Paul Trummer

PIZZA GLOBALE

Ein Lieblingsessen
erklärt die Weltwirtschaft

Econ

Für meine Eltern, die mir als Gast- und
Landwirte den Wert von ehrlichem Essen
vermittelt haben – und für Heike, mit der
ich die Vorliebe dafür teile.

Inhalt

Vorwort 11
Die neue Ernährung  
Es gibt Salami-Pizza 13
Essen aus dem Labor 15
Pizza Globale 19
Erfolgsstory Tiefkühl-Pizza 22
Vom Sattmacher zum Dickmacher 24
Essen, das krank macht 27
Auswirkungen auf die Landwirtschaft 30
Zutaten für einen Erfolg  
Was steckt in meiner Tiefkühl-Pizza? 35
Die Industrie braucht Chemie 36
Überholte Natur 39
Bunte Bilder für Milliarden 44
Im Pizza-Werk 47
Sicherheit für Ihre Pizza 50
Der Teig  
In der Mühle 53
Das Getreide-Geschäft 56
Die Bauern und die Börse 61
The Food Crisis 63
Nervöse Milliarden 66
Das Ende vom kleinen Bauernhof 70
EU-Milliarden gegen das Sterben der Höfe 72
Die Subventions-Millionäre 76
Die große Umverteilung 80
Die Tomatensauce  
Der Tomatenbauer 84
Der rote Riese 86
Die Revolte der Saisonarbeiter 89
System der Ausbeutung 95
Die Hoffnung der Asylanten 97
Gift ist billiger 99
Gift auf Ihrem Gemüse 102
Das Fleisch  
Von Salami und Statistik 105
In der Fleischfabrik 108
So töten Sie eine Kuh 111
0,75 Quadratmeter pro Schwein 114
Das Wegwerf-Huhn 119
Klimakiller Fleisch 123
Das Gentechnik-Futter 126
So gefährlich ist Gentechnik 131
So ungefährlich ist Gentechnik 135
Der umstrittene Agrar-Riese Monsanto 139
Patent auf Leben 142
Der Käse  
Der Markt für Milch 146
In der Käserei 149
Besuch beim Milchbauern 152
Probleme auf der Milchstraße 155
Kleine Schummeleien 158
Die Macht der Supermärkte 161
Wir Verschwender 164
Vom Hunger in der Welt 167
Gewürze & Co  
Geschmack für meine Pizza 171
Gentech-Hoffnung Hefe 173
Grundwasser-Risiko Salz 176
Laborprodukt Speiseöl 178
Spekulationsobjekt Knoblauch 180
Pestizide im Kräutergarten 182
Der Geschmacksverkäufer 184
Die Milch-Wundermittel 186
Die Mais-Wundermittel 188
Das optische Hilfsmittel 191
Der Transport  
Der Pizza-Kaiser 194
Rote Klimabilanz 197
Der zunehmende Welthandel 200
Ein Rechteck als Handelsturbo 203
Die Rolle der Politik 206
Die Verlierer des Freihandels 210
Die Zukunft  
Das Essen von morgen 215
Die Zukunft der Landwirtschaft 218
Nahrung für die Welt von 2050 220
Die neuen Kolonialherren 224
Der Klimawandel 227
Ernährung in Gefahr 231
Die Gegenbewegungen  
Trendwende in Sicht 236
Die Biobauern 238
Auch Bio kann noch besser werden 242
Slow Food 245
Fleischlos – und manchmal gratis 247
Die Sozialtafeln 250
Fairtrade 253
Tipps für eine bessere Ernährung  
Zehn Ratschläge 258
Ernähren Sie sich gesünder 260
Essen Sie weniger Fleisch 264
Kaufen Sie Bio 267
Kaufen Sie saisonal 269
Kaufen Sie regional 272
Achten Sie auf Gütesiegel 275
Lernen Sie kochen 278
Essen Sie wild durcheinander 283
Schauen Sie, was Ihr Geld macht 286
Gönnen Sie sich etwas – aber auch anderen 289
Anmerkungen 293
Abkürzungsverzeichnis 318
Danksagung 321
Sachregister 323

Vorwort

Sie essen? Mindestens zweimal am Tag? Was für einer wundervoll großen Zielgruppe für dieses Buch Sie dadurch angehören! Aber keine Sorge: Dieses Buch will Ihnen keineswegs den Appetit verderben. Allerdings werden Sie die Vorabendwerbung für Tiefkühl-Pizza, Fruchtjoghurt oder Weizenmehl nach dem Lesen der folgenden Seiten mit anderen Augen sehen – und wissen, dass Sie bei jedem Werbeblock gehörig an der Nase herumgeführt werden.

Wie wird eine Tiefkühl-Pizza hergestellt? Und wie werden die Zutaten für die Tiefkühl-Pizza hergestellt? Das fragte ich mich eines Abends beim Verzehr einer Salami-Pizza. Ich begann zu recherchieren. Als Wirtschaftsredakteur einer großen Wiener Tageszeitung erhielt ich Einblick in viele Produktionsstätten, die für normale Konsumenten geschlossen bleiben. Ich besuchte ein Tiefkühl-Pizza-Werk, eine Mühle, eine Käserei und einen Fleischverarbeiter. Ich besuchte Bauern auf ihrem Hof und führte zahlreiche weitere Interviews. Überall lernte ich ausgesprochen freundliche Menschen kennen, die sich Mühe gaben, das bestmögliche Produkt herzustellen.

Doch im Laufe meiner Tätigkeit als Agrarjournalist stieß ich auch auf zahlreiche Probleme, die die industrialisierte Produktion von Nahrungsmitteln mit sich bringt: um ihre Existenz kämpfende Milchbauern, durch EU-Beihilfen am Rande des Ruins stehende Bauern in Afrika, Biobauern, die bei Zulassung von Gentechnik ihren Betrieb aufgeben müssten, oder Erntehelfer, die unter unwürdigsten Bedingungen ihre Arbeit verrichten.

Überraschend viele Probleme sind nicht von Wetter und Boden abhängig, sondern von der Politik. Sie bestimmt zunehmend die Existenzbedingungen der Bauern weltweit; sie regelt, zu welchen Preisen sie Handel treiben, welche Unterstützung sie erhalten und was man ihnen verwehrt. Und sie schafft die Rahmenbedingungen für die Art und Weise, wie unsere Nahrungsmittel heute hergestellt werden. Bei dieser Produktion dominiert heute oft das Streben nach den geringsten Kosten, denn wir Konsumenten wollen vor allem eines: billig einkaufen. Dass wir damit eine Spirale in Gang setzen, die oftmals auf Kosten von Mensch und Natur weltweit geht, ist uns kaum bewusst.

Global gesehen wird die Produktion von Essen immer ähnlicher: Menschen auf der ganzen Welt essen heute dieselben Dinge, die sie vor 20, 30 Jahren nicht einmal kannten. Doch diese Annäherung der Ernährungsstile verbreitet auch die damit verbundenen Probleme um die ganze Welt. Betroffen sind sowohl Konsumenten wie auch Produzenten – jeder auf seine Weise. Diese Probleme möchte ich aufzeigen – und am Ende des Buches einige Tipps für Konsumenten geben.

