Stellt man sich großartig vor, so Offenbarung, ein Leuchten, blitzartige Erkenntnis. Und dann ist es ganz einfach: eine graue Stahltür, das Summen eines elektrischen Türöffners, ein kurzer Druck gegen den Knauf, und du bist draußen.

Der Giesinger Himmel war löwenblau. Die Luft rein und klar. Das Rauschen des Autoverkehrs eine Verheißung: Du kommst von A nach B. Wenn du willst. Keiner hält dich davon ab. Du musst dich nicht bewegen. Aber du kannst es. Es ist ein Angebot, eine Möglichkeit. Ja, das Leben hatte ihn wieder. Fast ein Jahr hatte er absitzen müssen nach der Geschichte mit ISARIA, dem Well­ness­resort bei Grünwald. Dieser blöde Mader war schuld. Der hätte ihn am liebsten für Mord drangekriegt. Hätte. Aber die Sache mit der Wasserleiche und dem toten Italiener war so verzwickt gewesen, dass man ihm nichts nachweisen konnte. Logisch. Er war ja kein Anfänger! Er war Dr. Friedrich Patzer, Investmentgenie und Spezialist für komplexe Bauvorhaben. Gewohnt, mit harten Bandagen zu kämpfen. Aber dass man ihn dann wegen frisierter Bücher verknackt hatte, war schon sehr blöd. Und das passierte ausgerechnet ihm, der sich mit Finanzen bestens auskannte. Die Psychologie des Geldes, so der Titel seiner Doktorarbeit. Ja, die Psychologie des Geldes kannte er. Was aber nicht viel half, wenn man die Psychologie der Geschäftspartner falsch einschätzte.

Sein Kompagnon Dr. Steinle hatte sich sauber aus der Affäre gezogen, als es eng wurde. Na ja, hätte er vermutlich auch nicht anders gemacht. Der Herr Notar, immer wichtig, mit den allerbesten Verbindungen, stets auf den eigenen Vorteil bedacht. Wäre nur gerecht gewesen, wenn die Cops auch bei ihm was gefunden hätten. Aber Steinle war ein Aal. Wahrscheinlich würde er winseln, wenn er in den Knast müsste. Er hingegen hatte noch Eier in der Hose. Und Stadelheim jetzt als eine durchaus bereichernde Lektion des Lebens für sich verbucht. Manchmal wusste man erst, was wichtig war, wenn man es nicht mehr hatte. Die Möglichkeit, von A nach B zu gelangen. Einfach so. Die Auszeit ermöglichte einen anderen Blick. Perspektivenwechsel, Muße, das Leben zu überdenken, Ziele neu zu formulieren. Jetzt wollte er wieder angreifen! Attacke!

Patzer überlegte. Taxistand. Nein. Bus? Nein. Er orien­tierte sich kurz: Giesing, München. Immer noch seine Stadt. Er atmete tief durch, dann schritt er weit aus. Wieder Boden unter die Füße kriegen. Die Stadt zurück­erobern.

Die Schwanseestraße hinunter, über die Chiem­gau­straße, der dichte Verkehr am Ring, zum Giesinger Bahnhof. Weiter: Ostfriedhof und Nockherberg. Auf der Plattform an der Hochstraße machte er halt und sah hinab auf die Stadt, seine Stadt. Olympiaturm unwirklich nahe. Davor Dom, Alter Peter, Rathaus, Patentamt. Das Vertraute, das er in seinen Monaten in Stadelheim vermisst hatte. Gedankenpause. Einiges musste er grundsätzlich ändern, anderes nur besser machen, ein bisschen aufräumen. Dass seine Frau über alle Berge war, sollte ihm nur recht sein. Mit dem bürgerlichen Scheiß war er fertig. Er würde die Scheidungspapiere unterschreiben. Aus die Maus. Und dann wieder ins Geschäft einsteigen. Steinle würde schon sehen: Patzer war zurück! Der neue Patzer! Buh!

WURSTHAUT

Mader schüttelte Hummel herzlich die Hand. »Respekt, noch nicht mal im Büro, und schon ein neuer Fall.«

Hummel grinste schief. »Ich dachte, ich lass es mal langsam angehen.«

»Ist dir gelungen«, sagte Zankl.

»Hey, Hummel, oide Wursthaut!«, rief Dosi, die gerade hereinkam. »Wie geht’s dir?«

Sie umarmten sich. »Passt schon«, nuschelte Hummel.

»Und, was macht er?«, fragte Mader Dosi.

»Wer?«, fragte Hummel.

»Patzer«, erklärte Dosi. »Ist heute aus dem Knast. Ich hab ihn ein bisschen im Auge behalten.«

»Und?«

»Ihr werdet lachen. Ist erst mal ganz brav zu Fuß durch Giesing marschiert, dann mit der Tram zum Sendlinger Tor. Von da aus in ein Hotel in der Schillerstraße.«

»Schöne Gegend«, murmelte Zankl. »Erotronik – Stripschuppen und Elektronikläden.«

»Na, für Ersteres hat er ja jetzt vielleicht besonderen Bedarf. Und was ist bei euch so los?«

»Ein Toter in der Kardinal-Faulhaber-Straße.«

KALTSCHALE

»Und, Frau Fleischer, Auffälligkeiten?«, fragte Mader, als Gesine das Leichentuch weggezogen hatte.

