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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
2. Auflage
© 2020 Astrid Ulz
www.4x4expedition.at
Titelbild: Laura Feller
Fotos: Astrid Ulz und Michael Pock
Karten: Michael Pock
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7504-7890-9
Für Michael,
der mir diese Reise ermöglichte.
Meine erste Geländewagentour birgt viele Überraschungen und lässt mich nicht nur einmal über mich selbst hinaus wachsen. So finden sich in diesem Buch meine ganz persönlichen Reiseeindrücke in Form eines Tagebuchs. Der Leser bekommt tiefe Einblicke in das Reiseleben mit all seinen erlebnisreichen und abenteuerlichen Facetten, die mitunter nicht immer nur bequem sind. So müssen wir uns anfangs beispielsweise in Sumpfgebieten bei unserer Morgentoilette mit lästigen Gelsen und Kribbelmücken herumquälen, aber vergessen diese Zeit schnell am Baikalsee und auf der magischen Insel Olchon in Russland. Ich erinnere mich an die unglaubliche Freiheit in der Mongolei, in der die Begegnung mit Kamelherden wahrscheinlicher war als die mit anderen Menschen, und noch an viele weitere unvergessliche Momente. Zusätzlich erzählt das Buch auch vom Zusammenwachsen einer Gruppe, deren Zusammenhalt abseits jeder Zivilisation von unschätzbarem Wert ist. Auf diesen 30.000 Kilometern fahren wir erst von Graz nach Lettland, dann quer durch Russland, eine große Runde in der Mongolei, zweimal einen Teil durch Kasachstan, durch die atemberaubende Bergwelt Kirgistans und Tadschikistans, über den Pamir Highway nach Usbekistan, weiter nach Georgien, um über die Türkei wieder zurück nachhause zu kommen.
Michael Pock hat mir dieses ganz besondere Erlebnis beschert, denn er ist der Inhaber der Firma 4x4 Expedition. Er plant, organisiert und begleitet seit vielen Jahren geführte Geländewagenreisen für Selbstfahrer. Der Geländewagen ist für ihn dabei ein Mittel zum Zweck, um auch sehr abgelegene und schlecht erschlossene Gebiete sicher erreichen zu können. Michael ist derjenige, der diese Strecken ausfindig und die Reisen deshalb zu einem einzigartigen Erlebnis macht, mit atemberaubenden Landschaften in menschenleeren Gegenden. Dabei helfen sein Improvisationstalent und die Fähigkeit, in brenzligen Situationen immer einen kühlen Kopf zu bewahren.
Aus Gründen des Datenschutzes und des Persönlichkeitsrechts sind die Identitäten der Mitfahrer geändert.
Darf ich vorstellen: ‚Pinz´. Pinz ist ein in die Jahre gekommenes Geländefahrzeug aus dem österreichischen Bundesheer. Mit vollem Namen auch Steyr-Puch Pinzgauer 712K 6x6 genannt. Doch wir nennen ihn einfach Pinz und er hat sich bisher noch nicht beschwert. Im Gegenteil, ich denke, so fühlt er sich wie ein richtiges Familienmitglied. Ist er ja auch, und sein kleiner Bruder, Pinz 710M 4x4 genauso, aber um den geht es hier nicht.
Pinz ist ja dazu konzipiert durch unwegsames Gelände zu fahren, ich eher nicht. Doch was wir gemeinsam haben ist, dass diese Reise für uns beide unsere Jungfernfahrt wird. Pinz hat erst ein paar Kilometer auf dem Zähler, obwohl er bereits 1977 das Licht der Welt erblickte. Ich schon ein Jahr früher, aber auch das tut hier nichts zur Sache.
Mich zog es bisher eher in warme, ja tropische Länder, deshalb werden die nächsten Monate ein großes Abenteuer für mich werden.
Ru und Michi sind da schon geübter. Russkaja ist in Russland geboren und Michi fand sie vor einigen Jahren auf einer seiner Reisen kurz vor der mongolischen Grenze einige Kilometer nach Ulan Ude. Sie war gerade einmal vier Wochen alt und mutterseelenallein irgendwo im Nirgendwo am Straßenrand. Was für ein Glück, dass Michis Adleraugen den kleinen Welpen nicht übersehen haben.
So tuckerten sie ab da zu zweit, ah sorry, natürlich zu dritt, denn Pinz 4x4 hat sie kutschiert, durch die endlosen Weiten der Mongolei und Kasachstans, die Gebirgskette des Pamir in Kirgistan und Tadschikistan und die arabischen Städte in Usbekistan.
Wieder zuhause angekommen hatte Michi genug vom Architektendasein, beschloss, sein Hobby zum Beruf zu machen und fuhr von da an mit reiselustigen Abenteurern durch die Weltgeschichte.
Bis uns irgendwann dann Amors Pfeil traf…
Ich, Astrid, die sich ein solides Online Zeichenbüro für Architektur aufgebaut hat, das es ihr ermöglichte, jedes Jahr viele Monate auf Bali zu verbringen, und der Pinz Fahrer mussten nun versuchen, diese zwei völlig unterschiedlichen Leben in ein gemeinsames zu verwandeln.
Daran feilen wir nun seit einiger Zeit und nähern uns Stück für Stück dem Leben unserer Träume.