Zur Nachvollziehbarkeit habe ich mich bemüht, so viele Fakten wie möglich mit Verweisen zu hinterlegen. Interessierte Leser können somit ganz einfach im Internet noch mehr Informationen erhalten. Doch wer wie ich einfach neben dem Essen gerne schmökert, dem sei versichert: Die Daten wurden gewissenhaft in monatelanger Recherche zusammengetragen. Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß und interessante Erkenntnisse auf den folgenden Seiten und hoffe, dass Sie nach dem Lesen dieses Buches ehrliches Essen ein bisschen mehr schätzen als bisher.

DIE NEUE ERNÄHRUNG

Es gibt Salami-Pizza

Zugegeben: Es war stressig heute im Büro. Erst gegen 19 Uhr schwang die schwere Tür des Redaktionsgebäudes hinter mir zu, reichlich spät für jemanden, der an den Komfort eines 9-to-5-Jobs gewöhnt ist. Noch dazu war Freitag, und das Wochenendprogramm sollte auch noch erstellt werden.

Bei meinem Supermarkt um die Ecke war die Schlange vor der Kasse an diesem Freitagabend zwar besonders lang, doch der Hunger meldete sich. Schnell und in Gedanken verloren wählte ich Fertig-Pizza, Tomaten für einen Salat und eine Cola – 6,40 bitte – schönes Wochenende – Ihnen auch.

Nun zählt tiefgekühlte Salami-Pizza nicht unbedingt zu meinen Lieblingsspeisen – aber wie gesagt, der Tag war stressig gewesen und meine Lust auf Kochen tendierte gegen null. Ab und zu probiere ich gerne etwas aus. Mir macht es Spaß, gute Pasta zuzubereiten oder ein Steak zart anzubraten. Aber ich brauche Zeit, um mit Freude zu kochen. Meistens esse ich abends bloß eine Kleinigkeit. Ich gebe mir jedoch Mühe, es optisch nett zu arrangieren. Sie wissen schon, Pasta mit Fertigsauce, aber mit Basilikumblättchen und so. Zu Hause steckte ich also die Pizza rasch in den Ofen und verschwand unter der Dusche.

Wenige Minuten später öffnete ich vorsichtig das Backrohr: Wärme strömte mir entgegen, doch kein Geruch. »Die Pizza ist fertig, wenn der Käse zart geschmolzen ist«, stand auf der Packung. Doch ich vertraute lieber meinem persönlichen Signal: Die Pizza ist fertig, wenn es verführerisch duftet, hatte mich die Erfahrung gelehrt. So blieb noch Zeit, um Tomaten zu schneiden und sie mit Balsamico-Essig und Olivenöl zu beträufeln. Ich hatte Glück: Die roten Früchte schmeckten tatsächlich nach Natur und nicht nach Tennisbällen wie vieles dieser Importware, die im Winter in unseren Supermärkten landet.

Alle mögen Tomaten. In meiner Heimat Österreich sind sie laut Statistik das Lieblingsgemüse der Bevölkerung. Zugegeben: Ich leiste mir meine etwas überteuerte Wohnung tatsächlich auch, um am nahe gelegenen Markt Tomaten, frisches Gemüse und Obst einkaufen zu können. Dass ich oftmals nach der Arbeit wenig Lust verspüre, den Umweg zum Markt zu machen, und stattdessen lieber alles im Supermarkt besorge, wusste ich vor meinem Einzug natürlich noch nicht.

Der verführerische Duft aus dem Ofen ließ mich handeln: Pizza raus, Vorsicht, heißes Blech, Tomaten noch salzen, Cola, Pizza zerteilen, Fernseher an und Buon Appetito! Im TV flimmerten die Abendnachrichten über den Bildschirm. Berichte über ein EU-Gipfeltreffen, Ölpreis und eine Überschwemmung in einem fernen Land konnten mich kaum unterhalten. Zu ähnlich sind die täglichen Meldungen, und schon am nächsten Tag ist die Nachricht Schall und Rauch.

Ich überlegte kurz, ob der Name Pizza Quattro Stagioni wohl tatsächlich etwas mit den Jahreszeiten zu tun hat, aß alles auf, machte den Abwasch. Ein Anruf festigte das Programm für den Freitagabend: Freund Markus schlug zuerst ein gemütliches Bier vor, danach eine nicht zu schicke Bar (würde wohl ebenfalls Bier werden). Ja, das klang doch ganz gut. Eine Stunde, nachdem ich meine Wohnungstür geöffnet hatte, war ich wieder bereit zum Weggehen. Mit Selbstkochen hätte ich das nie geschafft.

Am Samstagvormittag blinzelte ich mit einem ordentlichen Kater den Sonnenstrahlen in meinem hellen Schlafzimmer entgegen. Ich schaffte es, Kaffee aufzusetzen, stieß mit den nackten Zehen den im Weg liegenden Pizza-Karton in die Ecke. Wer war übrigens der Produzent meiner Pizza?, fragte ich mich im Halbschlaf. Und wie war das nun mit Quattro Stagioni? Welche Zutat stand für welche Jahreszeit? Vielleicht sollte ich den Kundenservice des Herstellers anrufen, um diese entscheidende Frage zu klären.

Der Kaffee vertrieb meine philosophischen Fragen und machte den Kopf allmählich klar. Ich griff zur Zeitung des Vortages und entdeckte die Antwort zumindest auf eine meiner Fragen: 1,6 Milliarden Euro Umsatz machte die Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG im Jahr 2007, las ich. Und 33 Prozent davon stammten vom Sortiment Tiefkühl-Pizza/Tiefkühl-Snacks – Tendenz stark steigend. Der Familienbetrieb aus dem deutschen Bielefeld, einer der bekanntesten Nahrungsmittelproduzenten Europas, war auch für meine Salami-Pizza verantwortlich.

Gratulation, für ein Massenprodukt schmeckte die eigentlich ziemlich gut. »Die Zahl der Mitarbeiter von Dr. Oetker nahm 2007 um 67 Beschäftigte auf 7301 zu«, las ich weiter – eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass die Nahrungsmittelproduktion heutzutage doch schon weitgehend automatisiert ist, oder? So ganz sicher war ich mir dabei jedoch nicht, da ich noch nie die Produktion einer Tiefkühl-Pizza live erlebt hatte. Aber wer hat das schon?

Essen aus dem Labor

Wir haben noch nie so viel industriell produzierte Nahrung zu uns genommen wie heute. Zeit ist knapp, und immer öfter überlassen wir die zeitraubende Zubereitung von Essen den Nahrungsmittelkonzernen. Durch diese Entwicklung haben wir Konsumenten den Bezug zu den Rohstoffen und ihrer Verarbeitung verloren. Kaum jemand von uns weiß, wie seine Supermarktnahrung hergestellt wird; wir alle vertrauen auf die Lebensmittel aus dem Labor.

Zu Urzeiten hat man vor allem gegessen, um zu überleben und um Kraft zu tanken – für den Fall, dass man vor wilden Säbelzahntigern davonlaufen musste. Dann entdeckte jemand (dem ich hiermit den allergrößten Dank aussprechen möchte!), dass Essen auch etwas sehr Schönes sein kann, wenn es nach etwas schmeckt – und diese Geschmackserlebnisse wurden über Tausende von Jahren kultiviert.