»Nein. Genickbruch, Schädelbasisbruch – vorsichtig ausgedrückt. Das Gehirn war auf dem Pflaster. Ist da drüben.«

Mader warf einen flüchtigen Blick in die Kaltschale. »Hinweise auf Fremdverschulden?«

»Kann ich nicht sagen.«

»Wir haben Zeugenaussagen«, erklärte Mader Dosi, »zwei Frauen. Eine sagt, dass er gestoßen wurde. Nicht hundertprozentig, aber die Frau wirkt glaubwürdig. Hummel kennt sie.«

Hummel wirkte etwas zerknirrscht. »Die beiden Zeuginnen sind meine Agentinnen, also meine alte und meine neue. Frau von Kaltern hat mich angerufen, und meine Exagentin Valerie hat das mit dem Schubsen gesehen.«

»Uh, Exagentin, mein kleiner 007 …«, sagte Zankl.

»Eins ist bemerkenswert«, unterbrach Gesine das Geplänkel. »Die Rückseite des Toten.« Geschickt griff sie unter Hüfte und Schulter und drehte den Toten zur Seite, sodass sie den vernarbten Rücken sehen konnte. Eine Landkarte aus knotigem Gewebe. Bedrückt musterten sie das geschundene Fleisch.

»Er hat sich kasteit?«, fragte Mader.

»Ich weiß es nicht. Die Narben sind Jahre alt.«

TIPPTOPP

Der Hotelchef persönlich schob Patzer den doppelten Espresso über den Tresen. »Schön, dass du wieder draußen bist, Fritz.«

»Kannst du laut sagen, Sammy. Danke für deine Hilfe.«

»Ist doch klar. Wenn du sonst irgendwas brauchst? Ein Mädchen?«

»Im Moment nicht. Aber ich werde drauf zurückkommen. Wo ist der Aston Martin?«

»Steht in der Tiefgarage. Tipptopp. War sogar beim TÜV.« Er reichte Patzer die Autoschlüssel und die Papiere.

»Du bist ein echter Freund.« Patzer trank aus und ging zum Lift.

PSYCHO

Hummel stand auf dem Isarwehr beim Müller’schen Volksbad. Kleiner Stopp auf dem Heimweg, zum Nachdenken. Nach viermonatiger Pause hatte er heute wieder zu arbeiten begonnen. Sein letzter Fall steckte ihm noch immer in den Knochen: der schwere Sturz beim Schachenhaus in den Bergen, die Chefin der Modelagentur Chris Winter, die ihn so hintergangen hatte, und die vielen Toten, die sie auf dem Gewissen hatte. Sein monatelanger Krankenhausaufenthalt hatte aber auch seine guten Seiten gehabt: Beate war lange an seinem Krankenbett gesessen, bis er dann endlich aus dem Koma erwachte. Sie war die ganze Zeit da, als er weg war. Chris Winter war nur eine kurzfristige Verwirrung gewesen. Sehr gut aussehend, klar, aber ein Herz, schwarz und hart wie Kohle. Beate hingegen … Ach, Beate! Endlich war sie sein. Und er: vom Stammgast ihrer Musikkneipe Blackbox zum ­Le­bens­­­gefähr­ten. Steile Karriere. Na ja, »Lebensgefährte« war dann doch ein bisschen zu hoch gegriffen. Aber das war zumindest sein Nahziel. Ihren Exfreund, den Test­fahrer von BMW, hatte Beate in die Wüste geschickt. Ja, den hatte er offenbar ausgestochen. Charme, Witz, Humor – das war Hummels Währung. Dachte er zumindest. Sonst hätte es auch keinen logischen Grund für Beate gegeben, die Pferde zu wechseln. Zum Glück hatte Liebe nichts mit Logik zu tun.

Hummel sah auf die Isar und die Kiesbänke. Schon viel passiert in letzter Zeit, in seinem Leben. Das er immer noch sortieren musste. Der Betriebsarzt hatte zu einer langsamen Wiedereingliederung geraten. Das war auch die Botschaft der Polizeipsychologin: erst mal nicht mehr als zwei Tage die Woche arbeiten. Und begleitende Therapie. »Mentale Hygiene« lautete das Resümee der Psychologin. Damit hatte er eigentlich gar nichts am Hut! Wie klang denn das? Mentale Hygienie! Sollte er jetzt sein eigener Facility Manager werden, mit Mopp und Wischlappen seine Seele schrubben? Ja, vielleicht sollte er das mal tun. Dabei beschäftigte er sich eh schon andauernd mit sich selbst. Würde das mit so einer Therapie nicht noch schlimmer werden? Er wollte die Psychologin nicht enttäuschen, also hatte er zugestimmt. Wer weiß, wozu es gut war.

In den letzten Monaten war ihm vor allem Bajazzo eine große Stütze gewesen. Dem musste er nichts erklären, der widersprach nicht, war einfach da. Und Mader war ganz froh, dass mal jemand anders mit Bajazzo Gassi ging. Bajazzos Zuneigung konnte sich Hummel sicher sein, bei Beate war das nicht ganz der Fall. Es hatte sich so gut angelassen, aber jetzt war dieser blöde Testfahrer wieder auf der Bildfläche erschienen. Er sülzte herum, machte Beate ölige Komplimente. Dass sie diesen eitlen Deppen gewähren ließ, enttäuschte ihn schon etwas. Nein, sehr! Wobei, wenn Hummel ehrlich war – es war auch schwierig, so im direkten Vergleich: Der Typ sah ziemlich gut aus, hatte Kohle und Selbstbewusstsein, war kein solches Komplexbündel wie er. Aber – wie gesagt – es ging ja um Liebe. Irrationalität pur. Er musste diese Balzattacken als Herausforderung sehen. Ein Grund mehr, an sich selbst zu arbeiten.

Hummel hob einen Stock auf und warf ihn in das gurgelnde Wasser. Der Stock drehte und überschlug sich in den eisigen Fluten. Hummel sah ihm eine Weile zu, dann ging er zur Museumsbrücke, bog in die Lilienstraße ein. Hatte Hunger. Vielleicht wollte Beate ja zum Essen kommen? Er griff zum Handy.