Es ist März und wir sind auf dem Weg von Graz nach Regensburg, um uns mit unseren Mitfahrern das erste Mal zu treffen und alles Wichtige zu besprechen. Ich bin schon sehr gespannt auf die Weltenbummler, die uns begleiten werden. Monatelang mit wildfremden Menschen auf die Reise zu gehen verursacht ein gewisses Bauchkribbeln und freudige Neugierde.
Unterwegs wollen wir eine Übernachtung bei einem Freund in der Nähe von Linz einschieben. Er erwartet uns schon und stellt uns seine chinesische Freundin vor. Die beiden sind auf den ersten Blick ein sehr unterschiedliches Paar, und das hat nun gar nicht einmal so viel mit dem Altersunterschied von ungefähr 30 Jahren zu tun. Doch auch sie verbindet die Leidenschaft, neue Wege im Leben auszuprobieren, und so planen sie eine gemeinsame Weltreise auf zwei Rädern. Sie ist zwar noch nie Motorrad gefahren, aber Mut kann man bekannterweise nicht kaufen und wird erfahrungsgemäß meistens belohnt. In der Nacht bringt Michi die beiden zum Busbahnhof nach Linz. Sie fahren mit dem Bus nach Paris, wo die junge Studentin zurück zu ihrem Studium muss.
Wir machen uns nach dem Frühstück weiter auf nach Regensburg. Ferdinand sitzt schon in der Lobby und wartet auf uns. Er ist aus Deutschland und wird uns mit seinem Mercedes Puch G mit Aufstelldach begleiten. Die beiden anderen lassen nicht lange auf sich warten und gesellen sich bald zu uns. Hans Peter und Caroline sind aus der Schweiz und fahren einen Jeep Wrangler Rubicon mit Dachzelt.
Das ist also die Truppe. Auf den ersten Blick sind alle sehr nett und wir verstehen uns gut. Für Ferdinand ist es nicht die erste Reise dieser Art. Er ist sozusagen schon ein alter Hase. Geländestrecken und Campen sind also kein Neuland für ihn. Hans Peter, HP genannt, und Caroline sind eher Neulinge auf dem Gebiet des Campens und waren noch nie so lange unterwegs. Dafür haben sie im Vorfeld diverse Technik-Workshops besucht, um bei Problemen kleinere Reparaturen am Jeep selbst erledigen zu können. Sie sind die einzigen unserer kleinen Gruppe, die alles Outdoor machen müssen, doch überzeugt davon, dass das alles kein Problem ist. Ich bin schon gespannt, ob ihnen ihr Optimismus bei tagelangen Regenfällen auch noch bleibt! HP war in seiner Sturm und Drang Zeit Trial Fahrer, das ist zwar schon eine Weile her, aber sowas verlernt man nicht mehr.
Ferdinand scheint ein sehr wissbegieriger Mensch zu sein. Egal, um welches Thema es sich handelt, er weiß Bescheid.
Die HPs machen einen sehr unkomplizierten Eindruck und als noch heraus kommt, dass sie Reiter sind, sind sie mir sowieso gleich noch sympathischer!
Michi und ich haben ein sehr gutes Gefühl mit unseren Mitfahrern und freuen uns auf die Reise!
31.05.
Pinz ist im letzten Moment doch noch fertig geworden und der Ausbau kann sich durchaus sehen lassen! Wir haben einen Esstisch, ein großes Bett, eine Küche mit Kühlschrank, viel Stauraum unterm Bett und sogar eine Außendusche. Als Nottoilette dient ein Campingklo. Das ist vor allem für mich sehr wichtig, denn wer weiß schon, wie die zukünftigen stillen Örtchen aussehen werden! Michi hat wirklich ganze Arbeit geleistet und ich bin nun auch froh, dass es endlich losgeht und ich meinen Laptop gegen den Beifahrersitz im Pinz tauschen kann. Die letzten Wochen waren sehr anstrengend, alle Tourvorbereitungen, viele Einkäufe, Treffen mit Familie und Freunden standen da noch am Programm.
Mit einer kleinen Verspätung starten wir. Eigentlich wollten wir bereits um 11 Uhr aufbrechen, aber es ist dann doch halb 2 geworden. Erleichtert sitzen wir im Pinz und versuchen, all den Stress hinter uns zu lassen.
Unsere erste Etappe führt uns über Wien Richtung Brünn. Kurz vor Brünn beginnen wir einen Übernachtungsplatz zu suchen. Doch das ist alles andere als leicht, denn am ersten Campingplatz strömt uns ohrenbetäubende und Brechreiz erzeugende Ballermann Musik entgegen. Da wollen wir unter keinen Umständen bleiben, auch wenn der Campingplatz noch so schön ist. Der zweite Platz, den wir anvisieren, ist ein Truckstopp. Er ist bereits bummvoll mit LKW und ich erkenne nur Männer, also wenn man mich fragt, sieht das auch nicht sehr einladend aus. Aber bekanntermaßen sind ja aller guten Dinge drei und der letzte ist recht idyllisch an einem kleinen See gelegen. Wir sind glücklich und parken Pinz hinter einer Hecke auf einer großen Wiese.
Ru gefällt es auch. Während sie auf der Fahrt ruhig auf ihrer Decke liegt und sogar teilweise schläft, genießt sie jetzt die Freiheit und checkt gleich einmal alles ab. Außerdem kommt sie ihrem Job als Wachhund großartig nach, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Pinz und wir sind nun ihr Rudel, die sie vehement verteidigt, wenn sich ein Fremder nähert.