Mit der Entwicklung der industrialisierten Herstellung von Nahrung im 20. Jahrhundert hielt die Chemie Einzug in unser Essen: Chemische Konservierungsstoffe erlaubten es, Nahrungsmittel in großer Anzahl herzustellen und so lange zu lagern, bis der Konsument sie verspeiste. Der Siegeszug von Tiefkühlgeräten in Privathaushalten verlieh der Industrie einen kräftigen Schub, machte doch die Gefriertechnik das Konservieren noch einfacher. Um durch die Verarbeitung entstandene Geschmacksverluste zu kompensieren, wurde und wird an Geschmacksträgern wie Salz, Zucker oder Fett nicht gespart, und chemische Hilfsmittel sorgen für ansprechende Optik, Stabilität und vieles mehr.

Mitte des 20. Jahrhunderts kam die Anforderung hinzu, dass Essen auch gesund sein sollte. Entsprechend dem damaligen Stand der Wissenschaft verbannte man tierische Fette aus der Küche und ersetzte sie durch pflanzliche Fette: Statt Butter gab es Margarine. Beschichtete Teflon-Pfannen, die Fett einsparten, traten ihren weltweiten Siegeszug an. Aber auch das reicht uns nicht mehr. Heute muss Essen zusätzlich eine Funktion haben. Ballaststoffe, Bakterienkulturen, Omega-3-Fettsäuren, Vitamine: Unsere heutige Nahrung will uns helfen, jünger, schöner, gesünder und vitaler zu bleiben. Daher essen wir Joghurts, die die Verdauung regulieren, greifen überall zu, wo Vitamin C auf der Verpackung steht, oder glauben an Molkedrinks, die die Abwehrkräfte stärken, und lassen Obst und Gemüse links liegen. Weil das Essen aus dem Labor verspricht, weniger Kalorien zu haben, essen wir mehr davon, anstatt uns im Kampf gegen Übergewicht einfach öfter zu bewegen. Auch finden wir es bequemer, im Supermarktregal zum gewohnten Produkt mit der Aufschrift »Light« zu greifen, anstatt unsere Ernährungsgewohnheiten wirklich zu überdenken.

Die Industrie freut sich über unsere Faulheit. Sie forscht in diesen Minuten an unserem Essen für morgen – zu möglichst geringen Produktionskosten. Wie weit die technischen Möglichkeiten fortgeschritten sind, beschreibt Hans-Ulrich Grimm in seinem Buch Die Suppe lügt:1 Er berichtet von Rübenschnitzeln und Kartoffelabfällen, für die Forscher eine große Zukunft als Nahrungsmittelzutaten sehen, etwa für Fruchtsäfte, Milchprodukte oder Backwaren. Der Mischkonzern Procter & Gamble forsche zum Beispiel an Fettersatzstoffen, Unilever an Verfahren, um aus einem Mix aus Fruchtabfällen, Algenextrakt und Geschmacksstoffen »natürliche Früchte vorzutäuschen«. Aus Schweinefleisch könnten schon Muscheln hergestellt werden, aus Fischeiweiß mit Aromen Schweinswürste. Das sei vor allem kostensparend: Aus der Tiefe des Meeres würde in Unmengen Krill, ein winziger Leuchtkrebs, gefördert, zerlegt, zu standardisierten Blöcken gepresst und aromatisiert. Auch die Herstellung eines simulierten Roheies sei technisch bereits möglich, ebenso die Produktion von Schmelzkäse aus Bakterien oder die Formung von Kunstspeck aus Fett und Proteinen.

Uns Konsumenten lässt dieser technische Fortschritt auf verlorenem Posten zurück. Eine bewusste Selektion aus der angebotenen Vielfalt an modernen Nahrungsmitteln ist nur schwer möglich: Das Angebot ist nicht mehr zu überblicken. Das Sortiment eines normalen Supermarktes umfasst heute zwischen 8000 und 10000 Produkte. Die Bilanzen blühen, wenn wir Konsumenten kräftig zugreifen, sei es aus Gesundheits- oder anderen Gründen. Übersehen wird angesichts des Riesensortiments aber, dass die meisten verarbeiteten Produkte aus denselben Grundzutaten bestehen. Die industrielle Herstellung basiert nämlich auf wenigen standardisierten Rohstoffen, die zu niedrigen Preisen erhältlich sind.

Unserer Gesundheit erweist die Auswahl der Zutaten nach technischer Verarbeitungsfähigkeit und Gewinnmaximierung jedoch einen Bärendienst, schreibt der US-Autor Michael Pollan: »Die Spur jener chronischen Krankheiten, die heute die meisten von uns umbringen, lässt sich direkt auf die Industrialisierung unserer Nahrung zurückführen: Aufzuzählen sind die Zunahme von stark bearbeiteten Nahrungsmitteln und Auszugsmehlen, die Verwendung chemischer Substanzen bei der Aufzucht von Pflanzen und Tieren in riesigen Monokulturen, die Überfülle billiger Kalorien aus Zucker und Fett, die von der modernen Landwirtschaft produziert werden, und die Verminderung der biologischen Vielfalt in der menschlichen Kost auf kaum eine Handvoll Hauptgetreide, insbesondere Weizen, Mais und Soja.«2

Dieses Buch soll Ihnen zeigen, wie moderne Nahrung heute hergestellt wird – und welche Probleme damit verbunden sind. Im Fokus soll die Landwirtschaft stehen, die für die Verarbeitungsindustrie die Rohstoffe liefert. Nach der Lektüre werden Sie erkennen: Es ist nicht selbstverständlich, dass Sie Ihre Tiefkühl-Pizza zum Discountpreis erhalten.

Pizza Globale

Multinationale Konzerne geben heute die Trends in der Nahrungsmittelerzeugung vor. Auch die Rohstoffbeschaffung erfolgt immer öfter international, wobei niedrige Preise als eines der Hauptargumente dienen. Die Produktion unseres Essens wird zunehmend globaler, und die Annäherung von Schwellenländern wie Indien oder China an westliche Ernährungsgewohnheiten gilt als Milliardenmarkt für die Industrie.

Um aufzuzeigen, dass viele Probleme der Nahrungsmittelherstellung heute rund um den Globus Gültigkeit haben, habe ich mich für die Geschichte eines wahrhaft globalen Nahrungsmittels entschieden: die Pizza. Sie ist wohl das am weitesten verbreitete Fast Food der Welt, noch vor dem Burger. Bei zahlreichen Reisen, egal ob als Journalist oder privat, stieß ich auf den runden Teigfladen. Ob in Italien oder Deutschland, in den USA oder in Japan, Indonesien oder Iran: Eine Pizza auf der Speisekarte war immer irgendwo anzutreffen.

Auch Zustell- und Fertig-Pizza erfreuen sich weltweit steigender Beliebtheit, obwohl Pizza eigentlich jeder Laie zubereiten könnte. Dies verdeutlicht die Änderung der Ernährungsgewohnheiten in einer urbaner werdenden Welt. Egal, ob für den großen oder den kleinen Hunger, im Restaurant, im Fast-Food-Laden, der Imbissbude oder im Tiefkühlfach zu Hause: Pizza ist immer für uns da, wenn wir wenig Zeit zur Nahrungszubereitung haben.