PETIT BATEAU

»Frank, hier hast du deine Tochter, ich bin raus!«, hatte Conny gesagt, als er um neunzehn Uhr zu Hause eingetroffen war. Clarissas Schreien hatte er bereits im Treppenhaus vernommen. Als es vor der Wohnungstür immer mehr anschwoll, hatte er schon überlegt, einfach auf dem Absatz kehrtzumachen und Conny per Handy mit irgendwelchen Überstunden wegen des neuen Falls anzuschwindeln. Aber sie roch Ausreden hundert Meter gegen den Wind. Also Home sweet Home. Als ihm das Schluchzen von Clarissa nach Öffnen der Wohnungstür ungefiltert entgegengeströmt war, war ihm auch schlagartig klar geworden, wie wunderbar ruhig sein Arbeitstag gewesen war. Herrlich. Nun Feueralarm. Und das Zuschlagen der Wohnungstür hinter Conny hatte bedeutet, dass sie jetzt die Stille einer Stunde Rückbildungsgymnastik genießen konnte und er ganz allein war mit dem Problem auf seinem Arm. Wie stellte Conny sich das vor?! Dass er ihr die Brust gab?

Clarissa-Schatzi, Mausi, dididudu, bist du müde, schlaf, Mausi, schlaf …

Clarissas Wehklagen wurde immer penetranter. Keine Chance. »Na gut, Mausi«, sagte er und ging ins Schlafzimmer, wo der BabyBjörn auf dem Wickeltisch lag. Er roch an ihrer Windel, fand den Geruch akzeptabel und legte Clarissa ab. Sie schwieg und sah mit großen Augen zu, wie er sich das Tragegestell anschnallte. Das klappte immer. Auch heute. Er bugsierte sie in die Stoffschlaufen, setzte ihr ein Mützchen auf und holte den weiten Wintermantel aus dem Schrank. Hatte er nach Jahren wieder in Betrieb genommen. Muffelte ein bisschen. Allerdings, was muffelte zur Zeit nicht?

Clarissa schlief bereits im Treppenhaus. Er überlegte kurz, ob er einfach zurück in die Wohnung gehen sollte, sich mit ihr aufs Sofa setzen und auf Sky Fußball schauen sollte, verwarf den verlockenden Gedanken aber sogleich wieder. Das hatte noch nie geklappt. Also raus. Er ging zum Bavariaring und sah auf die dunkle Theresienwiese. Dass ein Kind so anstrengend sein kann, hätte er nicht gedacht, hätten sie beide nicht gedacht. Na ja, Clarissa war besonders anstrengend, so klein und zierlich, wie sie war. Zwei Monate zu früh und trotzdem alles dran. Ihre Stimme reichte für zwei. Als müsste sie die verpassten Monate durch Dezibel kompensieren und rausposaunen: »Ja, ich bin da!!!«

Jetzt schlief sie tief und fest. Zankl dachte über den heutigen Tag nach. Hummel war zurück. Endlich. Zwar klappte es inzwischen mit Dosi ganz gut, aber Hummel als ausgleichendes Element hatte gefehlt. Denn Dosi war schon manchmal auf Krawall gebürstet. Na ja, er ja auch. Ein bisschen Emotion gehörte zum Geschäft. Er dachte an den toten Priester. An die Striemen auf seinem Rücken. An dessen wenig auskunftsbereiten Kollegen in der Kardinal-Faulhaber-Straße. Morgen würde er sich mit Mader den Laden mal genauer ansehen. Er überlegte, ob Clarissa eigentlich getauft werden sollte. Vermutlich. Conny war evangelisch und ging zumindest an Feiertagen in die Kirche. Er nicht. Er war katholisch und schon lange ausgetreten. Es gab genug Katholiken ohne ihn.

Was seine Mama niemals erfahren durfte, da war sie extrem konservativ. Seine Mama, jetzt Oma. Wie sich Rollen veränderten. Conny war alles andere als begeistert, dass Luise jetzt ständig bei ihnen anrief und unangekündigt vorbeischaute. »Mei, schau mal, Conny, was ich für einen entzückenden Strampler bei Petit Bateau gekauft habe. Clarissa wird fantastisch darin aussehen. Was haltet ihr davon, wenn ich sie euch heute Nachmittag entführe und mit ihr in die Hypo-Kunsthalle gehe. Ein bisschen Frühförderung kann doch nicht schaden. Kinder sind ja so kreativ …«

Jetzt sah er das Blaulicht. Der Polizeiwagen war schnell. Die Ampel wurde rot. Bitte nicht! Natürlich schalteten die Polizisten das Martinshorn ein. Blöde Bullen! Clarissa ließ einen gellenden Schrei los.

FOREVER IN LOVE

Dosi wachte früh auf. Ihr Kopf brummte. Eins von den Augustinern gestern musste schlecht gewesen sein. Sie betrachtete Fränkis nackten Rücken. Viel dran war nicht an ihm. »A Haring«, wie man in Niederbayern sagte – ein Hering, schmal und zäh. Aber der rote Engel mit den weiten Flügeln und den Teufelshörnchen am Kopf war schon beeindruckend. Darunter in Fraktur: Forever in Love. Das Tattoo meinte er durchaus wörtlich. Fränki würde sie nie wieder loswerden. Dosi-Schatzi, Dosi-Mausi, Dosi-Hasi … Aber da gab es Schlimmeres. Und man sollte immer im Rahmen der eigenen Möglichkeiten bleiben, da war sie ganz realistisch. Sie sah zum Nachttisch, wo eine aufgerissene Kondomschachtel lag. Obwohl Dosi sich nicht erinnern konnte, dass da gestern noch was gelaufen wäre. Ein Kickerturnier unter der Woche war einfach keine gute Idee. Sie fuhr langsam mit dem Finger über Fränkis Rippenklavier und dachte an die Striemen bei der Leiche gestern. Was war der Grund dafür? Was Sexuelles, Sadistisches? Oder doch nur das Kasteien des sündigen Fleisches? Was war heutzutage schon sündig? Na ja, diese Kirchenmänner hatten sicher strenge Spielregeln. Fränki grunzte selig. Dosi deckte ihn ordentlich zu und kletterte aus dem Bett, setzte Kaffee auf und ging duschen.

