Impressum
© 1976/2015 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
ISBN: 978-3-95439-431-9
Internet: www.vpm.de und E-Mail: info@vpm.de

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

1.

Es war immer der gleiche Rhythmus, der den schwarzen Bug von „Eiliger Drache über den Wassern“ leicht und schwankend aus der See hob, ihn sanft wieder ins nasse Element zurücksetzte und das Spiel von Wind und Wellen wiederholte.

Das schwarze Schiff segelte über Backbordbug, und mit jedem Heben und Senken des Bugs näherte es sich dem Reich des Großen Chan.

Nur noch ein paar Tage würde es so weitersegeln, dann war das Land erreicht, jenes Land in dem Siri-Tong, die Rote Korsarin, geboren war.

Die Frau mit den schwarzen, leicht geschlitzten Mandelaugen, aus denen eine tiefe Sehnsucht sprach, stand auf dem Achterdeck des schwarzen Schiffes. Ihr entrückter Blick suchte den fernen Horizont, suchte, vielleicht auch unbewußt, die vertrauten Umrisse der „Isabella VIII.“, die so weit voraussegelte, daß sie nicht mehr zu sehen war.

Das Reich des Großen Chan! Shanghai, die Stadt, die von buntem Leben erfüllt war, geheimnisvoll, drohend und doch so vertraut.

Jahre waren vergangen, lange Jahre, seit die Rote Korsarin ihre Heimat verlassen hatte.

Was mochte inzwischen alles geschehen sein, was hatte sich verändert, wie sah es heute dort aus?

Siri-Tong lehnte sich leicht auf die Schmuckbalustrade, bis ihre kleinen festen Brüste das Holz berührten. Das Gluckern des Wassers, das der Bug zerteilte, erreichte ihre Ohren nicht. Sie vernahm weder das Rauschen des Windes noch das Knarren der Blöcke oder das tiefe Seufzen des Schiffes, wenn es in die See tauchte.

Ein seltsames Gefühl erfaßte die Rote Korsarin. Sie kehrte heim, nach langen Jahren, getrieben von Sehnsucht und Unrast, mit jenem beklemmenden Gefühl im Herzen, wie es nur ein Mensch verspürte, der erwartungsvoll nach Vertrautem ausspäht und es nicht mehr erwarten kann, den Boden seiner Heimat zu küssen.

Ob ihre Mutter noch lebte? Ob sie ihr verziehen hatte, als sie Hals über Kopf Shanghai verlassen hatte? Würde man sie für den Tod Féi Lins zur Rechenschaft ziehen, weil der schmierige Kerl sie entehren wollte und er sich, nach einem harten Schlag von ihr, an einem Bambustisch das Genick gebrochen hatte?

Tausend Fragen stürmten auf Siri-Tong ein, bange Fragen, auf die sie keine Antwort fand.

Jetzt schrieb man das Jahr 1584, und in den Zaubergärten des Großen Chan würde wie immer um diese Jahreszeit der Lotos blühen.

Fast neun Jahre waren seitdem vergangen, und diese Zeit hatte die Rote Korsarin geprägt.

Aus dem jungen Mädchen war eine bildhübsche Frau geworden, geachtet bei ihren Freunden, gefürchtet und gehaßt bei ihren Feinden. Ihr Name war in der Karibischen See zu einem Begriff geworden. Man kannte sie von Cayman bis Tortuga, von den Inseln unter dem Winde bis weit hinunter nach Südamerika, und inzwischen hatte es sich bestimmt herumgesprochen, daß sie mit „Eiliger Drache über den Wassern“ unterwegs ins Reich des Großen Chan war.

So etwas wurde schnell bekannt, obwohl die Schiffe mitunter Jahre brauchten, um die Kunde zu verbreiten. Es sprach sich herum, und jeder dichtete etwas hinzu. So war es nicht nur schlicht und einfach die Rote Korsarin, die hier aufkreuzte, sondern ein Weib, das das Blut vom Säbel leckte, das über ein unverwundbares Schiff verfügte, das keine Gnade kannte, das unbezwingbar war, das in die tiefsten Schlünde der Hölle fuhr, um dem Teufel ein Ohr abzusegeln.