Carol Helstosky, Geschichtsprofessorin an der University of Denver, hat in ihrem Buch Pizza – A Global History den Aufstieg vom Arme-Leute-Essen zu unserem Lieblings-Fast-Food aufgeschrieben: Die Ursprünge der Pizza dürften um das 18. Jahrhundert in den Armenvierteln von Neapel angesiedelt sein. Basierend auf den schon zuvor beliebten dünnen, gesalzenen Brotfladen wurde Pizza für die Armen eine kostengünstige Mahlzeit, die man auch auf der Straße verzehren konnte. 1734 soll die Vermählung zwischen Pizzabrot und Tomaten stattgefunden haben, die Namen der Pizzerien dieser Zeit sind noch heute überliefert: Zi’Ciccio, Ntuono, Capasso oder Da Pietro, aus der später die Pizzeria Brandi wurde. Dort wurde 1889 zu Ehren der Königin Margherita von Italien die Pizza Margherita erfunden – mit Tomaten, Mozzarella und Basilikum als Hommage an die neuen italienischen Landesfarben.3

Mit der Migration von Süditalienern nach Norden breitete sich das Gericht aus, und die nach dem Zweiten Weltkrieg in Italien stationierten Soldaten halfen beim internationalen Kennenlernen. Migrationsbewegungen der Italiener nach Europa und den USA sowie der aufkeimende Tourismus machten die Pizza weltweit bekannt.

So sorgte auf der anderen Seite des Atlantiks laut Helstosky der amerikanische Geschäftssinn für die Ausbreitung des italienischen Teigfladens. 1905 eröffnete Gennaro Lombardi im zukünftigen Little Italy in New York die erste Pizzeria der USA.4 Von New York breitete sich das Gericht mit den italienischen Migranten langsam über Nordamerika aus, wobei die Pizza immer den regionalen Vorlieben angepasst wurde. 1943 eröffnete Ike Sewell die Pizzeria Uno in Chicago – sein Rezept mit dickerer Kruste und mehr Belag wurde zum Renner.

In den 1950ern eroberten laut Helstosky zwei kulinarische Trends die USA: jener für neues, fremdes Essen, genannt Ethnic Food, und der Wunsch nach immer mehr Convenience. Das Wort steht auch heute noch für Bequemlichkeit im Bereich der Nahrung, wo Fertiggerichte und vorgefertigte Zutaten wie Saucen oder Beilagen Zeitersparnis versprechen. Damals förderte der Trend die Zunahme von Tiefgekühltem und Fertig-Backmischungen. Die Ausbreitung des Fernsehens veränderte die Dinnergewohnheiten der Amerikaner, schließlich wollte man nicht durch Kochen Wichtiges versäumen.

Pizza vereinte beide Trends. 1960 gründeten Tom und James Monaghan in Ypsilanti, Michigan eine Pizzeria. Bald konzentrierten sie sich darauf, die warmen Teigfladen auch nach Hause zu liefern. Ihr Ruf eilte ihnen voraus, und so eroberten sie zunächst eine Universitätsstadt nach der anderen. Domino’s war geboren. Ähnliche Erfolge feierte etwa zur gleichen Zeit ein Pizza-Restaurant in Wichita, Kansas: Pizza Hut. Die Idee, immer gleiches Essen in familienfreundlichen Restaurants anzubieten, ging auf: Heute gibt es rund 10000 Pizza-Hütten auf der Welt.

Der Siegeszug der Pizza war deshalb so erfolgreich, weil sie sich für jeden Anlass eignet: Pizza ist ideal für ein romantisches Candle-Light-Dinner, für einen geselligen Party-Abend, für einen schnellen Snack oder zum bequemen Futtern vor dem Fernseher. Pizza passt nicht nur zu jeder Gelegenheit, sondern auch bei jedem Geschmack. Standardisierte Pizza sieht überall auf der Welt gleich aus. Das gibt Sicherheit, denn man weiß, was man bekommt. Gleichzeitig versuchte jedes Land und oft auch jede Pizzeria, ausgehend vom Standard, seine kulinarischen Eigenheiten einfließen zu lassen. Und so kommt es, dass es Pizza mit Speck ebenso gibt wie die japanische Pizza-Tüte, die einer Eis-Tüte ähnelt.

Den wahren Globalisierungsschub verdankt die Pizza neben ihrer Wandlungsfähigkeit vor allem dem Vermarktungsgeschick der Amerikaner: »Amerikanische Innovationen in Franchising und Marketing, gepaart mit einem recht liberalen Anspruch bei der Zubereitung, gaben den Schwung für den globalen Erfolg der Pizza«, glaubt Historikerin Helstosky.5 Ein gewisses Streben nach Gewinnen hätte den Rest erledigt, meint sie. Der Grundstein für den globalen Siegeszug war gelegt: Seit 1988 dürfen sich die Chinesen, seit 1990 auch die Russen über offiziell zugelassene Pizza-Ketten freuen. In Europa versuchten zuletzt Restaurant-Ketten wie die britische Pizza Express oder die deutsche Vapiano, die Pizza wieder aus der Fast- Food-Schmuddelecke zu holen – mit einigem Erfolg.

Die Kosten für die Herstellung einer Pizza sanken parallel zum weltweiten Siegeszug: »Wie viele andere Nahrungsmittel ist Pizza günstig aufgrund von Veränderungen in der Lebensmittel-Technologie, der Landwirtschaft, im Transport und dank Franchise-Konzepten«, schreibt Helstosky.6 Und aufgrund von billigen Arbeitskräften, ergänzt Autor Eric Schlosser: »Die knapp 3,5 Millionen Fast-Food-Arbeiter sind die bei weitem größte Gruppe der Mindestlohn-Bezieher in den USA. Die einzigen Amerikaner, die noch einen geringeren Stundenlohn haben, sind die Farmarbeiter.«7 Doch wie Sie noch lesen werden, tragen auch diese einen Teil zu Ihrer kostengünstigen Pizza bei.

Erfolgsstory Tiefkühl-Pizza

Der weltweite Erfolg von Pizza ist nicht nur der raschen Expansion von Pizza-Ketten zu verdanken. Zum einen etablierten sich weltweit Pizza-Restaurants, zum anderen trat der Expansion von Domino’s, Pizza Hut und Co. im Laufe der Zeit ein gewichtiger Konkurrent entgegen: die Tiefkühl-Pizza. In den 1950ern gab es in den USA die ersten Patente für Tiefkühl-Pizza, und Tiefkühlgeräte kamen langsam in die US-Haushalte. Die Pizza-Hersteller experimentierten kräftig drauflos: Tomaten wurden von Tomatensauce abgelöst, und geriebener Pizza-Käse setzte sich als alles fixierende Zutat am Ende durch. Weniger von Erfolg gekrönt waren Experimente wie Pizza mit gebackenen Kartoffeln und Sour-Cream oder süße Varianten mit Mozzarella, Zucker, Zimt und Bananen.8