Wir sind müde und kehren in einen kleinen Imbiss am See ein. Nach zwei großen Bier, gebackenem Käse mit Pommes und Sauce Tatar, übrigens das einzige Gericht hier, geht es ab ins Bett.
02.06.
Mittlerweile sind wir in Warschau angekommen und haben ungefähr die Hälfte des Weges bis zum Treffpunkt in Lettland hinter uns. Zumindest hoffen wir auf ein Treffen mit allen, denn Ferdinand hat heute Früh verzweifelt angerufen. Er hängt in Brünn fest, da der G plötzlich nicht mehr anspringt. Probleme mit der Elektronik sollen es sein und er hofft, dass ihm morgen in der Werkstatt geholfen werden kann. Naja, besser der G zeigt jetzt seine Schwachstellen, als später irgendwo in der Mongolei, wo es dann keine Hilfe mehr gibt.
Unser Pinz läuft brav dahin und braucht sogar weniger Benzin als gedacht, nicht einmal 18 Liter auf 100 Kilometer.
Die gestrige Suche nach einem Stellplatz gestaltete sich ähnlich langwierig wie am Tag zuvor. Wieder brauchen wir drei Anläufe, um etwas Passendes zu finden. Aber schlussendlich landen wir auf einem naturbelassenen Campingplatz an einem See. Und naturbelassen sind auch die sanitären Anlagen. Als WCs dienen Blechcontainer und als Waschbecken haben sie eine Küchenspüle mitten im Wald mit einem kleinen, herab hängenden Spiegel platziert.
Ich hab mir ja im Vorfeld dieser Reise die meisten Gedanken über meine Toilettengänge gemacht. Ich denke, viele Frauen können da ein wenig nachempfinden und hätten sicherlich ähnliche Bedenken. Klar haben wir eine ‚Nottoilette´ im Pinz, aber die ist halt wirklich nur für Notfälle und nicht zur täglichen Verwendung gedacht und schon gar nicht fürs große Geschäft. Und weil Europa halt nicht gleich Europa ist, werde ich gleich ins kalte Wasser geschubst und gehe bereits am zweiten Tag freiwillig in den angrenzenden Wald.
Und heute stehen wir auf einem bewachten Parkplatz mitten in Warschau. Sanitäre Anlagen sucht man hier vergeblich. Mal schauen wie das geht.
Wir spazieren ein wenig durch die Altstadt, lassen die Stadt auf uns wirken und trinken Kaffee in einem Gastgarten.
Zurück am Parkplatz schnapp ich mir meine Gitarre und mache auf Hippie Braut. Fehlt nur noch der Hut vor mir für das Geld, das mir alle aus Begeisterung zuwerfen! Aber da ist niemand, der meinen Gitarrenklängen lauscht. Ob ich wirklich so schlecht spiele?
03.06.
Wir brechen sehr früh auf und der Grund dafür sind meine körperlichen Bedürfnisse. Wie schon befürchtet gibt es hier weit und breit keine Toilette und leider haben mein Körper und ich das Thema, wer denn nun Herr, äh Frau der Lage ist, noch nicht vollends ausdiskutiert. So bleibt Michi nichts anderes übrig als dem Gemeckere seiner geliebten Freundin nachzugeben, loszufahren und die nächstbeste Raststation anzupeilen. Freude sieht anders aus, aber was sein muss, muss eben sein. Ich revanchiere mich dafür mit einem großen Frühstück für ihn und bin heilfroh, ein stilles Örtchen in meiner Nähe zu wissen.
Mit Ferdinand sind wir ständig in Kontakt, doch bisher haben die Mechaniker den Fehler noch nicht gefunden. Das fängt ja schon gut an, wenn der erste Wagen bereits bei der Anfahrt zum Treffpunkt hängen bleibt. Was tun, wenn der G gar nicht mehr funktioniert? Wir schieben diese Gedanken erst einmal zur Seite und denken weiterhin positiv. Immerhin ist Ferdinand in einer Mercedes Werkstatt, da sollten sie sich mit ihrer Marke doch auskennen.
Unsere Route führt uns weiter nach Litauen. In Kaunas gehen wir einkaufen und suchen uns dann einen Stellplatz für die Nacht. Endlich brauchen wir keine Campingplätze mehr anfahren und können wild campieren! Was für eine Freiheit! IOverlander ist eine großartige App um solche Plätze zu finden. Privatpersonen erweitern sie Tag für Tag, indem sie Orte eintragen, an denen sie sich gerade befinden. Man kann so gut wie alles darin finden, nicht nur ‚wilde´ Stellplätze. Egal, ob man nun ein Restaurant, ein Hotel oder eine Tankstelle sucht, in IOverlander wird man fündig.
Und so haben auch wir unseren Übernachtungsplatz gefunden. Wieder an einem See mit ein paar kleinen Sandbuchten und einem Wald dahinter stehen wir nun, und nachdem Michi zwei dieser gemeinen Riesenwürstel erlegt hat, steht einem Lagerfeuer und unserem Abendessen nichts mehr im Wege.
04.06.
Heute treffen wir auf HP und Caroline. Ferdinand gab gestern noch Entwarnung und sein G sollte heute Vormittag um 10 Uhr startklar sein. Allerdings müssen wir eine Nacht in Lettland anhängen, da für ihn 1300 Kilometer von Brünn bis kurz vor Zilupe an einem Tag nicht zu schaffen sind. Aber das ist selbstverständlich kein Problem. Bei einer Reise von über 4 Monaten haben wir natürlich einige Tage als Reserve eingeplant.