Ja, sie war hart geworden die Rote Korsarin, verteufelt hart, aber dennoch war sie eine Frau geblieben, eine Frau mit menschlichen Schwächen und Sehnsüchten, eine zärtliche Geliebte und auch eine wilde und reißende Korsarin.

Die bunten Gestalten an Deck sahen ihren verträumten, fast weltentrückten Blick, und sie räusperten sich die Kehlen frei, denn auch sie wußten nicht, was sie im Reich des Großen Chan erwartete.

Sicher, sie brachten die Mumie des toten Kapitäns zurück, des Mandarins, der schon zu Lebzeiten zu einer Legende geworden war, hatte er doch als erster immerhin die Reise ins Endlose gewagt, eine Reise, die bis ans Ende der Welt gehen sollte.

Der legendäre Mandarin wurde wie ein Gott verehrt, und mit der Rückgabe seiner gesalbten Leiche hoffte Siri-Tong, sich die Freiheit zu erkaufen.

Doch bis dahin war es noch ein langer Weg.

Am Ruder stand der Boston-Mann, ein schwarzhaariger von der Sonne dunkel gebräunter Mann mit einem kühnen Gesicht, an dessen linkem Ohr ein großer goldener Ring baumelte, dem an der rechten Hand der Daumen fehlte und der ein rotes Kopftuch und eine rote Schärpe über dem Hemd trug.

Die Rote Korsarin wandte sich ihm ruckhaft zu. Das Verträumte war aus ihrem Gesicht gewichen, sie kehrte wieder in die Wirklichkeit zurück.

„Gib mir die Karte, Boston-Mann“, sagte sie. „Juan wird dich ablösen. Wir wollen unsere Position bestimmen.“

Der schweigsame Boston-Mann nickte. Aus der Truhe, die an Deck stand, holte er jene geheimnisvolle Karte hervor, die keiner an Bord lesen konnte, weil sie mit unverständlichen Schriftzeichen bedeckt war. Nur die Rote Korsarin und der Wikinger Thorfin Njal verstanden sich darauf, diese Zeichen zu entziffern.

Der Boston Mann wurde von dem bulligen vierschrötigen Juan abgelöst. Vom Vorschiff kam der Wikinger, der in rauchgraue Felle gehüllte riesige Nordmann.

Siri-Tong breitete die Karte aus. Sie kniete sich auf die Planken, strich die Seekarte glatt und deutete mit dem Finger darauf.

„Wir befinden uns annähernd eine Tagesreise von dieser Insel entfernt, grob geschätzt natürlich. Der Seewolf wird sie inzwischen erreicht haben, Proviant und Wasser nehmen und dort auf uns warten. In etwa zwanzig Stunden haben wir ihn eingeholt.“

Thorfin Njal warf einen langen Blick auf die Karte, ehe er sich der Roten Korsarin zuwandte. Sein Gesicht war ernst und verschlossen.

„Ein wildfremdes Meer“, sagte er leise. „Man sieht ab und zu fremde Menschen und unbekannte Schiffe. Und doch sind die Spanier auch schon lange hier. Sie scheinen sich auf der ganzen Welt ausgebreitet zu haben.“

Siri-Tong gab keine Antwort. Ihr Blick war auf den Großmars gerichtet, in dessen Ausguck Jonny hockte, der jüngste Mann an Bord, ein Kreole, der Sohn eines Negersklaven aus Sierra Leone.

Er renkte sich fast den Hals aus, blickte immer wieder zum achteren Horizont und kniff die kohlschwarzen Augen zusammen.

„Ein Schiff, Madam!“ brüllte er laut. „Es läuft genau achternaus hinter uns her!“

Da der Kreole taub war, begnügte sich die Rote Korsarin mit einem Kopfnicken und dem leichten Heben der rechten Hand zum Zeichen, daß sie verstanden hatte.

Weit hinter ihnen, an der Kimm, war tatsächlich undeutlich der Schattenriß eines anderen Schiffes zu erkennen. Es konnte ein Drei- oder Viermaster sein, wie die Korsarin feststellte. Genau ließ sich das jedoch noch nicht erkennen, dafür war die Entfernung noch zu groß.