Die Verbreitung von Tiefkühlgeräten trug massiv zur Ausbreitung von Tiefkühl-Pizza bei. Immer mehr Menschen wollten das schnelle, unkomplizierte Essen zu Hause genießen. Unternehmer wie Pep und Ron Simek freute das: Ab 1962 belieferten sie unter dem Namen Tombstone Bars Tankstellen und Tante-Emma-Läden mit ihren Tiefkühl-Pizzen. Das Unternehmen wuchs kräftig. Mitte der 80er besaßen die Simeks die größte Tiefkühl-Pizza-Fabrik in den USA und setzten mehr als 100 Millionen Dollar jährlich um, bis sie das Unternehmen an einen der weltgrößten Lebensmittelkonzerne, Kraft Foods, verkauften.9

Auch in Europa feierte der kalte Teigfladen ähnliche Erfolge. In Deutschland startete 1941 die Serienproduktion von Tiefkühltruhen für den Einzelhandel, 1955 wurde Tiefkühlkost erstmals auf der wichtigsten deutschen Nahrungsmittelmesse Anuga ausgestellt.10 Von da an ging es mit dem Tiefkühlkonsum bergauf: Verspeisten die Deutschen 1978 gerade einmal 13,7 Kilogramm Tiefkühlkost pro Jahr, so lag der Pro-Kopf-Konsum 2008 bei stolzen 39 Kilogramm.11 Die erste Tiefkühl-Pizza wurde 1970 von Dr. Oetker auf den deutschen Markt gebracht, heute buhlen mehrere große Anbieter um hungrige Käufer. Der Markt wächst rasant: Mit einem Plus von 83 Prozent übertraf das Segment Tiefkühl-Pizza zwischen 1998 und 2008 fast alle anderen Produktgruppen um Längen. Nach Tiefkühl-Fertiggerichten und Gemüse war die Tiefkühl-Pizza im deutschen Lebensmittelhandel 2008 die drittstärkste Tiefkühl-Produktgruppe. Und in Zahlen ausgedrückt: 2008 wanderten über 245000 Tonnen Tiefkühl-Pizza über das Laufband deutscher Supermarktkassen.12 Bei einem Pro-Kopf-Verzehr von neun Stück pro Jahr entspricht das rund 800 Millionen Stück gefrorener Teigfladen.13

Den Markt in Deutschland dominieren heute Dr. Oetker, Wagner und der Handelsmarken-Hersteller Freiberger, die auch im übrigen Europa stark vertreten sind. Der größte Tiefkühl-Pizza-Hersteller der Welt kommt laut eigenen Angaben aber aus der Schweiz: Mit dem Kauf der US-Tiefkühl-Pizza-Sparte vom Konkurrenten Kraft Foods im Jahr 2010 stieg der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern Nestlé auch zum größten Pizza-Bäcker der Welt auf, der mit Tiefkühl-Pizza weltweit mehr als 2,1 Milliarden Euro erlöst.14

Der globale Siegeszug der Tiefkühl-Pizza freut zwar die Nahrungsmittelkonzerne, in anderen Teilen der Welt verursacht er aber Magenschmerzen. Wohl auch angesichts der wachsenden Konkurrenz durch die Tiefkühlware gründeten Pizza-Bäcker und Pizza-Fans in Neapel 1984 die Associazone Verace Pizza Napoletana (Vereinigung Echte Pizza Napoletana), die heute Tausende Mitglieder auf der ganzen Welt hat. Ihr Ziel: Die neapolitanische Version einer dünnen, handgemachten Pizza mit wenigen erlesenen Zutaten zum Maßstab aller Dinge in der Pizza-Welt zu machen und so die Pizza-Kultur weltweit wieder zu verbessern. »Wir bekämpfen niemanden, wir wollen nur unsere alten Traditionen bekräftigen«, meinte Initiator Antonio Pace anlässlich der Gründung 1984. »Aber wir sind gegen die kulturelle und kommerzielle Deformation unserer Pizza und gegen ihre Industrialisierung. Tatsächlich haben ready-to-eat- und im Supermarkt verkaufte Tiefkühl-Pizzen nichts zu tun mit einer originalen Pizza.«15

Vom Sattmacher zum Dickmacher

Milliardenschwer und kräftig wachsend: Die Entwicklung des Tiefkühl-Pizza-Marktes steht beispielhaft für die gestiegene Bedeutung von industriell hergestellten Lebensmitteln für unsere Ernährung. 2007 machte die deutsche Ernährungsindustrie einen Umsatz von 146,8 Milliarden Euro.16 Damit ist sie der viertgrößte deutsche Gewerbezweig.

Doch was brachte uns eigentlich dazu, vermehrt zu den Produkten der Lebensmittelindustrie zu greifen? Früher war Essen ein gesellschaftliches Ereignis. Ein- bis zweimal am Tag versammelte sich die Großfamilie um den Tisch, nicht selten nach schwerer körperlicher Arbeit. Das Essen, oft aus dem eigenen Garten, kam in großen Schüsseln, Pfannen oder Töpfen auf den Tisch, das Portionieren übernahm meist die Köchin.

In Zeiten, in denen Arbeits- und Lebensraum meist getrennt sind, ist dies nicht mehr möglich. Zu Mittag essen wir schnell eine Kleinigkeit am Arbeitsplatz. Büromenschen verdrücken im Idealfall Salat, oft aber auch Mikrowellenessen vor dem Bildschirm. Arbeiter gönnen sich mittags schnell eine Wurst und ein Bier. Kommen wir abends müde nach Hause, fehlt uns meist die Lust zum Kochen: Wenig Mühe soll es machen, schnell soll es gehen – denn der Hauptabendfilm wartet. Zustell- oder Tiefkühl-Pizza, schnell was vom Asiaten, Würstchen oder ein Convenience-Gericht (fast immer mit Fleisch) sind die Lösungen.

Ab und zu ist das völlig befriedigend und auch gesundheitlich in Ordnung. Ernähren wir uns aber regelmäßig so, ergibt sich langfristig ein Problem: Wir verzichten auf Gesundes und Frisches, futtern stattdessen viel Fett, Salz, Zucker und Weizenmehl in uns hinein. Wir merken es kaum, sind wir doch meist vom Fernsehen abgelenkt und schauen nur kurz auf den Teller, wenn er leer ist. So überlassen wir der Lebensmittelindustrie oftmals nicht nur die Entscheidung, was wir essen – sondern auch, wie groß die Portion sein soll.

Ausgewogen ist diese Ernährung aber nur bei den allerwenigsten Konsumenten. In der Nationalen Verzehrsstudie II ließ das deutsche Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zwischen 2005 und 2007 eine der größten Untersuchungen im europäischen Raum zu diesem Thema durchführen. Rund 20000 Deutsche im Alter von 14 bis 80 Jahren wurden über ihre Ernährungsweisen befragt, teilweise gewogen, und ihr Gesundheitszustand wurde festgestellt. »Die Energiezufuhr der untersuchten Personen entspricht im Wesentlichen einer Energiezufuhr für niedrige körperliche Aktivität«, erklärt mir Mitautorin Carolin Krems vom Karlsruher Max Rubner-Institut (MRI). »Aber das Verhältnis der Hauptnährstoffe passt nicht.« Zusammenfassend könne man sagen: »Deutschland isst zu fett und nimmt gleichzeitig zu wenig Kohlenhydrate und Ballaststoffe im Vergleich zu den Empfehlungen zu sich.«

Betrachtet man die Details der Studie, spiegelt sich der verstärkte Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel auch in der Nährstoffbilanz der Untersuchten:

• Etwas weniger als die Hälfte der täglichen Energiezufuhr kommt aus Kohlenhydraten, davon stammt wiederum die Hälfte aus Mono- bzw. Disacchariden – also Zucker.