Die letzten 400 Kilometer bis zu dem Campingplatz Zirga Smaids ziehen sich. HP und Caroline sind bereits mittags da und wir noch weit entfernt. Pinz ist halt auf Asphaltstraßen nicht unbedingt der schnellste und mit 80km/h kommt man nicht ganz so flott voran, wie man sich das manchmal wünscht. Andererseits sind wir ja nicht auf der Flucht, ganz im Gegenteil. Wir wollen nicht alles schnell vorbeiziehen sehen, sondern Land und Leute aufsaugen wie ein Schwamm. Und so stört es uns nicht, einen Gang runter zu schalten und langsamer voran zu kommen.
HPs telefonische Anfrage, ob wir denn eine dieser Blockhütten am See reserviert hätten, verunsichert uns ein wenig. Dass die beiden Kochmuffel sind, wissen wir bereits aus Regensburg, aber dass sie nun auch nicht im Dachzelt schlafen wollen, ist uns neu.
Aber erst einmal angekommen, haben sich alle Bedenken in Luft aufgelöst. Das Dachzelt ist bereits aufgebaut und die beiden haben schon Bekanntschaft mit einem Schweizer Paar geschlossen, das mit einem Landrover nach China unterwegs ist.
Dieser Campingplatz ist nicht wirklich auf Wohnmobile ausgerichtet, sondern eher auf die Vermietung ihrer Blockhütten. So stehen wir auf einem geschotterten Parkplatz. Ein Haus, in dem es ein Bad mit Dusche und ein WC gibt, steht uns zur Verfügung und auch eine Veranda aus Holz mit einigen Tischen. Wir sehen auch überall Griller herumstehen und beschließen, am nächsten Abend, wenn Ferdinand dann dabei ist, ein BBQ zu machen.
Heute wollen wir erst einmal mit den HPs auf eine schöne Reise anstoßen. Den Sekt haben wir von zuhause mitgebracht. Na dann Prost!
05.06.
Eine wirklich schöne Anlage ist das hier und ich glaube in der Hauptsaison immer ausgebucht. Die wenigen Blockhütten stehen auf einer großen Wiese direkt am See. Unser Parkplatz ist dahinter, aber die Aussicht ist dennoch traumhaft. Es erinnert ein wenig an Kanada, alles sieht sehr natürlich aus und es gibt rundherum absolut nichts. Nicht einmal ein Geschäft, in dem man Lebensmittel einkaufen könnte. Was für uns und unsere Idee mit dem BBQ nicht ideal ist, denn auch Tankstelle gibt es keine, und da wir alle gerade so viel getankt haben, damit wir bis zur nächsten Tankstelle in Russland kommen (Sprit kostet in Russland nur halb so viel wie bei uns), bleibt uns nichts anderes übrig, als Ferdinand zu bitten etwas mitzubringen.
HP und Caroline sind sehr am Pinz interessiert und unglaublich technikaffin. Mich langweilen die vielen Autogespräche, und so gehe ich zum Steg und verbringe eine Weile am See. Das Wasser ist noch saukalt, aber mit ein bisschen Überwindung trotze ich der Kälte und schwimme eine kleine Runde. Naja, schwimmen ist vielleicht übertrieben, aber immerhin war ich drin! Draußen auch schnell wieder, aber die Sonne hat schon richtig Kraft und kurze Zeit später schwitze ich schon wieder.
Ferdinand schafft es am frühen Abend zu uns zu stoßen und ist noch immer ganz aufgewühlt wegen der Misere. Nach einem Bier sieht die Welt dann aber schon wieder anders aus und nach dem BBQ sind wir alle in Aufbruchstimmung und freuen uns auf den nächsten Tag und das erste Land außerhalb der EU, nämlich Russland.
06.06.
Da wir nicht abschätzen können, wie lange es an der Grenze dauern wird, schauen wir einmal, wie weit wir heute kommen. Und als hätten wir es schon geahnt, bildet sich tatsächlich eine Schlange vor der russischen Grenze, in der einfach nichts weitergeht. Die Stunden vergehen und ich setze mich mit Ru in die Wiese neben der Fahrbahn. Keiner weiß so genau, warum wir hier festsitzen. Erst nach sechs Stunden erfahren wir, dass es an Software-Problemen liegt, die sie nicht in den Griff bekommen. Die Beamten raten uns, uns auf eine Nacht Camping an der Grenze einzustellen. Na großartig, geht denn alles schief auf dieser Reise? Michi bleibt cool und ihn bringt das überhaupt nicht aus der Ruhe. „So ist das halt, wenn man unterwegs ist. Es kann jederzeit irgendetwas Unerwartetes passieren, das Zeit kostet“ meint er nur dazu.
Nach 10 Stunden haben wir es dann aber doch noch geschafft und müssen nicht an der Grenze schlafen. Allerdings haben wir bereits 20 Uhr und der Tag ist damit streckenmäßig gelaufen. Nachdem wir auch nach 50 weiteren Kilometern kein Lokal finden, entscheiden wir, einzukaufen und gemeinsam zu kochen. Finster wird es ja zum Glück erst gegen 23 Uhr. Michi entdeckt auf der Karte einen kleinen See und so peilen wir ihn an, um unser Nachtlager dort aufzuschlagen. In Russland darf man überall stehen und übernachten, was ein riesiger Vorteil ist, wenn man so unterwegs ist wie wir.