Ohne ein Wort zu verlieren, griff sie nach dem Spektiv, setzte es an die Augen und blickte lange hindurch.

Thorfin sah, wie ihr hübscher Mund schmal wurde, wie sich ihre Stirn leicht umwölkte und ihre Augen eine noch dunklere Färbung annahmen.

Etwas begriffstutzig sah er sie an.

„Was ist mit dir, Mädchen? Was ist das für ein Schiff?“

Der Wikinger erhielt keine Antwort. Siri-Tong reichte ihm lediglich das Spektiv und beobachtete ihn, als er durch das Glas blickte.

Als Thorfin Njal es absetzte, hob er hilflos die Schultern.

„Es sieht fast wie das Drachenschiff aus“, sagte er. „Eine zufällige Ähnlichkeit!“

„Es ist das Drachenschiff“, erwiderte Siri-Tong leidenschaftslos. „Es hat drei versetzte Masten und in seinem Großmast weht die Flagge des Drachen. Ich habe sie deutlich gesehen.“

Thorfin kratzte nachdenklich seinen rötlichgrauen Bart.

„Aber – Es kann noch nicht hier sein“, murmelte er, „ausgeschlossen, es wurde damals so zusammengeschossen, daß es eine Weile braucht, um uns einzuholen.“

Die Rote Korsarin gab sich kühl und beherrscht. Aber dem Wikinger entging das nervöse Flackern in ihren Augenlidern dennoch nicht. Auch in ihren Pupillen glaubte er kleine goldene Punkte zu erkennen, ein sicheres Zeichen, daß die Korsarin innerlich aufgewühlt war.

„Wir irren uns bestimmt“, sagte er.

„Es ist kein Irrtum, Thorfin“, widersprach sie fest. „Wir haben das Eisland umsegelt, lagen lange Zeit dort fest und mußten uns den Weg mühsam nach Norden bahnen, über die Insel der Steinernen Riesen bis zu dem Eiland der Drachen. Bedenke diesen langen Weg. Das Drachenschiff hat vermutlich den Kurs durch die Magellanstraße genommen und ist auf geradem Weg zum Land des Großen Chan weitergesegelt.“

„Dann wird sich gleich die Hölle auftun“, sagte Thorfin düster. „Diese schlitzäugigen gelben Burschen haben es auf die Mumie abgesehen, und sie werden alles dransetzen, um in ihren Besitz zu gelangen. Sie werden mit Brandsätzen auf uns feuern.“

Statt einer Antwort blickte die Rote Korsarin wieder durch das Spektiv. Ihre Augen waren jetzt ganz schmal. Sehr langsam wandte sie sich ihrem nordischen Partner zu.

„Ich glaube nicht, daß sie es riskieren und Brandsätze auf uns abfeuern“, sagte sie. „Wenn sie die Mumie haben wollen, müssen sie entern. Was nutzt ihnen ein brennendes Schiff? Laß alles in Gefechtsbereitschaft versetzen, Boston-Mann!“

„Aye, aye, Madam!“

Während der Boston-Mann den Befehl der Roten Korsarin weitergab, blickte Siri-Tong wieder zum Horizont. Nein, sie hatte keine Angst vor dem Drachenschiff, aber sie fühlte sich auch längst nicht mehr so frei und unbeschwert wie noch vor einigen Stunden.

Der Boston-Mann und Bill, the Deadhead, trieben die Crew mit wilden Flüchen an, weil ihnen die Vorbereitungen zu langsam gingen und ihnen außerdem der Schreck in den Knochen saß, als sie hörten, wer ihnen am Horizont folgte.

Im Spektiv war die lange Fahne am Großmast jetzt deutlich zu erkennen, und damit war auch der letzte Zweifel ausgeräumt, um welches Schiff es sich handelte.

Schwarz und unheimlich segelte es heran. Mit seinen schwarzen Segeln ähnelte es entfernt „Eiliger Drache über den Wassern“.