• Mit mehr als 30 Prozent liegt der Anteil von Fett an der Energiezufuhr bei beiden Geschlechtern oberhalb der empfohlenen Menge. Männer verzehren doppelt so viel Fleisch und Wurstwaren wie Frauen und weisen daher in allen Altersgruppen eine erhöhte Cholesterinzufuhr auf.

• Während viel Weißbrot, Fettes und Süßes gefuttert wird, ist man bei Gesundem eher nachlässig: 87,4 Prozent der Befragten essen weniger als die empfohlenen 400 Gramm Gemüse pro Tag, 59 Prozent erreichen nicht die empfohlenen 250 Gramm Obst täglich.

• Die Zufuhr an Ballaststoffen liegt sowohl bei Männern als auch Frauen unter der empfohlenen Menge von 30 Gramm pro Tag.

• Die Zufuhr von Natrium, Kalium, Magnesium und Zink liegt über den empfohlenen Werten – was unter anderem auf überhöhten Salzkonsum zurückzuführen ist.

• Gleichzeitig werden dem Körper zu wenig Vitamin D, Jod, Folsäure und (bei Frauen) Calcium zugeführt.17

Die Folge dieser Ernährung: Zwei Drittel aller deutschen Männer und 50,6 Prozent der Frauen sind übergewichtig. Mit diesem Problem ist Deutschland nicht allein. Laut WHO ist die Entwicklung in vielen Teilen der Welt ähnlich verlaufen: »Erhöhter Konsum von energiereicher, aber nährstoffarmer Ernährung mit hohen Anteilen von Zucker und gesättigten Fetten, kombiniert mit reduzierter körperlicher Aktivität, hat zu Fettleibigkeits-Raten18 geführt, die sich in Nord-Amerika, England, Osteuropa, dem Mittleren Osten, den Pazifischen Inseln, Australien und China seit 1980 mindestens verdreifacht haben«, schreibt die Behörde in einem Dokument zur Fettleibigkeit.19 Die Zunahme wäre in Schwellenländern oft größer als in Industrieländern. Steigende Einkommen und Verstädterung würden laut WHO dazu führen, dass Ernährung, die auf komplexen Kohlenhydraten basiert, durch höhere Anteile an gesättigten Fetten und Zucker ersetzt wird. Gleichzeitig gäbe es einen Wechsel hin zu körperlich weniger anstrengender Arbeit und der häufigeren Benutzung von Transportmitteln.

Fazit: »Die aufkeimende Epidemie [des Übergewichts] spiegelt die grundlegenden Änderungen in der Gesellschaft und im Verhaltensmuster von Gemeinschaften über Jahrzehnte wider«, meint die WHO: »Wirtschaftswachstum, Modernisierung, Verstädterung und Globalisierung der Märkte für Nahrungsmittel sind einige der Kräfte, die hinter dieser Epidemie stecken dürften.«20 Insgesamt schätzt die Behörde, dass weltweit mehr als eine Milliarde Menschen übergewichtig sind. Bei mindestens 300 Millionen davon wurde Fettleibigkeit festgestellt.21

Essen, das krank macht

Unterversorgung mit Nahrungsmitteln ist in Industriestaaten kaum noch bekannt. Während andernorts noch immer Millionen Menschen mangelernährt sind, futtern wir uns mit Produkten der Nahrungsmittelindustrie gemütlich den Zivilisationskrankheiten entgegen. Denn die moderne Ernährung macht uns nicht nur dick – auf Dauer macht sie viele von uns mit hoher Wahrscheinlichkeit auch krank.

»Fettleibigkeit und Übergewicht stellen einen starken Faktor für chronische Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Herz- und Gefäßkrankheiten, Bluthochdruck, Schlaganfall und bestimmte Formen von Krebs dar«, heißt es im WHO-Dokument zur Fettleibigkeit. Auch Probleme mit der Atmung, mit den Gelenken oder der Haut, ein erhöhtes Risiko für Unfruchtbarkeit, Gallensteine und Brust-, Darm-, Prostata-, Gebärmutter-, Nieren- und Gallenkrebs werden mit Übergewicht in Verbindung gebracht.22

Langfristig schadet unausgeglichene Ernährung nicht nur dem Körper: Studien zeigen, dass auch die Psyche negativ beeinflusst werden kann. 2009 vermeldeten britische Forscher, dass schlechtes Essen depressiv mache. Die Forscher vom University College London untersuchten 3500 Beamte, von denen sich ein Teil ausgewogen ernährte, der andere hingegen hauptsächlich zu Frittiertem, verarbeitetem Fleisch, fettreichen Milchprodukten und süßen Snacks griff.23 Ergebnis: Bei den Anhängern der schnellen Küche war das Depressionsrisiko um 58 Prozent höher als bei der Vergleichsgruppe.

Laut einer australischen Studie kann der dauerhafte Konsum von fetter Kost sogar negative Auswirkungen auf die Laune haben. 2009 führten Ernährungsforscher aus Adelaide mit 100 stark übergewichtigen Teilnehmern eine Diätkur durch. Ergebnis: Sowohl die Mitglieder der Gruppe, die auf Kohlenhydrate verzichtete, als auch jene, die auf Fett verzichtete, verloren durchschnittlich 14 Kilo. Aber: Nur bei den Fettvermeidern erwies sich die damit einhergehende Verbesserung der Laune auch als dauerhaft.24

Angesichts der zahlreichen negativen Folgen von schlechter Ernährung stellt sich mir die Frage: Warum essen wir dann weiter vor allem ungesunde Dinge? Die Antwort ist einfacher, als Sie denken: Weil es uns schmeckt – und kurzfristig glücklich macht. Gehirnforscher Micah Murray vom Universitätsspital Lausanne in der Schweiz stellte bei Tests fest, dass wir innerhalb von 200 Millisekunden den Nährwert einer Speise wahrnehmen.25 Bei Pizza oder Schokolade stellten die Forscher einen viel stärkeren Ausschlag im EEG fest als bei gesunden Lebensmitteln – unser Hirn fühlt sich also durch Fettes oder Süßes stärker belohnt als durch Gesundes. Beides ist in stark verarbeiteten Lebensmitteln häufig vertreten.

Der hohe Fettanteil lässt im Gehirn Abhängigkeiten entstehen, ist der US-Forscher John Hoebel von der Princeton University überzeugt.26 Er glaubt, in einer Studie an Mäusen 2003 bei Fettreduzierung ähnliche Entzugserscheinungen wie bei Nikotin- oder Morphinentzug beim Menschen festgestellt zu haben.27 Neurologin Ann Kelley von der Wisconsin Medical School unterstützt diese These: »Eine salzhaltige, süße und fette Nahrung hat Ratten auf diese Nahrungskomponenten süchtig gemacht.« 2010 bestätigten auch die US-Forscher Paul Kenny und Paul Johnson vom Scripps Research Institute die These anhand einer Fütterungsstudie: »Die Studie zeigt, dass übermäßiger Konsum von kalorienreicher Nahrung suchtähnliche Reaktionen im Gehirn auslösen und Junk-Food-Ratten in zwanghafte Esser verwandeln kann.«28 Als Grund vermuten die Forscher, dass mit dem Schlemmen eine Woge des Glückshormons Dopamin das Gehirn durchspüle. Eine Umstellung der Ernährung fällt daher schwer: Nachdem die Forscher die Ratten mit Würsten, Kuchen und Speck gemästet hatten, strichen sie das fette Essen und setzten die Tiere auf eine Salat- und Gemüsekost. Den Tieren passte das gar nicht: Sie hungerten daraufhin lieber.