Auf der Durchfahrtsstraße hatten wir das Gefühl, völlig in der Einöde zu sein, doch hier am See reiht sich ein Haus an das andere.
Der Hunger wird immer größer und die Gefahr, grantig zu werden, steigt jede Minute ohne Essen an! Und da spreche ich jetzt nicht nur von mir, sondern auch Michi kann mit Hunger sehr schlecht umgehen!
Straßen gibt es keine mehr, sondern nur noch Sandpisten. Am Ende von so einer Piste, die durch den Wald führt, stehen wir direkt am See und die Sonne blinzelt uns durch die Bäume entgegen. Ein echter Traumplatz! Ja, wäre da nicht direkt hinter uns am Hügel ein Friedhof. Also mich persönlich würden ein paar Tote unter der Erde als Nachbarn nicht stören, fressen sich meine Magenwände doch vor Hunger schön langsam gegenseitig auf, aber den anderen gefällt dieser Platz nicht ganz so gut und so heißt es, weiter suchen. Unweit von diesem Ort finden wir eine Stelle mitten im Wald und beschließen zu bleiben. Endlich, das Abendessen rückt in greifbare Nähe! Wir schnipseln was das Zeug hält alles klein, um für die Eierspeis genügend zusammen zu haben. Nachdem Ferdinand uns in der Vergangenheit bereits von seinen Kochkünsten erzählt hat, sind wir nun gespannt, was für ein Koch in ihm steckt! Doch zu Michis und meinem Entsetzen schüttet er alles zusammen in die noch kalte Pfanne, wartet kaum eine Minute und leert auch schon die rohen Eier dazu. Oh mein Gott! Michi und ich schauen uns an und können unseren aufkommenden Lachanfall kaum zurück halten. Doch was tun in so einer Situation? Etwas sagen oder doch lieber schweigen? Immerhin kennen wir uns erst einen Tag und es liegen noch einige Monate vor uns. Da will man es sich nicht gleich verscherzen und wir sind uns schweigend einig, den Mund zu halten und das Schauspiel weiter zu beobachten.
Erstaunlicherweise schmeckt der erwärmte Mischmasch gar nicht einmal so schlecht. Ich kann jetzt nicht genau sagen, ob es nun an unserem furchtbaren Hunger liegt, oder hinter Ferdinands Kochkünsten ein großes Geheimnis steckt.
08.06.
Der gestrige Tag verläuft unspektakulär. Wir bekommen einen ersten Eindruck von der gigantischen Größe Russlands. Stundenlang fahren wir auf schnurgeraden Straßen, links und rechts nur Wald. Wer jetzt denkt, dass es zwischendurch bestimmt bergauf und bergab geht, irrt, denn alles ist eben. Diese Strecke ist sehr eintönig und ermüdend. Einen Stellplatz finden wir am späten Nachmittag in der Nähe eines Sees an einer Waldlichtung.
Heute wollen wir ordentlich Kilometer Richtung Moskau machen. Dabei befinden wir uns auf der M9, und weil alle Moskau bereits kennen, wollen wir die Stadt umrunden.
Susdal heißt unser nächster Anlaufpunkt und so starten wir bereits um 9 Uhr in der Früh. Laut Michi befindet sich dort unser letzter westlich ausgestatteter Campingplatz auf dieser Reise. Mich überkommt eine leichte Panik. Danach gibt’s also nur noch Outdoor-Dusche, wie Seen, Bäche und Flüsse. Nun gut, jetzt gibt’s kein Zurück mehr, also Augen zu und durch!
Nach ungefähr zwei Stunden halten wir zum Tanken. Michi findet es zwar seltsam, dass es an der Zapfsäule so langsam hinein fließt, die anderen sind längst fertig, aber sonst fällt ihm nichts auf. Das Benzin stinkt etwas und erinnert mich an die Tankstellen vor etlichen Jahren in Exjugoslawien, wenn wir auf der Durchreise nach Griechenland waren. Aber auch das kommt mir nicht besonders seltsam vor. Vielleicht ist das in Russland einfach so.
Wir fahren also nichtsahnend los, doch bereits nach ungefähr 15 Kilometern wird der Motor heiß und wir müssen anhalten. Mist, was ist los? Michi baut alle Abdeckungen aus, um an den Motor zu kommen, kann aber keinen Defekt finden. Das Öl ist sichtlich sehr heiß geworden, es raucht aus dem Motorraum. Nach langem Suchen und Abwarten, bis sich der Motor wieder abgekühlt, bleibt nur noch eines übrig, nämlich den Pinz in die nächste Werkstatt abzuschleppen. Ferdinand ist so nett und übernimmt das. So haben wir uns das eigentlich nicht vorgestellt. Kaum eine Woche unterwegs und bereits die erste Panne. Hoffentlich finden die Mechaniker in der Werkstatt heraus, welches Problem Pinz hat und vor allem auch, was es verursachte.
