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Buch

Ob mit Smartphone, dem Tablet oder am Computer: Täglich gehen wir ins Internet und bestellen, abonnieren und schreiben, was uns gefällt. Dabei bemerken wir oft gar nicht, dass das Netz kein rechtsfreier Raum ist, sondern auch hier konkrete Regeln und Gesetze gelten. Meist wird dies einem erst klar, wenn ein Problem auftaucht: Betrugsversuche, Abofallen, Datenmissbrauch. Dabei gilt auch hier: Wer seine Rechte kennt, ist klar im Vorteil.

Autor

Rainer Dresen ist Rechtsanwalt, Verlagsjustiziar, Fachautor und Dozent für viele Rechtsthemen rund ums Buch. Als Kolumnist eines Branchenmagazins schreibt er über Interessantes und Kurioses aus der Verlagsszene.

Rainer Dresen

mit Maria Maué

Mein Recht
im Internet

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1. Auflage

Originalausgabe Mai 2018

Copyright © Wilhelm Goldmann, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Uno Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: GettyImages/Cultura/Tiina & Geir

Redaktion: Hendrik Heisterberg

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

JE ∙ Herstellung: IH

ISBN 978-3-641-20498-3
V001

www.goldmann-verlag.de

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Für Andrea, Ricarda und Tim

INHALTSVERZEICHNIS

KAPITEL 1
PERSÖNLICHKEITSRECHTE UND DATENSCHUTZ

Fotos von der Party – Persönlichkeitsrechte im Netz

Meine Daten gehören mir – Datenschutz in sozialen Netzwerken

Datenschutz für alle, überall

Bewertungsportale – Ärzte, Lehrer, Hotels

Spielen im öffentlichen Raum am Beispiel Pokémon Go

Umgang mit »Hate-Speech« – Account-Sperren in sozialen Netzwerken

KAPITEL 2
URHEBERRECHTE UND MARKENRECHTE

Fremde Texte in eigenen Beiträgen

Mein Tweet gehört mir – Rechtsqualität von Twitter-Beiträgen

Erlaubte Verwendung fremder Texte, Videos, Songs und Grafiken – Creative-Commons-Lizenzen

Fremde Inhalte und die Gestaltung einer eigenen Homepage

KAPITEL 3
VERTRÄGE ONLINE ABSCHLIESSEN

Widerrufsrechte beim Powershopping

Vorsicht vor Abofallen

Das gefährliche Leben der Ebay-Schnäppchenjäger

Was Minderjährige im Internet dürfen

Auf Nummer sicher mit Secure Payment/Paypal

KAPITEL 4
DIVERSE RECHTSFRAGEN

Drohnenflüge vor Gericht

Streaming und Download von Filmen und Songs

Unerwünschte Post vom Anwalt

Wer für mein WLAN haftet

Der neue Traumjob: Influencer

Was man bei Cybermobbing tun kann

Register

Endnoten

KAPITEL 1

PERSÖNLICHKEITSRECHTE
UND DATENSCHUTZ

FOTOS VON DER PARTY – PERSÖNLICHKEITSRECHTE IM NETZ

I. Einführung

Fotos lassen sich im Internetzeitalter schneller verbreiten als je zuvor. Kaum sehen wir etwas vermeintlich Lustiges oder Interessantes, zücken wir das Smartphone und teilen den Schnappschuss sofort mit echten oder auch nur virtuellen Freunden bei Facebook oder Instagram. Einmal gepostet, ist die Aufnahme dann in der Welt – für alle Ewigkeit, denn das Internet vergisst bekanntlich nicht.

Immerhin ist Schadensbegrenzung möglich: Sind Sie selbst zum Motiv geworden und mit der Veröffentlichung Ihres Fotos nicht einverstanden, können Sie sich auf Ihr Persönlichkeitsrecht berufen und sich auf diese Weise gegen die unliebsame Veröffentlichung wehren.