Junk Food, wie ungesundes Essen oft genannt wird, scheint uns kurzfristig glücklich zu machen. Langfristig belastet die einseitige Ernährung mit schlechtem Essen aber nicht nur die körperliche und geistige Gesundheit jedes Einzelnen, sondern auch die knappen Staatskassen. Denn die Therapie all der angeführten Krankheiten und Probleme – sofern es überhaupt eine gibt – kostet viel Geld. »Fettleibigkeit verursacht zwischen zwei und sechs Prozent der gesamten Gesundheitskosten in manchen Industrieländern«, schätzt die WHO.29 Eine Hochrechnung auf die EU-25 auf Basis der Wirtschaftsleistung von 2005 ergab Kosten in Höhe von 40,5 Milliarden Euro jährlich. Rechnet man die durch Übergewicht verursachten Krankheitskosten hinzu, erhöht sich die Summe auf 81 Milliarden Euro pro Jahr.30

Diese Kosten tragen aber nicht die Hersteller von fettem und ungesundem Essen; auch nicht die Konsumenten, die übermäßig viel davon zu sich nehmen. Tragen müssen diese Kosten wir alle, die Steuerzahler. »Externe Effekte« nennt das die Volkswirtschaftslehre, wenn Verhaltensweisen Kosten verursachen, die jemand anderer zu tragen hat. Wie wir noch sehen werden,wird die Produktion unserer Nahrungsmittel durch viele unterschiedliche Ausprägungen dieser Effekte beeinflusst. Erste Überlegungen, diese Entwicklung zu korrigieren, gibt es bereits. Doch Bestrebungen von Ländern wie Rumänien oder Taiwan, auf ungesundes Essen eine Art »Fast-Food-Steuer« zu erheben, sind derzeit wohl eher auf die Suche nach Einnahmequellen für angespannte Budgets als auf den politischen Willen zurückzuführen, dass wir alle künftig weniger Tiefkühl-Pizzen verzehren und uns gesünder ernähren.

Auswirkungen auf die Landwirtschaft

Kein Mensch würde von sich behaupten, sich absichtlich schlecht zu ernähren. In erster Linie wollen wir leckere Dinge essen, die nicht zu viel kosten. Auch schnell soll es gehen, der Zubereitungsaufwand gering sein. Wir sind eine Fast-Food-Generation, die unter Zeitdruck rasch ihren Hunger stillt – wenn möglich mit etwas Gesundem. »Essen verliert an Wertschätzung im Vergleich zu anderen Aktivitäten«, sagten die Marktforscher der Agentur Rheingold 2009 voraus. Die Tagesabläufe würden immer fragmentierter, Snacks würden die festen Mahlzeiten zunehmend ersetzen.31

Diese Trends werden die Bedeutung der Lebensmittelindustrie für unsere Ernährung weiter steigern. Vor allem die großen Konzerne werden davon profitieren: Nestlé, Kraft Foods, Unilever und Co. stecken jährlich viele Millionen in die Entwicklung neuer Produkte, die diesen Trends Rechnung tragen. Wer nicht mit Innovationen im Regal punktet, droht auf der Strecke zu bleiben.

Die Landwirtschaft als Rohstoffproduzent sieht sich damit einer immer größer werdenden Marktmacht der Konzerne gegenüber, die in den Händen weniger Einkäufer konzentriert ist. Weil wir Konsumenten für Essen immer weniger ausgeben wollen, ist die internationale Suche nach billigeren Rohstoffen der verbleibende Weg, um die Gewinnerwartungen der Konzernlenker und ihrer Anleger an den Börsen einigermaßen zu erfüllen.

Wenn sich auch die Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft international unterscheiden, so sind doch die Produkte dieselben. Mais, Weizen, Soja, Schweine- und Geflügelfleisch: Die internationalen Rohstoffbörsen und die großen Händler geben die Qualität vor, damit Bauern weltweit die wenigen standardisierten Grundbausteine für die Erzeugung unserer Nahrung liefern.

Regionale Sorten, kleinteilige Strukturen und die Adaption an lokale Geschmäcker sind in der industriellen Herstellung meist wenig gefragt, Uniformität lautet das Schlagwort: Denn je größer die gekauften Mengen, je konstanter die Fließbänder rennen, desto größer sind in der Industrie die sogenannten Economies of Scale, also das Einsparpotential der Größe. Heißt: Wer in größeren Mengen einkauft, kann niedrigere Preise zahlen und größere Gewinne erzielen.

Rund um die Welt wird daher auch in der Landwirtschaft daran gearbeitet, die Unsicherheiten der Natur auszuschalten und eine konstant hohe Qualität der Nahrungsprodukte zu garantieren. Zwar lässt die Natur große und kleine, dicke und dünne Kartoffeln wachsen – doch bei McDonald’s sollen mindestens zwei Drittel der Pommes in der Tüte gleich lang sein. Der Hang zur Vereinheitlichung begünstigt naturgemäß Riesenfarmen und Monokulturen: Lieber ein zentraler Lieferant mit konstanter Qualität als zehn Bauern mit unterschiedlichen Kartoffelsorten. Reichen die verfügbaren Mengen nicht aus, kommt der Lieferant eben aus dem Nachbarland. Ist dessen Preis nicht günstig genug, vielleicht gar vom anderen Ende der Welt.

Preisverfall bei den Transportkosten und politische Entscheidungen, die Zölle und Einfuhrbeschränkungen abzubauen, um durch verstärkten Handel die Wirtschaft zu beleben, machen dies möglich. Indirekt wird daher die Milchfarm in Neuseeland zum Konkurrenten des bayrischen Almbauern, und der Getreidebauer aus dem Alpenvorland erhält den gleichen Weltmarktpreis wie sein Kollege in Russland.

»Der internationale Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen wird zunehmend in globalen Ketten organisiert, bei denen nur mehr einige wenige transnationale Großaufkäufer (Handelsgesellschaften, industrielle Verarbeiter und Unternehmen, die sich auch in der Erzeugung betätigen) die Märkte beherrschen«, heißt es dazu im 2008 veröffentlichten Weltagrarbericht.32 Weltweit haben 400 Experten für den von der UN-Wissenschaftsorganisation UNESCO und der Weltbank initiierten Weltagrarrat die Lage der globalen Landwirtschaft untersucht. Für die Bauern fiel das Ergebnis nicht sehr positiv aus: »In diesen globalisierten Strukturen können die eigentlichen Produzenten oft nur einen kleinen Anteil des internationalen Preises eines Massenguts ergattern«, schreiben die Forscher, »deshalb hat sich ein Einfügen in globale Nachschubketten für Lebensmittel alles andere als optimal auf Armutsminderung und die Entwicklung ländlicher Räume ausgewirkt.«

Der globale Handel mit austauschbaren Agrargütern setzt Bauern in Konkurrenz, die unter oftmals total unterschiedlichen Bedingungen wirtschaften: Zum einen haben sie unterschiedliche natürliche Voraussetzungen wie Boden oder Klima, sie brauchen unterschiedlich viel Geld zum Leben, und sie erhalten unterschiedlich hohe finanzielle Förderung von der Politik: Kleinbauern in Europa klagen über die Billigmilch aus Neuseeland, mexikanische Bauern klagen über die subventionierten Maispreise in den USA. Und alle klagen über die mangelnde Verhandlungsmacht den großen Abnehmern gegenüber.

