Inhalt
Einleitung
Vorwort
Zu diesem Buch
Warum ausgerechnet ein Mikroskop?
Das eigene Mikrolabor
Kapitel 1 | Aufbau des Mikroskops
Das Mikroskop kennenlernen
Kapitel 2 | Bedienungstechnik
Ein erster Blick in die Röhre
Kapitel 3 | Licht als Informationsträger
Die Welt steht Kopf
Kapitel 4 | Größenordnungen im Mikroskop
Klein, kleiner, wie klein?
Kapitel 5 | Räumlichkeiten im Mikroskop
Höhen und Tiefen
Kapitel 6 | Brownsche Bewegungen
Alles fließt
Kapitel 7 | Einfache Nasspräparate
Schneiden, legen, färben
Kapitel 8 | Quetschpräparation
Kleinigkeiten aus Pflanzengewebe
Kapitel 9 | Gewebe kennenlernen
Leben in der Zelle
Kapitel 10 | Tierische Zellen
Tierische Vielfalt
Kapitel 11 | Plasmaströmung/Schiefe Beleuchtung
Ständig in Bewegung
Kapitel 12 | Osmotische Vorgänge
Zellen reagieren flexibel
Kapitel 13 | Dokumentation
Bleibende Erinnerung: Skizzieren und Zeichnen
Kapitel 14 | Kleinlebewesen im Wasser
Die Welt im Wassertropfen
Kapitel 15 | Kokken und Bazillen
Bakterien: Fülle mit Hülle
Kapitel 16 | Schnitte anfertigen
Auf des Messers Schneide
Kapitel 17 | Pflanzenorgane
Platt wie ein Blatt
Kapitel 18 | Holzgewebe kennenlernen
Brett vor dem Kopf
Kapitel 19 | Tierische Spezialgewebe
Von Haut und Haar
Kapitel 20 | Dauerpräparate herstellen
Kleinstgeflügel
Kapitel 21 | Oberflächenuntersuchung
Eindrücke von Abdrücken
Kapitel 22 | Polarisationsmikroskope
In ganz anderem Licht betrachtet
Kapitel 23 | Dünnschliffe
Knochenarbeit
Kapitel 24 | Stäube/Rheinberg-Beleuchtung
Abstauber
Kapitel 25 | Mikrofotografie
Schöne Aussichten – Mikrofotografie
Service
Mikroskopische Vereinigungen
Literatur
Impressum
Vorwort
In der mikroskopischen Fachliteratur ist der Autor Bruno P. Kremer für mich eine mikro-kosmische Konstante mit dem Drei-Sterne-Gütesiegel: brillant präsentierte Mikroskopie – eingehende naturkundliche Analyse – wortwitzig-kurzweiliger Schreibstil!
Sein vorliegendes Buch titelt einladend als Mut- und Muntermacher und verspricht damit nicht zu viel. Schon mit einer einfachen Grundausstattung zu erschwinglichem Preis kann man heutzutage in die Welt der Bakterien, Mikroalgen, Kleinstkristalle und Zellorganellen einsteigen.
Ein Grundgerüst an methodischen Fachkenntnissen ist dafür allerdings unumgänglich. Als ideales Praktikum für Einsteiger vermittelt dieses Buch das erforderliche Grundwissen in 25 einfachen, aufeinander aufbauenden Lernschritten.
Den einzelnen Kapiteln sind jeweils klare Ablaufbilder der notwendigen Handgriffe und Hilfsmittel beigegeben. Eindrucksvoll führt das Buch in unvermutete Provinzen unserer Umwelt ein – dorthin nämlich, wo sich nur dem Mikroskop zugängliche Kleinwelten auftun, z. B.: in der Blumenvase, im Hausstaub und in Spinnennetzen.
Dabei bleibt es freilich nicht nur beim bloßen Staunen und Bewundern der auch ästhetisch ansprechenden Mikrofotografie, vielmehr stellt der Autor alles in einen soliden biologischen Rahmen.
Einfache Färbungen, modifizierte Beleuchtungsarten, Anfertigung von Dauerpräparaten: Hier wird die solide Basis für erfolgreiche und weiterführende Hobbymikroskopie gelegt. Im Anhang erfährt der Leser, wo er in mikroskopischen Vereinigungen auf Gleichgesinnte stoßen und welche Fachliteratur ihm weiterhelfen kann.