II. Fall

Es ist eine dieser Partys am Samstagabend. Eigentlich hatten Sie sich vorher fest vorgenommen, nicht allzu lange zu feiern, um am nächsten Tag bei Tante Elfriedes 75. Geburtstag halbwegs präsentabel auszusehen und nicht völlig aus der Rolle zu fallen. Doch das Bier schmeckt am Samstag viel besser als unter der Woche, und die U-Bahn nach Hause fährt zum Glück auch noch morgens um halb sechs. Am Sonntagvormittag weckt Sie der Kopfschmerz mittelsanft, und Ihr Blick fällt auf das wild blinkende Smartphone: »Du wurdest bei Facebook auf 36 Bildern verlinkt.«

Oh, Gott. Das Pochen in Ihrem Kopf wird stärker. Sie checken Ihre Timeline und erkennen sich dort selbst auf diversen Fotos. Verschwitzt sehen Sie aus, mit einem Lippenstiftherz auf der Wange, in bierseliger Umarmung mit zwei flüchtigen Bekannten. Sie erschrecken. Ihr Finger zittert beim Weiterblättern über dem Display. Und es wird nicht besser. Im Gegenteil. Sekunden später haben Sie nur noch einen Gedanken: Diese Bilder darf niemals jemand zu Gesicht bekommen! Denn sie sind definitiv keine Bereicherung für das gleich stattfindende Familienfest. Was soll die Verwandtschaft denken? Oder womöglich der Chef, dessen Freundschaftsanfrage Sie in einem unbedachten Moment angenommen haben? Die Bilder müssen weg! Bloß wie?

III. Rechtliche Grundlagen

Hier ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht betroffen, ein Grundrecht, das dem Schutz vor Eingriffen in den höchstpersönlichen Lebens- und Freiheitsbereich dient. Eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist das Recht am eigenen Bild: Grundsätzlich dürfen Sie selbst darüber bestimmen, ob ein Bild überhaupt veröffentlicht wird und in welchem Zusammenhang – und zwar auch, wenn Sie inmitten von 20 Personen mit erhobenen Biergläsern der Einzige sind, der dieses Bild nicht im Internet sehen möchte. Sollten Sie der Veröffentlichung noch an Ort und Stelle zugestimmt haben, dann ist diese Zustimmung nur in dem Fall wirksam, dass Sie sich zu jenem Zeitpunkt auch noch im geschäftsfähigen Zustand befanden.

Der Schutz vor unliebsamen Veröffentlichungen gilt uneingeschränkt für Personen, die nicht als Personen der Zeitgeschichte wie Rockstars, Filmschauspieler oder Profi-Fußballer im öffentlichen Leben stehen, also für Menschen wie Sie und ich. Deshalb müssen Sie es, anders als »Promis«, nicht einfach hinnehmen, wenn ohne Ihre Zustimmung Bilder von Ihnen geschossen und veröffentlicht werden – sei es in einem Buch, in einer Zeitschrift oder in der Zeitung oder digital im Internet. Sie können verlangen, dass eine solche Handlung unterlassen wird, wenn sie Ihre rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt.

Dabei ist unerheblich, ob die betreffende Website der gesamten Öffentlichkeit zugänglich ist oder nur einem bestimmten halb-öffentlichen Freundeskreis wie beispielsweise auf einer Facebook-Seite.

Ein Anspruch auf Unterlassung unerlaubter Veröffentlichungen besteht gegen »Störer«. So nennt der Jurist den unhöflichen Menschen, der nicht bewusst böswillig – also vorsätzlich und damit rechtlich gesehen als »Täter« –, sondern bloß gedankenlos die Partyfotos postete, ohne Sie zuvor um Erlaubnis zu fragen, und ohne an Ihr Ansehen in der Verwandtschaft oder im sozialen Umfeld zu denken.

Schert sich Ihr Bekannter dann aber auch nicht um Ihre verzweifelten »Lösch-das-bitte«-Messages, können Sie auch gegenüber dem Plattformbetreiber selbst den Unterlassungsanspruch geltend machen. Denn er ist es, der durch die technische Dienstleistung des »Zurverfügungstellens« die Fotoveröffentlichung erst ermöglicht. Deshalb ist er somit ebenfalls »Störer« im Rechtssinne, da er zumindest dazu beiträgt, eine Rechtsverletzung herbeizuführen. Die sozialen Netzwerke haben eigens für diesen Zweck »Lösch-Beantragungs-Tools« eingerichtet.

Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Sie keinen Anspruch auf Unterlassung haben und Sie sich deshalb eine unerwünschte Veröffentlichung gefallen lassen müssen. Zum einen, wenn Sie eigenverantwortlich und bewusst in einem öffentlichen Rahmen, etwa bei einer Konzertveranstaltung oder im Fernsehen, aufgetreten sind und in diesem Zusammenhang fotografiert wurden. Hinweise auf eventuell erfolgende Film- Und Fotoaufnahmen finden Sie als Darsteller in Ihren Auftrittsvereinbarungen, als Zuschauer im »Kleingedruckten« auf Ihrer Eintrittskarte. Oft steht dann dort:

Diese Veranstaltung wird in Bild und Ton aufgezeichnet.
Mit Ihrer Teilnahme stimmen Sie ausdrücklich der kommerziellen und nicht-kommerziellen Verwendung zu.

Eine weitere Ausnahme von der generellen Zustimmungspflicht besteht auch dann, wenn Sie aus Sicht des typischen Betrachters bei einer Aufnahme nur als unwesentliches »Beiwerk« erscheinen, gleichsam an den Rand gedrückt werden von etwa einer optisch dominierenden Landschaft wie den bayerischen Bergen oder vor einem beliebten Fotomotiv wie dem Kölner Dom.

Zum anderen kann man zustimmungsfrei Fotos von Ihnen veröffentlichen, wenn es sich um Bilder von Versammlungen, Umzügen und ähnlichen Vorgängen handelt, an denen Sie teilgenommen haben, zum Beispiel Konzerten oder Sportveranstaltungen.

Und schließlich gilt die Ausnahme für Bilder, deren Veröffentlichung einem höheren Interesse der Kunst dient. Dies betrifft Fotos, die etwa bei spontanen Kunstevents entstehen, bei denen Sie absichtlich oder zufällig zugegen waren.

Zu Ihrer Beruhigung: Eine Privatparty fällt typischerweise nicht unter diese Ausnahmen, sofern es sich dabei nicht um ein besonders kreatives Happening handelt. Hier dürfen Sie also stets auf einer Löschung der dabei entstandenen Fotos bestehen.

Ihre Ansprüche gegen den Fotografen können sogar noch weiter gehen: Haben Sie auf der Party gewisse Ausfallerscheinungen oder sonstige Auffälligkeiten gezeigt und wurden gerade deshalb fotografiert, so wird durch eine Veröffentlichung des Fotos möglicherweise besonders schwerwiegend in Ihr Recht am eigenen Bild eingegriffen. So kann Ihnen neben einem Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung (also auf Löschung) auch ein Recht auf Schmerzensgeld zustehen. Das ist übrigens der eher volkstümliche Begriff. Im Juristendeutsch heißt das »Entschädigung in Geld für einen immateriellen Schaden« – so oder so: im Falle der Zahlung durch den indiskreten Fotografen eine kleine Genugtuung für Sie. Wenn nun schon Ihre Verwandtschaft nicht mehr ganz so gut auf Sie zu sprechen ist, können Sie von dem Geld erst einmal in den Urlaub fahren und etwas Gras über die Sache wachsen lassen.

Darüber hinaus ist die Geldentschädigung auch als Präventionsmaßnahme zulasten des Verursachers gedacht: Damit der Übeltäter nicht zum Wiederholungstäter wird, soll ihm die Zahlung klarmachen, dass man nicht einfach ungefragt fremde Personen fotografieren und die Fotos öffentlich posten kann.

Dazu muss die Beeinträchtigung Ihrer rechtlich geschützten Interessen allerdings nicht nur rechtswidrig, sondern auch schuldhaft begangen worden sein, das heißt: Der so genannte »Rechtsverletzer« muss vorsätzlich oder zumindest (damit die Juristen einen hierfür nötigen schwerwiegenden Eingriff annehmen) grob fahrlässig gehandelt haben.