GRÜBCHEN

Hummel wachte ebenfalls nicht alleine auf. Allerdings nicht in seiner Wohnung. Er sah auf den wunderbaren langen, makellosen Rücken von Beate, verlor sich in den beiden Grübchen oberhalb ihrer Pobacken. ›Sie ist so perfekt‹, dachte er. Nachdem sie die spontane Einladung zum Abendessen ausgeschlagen hatte, war er ohne große Hoffnung gestern in die Blackbox gegangen, hatte still an einem Tisch gesessen, ein paar Bier getrunken. Beate hatte Philly-Soul aufgelegt, das süße Zeug mit Streichern und Chören! Aber sehr inspirierend. Und da hatte er spontan ein paar Zeilen auf seinen Bierdeckel geschrieben und ihr diese vorgetragen, nachdem der letzte Gast gegangen war. Beates Reaktion war überwältigend. Sie hatte ihn geküsst – so intensiv, dass er sich geschämt hatte, sich morgens das letzte Mal die Zähne geputzt zu haben. Und dann Wolke 7. Oder hieß das Wolke 9? Wie in dem Song der Temptations. Ganz oben jedenfalls. Weit draußen. Stratosphäre.

Jetzt hatte er einen wirklich üblen Geschmack im Mund. Er sah auf die Uhr – uh, höchste Zeit, er musste ins Büro. Halb zehn war sein Termin mit der Polizeipsychologin. Brauchte er das wirklich noch? Er war doch glücklich. Aber darum ging es ja nicht, sondern um seinen Job. Na ja, den neuen Fall hatte er bisher ja ganz gut verdaut. Das hatte ihn gestern selbst nach der langen Pause nicht aus der Bahn geworfen. Er ging ins Bad, drückte sich etwas Zahnpasta auf den Zeigefinger und rieb sich die Zähne ein. Dann nahm er einen von Beates Lippenstiften und schrieb in großen Lettern ICH LIEBE DICH auf den Spiegel.

FAST PARIS

›Was für ein herrlicher Tag!‹, dachte Mader, als er am Odeons­platz aus der U5 stieg, um die letzten Meter zur Ettstraße via Theatinerstraße, Kardinal-Faulhaber-Straße und Löwengrube zurückzulegen. In der Kardinal-Faul­haber-Straße hatte der nächtliche Regen die letzten Blutspuren vom Gehsteig gespült. Spontan entschied sich Mader, in dem kleinen Café schräg gegenüber dem kirchlichen Verwaltungsgebäude einen Kaffee zu trinken und ein Croissant zu essen. Ein kleines Bistro, das ihm gestern erstmals aufgefallen war. Le bon matin. Sehr apart, sehr französisch. Der Duft von Kaffee und Gebäck, das Rascheln der Zeitungen der frühen Gäste. An der Wand ein altes Kinoplakat. Belle de Jour. Hallo, Catherine! Er fühlte sich beinahe wie im Urlaub. Er dachte an seinen letzten Trip nach Paris.

Jetzt München – ein guter Polizist war immer im Dienst. Durchs Fenster beobachtete er, wer drüben bei den Schwarzröcken ein und aus ging. Viele Männer mit Aktenkoffern. Mal scharf geschnittene Businessanzüge, häufig aber der diskrete Charme offiziöser Pietät. Da gab es bestimmt einen speziellen Herrenausstatter. Mader glaubte sich an einen kleinen Laden beim Dom erinnern zu können.

Er stutzte, als eine ihm bekannte Person zusammen mit einem Geistlichen aus dem Gebäude kam. Dr. Steinle! Der Notar, der immer wieder seinen Weg kreuzte und bei ihm für Bauchschmerzen und Ärger mit seinem Chef Dr. Günther sorgte. Steinle verkehrte in den gehobenen Kreisen Münchens, da, wo das Geld saß und wo Günther auch gern sitzen würde. Steinle und Maders Chef pflegten eine lockere Golfklubbeziehung. Allerdings war Günthers Verhältnis zu Steinle eher die eines Caddies zu Bernhard Langer. Dachte Mader jetzt, als der Notar und der Geistliche direkt auf das Café zusteuerten. Mader sah sich um. Es war einfach zu eng hier, um sich zu verstecken! Über Tarnungsaccessoires wie Sonnenbrille oder Hut verfügte er nicht. Schon öffnete sich die Tür. Er schnappte sich die Zeitung vom Nachbartisch und entfaltete sie in ganzer Größe. Le Figaro. Aktuell, wie er erfreut festgestellt hätte, wenn genug Muße für Lektüre gewesen wäre. Er konzentrierte sich nicht auf die Artikel, sondern darauf, was die beiden Caféhausgäste sagten.

»Wird das Ableben von Bruder Wolfgang etwas am Lauf der Dinge ändern?«, hörte er Dr. Steinles sonore Stimme.