Dr. Erich Lüthje, Kiel
Oberstudienrat i. R., Mikroskopiker und Mikrofotograf, ehemaliger Biologielehrer an einem Kieler Gymnasium, ferner Lehrtätigkeit an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie am Regionalen Pädagogischen Umweltzentrum Kitzeberg (bei Kiel)
Das eigene Mikrolabor
Die Verführung ist verständlicherweise groß, mit dem gerade erstandenen Mikroskop im Direktverfahren die Umgebung zu erkunden und beispielsweise den kleinen Finger unter das Objektiv zu legen, um so den ersten Geheimnissen des Lebens auf den Grund zu gehen. Für erfolgreiche Expeditionen in die mikroskopischen Kleinwelten ist es aber unabdingbar, die Objekte möglichst transparent dünn und damit durchstrahlbar herzurichten, denn eigentlich betrachtet man im Mikroskop immer nur Teile von Teilen bzw. die Organismen scheibchenweise, und dazu benötigt man ein paar hilfreiche Werkzeuge. Die meisten der nachfolgend benannten Ausrüstungsgegenstände erhält man im Fachhandel – als Präparierbesteck unter anderem in Fachgeschäften für den Labor- und Medizinbedarf.
Ein paar nützliche Kleinigkeiten
Die Anschaffung eines Mikroskopes ist sicherlich der mit Abstand größte Posten auf der Kostenseite. Was man sonst noch für die Präparations- und Beobachtungsarbeit benötigt, ist dagegen rasch besorgt oder ohnehin aus haushaltsüblichem Inventar zusammenstellbar. Zur Grundausstattung des Arbeitsplatzes gehören die folgenden Utensilien:
Objektträger
Objektträger sind höchstens 1 mm dicke und rechteckige Glasplättchen im Format 76 × 26 cm (= 3 × 1 inch, schon 1839 in London festgelegt und heute weltweit Standard). Vorzugsweise verwendet man solche mit leicht angeschliffenen bzw. gebrochenen Kanten – das bewahrt die Fingerkuppen zuverlässig vor Schnittverletzungen. Vom Standardmaß abweichende kleinere Formate sind oft Lieferbestandteil von Billigstmikroskopen, aber ebenfalls kaum zu empfehlen, weil sie nicht in die Objekthalterung eines Kreuztischs passen. Objektträger gibt es üblicherweise in Packungen zu je 50 Stück.
Objektträger
Päckchen Objektträger
Deckgläser
Deckgläser sind meist unter 0,17 mm dicke, quadratische Glasplättchen im Format 18 × 18 bis 24 × 24 mm. Sie sind so hauchdünn, dass sie sich bei Belastung ein wenig verbiegen, aber unvermittelt in viele kleine und eventuell gefährliche Splitter zerspringen. Man fasst sie daher grundsätzlich nur mit einer Pinzette oder ganz vorsichtig an den Rändern zwischen Daumen und Zeigefinger an. Deckgläser gibt es meist in Packungsgrößen zu je 100. Im Handel sind auch kreisrunde Deckgläser erhältlich. Man verwendet diese jedoch überwiegend im professionellen Bereich für die Herstellung von Dauerpräparaten.
Deckglas
Päckchen Deckgläser
Präparierbesteck
Präparierbesteck entweder in Einzelteilen selbst zusammengestellt oder als fertiger Satz in Holzkasten bzw. Mappe mit
Präpariernadeln
Taschenmesser
Skalpell
spitze Pinzette
Rasierklinge
Päckchen Rasierklingen
Filterpapierstückchen (ca. 5 × 1 cm)
Reinigungsmaterial
Glasgeräte
kleines Konfitürenglas (als Wasserbehälter)
Tropfpipette mit Gummihütchen
Pasteurpipetten mit Gummihütchen
Glasstab
Blockschälchen
Quellen
Natürlich bietet auch der Lehrmittelhandel das Grundwerkzeug für die Mikroskopie in Teilen oder als Komplettpaket an, im Internet beispielsweise die Firmen
www.ehlert-partner.de,
www.biologie-bedarf.de,
www.betzold.de oder
www.windaus.de.