„Sollen sie nur kommen“, brüllte der Portugiese Pedro Ortiz, an Bord Pedro ohne Tagen genannt, der alles versprach, aber nie etwas hielt. „Denen werden wir es zeigen, in Grund und Boden werden wir diese gelbe Brut stampfen, und verdammt will ich sein, wenn ich den Kapitän nicht eigenhändig in der Luft zerreiße!“

„Halt dein loses Maul und arbeite lieber“, fuhr ihn der Boston-Mann an. „Das gilt auch für die anderen. Später könnt ihr die Mäuler aufreißen, wenn es hart auf hart geht. Aber euch Kneipenhockern flattern ja schon vorher die Hosen.“

Niemand muckte auf. Die rauhen Gesellen bedachten den Boston-Mann lediglich mit giftigen Blicken, denn sie kannten ihn. Der Kerl war härter als Eisen, geschmeidiger als eine Raubkatze und flinker als ein angriffslustiger Hai. Niemand verspürte Lust, sich mit ihm anzulegen. Die wenigen, die es getan hatten, fuhren längst nicht mehr auf dem Schwarzen Segler. Sie hatten die irdischen Meere hinter sich gelassen und lagen auf Höllenkurs.

Das Drachenschiff war jetzt deutlich mit bloßem Auge zu erkennen. Sein Bug tauchte scharf in die See, erhob sich wild und rückte unter der Last seiner prallgefüllten Segel rasch näher.

Die zwölf Kanonen auf der Steuerbordseite waren geladen. Auf Backbord wurde noch klariert. Der Wikinger selbst kümmerte sich um die Bronzegestelle auf dem Vor- und Achterkastell, mit deren Hilfe man die unheimlich wirkenden Brandsätze verschießen konnte.

Diego Valeras, ein enger Freund Pedro sin obras, verteilte Musketen, Schiffshauer und Enterbeile an die Männer. Barry Winston lud die Waffen, stopfte die Bleikugeln in die Läufe und rammte sie fest.

Vom Achterkastell aus überwachte Siri-Tong die Arbeiten. Ab und zu warf sie einen Blick achteraus, und immer wieder zuckte sie unwillkürlich zusammen, wenn sie die in schwarzes Tuch gehüllten Gestalten auf dem Drachenschiff sah. Stumm und drohend lehnten sie am Schanzkleid – wie Tote, die sich nicht rührten, wie unheilvolle Geister aus einer anderen Welt.

Der Anblick der stummen Gestalten erinnerte die Korsarin an die erste Begegnung mit dem Drachenschiff, als sie die Karavelle mit den roten Segeln verloren hatte. Auch damals hatten die unheimlichen Kerle nur stumm herübergeblickt und zur Warnung zwei Brandsätze über ihr Schiff gefeuert.

Bei der zweiten Begegnung wollten sie die Mumie rauben, die sich noch immer an Bord von „Eiliger Drache über den Wassern“ befand. Durch den schnellen Entschluß des Seewolfs war auch dieser Versuch fehlgeschlagen.

Jetzt erschienen sie zum dritten Male, und diesmal würden sie ganz sicher nicht nachgeben.

„Sie segeln schneller als wir“, sagte der Wikinger. „Wir haben den letzten Fetzen Leinwand gesetzt, aber sie holen uns ein.“

„Sind alle Geschütze feuerbereit?“ fragte Siri-Tong. „Sind die Brandsätze in den Halterungen fest?“

„Ja, alles ist in Ordnung. Wollen wir das Feuer eröffnen, wenn sie dicht genug heran sind?“

Siri-Tong hatte diese Möglichkeit eines blitzschnellen Angriffs schon lange erwogen, aber jetzt schüttelte sie den Kopf, so daß ihre schwarzen Haare wild hin und her flogen.

„Nein, Thorfin“, sagte sie bestimmt. „Wir feuern erst, wenn sich Anzeichen ergeben, daß sie entern wollen, oder falls sie uns zum Stoppen auffordern.“

„Dann könnte es zu spät sein“, meinte Thorfin. „Angriff ist immer noch die beste Verteidigung. Wir haben nicht viel zu verlieren, und die Kerle werden nicht lange fackeln.“

„Wir haben eine Menge zu verlieren, Thorfin, viel mehr, als du glaubst. Denkst du, ich möchte ohne den Mandarin nach Hause zurückkehren? Man würde mir dort sofort den Prozeß machen, aber mit der Übergabe der Mumie besteht die Möglichkeit, daß ich mich freikaufe.“ Der Wikinger schwieg, er kannte die Einstellung der Roten Korsarin. Eine Diskussion darüber erübrigte sich, sie würde am Ende doch wieder ihren hübschen Kopf durchsetzen.