»Kaum. Er war zwar Projektleiter«, lautete die Antwort in zartem Moll, »aber nur ausführendes Organ. Die Leitung um Bruder Notkar wird das Angebot annehmen, das am attraktivsten ist und am besten mit den Interessen der Kirche korrespondiert. Da bleiben nicht viele Bewerber übrig. Und Sie sind dabei!«

»Das freut mich sehr. Es geht ja auch um ein Stück Münchner Geschichte.«

»Als neuer Projektleiter habe ich da durchaus Einflussmöglichkeiten.«

Mader lauschte angestrengt dem Gespräch über den Immobilienverkauf, in dem nur das Wort »Schmiergeld« fehlte.

»Das klingt doch sehr gut«, schloss Steinle. »Ich freue mich auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Oh, so spät schon. Bitte zahlen!«

Dann hörte Mader nichts. Obwohl die beiden Herren noch da waren. Mader traute sich nicht, hinter der Zeitung hervorzulugen. Dann sah er, wie ein Keks auf dem Boden landete. »Da, Bajazzo, was Süßes. Und sag deinem Herrchen einen schönen Gruß.«

SHAOLIN

Als Mader im Präsidium eintraf, war seine schlechte Laune verflogen. War auch irgendwie lächerlich. Er hatte sich wie ein Schuljunge benommen. Oder eine Figur in einem Detektivroman für Kinder. Hätten nur noch die Gucklöcher in der Zeitung gefehlt. Er lachte. Günthers Nachfrage im Treppenhaus – »Und was gibt’s Neues von den fliegenden Mönchen?« – hatte er soeben cool mit »Shao­lin gibt’s im Circus Krone« gekontert. Woraufhin Günther herzhaft gelacht hatte. Das Niveau von Günthers Humor stand in diametralem Gegensatz zu seinem elitären Gehabe. Wobei? War das so? Eigentlich passte das. Denn Geschmack hatte Günther nicht. Mader musste an die unterirdischen Lyrikevents oder an die zähen Edelgastroabende denken, die er mit Günther bereits verbringen durfte – dienstlich natürlich, kein Spaß. Jetzt aber. Im Büro gab er Zankl die Anweisung, sich schlauzumachen, was es mit dem Immobiliendeal und Steinle auf sich hatte. »Und machen Sie uns einen Termin bei diesem Abt Notkar, das ist der Chef da. Wo ist denn Doris?«

»Beschattet Patzer.«

»Aber nur noch heute und morgen. Dann ist es gut. Vielleicht ist er ja wirklich ein ehrbarer Bürger geworden.«

»Glaub ich nicht.«

»Und wo ist Hummel?«

»Bei Frau Seelendoktor.«

ESTELLE

Hummel stand im Hof des Polizeipräsidiums und rauchte. Er hatte gerade die Sitzung mit der Polizeipsychologin hinter sich. Die nahm einen ja regelrecht auseinander! Hatte angefangen, in seiner Kindheit zu kramen, nach seinen Eltern gefragt. Warum die sich getrennt hatten? Ob er die neuen Partner seiner Eltern kannte? Ob er sie mochte? Nein, Zefix! Er mochte sie nicht! Was hatte das mit seinem Job zu tun?! Andererseits – es stimmte schon: Sein familiärer Hintergrund war eine unaufgeräumte Großbaustelle, die er am liebsten komplett zubetoniert hätte. Vielleicht war das gerade das Problem: feine Risse im Beton, aus denen ein unguter Geruch strömte. Ungesagtes, Enttäuschungen, Konflikte. Nein, das hatte er bereits getan.

Sein Handy klingelte. Er sah auf das Display und nahm hocherfreut den Anruf an. »Hey, du«, hauchte er.

»Klaus, hast du eigentlich den Arsch offen?«

»Äh?«

»Was fällt dir ein, meinen Spiegel vollzuschmieren?«

»Ich, äh?«

»Mit meinem Lippenstift! Der ist von Estelle, der kostet schlappe 35 Euro!«

»35 Euro?!«

»Fünf-und-dreißig! In Worten!«

»Ein Lippenstift?«

»Ja, und?«

»Ein Lippenstift kann doch nicht 35 Euro kosten?«

»Wenn du einen String für 100 Euro kaufen kannst!«

Er lachte. Sie hängte ein.

BAVARIAN SHISHA

Dosi stand im Bavarian Shisha Outlet in der Bayerstraße, umgeben von Oktoberfest-T-Shirts, Schneekugeln mit Rathaus und Olympiaturm, Wasserpfeifen samt Zubehör und Dirndln für sage und schreibe 49 Euro. »Nur heute« stand auf dem zerknitterten Passschild an einem ­schreiend pinken Jodeloutfit. Dosis Blick war starr durchs vollgestopfte Schaufenster nach draußen gerichtet. Der afrikanischen Verkäuferin mit ihrer eindrucksvollen Kopfbedeckung – bunter Bastkorb mit vierzig Zentimetern Höhe, aus dem fein geflochtene Zöpfe wie Bohnenkraut wucherten – war Dosis mangelndes Kaufinteresse egal. Sie plapperte wie ein Wasserfall in ihr Smartphone in einer Dosi unbekannten Sprache.

Dosis Blick ging über die Straße. Patzer saß nur wenige Meter weiter an einem der hohen Tische im Bis­tro­bereich des Fleming’s Hotel. Nicht allein. Mit einem anderen Anzugmenschen. Das Treffen sah geschäftlich aus. Jetzt drehte sich Patzers Gesprächspartner in Dosis Richtung. Hey, den kannte sie doch! Das fleischige Gesicht, der kecke Oberlippenbart, die angeklatschten Haare. Woher nur? Vielleicht aus Passau? Die beiden schienen sich prächtig zu amüsieren, denn sie lachten in einer Tour. Jetzt fuhr draußen ein dicker schwarzer Mercedes vor, und die beiden verließen das Lokal. Dosi stürzte nach draußen, sah gerade noch die Autonummer. Passauer-Land-Nummer. Notiert. Im selben Moment fiel ihr ein, wer der Mann war. Der Chef des Bauunternehmens, das damals ihr Haus in Passau gebaut hatte. In dem immer noch ihr Ex Eric saß. So, der Schmidhammer aus Untergriesbach hatte jetzt einen Mercedes samt Fahrer. Das Geschäft lief offenbar gut. Musste sie sich mal genau informieren, was der so trieb. Und was er mit Patzer zu schaffen hatte.