In unserem Beispiel wurde vom Fotografen die gebotene Sorgfalt in besonders grober Art und Weise außer Acht gelassen. Es musste ihm bei der auch auf Partyaufnahmen gebotenen Abwägung klar sein, dass er mit der unbefugten Aufnahme und deren Veröffentlichung Ihre Interessen schwer verletzt hat, und zwar auf eine Weise, die sich nicht mehr so leicht rückgängig machen lässt. Es musste ihm ebenso bewusst sein, dass Ihnen diese Fotoveröffentlichung beruflich und privat schaden kann.

Ob Sie aber neben dem Anspruch auf Löschung auch ein Schmerzensgeld erhalten, hängt davon ab, wie viele andere von Ihren kompromittierenden Bildern sehen konnten und wie konkret die Veröffentlichung Ihnen geschadet hat, insbesondere im beruflichen Umfeld. Gerichte sind üblicherweise eher zurückhaltend mit der Zuerkennung von Schmerzensgeld, und wenn eines zugesprochen wird, dann in eher bescheidenem Rahmen. Im geschilderten Fall wäre vielleicht ein Betrag zwischen 500 und 1000 Euro möglich.

Noch stärker wird in das Persönlichkeitsrecht des ungewollt Fotografierten eingegriffen, wenn sein Bildnis kommerziell genutzt wird und ein anderer damit Geld verdient. Eine solche Kommerzialisierung muss sich ohne Erlaubnis natürlich niemand gefallen lassen.

Aber bevor Sie an eine sofortige Unterlassung und Löschung denken: Möglicherweise können Sie ja finanziell sogar profitieren. War da auf besagter Party nicht dieser eine ganz besondere Moment? Haben Sie nicht in Ihrem neuen goldglitzernden Cocktailkleid dem Fotografen anmutig und zugleich keck in die Kamera gelächelt? Sollte dieses Foto einen Monat später im Format 30 x 10 Meter als neueste Kosmetikwerbung am Potsdamer Platz in Berlin hängen, dann haben Sie den Anspruch, so behandelt zu werden, als wären Sie ein professionelles Model.

Sollte dieser Ausnahmefall tatsächlich eintreten, dann können Sie exakt den Geldbetrag verlangen, den Sie erhalten hätten, wenn Sie gefragt worden wären, ob Sie als Model dienen wollen. Dieser Anspruch nennt sich »fiktive Lizenzgebühr«. Deren Höhe bemisst sich daran, was der Fotograf Ihnen vernünftigerweise hätte zahlen müssen, wenn Sie beide einen Lizenzvertrag über die werbliche Nutzung abgeschlossen hätten (was Sie ja nicht getan haben, deshalb »fiktiv«). Dabei sind sämtliche Umstände des Einzelfalls miteinzubeziehen, also insbesondere die Reichweite der Werbung, die Intensität des Eingriffs in Ihre Persönlichkeit sowie möglicherweise werberelevante Besonderheiten Ihrer Person, etwa Ihre Attraktivität oder einschlägige Vorerfahrungen. Sollten Sie gar bereits einen bestimmten »Marktwert« als Model haben, können Sie sich darauf als Vergleichsmaßstab beziehen.

IV. Checkliste

 Vermeiden Sie generell Partys mit Alkoholausschank.

 Lässt sich das nicht immer einrichten, dann versuchen Sie zumindest, auf solchen Partys nicht ohne Zustimmung fotografiert zu werden.

Wenn es nun doch passiert ist und ein unerwünschtes Foto veröffentlicht wurde:

 Fordern Sie denjenigen, der das Foto ohne Ihre Zustimmung aufgenommen und veröffentlicht (bzw. hochgeladen) hat, auf, das betreffende Foto zu löschen, notfalls unter Berufung auf Ihr »Recht am eigenen Bild«.