Michi hat eine Vorahnung und möchte vorsichtshalber gleich einmal die Kolben tauschen. Aber die Mechaniker fragen ihn erst einmal, wo er getankt hat. War wirklich was mit dem Benzin? Michi hatte noch nie Probleme in Russland mit schlechtem Benzin. Tatsächlich, nach Michis Antwort fangen sie alle schallend an zu lachen. Wir haben also Schrott getankt, und die einzige Lösung scheint zu sein, den Tank zu leeren. Was gar nicht so einfach ist mit dem Zusatztank, den Michi vor der Reise noch einbaute. Denn wir haben immerhin 150 Liter Benzin im Tank. Und wie es halt auch immer ist, wenn der Wurm einmal drin steckt, haben die Herrschaften da auch keinen Auffangtank, der groß genug dafür wäre. Aber zum Glück können sie uns eine andere Werkstatt empfehlen, die gleich in der Nähe ist. Gesagt, getan, wieder rein in den Pinz und los. Aber Michi wäre nicht Michi, wenn er so schnell aufgäbe, und abschleppen lassen geht ihm gegen den Strich. Also versucht er, den Pinz zu starten und siehe da, er funktioniert wieder. Die neue Idee lautet, bei der nächsten Tankstelle das beste Benzin, das sie haben dazu tanken und hoffen, dass es sich gut mit dem Schrott vermischt, um so ein einigermaßen akzeptables Gemisch im Tank zu schaffen. Volltreffer, es wirkt! Pinz wird zwar noch immer ein bisschen heiß, aber in einem tolerierbaren Bereich. Das ist ja noch einmal gut ausgegangen!
Seit dem sind wir nun wieder unterwegs und nähern uns langsam dem Campingplatz.
Erst gegen 20 Uhr kommen wir an, hungrig und müde. Das einzige Restaurant lässt keine Hunde rein. Also bleiben Michi, Ru und ich draußen. Doch das tut der Sache keinen Abbruch, denn es findet auf dem Campingplatzgelände gerade ein Festival mit Livemusik statt. Da gibt’s doch sicher auch was zu essen! Und so ist es auch. Da gibt es einen Stand, an dem man sich Getränke und Würstel zum selber Grillen kaufen kann. Ja, richtig gelesen, selber grillen, denn neben diesem Stand gibt es drei riesige, runde Griller, die bereits eingeheizt sind und auf denen jeder seine Würstel grillen darf. Eine sehr nette Idee, wie ich finde, und die Musik ist auch ganz in Ordnung, zumindest für meinen Geschmack. Sie spielen teils rockige, aber noch mehr Metal Musik. So genießen wir unser Abendessen sitzend in der Wiese am Boden und lauschen den Klängen, während Rus ungebrochener Optimismus sie dazu veranlasst, geduldig neben den Grillern zu sitzen, in der Hoffnung, dass jemandem ein Würstel runter fällt.
09.06.
Nach ausgiebigem Duschen und Haare waschen geht es wieder los. Wer weiß schon, wann es das nächste Mal so eine komfortable Waschmöglichkeit geben wird?
Heute steht Sightseeing und eine 250 Kilometer Etappe am Programm. In Susdal gehen wir in ein kleines französisches Cafe frühstücken. Der Besitzer hat sich gestern Abend am Festival zu uns gesellt und uns seinen Laden empfohlen. Er selbst ist eigentlich eh Russe, aber kam halt irgendwie auf die Idee, dass den Touristen so ein Cafe hier gefallen könnte. Und damit hatte er absolut recht, denn bei unserer Ankunft sind bereits alle Tische besetzt. Doch in Null Komma Nix wird die Treppe als Sitzgelegenheit umfunktioniert und wir bekommen ein exzellentes Frühstück mit Eiern, Baguette und Müsli. Nun sind wir gestärkt für unsere Tour und erkunden das Städtchen. Es gehört zum russischen Goldenen Ring und wird von vielen Touristen besucht. Wir schlendern an unzähligen, typisch russisch orthodoxen Kirchen vorbei und besichtigen zum Schluss noch den Kreml von Susdal.
Danach geht’s weiter über kleinere Straßen nach Jaroslawl. Auch hier besichtigen wir die Stadt und eine Klosteranlage. In diesen Städtchen lässt kaum etwas daran erinnern, dass wir im sogenannten Osten sind. Doch kaum fährt man ein paar Kilometer raus, sieht die übrige Gegend sehr trist aus. Es gibt viele Ruinen, die einfach stehen gelassen werden. Ein Abbruch scheint nicht relevant zu sein. Kein Wunder bei so viel ‚Gegend‘. Da stehen auch viele Wohnbauten, bei denen man denkt, dass da niemand mehr drin wohnen kann. Das drückt schon einmal aufs Gemüt und lässt einen nachdenklich werden.
Am Ende dieses Tages stellen wir uns zum Übernachten an die Wolga. Michi ist sogar so mutig und springt hinein. Mir ist es dann doch zu kalt.
12.06.
Nachdem wir uns ab Susdal nördlich der Hauptroute auf kleineren Straßen bewegt haben, werden wir uns heute wieder ins Verkehrsgetümmel wagen. Nach Kirov befinden wir uns gerade auf der P166 und werden bei Krasnokamsk auf die E22 stoßen. Da geht's dann weiter Richtung Perm und der Uralgebirgskette, die die Grenze zu Asien darstellt.
Wir sind seit knapp einer Woche in Russland und bereits 2500 Kilometer gefahren. Ungefähr doppelt so viele liegen noch vor uns, bevor wir unser erstes richtiges Zielland, die Mongolei erreichen.