SCHÄFCHEN

Bruder Notkar bat die beiden Kriminaler, Platz zu nehmen. Harte Büßerstühle. Auch sonst ein recht karges Styling. Bürograu und -beige. Als einziges religiöses Insignium – mal abgesehen von Bruder Notkars Dienstkleidung – hatte Mader ein kleines Kruzifix über der Tür entdeckt.

»Sie sind katholisch?«, fragte Notkar.

Mader nickte, Zankl fühlte sich ertappt und schüttelte den roten Kopf.

»Jedes verlorene Schäfchen ist willkommen«, sagte Notkar und lächelte. »Kleiner Scherz. Ihre Konfession geht mich nichts an. Und Sie sehen es vielleicht an unserem Ambiente – das könnte eine x-beliebige Amtsstube sein.«

»Welchen Dienstgrad, äh, welche Funktion haben Sie hier?«, fragte Zankl mit immer noch rotem Kopf.

»Ich bin Finanzdirektor. Ich koordiniere verschiedene Aufgabenbereiche, die ein vor allem wirtschaftliches Denken erfordern: Controlling, Haushaltsplanung, Port­folio- und Immobilienmanagement.«

»Sagen Sie, kennen Sie Dr. Steinle?«, fragte Mader.

»Dr. Steinle. Aber ja! Wer in München mit Vermögenswerten zu tun hat, kommt an Dr. Steinle nicht vorbei.«

»Machen Sie Geschäfte mit ihm?«

»Wir haben gelegentlich mit ihm zu tun, in seiner Funktion als Notar.«

»Wobei zum Beispiel?«

»Dazu kann ich nichts Näheres sagen. Außer es hat etwas mit dem Ableben unseres Bruders Wolfgang zu tun.«

»Entschuldigen Sie, ich wollte nicht indiskret sein. Ich bin heute Morgen hier vorbeigekommen, da kam er gerade aus dem Gebäude.«

In Notkars Miene zeigte sich gar nichts.

Mader wartete, ob da noch mehr Informationen kamen. Nein. Also fragte er: »Womit war Bruder Wolfgang denn hier so alles befasst?«

»Er war ebenfalls Verwaltungsfachwirt. Er kümmerte sich vor allem um unsere Immobilien. Viele unserer Liegenschaften haben übrigens keinerlei kirchliche Funktion: Mietshäuser, Büros und sogar eine Ladenpassage.«

»Hatte Bruder Wolfgang zurzeit irgendeine besondere Aufgabe?«

Notkar überlegte kurz, dann nickte er. »Momentan war er vor allem Projektleiter für den Verkauf dieser Immobilie.«

»Sie verkaufen dieses Haus?«, fragte Zankl.

»Ja, es wird eng hier. Wir haben bei Garching ein großes Gelände, da soll ein Neubau entstehen, in dem dann alle Ressorts Platz finden. Sie sehen ja selbst, hier ist alles ein bisschen unzeitgemäß.«

»War Steinle deswegen hier?«, fragte Mader dann doch.

Notkar lächelte. »Sie sind hartnäckig. Sprechen Sie mit Bruder Johannes. Das ist der Kollege von Bruder Wolfgang. Johannes leitet jetzt dieses Projekt.«

»Ja, das machen wir. Sagen Sie, was war Bruder Wolfgang für ein Typ? Hatte er Feinde?«

»Nicht dass ich wüsste. Ein eher stiller Mensch. Kein Wort zu viel. Sehr gewissenhaft. Ein – wie soll ich sagen? – Erbsenzähler. Nein, doch, das trifft es ganz gut. Muss man wohl sein, wenn man Immobilien bewertet.«

»Hatte er Freunde?«

»Das wäre zu viel gesagt. Er war ein Einzelgänger. Aber auch hier: Am besten, Sie sprechen mit Bruder Johannes.«

»Dürfen wir uns noch mal in Bruder Wolfgangs Büro umsehen?«

»Natürlich. Aber die Herren von der Spurensicherung haben es versiegelt.«

Mader lächelte.

»Gibt es denn Hinweise auf ein Fremdverschulden?«, fragte Notkar.

»Dazu kann ich noch gar nichts sagen.«

Notkar nickte verständnisvoll.

Mader und Zankl standen auf.

»Warten Sie«, sagte Notkar und öffnete eine Schublade seines Schreibtischcontainers. Er holte etwas heraus und gab es Bajazzo. Hundekeks. Er kraulte Bajazzo den Hals. »Ich hab auch einen Hund. Einen Spitz. Sehr lebhaft.«

»Und wo ist der jetzt?«, fragte Mader erstaunt.

»Bei meiner Haushälterin.«

MÄNNER

Als Dosi im Büro eintraf, fand sie nur einen etwas derangierten Hummel vor. Wie ein Schilfrohr im Wind, der Gute. Auf den musste sie ein Auge haben. »Vielleicht solltest du doch noch nicht arbeiten«, meinte sie.

»Was Privates.«

»So?«

»Ärger mit Beate.«

»Ach, dann ist’s ja gut.«

»Nichts ist gut.«

»So hab ich’s nicht gemeint.«

»Hast du eine Ahnung, wo ich einen Lippenstift von Estelle herkriege?«

Sie sah ihn verwundert an. »Nein, aber wahrscheinlich bei Douglas. Welche Farbe?«

»Wie, welche Farbe? Rot natürlich. Gibt’s noch andere?«

»Männer!«, stöhnte Dosi.