 Nutzen Sie die entsprechenden Tools der Plattformen, um das Foto löschen zu lassen, so etwa auf Facebook (siehe nachfolgend in der Checkliste)

oder auf Instagram:

  1. Gehen Sie in den Instagram-Hilfebereich.
  2. Klicken Sie auf »Ein Problem melden«
  3. Wählen Sie dort »Inhalte melden« und präzisieren das Problem, so etwa »Geistiges Eigentum« oder »Einsehbarkeit persönlicher Daten«.
  4. Dort können Sie auf entsprechende Melde-Formulare klicken und diese ausfüllen und an Instagram senden.

    Oder klicken Sie direkt auf das betreffende fremde Foto und melden es als »unangemessen«.

 Bei besonders schwerwiegender Verletzung Ihres Persönlichkeitsrechts erheben Sie Anspruch auf Schmerzensgeld.

 Bei kommerzieller Fotonutzung erheben Sie Anspruch auf Schadensersatz.

MEINE DATEN GEHÖREN MIR – DATENSCHUTZ IN SOZIALEN NETZWERKEN

I. Einführung

Die Bedeutung des Datenschutzes wächst in gleichem Maße, wie wir bereit sind, online immer mehr private und privateste Informationen von uns preiszugeben. Die meisten Internetnutzer sind mittlerweile sensibilisiert und erklären sich nicht mehr leichtfertig damit einverstanden, dass ihre personenbezogenen Daten unbegrenzt und uneingeschränkt verarbeitet werden. Immer mehr gesetzliche Schutzvorschriften begrenzen die Möglichkeiten der Unternehmen, Daten zu sammeln. Dies bekam Ende 2015 auch Facebook zu spüren.

II. Fall

Facebook und andere soziale Netzwerke machen einiges möglich: Zum Beispiel können Sie dort sämtliche Aktivitäten Ihrer Freunde und Bekannten über Jahre mitverfolgen, etwa den Wandel Ihres besten Kumpels vom verhaltensauffälligen Junggesellen auf Mallorca hin zum fürsorglichen Familienvater im Bayerischen Wald. Wenn Sie die sozialen Netzwerke fleißig füttern, erfährt Ihr persönliches Umfeld alles, was Sie bewusst oder auch nur unbewusst von sich offenbaren. Datenpreisgabe erfolgt eigentlich immer, wenn wir online sind.

Aber haben Sie sich nie gefragt, wozu es führen kann, wenn nahezu jeder Moment per Foto festgehalten und verbreitet wird, scheint er auch noch so privat zu sein? Das Ergebnis ist eine in der Menschheitsgeschichte nie gekannte Foto- und Informationsinflation, von der zwei Empfängerkreise profitieren: zum einen direkt Ihre Freunde und Bekannten, zum anderen aber auch indirekt die als Medium verwendeten sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter, Instagram und so weiter, die geradezu danach gieren, Informationen jeder Art in Form von Postings, Likes oder Fotos zu erhalten, um sie dann für eigene oder fremde Zwecke zu nutzen.

Hinter diesen Plattformen stehen internationale, milliardenschwere Unternehmen. Dort arbeiten Marketingexperten, die pausenlos darüber nachdenken, wie sie all die unablässig fließenden Datenströme, die sie von Ihnen und uns allen erhalten, bestmöglich kommerzialisieren können. Da die Teilnahme an den Netzwerken für die User bekanntlich kostenlos ist, müssen die Betreibergesellschaften mangels Nutzungsgebühren andere Erlösquellen nutzen. Wer erfolgreich ein soziales Netzwerk etablieren und betreiben will, muss auch und vor allem die Fähigkeit haben, zahlende Industriekunden zu finden, denen er die Nutzungsbefugnisse an Ihren personalisierten Daten verkaufen kann. Letztlich ist es also das Geschick, aus Ihren und unseren Userdaten möglichst viel Profit zu machen, das den (Börsen-)Wert eines sozialen Netzwerks und damit letztlich auch die Gehälter der deshalb stets findigen Unternehmensmanager steigert.