Mittlerweile wird es ein wenig ungemütlich wegen der vielen Gelsen und Kriechmücken, die mein Nagelbett am großen Zeh tatsächlich schon blutig gebissen haben. Es gäbe wunderschöne Stellplätze an Seen, rundherum nur Natur, aber die Gelsenplage macht es unmöglich im Freien zu sitzen. Kein Gelsenspray oder Feuer kann sie verjagen. Deshalb verbrachten wir die letzte Nacht das erste Mal an einem russischen Truckstopp. Klingt schlimmer, als es dann im Endeffekt ist. Es gab ein kleines Gasthaus mit Toilette und Waschbecken. Außerdem noch eine Banya, die so eine Art Dampfsauna ist, oft auch mit Waschgelegenheit. Die haben wir allerdings (noch) nicht ausprobiert. Der Ekel aufgrund mangelnder Körperhygiene war scheinbar noch nicht groß genug, um sowas an einem Truckstopp zu versuchen.
Da bei Dämmerung diese gemeinen Viecher in Schwärmen auftauchen, und wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten, dass wir an einem Truckstopp übernachten, wollten wir mittags eine längere Pause an einem See verbringen, um abends später anzukommen. Die Wege dahin sind mittlerweile schon sehr spektakulär und ohne Geländewagen gar nicht möglich. Also als Laie würde ich ja behaupten, dass das schon an richtiges Geländewagen fahren rankommt, aber Michi meint nur, dass das noch Kindergarten im Gegensatz zu dem ist, was uns in der Mongolei erwartet!
Wie auch immer, der Platz am See war ein Reinfall und wir mussten umdrehen. Ferdinand hat sich dabei mit seinem Hinterrad das einzige Schlammloch weit und breit ausgesucht und blieb stecken. Wir waren schon wieder den Weg aufwärts und so versuchte Hans Peter ihn mit dem Jeep alleine rauszuziehen. Aber Ferdinands Mercedes G kostete das nur einen Lacher und zog beim Einziehen der Seilwinde den Jeep immer näher. Über Funk verbunden wussten wir Bescheid und kehrten um. Selbst unser Pinz hatte keine Chance. Erst als Pinz und Jeep mit vereinten Kräften dagegen hielten, konnte Ferdinand seinen Mercedes befreien. ‚Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen‘, heißt es ja so schön, und so konnten wir es uns abends im Gasthaus nicht verkneifen, Ferdinand mit diesem Malheur ein wenig aufzuziehen.
Jetzt, auf der Strecke zur E22, haben wir gerade die nächste Zeitzone erreicht und sind 3 Stunden vor der MEZ.
Michi und ich spielen seit vorgestern das Spiel 'Zug 1-0' mit Bären und Elchen. Jedes Mal wenn einer vorher erwähntes erspäht, schreit er „Bär eins null“ oder „Elch zwei null“! Ein echt tolles Spiel auf langen Reisen, das einem wirklich die Zeit vertreibt. Allerdings steht es bisher noch immer 0 zu 0 bei beiden Spielen. Wobei Tafeln am Straßenrand schon seit Tagen auf gefährliche Tiere hinweisen! Ich versteh nicht, warum die sich vor uns verstecken!
Kurze Konversation zwischen Michi und mir gerade:
Ich: „Das Scheibenwaschen hat ja nicht so viel gebracht.“
Michi: „Die Pumpe für das Scheibenwaschmittel geht nicht, aber der Behälter ist da in deinem Fußraum und dahinter ist die Pumpe. Kannst du da schnell mal…?“
Ungläubige Blicke meinerseits entlocken ihm dann ein: „Ach lass, ich schau da später nach“.
Zum Glück, ich bin zwar schon eine Meisterin was das Zurücksteigen in den Pinz und Hervorkramen von etwaigen Dingen während der Fahrt auf trümmerfeldartigen Straßen angeht, aber im Fußraum kopfüber eine Pumpe zu reparieren, trau ich mir dann doch noch nicht zu.
Jetzt schauen wir halt durch eine Scheibe, auf der sich Dreck mit den Überresten diverser toter Insekten der letzten Tage vermischt hat.
Die sommerliche Temperatur von 34 Grad hat sich schlagartig geändert. Scheinbar gab es viel Regen in der Umgebung und so haben wir statt Gelsen fast schon Morgenfrost bei 5 Grad und orkanartigen Sturmböen (ok, ich gebe es ja zu, das mit dem orkanartig ist ein wenig übertrieben, aber der Rest stimmt).
Abends finden wir endlich wieder einen tollen Stellplatz mit fließendem Gewässer und Wind! Ergibt zusammen - keine Gelsen! Trotz der kühlen Temperaturen ist mein Drang nach Waschen immens, vor allem nach 4 Tagen 'ohne' und brütender Hitze. Deshalb springen Michi und ich sofort in das kühle Nass. Das Gefühl hinterher ist einfach traumhaft! So können einem die kleinen Dinge im Leben große Freude machen! Unsere Mitfahrer streiken bei diesen Waschbedingungen.
Allerdings kein Vorteil ohne Nachteil, die Gelsen sind zwar verschwunden, dafür braucht man drei Jacken wegen des Winds und dennoch ist es noch immer kalt. Trotzdem, hier ist es tausend Mal besser als auf einem Rastplatz.
13.06.