HÄRTER

»Bei meiner Haushälterin«, äffte Zankl den Prälatensound nach.

»Jetzt seien Sie mal nicht so päpstlich, der war doch ganz in Ordnung. Das ist halt eine andere Welt.«

»Das können Sie laut sagen.«

Zankl und Mader hatten das Büro im vierten Stock erreicht und erbrachen das Siegel an der Tür von Bruder Wolfgangs Büro.

»He, das dürfen Sie nicht«, sagte ein Mann aus der offenen Bürotür von gegenüber.

Mader erkannte den Geistlichen als den Mann aus dem Café von heute Morgen wieder und lächelte. »Doch, wir dürfen das.« Er hielt ihm den Dienstausweis hin.

»Miller, Johannes Miller«, stellte sich der Mann vor. »Schreckliche Geschichte. Ich war gestern nicht im Büro und habe es erst am Abend erfahren. Schrecklich!«

»Zankl, Sie sprechen bitte mit Herrn Miller, ich sehe mich so lange noch mal im Büro von Bruder Wolfgang um.«

Mader betrat das ebenfalls sehr schmucklose Büro und schloss die Tür hinter sich. Er ging ans Fenster und öffnete es. Sah nach unten. Sehr tief. Er stellte sich ans Fenster. Der Sims war hüfthoch. Da fiel keiner einfach so raus. Wenn ihn jemand geschubst hatte – wer und warum? Da sein Kollege von gegenüber gestern nicht da war, fiel der leider aus. Wieso leider? Weil er ihn heute Morgen mit Steinle gesehen hatte? Ein Zusammenhang? Wenn die Immobilie zum Verkauf stand, war es nur logisch, dass sich Steinle dafür interessierte. Wobei es schon erstaunlich war, wie schnell Steinle über den plötzlichen Personalwechsel informiert war. Der hatte seine Fühler wirklich überall.

Mader setzte sich auf den Schreibtischstuhl und zog die Schubladen des Containers auf. Stifte, Büroklammern, Tesa, Taschenrechner. Hatte er gestern bei dem flüchtigen Blick durch Bruder Wolfgangs Habseligkeiten schon gesehen. Mader ging die Schubladen jetzt im Detail durch. Unter einem Stoß Druckerpapier fand er eine Hochglanzzeitschrift. Gesicht nach unten. Hinten eine ganzseitige Anzeige für Davidoff Cool Water. Er drehte die Zeitschrift nicht gleich um. Ließ seiner Fantasie freien Lauf: Playboy, FHM oder gar was Härteres, ein Porno? Jetzt drehte er sie um: Der BOCK. Er hatte recht gehabt: ein Porno, ein Tierporno, eine Jagdzeitschrift mit künstlerischen Fotos von toten Tieren oder Tieren, die im nächsten Moment tot sein würden. Und mit stolzen, in prächtigem Grün und Braun gewandeten Männern, deren kernige Blicke starr ins Unterholz gerichtet waren. Schuss und Gegenschuss. Jäger und Gejagte. Täter und Opfer. Preis 12,80 Euro. Mader blätterte durch die Zeitschrift und hing seinen Gedanken nach.

Sonst war nichts Interessantes in den Schubladen. Mader betrachtete das Ölbild an der Wand. Ein Bergsee, eingerahmt von hohem Nadelwald. Wie die Alpen sah das nicht aus – eher Mittelgebirge. Mader machte mit dem Handy ein Foto von dem Bild. Dachte nach. Eine Jagdzeitschrift, Wald, Natur … Merkwürdig für einen Kirchenmann. War der ein Jäger, hatte der vielleicht sogar eine Jagdhütte? Konnte der sich das leisten? Würden sie dort interessante Sachen finden? Er sah zum Fenster. Wenn jemand Bruder Wolfgang aus dem Fenster gestürzt hatte, war das im Affekt geschehen oder kühl geplant? Der Täter musste hier aus dem Gebäude kommen. Höchstwahrscheinlich. Denn ohne Termin kam man hier nicht rein. Alle Besucher mussten sich an der Pforte anmelden. Was konnte der Grund für eine solche Tat sein? Der Immobilienverkauf? Ging es um Einflussnahme, Schmiergeld? Mader zuckte mit den Achseln und ging zu Zankl, der immer noch im Büro des einstigen Kollegen saß.

»Hatte Bruder Wolfgang eine Jagdhütte?«, platzte Mader ins Gespräch.

»Eine was?«

»Eine Jagdhütte.«

Bruder Johannes lachte auf. »Was, glauben Sie, verdienen wir hier … sicher nicht mehr als Sie. Haben Sie eine Jagdhütte?«

»In seinem Schreibtisch lag ein Jagdmagazin.«

»Ich lese ein Oldtimer-Magazin. Fahre ich deswegen einen Oldtimer? Nein, ich fahre einen VW Jetta.«

»Gute Wahl. Und das Bild in seinem Büro?«

»Irgendein Alpenkitsch.«

»Also kein Jäger?«

»Waffen und ein Mann der Kirche? Wie passt das zusam­men?«

Mader lüpfte seine Jacke, damit Bruder Johannes seine Waffe sehen konnte. »Ich bin katholisch.«

Bruder Johannes grinste irritiert.

»Wissen Sie mehr über Bruder Wolfgang – Hobbys, Freunde, Vorlieben, Musik, gutes Essen …?«

Bruder Johannes schüttelte den Kopf. »Nein, ich weiß eigentlich gar nichts über ihn. Er war sehr für sich. Klar, wir sprachen über die Arbeit. Er war ein Aktenfresser und ein harter Rechner.«

»Ein Erbsenzähler.«

»Ja, wenn Sie es denn so nennen wollen. Er wollte die Immobilie unbedingt zum bestmöglichen Preis verkaufen.«

»Hatten Sie deswegen Streit?«, fragte Zankl.