Sie sind im Netz längst als überzeugter Radfahrer und Auto-Verweigerer bekannt? Dann wundern Sie sich nicht, dass Ihnen niemand mehr Werbung für Geländewagen zusendet. Stattdessen überschwemmt man Sie mit erstaunlich personalisierten Kaufempfehlungen, die tatsächlich sehr häufig Ihren Vorlieben und Ihren Neigungen entsprechen, wie zum Beispiel Werbung von Fahrradherstellern oder der Deutschen Bahn. Teilweise aber treibt »das System« aus Ihrer Sicht auch merkwürdige Blüten, wenn Sie zum Beispiel als zwar nicht mehr ganz junger, aber zumindest laut Ihrer Selbstwahrnehmung durchaus noch aktiver und vitaler Mensch in den besten Jahren feststellen, dass Sie bereits als Zieladressat für Hörgeräte- und Rollatorenwerbung identifiziert wurden. Und wer weiß, vielleicht wird ja die heute noch lässig abgetane Werbebotschaft schon morgen zu einer subtilen Kaufempfehlung, der Sie bereitwillig nachgeben.

Falls Sie sich aber wundern, wie denn der Fahrradfabrikant Ihre Leidenschaft so eindeutig mitbekommen hat, dann sollten Sie sich vielleicht einmal Ihre Postings bei Facebook, Twitter, Instagram und Co. anschauen. Nicht nur, dass Sie vielleicht ganze Fotogalerien von Ihrer Weltreise mit dem Fahrrad auf Facebook gepostet haben – Sie veröffentlichen auch regelmäßig ein Bild von Ihrem Sonntags-Fahrradausflug bei Instagram, während vielleicht die Empfänger der Geländewagenwerbung eher bei der samstäglichen Autowäsche oder im Showroom des nächstgelegenen SUV-Händlers posieren. Doch wie der möglicherweise sogar in den USA ansässige Fahrradhersteller von Ihren Fotos erfahren konnte, erklärt das noch nicht.

Woran denken Sie, wenn Sie den Begriff »Safe Harbor« hören? Leider folgt an dieser Stelle keine romantische Seefahrer- und Piratengeschichte. Vielmehr kommt die europäische Politik ins Spiel. Im Jahr 2000 traf die Europäische Kommission das so genannte »Safe Harbor-Abkommen«, welches zuließ, dass trotz Geltung europäischen Datenschutzrechts personenbezogene Daten von einem EU-Mitgliedstaat in die USA übertragen werden.

Darauf konnten sich amerikanische Unternehmen stützen. Demnach war eine Übermittlung vom europäischen Facebook-Sitz in Irland ins kalifornische Silicon Valley zulässig, da die USA angeblich ein »Safe Harbor«, also ein sicherer Hafen auch für europäische Daten seien, weil sie einen ähnlich sicheren Schutz personenbezogener Daten gewährleisteten wie europäisches Datenschutzrecht.

Oder zumindest gewährleisten sollten. Denn ein einzelner Facebook-Nutzer aus Irland sah das anders und wehrte sich gerichtlich gegen die Übermittlung seiner personenbezogenen Daten in die USA – und bekam Recht: Im Herbst 2015 kassierte der Europäische Gerichtshof die alte »Safe-Harbor-Entscheidung«.

III. Rechtliche Grundlagen

Doch was genau bedeutet »Schutz personenbezogener Daten«? Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person, eines so genannten »Betroffenen«. Dies kann beispielsweise Ihr Name und Ihr Wohnort sein, oder ein Foto, das Sie auf Ihrem Fahrrad in der Sahara zeigt. Oder auch ein exaktes Protokoll, wann Sie morgens aufgestanden sind, dafür sendet die Wecker-App diese Daten jeden Morgen von Ihrem Smartphone an den Hersteller.

Die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten ist nur zulässig, soweit das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Eine Rechtsvorschrift erlaubt es im Zweifel nicht, dass Ihre Urlaubsfotos an Facebook übermittelt werden. Das ist deshalb nur möglich, wenn zuvor eine ausdrückliche Einwilligung Ihrerseits stattgefunden hat. So »ausdrücklich« allerdings ist die Einwilligung gar nicht, erfolgt sie doch an der Stelle innerhalb des Anmeldeprozesses in einem sozialen Netzwerk, an der Sie in Sekundenschnelle durch die Teilnahmebedingungen scrollen und unten genervt »Ja, ich akzeptiere …« anklicken. Manchmal lohnt es sich also in der Tat, vorher das Kleingedruckte zu lesen. Aber wegen Datenschutzbedenken auf Facebook verzichten? Das tun nicht viele, und mit den Verbleibenden lässt sich immer noch genug Geld verdienen.