Färbereagenzien
Für die Anfangsausstattung des Arbeitsplatzes genügen ein paar Patronen mit normaler blauer Füllhaltertinte (= Methylenblau) sowie mit roter Korrekturtinte (= Eosin), ferner etwa 10 ml Lugolsche Lösung (bzw. Jodtinktur aus der Apotheke). Weitere etwaige Färbelösungen oder sonstige im Mikrolabor übliche Chemikalien wie etwa Glyceringelatine bezieht man als Fertiggemische über den Fachhandel (beispielsweise www.chroma.de, Chroma, Fa. Waldeck & Co., Divison Chroma, Havixbecker Straße 62, 48161 Münster, Tel. 01 80/23 26) oder eventuell aus der Apotheke, ebenso einige wenige Reagenzien für speziellere Beobachtungsaufgaben in einzelnen Untersuchungsprojekten. Wir beschränken uns in diesem Buch auf relativ einfache Präparationen und Beobachtungen ohne nennenswerten Bedarf an speziellen Chemikalien.
Schnappdeckelgläser und Jodtinktur in Tropfflasche
3 kleine Petrischalen
Alles, was man zum Mikroskopieren an Gerätschaften oder sonstigen Hilfsmitteln braucht, bewahrt man zwischen den einzelnen Arbeitssitzungen in einer verschließbaren Plastikbox (Abmessungen etwa 20 × 35 × 15 cm oder größer) auf, wie man sie in Baumärkten erhält. Damit ist immer die gesamte Ausstattung vollständig und im Bedarfsfall griffbereit beisammen und außerdem vor dem Verstauben geschützt.
Beobachtungstagebuch
Die regelmäßige Beschäftigung mit dem Mikroskop bringt von Mal zu Mal neue und interessante Erfahrungen. Vieles geht mit der Zeit sozusagen in Fleisch und Blut über, anderes vergisst man wieder. Einsichten, Erkenntnisse oder Erfahrungen sind aber viel zu schade, um sie dem Zufallsspeicher zu überlassen. Deshalb halten wir alles Wissenswerte zu unseren mikroskopischen Expeditionen in einem Protokollheft fest – in einer dickeren Kladde (DIN A5), die sich Schritt für Schritt zur Fundgrube entwickelt.
Zeichenmaterial
Sicher ist sicher
Die in der Mikroskopie verwendeten Reagenzien sind grundsätzlich nicht für die menschliche Ernährung gedacht: Die in diesem Buch benannten Verbindungen sind zwar nicht hochgradig giftig oder in starkem Maße gesundheitsschädlich, aber dennoch ist sorgsamer Umgang unbedingt erforderlich, auch wenn nicht jedes Mal ein warnender Hinweis auftaucht. Vor allem müssen Chemikalien – ebenso wie scharfe und spitze Präparierwerkzeuge – für kleinere Kinder unerreichbar sein und für sie unzugänglich aufbewahrt werden.
Kinder und Jugendliche, die mit diesem Einsteigerbuch arbeiten, sollten bei etwas schwierigeren Präparationen mit scharfem oder spitzem Schneidewerkzeug, wie etwa beim Anfertigen dünner Handschnitte mit einer Rasierklinge, immer einen Erwachsenen um Hilfe bitten. Das gilt auch für den Umgang mit offener Flamme. Normalerweise gehören zur Standardausstattung eines mikroskopischen Arbeitsplatzes weder Verbandszeug noch Feuerlöscher, und so sollte es auch bleiben.
Gefahrenpotenziale
Über die etwaige gesundheitliche Gefährdung durch einzelne chemische Verbindungen oder sonstige Gefahrenpotenziale orientieren u. a. auch die entsprechenden Hinweise im Internet unter www.gefahrstoffdaten.de.
Kein Platz an der Sonne
Für seinen mikroskopischen Arbeitsplatz mit dem angeschlossenen mobilen Mikrolabor wählt man einen stabilen Tisch in Fensternähe, allerdings nicht auf der Sonnenseite des Hauses: Eine helle Arbeitsplatzbeleuchtung ist zwar unbedingt wünschenswert, aber direktes Sonnenlicht ist einfach zu grell, und Mikroskopieren mit Sonnenbrille ist nicht zu empfehlen. Vorteilhaft ist ein verstellbarer Bürodrehstuhl, mit dem man seine individuelle Sitzhöhe so einstellen kann, dass man ohne ermüdende Verrenkungen in das Mikroskop schauen kann.
Beleuchtung und Helligkeit sind in der Lichtmikroskopie ein wichtiges Thema. Direktes Sonnenlicht ist jedoch nicht empfehlenswert.