»Wie meinen Sie das?«

»Na, wenn Sie das so betonen. ›Bestmöglich‹?«

»Nun ja, Geld ist nicht alles. Finde ich. Ich habe schon den Wunsch, dass ein Stück Münchner Geschichte – und das ist diese Immobilie – im Kern bewahrt bleibt und nicht an irgendwelche ausländischen Heuschrecken verkauft wird.«

»Darum Dr. Steinle«, sagte Mader.

Johannes sah ihn erstaunt an.

»Die Polizei sieht alles.«

Johannes nickte. »Ja, es gibt auch eine Münchner Bietergruppe. Die Dr. Steinle vertritt.«

»Und andere Interessenten?«

»Eine ganze Reihe, aber für die meisten ist es aussichtslos. Vom Volumen her. Außer für eine italienische Gruppe. Die haben ein interessantes Mischkonzept: Konsum und Kultur. Die Italiener haben ebenfalls ein sehr gutes Angebot abgegeben.«

»Details?«

»Kann ich Ihnen nicht geben. Ich habe jetzt schon zu viel gesagt. Und ich glaube auch nicht, dass das etwas mit Bruder Wolfgangs Tod zu tun hat.«

»Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Kannte noch jemand hier ihn näher?«

»Nein. Nicht wirklich. Wie gesagt, er war sehr für sich.«

MAX WEBER

»Die sind doch alle nicht ganz knusper«, sagte Zankl, als sie draußen auf der Straße standen.

»Wie meinen Sie das?«, fragte Mader.

»Na ja, man muss denen alles aus der Nase ziehen. Und richtig betrübt sind sie auch nicht über Bruder Wolfgangs Ableben. Vielleicht sind die schon so auf Himmelreich gepolt, dass sie es nicht mehr so tragisch nehmen, wenn hier einer den Löffel abgibt.«

»Kommen Sie, wir gehen noch einen Kaffee trinken. Da drüben gibt es ein nettes Café.«

»Da trink ich dann einen Pharisäer.«

»Sie Witzbold. Nicht, dass Sie enttäuscht sind – ein französisches Café.«

»Oh, làlà.«

Zankl checkte sein iPhone. »Hummel. Er hat rausgefunden, dass Bruder Wolfgang nicht nur die kleine Dienstwohnung in der Rochusstraße bewohnt hat. Es gibt noch eine andere Adresse. An der Kreppe 7. Haidhausen. Beim Max-Weber-Platz.«

»Das schauen wir uns mal an.«

»Soll ich Hummel Bescheid geben?«

»Ja, aber soll Innendienst machen. Immer schön langsam. Und wir trinken erst mal Kaffee. In dem Café hab ich heute Morgen Bruder Johannes mit Steinle gesehen. Vielleicht weiß der Wirt ja, ob Bruder Wolfgang da auch mit Geschäftsfreunden verkehrte.«

AUSFLIPPEN

Hummel war beleidigt, dass sie ihn nicht dabeihaben wollten. Glaubten wohl, dass sie ihn schonen müssten. Hah! An der Kreppe. In seinem Viertel. Tja. Er überlegte. Warum war Bruder Wolfgang an zwei Adressen gemeldet? Hatte er ein Doppelleben geführt? Mit einer Frau? Hatte man alles schon gehört. Oder hatte er eine künstlerische Ader? Dort gab es nämlich Ateliers. Warum nicht?

»Was grübelst du?«, fragte Dosi.

»Nichts. Was macht Patzer?«

»Ich weiß es nicht. Er hatte einen Geschäftstermin. Mit einem Mann, den ich aus Passau kenne. Schmidhammer. War früher ein kleiner Bauunternehmer und hat heute einen Riesenladen. Ich hab’s gerade recherchiert. Vor allem Fertigteile aus Beton. Ich frag mich, was die beiden Burschen aushecken.«

»Mader und Zankl?«

»Nein. Patzer und Schmidhammer.«

»Vielleicht was bauen?«

»Sehr witzig.«

»Du wirst es rauskriegen. Sag mal, würdest du auch so ausflippen wegen eines Lippenstifts?«

MIT NACHDRUCK

Nach einem vorzüglichen Kaffee, aber leider ohne neue Informationen zu Bruder Wolfgang, verließen Mader und Zankl das französische Café und fuhren mit der 19er-Tram zum Max-Weber-Platz. Zur Kreppe fanden sie nicht gleich, erst nachdem sie in dem Secondhand-Fotoladen an der Ecke nachgefragt hatten. Der Zugang zur gesuchten Adresse war ein schmaler Durchgang zwischen den Wohnhäusern am Max-Weber-Platz. Der Kopfsteinpflasterweg führte hinab in eine geradezu dörfliche Idylle: die kleinen Gärten der Häuschen am Wiener Platz zur Linken und rechts ein Werkstattgebäude aus dem 19. Jahrhundert mit großen Sprossenfenstern. Es war ganz still und roch leicht nach Gas. Sie sahen die Abluftlöcher der Gasöfen in den Fassaden der niedrigen Gebäude. Stille. Kein Großstadtlärm. Hier wirkte alles wie aus einer anderen Zeit. Hinter einigen Werkstattfenstern waren Kunstschmiedearbeiten zu sehen, hinter anderen Steinskulpturen.

»Toll, mitten in der Stadt«, sagte Zankl.

Mader nickte. »Und nicht gerade das Revier eines kirchlichen Verwaltungsoberrats.«