Im Endeffekt hängt die Landwirtschaft aber massiv von der Politik ab, die die Rahmenbedingungen für das Bewirtschaften der Felder und Höfe vorgibt. Die Politik regelt, wie viel Förderungen die Bauern erhalten, wie hoch ihre (meist recht geringe) Steuerlast ausfällt, mit welcher ausländischen Billigkonkurrenz sie es zu tun bekommen. Die politischen Machthaber müssen sich dabei entscheiden: Halten sie sich strikt an die schon im 19. Jahrhundert von David Ricardo – einem bedeutenden Ökonomen und einem der ersten Kämpfer für freien Handel – aufgestellte Idee, müssten die Industrieländer von heute auf morgen ihre Landwirtschaft aufgeben: Laut der Theorie der komparativen Kostenvorteile sollte jenes Land ein Gut erzeugen, das es am günstigsten produziert. Die anderen Länder sollten in anderen Produktgruppen dasselbe machen. Dadurch, dass beispielsweise Deutschland Nahrungsmittel billiger importiert als selbst erzeugt, könnte es zum Beispiel die frei werdenden Kapazitäten für die effiziente Produktion von noch mehr Autos einsetzen und diese günstig exportieren. Der weltweite Nutzen wird so maximiert.

So weit die Theorie, doch in der Praxis müssen wir uns die Frage stellen: Wollen wir die weitgehende Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln aufgeben und uns von Ländern mit fragwürdigen politischen Strukturen und globalen Konzernen mit Gewinnmaximierungsabsichten abhängig machen? Die Politik ist bemüht, einen Mittelweg zu finden, doch auch der verursacht zahlreiche Probleme. Der zunehmende Abbau von Beihilfen und die zunehmende Heranführung der Landwirtschaft an die Marktgegebenheiten werden wohl nur zwei Gewinner sehen: große Betriebe, die immer größer werden, und Spezialisten, die sich immer besser verkaufen.

Über die erste Gruppe werde ich später noch schreiben, zu den Spezialisten hier noch ein Gedankengang: Konsumenten, die regionale Lebensmittel essen, keine Chemie auf ihrem Obst haben möchten und auch ethisch bewusst leben wollen, gab es wohl schon immer. Seit den 1980ern wurde daraus eine kleine Bewegung, die immer erfolgreicher wird: Bio lautet das Schlagwort, und der Erfolg könnte gleichzeitig sein Untergang werden. Weil immer mehr Menschen Bio kaufen, gibt es zu wenige lokale Lieferanten.

Die Handelskonzerne wollen auf das gute Geschäft nicht verzichten – und suchen sich in fernen Ländern wie China Hersteller von Bioäpfeln. Die kauft der europäische Konsument dann im Supermarkt, um sein Umweltgewissen zu beruhigen, zu deutlich höheren Preisen. Die Absurdität der gesamten Entwicklung: In den 1960ern gab man Geld aus, damit man moderne, verarbeitete Lebensmittel bekam, die modernen Ernährungsgewohnheiten entsprachen. Die Lebensmittelindustrie half gerne. Heute greift jeder, der es sich leisten kann, zu Bioprodukten – und zahlt gutes Geld dafür, dass die Produkte wieder so unbearbeitet sind wie vor hundert Jahren.

ZUTATEN FÜR EINEN ERFOLG

Was steckt in meiner Tiefkühl-Pizza?

Wie werden Nahrungsmittel heute hergestellt? Als Journalist erhielt ich im Laufe der Zeit einige Einladungen zu Betriebsbesichtigungen und kann mir zu der Frage heute einigermaßen ein Bild machen. Dieses Bild möchte ich mit Ihnen teilen. Generell kann man sagen, man braucht einige standardisierte Rohstoffe, eine automatisierte Produktion, eine Prise Chemie und viel Werbung.

Als ich mir zum ersten Mal diese Frage stellte, aß ich gerade eine Tiefkühl-Pizza und dachte vor allem an die zahlreichen negativen Gesundheitsaspekte, die dem industrialisierten Essen zugeschrieben werden. Um zu erfahren, was in meiner Tiefkühl-Pizza steckte, fischte ich die Verpackung meiner Salami-Pizza aus dem Altpapier.

Zuerst studierte ich den Nährstoffgehalt: Ich hatte mit dieser Pizza 40 Prozent meines täglichen Kalorienbedarfs, 76 Prozent der empfohlenen Menge an gesättigten Fettsäuren und sogar 112 Prozent meines täglichen Natriumbedarfs konsumiert, während ich vor dem Fernseher saß. Noch eine Tüte Chips hinzu, und der Salzgehalt in meinen Adern hätte mit dem Wasser im Toten Meer konkurrieren können.

Auf der Rückseite der Verpackung fand ich kleingedruckt die Zutatenliste:

• Weizenmehl

• 20 Prozent zerkleinerte Tomaten

• Wasser

• 12 Prozent Salami

• 7,5 Prozent schnittfester Mozzarella

• 7,5 Prozent Edamer

• jodiertes Speisesalz

• pflanzliches Öl

• Olivenöl nativ extra

• modifizierte Stärke

• Backhefe

• Gewürze: Oregano, Basilikum, Petersilie, Knoblauch, Rosmarin

• Laktose

• Maltodextrin

14 Zutaten für eine kühle Pizza. Ich überlegte: Woher kamen all die Zutaten? Wohl kaum von Bauern aus der Region. Der PizzaHersteller musste eine Reihe von Zulieferern haben. Ganz sicher eine große Mühle, einen Produzenten von Tomatenmark, einen Hersteller von Wurstwaren, eine Käserei. Auch woher Salz, Öl, Hefe, Gewürze kommen, konnte ich mir noch vorstellen. Doch wer produzierte modifizierte Stärke, Laktose, Maltodextrin? Was war das überhaupt? Das klang doch alles sehr chemisch. Ich hatte keine Ahnung von ihren Eigenschaften und ihrer Funktion in meiner Pizza. Also beschloss ich, mehr darüber herauszufinden.

Die Industrie braucht Chemie

Modifizierte Stärke, Laktose, Maltodextrin und viele andere chemische Zusatzstoffe machen die Produktion von Nahrung am Fließband sowie deren Vertrieb über die Supermärkte erst möglich.

Um die Natur auszutricksen, dürfen heute rund 320 verschie Alle zugelassenen Stoffe wurden mit einer E-Nummer (E für essbar/edible) versehen; was dahintersteckt, bleibt für Konsumenten meist ein Rätsel.