Alles beisammen und im Griff: Die Grundausstattung für den eigenen mikroskopischen Arbeitsplatz passt bequem in eine Utensilienbox.
Das Mikroskop kennenlernen
Es könnte Weihnachten, Geburtstag oder ein sonstiger Geschenkanlass sein: Auf dem Geschenktisch steht verheißungsvoll ein hübsch eingepackter Karton, etwa so groß und schwer wie eine Dreierpackung Saftflaschen. Das Innenleben ist rasch enthüllt – aus Papier und Pappe schält sich ein Mikroskop. Natürlich soll das gute neue Stück sofort ausprobiert werden. Zum Glück gehören zur Startpackung ein paar Objektträger und Deckgläser.
Kopfregion eines Hundeflohs.
© B. Kremer
Sofort gehen die Überlegungen zum legendären Leben im Wassertropfen, das eben nur ein Mikroskop so richtig vor Augen führen kann. Also rasch eine Miniprobe aus dem Wasserhahn abzapfen, Deckglas auflegen, stärkste Vergrößerung wählen und dann ein erwartungsvoller Blick in die Röhre. Sekundenlang vernimmt man nur heftiges Atmen und dann ein fassungsloses „Hm, man sieht ja gar nichts“. Vielleicht liegt es nur an der Scharfstellung. Ein paar Drehungen am seitlichen Triebknopf werden das Problem wohl rasch beheben. Die wimmelnde Welt im Wassertropfen stellt sich dennoch nicht ein. Stattdessen knirscht das Deckglas – die Frontlinse des Objektivs hat es konsequent einem Crashtest unterzogen und erwartungsgemäß gewonnen. Die Frustration ist perfekt, das Mikroskop kommt vorerst wieder in seine Verpackung und wartet womöglich viele Wochen lang auf einen erfolgreicheren Einsatz.
Solche oder ähnliche Szenen haben sich schon oft abgespielt. Ohne Vorerfahrung erleben Einsteiger in die Mikroskopie zunächst allerhand Blockaden mit ihrem neuen Instrument, und so ganz einfach ist der kompetente Umgang mit der sensiblen Mechanik bzw. Optik ja tatsächlich nicht.
Die Qual der Wahl
Im günstigsten Fall gab die oben erwähnte Geschenkpackung ein Mikroskop frei, das diese Bezeichnung auch tatsächlich verdient. Auf dem Markt finden sich neben den Produkten renommierter Hersteller (beispielsweise Olympus, Leica, Zeiss, Will, Hundt, Eschenbach, Euromex) auch immer wieder Billig(st)angebote, die man bestenfalls in die Kategorie Spielzeug einordnet. Bei Mikroskopen, die deutlich unter 100 Euro kosten, zeigt sich rasch und erbarmungslos der erhebliche Unterschied zwischen preisgünstig und preiswert. Andererseits lässt sich leider nicht exakt angeben, ab welcher Preisklasse ein Mikroskop denn nun wirklich etwas taugt – die für den Hobbybereich vertretbare und empfohlene Kostenspanne reicht etwa von Fahrrad bis Gebrauchtwagen. Für professionelle Anwendungen, wie in der Forschung oder in der industriellen Fertigungskontrolle, gibt es sogar Mikroskope in der Preisklasse einer Luxuslimousine.
Wer sich die Mikroskopie als ein eventuell lebenslanges Hobby erarbeiten möchte, sollte die vielleicht etwas höheren Einstiegskosten nicht scheuen und lieber gleich zu Beginn ein qualitativ ernst zu nehmendes Gerät wählen, am besten ein ausbaufähiges System-Mikroskop. Gute Optik verschleißt nicht – ein hochwertiges Mikroskop leistet bei sorgsamer Handhabung und Pflege viele jahrzehntelang hervorragende Dienste. Insofern bietet sich – wenn man nicht ohnehin ein schmuckes Familienerbstück besitzt – selbstverständlich auch die Anschaffung eines gebrauchten Instrumentes an, aus Angeboten im Internet ebenso wie aus Anzeigen in einschlägigen Zeitschriften. Lassen Sie sich vor einer Kaufentscheidung in Fachgeschäften beraten oder kontaktieren eine der Mikroskopischen Arbeitsgemeinschaften, die in vielen Großstädten bestehen.