Er drehte sich um und starrte zu dem Drachenschiff. Die schwarze, gelb eingefaßte lange Fahne mit dem Ungeheuer darauf, flatterte wild im Wind. Ebenso sah man am Untersegel des Großmastes überdeutlich den in blauer Farbe eingewebten Drachen, der so aussah, als würde er schreckliche Worte auf die See hinausbrüllen. Zornig und fauchend hatte ihn das starke Segel zu einem wilden Ungeheuer aufgebläht.

Das Drachenschiff schien über das Wasser zu schweben, so schnell rückte es näher. Als sei es mit dem Satan persönlich im Bunde, segelte es halb über den Wellen, um sich auf das nächstbeste Schiff zu stürzen. Es kam von Steuerbord achtern auf und würde in kurzer Zeit auf Parallelkurs mit „Eiliger Drache“ liegen.

Die Rote Korsarin erkannte nicht, ob man auf dem Drachenschiff feuerbereit war. Die in schwarzes Tuch gehüllten Gestalten an dem Schanzkleid rührten sich noch immer nicht, wie erstarrt standen sie da. Man sah ihre Gesichter mit den herabhängenden Lippenbärten jetzt ganz deutlich, und man erkannte die schwarzlackierten Zöpfe, die von ihren Hinterköpfen baumelten.

Während sie alle nach achtern blickten, taten die Männer so unbekümmert, als sei nichts geschehen. Jeder versuchte krampfhaft zu verbergen, daß sich das Schiff in höchster Alarmbereitschaft befand. Die schweren Fünfundzwanziger waren geladen, an Deck hatte man Sand gestreut, Wasserpfützen standen herum, und Lunten lagen neben den Bronzebecken, in denen Holzkohle schwelte.

„Die sehen aus wie die Teufel persönlich“, sagte Hilo, ein schlanker, fast dünn wirkender Neger mit einem durchdringenden Blick in den kohlschwarzen Augen. „Ich wette, daß die Kerle irgendeine Teufelei gegen uns aushecken.“

„Denen werden wir jetzt ständig begegnen, diesen Fratzen mit ihren Bärten und Zöpfen“, sagte Mike Kaibuk. „Und dieses fremde Land wird verdammt unser Untergang sein. Mir ist es schon vor der Küste nicht geheuer.“

Ein paar andere wie Muddie und Diego Valeros murmelten Zustimmung. Ihnen war es schon lange nicht mehr geheuer. Sie hatten Angst, denn dieses fremde Land, dem sie entgegensegelten, würde eine Menge höllischer Überraschungen für sie bereit halten, das ahnten sie.

Die Nerven der Männer waren zum Zerreißen gespannt, als sich das Drachenschiff in einem Abstand von knapp fünfzig Yards auf gleiche Höhe schob. Immer wieder griffen sie nach ihren Musketen, blickten in die kalten abweisenden Gesichter der anderen und erwarteten jeden Augenblick, daß sich etwas Entscheidendes anbahnte.

Siri-Tong stand unbeweglich auf dem Achterkastell. Sie sah in die grausamen Augen Li-Chengs, des Kapitäns, der sie höhnisch und überlegen musterte. Neben ihm lehnte die ausgemergelte Gestalt des alten Chronisten an der Schmuckbalustrade, jenes Mannes, der die Mumie des Mandarin versteckt und die Reise ins Endlose von „Eiliger Drache über den Wassern“ schriftlich fixiert hatte.

Sie hatten Siri-Tong dem „Rauch der Wahrheit“ ausgesetzt, und unter der Wirkung dieser Droge hatte sie bereitwillig alles ausgeplaudert. Li-Cheng wußte, wo sich die Mumie des toten Kapitäns befand, und er wußte auch, was sie damit vorhatte.

Dennoch unternahm er nichts weiter als stumm herüberzublicken. Das beunruhigte die Rote Korsarin mehr als alles andere. Sie wußte nicht, was er plante, aber sie fühlte, daß bald etwas Furchtbares geschehen würde.