Immerhin verpflichtet das Bundesdatenschutzgesetz die Nutzer von personenbezogenen Daten zur Datenvermeidung und -sparsamkeit. Demnach dürfen nur so viele Daten gesammelt werden, wie für die Erfüllung der konkreten Aufgabe erforderlich sind. Aber was ist die konkrete Aufgabe von Facebook, in die Sie eingewilligt haben? Offenbar auch, Sie mit Werbung zu versorgen.

Daran erkennen Sie schon, wie schwer der Grundsatz der Datenvermeidung einzuhalten ist – vor allem, wenn Sie freimütig Ihre sämtlichen geschossenen Fotos in sozialen Netzwerken gepostet haben. Stimmen Sie jedoch ausdrücklich zu, dass Facebook Ihnen nur Werbung für Lifestyle-Produkte zukommen lassen darf, ist es nicht in Ordnung, wenn Sie Werbung von Heizdeckenherstellern bekommen, ausgenommen es geht um besonders schicke Designerprodukte.

Datenschutz darf also von den Daten-nutzenden Unternehmen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Deshalb können Sie als Betroffener nicht nur Auskunft über Ihre personenbezogenen Daten verlangen, sondern diese auch berichtigen, löschen oder sperren lassen. Es ist somit Ihr gutes Recht, Auskunft über alle gespeicherten Daten zu verlangen, die Sie betreffen.

Doch zurück zu »Safe Harbor«. Das gleichnamige Abkommen wurde diesem Schutzumfang des Bundesdatenschutzgesetzes nicht gerecht und entsprach auch nicht unbedingt europäischem Datenschutzrecht. Dank Edward Snowdens Enthüllungen wissen wir, dass beispielsweise amerikanischen Sicherheitsbehörden unter Umständen Zugriff auf personenbezogene Daten gewährt werden musste. Vielleicht hängen deswegen die spektakulären Fotos von Ihrer Fahrrad-Weltreise, die Sie damals bei Facebook geteilt haben, heute in der NSA-Kantine.

Ob dieser Gedanke die Richter des Europäischen Gerichtshofs in Ihrer Entscheidung beeinflusste, wissen wir nicht. Jedenfalls ist »Safe-Harbor« Vergangenheit und wurde durch das »EU-US Privacy Shield« ersetzt, welches stärker auf Datensicherheit ausgelegt ist.

Ende gut, alles gut? Wohl nicht. Denn die US-Regierung hat einen neuen Beschluss nachgelegt: Für Personen, die keine US-amerikanischen Staatsangehörigen oder keine ständigen rechtmäßigen Einwohner der USA sind, findet das »EU-US Privacy Shield« keine Anwendung. Frei in dem Sinne: Was für US-Amerikaner gilt, darf nicht für Europäer gelten. America first eben. Einen ähnlich sicheren Schutz für EU-Bürger wie das europäische Datenschutzrecht kann das »EU-US Privacy Shield« damit schwerlich noch entfalten.

Die Fortsetzung folgt schon bald, denn ab 25. Mai 2018 ist dies alles Geschichte. Dann gilt nämlich europaweit und auch für alle in Europa aktiven ausländischen Unternehmen die so genannte EU-Datenschutz-Grundverordnung. Hierzu im nächsten Kapitel.

IV. Checkliste

 Schärfen Sie Ihr Bewusstsein dafür, welche Ihrer personenbezogenen Daten Sie preisgeben.

 Achten Sie in sozialen Netzwerken wie Facebook darauf, in welcher Form Sie Ihr Einverständnis in die Nutzung Ihrer personenbezogenen Daten erklären.

 Verlangen Sie in Zweifelsfällen Auskunft über vorhandene Daten.