Das Mikroskop unter die Lupe nehmen
Das Design ändert sich, der Grundaufbau eines Mikroskops nicht. Bei Markenmikroskopen mit Normoptik sind die Teile sogar wechselseitig austauschbar.
Unabhängig von Ausstattung, Größe und Preis zeigen alle Mikroskope im Prinzip den gleichen technischen Aufbau mit mechanischen und optischen Bauteilen. Sehen wir uns zunächst die optische Ausstattung an. Je nach Bauart besitzt das Mikroskop eine gerade Röhre (= Tubus) oder hat einen Knick in der Optik (Schrägeinblick). Am oberen Tubusende (Einblickseite) ist das Okular eingesteckt (vom lateinischen oculus = Auge), während an der unteren Tubusöffnung das dem Objekt zugewandte Linsensystem, das Objektiv, eingeschraubt ist. Meist sind mehrere Objektive unterschiedlicher Länge und Vergrößerungsleistung an einem drehbaren Objektivrevolver angebracht. In den Strahlengang einbezogen ist jeweils das senkrecht nach unten weisende Objektiv.
Bauteile des Lichtmikroskops. 1 Okular, 2 Tubus, 3 Objektivrevolver, 4 Objektiv, 5 Objekttisch, 6 Kreuztisch, 7 Stellschrauben für Kreuztisch, 8 Höhenverstellung Kondensor, 9 Justierung Kondensor, 10 Aperturblendenhebel, 11 Zuschalten Zusatzlinse, 12 Grobtrieb, 13 Feintrieb, 14 Stativbügel, 15 Stativfuß, 16 Beleuchtung
Auf einem Objektiv sind mehrere wichtige Angaben eingraviert.
Auf dem Okular liest man eingraviert die Angabe H (Okulartyp nach Huygens) und eine Vergrößerungszahl (meist 10 ×). Die Objektive tragen ebenfalls verschiedene Angaben: Die auffälligste Zahl benennt die Vergrößerung – ein typisches Mikroskop ist mit je einem 3,5-, 10- und 40-fach vergrößernden Objektiv ausgestattet. Die erreichbare Gesamtvergrößerung erhält man durch Multiplikation der jeweiligen Vergrößerungsangaben: Ein 10-fach vergrößerndes Okular leistet in Verbindung mit dem 40er-Objektiv also eine 400-fache Vergrößerung. Die übrigen Gravuren bedeuten Folgendes: Die Zahl 160 (bei älteren Mikroskopen meist 170) gibt die Tubuslänge (in mm) an, für die das betreffende Objektiv berechnet ist, die Zahl 0,17 die maximal verwendungsfähige Deckglasdicke (in mm). Die vierte Angabe – zwischen 0,1 und 1,3 – bezeichnet die numerische Apertur. Je größer deren Zahlenwert ist, umso besser vermag das Objektiv feinste Objektdetails darzustellen oder aufzulösen, wie die Fachleute sagen. Im Allgemeinen steigt die Apertur mit der Eigenvergrößerung, doch gibt es gerade bei Billigstmikroskopen stark vergrößernde Objektive mit geradezu miserabler Auflösung. Weitere Hinweise betreffen etwaige Objektivkorrekturen: Apo steht für Apochromate, die Abbildungen ohne farbliche Verzerrungen liefern; Plan bedeutet ein geebnetes Bildfeld. Der Planapochromat, ein aufwendig korrigiertes und relativ teures Objektiv, bietet also ein bis in die Randbereiche scharfes, ebenes Bild ohne störende Farbsäume an den Objektstrukturen. Auf Objektiven mit Aperturen >1 findet man gewöhnlich den Zusatz „Oel“ oder einen schwarzen Ring. Diese Objektive müssen jeweils in einen Tropfen Immersionsöl auf dem Deckglas des Präparates eintauchen, um ihre volle Leistung zu bringen.