Heute gibt es die erste Flussdurchfahrt. Ich dachte noch an einen Scherz, wie gesagt, ich bin ja völliger Neuling auf dem Gebiet, aber Michi meint es ernst. Nachdem die Tiefe und Strömung gecheckt sind, geht es los und ist dann auch gar nicht so spektakulär wie ich dachte und für keinen ein Problem. Doch danach fängt die Geländestrecke erst so richtig an! Tiefste Spurrillen, die völlig verschlammt sind müssen wir meistern, Hügel rauf und Hügel runter! Einmal fürchte ich sogar, dass wir kippen!
Oje, schön langsam dämmert mir, worauf ich mich da eingelassen habe. Aber da hilft jetzt alles nichts mehr, da muss ich durch. Doch zum Glück bestätigt mir Michi diesmal, dass es kein Kindergarten mehr ist. Das beruhigt etwas in Anbetracht dessen, was da noch kommen wird.
Unterwegs legen wir einen Stopp bei der Kungur Eishöhle ein. Auf dem Parkplatz stehen ungefähr 10 bis 15 Fahrzeuge, die als Gruppe mit einem deutschen Touranbieter unterwegs sind. Die Fahrzeuge reichen von normalen Wohnmobilen über kleinere Geländewägen, bis hin zu großen LKW Gelände Trucks. Einer aus der Gruppe erzählt uns von ihrer Route, die ungefähr gleich ist wie unsere. Ich wundere mich, wie die das machen mit so unterschiedlichen Fahrzeugen und frage nach. Er meint, dass sie täglich die Koordinaten für das Ziel am Abend bekommen und jeder dann für sich alleine fährt. Die Strecken sind gut zu fahrende Straßen. Ich verstehe den Sinn dahinter nicht so ganz, denn als Geländefahrer kommt man da ja viel zu kurz und täglich auf einem großen Parkplatz und nie in der Natur zu stehen macht ja auch keinen Spaß. Aber das ist nur meine Meinung.
Die Eishöhle fesselt mich nicht so richtig. Zu viel Kitsch haben die Russen darin platziert.
14.06.
Heute ist ein traumhafter Tag! Wir stehen wieder an einem kleinen Fluss. Diesmal aber alleine. Denn unsere Mitfahrer sind ganz schöne Warmduscher, und das meine ich hier wörtlich und überhaupt nicht ‚böse‘. Denn das Wasser darf bei ihnen nicht kalt sein, fließendes Gewässer wird auch nicht gewünscht und am besten sollte es noch von oben kommen. Sprich, warme Dusche wäre angenehm.
Aus diesem Grund haben sie sich gestern entschieden, vorzufahren und in einem Hotel zu übernachten. Denn laut ihrer Aussage wollen sie diese Annehmlichkeiten auch nutzen, solange es sie noch gibt. Das sind mir schöne Abenteurer. Ich bin ja schon gespannt, wie es in der Mongolei wird, wenn es keine alternativen Übernachtungsmöglichkeiten mehr gibt.
Aber uns ist es recht und wir genießen die Ruhe an diesem idyllischen Ort. Heute Früh scheint wieder die Sonne und ich kann endlich wieder trainieren mit anschließendem Bad im Fluss.
Wir machen Frühstück, oder besser gesagt, mein Schatz macht Frühstück und ich lasse mir mit Kaffee in der Hand die Sonne ins Gesicht scheinen. Ru liegt neben mir und genießt die Freiheit.
Perm haben wir hinter uns gelassen und steuern Jekaterinburg an. Das Uralgebirge ist aufgrund der geringen Höhe kaum zu erkennen. Es ist lediglich ein wenig hügeliger als zuvor. Die Landschaft hat sich verändert. Mittlerweile gibt es auch freie Flächen, auf denen sich ein Acker an den nächsten reiht, wobei sie so riesig sind, dass man oft gar kein Ende entdecken kann.
Überall wo wir stehen bleiben sind wir eine kleine Sensation und werden fotografiert, oder besser gesagt, Pinz wird fotografiert. Aber die meisten sind sehr höflich und fragen, ob sie das dürfen. Die Russen stehen halt auf Militärfahrzeuge. Heute Früh kam einer sogar mit seinem Geländewagen übers Feld gefahren und meinte, er hat das tolle Auto gesehen und musste einfach näher kommen. Nach ein paar Floskeln, die Michi grade noch verstand, wünschte er eine gute Weiterreise und verschwand wieder. Ich muss zugeben, ich hatte Vorurteile den Russen gegenüber, aber entgegen dieser sind sie allesamt sehr freundlich und unaufdringlich. Auf den ersten Blick wirken sie vielleicht kühl und distanziert, aber kaum im Gespräch wandelt sich das sofort.
16.06.
Die Liebhaber der warmen Dusche haben sich gestern wieder ein Zimmer genommen. Grund dafür war aber nicht nur der Genuss der warmen Dusche, sondern auch die unglaubliche Gelsenplage, die uns an unseren Übernachtungsplätzen verfolgt. So, wie das auch vorgestern wieder der Fall war. Wir fanden einen unglaublich schönen Platz, völlig alleine an einem See. Hier starteten wir unser gemeinsames BBQ, das für diesen Abend geplant war. Doch die kleinen Biester ließen sich wieder einmal durch nichts abschrecken und stachen munter drauf los! HP wurde so oft gestochen, dass seine Fessel richtig anschwoll. Spaß macht das tatsächlich nicht, doch