Unabhängig von Okular und Objektiven am Tubus besitzen etwas bessere Mikroskope unterhalb der Zentralöffnung des Objekttisches ein weiteres Linsensystem, den Kondensor. Er hat die Aufgabe, das Licht von der Lichtquelle zu bündeln und durch das Objekt zu lenken. Zum Kondensor gehört außerdem die Aperturblende, mit der man ebenso wie an einer Kamera die Schärfentiefe (Tiefenschärfe) reguliert. Unterhalb des Kondensors befindet sich bei sehr einfachen Mikroskopen ein dreh- und klappbarer Spiegel, der das Licht von einer externen Leuchte umlenkt, oder eine in den Stativfuß integrierte Lichtquelle – entweder eine Niedervoltlampe oder bei neueren Instrumenten eine lichtstarke LED-Einrichtung. Ein oder zwei Drehknöpfe seitlich am Stativbügel des Mikroskops dienen zum Scharfstellen. Sie heben oder senken den Tubus (Mikroskope älterer Bauart) oder den Objekttisch.
Schuppen vom Silberfischchen (Zuckergast).
© B. Kremer
Reinigen und sonstige Pflegedienste
Okulare und Objektive nur zum Reinigen aus dem Tubus nehmen und sofort wieder einsetzen, damit kein Staub in das Innere eindringen kann.
Der ärgste Feind des Mikroskops ist (außer üblen Kratzern auf den Linsen) der allgegenwärtige Staub. Man bewahrt also sein Instrument zwischen den Einsätzen immer in einem entsprechenden Behältnis oder unter einer Schutzhülle auf. Regelmäßig zu reinigen sind lediglich die Linsen – das Okular, weil es ständig in Kontakt mit naturgefetteten Augenwimpern (oder dem Augen-Make-up der Freundin …) kommt, und das Objektiv, nachdem es vielleicht doch einmal unabsichtlich in eine Farblösung eintauchte.
Nur bei sehr hartnäckiger Verschmutzung verwendet man Waschbenzin oder Diethylether (Vorsicht: Dämpfe nicht einatmen!), niemals jedoch Alkohol (daher auch keine Glas- oder Fensterputzmittel), weil dieser die Linsenverkittung angreifen könnte. Ansonsten sind Mikroskope praktisch wartungsfrei.
Grünalge Haematococcus aus einer Vogeltränke.
© B. Kremer
Ein erster Blick in die Röhre
Nun ist es so weit: Nachdem der Arbeitsplatz mit allem erforderlichen Handwerkszeug eingerichtet ist, starten wir zu unseren ersten Beobachtungen. Ein paar einfache, aber wichtige Regeln erleichtern den Zugang zu den vielen faszinierenden Dingen, die man sonst ganz einfach nicht zu Gesicht bekommt.
Glasschrammen auf einem Objektträger.
© B. Kremer
Ein brauchbares Objekt – denkbar einfach
Zum Einüben der Bedienungstechnik seines jeweiligen Mikroskopes benötigt man natürlich ein geeignetes Präparat. Manchen Mikroskopen liegen dazu Testpräparate bei. Zu meinem eigenen ersten Schülermikroskop, das ich vor mehr als einem halben Jahrhundert geschenkt bekam, gehörte das Fertigpräparat eines Hundeflohs, der mich außerordentlich beeindruckt hat. Ist kein solches Fertigpräparat vorhanden, genügt für den Sofortstart auch ein Objektträger, auf dem man mit einem Glasschneider oder einem scharfkantigen Schraubendreher ein paar Schrammen einritzt. Dieses Startpräparat klingt zunächst wenig verheißungsvoll, aber es birgt einige Überraschungen. Wir gehen nun in dieser Reihenfolge vor:
Objektträger auf den Objekttisch
Objekt ist dieses Mal der Objektträger.
Den angeritzten Objektträger legt man – mit der Schramme nach oben und ohne weitere Bedeckung mit Wasser oder Deckglas – auf den Objekttisch und klemmt ihn in die dort vorhandene Haltevorrichtung ein. Bei einfachen und Standard-Mikroskopen besteht sie aus zwei drehbaren Federklammern, bei den besseren aus einem sogenannten Kreuztisch, mit dem man den Objektträger zum ausgiebigen Durchmustern ganz bequem und in kleinsten Zwischenschritten in der x- und der y-Richtung des Koordinatensystems über den Objekttisch schiebt.
Kondensor einrichten
Dann dreht man den unter dem Objekttisch angebrachten Kondensor mit dem dafür vorgesehenen Stellknopf bis zum Anschlag nach oben – er kann für die meisten Beobachtungsaufgaben mit dem Mikroskop in dieser Position bleiben. Bei manchen Mikroskoptypen ist er ohnehin starr und unverrückbar montiert.
Beleuchtung einschalten
vgl. Textkasten hier